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EXECUTIVE SUMMARY
9. November 2011 | im uniTurm, Universität Zürich
OFFICE AKADEMIE
ROUNDTABLE: LEAN OFFICEHilft KVP/KAIZEN der Unternehmenskultur und -entwicklung?
«Lean Office ist die Fähig-
keit einer Organisation, sich
an veränderte Bedingungen
anzupassen.»
Klaus Bieber
«Es zählen nur die weichen
Faktoren!»
Dr. Markus Sulzberger
«Ohne die Unterstützung des
Managements geht es nicht.»
Beat Schürpf
Am Mittwoch, 9. November 2011, fand der zweite ROUNDTABLE zum Thema «Lean Offi ce» statt.
Im Rahmen der OFFICE AKADEMIE bietet Witzig The Offi ce Company führenden Fachexperten die
Möglichkeit zum gezielten Austausch.
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OFFICE A K A DEMIE
Beat Schürpf
Zentrum für ganzheitliche Büroeffi zienz/
Leiter Lean Offi ce, Witzig The Offi ce Company
Dr. Markus Sulzberger
Präsident SGO, Schweizerische Gesellschaft für
Organisation & Management
Prof. Lukas Windlinger
Life Sciences & Facility Management, zhaw – Zürcher
Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Martin Witzig
CEO, Witzig The Offi ce Company
Moderiert wurde der Anlass von Claudia Schuler und
das Protokoll führte Charles Imbacher (beide balanced
performance agency).
Teilgenommen haben folgende Experten:
Reto von Atzigen
Leiter KVP/KAIZEN, Swiss International Air Lines Ltd.
Xaver Baiges
Associate Director, Senior Process Engineer,
Head of Lean DIT, SIX Group AG
Klaus Bieber
Kaizen, TPM und Lean Management Berater, Pforzheim
Bruno Rohner
Verantwortlicher Kaizen Vertrieb&Services Personenverkehr,
Schweizerische Bundesbahnen SBB
Die OFFICE AKADEMIE bringt Vordenker im Bereich Büro- und Arbeitswelten am ROUNDTABLE
zusammen. Zu verschiedenen, aktuellen Themen treffen sich Wissenschaftler, Anwender und
Experten aus der Praxis, um neue Bedürfnisse von heute und morgen zu diskutieren.
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OFFICE A K A DEMIE
Claudia Schuler
Moderation, OFFICE AKADEMIE
Abstract
Beim zweiten Lean Office – ROUNDTABLE
wurde ergründet, was KVP und Kaizen eigent-
lich genau ist. Je nach Unternehmen fiel die
Antwort darauf unterschiedlich aus: für die
einen ist es ein Teil der Unternehmenskultur
oder sogar die Unternehmenskultur selbst, für
andere ist es schlicht ein Effizienzsteigerungs-
tool. Allen waren das Vertrauen und eine Life-
Domain-Balance allerdings sehr wichtig und
entscheidend sei auch, die Unternehmenswer-
te authentisch zu leben. Sehr kontrovers wur-
de jedoch die Führungsrolle diskutiert. Für die
einen ist die Unterstützung des Managements
unerlässlich. Andere waren der Meinung, dass
Lean Office keine Chefsache sei.
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OFFICE A K A DEMIE
Was ist KVP und Lean Offi ce eigentlich? Ist es ein Be-
standteil der Unternehmenskultur oder ein Effi zienz-
steigerungstool?
«Einerseits gibt es Insellösungen, andererseits haben
wir in der gesamten Firma etwas mit Kaizen gemacht.»
Dieses Statement verdeutlicht, dass es keine einheitliche
Beantwortung dieser Frage gab. Für einige Unternehmen
ist Lean Offi ce Teil der Unternehmenskultur oder sogar
die Unternehmenskultur selbst, bei anderen ist es hinge-
gen sehr stark kostengetrieben: «Man will sehen, was es
bringt». Entscheidend dafür sei auch, ob die Führung hin-
ter Lean Offi ce stehe oder nicht, denn oftmals fehle das
Verständnis. «Interessanterweise sagen die Mitarbeiten-
den jetzt vermehrt, dass es nicht nur einen fi nanziellen
Erfolg bringt», berichtete ein Experte, der eine Bottom-
up-Bewegung feststellen konnte.
«Die Seele geht zu Fuss.»
Dr. Markus Sulzberger
Präsident SGO, Schweizerische Gesell-
schaft für Organisation & Management
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OFFICE A K A DEMIE
Ist der Kaizen-Erfolg messbar?
Alle Experten waren sich einig, dass die Messbarkeit eine
der grössten Herausforderungen darstellt: «Team-Kli-
mas, Innovation, Verhalten und Führungsqualität sind
schwer messbar». Doch um das Management zu über-
zeugen, seien Kennzahlen wichtig, denn sie seien sich ge-
wohnt, mittels Reports zu führen. Die Kennzahlen würden
allerdings sofort an Wert verlieren, sobald sie bestimmt
seien, weil dann die Mitarbeitenden wüssten, woran sie
gemessen werden. Ein weiteres Problem sei der Zeit-
aufwand, welcher für die Messungen erforderlich sei.
Manchmal sei dieser grösser als für die Erhebung selbst.
Deshalb empfahl beispielsweise ein Experte, Controlling
in Form von Feedbacks zu betreiben. Wichtig war auf je-
den Fall allen, dass auf die Qualität und die Durchlaufzeit
geachtet wird.
Wie entscheidend ist das Management?
Die Führungsrolle wurde sehr kontrovers diskutiert:
«Meine innerste Überzeugung ist, dass es falsch ist zu sa-
gen, Lean sei Chefsache», denn das Problem sei, dass die
Chefs nichts davon verstünden und nur mit Zahlen über-
zeugt werden könnten. Wichtig seien hingegen die Linien-
manager, welche von den Vorteilen überzeugt werden
müssten, um die Projekte selbst durchzuführen. Andere
waren der Meinung, dass es ohne Führung nicht gehe und
dass man beim Management ansetzen müsse. Ansonsten
würde man die notwendigen Ressourcen gar nicht erhal-
ten: «Ich fi nde es fast fahrlässig ein Lean-Programm auf-
zustellen, ohne den Rückhalt des Managements. Das ist
Geldvernichtung. Das Management ist der entscheidende
Faktor. Vorher darf ich nicht beginnen.»
«Ich brauche aus Führungssicht Menschen,
die Menschen entwickeln wollen.»
Klaus Bieber
Kaizen, TPM und Lean Management
Berater, Pforzheim
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OFFICE A K A DEMIE
Welche Rolle spielt die Ausbildung?
Die Ausbildung lag allen Experten sehr am Herzen. Sie
stellten fest, dass es hilfreich ist, wenn bereits die Lehr-
linge Kaizen in praktischer Art und Weise kennenlernten,
denn sie würden ihr Wissen nachher auch einsetzen. An-
dererseits wurde ein Mangel in der Managementlehre
festgestellt. Diese sei viel zu stark Kosten fokussiert. Sie
müsste stärker Potenzial orientiert und interdisziplinärer
sein. Kenntnisse aus den Natur- und Sozialwissenschaften
sollten eingebaut werden. «Eine Führungskraft sollte nur 6
bis 8 Menschen führen und nicht als Manager, sondern als
Coach», fügte ein Experte an. Dafür benötige er aber sozi-
alpädagogische Fähigkeiten, die er zurzeit nirgends lerne.
Für ihn bedeute Führung, die Aufmerksamkeit zu fokus-
sieren, Sinn zu stiften und Intelligenzen zu moderieren.
«Das Ziel müsste es sein, mehr Zeit zu
schaffen für das Wesentliche: die internen
und externen Kunden.»
Beat Schürpf
Zentrum für ganzheitliche Büroeffizienz/
Leiter Lean Office,
Witzig The Office Company
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OFFICE A K A DEMIE
«Kaizen heisst auch beobachten.»
Bruno Rohner
Verantwortlicher Kaizen Vertrieb&Services
Personenverkehr,
Schweizerische Bundesbahnen SBB
Wie vereinbar sind Kaizen und Vertrauen?
Vertrauen zu schaffen sei enorm wichtig, waren sich die
Experten einig. Wesentlich sei, dass die Mitarbeitenden
immer wieder an den Kaizen-Workshops teilnehmen und
die guten Beispiele lebten. Wichtig sei zudem, dass bei den
finalen Präsentationen, jemand aus der Geschäftsleitung
dabei sei. Allein die Präsenz eines Geschäftsleitungsmit-
gliedes schaffe Wertschätzung und zeige die Wichtigkeit
des Themas auf. Eine Herausforderung sei zudem, sich
die Zeit zu nehmen und überhaupt zusammenzusitzen.
Zusätzlich stellte ein Experte fest, dass in den Unterneh-
men eine Entsorgungsfunktion fehlt. Dabei fühlten sich
die Unternehmen jeweils nach einem Lean-Workshop
erleichtert, sozusagen «gesund gefastet». Doch niemand
wolle die Verantwortung für die Entsorgung übernehmen.
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«Die Veränderung der Bürowelt ist eine
Erweiterung der Freiheitsgrade und
Wahlmöglichkeiten.»
Prof. Lukas Windlinger
Life Sciences & Facility Management,
zhaw – ZH Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Befinden wir uns in einer neuen Management-Ära?
Die Experten waren sich diesbezüglich uneinig. Jemand
war der Meinung, dass sich die Geschichte immer wieder
wiederhole: «Ich sehe nichts Neues, auch in Zukunft».
Andere waren vom Gegenteil überzeugt: «Zum Beispiel
Wisdom of the Crowds im Sinne der Schwarm-/Kollek-
tiv-Intelligenz hat es früher nicht gegeben». Die Welt sei
im Begriff, sich zu ändern. Früher sei das Instrument der
Führung der Wissensvorsprung gewesen, heute sei dies
anders: «Die Mitarbeitenden wissen mehr als die Chefs».
Auch die Kundenorientierung funktioniere anders: «Ent-
täuschungen werden auf Facebook kommuniziert».
Das werde uns revolutionieren. Der Blickwinkel habe
sich durch Open Innovation und Open Space geändert.
OFFICE A K A DEMIE
Die Gegenseite fand wiederum: «2.0 ist ein Tool, wie je-
des andere auch». Schon früher hätten soziale Menschen
einen intensiven Austausch betrieben, wenn auch mit we-
niger Personen und über andere Kanäle. Die Unterneh-
men würden ja auch bereits «falsche» Kundenbeiträge
ins Internet stellen. «Die Geschwindigkeit der Vernetzun-
gen, deren Dichte und Dynamik ist heute höher», fügte ein
anderer an. Auch die Unkontrollierbarkeit der Netze sei
dramatisch gestiegen. Diese Unkontrollierbarkeit bereite
den Menschen Probleme. Man könne ihr fast nur mit ei-
ner inneren Haltung des Mitfliessens begegnen. Nur noch
Rahmen und Bedingungen könnten heute vorgegeben
werden.
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OFFICE A K A DEMIE
Welches sind die Werte, welche das Arbeiten in Zukunft
bestimmen?
«Es ist eine Unternehmenskulturfrage», waren sich die
Experten einig. Die Mitwirkung der Mitarbeitenden sei
nicht nur erwünscht, sondern Voraussetzung, denn die
Effizienz am Arbeitsplatz werde von den Mitarbeitenden
bestimmt. Bekannter Weise setzten sie nur ca. 60% ihres
Potenzials ein. Dieser Prozentsatz könne nur mittels Mit-
wirkung erhöht werden. Allerdings hänge dies vom Chef
ab: «Er muss Macht abgeben, um den Menschen Raum zu
geben». Bei Veränderungen sei überdies ein Change-Mana-
gement für die Betreuung des Transformationsprozesses
entscheidend. Ansonsten sei die Life-Domain-Balance
nicht mehr gegeben. Jeder habe drei Domains: privat, be-
ruflich und gesellschaftlich/sozial. «Wenn eine oder zwei
aus dem Gleichgewicht geraten, stimmt das ganze Gebäu-
de nicht mehr.» Mittels moderner Arbeitsplätze würden
heute Wahlmöglichkeiten und Freiheitsgrade geschaffen,
welche die Life-Domain-Balance förderten. Es gehe darum,
dass das Büro zum Unternehmen, zu den Leuten, den
Werten und Prozessen passe. Die Menschen würden in
Zukunft jenen Arbeitgeber auswählen, der eine inspirie-
rende Atmosphäre biete, eine wo man sich wohl fühle.
«Wir sollten von der quantitativen
Messbarkeit hin zur qualitativen
Besprechbarkeit.»
Martin Witzig
CEO, Witzig The Office Company
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OFFICE A K A DEMIE
Kann man sich auch mit Kaizen wohl fühlen oder ist dies
ein Gegensatz?
«Richtet euch nach dem Kunden aus, schaut, dass der Mit-
arbeitende möglichst gut arbeiten kann und macht die Ar-
beit für den Mitarbeitenden möglichst einfach», erläuterte
ein Spezialist. «Es geht nicht um entweder oder», waren
sich die Experten einig, «die Kunst liegt darin, das eine
mit dem anderen zu verbinden. Egal, welche Werte das
Unternehmen hat. Es geht darum, die Werte, die man hat,
authentisch zu leben». Das Problem sei jedoch, dass es
heute bestenfalls noch KMUs gebe, welche starke unter-
nehmenskulturelle Werte besässen. So waren die Exper-
ten überzeugt, dass die KMUs die Zukunft prägen werden.
Für die Grossen werde der zukünftige Weg schwierig.
Xaver Baiges
Associate Director, Senior Process Engineer,
Head of Lean DIT, SIX Group AG
«Heute erlebe ich: Führen durch Reports,
Vertrauen durch Reports.»
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Was ist für die Implementation von Kaizen wichtig?
«Ich brauche aus Führungssicht Menschen, die Menschen
entwickeln wollen.» Es gehe um den Potentialentwick-
lungsansatz: Potenziale in den Menschen, den Produk-
ten, etc. ermöglichen. Dabei sei das Vertrauen wichtig,
denn man gehe Wege, die nicht gefestigt seien. «Zeit,
Geld, Wertschätzung und Offenheit sind notwendig.» Man
müsse auch die Möglichkeit haben, zu scheitern. Bei der
Umsetzung sei schliesslich Konstanz entscheidend, denn
sehr oft würden die Methoden gewechselt, bevor sie rich-
tig verankert seien.
Reto von Atzigen
Leiter KVP/KAIZEN,
Swiss International Air Lines Ltd.
«Die Mitarbeitenden spüren, es wird
geschätzt und macht Sinn.»
Wann war die Implementation erfolgreich?
«Wenn wir Hirnbahnen dazu angelegt haben.» Wir hätten
es dann so lange geübt, bis es Teil der Kultur geworden
sei. Das Schwierige sei jedoch, die alte Handlungsweise
und Reflexe zu verlernen. Dies müsse eingeübt werden.
Ein anderes Wort dafür sei «Musterbruch». Uneinig wa-
ren sich die Experten, ob es Sinn mache, Kontrahenten zu
inspirieren und motivieren oder nicht. Einige waren aller-
dings überzeugt, dass manchmal ein derartiger Schnitt
notwendig sei, um Prozesse wirklich zu verändern, vor
allem wenn jemand aktiv dagegen arbeite.
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Konklusion
Die zweite ROUNDTABLE-Gesprächsrunde hat das Bedürfnis nach einer Plattform zum Gedanken-
austausch zwischen Wissenschaft und Praxis bestätigt. Wiederum konnten neue Einsichten und
Praxiserkenntnisse gewonnen werden. Auch Erfolgsrezepte wurden ausgetauscht und Probleme
diskutiert.
N ÄCHS TER LE A N OFFICE-ROUNDTA BLE
Mittwoch, 7. März 2012
uniTurm, Universität Zürich
OFFICE AKADEMIE | Witzig The Office Company | www.witzig.ch/officeakademie