oszillatorische entladung polarisierter zellen

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701 3. Osx4llatorische Entladung polar4sierter ZeElen; votm 3. Eriiger. Inhalt: I. Einleitung. - 11. Theorie. A. Diffusionskapazitat. 3. Doppelschichten- oder Oberfllichendichtigkeitskapaziult. C. Gleich- zeitiges Vorhandeneein von Diffusions - und Doppelschichtenkapazit8;t. D. Kapazittit der Ionenreaktionsgeschwindigkeit. E. Abhangigkeit von der Stromintensitlit. - 111. Versuchsanordnung. - IV. Versuchsergeb- nisse. A. Quecksilberelektroden. B. Platinelektroden. C. Palladium- elektroden. - V. SchluB. - VI. Zusammenfassung. I. Einleitung. LaBt man durch eine. polarisierbare Zelle eine Zeitlang einen elektrischen Strom flieBen, unterbricht und schlieBt die Zelle durch einen von elektromotorischen Kraften freien Kreis, so erhalt man bekanntlich den dem primaren entgegengesetzt gerichteten Polarisationsstrom. Die Zelle verhalt sich also gewissermaBen wie ein Kondensator, der aufgeladen wird und eine bestimmte Kapazitiit besitzt. Man hat denn auch diese Kapazitat einer polarisierbaren Zelle als PolarisationskapazitBt bezeichnet. Ihr Sitz ist die Beruhrungsstelle von Elektrode und Elektrolyt. Eine groBe Anzahl von Untersuchungen liegt vor zur Klarstellung und Messung der Polarisationskapazitat ; die fruheren l) sind meistens angestellt, indem man die geladene Zelle sich durch ein hallistisches Galvanometer entladen lieB, die neueren a) durch Messung der Kapazitat mittels Wechsel- strom in der Wheatstoneschen Briickenkombination. Erst die 1) Vgl. die Literatur bei C. M. Gordon, Wied. Ann. 61. p. 1. 1897; besonders erwlihnt sei hier die dort nicht aufgefiihrte Arbeit von Wit- kowski (Wied. Ann. 11. p. 759. 1880), in der zum ersten Male versucht wurde, den der Oberflache sich auflagernden und der Diffusion unter- worfenen Teil des Polarisationsstromes zu trennen. 2) Vgl. die Literatur bei F. K r i i g e r , Zeitschr. f. physik. Chemie 45. p. 1. 1903. (Diese Abhandlung ist unten stets mit 1. c. zitiert.)

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701

3. Osx4llatorische Ent ladung polar4sierter ZeElen; votm 3. E r i i g e r .

I n h a l t : I. Einleitung. - 11. Theorie. A. Diffusionskapazitat. 3. Doppelschichten- oder Oberfllichendichtigkeitskapaziult. C. Gleich- zeitiges Vorhandeneein von Diffusions - und Doppelschichtenkapazit8;t. D. Kapazittit der Ionenreaktionsgeschwindigkeit. E. Abhangigkeit von der Stromintensitlit. - 111. Versuchsanordnung. - IV. Versuchsergeb- nisse. A. Quecksilberelektroden. B. Platinelektroden. C. Palladium- elektroden. - V. SchluB. - VI. Zusammenfassung.

I. Einleitung.

LaBt man durch eine. polarisierbare Zelle eine Zeitlang einen elektrischen Strom flieBen, unterbricht und schlieBt die Zelle durch einen von elektromotorischen Kraften freien Kreis, so erhalt man bekanntlich den dem primaren entgegengesetzt gerichteten Polarisationsstrom. Die Zelle verhalt sich also gewissermaBen wie ein Kondensator, der aufgeladen wird und eine bestimmte Kapazitiit besitzt. Man hat denn auch diese Kapazitat einer polarisierbaren Zelle als PolarisationskapazitBt bezeichnet. Ihr Sitz ist die Beruhrungsstelle von Elektrode und Elektrolyt. Eine groBe Anzahl von Untersuchungen liegt vor zur Klarstellung und Messung der Polarisationskapazitat ; die fruheren l) sind meistens angestellt, indem man die geladene Zelle sich durch ein hallistisches Galvanometer entladen lieB, die neueren a) durch Messung der Kapazitat mittels Wechsel- strom in der Wheatstoneschen Briickenkombination. Erst die

1) Vgl. die Literatur bei C. M. G o r d o n , Wied. Ann. 61. p. 1. 1897; besonders erwlihnt sei hier die dort nicht aufgefiihrte Arbeit von W i t - k o w s k i (Wied. Ann. 11. p. 759. 1880), in der zum ersten Male versucht wurde, den der Oberflache sich auflagernden und der Diffusion unter- worfenen Teil des Polarisationsstromes zu trennen.

2 ) Vgl. die Literatur bei F. K r i i g e r , Zeitschr. f. physik. Chemie 45. p. 1. 1903. (Diese Abhandlung ist unten stets mit 1. c. zitiert.)

702 l? Kriiger.

leichte Beobachtung der Abhangigkeit der Polarisationserschei- nungen von der Zeit, welche mit der Anderung der Frequenz des Wechselstromes bei der letzten Methode moglich ist, hat eine weitgehende Aufklarung dieser Erscheinungen moglich gem acht .

Die offensichtige Analogie der Polarisationskapazitat mit einer gewohnlichen Kondensatorkapazitat legt die Frage nah, ob es moglich ist, ahnlich mie bei ' einem Kondensator, eine Polarisationszelle auch Eigenschwingungen ausfiihren zu lassen, sie zu oszillatorischer Ladung oder Entladung zu bringen, indem man sie durch einen Kreis mit hinreichend groBer Selbst- induktion schlie8t. Ob das tiberhaupt moglich ist, la& sich ohne naheres Eingehen auf die Polarisationserscheinungen nicht sagen; denn die Analogie einer solchen Zelle mit einem Kondensator ist zwar eine weitgehende, aber nichts weniger als eine vollkommene : Die Yolarisationskapazitat ist eine Funktion der Schwingungszahl sowie der Stromintensitat ; die durch sie bewirkte Phasenverschiebung eines Wechselstromes schwankt zwischen 0-90 O.

Um daher die aufgeworfene Frnge zu entscheiden, ist es notwendig, die Natur der Polarisationsvorgange einer kurzen Betrachtung zu unterwerfen; sie mag sich beschranken auf den Fall der sog. Initialkapazitat, d. h. das Verhalten der PolarisationskapazitLt bei so schwachen Stromen, bei denen die Kapazitat unabhangig von der Stromintensitat ist. Hier bleiben die Verhaltnisse einfacher, umfassen aber nichts- destoweniger die theoretisch wichtigsten Erscheinungen.

Sehen wir ab von dem Fall, daB eine nichtleitende Uberzugsschicht , etwa eine Oxydschicht wie beim Aluminium kondensatorisch wird, so scheint sich nunmehr das Verhalten polarisierbarer Zellen gegenuber Wechselstrom in drei charak- teristische Gruppen einteilen zu lassen l):

1. Die Kapazitat ist unabhangig von der Frequenz des Wechselstromes und die Phasenverschiebung Null oder wenigstens sehr klein. Die Kapazitat lafit sich auffassen als be- dingt durch eine elektrische Doppelschicht, wie sie nach Helm- ho l t z an der Beruhrungsstelle von Elektrode und Elektrolyt

1) Naheres vgl. bei F. K r u g c r , 1. c.

Ostillatorische Entladung polarisierter Zellen. 703

existieren mu8, oder auch als hervorgerufen durch eine Oberflachenverdichtung des gelosten Metallsalzes auf der Elek- trode nach Warburg.') Wie ich friiher zeigen konnte, ist in den meisten Fallen, und zwar vor allem bei geringen Ionen- konzentrationen, eine Doppelschichtenkapazitiit wirksam ; doch lassen die Erscheinungen der Elektrokapillaritat 2, schlieBen, da8 auch in gewissen Fallen, besonders in den Losungen der sog. Komplexsalze der Oberflachenverdichtung des Salzes nach W a r b u r g kondensatorisch wirkt.

2. Zweitens - und dies ist in der grofien Mehrzahl aller Falle das Zutreffende - ist die Polarisation bedingt durch die Konzentrationslinderung und die Diffusion des gelosten Salzes, dessen Ration mit dem Metal1 der Elektrode iibereinstimmt. Wie Warburg3) theoretisch und M. Wien4) und besonders E l s a Neumann5) experimentell zeigten, ist die Kapazitat, falls die Diffusion iiberwiegt , umgekehrt proportional der Quadratwurzel aus der Schwingungszahl und die Phasen- verschiebung gleich 45 9 Die Doppelschichtenkapazitiit ist j a freilich auch in diesen Fallen immer vorhanden, allein sie ver- schwindet , wenn die Ionenkonzentration des gelosten Salzes nicht zu gering ist, vollig gegeniiber dem Einflu6 der Diffusion. Die durch die letztere bedingte Kapazitat ist leicht 100mal grij8er als die Doppelschichtenkapazitat, welche ca. 10 Mikrof. pro Quadratzentimeter betragt und immer d a m zur Beobach- tung kommt, wenn die Ionenkonzentration sehr klein wird.

3. In dem Falle6), da6 wir ein wenig clissoziiertes Salz von so hoher Konzentration haben, dab eine Polarisation durch die Konzentrationsanderung des Salzes bei den schwachen Striimen unmerklhh ist , kann trotzdem eine Polarisation ein- treten, wenn die Dissoziationsgeschwindigkeit des undissoziierten Bestandteiles in die Ionen nicht hinreichend schnell gegenuber dem Stromwechsel erfolgt, urn eine Anderung der Ionen-

1) E. Warburg, Ann. d. Phys. 6. p. 125. 1901. 2) Vgl. 8'. Kruger , Nachr. der Ges. d. Wisaensch. zu GSttingeo,

3) E. Warburg , Wied. Ann. 67. p. 493. 1899. 4) M . W i e n , Wied. Ann. 68. p. 37. 1896. 5) E. Neumann, Wied. Ann. 67. p.499. 1899. 6) Vgl. F. Kriiger, 1. c.

mathem.-physik. Kl. Heft 1. 1904.

704 I{! Kriiger I

konzentration zu verhindern. In diesem Falle ist die Kapa- zitat umgekehrt proportional der Schwingungszahl und die Phasenverschiebung betragt 90 O. Experimentell wurde dieser Fall von M. Wien') an stark mit Wasserstoff beladenem Palladium - und vom Verfasser 2) bei Quecksilberelektroden in Losungen komplexer Quecksilbersalze gefunden.

Es ist klar, je nachdem wir Losungen haben, die mit dem einen oder anderen der drei Grenzfallen entspricht, die Eigenschaften eventuell moglicher Eigenschwingungen ver- schieden sein werden, ja, die Moglichkeit von Eigenschwin- gungen in dem einen Fall zutreffen kann, in dem anderen nicht. Diese Falle sind also einzelii der theoretischen Be- trachtung zu unterwerfen.

11. Theorie.

A. Diffusionskapazitiit.

Da der unter 2. besprochene Fall, in dem die Diffusion andere Einfliisse auf die Polarisation uberwiegt, der gewohn- lichste ist, so mag zunachst die Frage nach der Moglichkeit von Eigenschwingungen von Zellen mit diesen Losungen behandelt werden. Der Elektrolyt der Zelle bestehe also aus der nicht zu verdunnten L6sung eines Salzes, dessen Kation mit dem Elektrodenmetall gleichnamig ist ; dieser Liisung sei im Uber- schuB ein zweiter Elektrolyt mit gleichem Anion zugesetzt, dann spielt bei der Elektrolyse die Uberfiihrung bekanntlich keine Rolle; die Zelle werde z. B. gebildet durch Hg-Elektroden in n.H,SO,, gesattigt rnit Hg,SO,. Um zunachst die Frage nach der Miiglichkeit von Eigenschwingungen zu entscheiden, nehmen wir den Widerstand des ganzen SchlieBungskreises als verschwindend klein an gegeniiber dem EinfluB der ein- geschalteten Selbstinduktion p , offenbar die gunstigste Be- dingung fur das Eintreten von Oszillationen.

Es sollen zunachst die Formeln fur die Ladung einer polarisierbaren Zelle durch eine konstante elektromotorische Kraft E' entwickelt werden, da hier die Verhaltnisse etwas einfacher sind wie bei der Entladung.

1 ) M. Wien, Ann. d. Phys. 8. p. 372. 1902. 2) Vgl. F. Kriiger, 1. c.

Osziilatorische Entladung poiarisierter Zellen. 705

Wir betrachten eine Zelle mit einer kleinen und einer gegeniiber dieser sehr grof3en Elektrode, dann wird nur a11 der kleinen Elektrode Polarisation auftreten , an der grof3eren ist die Stromdichte zu gering dazu. Da die Polarisation an der Elektrode ins Innere der Losung hinein sehr schnell ab- klingt, so dUrfen wir, wenn die z-Achse auf der kleinen Elek- trode senkrecht steht, mit der positiven Richtung nach dem Elektrolyten zu, fur z = co die Konzentration als stets un- verandert annehmen. Praktisch kann man sogar ohne weiteres zwei gleichgroSe Elektroden, an denen beiden Polarisation statt- hat, anwenden bei maBiger Entfernung derselben, da in der Mitte die Losung unverandert bleiben wird ; die elektromotori- sche Kraft der Polarisation ist dann einfach doppelt so grof3, wie beim Vorhandensein der einen kleinen und einer sehr grof3en Elektrode.

Fur die Diffusion gilt dann die bekannte Gleichung

worin z die Konzentration des betreffenden Ions, in unserem Beispiel also die des Hg-Ions, und worin K dessen Diffusions- konstante bedeutet.

In dem rsus der Polarisationszelle, der Selbstinduktion p und der elektromotorischen Kraft E gebildeten Schliehngs- kreise muB nun die Summe aller elektromotorischen gleich Null sein, also

Krafte

wenn mit J die Stromstarke und mit E' die elektromotori- sche Gegenkraft der Polarisation bezeichnet wird. Nach der Nernstschen Theorie ist aber bekanntlich E' = R T l n (c /co) , wenn co die unveranderte, urspriingliche Konzentration an der groben Elektrode bedeutet. Nun wollen wir jedoch die Be- trachtung beschranken auf so schwache Strome, bez. so schwache Polarisationen, daB in dem Ausdruck fur die elektro- motorische Kraft derselben' statt des Logarithmus das erste Glied der Reihenentwickelung derselben gesetzt merden darf, daf3 wir also schreiben konnen E' = R T (c - co / c o ) ; fur c - co

Annnlen der Phydk. IV. Folgc. 21. 45

706 F. Kriiger.

fuhren wir noch c' eiu, dann wird E = R T.(c'/c,) und die Gleichung (2) geht uber in

d J c' p--- + 3 T . - - E = 0 ; d t CO

(3) die hier eingefuhrte Bedingung sehr schwacher Strome ist identisch mit der ausschliefilichen Berucksichtigung der so- genannten Initialkapazitiit.

In der Qrenzschicht selbst, d. h. fur z = 0 mu6 nun die durch den Strom fortgenommene Salz-, bez. Ionenmenge stets gleich der durch den entstehenden Diffusionsstrom hinzu- gefugten sein.

Da, wie erwahnt, die Uberfuhrung durch Elektrolyse hier keine Rolle spielt, betragt, die erstere Menge einfach J/e in Grammiiquivalenten, wenn E die Ladung eines Grammions be- zeichnet. Die durch Diffusion fortgefiihrte Menge ist gleich - E y A{d c / d z),,~, worin 9 die Oberfliiche der kleiiien Elektrode bedeutet. Hier ist das negative Vorzeichen dadurch bedingt, daB der flie0ende Strom die Konzentration an der kleinen Elektrode erh6ht und daher d c/t3 z clort negativ wird; also ist

(4) Fur z = 0 haben wir also die beiden Gleichungen (3)

Aus (4) und (4), wir kiinnen sie leicht zu einer kombinieren. folgt namlich

d J ( 4') dies in (3) eingesetzt, ergibt

L O e p k p d ( a e ' ) +IZT-- - E = O . d t 8 % r = ~ CO

Wir schreiben hierfiir

(5') - t c : = o + h E = 0 , worin

Fiihren wir noch in Gleichung (1) statt c die neue Variable c' = c - c,, ein, so bleibt sie formal ungeandert und geht

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 707

Wir haben also die Gleichung zu losen unter der Be- dingung

(5') - bc:,o + h E = 0 ,

(6) fur z = co: c ' = 0 und (7) fur t = 0: c' = 0 .

fur z = 00 und t = 0 erfiillt, ist Ein Integral der Gleichung (l), welches die Bedingungen

-m

eine Form, die auch von J. Stefan l ) benutzt wurde in der Theorie der oszillatorischen Entladung der Kondensatoren bei ungleichformiger Verteilung des Stromes im Drahtquerschnitt ; das dort behandelte Problem hat mit den vorliegenden eine gewiase formale Ahnlichkeit, da die Abnahme der Stromdichte von der Oberflache des Drahtes in das Innere desselben bei mhnellen Schwingungen auch nach der Diffusionsgleichung erfolgt.

Die Funktion f muB nun so gewahlt werden, dal3 auch die Bedingungsgleichung fur z = 0 erfiillt ist. Aus (8) er- gibt sich

(9) -m

n

-a3

ferner 0

1) J. Stefan, Wied. Ann. 41. p. 421. 1890. 45 *

708 I? Kriiger.

Durch partielle Integration folgt daraus

-m

Setzen wir diese Ausdrucke ein in Gleichung (5'): so geht sie uber in

I da

-m

( 1

-W

80 konnen wir fur h E noch schreiben 0 0

-W -cn

Der Gleichung (12) wird daher geniigt, falls

(13) R f " ( y ) - b f ( y ) + 2 / 1 E = 0, ist und ferner (1 4)

(15) f" (0 = 0.

(13') f " ' ( : / J ) - - I f ( ? / ) + v z = O ,

worin y = 27ll/%?,

f (0) = 0 und

Wir formen Gleichung (13) noch urn in

worin b R T 2 h 2 k -Tq- k E q p Icy

und v = . - - . I = - -

Oszillatorische Entladuny polarisierter Zellen. 709

Durch Integration der nichthomogenen Differentialgleichung dritter Ordnung (13') findet man

Hier bedeuten ferner rl , ra und r3 die Wurzeln der Gleichung (17) r3 = I , also

Zur Bestimmung der Integrationskonstanten C,, C, und C, dienen einmal die Gleichungen

f (0) = 0

Y(0) = 0 . Ferner haben wir noch die Bedingung, daB fii t = O der

Strom J = 0 ist, da aber nach Gleichung (4)

so haben wir als dritte Gleichung

Nach Gleichung (10) ist aber 0

--to

da nach Gleichung (14) f ( o ) = 0 ist, folgt fur t = 0

also mird f (o) = 0.

drei Gleichungen Zur Bestimmung der drei Konst.anten haben wir a180 die

f ( o ) = 0, f ' ( o ) = 0 und f" (o) = 0.

710 3. Kruger.

blittels Gleichung (15) folgen hieraus die drei Qleichungen

oder (193 und ferner aus Qleichung (15) und (18)

r1 Cl + rB C, + r3 C, = - 3 v E

(20) c, + c, + c, = 0 ,

Aus diesen drei Gleichungen konnen die drei Konstanten leicht berechnet werden, und zwar findet man

Setzen wir diese Werte ein in Qleichung (16), so ergibt sich

3). v E f ( y ) = - 31 (e"i Y + e?'? I + err I - (22)

Mittel8 dieser Gleichung kiinnen wir nun sowohl den Strom J wie c' oder, was uns vor allem interessiert, c ' ,=~ be- rechnen.

Bilden wir namlich f ' (9) und setzen ein in die Gleichung (4)

~ = - - E g l i - =-*Je+f ( 2 v i p ) d 9 1 ,

so finden wir, wenn das Vorzeichen von 11 mit dem entgegen- gesetzten vertauscht wird,

0

(E)d l 'n -03

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 711

mithin ergibt sich

In ganz analoger Weise ergibt sich der Ausdruck fiir c; = o aus Gleichung (9)

0

-W und zwar findet man

Wir wollen bei der weiteren Diskussion uns auf den Aus- druck fur c; = 0 beschranken, die Betrachtungen sind natiirlich ohne weiteres auf den Ausdruck fur J zu ubertragen. Da die experimentell gemessene Spannung an der Elektrode

E = RT.C'=O CO

ist, 80 ergibt sich hierfiir, wenn noch fur v die urspriinglichen Konstanten eingesetzt werden

Nun sind fur die drei Wurzeln die oben erhaltenen Werte

712 E Kruger,

einzusetzen. Fur das erste und zweite Glied in den Klammern erhalt man dann Integrale mit komplexer unterer Grenze, und zwar fiir ersteres m

I s ( - 1 + 1 v q yfi !?

Man bekommt an Stelle der liomplexen eine reelle untere

13

Grenze'), indem mail dort fiir /3 einfuhrt

d a m ergibt sich p - i l l s j2 f k t ,

03

e

1' ( - 1 ; ' 1'2) ]/G

+ + 2 * p Z 1 / J q / L T a d p .

l " 3

= e A ~ h t - - 1 1 '3

I' 3 - , vI.t

Schreibt man noch e a t = cos u t & isin u t , so findet man schlieBlich

E'= E - --. c

Wie die Formel zeigt, besteht die Entladung aus der Superposition eines aperiodischen und eines oszillatorischen Gliedes. Doch 1aBt sich leicht zeigen, daB das oszillatorische

1) Der Integrationsweg ist ein reeller, mie sich unter Beriicksich- tigung der p. 710 gemachten Substitution q f ~l/kt= @ direkt ergibt.

Ostillatorisciie XntZadung polarisierter Zellen. 713

Glied sehr viel schneller mit der Zeit abnimmt, als das aperio- dische. Denn es ist bekanntlich r-fi" cos (2 /3 i 1 / 3 V k l ) d ,6 =

wahrend also das erste Glied abnimmt, -m

W 3 3 k t - p" (J p,

1113 vlst konvergiert das zweite wie

wie

1st seit dem Anfangszustande eine hinreichend lange Zeit verstrichen , so konnen wir unter Benutzung einer bekannten semikonvergenten Reihenentwickelung schreiben

00

Liegt der Anfangszustand in einer unendlich fernen Ver- gangenheit, so genugt das erste Glied der Reihe und es wird

' 1 e l ' f 8 k t e-fi?d,43 = ~ . i 2 t J s I/kt l'h V F t

Das erste aperiodische Glied nimmt also viel langsamer mit der Zeit ab, als das zweite, und ebenso als das dritte. Man findet namlich auf demselben Wege, auf dem man die entsprechende obige Formel mit dem Kosinus statt des Sinus erhalt,

a

714 i? Kruger.

Das dritte Glied nahert sich mit wachsender Zeit, also noch schneller der Null als das zmeite.

Wir haben mithin das Resultat, daB bei Vorhandensein von bloBer Diffusions- oder Konzentrationspolarisation eine aperiodische Ladung stattfindet, der sich eine sehr schnell ab- klingende oszillierende iiberlagert.

Dies Abklingen wird in Wirklichkeit noch schneller statt- finden, als die bisherigen Formeln crgaben. Es ist j a bisher die fiir das Eintreten von Oszillationen gunstigste Annahme gemacht worden, daB der Widerstand des SchlieBungskreises verschwindend klein sei. Das ist aber in Wirklichkeit durchaus nicht der Fall, vielmehr ist der Widerstand wegen des Elektro- lyten der Polarisationszelle vie1 erheblicher als der Widerstand rein metallischer SchlieBungskreise der gewohnlichen Konden- satorentladung.

Der EinfluB dieses Wideratandes w des Kreises ist leicht in Rechnung zu ziehen. Es tritt namlich einfach noch das Glied Jw hinzu, so daB Gleichung (3) ubergeht in

d J c:: = o p - + J W + RT- - h’= 0. d t Ca

(3‘)

Wird im iibrigen in gleicher Weise gerechnet wie oben, so tritt an Stelle von Gleichung (13)

(13’) R f ” ( y ) + $ f ’ ( y ) - b f ( y ) + 2 I r E = 0 , worin y = 2 1 ] v k ,

und an Stelle von Gleichung (17)

w 1 . 3 + - - r - l = O .

P k

Die drei Wurzeln dieser Gleichung sind

= m + n = 2 M,

1/;5 r =- - -+ ‘)2 + i - ( m - n) = - J I + i i ~ , r3 = -B- iw. a 2 2

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 715

Ebenso wie oben findet man nun

I (273 i Da wiederum

+o

s e - 8' cos (2 t9 AT @) d = 1/; e - *"kt , -a,

so konvergiert das zweite Glied gegen Null wie . e- (N* - aft) li t ,

Setzt man --M+ i N ein in Gleichung [17'), so ergibt sich W Na - = 2 x 2 + -. P k

(wls P k)' (W Entwickelt man Ma nach Potenzen von --m- und be-

riicksichtigt nur die ersten Glieder der Reihe, so sieht man, da6 das zweite Glied in der Klammer der Gleichung (27') jetzt abnimmt wie

s - 4 14 1 'b 4 -&) -%+-9(+) ($> e 7

also vie1 schneller als friiher.

selben Annliherung ab wie Das erste Glied in der Klammer dagegen nimrnt bei der-

1

also nicht wesentlich schneller als friiher. Das zweite und dritte Glied der Klammer klingen bei

gro6em Widerstande im Verhaltnis zum ersten also noch weit schneller ab.

716 F. Kruger.

Vernachlassigen wir den Widerstand, so betragt die Schwin- gungsdauer der schnell abklingendeii Oszillation T = -9 - .

Diese Schwingungen sind vorhanden auch bei beliebig groBem Widerstande wie Gleichung (1 7') lehrt die niemals drei reelle, sondern stets nur eine reelle und zwei komplexe Wurzeln haben kann. Das mag zunachst befremdlich er- scheinen gegeniiber der wohlbekannten Tatsache, daB die Kondensatorentladung mit zunehmendem Widerstande aperio- disch wird; doch geht aus den Rechnungen von J. S t e f a n (I. c.), der die ungleichformige S tromverteilung im Drahtquer- schnitt bei schnellen Kondensatorschwingungen in Riicksicht zieht, hervor, da5 auch bei beliebig groBem Widerstande neben der aperiodischen eine sehr schnell abklingende und daher fur die Beobachtung nicht in Betracht kommende oszillatorische Entladung existiert, bei kleinem Widerstande dagegen die ge- wohnlich beobachtete, mi t wachsendem Widerstand verschwin- dende, von der Schwingungsdauer I t = 2 n E C und daneben eine zweite, auch bei beliebig groBem Widerstand vorhandene, jedoch sehr schnell gegen Null konvergierende. .

Praktisch kommt die oben behandelte Schwingung neben der aperiodischen Entladungsform in keiner Weise in Betracht, da sie mit unseren jetzigen experimentellen Hilfsmitteln nicht zur Beobachtung gelangen kann.

Die Theorie der oszillatorischen Entladung dieser Zellen laBt sich in ganz analoger Weise behandeln wie die der Ladung, nur ist hier zur Zeit t = O nicht c'=O, sondern irgend eine andere Bedingung vorgegeben. Wir wollen annehmen, daB durch einen sehr schnell verlaufenden InduktionsstoB die kleine Elektrode anodisch polarisiert sei, und setzen der Ein- fachheit halber fiir t = 0

vs k 1'"s

c = co + cO'e-rz oder c'= c - co = c , , ' e - y z ,

worin co die Konzentration an der gro6en Elektrode fiir z=cc und c = co + co' die zur Zeit t = 0 an der kleinen Elektrode (z = 0) vorhandene Konzentration bedeutet. Die Bedingung, daB die Summe aller elektromotorischen Krlifte im Stromkreise gleich Null sein muB, ergibt hier statt Gleichung (3), wenn wir wieder den 0 hmschen Widerstand vernachlassigen,

Oszillatorisclte Entladting polarisierter Zellen. il7

c: = u -BY' --=Q, d J P d t CO

(2 9) und da hier

(30)

Das Integral der Diffusionsgleichung (1')

03 m y z + y! B tse- p2 d p - e y z - y? I; I s e - fie ,j /j \ Y c ' = 2 ]/nl y y l i t + 2- 2 v h t ' I yvi7 - - *

- -. 2 I/h<

718 I? Kruyer.

Dieser Bedingung wird genugt durch (14') ( 1 5')

f (0) = c; 9

7 ( O ) = y2co' und

e - " f " ( 2 q V E ) d 7 1 - 6 j e-q'f ( n 271 l i t drl

= y 3 k c , ' c ~ ' k t ~ e - f i P d , 4 .

-m (32) I!! m

I YW Machen wir in dem Ausdruck

m

e Y ' k t J e - p d p y J'iT

die Substitution - y 1/c = 71, so geht er uber in

e - 1 ' - 2 'I Y J ' ~ t d 9, = e - V' + 2 tl y v f i d g , 0 sm -03 i

also Gleichung (32) in 0 0

kJe - 9j'f"f (2 71' YE) d 7 - b J e - q'f ( 2 11 m) d 71' -co (32') -m 0

= y S k c o ' ~ e - ~ ' + 2 ? r l / ' . t d q . -a,

f " ( d - l t ( Y ) = Y S c0 'eyy 9

b k

- y = 2 q l / l i t und I = - .

1 Diese Bedingung wird erfiillt durch

(33) worin

Das Integral dieser Gleichung lautet

ist.

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 719

Zur Bestimmung der drei Konstanten C,, C, und C, haben wir auBer den Gleichungen (14') und (15') die Bedingung fur t = 0, J = 0 oder ( a c ' / a ~ ) , = ~ = 0; setzen wir den aus Glei- chung (30) hierfiir sich ergebenden Wert ein, so folgt, daB sein mu8 (1 8')

ein in die Gleichung

f' (0) = co' y . Setzt man den Ausdruck fur f ( 2 qw) aus Gleichung (34)

-m

so folgt, da E' = (R Z'/co). c: = analog wie oben

3' = - ~ ~ ~ c l ' . e r ~ z k t + c ; e r z 2 k t

7% Ilk 1

co J'Z I I rl vlit

r3 VE YW (35) I

I worin el'= C,/3 T : etc. gesetzt ist.

Uber das Abklingen der Glieder dieser Formel fur die Entladung gilt dasselbe wie fur die der Gleichung (26) fur die Ladung, die oszillatorischen konvergieren genau so wie friiher sehr schnell gegen Null. Vernachliissigen wir sie daher, so hekommen wir

Hier ist bekanntlich

Der Ausdruck besteht aus zwei Gliedern; das zweite traigt offenhar der Diffusion infolge des anfanglich vorhandenen Konzentrationsgefalles Rechnung.

Was schlie6lich clen physikalischen Grund dafiir betrifft, dab keine den elektrischen Schwingungen der gewohnlichen Kondensntorentladung, welche mit wachsendem Widerstande bekanntlich in die aperiodische Entladung iibergehen, ent-

720 I,1 Kruger.

sprechende Oszillation existiert, so ist er offenbar darin zu suchen, da6 die freie Elektrizitiit in der Zelle nur so schnell nachgeliefert wird, als Salz zur Elektrode hindiffundier t. Dies geschieht aber wegen der ungeheuren Reibungswiderstande iiur so langsam, daB keine Schwingungen entstehen konnen.

B. Doppelschichten- , bez. Oberfllchendichtigkeitskapazitiit.

Es soll jetzt der oben unter 1. besprochene Fall be- trachtet werden , daB nur die Doppelschichtenkapazivat, bez. die nach W a r b u r g durch die gro6ere Dichtigkeit des gelosten Salzes auf der Elektrode bedingte Kapazitat in Betracht kommen. Es trifft das zu in den Losungen, in denen die Ionenkonzen- tration so gering ist, da6 die Elektrizitatsmengen, die notig sind, urn die Konzentration zu verandern, klein sind im Ver- gleich zu denen, welche die mit der zugehorigen Anderung der Potentialdifferenz verbundene Anderung in der Dichte der Beladung der Doppelschicht, bez. nach Warburg der Dichte der Salzschicht erfordert. Zwischen Doppelschichten- und 0 berflachendichtigkeitstheorie der Kapazitat soll hier nicht entschieden merdenl); im allgemeinen durfte es sich in den Losungen der typischen Salze und Sauren um die erstere handeln, doch lassen die Erscheinungen der Elektrokapillaritat und der Tropfelektroden schliegen, da6 in den Liisungen der sogenannten Komplexsalze auch die letztere in Betracht kommt. Formal ergeben beide Theorien dasselbe Resultat; an Stelle der Doppelschichtenkapazifat C tritt in der anderen Theorie einfach E . ( 6 ’ r / d E), worin I‘ bei Warburg2) die Oberflachen- dichtigkeit des Salzes auf der Elektrode bezeichnet. Die Formeln sollen hier nur gemaB der Theorie der elektrischen Doppelschichten entwickelt werden, sie lassen sich ohne weiteres nach dem Obigen in die der anderen iiberfilhren.

Die Formeln sind hier, wo die Diffusion keine Rolle spielt, vollig analog denen der gewohnlichen Kondensatorentladung, nur steht an Stelle der Kondensator- die Doppelschichten- kapazitat. Wir haben also die bekannten Gleichungen

d J p ~ + JW - E’ = 0 , (3 7) d t ~~ _ _

1) Das Nahere vgl. F. Kriiger, 1. c. 2) E. Warburg, Ann. d. Phys. 6. p. 125. 1901.

(37') d J h! Tc' d t c,

p - + J m - ~ = 0 ;

ferner ist, wenn Q die Elektrizitatsmenge bezeichnet,

In Gleichung (37') eingesetzt, ergibt das

(39)

Die weitere Behandlung dieser Gleichung ist aus den Lehrbiichern bekannt; die Grenze der Periodizitat ist be- kanntlich gegeben durch w = 2 VpTC, und, falls w 2 neben 4.plC zu vernachlassigen ist, betragt die Schwingungsdauer P= 2 n v$.

C. Gle ichee i t iges Vorhandensein von Dif fus ions- und Do p p elsc h i c h t en k apaei t P t.

Zu erortern ist jetzt noch der Fall des gleichzeitigen Vorhandenseins von Diffusions- und Doppelschichtenkapazifat ; d a wir bei zu vernachlassigenden Ohm schen Widerstande in dem einen Grenzfalle, wenn wir von der nicht zur Beobachtung kommenden, schnell abklingenden Oszillation absehen, praktisch stets eine aperiodische , im anderen Grenzfalle eine oszilla- torische Hntladung haben, so muB es einen Ubergang der einen in die andere geben, und es entsteht die iiiteressante Frage, wie dieser Ubergang vor allem von der eingeschalteten Selbstinduktion und der Starke der Diffusion abhangt.

WBhrend alles andere unverandert bleibt, erhalten wir einfach an Stelle der Gleichung (4')

und (38)

Annalen der Phyaik. IV. Folge. 21. 4ti

7 2 2 F. Kruger.

die Vereinigung beider

In die Qleichung (28 )

eingesetzt, ergibt sich

worin 1 y = - E q k c ~ und v = - ist.

C R T P C Als Integral der Diffusionsgleichung (1’) benutzen wir

wiederum Gleichung

-ca

Bildet man die Ausdriicke fur d2 c: = -“(””)

d t s ’ d t a x z = o

gleichung (41) erfiillt ist, falls und c : = ~ wie oben, so findet man, daS die Bedingungs-

gesetzt wird

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 723

worin

Dieser Bedingung wird genugt, falls man setzt

Y3 CLl’ P (42‘) f’V(9) - t c f ” ( Y ) + Pf ’ (Y ) = k” e y y 7

f (4 = c; 7

- Kf“‘(0) + p Y ( 0 ) + y2co’p = 0 .

wo wiederum y = 2 7 YE.

(43) (44) f ‘ (0 ) = 0

(45)

Ferner muB, damit Gleichung (41) erfullt wird, sein

und

Die Integration der Gleichung (42’) ergibt

worin

1 + ~ r : - r: (3 a - 41.) - 3 a r:

und r17 r2, r3 und r4 die Wurzeln der Gleichung

bedeuten.

wir ferner noch die Bedingung fur t = 0

(47) 7-4 - ur3 + p = 0

Zur Bestimmung der ‘vier Integrationskonstanten haben

oder, wenn wir die aus Gleichung (30) folgenden Werte fur ” i = O (F) und ~ u x z = o d t

einsetzen

Durch Einsetzung der Gleichungen (43) und (44) geht sie iiber in

(48) k P Y CO’ f ‘ (b) = ___.

46 *

724 I? Kriiger.

Dadurch geht Gleichung (45) iiber in

(45)

(45')

sind die vier Integrationskonstanten vollig bestimmt. Mittels der Gleichung

c:=o = 2 l/n j e - + f p q V E ) d q

-a3 ergibt sich, da

el. = o A' = K T . - - cll

worin ctc.

Die Frage nach der PeriodizitSit oder Aperiodizitat der Entladung f'allt naturlich auch hier wieder zusammen mit der Frage nach der Existenz imaginarer oder reeller Wurzeln und zwar der Gleichung vierten Grades

(46) r4 - u r 3 + p = 0 .

Die Anwort hierauf gib t bekanntlich die Diskriminante der Gleichung, ist sie negativ, so hat eine Gleichung vierten Grades zwei reelle und zwei imaginare Wurzeln, ist die Dis- kriminante positiv, so haben wir entweder vier reelle oder vier imaginare Wurzeln; um letzteres zu entscheiden, haben

Oszillatorische Entladuny polarisiertcr Zellen. 7 2 5

wir aus der obigen mittels der Substitution T = g - 1x14 die reduzierte Gleichung vierten Grades zu bilden. Sie lautet :

p4 + u'e2 + B' + Y' = 0, worin u', /7, yf konstante Koeffizienten darstellen, die sich aus den obigen Konstanten u und /I leicht berechnen. Bei positiver Diskriminante existieren nun vier reelle Wurzeln, falls (ill < 0 und u' a - 4 J > 0 ist, und vier imaginare Wurzeln in alleri anderen Fallen. Hier ist nun

stets positiv. Falls die Diskriminante also positiv ist, haben wir vier imaginare Wurzeln, falls sie negtttiv, wie schon er- wahnt, zwei reelle und zwei imaginare.

Im letzteren Falle sind die beiden reellen Wurzeln positiv und ist der reelle Bestandteil der beiden komplexen Wurzeln negativ, da in Gleichung (47) die Glieder mit der zweiten und ersten Potenz von r fehlen. Aus letzterem Grunde haben auch die reellen Bestandteile der im Falle einer positiven Diskriminante vorhandenen zwei komplexen Wurzelpaare ent- gegengesetztes Vorzeichen.

Wir konnen die den komplexen Wurzeln r1 = m + i n , r2 = m - i n entsprechenden Glieder der Gleichung (49) fur IT, wenn C,'= M + i N, Cat= M - i N gesetzt wird, transformieren in

m

2 (Mcos 2m n Rt - Nsin 2 m n k t ) ema

+ 2 (Msin 2 m TL k t + N cos 2 m n k t ) ema IC

q'cos ( 2 q n vf i ) dq

rnw

m V E

Fur ein positives m konvergieren mit wachsenden Werten von t beide Teile dieses Ausdruckes gegen Null, fur ein negatives m ersichtlich nur der zweite Teil. Fiir den ersten Teil gilt die schon oben benutzte Gleichung ftir einen weit entfernten Anfangszustand :

+ m

l e - q2 cos ( 2 q n l'lt) d q = @. e - net . -02

7 26 3: Kruyer.

Fur das komplexe Wurzelpaar, dessen reeller Teil negativ ist, konvergiert also der Ausdruck (50) mit wachsendem t gegen

2 l/i. e - (n' - 111~) k t . ( ~ c o s (2 m n R t) - N sin (m n K t)) . Setzt man m + i ? z ein in Gleichung (47), so findet man

3 a - 4 m n2 = ma.- -- . (51) a - 4 m

Fur ein negatives m ist also n groBer als m, wie es sein muB, damit dies Glied fur t = 00 gegen Null konvergiert.

Die Diskriminante der Gleichung (47) lautet nun D = /32(44p - 3'a4),

Damit die Diskriminante negativ ist , also zwei Wurzeln reel1 sind, mu6 also 33 a4 > 44 p sein; da aber ,8 eine gro6e Zahl darstellt, so mug in diesem Falle a sehr groS sein, dann ist aber auch n sehr vie1 groBer als m. Die neben der aperiodischen vorhandene oszillatorische Entladung klingt also im Vergleigh mit dieser au6erordentlich schnell ab. Sie wird daher der Beobachtung ebensowenig zuganglich sein, wie die bei der reinen Diffusionskapazitlt vorhandene. Praktisch konnen wir also sagen, daB wir bei negativer Diskriminante stets nur eine aperiodische Entladung vor uns haben.

Damit zwei Paare komplexer Wurzeln vorhanden sind, die Diskriminante also positiv ist, mu6 33u4 < 44@ sein; je kleiner aber a ist, um so naher kommt n an m heran, um so kleiner wird daher n2-ma, urn so langeamer wird daher die dem komplexen Wurzelpaare mit negativem reellem Bestand- teil m entsprechende Schwingung abklingen. Ihre Schwingungs- dauer ist T = 2 mlm n k. Die zweite anflerdem vorhandene Schwingung, deren Existenz an das komplexe Wurzelpaar mit positivem reellen Bestandteil m gekniipft ist, konvergiert im Vergleich hiermit sehr schnell gegen Null, wie Qleichung (50) lehrt. Diese zweite Schwingung wird sich daher der Beob- achtung entziehen, die im Falle einer positiven Diskriminante langsam abklingende Schwingung entspricht also dem Wurzel- paare, deseen reeller Bestandteil negativ ist.

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 727

Gleichung (49) fur E lehrt iiun aber, da8 auBer den bisher betrachteten vier ersten Gliedern noch ein funftes vorhanden ist, welches stets aperiodisch abklingt. Es tragt dies ebenso wie das zweite Glied in Gleichung (36) der Spannungsabnahme der Zellen infolge der Diffusion des urspriinglich zur Zeit t = 0 vorhandenen Konzentrationsgefalles Rechnung. Sehen wir also von den praktisch nicht in Betracht kommenden, sehr schnell abklingenden Oszillationen ab, so konnen wir sagen, da8 im Falle einer negativen Diskriminante stets nur eine aperiodische Entladung stattfindet, deren Formel aus zwei Gliedern besteht, das eine der Spannungsabnahme durch den Strom, das andere der Diffusion infolge der anfanglichen Konzentrationsdifferenz ent- sprechend; daB ferner im Falle einer positiven Diskriminante eine aperiodische, der durch Diffusion des ursprunglich vor- handenen Konzentrationsgefillles erfolgenden Spannungsabnahme zugeharige Entladung vorhanden ist, der sich eine oszillatorische

Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3.

durch den Strom superponiert. In Fig. 1 ist eine aperiodische Entladung, in Fig. 2 eine gedampfte Schwingung und in Fig. 3 die dem zuletzt besprochenen Fall entsprechende Superposition beider veranschaulicht.

Nun lautete die Diskriminante der Gleichung (47)

C B T Sie wird negativ sein, die Entladung also eine aperiodische, wenn die Diffusionskonstante k und die Konzentration co groB ist, wa9 j a ganz plausibel; und ferner, wenn die Doppelschichten- kapazitiit C klein ist; letzteres offenbar, weil dann der Strom, der zur Ladung der Doppelschicht dient und zur Oszillation fuhrt, klein ist gegenuber dem Strom, der die Konzentration verandert, also der Diffusion unterworfen ist und somit Aperiodi- zitat bsdingt. Betrachten wir nun den EinfluB der Selbst- induktion p , so finden wir das auf den ersten Blick uber- raschende Resultat, daS, je kleiner die Selbstinduktion ist,

728 I? Kriiger.

um so starker oszillatorisch die Entladung ist, und daB diese mit zunehmender Selbstinduktion schlieBlich sicher aperiodisch werden mug. In bezug auf die Diimpfung durch Diffusion wirkt also die Selhstinduktion genau umgekehrt wie bei der Widerstandsdampfung. So auffallig das zunachst erscheint, so erklart es sich doch leicht, wenn man beclenkt, da6 die Diffusion um so wirksamer und starker dampft, je langsamer die Schwin- gungen sind; sie sind aber urn so langsamer, j e groBer die Selbstinduktioii ist. Wenn bei hinreichend kleiner Selbst- incluktion die Schwingungsdauer sehr klein ist, so verschwindet der Einflu6 der Diffusion vollig gegenuber den Stromen zum Laden der Doppelschicht, genau so wie bei hinreichend schnellem Wechselstrom die Difhsion keine Rolle mehr spielt und nur noch die DoppelschichtenkapazitHt in Erscheinung tritt.

Da die Doppelschichtenkapazitat stets vorhanden ist, auch in den Zellen, in denen wegen groBer Ionenkonzentration im all- gemeinen die Diffusion sehr ins Gewicht fallt, so ware es hier- nach prinzipiell moglich, jede Zelle zu oszillatorischer Entladung EU bringen. Praktisch geht das jedoch nicht, da hierzu die Voraussetzung von verschwindend kleinem 0 hmschen Wider- stande gehdrt, dieser jedoch in dem Elektrolyten der Zelle meist recht erheblich, jedenfalls sehr vie1 griiBer als in dem rein metallischen Entladungskreise eines gewohnlichen Konden- sators ist.

D) R a p azi t a t d er I o nen re a k t i onsge sc hw in d i g k ei t.

Es ware nun noch der in der Einleitung unter 3. be- handelte Fall zu besprechen, in dem die Polarisation nur bedingt ist durch die Geschwindigkeit der Ionenrealition. Es hat das keinerlei Schwierigkeit ; allein eine ausfuhrliche Berechnung erubrigt sich, da sich das Resultat leicht uber- sehen la&. Genau namlich wie im Falle der Diffusion wird auch hier die Elektrizitat, wenn auch mit einer erheblich groBeren, so doch auch nur endlichen Geschwindigkeit nach- geliefert; beobachtbare Oszillationen konnen auch hier nicht auftreten. Der Grund hierfur ist derselbe, aus dem auch chemische Reaktionen niemals uber das Ziel hinausachie6en und oszillieren konnen; die Tatsache, daB hier durch die ein- geschaltete Selbstinduktion eine gr66ere Tragheit in das System

Oszillatorische Entladung polurbierter Ze'ellen. 720

gebracht ist, andert daran ebensowenig, wie die groBere oder geringere Schwere der reagierenden Atome in den Reaktionen. Der Fall ist auch der experimentellen Angreifbarkeit vie1 weniger giinstig, als alle anderen, d a die Polarisierbarkeit hier so klein, bez. die Kapazitat so groS ist, daB selbst bei einer Moglichkeit der oszillatorischen Entladung wegen des j a prak- tisch immer vorhandenen Widerstandes ungeheuerlich groBe Selbstinduktionsrollen eingeschaltet werdeii miiBten , um Re- sultate zu erzielen. Hierauf sei daher nicht weiter ein- gegangen.

E. EinfluB der Stromintens i t l t .

Bei allen bisherigen Betrachtungen haben wir nur sehr schwache Striime, also sehr geringe Polarisationen voraus- gesetzt, diese so klein, daB in der Formel dafur das erste Glied der Reihenentwickelung des Logarithmus geniigte. Es fragt sich, wie sich die Verhaltnisse andern, wenn diese Grenze uberschritten wird. Um die Salze streng theoretisch zu be- handeln, waren also auBer dem ersten noch mehrere Glieder der Reihe des Logarithmus beizubehalten und in die Formeln einzusetzen. Das wiirde aber bei der Kompliziertheit der letzteren zu sehr unubersichtlichen Ausdrucken fiihren, die der weiteren Berechnung sehr groBe Schwierigkeiten bieten durften. Auf diesen Weg wollen wir daher verzichten, zumal sich das Resultat auch ohne spezielle Rechnung voraussehen la&. Es ist namlich offenbar klar, daS, je groBer die anfang- liche Polarisation und damit das Konzentrationsgefalle, um so groBer die Verluste durch Diffusion sind; wahrend die Doppel- schichtenkapazitat konstant bleibt, fallt ihr gegeniiber bei zu- nehmender Polarisation die Diffusion mehr und mehr ins Ge- wicht. Es ist das identisch mit dem schon fruher von ver- schiedenen Autoren gefundenen Resultate, welche ich bereits anderen Ortes (1. c.) in diesem Sinne deutete, daB namlich im Falle der von der Schwingungszahl unabhangigen, d. h. der Doppelschichtenkapazitat mit steigender Stromstarke die Kapa- zitat steigt. Fallt aber mit zunehmender Stirke der Polari- sation, bez. der Stromstarke des induzierenden Stromes die Diffusion immer mehr ins Gewicht, so wird damit auch eine anfhnglich oszillatorische Entladung mehr und mehr in die aperiodische ubergehen ; bei hinreichend starker Polarisation

730 F. Kruger.

kann keine elektrolytische Zelle oszillatorische Entladung zeigen.

111. Versuchsanordnung.

Die zum Nachweis der oszillatorischen Entladung von Kondensatoren am haufigsten benutzten Methoden, also vor allem die Beobachtung des Funkenbildes im rotierenden Spiegel oder die Benutzung der Braunschen Rohre sind hier offenbar nicht anwendbar, da sie vie1 zu starke Stromung zur Voraus- setzung haben. Aus demselben Grunde ist aber auch noch der Oszillograph nicht brauchbar, der, da es sich wegen der groBen Kapazitaten und Selbsinduktionen wenigstens zum Teil bier urn relativ langsame Schwingungen handelt, sonst wohl in Betracht kame; denn auch er reagiert wenigstens in der meist verwandten Konstruktion erst auf Strome von etwa Amp.') So blieb fast als einziger, aber auch, wie sich zeigte, sehr ge- eigneter Apparat der Helm h o l t z sche Pendelunterbrecher ubrig, der in neuerer Zeit auch z. B. von Tal lqvis t2) und Seiler3) zum N achweis der Eigenschwingungen von Kondensatoren ver- wandt wurde. Die Versuchsanordnung ist einfach die schon von N. Schi l le r4) benutzte, in Fig. 4 skizzierte.

G I (-7@-+-* A R

Fig. 4.

A bildet die erste, B die zweite Unterbrechungsstelle des Pendelunterbrechers ; der primare induzierende Stromkreis wird gebildet durch die Induktionsrolle 4, den Strom liefernden Akkumulator P und das Galvanometer G ; der zweite, induzierte Kreis durch die uber die Rolle J1 gewickelte Induktionsrolle J,

1) Hr. A. Blonde1 hat jedoch auch (Journ. d. Phys. (4) p. 273. 1902), wie ich erst nachtrgglich sehe, einen Oszillographen komtruiert, der 0,0001 Amp. sbzulesen gestattet; in giinstigen Ftillen wurde sich hiermit der Nachweis langsamerer Oszillationen von Zellen wohl fihren lassen.

2) Hj. T a l l q v i s t , Wied. Ann. 60. p. 248. 1897. 3) U. Sei ler , Wied. Ann. 61. p. 30. 1897. 4) N. S c h i l l e r , Pogg. Ann. 162. p. 535. 1875.

Oszillutorisciie Entladung polurisiertep. Zellen. 731

und die Polarisationsstelle 2; an dieser liegt das Elektrometer 3. Der Kontakt A wird zuerst unterbrochen, dadurch wird im Kreise B, JB, Z ein Strom induziert, der sich dann hier aperio- disch oder oszillatorisch entladt. Wird dann der Kontakt D unterbrochen, so entladt sich die in diesem Moment in Z vor- handene Elektrizitatsmenge in das Elektrometer E und gibt hier einen beobachtbaren Ausschlag. Indem man nun den Kontakt B mittels eines Schraubenganges allmahlich verschiebt, bekommt man nach und nach die zu verschiedenen Zeiten auf 2 vorhandene Spannung und kann so die ganze Ent- ladungskurve aufnehmen.

Der von mir benutzte Pendelunterbrecher l) war von E de lman n 2, (Miinchen) gearbeitet und funktionierte bei sorg- faltiger Behandlung recht gut; da an dem Reibungskontakt an der Drehachse der Kontakthebel variable Ubergangswider- stande auftraten, iiberbriickte ich sie noch durch feine Drahte, die diesen Ubelstand unschadlich machten und sonst nicht starten. Die Konstanz der induzierenden Stromst'arke, welche je nach der Polarisierbarkeit der Zellen und sonstigen Variabeln, zwischen etwa 1/1000-0,9 Amp. lag, wurde wiihrend eines Ver- suches an dem Galvanometer G kontrolliert. Die Eichung des Pendelunterbrechers geschah durch die Beobachtung der be- rechenbaren Schwingungsdauer eines Systems aus bekannter Selbstinduktion (los cm) und Kapazitat (1 Mikrof.); es wurde die Zeit von zehn halben Schwingungen bestimmt; so ergab sich, daS eine Verschiebung des Kontaktes um einen kleinen Skalenteil einer Zeit von 0,000001 63 Sek. entspricht. Die primare Induktionsrolle hatte eine Selbstinduktion von etwa 1Oscm; uber sie war die sekundare Rolle J2 gewickelt, in 16 Abteilungen geteilt zwischen ca. 168-3. lo8 cm; durch eiii i n die pr imke Rolle einschiebbares Glasrohr, gefiillt mit nicht sehr fest geprefitem Eisenpulver, das Wirbelstrome kaum zulieS, konnte die Selbstinduktion der sekundibren Spule noch auf etwa das Doppelte erhoht werden. Als noch hbhere Selbstinduktion bis zu etwa 3.10gcm = 3 Henry benutzte ich die sekundare

1) Fur die groBe Liebenswurdigkeit, mit der mir Hr. Prof. Simon den Apparat aus seinem Institut zur Verfiigung stellte, sage ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank.

2) M. Edelmann, Ann. d. Phys. 3. p. 274. 1900.

732 F. Kriiger.

Wickelung eiues sehr dickdrahtigen Induktoriums (Widerstand gleich ca. 100 Ohm), als noch kleinere eine Selbstinduktions- normale von lo5 cm, die durch eine andere von loG cm, melche Javor geschoben war, induziert wurde. E war ein Dolezalek- elektrometer mit Quarzfadensuspension, die Empfindlichkeit des bei den meisten Versucheri benutzten Fadens betrug etwa 1 m einseitigen Ausschlag pro 1 Volt; dies Instrument ist wegen des auBerordentlich leichten Systems sehr geeignet zu ballisti- schen Messungen. Die Nadel mar mittels zweier, der anderen Ortes *) beschriebenen Batterien kleiner Westonnormalelemente auf 200 Volt geladen; die Benutzung der stadtischen Spannung von 220 Volt n’ar wegen der grogen Schwankungen derselben vollig ausgeschlossen. 2 bestand aus einer Batterie von meistens 20 hintereinander geschalteten Zellen der zu unter- suchenden Art; die beiden Elektroden waren in jeder Zelle gleich grog, die Kapazitat einer Zelle daher die Halfte der einer solchen mit einer kleinen und einer sehr gro6en Elek- trode, die aller 20 Zellen also 1/40 der Kapazitat einer einzelnen Elektrode. Man kann freilich diese fur die Erzielung kurzerer Ychwingungsdauer wunschenswerte Verkleinerung der Kapa- zitat auch einfach durch Verkleinerung der Elektrodenflachen einer einzelnen Zelle erzielen, das Verhiiltnis des W iderstandes der Zelle zu ihrer Kapazitat wird dadurch j a auch nicht un- gunstiger, sondern bleibt dasselbe. Wohl aber wird durch Be- nutzung mehrerer groBerer, hintereinander geschalteter statt einer kleineren Elektrocle bei gleichem Elektrometerausschlag die Stromdichte verkleinert, und das ist sehr wunschenswert, da, wie oben erwahnt, nur sehr schwache Polarisationen zu- lassig sind. Die maximalen Elektrometerausschlage lagen je nach der Art der Elektroden zwischen etwa 3-30 cm, die diesen entsprechenden Polarisationen betrugen also, selbst wenn man annimmt, dsB der ballistische Ausschlag nur das Dreifache des stationken ist, weniger als meistens aber weniger als ’/,,, Volt. Die Form der Elektroden selbst wird weiter unten in den einzelnen Fallen beschrieben werden.

Es wurde also die oszillatorische Entladung, nicht die Ladung beobachtet; letzteres wurde verschiedene Vorteile

1) F. I i ruge r , Pbysik. Zeitsclir. 7. p. 182. 1906.

Oszillatorische Entladung polarisiertar Zellen. 733

bieten, da die Ladespannung genauer aiigebbar sein wiirde, wie die induzierte, welche zur Entladung fiihrt. Doch ent- stehen dafur andere Komplikationen bei der Untersuchung der Ladungskurven. Vor allem funktionieren Unterbrechungs- kontakte erheblich besser als Schliefikontnkte , die bei den Ladeversuchen erforderlich sind, und die auBerdem der von mir benutzte Apparat nicht besaB.

IV. Versuchsresultate. A. Qu e c k si l b er el e k t ro d en.

Als Metall, an dem Polarisationserscheinungen besonders gut zu studieren sind, ejgnet sich For allem das Quecksilber, da es eine reine und stets definierte Oberflachenbeschaffenheit besitzt. Die Form der Elektroden war die von mir schon friiher (1. c.) zur Messung der Polarisationskapazifat verwandte, d. h., sie bestanden aus kleinen, mit Hg gefullten Glasnapfen von 7 mm innerer Weite, in deren Boden der Strom zufiihrende Platindraht eingeschmolzen war. Je zwei solcher Elektroden tauchten eng nebeneinander in ein kleines Flaschchen, und 30 dieser Plaschen waren hintereinander geschaltet ; die Kapnzitat dieser Batterie betrug also l/*" derjenigen einer einzelnen Elektrode.

Es wurde zunachst die Entladung dieser Elektroden in einer Losung untersucht, in der die Diffusion eine iiber- wiegende Rolle spielt. Aus den Untersuchungen iiber Polari- sationskapazitat ist bekannt, dal3 Quecksilberelektroden in einer Losung von n-H,SO,, gesattigt mit Hg,SO,, sich diesem Falle der reinen Diffusionskapazitat entsprechend verhalten, in dem wenigstens fiir Wechselstrame bis ca. 500 Polwechseln ihre Kapazitat sehr angeniihert umgekehrt proportional der Wurzel auf der Schwingungszahl ist und die Phasenverschiebung des Wechselstromes 4 5 O betragt. Die Entladungskurven der Elek- troden in dieser Losung sind in der beistehenden Fig. 5 ge- geben; die eingeschalteten Selbstinduktionen betrugen 3,l l . lo7, 1,05.108, 3,18.108 und 6,52.1O8cm. Der MaBstab der Abszisse (Zeit) ist in der Figur angegeben, die Ordinate (Spannung) ist in willkiirlichem MaBe aufgetragen, i bedeutet die induzierende Stromstarlre. Zwischen der Aufnahme von zwei aufeinander- folgenden Punkten der Eurve lag jedesmal eine Zeit von

734 F. Kruger.

2 Minuten; der Versuch zeigte, da6 dies Interval1 genugte, urn die Einwirkung der vorhergehenden Polarisation durch den Kurzschlu6 ganzlich wieder verschwinden zu lassen.

Wie die Kurven zeigen, ist die Entladung in Uber- einstimmung mit der Theorie eine durchaus aperiodische; der

Quecksilberelektroden in n-H,SO,,’-ges. mit Hg,SO,. Fig. 5.

Abfall mit der Zeit ist urn so langsamer, je groI3er die Selbst- induktion des Kreises ist. Deutlich in Erscheinung tritt das Ansteigen der Polarisation im ersten Moment, dies ist also keineswegs sin unendlich schnelles; die relative Langsamkeit des Anstieges ist offenbar bedingt durch die QroBe der Selbst- ioduktion und Kapazitat. Der ansteigende Teil der Kurve er- scheint ferner abgeflacht infolge der Diffusion.

Entladekurven von durchaus aperiodischem Charakter er- gaben ferner 20 hintereinander geschaltete Elektroden von 1 mm innerem Durchmesser selbst bei Einschaltung einerf Selbst- induktion von 3 Henry.

Eine von der Wechselstromfrequenz nur wenig abhangige

Oszil/atorische Edadi ing polarisierter Zellen. 135

Kapazitat zeigen Quecksilberelektroden in n-Na,S, gesattigt mit HgS; hier ist also der EinfluB der Diffusion gering und daher

Quecksilberelektroden in n-Na,S, ges. mit HgS. Fig. 6.

nach der Theorie eine oszillatorische Entladung zu erwarten. Die mit zunehmender Selbstinduktion von p = 1,07.10' bis

736 F! Kriiqer.

p = 3,32, lo9 cm aufgenommenen neun Kurven der Fig. G zeigen sehr deutlich den allmahlichen Ubergang der anfang- lich bei geringer Selbstinduktion wegen des Ohmschen Wider- standes aperiodischen Form der Entladung in die oszillatorische. Die Schwingungen sind megen des erheblichen Widerstandes sehr stark gedampft. Sie liegen nicht genau symmetrisch um die Abszissenachse, sondern zeigen den Typus der Fig. 3, be- sonders im Beginn der Schwingung, TO der Einflufi der Diffusion infolge des anfanglichen Konzentrationsgefalles am groBten ist; ein nicht sehr starker, aber doch deutlicher EinfluS der Diffusion ist also noch vorhanden. Aus der letzten einigermaBen symme- trischen Kurve laBt sich angenahert die Kapazitat berechnen; setzt man die Oberflache einer Quecksilberelektrode wegeii der kapillaren Kriimmung gleich 5/4 des Querschnittes der Glas- napfe, so ergibt sich fur 248 Schwingungen (Polwechseln) pro Sekunde eine Kapazitat von 10,3 Mikrof. pro Quadratzenti- meter. Friihere (1. c.) Messungen der Kapazitat mittels Wechsel- stromes hatten etwlt 12 Mikrof. pro Quadratzentimeter ergeben. Die einzelnen Punkte der Kurve liegen fast auffallend genau in dem Kurvenzuge in Anbetracht der Tatsache, daB jeder Punkt einen neuen Versuch darstellt und sich sonst doch die Elektroden von Polarisationszellen als leicht veranderlich er- weisen.

‘Die beiden Kurven der nachsten Fig. 7, welche bei einer induzierenden Stromstarke von i = 0,08 und i = 0,012 Amp. aufgenommen sind. zeigen entsprechend der Theorie bei diesen schwachen Polarisationen kaum eine Abhangigkeit Ton der Stirke derselben.

I n Figg. 5 und G haben wir, wenn auch in letzterer nicht ganz rein, so doch mit ziemlicher Annaherung die beiden Grenzfalle, die der Diffusions- und Doppelschichtenkapazitat entsprechen. In Losungen, deren Quecksilberionenkonzentration zwischen denen der hier verwandten Losungen liegt, merden wir Zwischenstadien haben. Koniiten wir nun eine Liisung ausfindig machen, in der einerseits der Widerstand klein und zwar so klein ist, dafi sein dampfender EinfluB gegeniiber dem der Diffusion verschwindet, die Diffusion aber andererseits so grog, dafi bei maBiger GriiBe der Selbstinduktion noch eben oszillatorische Entladung vorhanden ist, so ware vielleicht zu

Oszillatorische Entladuny polarisierter &den. 737

hoffen, da6 man den unter 11. C besprochenen Fall realisieren kiinnte, daS namlich bei sehr groBer Selbstinduktion die Ent- ladung wieder aperiodisch wird. Nun ist ja gerade beim Quecksilber die Ionenkonzentration besonders leicht variabel durch Benutzung geeigneter Salze und zwar z. B. des HgC1, Hg Br, HgJ, deren Ionenkonzentration stufenweise von der des Hg,SO, zu der des HgS fuhrt. Allein diese Salze sind be-

p -3J8 W8- %.ZWsa-.= W@OO32G SPC

Quecltsilberelcktroden in n-Na,S, ges. mit HgS. Fig. 7.

ginnend vom HgCl in zunehmendem MaBe komplex, neben deni EinfluB der Diffusion tritt hier immer starker der der Ionen- reaktionsgeschwindigkeit auf, ixn HgJ ist er schon fast allein ausschlaggebend. Diese Methode der Verwendung von Salzen mit verschiedenen Ionenkonzentrationen ist also nicht brauch- bar. Leicht in beliebigem Matle zu verringern ist ferner die Ione~~konzentration an einer Elektrode durch kathodische Polarisation. Allein diese Methode, die bei Messung der Polarisationskapazitiit in der Wheats toneschen Briicke’) leicht anwendbar ist, bleibt hier ausgeschlossen, da beim Unter- brechen des induzierten Stromkreises in diesem die polari- sierende Gleichstromverteilung geandert wird.

Es waren daher andere Metalle zu suchen, die giinstigere

1) Vgl. E. Or l i ch , Diss. Berlin 1896; A. M. S c o t t , Wied. Ann. 65. p. 388. 1899; F. Rriiger, 1. c.

Anualeo der Phyaik. IV. Folge. 21. 47

738 F. Kruger.

Verhitltnisse bieten. Auger Silber, dessen Salze aber mit dem des Quecksilbers in bezug auf die hier in Frage kommenden Eigenschaften gro6e lihnlichkeit haben, kommt da fast nur Platin in Betracht, fast alle anderen Metalle sind, falls man nicht ganz besondere Vorrichtungen zur Fernhaltung des Luft- sauerstoffs treffen wollte, mit einer Oxydhaut in ihren Sdz- losungen bedeckt , die eine Messung der eigentlichen Polari- satioiiskapazitat ausschliegt.

B. Plat i n e 1 e k t r o d e n.

Platinelektroden haben gegeniiber Quecksilberelektroden den Vorzug, daS man ihre Oberflache genau ausmessen, vor allem aber den, da6 man sie bequem bis auf 1 mm einander nlihern kann, wodurch sich der Widerstand der Zelle sehr klein machen lafit. Die Dampfung der Schwingungen infolge des Widerstandes wird also bei ihnen vie1 geringer sein.

Wahrend bei den Metallen, welche ihre eigenen Ionen in Losung senden, die Potentialdifferenz an der Beriihrungsstelle Metall-LSsurig nur durch die Metallionenkonzentration der Losung bedingt ist, hangt bei Platin und Palladium in einer bestimmten Saure- oder Alkalilosung diese Potentialdifferenz bekanntlich auch noch ab von der Beladung der Elektrode mit Wasserstoff oder Sauerstoff, d. h. nach der Nernstschen Theorie von der Losungstension P des Wasserstoffs oder Sauer- stoffs im Platin oder Palladium. Bei einer Polarisation bleibt die H- bez. OH-Ionenkonzentration der Losung praktisch un- geandert, dagegen andert sich die Beladung der Elektrode und fiihrt so zu einer Anderung des Potentialsprunges. Eine Platinelektrode ist daher um so unpolarisierbarer, j e starker sie mit Wasserstoff oder Sauerstoff geladen ist, denn ein um so starkerer Strom ist notig, um diese Beladung zu andern, und eine urn so grSBere Rolle spielt die Diffusion des H, oder 0, in das Innere des Platins oder in die Losung hinein; bei schwacher Ha- bez. 0,-Beladung iiberwiegt auch hier die Doppelschichtenkapazifat.

Taucht man nun eine Platin- bez. Palladiumelektrode z. B. in eine Saurelosung, so ist also ihre Potentialdifferenz gegen die LSsung sowie ihre Polarisierbarkeit noch eine undefinierte. Erst wenn man H, oder 0, von bestimmtem Druck daran

Osziit'atorisciie Entiadung po Zarisierte~ Zellen. 739

leitet, oder sie kathodisch oder anodisch polarisiert, sind beide Eigenschaften bestimmt ; beides ist in unserem Falle nicht anwendbar,, weil ersteres einen variablen Wideretand herbei- fiihrt, letzteres aus dem oben angegebenen Grunde.

Nun gibt es aber noch eine dritte, sehr elegante Methode, mittels der man dem Platin jede beliebige Beladung von Wasserstoff bis Sauerstoff von Atmospharendruck verteilen kann, namlich durch Eintauchen in die Losungen geeigneter Reduktions- bez. Oxydationsmitteln. Bei ihrer Verwendung sollte man also in den Losungen, die eine starke Ha- oder 0,-Beladung herbeifuhren, aperiodische Entladung, in solchen, die eine in der Mitte liegende Potentialdifferenx und Beladung geben, oszillatorische Entladung erwarten.

Denn setzen wir der Saure- oder Alkalilosung ein Reduktions- oder Oxy- dationsmittel zu, so kann die Beladung der Elektrode nicht mehr primar durch den polarisierenden Strom direkt geandert werden, sondern nur dadurch, daB der Strom das die redu- zierende bez. oxydierende Kraft bedingende Verhaltnis der Metallo- zu den Metalliionen andert. Es miissen also Konzen- trationsanderungen in der Losnng herbeigefiihrt werden, und da die Konzentrrttionen der Metallo- und Metalliionen, wenn man nicht gerade extreme Werte wiihlt, betrachtlich sind, wenigstens im allgemeinen noch groB im Vergleich zu der Hg-Ionenkonzentration in gesattigter Hg,SO,-Losung, so sind relativ starke Strome zur h d e r u n g des genannten Verhalt- nisses notig, d. h. die Platinelektrode ist, obwohl sie nur schwach niit H, bez. 0, geladen ist, sehr unpolarisierbar; dies ist um so mehr der Fall, als auch noch die Diffusion der Metallo- bez. Metalliionen in der Lasung im gleichen Sinne wirkt. Eine Platinelektrode in einer solchen Losung wird also sehr wahrscheinlich gegeniiber Wechselstrom eine Kapazitat haben, die umgekehrt pruportional der Wurzel aus der Schwin- gungszahl ist, und eine Phasendifferenz von 45O zeigen.

Dementsprechend zeigten denn auch Platinelektroden in einer Losung, die hergestellt war aus 1 Volum n-HC1+ l/,on-FeC1, und 9 Volumen n-HC1 + 'Ilo n-FeCI,, und welche dem Platin eine mittlere Beladung (Potentialdifferenz gegen die H, - Elektrode in normder Saure gleich 0,680 Volt) erteilt, bei Einschaltung

Diese Uberlegung ist jedoch nicht richtig.

47 *

740 P. Kruger.

einer Selbstinduktion von 3,18.10* cm nur eine schwach an- gedeutete und sehr stark gedampfte Stromschwankung, aber keinen Polwechsel , also eine sehr geringe Polarisierbarkeit und groBen EinfluB der Diffusion.

Hiernach war also auch dies Mittel, urn Platinelektroden in verschiedenen Beladungszustanden zu untersuchen , nicht brauchbar. Da jedoch Platinelektroden von mittlerer H2- bez. 0,-Beladung in einer SLure- oder Alkalilosung recht lange un- verandert bleiben, so war es moglich, Platinelektroden, denen durch Baden in der genannten Losung eine bestimmte, mittlere Beladung erteilt war, und die nach dem Abspiilen mit reiner n-HCl in Losungen von n-HC1 gebracht waren, zu untersuchen. Indem man dann ferner mit der n-HC1-Losung bestimmte Mengen der genannten Reduktionslosung mischte, konnte man den Anteil der Diffusion beliebig dosieren. Da hier gleich- zeitig der Widerstand ein sehr geringer war, so war Aussicht vorhanden, den unter 11. C behandelten Fall, wenigstens an- genahert, zu realisieren.

Die zu diesen Untersuchungen benutzten Platinelektroden hatten eine GroBe von 4 x 4 qmm, der Abstand je zwei solcher eine Zelle bildender Elektroden betrug kaum 1 mm, ihre auBere Seite war mi$ Wachs uberzogen. Zehn solcher Zellen waren hintereinander geschaltet, die Kapazitat dieser Batterie betrug also 'la,, der einer einzelnen Elektrode.

Die mit diesen Elektroden zuniichst in n-HC1 erhaltenen Entladungskurven zeigt Fig. 8.

Sehen wir zunachst von der ersten einer Selbstinduktion von 106cm zugehorigen Kurve ab, so sind die hier erhaltenen Kurven so schon und regelmaBig, wie die der Entladung eines gewahnlichen Kondensators, nur sind die Schwingungen starker durch Widerstand gedampft; der EinfluB der Diffusion ist so gut wie vollig gleich Null. Die der Selbstinduktion von lo5 cm entsprechende Kurve ist ziemlich unregelmaBig und zeigt einen deutlichen EinfluB der Diffusion. Dieser riihrt her von dem iin ersten Moment noch vorhandenen starkeren Konzentrations- gefalle, analog wie bei den Kurven der Hg-Elektroden in n.Na,S + HgS; die Anzahl der hier vorhandenen Polwechsel hetragt, soweit man das bei der asymmetrischen Gestalt der liurve schiitzen kann, zwischen 50 000-100000 pro Sekunde.

Osrillatorische Entladung polarisierter Zellen. 741

Bei der Aufnahme dieser Kurve war auch die Grenze der Leistungsfahigkeit des Pendelunterbrechers erreicht , nach-

Platinelektroden in n-HCI. Fig. 8.

einander beobachtete Elektrometerausschlage bei derselben Stellung der Kontakte wichen hier, wlhrend sie sonst sehr genau gleich wnren, so erheblich voneinnnder ab, dab aus

142 I? Kruger.

dreien das Mittel genommen werden mu6te. Die der Selbst- induktion von 1,16. lo6 cm entsprechende Kurve gibt etwa 15000 Polwechsel pro Sekunde.

Die groBe RegelmaBigkeit dieser Kurven lieB eine exakte Prufung der Gleichung T = 2 m E C aussichtsvoll erscheinen.

Sie wurde in der Weise vorgenommen, dab der Punkt des ersten und funften Polwechsels genau bestimmt und aus der so erhaltenen Zeit durch Division mit 4 die Dauer einer halben Schwingung berechnet wurde; die so aus der obigen Gleichung fur die Kapazitat C der Flacheneinheit erhaltenen Werte bei den Schwingungszahlen N gibt die folgende Tabelle.

N 1 C in Mikrof. I p in 10Scm

2082

2428

2938

3666

4742

9,19 I 3,18

9,14 I 2,35

9,06 I 1,62

8,97 I 1,05

8,99 I 0,626

Platinelektroden in 30 proz. H,SO,. Fig. 9.

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 743

Die Kapazitat zeigt in der schwachen Zunahme mit wachsender Schwingungsdauer bei den niederen Schwingungs- zahlen noch einen auBerst geringen EinfluS der Diffusion, bei den hoheren Schwingungszahlen scheint sie vollig konstant zu sein.

Um den Widerstand noch mehr zu verringern, wurden die Elektroden noch in 30proz. H,S04, also solche von maxi- maler Leitfahigkeit gebracht , und die Entladungskurven auf- genommen. Die Fig. 9 zeigt eine so erhaltene Kurve hei einer Selbstinduktion von 3,18.10* cm.

Die maximale Zahl der so erhaltenen Polwechsel betrilgt 14; bei gewohnlicher Kondensatorentladung erreicht man be- kanntlich leicht etwa 50.

Durch Beimischen zunehmender Mengen der Reduktions- lasung war, wie erwahnt, die Moglichkeit gegeben, kontinuier- lich den EinfluB der Dif- fusion zu verstarken und so einen Ubergang von 0s-

zillatorischer in aperiodische Entladung zu erhalten. Die drei Kurven der Fig. 10, die in drei Losungen auf- genommen sind , welche durch Mischen von Reduk- tionslosung und 30 proz. €&SO, in den Verhaltnissen 1 : 4 , 2 : 3 und 1:0 aufge- nommen sind, zeigen deut- lich die zur Aperiodizitat fuhrende stark diimpfende Wirkung der Diffusion.

In einer Mischung von zwei Volumen Reduktions- losung und drei Volumen 30 proz. H,SO, lieB sich nun sehr gut die oben unter 11. D behandelte Abhangig-

Platinelektroden. Laaun A: 1 Vol. n-HCI + l/lo n-FeCI,, 9%ol. n-HC1 + l/lo n-FeC1,.

Fig. 10.

keit der Periodizitat von der Starke der Polarisation nach- weisen. Die vier Kurven der Fig. 11, welche bei Starken des

744 F. Kruger.

induzierenden Stromes zwischen 0,005-0,05 Amp. aufgenommen sind, geben das Resultat.

p = 2,85 . los em, '1," Teilnfr. = O,OOOOG6 nee.

Platinelektroden in L6s. v. 2 Voi. (Lijs. A = 1 Vol. n-HCl +

Los. A + 3 Vol. 30 pror. H,SO, n-FeC1,). n-FeCl,, 9 Vol. n-HC1 +

Fig. 11.

Sie zeigen aufs deutlichste den mit steigender Stromstarke eintretenden Ubergang von oszillatorischer in aperiodische Ent- ladung. Die Ordinaten der Kurve i= 0,03 Amp. sind auf die Halfte, die der Knrve i = 0705 Amp. auf den vierten Teil des ;\iI:&tabes der ersten heiden Kurven reduziert.

Um schlieBlich den mehrfach erwahnten, oben unter 11. C hehandelten Fall, daB die Diffusionsdampfung groB ist im Ver- gleich ziir Widerstandsdampfung und daher mit zunehmender Selbstinduktion der Ubergang von oszillatorischer in aperio- discbe Entladung eintritt, zu realisieren, war ein Mischungs- verh%ltnis der 30proz. H,SO, mi t der ReduktionslSaung zu suchen, bei dem bei ma6ig groBen Selbstinduktionen nur noch

Oszillatorische Edadung polarisirrter Zellen. 745

eine schwach oszillatorische En tladungsform vorhanden war. Nach ziemlich muhevollem Yuchen fand ich hierzu eine Mischung von 2 Volumen Reduktionslosung und 3 Volumen 30proz. H,SO, einigermafien geeignet. Die vier Kurven der Fig. 12 geben das Resultat.

LCs'svng: 2 VoL LBs. d, 3 Vol. 30proz. H,SO* I/,,, Teilsli.. = 0,000066 see.

Platinelektrodcn (LSsung A = 1 Vol. n-HCl + n-FeCI,, 9 Vol. n-HCl + n-FeCI,).

Fig. 12.

Da die Widerstandsdiimpfung auch in der 30proz. H,SO, nicht unbetrachtlich ist, wie oben Fig. 9 zeigte, so wird sie neben der Diffusionsdampfung nicht vollig verschminden und deren Bestreben, mit zunehmender Selbstinduktion Aperiodizitat herbeizufuhren , entgegenwirken und teilweise paralysieren. Trotzdem lassen die Kurven der Fig. 12 die Abnahme der Periodizitilt mit zunehmender Selbstinduktion deutlich er- kennen. Die erste bei p = 2,82. lo7 aufgenommene Kurre zeigt Aperiodizitat wegen der Widerstandsdampfung, die zweite bei p = 9,08.10' erhaltene hat den starksten oezillatorischen Charakter. Sie 1aBt die sechste Stromschwankung npch er- kennen, bei p = 6,52.108 cm erscheint die oszillatorische Form der Entladung schon abgeschwacht, bei p = 3. loe cm sind nur noch drei Stromschwankungen erkennbar. Die etwas gr6Beren Widerstande der gr66eren Selbstinduktionen, welche ja auch etwas starker dampfen murden, kommen gegenuher diesen sehr

746 F. Kriiger.

groBen Selbs tinduktionen bei dem schnellen Abfall der Strom- starke nicht in Betracht. Eine noch erheblich groBere Selbst- induktion als die zuletzt angewandte wiirde schlie6lich zu vijlliger Aperiodizitat fuhren, doch stand mir eine groBere mit hinreichend kleinem Widerstand nicht zur Verfugung. Jeden - falls aber ist die von der Theorie verlangte Abhangigkeit der Periodizitat von der Selbstinduktion bewiesen.

Sehr sorgfaltig muWte naturlich bei diesen Versuchen darauf geachtet werden , da6 die induzierende Stromstarke noch schwach genug war, um die Unabhangigkeit der Ent- ladungsform von der Stromintensitat zu gewahrleisten , zu welchem Zweck Aufnahmen der Kurven bei gleicher Selbst- induktion , aber verschiedener Stromstarke notwendig waren.

C. Pal l ad i u m el e k t r o d en.

Wie oben ausgefiihrt, ist es beim Platin nicht moglich, die Elektroden in derselben Losung, aber bei verschieden starker Beladung mit H, oder 0, zu untersuchen. Beim Palladium dagegen 1aBt sich das in folgender Weise aus- fiihren.

Ich habe gelegentlich darauf hingewiesen l), daB ein auf der einen Seite mit einem Reduktions- oder Oxydationsmittel in Beriihrung befindliches Palladiumblech, auf der anderen Seite eine Wasserstoff- bez. Sauerstoff beladung annehmen mu8, falls die von Nernst,) aufgestellte Theorie richtig ist, nach der Rednktions- bez. Oxydationsmittel dem Platin oder Pal- ladium dadurch eine bestimmte Potentialdifferenz gegentiber der Losung erteilen, daB sie dasselbe je nach der Starke ihrer Reduktions- oder Oxydationskraft mit Wasserstoff oder Sauer- stoff beladen. Die Wasserstoff- oder Sauerstoff beladung mii6te dann durch ein hinreichend dunnes Blech bis auf dessen andere Seite hindurchdiffundieren und dort nachweisbar sein. N e r n s t und A. Less ing (1. c.) konnten dieae Vermutung und damit die Richtigkeit der Nerns tschen Theorie bestitigen, indem sie die Anderung der Potentialdifferenz ma6en, die ein Pal-

1) Vgl. W. Nernst u. A. Leasing, Gijttinger Nachr., matbphys.

2) W. Nernst, Theor. Chemie 4. Aufl. p. 710. 1909. Klasse, Heft 2. 1902.

Oszillatorische Entladung polaririerter Zellen. 747

ladiumtiegel in einer Saurelosung gegeniiber einer Normal- elektrode zeigte, wenn in seiii Inneres ein starkes Reduktions- oder Oxydationsmittel gebracht wurde. Beim Platin versagte die Methode, offenbar weil der Diffusionskoeffizient des Wasser- stoffs und noch mehr natiirlich der des Sauerstoffs im Platin bei Zimmertemperatur vie1 zu gering ist.

Es war also zu erwarten, daB entsprechend konstruierte Palladiumelektroden zu dem erstrebten Ziele fiihren wiirden. Die zu den Versuchen benutzten Elektroden wurden in der Weise hergestellt, daB Glasrohrchen von 4,5 mm innerer Weite und von etwa 4 cm L h g e unten mit einem 0,02 mm dicken Palladiumblech, das mit Marineleim angekittet wurde , ver- schlossen wurden ; zur Stromzufuhrung diente ein angeschweioter Platindraht. AuBen tauchte diese Elektrode in eine Losung von n-HSO,; innen in die Rohrchen kam das betreffende Re- duktions- bez. Oxydationsmittel. Die Rohrchen wurden zu- nachst mit der oben angefiihrten Reduktionslosung gefiillt, so daB das Palladium sowohl innen wie auBen ein mittleres Po- tential zwischen Wasserstoff- und Sauerstoff beladung besaB.

Die so erhaltene Kurve ist die erste der in Fig. 13 ge- zeicbneten. Sie zeigt genau denselben Typus wie die mit Platinelektroden in n-HCl erhaltenen: durch Widerstand ge- dampfte Schwingungen mit sehr geringem EinfluB der Diffusion. Die bei verschiedenen Schwingungszahlen mittels der Formel T = 2 n1p-C erhaltenen Kapazitaten pro Quadratzentimeter gibt die folgende kleine Tabelle:

1960 2345 2825

I c I p in 10*cm .~

8,47 3,18 7,94 2,35 8,02 1,62

Die Schwingungsdauern sind hier nicht, wie oben beim Platin, durch genaue Bestimmung des fiinften Umkehrpunktes erhalten, sondern einfach durch Ablesen aus den Kurven, be- sitzen daher nicht ganz die Genauigkeit jener Werte. Ein geringer EinfluB der Diffusion ist erkennbar. Der Wert von ca. 8 Mikrof. pro qcm ist sehr nahe dem fur Platin gefundenen

7 48 I? Kruyer.

(9 Mikrof.) gleich, hesonders wenn man bedenkt, daS hier die OberflachengrOBe nicht genau zu messen war. Da die absor- bierenden Eigenschaften des Platins und Palladiums auBer-

Palladiumelektroden in n-H,SOI , auf der aiideren Seite beladen durch cine Liisuog von 1 Vol. n-HCl+ n-FeC1, in Kurve I und 111, durch n-HCI + CrCI, in Kurve 11, durch n-H,SO, +

KMnO, in Kurve IV.

Fig. 13.

n-FeCI, 11. 9 Vol. n-HCI +

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 7 49

ordentlich verschieden sind, und man dasselbe wohl auch fur die von W a r b urg angenommene Oberfiachenverdichtung des H, oder 0, auf dem Metal1 voraussetzen darf, so scheint dies Resultat sehr zugunsten der Theorie der Doppelschichten- kapazitiit zu sprechen, nach der eine Gleichheit der Kapazitat beim Platin und Palladium wahrscheinlich ist.

Die zweite Kurve wurde erhalten, wahrend die Rohrchen innen mi t n-HCl- und , frischer CrCl,-LBsung gefullt waren; au6erdem waren einige Kornchen metallischen Chroms hinzu- gefiigt. Das Palladium wurde somit auf der Innenseite stark mit Wasserstoff beladen, der durch Diffusion auch die andere Seite des Palladiums in der n.H,SO, helud. Es muBte recht lange gewartet werden, ehe die anfangs vorhandenen kleinen Potentialdifferenzen der Elektroden gegeneinander durch Kurz- schluB beseitigt waren, der letzte nicht ganz verschwundene Rest wwde in Rechnung gezogen. Die Palladiumelektroden zeigten auSen, d. h. in der n-H,SO, eine mittlere Potential- differenz von 0,41 Volt gegen die H,-Elektrode in normaler Saurelbsung. Wie die Figur zeigt, ist die Entladung hier, wie zu erwarten war, eine vollig aperiodische; die Elektroden sind durch die relativ starke H,-Beladung sehr unpolarisierbar ge- worden.')

Alsdann wurden die Rohrchen wieder mit der genannteii ReduktionslSsung wie zu Anfang gefiillt. Nach langerem Stehen- lassen wurde die dritte Kurve erhalten. Sie zeigt deutlich oszillatorischen Charakter, aber der Anfangszustand ist offen- bar infolge noch zum Teil restierender H,-Beladung nicht ganz wieder eingetreten. Die auSen in der n-H,SO,-Losung gegen eine H,-Elektrode in gleicher Losung gemessene Potential- differenz betrug etwa 0,68 Volt.

SchlieSlich erhielten die Rohrchen eine Fiillnng von n-H,SO, mit Zusatz von KMnO,, so da6 dem Palladium innen eine

1) Dcrartige durcb Wasserstoffbeladung auf der anderen Seite sehr unpolarisierbar gemachte Palladiumelektroden diirften sebr braucbbar sein zur Widerstandsbestimmung von Elektrolyten in Fallen, in denen plati- nierte Platinelektroden unanwendbar sind. Solcbe Pd -Elcktroden sind jedenfalls hequemer zu handhaben als in der zu untenuchenden Msuug selbst durch Gleichstrom polarisierte blanke Platinelektroden, wie sic: E. R. Wol lcot (Ann. d. Phys. 12. p. 853. 1903) bescbreibt.

750 F. Kriiger.

starke Sauerstoff beladung erteilt wurde. Die auBen gemessene mittlere Potentialdifferenz der Elektroden gegen die H,-Elektrode betrug etwa 0,87 Volt. Bei diesem Versuch wurden nur zehn statt der fruheren 20 Rohrchen oder Elektroden benutzt. Wie die vierte Kurve zeigt, ist die Entladung jetzt wieder viillig periodisch, der EinfluB der fruheren H,-Beladung also ganzlich wieder beseitigt. Doch ist offenbar die Sauerstoff beladung noch nicht stark genug, urn wieder die Aperiodizitat zu begiin- stigen. Das liegt vor allem daran, da6 Palladium ebenso wie Platin Sauerstoff vie1 weniger stark absorbiert als Wasser- stoff; bekanntlich steigt auch die Polarisationskapazitilt des Platins durch anodische Polarisation, d. h. durch SauerNtoff- beladung nur sehr wenig a n , wahrend sie durch katho- dische, d. h. Wasserstoffbeladung auf das 50-100 fache ver- grii6ert wird.

Eine starkere Snuerstoff beladung der AuBenKiiche des Palladiums in der n-H,SO, hatte sich wohl noch erzielen lassen durch elektrolytische Beladung der inneren Palladium- oberflache statt der durch ein Oxydationsmittel. Allein bei der relativ gro6en Anzahl von Elektroden hatte dies eine er- hebliche experimentelle Komplikation mit sich gefuhrt, ohne doch wesentlich Neues zu ergeben.

Mit diesen Versuchen durfte gleicbzeitig ein sehr exakter Beweia dafur erbracht sein, daS die Polarisierbarkeit von Palladiumelektroden in derselben Losung nur von ihrem Be- Beladungszustande abhangt.

V. 8ohluB.

In der Aufnahme der Entladungskurven polarisierter Zellen mit Hilfe des Helmholtzschen Pendelunterbrechers diirfte somit eine sehr geeignete Methode gegeben sein zur ein- gehenden Untersuchung der Polarisationserscheinungen. Die bis- herigen Messungen der Polarisationskapazitat mittels Wechsel- stromes erstrecken sich nur auf Frequenzen bis hochstens 500 Schwingungen pro Sekunde; die oben erreichten Oszillationen gehen bis etwa 50000 pro Sekunde. Die neueren Wechselstrom- sirenen von M. Wien und besonders die von F. Doleza lek konstruierte geben nun freilich einen sehr angenahert sinus- formigen Wechselstrom bis zu etwa 10000 Polwechseln pro

Osrillutorische Entladung polarisierter Zellen. 7 51

Sekunde; allein hinreichend empfindliche MeSinstrumente gibt es nur fur erheblich geringere Frequenzen. Die Eigen- schwingungen unserer Zellen liefern natiirlich streng sinus- fiirmige Schwingungen, dabei lassen die Kurven den EinfluS der Diffusion leicht und sicher erkennen. Da dieser mit zu- nehmender Frequenz immer mehr verschwindet, so ist die Aufnabme dieser Eigenschwingungen bei den sonst nicht er- reichbar hohen Schwingungszahlen sehr geeignet zur speziellen Untersuchung der Doppelschichtenkapazitiit. Die in neuerer Zeit von E. Ro t h 6 l) aufgenommenen Entladungskurven polari- sierter Zellen mittels des Oszillographen geben nur eine Ge- nauigkeit der Zeitmessung bis auf etwa l/looo Sekunde; bei ihnen uberwiegt auBerdem wegen der hier anzuwendenden starken Polarisationen der EinfluB der Diffusion so sehr alle anderen Erscheinungen, daB eine genauere Analyse der Po- larisationserscheinungen auf diesem Wege ausgeschlossen er- scheint.

Eine Anwendung der Theorie des Verhaltens polarisierter Zellen gegenuber Wechselstrom auf die Phyeiologie der Nerven- reizung hat Nernsts) gegeben, indem er die Zellen des Organis- mus in der Weise als polarisierbar ansieht, daB an den fur das Salz undurchlassigen Membranen derselben Konzentrations- anderungen eintreten, und in Anlehnung an die Warburgsche Theorie der Diffusionskapazitht das Gesetz abgeleitet und durch Experimente bestatigt, daB der Grenzwert der Intensitat eines Wechselstromes, der eben noch als Reiz empfunden wird, der Wurzel aus der Schwingungszahl proportional ansteigt ; dabei ist vorausgesetzt, da6 eine Empfindung erst bei einer be- stimmten S t k k e der Konzentrationsanderung eintritt. Da nun an der Membran wohl zweifellos elektrische Doppelschichten wegen des dort vorhandenen Sprunges der PotentialdifTerenz existieren miissen, so ist es sehr wahrscheinlich, da6 bei hin- reichend hoher Frequenz des Wechselstromes diese Doppel- schichtenliapazitat gegenuber der Diffusionskapazitat auch hier

1) E. RothB, Journ. de Phys. (4) 3. p. 661. 1904. 2) W. Nernst , Nachr. d. k. Gesellsch. d. Wissensch. eu Wttingen,

math.-phys. Kl., Heft 1. 1899; W. Nernst u. I. 0. W. Bsrratt , Zeitschr. f. Elektrochem. 10. p. 664. 1904.

752 F. Kriiger.

mehr und mehr ins Gewicht fallt; dann wiirde also bei sehr hoher Frequenz die Reizschwelle unabhangig von der Frequenz des Wechselstromes werden. Rei geringeren Schwingungszahlen bis etwa 2000 iiberwiegt jedoch vollig die Diffusion, die sonst immerhin interessante Moglichkeit, daB Eigenschwingungen der Zellen des Organismus eintreten konnten, ist danach durchaus iinwahrscheinlich, zumal hier nur sehr geringe Selbstinduktionen in Betracht kommen konnen.

Dagegen la& sich erwarten, da6 in einem Kabel, das aus sehr vielen solchen hintereinander geschalteten Zellen besteht, also pro Langeneinheit eine ungeheure Kapazitit besitzt, eine elektrische Welle sich nur noch mit auflerordentlich geringer Geschwindigkeit fortpflanzen wird , wenn auch die Selbst- induktion des Kabels pro Langeneinheit nur gering ist; denn Bekanntlich ist bei zu vernachlassigendem Widerstande die Fortpflanzungsgeschwindigkeit elektrischer Wellen in einer Leitung umgekehrt proportional der Wurzel aus dem Produkt der Kapazitat in die Selbstinduktion pro Langeneinheit des Leiters. Uber die hier nicht ganz fernliegende Vermutung, dafl vielleicht die Fortpflanzung des Empfindungsreizes i n der Nervenbahn , deren Geschwindigkeit bekanntlich nur etwa 20-40 m pro Sekunde betragt, mi t der Fortleitung einer elek- trischen Welle in einem Leiter mit sehr hohen Werten der Polarisationskapazitat pro Langeneinheit in Reziehung steht, laBt sich naturlich nur bei genauerer Untersuchung der physio- logischen Verhaltnisse Sicberes aussagen. l)

Zusammenfaasung.

Es wurde die Theorie der oszillatorischen Ladung und Entladung polarisierbarer Zellen entwickelt. Sie srgab, dab, f d s die Polarisation iiberwiegend in Konzentrationsanderungen an der Elektrode und der damit verbundenen Diffusion besteht, mie es bei mittleren Konzentrationen der Zellenlosung zutrifft,

I) Hr. L. Hermann (Ann. d. Phys. 12. p.932. 1903; 11. p. 501. 1905; L. Hermannn u. M. Gildemeis ter , Ann. d. Phys. 14. p. 1031. 1904) hat im Verfolg seiner Theorie der Nervenleitung die Fortptlanzungs- geschmindigkeit elektrischer Wellen langs Leitern mit hohen Werten der KapszitLt und Selbstinduktion gemessen ; do& hsndelt cs sich hierbei nicht nm PolarisationskspaeitZiten in dem oben entwickeltcii Sinne.

Oszillatorische Entladicng polarisierter Zellen. 753

wo der EinfluB der Doppelschichtenkapazitat also verschwindend klein ist, der Lade- oder Entladestrom ein aperiodischer ist; ihm ist superponiert ein oszillatorischer, der jedoch so schnell im Vergleich mit jenem abklingt, daB er sich der Beobachtung entzieht. Praktisch ist daher in diesem Falle die Entladung stets aperiodisch. 1st bei geringer Ionenkonzentration der Einflu6 der Doppelschichten-, bez. im W arburgschen Sinne der Oberflachendichtigkeitskapazitat gro6 im Vergleich zu dem der Diffusion, so ist die Entladung vollkommen der eines ge- wohnlichen Kondensators entsprechend: Ihre Schwingungsdauer ist T = 2 n v z rnit zunehmender Widerstandsdiimpfung geht die oszillatorische in die aperiodische Entladung uber. Bei Konzentrationen der Zellenlosung, fur die sowohl der EinfluB der Diffusionskapazitat wie auch der Doppelschichtenkapazitlit i n Betracht kommt, ist bei Uberwiegen des Einflusses der ersteren die Entladung eine aperiodische, der sich eine sehr schnell abklingende, praktisch nicht in Betracht kommende oszillatorische uberlagert. Falls umgekehrt der EinfluB der Doppelschichtenkapazitat vorherrscht, existieren zwei Schwin- gungen, doch konvergiert die eine im Vergleich mit der anderen so schnell gegen Null, daB sie praktisch nicht zu beriicksichtigen ist. Dieser also praktisch vorhandene Ubergang von aperiodi- scher in oszillatorische Entladung hangt von der eingeschalteten Selbstinduktion in der Weise ab, da6 die Entladung am starksten oszilltttorisch ist bei kleiner Selbstinduktion , und daB sie rnit wachsender Selbstinduktion in die aperiodische ubergeht. Es liegt dies daran, daB rnit zunehmender GroSe der Selbst- induktion die Schwingungsdauer und mit dieser der EinfluB der Dampfung durch Diffusion wachst. Die Widerstands- dampfung verhalt sich also in dieser Hinsicht genau um- gekehrt wie die Diffusionsdampfung. Bei der Entladung lagert sich iiber die Spannungsabnahme durch den Strom stets noch eine durch den Ausgleich des Anfangs vorhandenen Kon- zentrationsgefalles bedingte , die naturlich aperiodisch ist. I n den Fallen, in denen die Polarisation durch die endliche Ge- schwindigkeit yon Ionenreaktionen bestimmt ist, laBt sich ebenso, wie im Fall der Diffusion, stets nur eine aperiodische Entladung erwarten. Mit zunehmender Starke der Polarisation muB schlieBlich die Entladung einer Zelle immer aperiodischer

Annalsn der Physik. IV. Folge. 21. 48

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werden, da mit zunehmender Polarisation der EinfluB der Diffusion mehr und mehr ins Gewicht f&llt.

Diese theoretischen Konsequenzen lieBen sich durch Auf- nahme von Entladungskurven polarisierter Zellen mit Hilfe des Helmholtzschen Pendelunterbrechers bestatigen. Queck- silberelektroden in n-H,SO,, gesattigt mit Hg,SO,, zeigen auch bei der Einschaltung gro6ter Selbstinduktion stets eine aperio- dische Entladungskurve, da hier eine starke Diffusion vor- herrscht; in Losungen von n-Na,S, gesattigt mit HgS, dagegen geht mit zunehmender Selbstinduktion die aperiodische in die oszillatorische Entladung uber ; der EinfluB der Diffusion ist hier gering. Aus der Formel fur die Schwingungsdauer be- rechnet sich die Kapazitat von Hg-Elektroden in dieser Losung zu etwa 10 Mikrof. bei 253 Schwingungen pro Sekunde. Platin- elektroden in n-HC1 und 30 proz. H,SO, ergaben Entladungs- kurven, die von der eines gewohnlichen Kondensators kaum zu unterscheiden sind, nur die Dampfung durch den Wider- stand ist hier groBer. Es lieBen sich Schwingungen bis zu etwa 50 000 Polwechseln pro Sekunde untersuchen, womit man schon nahe an der Grenze der Leistungsfahigkeit des Pendel- unterbrechers angelangt ist. Die Maximalzahl der beobachteten Polwechsel bis zum Erliischen der Schwingungen betrug 14. Die Prufung der Gleichung 21 = 2 n v f l ergab zwischen etwa 2000-5000 Schwingungen pro Sekunde eine Kapazitat des Platins von 9 Mikrof. pro Quadratzentimeter; nahezu derselbe Wert (8 Mikrof.) ergab sich fur Palladiumelektroden, eine Uber- einstimmung, die wohl zugunsten der Theorie der elektrischen Doppelschichten zu deuten sein durfte. Durch Zusatz eines geeigneten Reduktionsmittels zu 30 proz. H,SO, lieB sich ein beliebig dosierbarer EinfluB der Diffusion' erreichen ; mit Zu- nahme derselben trat Aperiodizitat ein. An einer dieser Losungen lie6 sich der Ubergang von oszillatorischer in aperiodische Entladung mit zunehmender Starke der Polari- sation gut demonstrieren. Platinelektroden in einer solchen geeignet gewahlten Losung, in der die Diffusionsdampfung grog im Vergleich zur Widerstandsdampfung war, zeigten bei sehr kleiner Selbstinduktion zunachst Aperiodizitat infolge der Widerstandsdampfung, bei mittelgroBen Selbstinduktioncn einen deutlich oszillatorischen, wenn auch durch Diffusion stark be-

Oszillatorische Entladung polarisierter Zellen. 7 5 5

einfluBten Charakter der Entladung, und bei weiterer starker Zunahme der Selbstinduktion eine deutliche Abnahme der Periodizitat. Palladiumelektroden, deren eine Seite nur in die zu untersuchende Losung tauchte, gaben eine aperiodische Ent- ladungskurve, wenn die andere Seite des Palladiumbleches durch ein starkes Reduktionsmittel stark mit W asserstoff beladen wurde) dagegen eine oszillatorische, wenn dieser Seite durch ein Reduktions- bez. Oxydationsmittel ein mittleres elektrolyti- sches Potential zwischen dem der Wasserstoff- und der Sauerstoff- elektrode erteilt wurde.

Gi j t t ingen , Institut fdr physik. Chemie.

(Eingegangen 7. September 1906.)

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