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1 Passivhaus- Objektdokumentation Neubau eines Passivhauswohnheims als Pilotprojekt, Changxing, China Foto: Jan Siefke Verantwortlicher Planer Peter Ruge Architekten, Peter Ruge www.peter-ruge.de Das fünfgeschossige, nicht unterkellerte Passivhaus BRUCK verfügt über 36 Ein-Raum- Mitarbeiterapartments, sechs Zwei-Raum-Executive-Suites sowie vier Drei-Zimmer-Musterwohnungen. Das Gebäude ist als Pilotprojekt geplant. In den Musterwohnungen werden interessierte chinesische Familien zur Probe wohnen und sich somit unmittelbar von der hohen Qualität des Wohnens im Passivhaus auch unter subtropischen Klimabedingungen überzeugen zu können. Siehe auch: www.passivhausprojekte.de, Projekt-ID: 4153 Besonderheiten: Erstes Passivhaus-Wohngebäude in feuchtwarmen Klima Südchinas U-Wert Außenwand 0,162 W/(m²K) PHPP Jahres-Heizwärmebedarf 15 kWh/(m²a) U-Wert Garagendecke 0,155 W/(m²K) PHPP Jahres-Kühlbedarf 33 kWh/(m²a) U-Wert Dach 0,138 W/(m²K) PHPP Primärenergie 109 kWh/(m²a) U-Wert Fenster 0,84 W/(m²K) Wärmerückgewinnung 65 % Drucktest n50 0,4 h -1

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Passivhaus-

Objektdokumentation

Neubau eines Passivhauswohnheims als Pilotprojekt, Changxing, China

Foto: Jan Siefke

Verantwortlicher Planer Peter Ruge Architekten, Peter Ruge

www.peter-ruge.de

Das fünfgeschossige, nicht unterkellerte Passivhaus BRUCK verfügt über 36 Ein-Raum-

Mitarbeiterapartments, sechs Zwei-Raum-Executive-Suites sowie vier Drei-Zimmer-Musterwohnungen.

Das Gebäude ist als Pilotprojekt geplant. In den Musterwohnungen werden interessierte chinesische

Familien zur Probe wohnen und sich somit unmittelbar von der hohen Qualität des Wohnens im

Passivhaus auch unter subtropischen Klimabedingungen überzeugen zu können.

Siehe auch: www.passivhausprojekte.de, Projekt-ID: 4153

Besonderheiten: Erstes Passivhaus-Wohngebäude in feuchtwarmen Klima Südchinas

U-Wert Außenwand 0,162 W/(m²K) PHPP Jahres-Heizwärmebedarf 15 kWh/(m²a)

U-Wert Garagendecke 0,155 W/(m²K) PHPP Jahres-Kühlbedarf 33 kWh/(m²a)

U-Wert Dach 0,138 W/(m²K) PHPP Primärenergie 109 kWh/(m²a)

U-Wert Fenster 0,84 W/(m²K)

Wärmerückgewinnung 65 % Drucktest n50 0,4 h-1

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1 Kurzbeschreibung der Bauaufgabe

Passivhaus BRUCK

Peter Ruge Architekten setzen neue Maßstäbe im Bereich der Nachhaltigkeit in

Südchina: Passivhaus Bruck ist das erste Wohngebäude, das in der feuchtwarmen,

südchinesischen Klimazone mit einer ca. 95%igen Energieeinsparung in Betrieb

gegangen ist und durch das deutsche Passivhaus Institut in Darmstadt zertifiziert

wurde. Das Gebäude wurde im Sommer 2014 fertig gestellt und feierlich eröffnet.

Passivhaus Bruck ist ein Pilotprojekt und zeigt die Potentiale des Passivhaus-

Standards für China auf. Es wurde durch Peter Ruge Architekten in Deutschland

ausführungsreif geplant und hat hierdurch innovative, energiesparende und

nachhaltige Baumethoden in China eingeführt. Die Planung erfolgte in Abstimmung

mit den Ingenieuren des Passivhausinstituts. Passivhaus Bruck ist das

Vorzeigeprojekt der Firma Landsea, einem etablierten Immobilienentwickler in China

und deren Kernstück des Forschungs- und Entwicklungszentrum in Changxing,

westlich von Shanghai.

Das fünfgeschossige Gebäude beherbergt auf ca. 2.200 m2 insgesamt 36 Ein-Raum-

Apartments, 6 Zwei-Raum-Executive-Suites sowie 4 Drei-Zimmer-Musterwohnungen.

Die Wohnungen sind so angelegt, dass interessierte chinesische Familien zur Probe

wohnen können, um ihre eigenen Erfahrungen mit nachhaltigem Wohnen zu

sammeln und die Scheu gegenüber Passivhäusern unter extremen

Witterungsbedingungen abzubauen. Auch durch das unmittelbare Erleben wird am

besten vermittelt, dass Wohnen im Passivhaus maximale Aufenthalts- und

Komfortqualität bietet.

Das lokale Klima prägt auch das Bild der Fassade: Dreifach verglaste

Fensterelemente werden gezielt in den Zimmern und Aufenthaltsbereichen

eingesetzt. Feststehende Sonnenschutzelemente verschatten in der heißen

Jahreshälfte die Glasfassade. Die geschlossenen Bereiche der insgesamt hoch

wärmegedämmten Fassade sind zusätzlich durch vorgehängte Bänder aus farbigen

Terracottastäben vor starker Sonneneinstrahlung geschützt.

Peter Ruge Architekten haben mit dem Pilotprojekt Passivhaus Bruck einen

wichtigen, architektonischen Meilenstein gesetzt und wurden für die Planung mit der

Goldmedaille des World Green Design Award 2014 ausgezeichnet.

Energieeffizientes Bauen in Südchina ist aufgrund des Klimas eine große

Herausforderung, deren Antwort in der Realisierung des nachhaltigen und

zukunftsweisenden Passivhausstandards liegt.

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2 Informationen zu den Projektbeteiligten

Bauherr Landsea Europe R&D GmbH

Architekt Peter Ruge Architekten

Statik Shanghai Landsea Planning & Architecture Design Co.,Ltd.

TGA Gesamt Shanghai Landsea Planning & Architecture Design Co.,Ltd.

Thermische Bauphysik Passivhaus Institut (PHI)

Bauqualitätssicherung Drees & Sommer Sustainable Engineering Consulting (Shanghai) Co.,Ltd.

DGNB-Beratung Energydesign(Shanghai) Co.,Ltd.

Bauqualitätsworkshop Deutsche Energie-Agentur GmbH (DENA)

Bauunternehmen Jiangsu Nantong Erjian Group Co.,Ltd.

Blower-Door-Test Ingenieurbüro Meyer-Olbersleben

Zertifizierung

Passivhaus Institut (PHI)

Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB)

2.1 Zielvorgaben des Bauherrn

Das Passivhaus Bruck ist das erste Wohngebäude, das in der feuchtwarmen

südchinesischen Klimazone als Passivhaus zertifiziert werden sollte.

2.2 Wissenschaftliche Begleitung durch das PHI

Allen Beteiligten war zu Projektbeginn bewusst, dass mit diesem Projekt Neuland

beschritten wird. Im Zuge der Planung mussten daher zunächst einige grundlegende

Entscheidungen zum Passivhausstandard in der Region Shanghai getroffen werden.

Denn obwohl der Passivhausstandard weltweit einheitliche Kriterien für

Energieverbrauch und Ausführungsqualität vorgibt, gab es für die Anforderungen an

die Gebäudehülle eines Passivhauses in der feuchtwarmen Klimazone auf

Bauteilebene noch keinerlei spezifische Erfahrungswerte oder Vergleichsdaten, oder

Aussagen zu einem angestrebten Wärmedurchgangskoeffizienten. Darüber hinaus

war die am Projektstandort zwingend erforderliche sommerliche Kühlung bei

Projektbeginn noch nicht vollständig im Bilanzierungsmodell des PHPP

implementiert. Auch der Grenzwert für die Kühllast eines Passivhauses war noch

nicht abschließend festgelegt worden.

Ähnlich wie beim ersten Passivhausprojekt mit reiner Luftheizung in Deutschland aus

dem Jahre 1999 musste daher zunächst ermittelt werden bei welchem

Zuluftvolumenstrom ein Gebäude in Changxing im Sommer gut temperiert werden

kann. „Diese Aufgabe ist für Gebäude in feuchtwarmen Regionen, wo geheizt,

gekühlt und zusätzlich die Zuluft entfeuchtet werden muss, bei weitem umfangreicher

bzw. komplexer.“ (Dokumentation dynamische Gebäudesimulation „Bruck“

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Wohngebäude in Changxing, Tuying, PHI, 2012). Um dennoch das Ziel zu erreichen,

ein echtes Passivhaus unter diesen neuen Bedingungen zu realisieren, wurde das

Projekt von Beginn an durch das Passivhaus Institut (PHI) wissenschaftlich als

experimentelles Forschungsprojekt begleitet.

Gegenstand der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes durch das PHI war es,

auf Grundlage der Vorentwurfsplanung der Architekten dynamische

Gebäudesimulationen unterschiedlicher Ausführungsvarianten durchzuführen. Nur so

konnten diejenigen Parameter zuverlässig identifiziert werden, die unter den

vorherrschenden Klimabedingungen den stärksten Einfluss auf den

Gesamtenergiebedarf haben. Die Simulationsberechnungen wurden auch dazu

genutzt, die Bilanzberechnung im PHPP zu überprüfen und zu verifizieren.

2.3 Planung durch Peter Ruge Architekten

Die Planungsverantwortung lag im gesamten Projektzeitraum vollumfänglich bei

Peter Ruge Architekten. Ziel war es, die Passivhauskriterien nach Komfort, Qualität

und Sicherheit nachhaltig zu evaluieren und für dieses Bauvorhaben zu bestimmen.

In der ersten Phase wurden hierfür ca. 100 Einzelkriterien durch die Architekten

aufgestellt, mit dem Bauherrn evaluiert und für die Planung festgeschrieben. Hieraus

ergaben sich die Vorgaben für die Nutzung des Gebäudes, die Anzahl der Personen

und Art der Nutzung.

Die Simulationsergebnisse des PHI wurden durch die Architekten für qualifizierte

Kosten-Nutzen-Abwägungen ihrer Planungsentscheidungen verwendet - wobei

„Kosten“ sich hier auf den zu minimierenden Gesamtenergieverbrauch des

Gebäudes bezieht und „Nutzen“ auf den angestrebten maximalen Komfort des

Nutzers.

Aufgrund der Klimasituation in Changxing stellt der sommerliche Wärmeschutz die

größte Herausforderung dar. Die Architekten entschieden sich daher, den Eintrag

von direkten Sonnenlicht in das Gebäude für den Sommer vollständig ausschließen

und den Eintrag von Strahlungswärme auch auf der Nordseite durch die

Außenwände mithilfe eines geeigneten Verschattungssystems deutlich zu

reduzieren. Dazu wurden unterschiedliche Konzepte in Simulationen getestet und

schließlich die am besten geeignete Lösung dem Bauherrn vorgestellt. Eine in den

Simulationsstudien des PHI geforderte drastische Reduktion des g-Werts der

Verglasung konnte durch die vollständige Verschattung der Glasflächen

ausgeglichen werden. Im Ergebnis sind die fertiggestellten Zimmer tagsüber hell und

freundlich und die Abhängigkeit von künstlicher Beleuchtung wird reduziert.

Im Zuge der Optimierung des Sonnenschutzes wurde das Gebäude auf dem

Grundstück um ca. 45 ° gedreht und ist nun exakt nach Süden orientiert. Dadurch

konnten zusätzlich ca. 16% der Kühlungsenergie eingespart werden.

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Im Verlauf der Ausführungsplanung wurden durch die Architekten

Anforderungsprofile für die wärmegedämmte Gebäudehülle erstellt und die einzelnen

Bauteile detailliert. Dabei wurden stets mehrere Varianten getestet und miteinander

verglichen. Besonderes Augenmerk wurde einerseits darauf gelegt, lokal verfügbare

Materialien zu verwenden, um die Baukosten zu minimieren und den

Investitionsbedarf zu begrenzen. Andererseits war es Ziel der Architekten, für die

teilweise komplexen Fassadenanschlüsse möglichst einfache Lösungen zu finden.

So konnten in der Planungsphase alle Voraussetzungen für die im Passivhausbau

erforderliche hohe Ausführungsqualität und eine wärmebrückenfreie und luftdichte

Konstruktion sichergestellt werden, was sich im realisierten Messwert der

Luftdichtigkeit von 0,36 h-1 bestätigt. Insbesondere die Fenster und Fassade,

maßgebend für den Komfort wurden durch die Architekten untersucht und neben

weiteren, hunderten von Details passgenau nach Passivhausstandard entworfen.

In Zusammenarbeit mit den Fachplanern haben die Architekten die Auswirkungen

der unterschiedlichen haustechnischen Anlagen insbesondere für die Passivhaus-

Lüftungstechnik mit Wärmerückgewinnung auf das Gebäude evaluiert. Gewählt

wurde ein semi-zentrales Konzept mit einer Feuchterückgewinnung. Nachdem der

Auftraggeber festgelegt hatte keine Erdwärmepumpen einzusetzen, wurde eine

elektrisch betriebene Luftwärmepumpe als primärer Kälteerzeuger gewählt.

Biomasse oder fossile Brennstoffe standen nicht zur Verfügung. Die endgültige Wahl

der Lüftungsstrategie erfolgte in Abstimmung mit dem PHI. Für die

Trinkwassererwärmung wurden wassergeführte thermische Sonnenkollektoren auf

dem Dach geplant.

Nach Abschluss der Ausführungsplanung wurde durch die Architekten eine finale

PHPP-Berechnung erstellt. Die Geometrie des Gebäudes wurde dazu mithilfe des

SketchUp-Plugins „designPH“ ermittelt, um die Verschattungsfunktion der

Sonnenschutzfassade und des Baukörpers detailliert berücksichtigen zu können.

Somit konnte durch die Architekten der Nachweis geführt werden, dass es sich um

ein Passivhaus handelt. Parallel zur Berechnung des Architekten wurde das

Gebäude durch das PHI simuliert. Die Ergebnisse der Berechnungen decken sich, so

dass das Gebäude zertifiziert werden konnte.

2.4 Örtliche Qualitätssicherung in der Ausführungsphase

Die Ausführungsplanung der Architekten war Grundlage der Ausschreibung und

Vergabe durch den Bauherrn. Die engmaschige örtliche Qualitätssicherung in der

Ausführungsphase wurde auf Grundlage der Ausführungsdetails der Architekten

durch lokal ansässige Firmen durchgeführt. Der Blower Door Test erfolgte durch das

Ingenieurbüro Meyer-Olbersleben.

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3 Ansichtsfotos

Passivhaus BRUCK

Die Südseite mit den charakteristischen Sonnenschutz-Leibungen ist auf dem

Deckblatt abgebildet.

Blick von Nordost auf das Passivhaus Bruck. Deutlich zu erkennen ist die Sonnenschutzfassade

aus vertikalen Terracottastäben, die die Obergeschosse auf allen Seiten umschließt und so die direkt

auf das darunterliegende WDVS und die Fenster treffende Wärmestrahlung deutlich reduziert.

(Foto: Jan Siefke)

Innenaufnahme eines 2-Zimmer-Apartments.

(Foto: Drees & Sommer)

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4 Schnittzeichnung

Passivhaus BRUCK

Längsschnitt. Im Schnitt ist der Verlauf der thermischen Gebäudehülle hervorgehoben, die

insbesondere in den heißen Sommermonaten des subtropischen Klimas den Wärmeeintrag ins Innere

reduziert. Der Garagenbereich (links im EG) liegt außerhalb der thermischen Hülle. Hier ist deshalb

die darüberliegende Decke auf der Unterseite gedämmt. Eine Dämmung der Bodenplatte unter dem

Foyer ist aufgrund des vorherrschenden Klimas mit milden Jahresdurchschnittstemperaturen nicht

erforderlich. Hier ist lediglich eine geringe Trittschalldämmung vorhanden.

(Schnitt: Peter Ruge Architekten)

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5 Grundrisse

Grundriss Erdgeschoss (genordet). Im östlichen Teil des Erdgeschosses befindet sich das

großzügige gläserne Foyer, das von Norden und Süden betreten werden kann. Über einen verglasten

Aufzug und die Treppe gelangt man in die Obergeschosse. Um das Foyer vor der intensiven

Morgensonne zu schützen ist es von der Ostfassade zurückgesetzt, entlang der Südfassade wird es

durch ein durchgehendes Vordach verschattet. In der Gebäudemitte liegen Hintergrundbereiche für

das Personal, Haustechnikflächen sowie der zentrale Waschmaschinenraum der Bewohner. Der

Westteil des Erdgeschosses befindet sich außerhalb der thermischen Gebäudehülle, er beherbergt

eine offene Garage, die mit Ladestationen für Elektroautos und -roller ausgestattet ist.

(Grundriss: Peter Ruge Architekten/LANDSEA)

Grundriss Regelgeschoss (1.-3.OG). In den Obergeschossen befindet sich gegenüber des Aufzugs

in jedem Geschoss ein Gemeinschaftsraum. Westlich schließen daran die 1-Raum-Apartments (1.-

3.OG) und die 2-Raum-Executive-Suites (4.OG) an, die teilweise barrierefrei ausgeführt wurden.

Östlich liegen die 3-Zimmer-Wohnungen. Die Apartments verfügen jeweils über ein eigenes Bad, die

3-Zimmer-Wohnungen über 2 Bäder und eine Küche.

(Grundriss: Peter Ruge Architekten/LANDSEA)

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6 Konstruktionsdetails der

Passivhaushülle und -technik

Bei der Planung und Ausführung der Gebäudehülle wurde eine weitgehend

wärmebrückenfreie Konstruktion angestrebt. Im Folgenden sind die wesentlichen

Konstruktionen dargestellt. Bauteile mit geringen Flächenanteilen werden aufgrund

des vergleichsweise geringen Einflusses auf die Gesamtqualität der Gebäudehülle

nicht beschrieben.

6.1 Konstruktion inkl. Dämmung der Bodenplatte bzw. Kellerdecke mit

Anschlusspunkten zu Außen- und Innenwänden

Bodenplatte. Aufgrund der Bodenverhältnisse wurde das Gebäude unterhalb der Stahlbetonstützen

mit Bohrpfählen gegründet. Die sich daraus ergebenden punktuellen Wärmebrücken in der

Bodenplatte sind in der PHPP-Berechnung berücksichtigt worden. Auf eine Dämmung der Boden-

platte unter dem Gebäude über die Trittschalldämmung hinaus wurde jedoch mit Blick auf die

vorherrschenden klimatischen Bedingungen verzichtet.

(Detail: Peter Ruge Architekten/LANDSEA)

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Decke über EG gegen Außenluft. Die Garage im Westteil des Erdgeschosses liegt außerhalb der

Gebäudehülle. Gleiches gilt für die Decke über EG im Bereich des zurückspringenden Erdgeschosses

im Osten, hier muss die Decke gedämmt werden. Das Detail zeigt den Anschluss an die Wände der

Obergeschosse. Durch die durchlaufenden Stahlbetonstützen entstehen in der Decke punktuelle

Wärmebrücken, die in der PHPP-Berechnung berücksichtigt worden sind.

(Detail: Peter Ruge Architekten/LANDSEA)

Boden-

platte

20 mm Natursteinplatten; 20 mm Zementestrich; 80 mm Leichtbeton;

Abdichtungsbahn; 30 mm Dämmung XPS 035; Bituminöse Abdichtung; 60 mm

Beton; verdichtetes Erdreich

U-Wert

0,81

W/(m²K)

Garagen-

decke

15 mm Bodenbelag, textil; 40 mm Leichtbeton, 40 mm Dämmung XPS 040;

150 mm Leichtbeton; 15 mm Zementputz; 200 mm WäDä EPS 040;

5 mm Deckenputz

U-Wert

0,16

W/(m²K)

6.2 Konstruktion inkl. Dämmung der Außenwände

Das Gebäude ist als Stahlbetonskelettbau konstruiert, im Bereich der Außenwände

werden die Felder zwischen den Stützen mit Mauerwerk ausgefüllt, auf das

außenseitig ein WDVS aufgebracht wird. Innenseitig sind die Wände und

Stahlbetonoberflächen verputzt. Um die im Sommer sehr intensive direkte

Wärmeeinwirkung auf die Gebäudehülle zu reduzieren wurde als „Fassade vor der

Fassade“ ein umlaufener Sonnenschutz aus vertikalen, farbigen Terracottastäben

entwickelt. Er umschließt die Obergeschosse des Gebäudes und ist nur im Bereich

der Zimmerfenster unterbrochen, um einen ungehinderten Ausblick zu ermöglichen.

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Die Südfenster und die Balkone sind mit 1,0 m tiefen Sonnenschutz-Leibungen

versehen, die so geformt sind, dass sie die Fensterfläche in der warmen Jahreshälfte

vollständig verschatten und auch die seitlich auftreffende tiefe Morgen- und

Abendsonne abschirmen. Aus Gründen der Erdbebensicherheit konnte zur

Befestigung des Sonnenschutzes und der Balkone am Betonkörper nicht auf

thermisch entkoppelnde Einbauteile zurückgegriffen werden. Die Befestigung erfolgt

daher über eine minimierte Anzahl von würfelförmigen Betonaufkantungen im

Stützenraster von ca. 6,0 m, die als punktuelle Wärmebrücken in der PHPP-

Berechnung berücksichtigt wurden.

Der Aufbau der Außenwand im Passivhaus BRUCK. Der Detailschnitt zeigt auch die

Betonkaufkantung zur Befestigung der Sonnenschutzfassade. Hier dargestellt ist ein Detail der

Südfassade: oben ist der Anschluss der Terracottastäbe gezeigt, unten die Sonnenschutz-Leibung um

die Fenster. Geschossweise verhindern umlaufende Riegel aus MW 035 in der Dämmebene den

Brandüberschlag. (Detail: Peter Ruge Architekten / LANDSEA)

Außen-

wand

15 mm Innenputz; 200 mm Ziegelmauerwerk; 25 mm Zementputz; 200 mm

Wärmedämmung EPS 035, zweischichtig aufgebracht; 5 mm Zementputz

U-Wert

0,16

W/(m²K)

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6.3 Konstruktion inkl. Dämmung des Daches

Der Dachaufbau im Passivhaus BRUCK. Das Dach ist als ebene Stahlbetondecke ausgeführt, auf

das eine PUR-Wärmedämmung mit einer Dämmstärke von 230 mm aufgebracht wurde. Darüber liegt

eine Porenbetonschicht, die ein 2,0 % Gefälle ausbildet. Die Stahlbetonattika wird vollständig vom

Dämmstoff umschlossen. (Zeichnung: Peter Ruge Architekten / LANDSEA)

Dach 10 mm Innenputz; 150 mm Leichtbeton; Bituminöse Abdichtung; 20 mm

Zementputz; 230 mm PUR-Ortschaum 035; 80 mm Leichtbeton mit Gefälle;

Bituminöse Abdichtung; 40 mm Leichtbeton

0,14

W/(m²K)

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6.4 Fensterschnitte inkl. Einbauzeichnung

Fensterschnitt. Trotz vollständiger Verschattung der Fenster im Sommer durch die feststehenden

Sonennschutzelemente sind die Fenster als Sonnenschutzfenster ausgelegt um solare Lasten, die

sich aus reflektierter Strahlung ergeben im Sommer zu reduzieren. Die stark selektive Verglasung der

Fenster lässt dabei zwar von nur 40 % der Strahlungsenergie, aber trotzdem bis zu 60 % des

sichtbaren Lichts durch, wodurch die Abhängigkeit von künstlicher Beleuchtung reduziert wird.

(Zeichnung: Peter Ruge Architekten/LANDSEA)

Fenster Dreifach-Sonnenschutzglas mit Ug = 0,73 W/(m²K), g = 0,40,

Glasabstandshalter mit ψGlasrand = 0,036 W/(mK)

Holz-Aluminium-Fensterrahmen Passive 120, Fa. Harbin Sayyas

mit Uf = 0,80 W/(m²K)

0,84

W/(m²K)

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7 Beschreibung der luftdichten Hülle; Dokumentation

des Drucktestergebnisses

Das Gebäude ist in Stahlbetonskelettbauweise mit massiven Außenwänden aus

Mauerwerk errichtet worden. Die Stahlbetondecke des Daches und der Geschosse

ist genau wie die Stahlbeton-Bodenplatte in sich luftdicht. Das Mauerwerk ist auf der

Innenseite vollflächig verputzt, der Putz bildet die luftdichte Ebene. Bei der

Ausführung wurde darauf geachtet, dass auch Bereiche, die im Endzustand nicht

mehr sichtbar sind, wie z.B. an der Außenwand liegende Schächte und

Technikräume vollflächig verputzt wurden. Um die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle

sicherzustellen, müssen Fenster, Türen und insbesondere die Durchdringungspunkte

für Medienleitungen der auf dem Dach installierten Haustechnik sorgfältig und vor

allem dauerhaft abgedichtet werden. Zur Qualitätssicherung wurde ein Ausführungs-

Workshop durchgeführt, in dem beteiligten Baufirmen das erforderliche Fachwissen

vermittelt wurde.

Der abschließende Drucktest wurde nach Fertigstellung der luftdichten Hülle durch

das Ingenieurbüro Meyer-Olbersleben, Lüneburg durchgeführt.

Drucktestmessergebnisse

aus dem Passivhaus BRUCK

Messung 50 Pa-Drucktestluftwechsel n50 h-1

Gesamtgebäude 0,4

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8 Lüftungsplanung

Die Lüftungsanlage im Passivhaus Bruck teilt sich in drei Bereiche: Foyer,

Apartments und Musterwohnungen mit Gemeinschaftsräumen. Diese drei Bereiche

werden von drei getrennten balancierten Lüftungssystemen versorgt, das Gerät für

das Foyer steht im Gebäudeinnern im EG, die beiden anderen Geräte stehen auf

dem Dach. Im Folgenden wird exemplarisch die Lüftung der Apartments erläutert.

Dachaufsicht mit Lüftungsleitungen. (Zeichnung: LANDSEA)

Die Apartments werden über eines der zentralen Lüftungsgeräte auf dem Dach

versorgt. Jeweils sechs 1-Raum-Apartments und ein 2-Raum-Apartment teilen sich

einen mittig angeordneten Versorgungsschacht, sechs Schächte sind vorhanden. Die

Frischluft wird in den einzelnen Zimmern im Bereich der abgehängten Decke entlang

der Fassade eingebracht und die verbrauchte Luft in den Bädern abgesaugt. Bei

einer Zuluftmenge von 40 m³/h ergibt sich der vorgesehene 0,6-fache Luftwechsel.

Um die Feuchtigkeit und Temperatur in den Apartments mit diesem Luftwechsel

innerhalb der Komfortparameter halten zu können, wird die im Sommer sehr feuchte

und warme Außenluft zunächst zentral gekühlt und entfeuchtet. Für zusätzlichen

Kühl- oder Entfeuchtungsbedarf steht innerhalb der Zimmer ein individuell (temporär)

zuschaltbarer Umluft-Kühler mit zweifachem stündlichem Luftwechsel zur Verfügung.

Die ausgeführten Lüftungsgeräte weisen einen Wärmebereitstellungsgrad von 69 %

bis 71 % auf. Unter Berücksichtigung der Leitungsverluste ergibt sich für das

Gebäude ein gemittelter effektiver Wärmebereitstellungsgrad von 65 %. Die

Elektroeffizienz der Ventilatoren liegt im Bereich um 0,45 Wh/m³.

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9 Wärmeversorgung (exemplarisch)

Der Wärme- und insbesondere der Kältebedarf im Sommer wird über zwei Luft-

Wärmepumpen gedeckt, die auf dem Dach installiert sind. Eine der Pumpen versorgt

die zentralen Lüftungsgeräte, die andere die Kälteregister der zuschaltbaren

Umluftgeräte in den Zimmern. Um die Leitungsverluste gering zu halten, sind die

Kühlmittelleitungen durchgehend mit doppelter Nennweite gedämmt.

Die Brauchwassererwärmung erfolgt über eine Solarthermieanlage, die auf dem

Dach des Gebäudes aufgeständert ist. Die solare Deckung beträgt auf das Jahr

gerechnet 82 %, die übrige erforderliche Wärme wird über ein elektrisches

Heizelement bei Bedarf bereitgestellt.

Dachaufsicht mit Lüftungs- und Kühl-/Wärmeleitungen. Rechts ist die Solarthermieanlage zu

erkennen, links einer der großen Wasserspeicher. In der Mitte befinden sich die beiden

Wärmepumpen für den Kühl- und Heizbedarf. (Foto: Drees & Sommer)

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10 PHPP-Berechnungen

Nach Eingabe aller Daten des Projekts Passivhaus BRUCK erhält man die im

Folgenden dokumentierten PHPP-Ergebnisse (Klima Shanghai).

Passivhaus Nachweis

Foto oder Zeichnung

Objekt: Passivhaus Bruck

Straße: Changxing Chengshan Road 1

PLZ/Ort: 31310 Huzhou, Zhejiang Province

Land: China

Objekt-Typ: Wohnheim

Klima: [CN] - Shanghai Höhe Gebäudestandort (m ü. NN): -

Bauherrschaft: Landsea Europe R&D GmbH

Straße: Steinlestraße 6

PLZ/Ort: D-60596 Frankfurt

Architektur: Peter Ruge Architekten

Straße: Rheinstraße 5

PLZ/Ort: D-12159 Berlin

Haustechnik: Shanghai Landsea Architecture Technology CO.Ltd.

Straße: 11F, International Design Center, 100 Guokang Road, Yangpu District

PLZ/Ort: 200092 Shanghai, P.R. China

Gebäudekennwerte mit Bezug auf Energiebezugsfläche und Jahr

Energiebezugsfläche 1939.9 m² Anforderungen Erfüllt?*

Heizen Heizwärmebedarf 15 kWh/(m2a) 15 kWh/(m²a) ja

Heizlast 15 W/m2 10 W/m² -

Kühlen Kühlbedarf gesamt 33 kWh/(m2a) 24 kWh/(m²a) Pilotprojekt

Kühllast 10 W/m2 10 W/m² ja

Übertemperaturhäufigkeit (> 25 °C) % - -

PrimärenergieHeizen, Kühlen,

Hilfsstrom,

Entfeuchten, WW,

Licht, elektr. Geräte 109 kWh/(m2a) 120 kWh/(m²a) ja

WW, Heizung und Hilfsstrom 63 kWh/(m2a) - -

PE-Einsparung durch solar erzeugten Strom kWh/(m2a) - -

Luftdichtheit Drucktest-Luftwechsel n50 0.4 1/h 0.6 1/h ja

* leeres Feld: Daten fehlen; '-': keine Anforderung

Passivhaus? Pilotprojekt

PHPP-Dokument des Passivhaus Bruck

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11 Weitere Gebäudedaten

Baukosten

Angabe der Baukosten vom Bauherrn nicht gewünscht

Baujahr

2012 – 2014

Projektbeteiligte

siehe Abschnitt 2

Veröffentlichungen

Kaufmann et. al 2011: Dynamische Simulation des

thermischen Verhaltens eines gebäudes in feuchtwarmen

Wetterregionen, Dokumentation, Passivhaus Institut,

Darmstadt 2012