peer education...empathie, jugendsprache etc. gruppe a gruppe b informiert/ berät schulung zum...
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Peer Education Chancen und Grenzen von Peer-Projekten in der
GewaltpräventionHumanwissenschaftliche Fakultät | Dr.in Sarah Strauß | 13. Nov. 2019
Bezug zur Tagung
„An der diesjährigen Fortbildungstagung sollen für das Handeln in der Praxis Inspirationen und Perspektiven geboten werden.“
Ziel Workshop: allen TN einen Einblick in den Ansatz zu geben, so dass sie danach eine Vorstellung davon haben, wie man mit diesem Ansatz Grenzüberschreitungen in der Kinder- und Jugendhilfe begegnen kann
Ablauf (60min)
KENNENLERNEN
Thema Peer Education- Überblick- Zentrale Merkmale- Beteiligte- Ziele
1. ARBEITSPHASE
Praxisbeispiel Projekt Schlag.fertigEmpfehlungenKritik
2. ARBEITSPHASE
Theorie, Literatur
Kennenlernen & Aktivierung(„lebendige Statistik“)
Ablauf:
- Sie bekommen eine Frage und stellen und positionieren sich entsprechend ihrer Antwort.
- Nach jeder Frage kurz mit einer Person in Ihrer Nähe zur Frage austauschen (30 Sek.).
Kennenlernen & Aktivierung(„lebendige Statistik“)
Ablauf:
- Sie bekommen eine Frage und positionieren sich entsprechend Ihrer Antwort.
- Nach jeder Frage kurz mit einer Person in Ihrer Nähe zur Frage austauschen (30 Sek.).
Wie weit entfernt liegt Ihre Arbeitsstelle vom Tagungsort? (Austausch: welche Institution)
Kennenlernen & Aktivierung(„lebendige Statistik“)
Ablauf:
- Sie bekommen eine Frage und stellen und positionieren sich entsprechend ihrer Antwort.
- Nach jeder Frage kurz mit einer Person in Ihrer Nähe zur Frage austauschen (30 Sek.).
Wie lange arbeiten Sie bereits in Ihrer derzeitigen Institution in einer Leitungsposition?
Kennenlernen & Aktivierung(„lebendige Statistik“)
Ablauf:
- Sie bekommen eine Frage und stellen und positionieren sich entsprechend ihrer Antwort.
- Nach jeder Frage kurz mit einer Person in Ihrer Nähe zur Frage austauschen (30 Sek.).
Wie schätzen Sie Ihr Vorwissen zum Thema Peer-Education ein?
Kennenlernen & Aktivierung(„lebendige Statistik“)
Ablauf:
- Sie bekommen eine Frage und stellen und positionieren sich entsprechend ihrer Antwort.
- Nach jeder Frage kurz mit einer Person in Ihrer Nähe zur Frage austauschen (30 Sek.).
Wie viel praktische Erfahrung haben Sie bereits mit Peer-Projekten gemacht?
Einführung Peer Education
Peer Education
▪ ursprünglich aus den USA, der Gesundheitsprävention
▪ vermehrt als Methode in den Blick geraten
▪ Peer Education: Weitergabe & Vermittlung von Wissen steht im Mittelpunkt
▪ „peer“ = der Gleichrangige, der Gleichaltrige
▪ Beispiele: Streitschlichtung, Mediationsprogramme, „HEROES“ (Thema: Männlichkeit & Ehre), Streithelden, (Positive Peer Culture)
Zentrale Merkmale Peer Education
▪ „Betroffene“ („Erfahrene“, Gleichaltrige) werden geschult, um eine Zielgruppe zu einem Thema zu informieren / beraten
▪ Jugendliche als Expert*innen ihrer eigenen Lebenssituation
▪ Gleichaltrigkeit/ähnlicher Entwicklungsstand: glaubwürdige & effektive Vermittlung
▪ Bedeutung der Peer Group, Wunsch nach Abgrenzung von Erwachsenen, Empathie, Jugendsprache etc.
Gruppe A
Gruppe B
informiert/berät
Schulung zum Thema
„peer“
Peers/Peer
Educators
Adressat*innen
Exkurs: Ebenen von Prävention
▪ Primärprävention (Bsp: Förderung emotional-sozialer Kompetenzen aller Kinder und Jugendlichen einer Einrichtung)
▪ Sekundärprävention (Bsp: Gruppe mit bestimmten Risikofaktoren, z.B. einzelne Wohngruppe)
▪ (Tertiärprävention) (Bsp.: bereits gewalttätige, strafrechtlich in Erscheinung getretene einzelne Jugendliche)
Beteiligte an Peer-Projekten
Beteiligte an Peer-Projekten
Peers
(Gruppe A)
Erwachsene Fachkräfte
Adressat*
innen
(Gruppe B)
Institution
Peers – wer kann oder soll Peer werden? („Peer Educator“)
▪ herausragende Rolle, da Vermittlung Präventionsbotschaften
▪ Meinungsführer*innen ideal
▪ kann die eigentliche Zielgruppe sein
▪ Freiwilligkeit, Interesse, Kommunikationsfähigkeit (s. STEPPs)
Peers – wer kann oder soll Peer werden? („Peer Educators“)
▪ Motivationsgründe für Kinder und Jugendliche
▪ Rahmen (attraktive Aktivitäten, Befreiung von Verpflichtungen)
▪ Thema & Inhalt
▪ neue Rolle (Selbstwert, Selbstwirksamkeit)
▪ Erwerb von Kompetenzen (Auftreten, Wissen…)
▪ Partizipation, Stellenwert der eigenen Meinung
▪ altruistische Motive
▪ Bezahlung, Zertifikate
▪ theoretisch jede Gruppe
▪ zentrale Rolle: genaue Definition
▪ sollen präventiv zu einem Thema erreicht werden
▪ Institution (z.B. Schule, Wohngruppe) oder öffentlicher Raum (z.B. Streetwork)
▪ die ersten, die sich mit dem Gedanken an ein Peer-Projekt beschäftigen
▪ Aufgaben: Voraussetzungen schaffen, Finanzierung, fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema, Projektorganisation, Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit, Evaluation; Jugendliche in die Lage versetzen eigene Ressourcen und Stärken zu erkennen und einzubringen
▪ einerseits große Verantwortlichkeit auf organisatorischer Ebene und Konzeptentwicklung
▪ andererseits: Abgabe von Verantwortung in der Durchführung an die Jugendlichen
▪ Rolle: verändertes Rollenverhältnis Erwachsener – Jugendlicher, Zulassen „toleranterer“ Sichtweisen; offener Lernprozess
Erwachsene Fachkräfte
Ziele von Peer Education
Ziele
Verhalten
EinstellungWissen
▪ „doppelter Effekt“: Peers & Adressat*innen
Ziele für Peers
▪ profitieren in besonderem Maße
▪ Effekte auf 3 Ebenen, durch Auseinandersetzung:
a) mit dem Thema und den anderen Peers („Schulung“)
b) mit den beteiligten Erwachsenen
c) mit den Adressat*innen („Vermittlung der Botschaften“)
Ziele für Adressat*innen
▪ Informierung über ein Thema
▪ qualifizierte Hilfestellung/Aufklärung mit niedriger Zugangsschwelle (jugendgerechte Präsentation…)
▪ Abbau von Ängsten, Hemmungen (nicht alleine mit einem Thema, keine Inkompetenz gegenüber Erwachsenen, positive Rollenvorbilder)
▪ Erweiterung der allgemeinen Lebenskompetenz
▪ Empowerment
Ziele Peers & Adressat*innen, Beispiele
Verhaltensveränderung
Einstellungsveränderung
Wissenszuwachs
Was ist Gewalt, Wie kann ich mich schützen, Welche Gesetze
gibt es, Wo kann ich Hilfe bekommen…
Anerkennung aufgrund vorhandener Sachkompetenz
Förderung der Selbst- und Fremdwahrnehmung
(Nichtwegsehen, Risikowahrnehmung, Vertrauen in
das Eingreifen von Bezugspersonen…)
Verantwortungsvolleres & selbstbewussteres Handeln, z.B. weniger Anwendung von Gewalt
Verbesserung der Kommunikationskompetenz (auch „gewaltfreie Kommunikation“)
Kompetenzerweiterung, Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
Jetzt: 1. Arbeitsphase
"Dieses Foto" von Unbekannter Autor ist lizenziert gemäß CC BY-SA
Arbeitsphase I: Erste Ideen entwickelnBrainstorming, Austausch mit Nachbar*in (10min)
Welche Möglichkeiten/Ideen für die Umsetzung im eigenen Arbeitsalltag/in der eigenen Institution sehen Sie?
Hilfreiche Fragen, z.B.:
▪ Für welche Zielgruppe könnte ein „alternativer“ Zugang, wie ein Peer-Projekt hilfreich sein?
▪ Für welches problematische Verhalten fehlt es an „Handlungsstrategien“?
Beachten und definieren Sie:
▪ Zielgruppen (Peers, Adressat*innen)
▪ Ziele
▪ institutionelle Rahmenbedingungen, Mitarbeitende (Team)
▪ mögliche Stolperfallen
→ ich komme rum, beantworte Fragen, exemplarische Sammlung an Pinnwand
Praxisbeispiel: Projekt Schlag.fertig
Hintergrund
▪ außerinstitutionelles Peer-Projekt zur Gewaltprävention
▪ zwei Zielgruppen
▪ Peers (gewaltauffällige männliche Jugendliche, 12-18 J.)
▪ Adressat*innen: Schüler*innen (11-16 J.)
▪ multiprofessionelles Team (Trainer aus der Anti-Gewalt-Arbeit, Kinder- und Jugendhilfeträger, Uni)
▪ Förderung: Aktion Mensch, Rhein Energie Stiftung, Stadt Köln, Verein wir helfen e.V.
▪ wissenschaftliche Begleitung/Evaluation
Phasen
I Öffentlichkeitsarbeit & Akquirierung der Peers
II Coolness- & Outdoortraining
III Schulung & Ideenworkshop
IV Durchführung von Präventionsmaßnahmen (Themen: verbale Gewalt, körperliche Gewalt, Mobbing, Abziehen)
V Individuelle Betreuung, Förderung von Beruf und Schule
Ausgewählte Ergebnisse
25 Schulklassen (12 Gym, 6 RS, 4 GS, 3 FS), 639 Jugendliche
Ausgewählte Ergebnisse
Verhalten
Einstellung
Wissen
▪ Verhaltensabsicht: fühlen sich kompetenter selbst weniger Gewalt anzuwenden
▪ deutlicher Zusammenhang zwischen Täter-und Opfererfahrungen
▪ Häufigkeit der Kommunikation über Gewalt steigt
▪ positiver Einfluss der Kommunikation im Unterricht
▪ Verhalten: Anzahl an Täter- und Opfererfahrungen bleiben gleich, aber Anzahl der Personen verringert sich
▪ Veränderung des Gewaltbegriffs über die Zeit (breitere Definition)
▪ Gesprächswichtigkeit steigt
▪ signifikanter Wissenszuwachs
Ausgewählte Ergebnisse
▪ positive Bewertung durch die SuS, sehr großes Interesse an mehr Informationen zum Thema (Gewaltarten, gesetzliche Grundlagen, Erfahrungen etc.)
▪ mehr als 10x so viele Anfragen
▪ Jugendliche als die meist genannten Gesprächspartner zum Thema Gewalt und über selbst miterlebte Gewalt (2. Platz: Familie)
▪ schulformspezifische Effekte: besonders positive Effekte an Förderschulen
▪ Verbesserung/Halten der schulischen Leistungen
▪ Veränderung des Auftretens, positive Verstärkung in der Durchführungsphase
Herausforderungen im Projekt Vorschläge
▪ „Halten“ der Peer Educators im Projekt über 1,5-2 Jahre (negativ: fehlende Anbindung an eine Institution)
▪ Ausschluss bei Regelbrüchen im Sinne der Konfrontativen Pädagogik
▪ Ablehnung aufgrund des Themas Gewalt (Institutionen, Familien…)
▪ Übergang „aktives“ Coolness Training zur „theoretischen“ Schulung
▪ Paten- und Stufensystem
▪ Berücksichtigung geschlechtsspezifischer, kultureller, demografischer Merkmale
▪ Differenzierte Betrachtung von Gewaltformen und Entwicklungsverläufen
▪ Einbettung in bestehende Präventions- und Unterstützungsangebote, Keine „Patentlösung“
Empfehlungen - STEPPs (Standards Towards Excellent Peer Programs, Deutsch & Swartz 2010)
STEPP 1: Planung
STEPP 2: Mobilisierung
STEPP 3: Mitarbeiter*innen-Infrastruktur
STEPP 4: Vernetzung
STEPP 5: Inhaltliche Konzeption/ Lern- und Schulungsprogramm
STEPP 6: Peer (Educator)-Infrastruktur
STEPP 7: Leitung
STEPP 8: Anerkennung & Entlohnung
STEPP 9: Evaluation & Begleitung
STEPP 10: Nachhaltigkeit
Kritische Anmerkungen
▪ fehlende Empirie und Vergleichbarkeit
▪ Partizipation vs. Instrumentalisierung
▪ Erwachsene vs. Jugendliche
▪ Beschönigung von Peer-Beziehungen
▪ Negative Folgen durch die Teilnahme
▪ Zuschreibung von Hilfsbedürftigkeit
▪ Eingriff in die jugendliche Subkultur
▪ Projektcharakter
Arbeitsphase II
Konkretisieren Sie auf der Basis der STEPPS Ihre Ideen.
→ Wählen Sie (zunächst) zwei für Sie besonders wichtige STEPPs aus.
Theoretische Fundierungen
▪ Entwicklungspsychologie (Peer-Group, Identitätsentwicklung…)
▪ Diffusionstheorie
▪ Two-Step-Flow
▪ Modelllernen
▪ Partizipation
▪ Empowerment
Empfehlungen
-lichen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit & Mitarbeit!
Viel Erfolg bei der Umsetzung in Ihren eigenen Projekten!
Kontaktdaten
Dr.in Sarah Strauß
Universität zu Köln
Humanwissenschaftliche Fakultät
Gronewaldstr. 2a
50931 Köln
0049-(0)221-4706901