populationsgenetische untersuchungen zur entwicklung der …€¦ · zur entwicklung der hunderasse...
TRANSCRIPT
Aus dem Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover
___________________________________________________________________
Populationsgenetische Untersuchungen
zur Entwicklung der Hunderasse Elo
sowie zum Auftreten und zur Vererbung von Distichiasis
INAUGURAL-DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer
DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN
(Dr. med. vet.)
durch die Tierärztliche Hochschule Hannover
Vorgelegt von
Judith Kaufhold
aus Leinefelde
Hannover 2004
Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Dr. habil. Ottmar Distl
1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Dr. habil. Ottmar Distl
2. Gutachter: PD Dr. Andrea Meyer-Lindenberg
Tag der mündlichen Prüfung: 28.05.2004
Meinen Eltern
Unterstützt von der Gesellschaft zur Förderung Kynologischer Forschung (GKF) e.V., Bonn
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ............................................................................................................................. 1
2 Literatur ............................................................................................................................... 3 2.1 Rassegeschichte des Elo.......................................................................................... 3
2.2 Distichiasis .............................................................................................................. 4
2.3 Segregationsanalyse ................................................................................................ 5
3 Eigene Untersuchungen ...................................................................................................... 8
3.1 Populationsgenetische Untersuchungen zur Entwicklung der Hunderasse Elo ........................................................................................................................... 8
3.1.1 Einleitung ................................................................................................................ 8
3.1.2 Material und Methoden ........................................................................................... 8
3.1.2.1 Material ................................................................................................................... 8
3.1.2.2 Methoden................................................................................................................. 9
3.1.3 Ergebnisse ............................................................................................................. 12
3.1.3.1 Genanteile der Gründerrassen ............................................................................... 12
3.1.3.2 Inzucht ................................................................................................................... 12
3.1.3.3 Verwandtschaft...................................................................................................... 14
3.1.3.4 Wurfgröße und Welpenverluste ............................................................................ 14
3.1.4 Diskussion ............................................................................................................. 15
3.1.4.1 Genanteile der Gründerrassen ............................................................................... 15
3.1.4.2 Inzucht ................................................................................................................... 16
3.1.4.3 Verwandtschaft...................................................................................................... 18
3.1.4.4 Wurfgröße und Welpenverluste .................................................................... 19 3.2 Analyse der Prävalenz von Distichiasis beim Elo............................................. 31 3.2.1 Einleitung .............................................................................................................. 31
3.2.2 Material und Methoden ......................................................................................... 31
3.2.3 Ergebnisse ............................................................................................................. 34
3.2.4 Diskussion ............................................................................................................. 36
3.3 Untersuchung zur Vererbung von Distichiasis beim Elo mit komplexen Segregationsanalysen .......................................................................................... 41
3.3.1 Einleitung .............................................................................................................. 41
3.3.2 Material und Methoden ......................................................................................... 41
3.3.2.1 Material ................................................................................................................. 41
3.3.2.2 Methoden............................................................................................................... 42
3.3.3. Ergebnisse ............................................................................................................. 45
3.3.4 Diskussion ............................................................................................................. 45
4 Schlussfolgerungen ............................................................................................................ 52
5 Zusammenfassung ............................................................................................................. 53
6 Summary ............................................................................................................................ 55
7 Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 57
8 Anhang ............................................................................................................................... 62 8.1 Befundbogen Augenuntersuchung des VDH ........................................................ 62
8.2 Befundbogen Augenuntersuchung des DOK ........................................................ 63
Verzeichnis der Abkürzungen
AIC Informationskriterium nach Akaike
χ2 Chi-Quadrat
DOK Dortmunder Kreis – Gesellschaft zur Diagnostik genetisch bedingter
Augenerkrankungen
EZFG Elo Zucht- und Forschungsgemeinschaft e.V.
F1 Inzuchtkoeffizient
F2 erwarteter Inzuchtkoeffizient
∆F Inzuchtrate
FG Freiheitsgrade
h2 Heritabilität
-2 ln -2 log Likelihood
LRT Likelihood-Ratio-Test
n Anzahl
N Populationsgröße
Ne effektive Populationsgröße
p Irrtumswahrscheinlichkeit
R Verwandtschaftskoeffizient
REML Residual Maximum Likelihood
VDH Verband Deutsches Hundewesen
VI Vollständigkeitsindex
1
1 Einleitung
Der Elo® ist eine junge Hunderasse, deren Zucht mit dem Ziel begonnen wurde, einen
verträglichen und erbgesunden Familien- und Gesellschaftshund zu züchten. Der Name „Elo“
wurde patentrechtlich geschützt, weswegen „Elo®“ die offizielle Schreibweise ist. Im
Folgenden wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit jedoch die verkürzte Form „Elo“
verwendet.
Die Rasse des Elo lässt sich auf 16 Tiere verschiedener Rassen zurückführen. Die
Gründerrassen sind Eurasier, Bobtail, Chow-Chow, Samojede, Dalmatiner, Pekingese sowie
Klein-, Mittel- und Japanspitz. Der Elo wird in zwei Größen gezüchtet, zum einen mit einer
Schulterhöhe von 46-60 cm, zum anderen als Klein-Elo mit einer Schulterhöhe von 35-45 cm.
Die Zucht von Elo und Klein-Elo erfolgte bisher nicht in vollständig getrennten Linien,
weswegen in den folgenden Analysen beide Größen gemeinsam ausgewertet wurden.
Eine Augenerkrankung, die Distichiasis, wurde gehäuft beim Elo beobachtet. Aus
züchterischer Sicht bestehen somit beim Elo zwei Probleme: einmal der geringe
Populationsumfang mit der Gefahr von Inzucht und deren Folgeerscheinungen von
Inzuchtdepression, gehäuftem Auftreten von Erbkrankheiten, sowie zum anderen das häufige
Vorkommen von Distichiasis, in deren Folge Hornhautschädigungen entstehen können.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war deshalb die Analyse der Populationsstruktur der
Hunderasse Elo hinsichtlich der Genanteile der Gründerrassen, der Inzucht- und
Verwandtschaftsverhältnisse, um Zusammenhänge zwischen Inzucht und der Höhe der
Welpenverluste als Indikatorvariable für die Fitness analysieren zu können. Die
Untersuchungen zur Prävalenz der Distichiasis sollten zeigen, ob bestimmte Gründerrassen
überproportional zum Auftreten von Distichiasis beigetragen haben und welche Rolle die
Inzucht dabei spielte. In weitergehenden genetischen Analysen sollte der Erbgang von
Distichiasis beim Elo aufgeklärt und die populationsgenetischen Parameter geschätzt werden.
Die vorliegende Arbeit wurde der besseren Übersichtlichkeit wegen in einzelne Abschnitte
gegliedert. Nach einem einführenden Literaturteil wurde jedes Kapitel in Einleitung, Material
und Methoden, Ergebnisse und Diskussion gegliedert. In der Reihenfolge der Bearbeitung
sind populationsgenetische Untersuchungen zur Entwicklung der Hunderasse Elo den
Analysen zur Prävalenz und zur Vererbung von Distichiasis vorangestellt.
2
Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen eine Grundlage für Empfehlungen an den Zuchtverband
darstellen, um die Zucht des Elo zu verbessern und um Strategien zur Verminderung des
Auftretens von Distichiasis beim Elo auszuarbeiten.
3
2 Literatur
2.1 Rassegeschichte des Elo
Mit der Zucht des Elo wurde 1987 von Marita und Heinz Szobries in Hannover begonnen.
Die Idee war, einen kindergeeigneten Familien- und Gesellschaftshund mit gutem
Sozialverhalten, hoher Reizschwelle für aggressives Verhalten und guter Erbgesundheit zu
züchten. Zu Beginn der Zucht stand nicht ein einheitliches Erscheinungsbild, sondern das
Wesen der Hunde im Vordergrund. Die Zucht des Elo wird seit 1993 durch die damals
gegründete Elo Zucht- und Forschungsgemeinschaft e.V. (EZFG) betreut. Die EZFG ist der
einzige Verein, in dem der Elo gezüchtet wird. Die Rasse ist nicht vom VDH anerkannt, eine
Anerkennung wird jedoch in Zukunft angestrebt.
Der Elo wurde zunächst aus insgesamt neun Ausgangstieren verschiedener Rassen gezüchtet.
Eingesetzt wurden zwei Bobtails (Mutter und Sohn), vier Eurasier (zwei Rüden und zwei
Hündinnen), ein Chow-Chow (Rüde), ein Mischlingsrüde (Mutter: Samojede-Chow-Chow-
Mischling; Vater: Eurasier) und eine aus einer Zufallsverpaarung entstandene
Mischlingshündin (Mutter: Bobtail-Chow-Chow-Mischling; Vater: Eurasier). Später wurden
zur Vergrößerung der Zuchtbasis, und um weitere Tiere mit besonders gewünschten
Eigenschaften in die Zucht einzubringen, noch ein Samojede (Rüde), ein Bobtail (Rüde) und
ein Dalmatiner (Hündin) eingesetzt. Um den Elo, der eine Schulterhöhe von 46-60 cm hat,
noch in einer kleineren Variante zu züchten, wurden ein Pekingese (Hündin), ein Klein- und
ein Mittelspitz (Rüden) sowie ein Japanspitz (Rüde) eingekreuzt. Der Klein-Elo soll eine
Schulterhöhe von 35-45 cm aufweisen. Seit 1998 sind keine Einkreuzungen von Hunden
anderer Rassen mehr vorgenommen worden.
Der Name „Elo“ steht für die drei wichtigsten Ausgangsrassen dieser Neuzüchtung: Eurasier,
Bobtail und Chow-Chow (SZOBRIES und SZOBRIES, 2001).
Obwohl bei der Zucht des Elo die Wesenseigenschaften der Tiere im Vordergrund stehen,
wird inzwischen auch ein einheitliches Erscheinungsbild angestrebt. Der Elo soll ein
kräftiger, etwas gedrungen wirkender Hund sein, der im Rücken etwas länger als schulterhoch
ist und Stehohren hat. Das Gewicht liegt beim Elo zwischen 20 - 35 kg und beim Klein-Elo
zwischen 15 - 20 kg. Die Rute wird über den Rücken gerollt getragen. Der Elo kommt in
verschiedenen Farbschlägen, wobei alle Farben erlaubt sind, und in verschiedenen
Scheckungen, bis hin zu einfarbigen Tieren mit Tupfen, vor. Erwünscht ist ein reinweißes Fell
4
mit braunen, roten, schwarzen oder grauen Flecken bis hin zu einem gescheckten Haarkleid.
Einfarbigkeit ist jedoch kein zuchtausschließender Fehler. Elos kommen in einer rau- und
einer glatthaarigen Variante vor. Rauhaarige Tiere haben mittellanges, teilweise welliges Fell,
glatthaarige Hunde haben ebenfalls mittellanges Fell und sind aber an Gesicht und
Gliedmaßen kurz behaart (SZOBRIES und SZOBRIES, 2001).
Der gut veranlagte Elo hat ein differenziertes Ausdrucksverhalten, ein ruhiges bis mittleres
Temperament und ein selbstbewusstes, ausgeglichenes Wesen. Er ist spielfreudig,
kindergeeignet, verträglich mit anderen Artgenossen, bellt wenig und zeigt Desinteresse am
Jagen und Wildern (SZOBRIES und SZOBRIES, 2001).
Die Konsolidierung der Zucht des Elo ist noch nicht abgeschlossen und wird mit dem Ziel
fortgesetzt, eine wesensfeste und im äußeren Erscheinungsbild ausgeglichene Rasse zu
züchten.
2.2 Distichiasis
Als Distichiasis wird das Vorkommen zusätzlicher Wimpern (Distichien) bezeichnet, die
ihren Ursprung in den Meibomschen Drüsen haben und entlang des Lidrandes auftreten
(WILLIAMS et al., 1979). Sie entsteht durch die unvollständige Differenzierung der
Meibomschen Drüsen, welche modifizierte Haarfollikel sind (SMITH, 1989). Außer der
kongenitalen Form von Distichiasis beschreibt HALLIWELL (1967) noch eine selten
vorkommende erworbene Form. Sie entsteht vermutlich als Folge einer chronischen
Entzündung der Meibomschen Drüsen (Chalazion).
Distichien können einzeln oder in ganzen Reihen auftreten. Aus dem Ausführungsgang einer
Meibomschen Drüse tritt meist nur eine Zilie aus, manchmal können aber auch mehrere
beobachtet werden. Distichiasis kommt am Ober- und Unterlid vor, wobei das Oberlid
häufiger betroffen ist (BEDFORD, 1973; HALLIWELL, 1967; WILLIAMS et al., 1979).
Distichien können leicht übersehen werden, da sie meist fein und unpigmentiert sind. Zur
Untersuchung benötigt man daher unbedingt eine helle Lichtquelle mit Vergrößerung
(Spaltlampenmikroskop).
Distichiasis kann in jedem Alter auftreten, gewöhnlich wird sie aber bereits bei Tieren im
Alter von unter einem Jahr beobachtet (ACVO, 1999; BEDFORD, 1999).
Die klinischen Symptome einer Distichiasis entstehen, wenn die Distichien nach innen
gerichtet sind und zu Irritationen der Kornea führen. Daraus können wiederum Tränenfluss,
5
Hyperämie der Konjunktiven, Blepharospasmus und in schweren Fällen Veränderungen der
Hornhaut, wie Pigmentierung, Vaskularisation und Ulzeration, resultieren. Das Auftreten von
Symptomen bzw. deren Ausprägung ist nicht proportional zur Anzahl der Distichien. Von
Distichiasis betroffene Tiere können auch klinisch völlig unauffällig sein (BEDFORD, 1980).
Distichiasis kommt bei Hunden recht häufig vor und wird als erbliche Augenerkrankung
angesehen (SMITH, 1989). Bei den Gründerrassen des Elo, Bobtail, Pekingese, Samojede und
Dalmatiner, wurde das Auftreten von Distichiasis beschrieben (BARNETT, 1976; HALLIWELL,
1967; LAWSON, 1973). In einer Untersuchung von LEHMANN et al. (2000) über 157 in
Österreich lebende Englische Cocker Spaniel wurde für die Distichiasis eine Prävalenz von
36,9 % festgestellt, und bei der Augenuntersuchung von 146 Hunden der Rasse
Amerikanischer Cocker Spaniel durch WILLIAMS et al. (1979), wurde bei 74 % der Tiere eine
Distichiasis festgestellt. Bei der Auswertung von 2374 Augenuntersuchungen bei
verschiedenen Hunderassen in England, die in den Jahren 1963 bis 1973 durchgeführt
wurden, stellte man bei 84 Hunden, die sich auf 24 Rassen verteilten, eine Distichiasis fest.
Dies entspricht einer Prävalenz von 3,5 %. Das Alter der untersuchten Tiere lag dabei
zwischen 7 Wochen und 8 Jahren (BARNETT, 1976). Die Auswertung der
Augenuntersuchungsbefunde von 849 Tibet Terriern ergab eine Prävalenz für Distichiasis von
11,43 %. Hierbei konnte für die Distichiasis eine Heritabilität von h2 = 0,12 nach
Transformation in das Schwellenwertmodell geschätzt werden, was eine Erblichkeit vermuten
lässt (KETTERITZSCH et al., 2003).
Eine geschlechtsgekoppelte Vererbung wurde für die Distichiasis nicht festgestellt
(HALLIWELL, 1967; KETTERITZSCH et al., 2003; LAWSON, 1973; WILLIAMS et al., 1979) und
ein Erbgang konnte bisher beim Hund nicht bestimmt werden. Vermutet wird ein monogen,
autosomal dominanter Erbgang (BARNETT, 1976; HALLIWELL, 1967; WHITLEY et al., 1995).
2.3 Segregationsanalyse
Segregationsanalysen verwendet man zur Untersuchung von Erbgangshypothesen. Es wird
zwischen einfachen und komplexen Segregationsanalysen unterschieden.
In den klassischen Modellen der einfachen Segregationsanalysen wird getestet, ob die als
Hypothese angenommene Segregation eines Einzelgens entsprechend den Mendelschen
Verhältnissen mit den in den aufeinander folgenden Generationen auftretenden Phänotypen in
Einklang zu bringen sind. Der Segregationsparameter ϑ drückt dabei die Wahrscheinlichkeit
6
aus, mit der ein Nachkomme in einer Familie ein bestimmtes Merkmal aufweist. Vergleicht
man diesen Parameter mit der nach einem Mendelschen Erbgang zu erwartenden Segregation
eines monogenen Erbgangs, so kann man auf die Beteiligung eines Einzelgens an der
Ausprägung des untersuchten Merkmals schließen. Dieser Test zur Erkennung der
Aufspaltung eines Merkmals nach den Mendelschen Regeln ist an Pedigrees mit unbekannten
Genotypen der Individuen nur bei selten auftretenden kategorischen Merkmalen möglich.
Regressive Modelle, die in der komplexen Segregationsanalyse Verwendung finden,
(BONNEY, 1984, 1986, 1992; ELSTON, 1989a, 1990; ELSTON et al., 1992) beruhen auf
Likelihood-Methoden und erlauben den Test auf monogene, polygene und gemischt-
monogen-polygene Erbgänge unter Berücksichtigung der erwarteten Verteilung der
Nachkommen bei verschiedenen Erbgangshypothesen. Diese Modelle bestehen aus zwei
multiplikativ verbundenen Modellkomponenten, der Likelihoodfunktion für einen monogenen
Erbgang und der Likelihoodfunktion für polygene Einflüsse bei gegebenem monogenen
Erbgang. Die Wahrscheinlichkeit, für ein zufällig aus der untersuchten Population
ausgewähltes Individuum den Hauptgenotyp „g“ zu haben, ist Pr(g). Diese
Wahrscheinlichkeit für ein Individuum ist abhängig vom Genotyp der Eltern (Vater: gF;
Mutter: gM) bzw. des Paarungspartners (gS), wenn die Eltern unbekannt sind. Die
Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines bestimmten Hauptgenotyps kann mit Hilfe von
Markov-Ketten in bedingte Wahrscheinlichkeiten zerlegt werden, welche sequentiell aus dem
zu Grunde liegenden Pedigree berechnet werden können. ELSTON und STEWART (1971)
entwickelten zur Berechnung der Hauptgenotypwahrscheinlichkeit Pr(g) einen
leistungsfähigen Algorithmus. Die bedingten Wahrscheinlichkeiten für den Genotyp eines
beliebigen Individuums in Abhängigkeit von den elterlichen Genotypen (Pr (g | gF, gM)
werden durch die Transmissionswahrscheinlichkeit (τ) spezifiziert. Die
Transmissionswahrscheinlichkeit gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der das Allel A an den
Nachkommen weitergegeben wird, wenn die Eltern den Genotyp AA, AB oder BB besitzen.
Die zweite Komponente der Berechnung umfasst die Effekte der Eltern, Paarungspartner und
weiterer beliebiger Kovariablen, die über die Einzelgensegregation hinausgehen. BONNEY
(1984) und ELSTON (1989b) unterscheiden vier verschiedene Modelltypen (Klasse A – D).
Bei Klasse A Modellen wird die Geschwisterkorrelation allein durch die Eltern-
Nachkommen-Regression erklärt. Die weniger restriktiven Klasse B, C und D Modelle
beinhalten zusätzlich den Einfluss der Geschwister in unterschiedlicher Weise.
7
Mit komplexen Segregationsanalysen ist es möglich, polygene Erbgänge und auch das
Auftreten von Hauptgenen, bei denen mehrere Genkombinationen der Eltern möglich sind, zu
testen. Es besteht im Gegensatz zur klassischen Segregationsanalyse keine Einschränkung
mehr durch die Häufigkeit einer Krankheit bzw. eines kategorischen Merkmals.
Die Flexibilität des Modellansatzes wird durch die Auswahl geeigneter Restriktionen der
verschiedenen Modellparameter erreicht. Im allgemeinen (saturierten) Modell werden keine
Restriktionen gesetzt, wodurch die beste Anpassung an die beobachteten Werte erreicht wird.
Dieses Modell kann somit als Referenzmodell dienen. Die Hypothesen werden über den
Likelihood-Ratio-Test geprüft. Um die einzelnen Modelle vergleichen zu können, ist es
notwendig, die Anzahl der unabhängigen Parameter zu schätzen. Die Freiheitsgrade ergeben
sich annähernd aus der Differenz der Anzahl der für die einzelnen Modelle unabhängig
geschätzten Parameter. Unter Berücksichtigung der Freiheitsgrade wird das Modell ermittelt,
das die untersuchten Daten am besten erklärt. Zusätzlich kann das Informationskriterium nach
Akaike (AIC) zur Beurteilung der Güte eines Modelles herangezogen werden und wird nach
folgender Formel (AKAIKE, 1974) berechnet:
AIC = -2 ln (maximum likelihood) + 2 (Anzahl unabhängig geschätzter Parameter)
Das AIC berücksichtigt zusätzlich die Anzahl der geschätzten Parameter und bevorzugt somit
das Modell, das die beste Anpassung der Daten an das Modell mit der geringsten Anzahl
unabhängiger Parameter ermöglicht. Es kann jedoch nicht zur Annahme oder zum Ausschluss
eines Modelles verwendet werden.
8
3 Eigene Untersuchungen
3.1 Populationsgenetische Untersuchungen zur Entwicklung der Hunderasse Elo
3.1.1 Einleitung
Im Jahr 1987 wurde mit der Zucht einer neuen Hunderasse namens Elo begonnen. Das Ziel
war, einen kindergeeigneten und sozialverträglichen Familien- und Gesellschaftshund mit
guter Erbgesundheit und hoher Reizschwelle zu züchten. Zur Zucht dieser neuen Rasse
wurden 16 Gründertiere 9 verschiedener Rassen verwendet. Zum Einsatz kamen Hunde der
Rassen Eurasier, Bobtail, Chow-Chow, Pekingese, Kleinspitz, Samojede, Mittelspitz,
Japanspitz und Dalmatiner.
Mit der vorliegenden Untersuchung sollte anhand populationsgenetischer Analysen die
Entwicklung der Hunderasse Elo ausgehend von den Gründerrassen dargestellt, und die
Entwicklung der Verwandtschaft, der Inzucht und der Genanteile der Ausgangsrassen
analysiert werden. Mittels Varianzanalysen waren insbesondere der Inzuchtkoeffizient und
die Genanteile der Gründerrassen auf ihren Einfluss auf die Höhe der Welpenverluste zu
untersuchen und schließlich die Heritabilität für das Merkmal Welpenverluste zu schätzen.
3.1.2 Material und Methoden
3.1.2.1 Material
Als Datenmaterial standen sämtliche Zuchtbuchunterlagen der EZFG vom Beginn der Zucht
bis Ende 2002 zur Verfügung. Somit wurden alle Tiere dieser Neuzüchtung in den Pedigrees
erfasst. Das Datenmaterial bestand aus Angaben zum Individuum (Zuchtbuchnummer,
Tiername, Zwingername, Wurfdatum, Geschlecht, Wurfgröße, Wurfnummer, Farbschlag) und
aus Angaben zur Abstammung (Pedigree bis zu 9 Generationen). Für die Tiere lagen die
Pedigreeinformationen für die Mütter und Väter zu 100 % vor. In den Ahnengenerationen bis
hin zu den Urgroßeltern standen mindestens 86 % der Abstammungsinformationen zur
Verfügung. Das Datenmaterial wurde mit dem Programm OPTI-MATE Version 3.84 (WREDE
und SCHMIDT, 2003) erfasst und ausgewertet. Alle Daten wurden auf Konsistenz und
Plausibilität geprüft und gegebenenfalls korrigiert.
Insgesamt wurden 2053 Tiere in den Zuchtbuchunterlagen erfasst, wovon 16 Hunde
Gründertiere waren. Von den bis Ende 2002 im Zuchtbuch registrierten 2037 Elos waren 976
Hündinnen (48 %) und 1061 Rüden (52 %). Diese Tiere wurden in 65 verschiedenen
9
Zwingern gezüchtet und entstammten 322 Würfen. Rüden wurden ab einem Alter von 9
Monaten bis zu einem Alter von 9 Jahren zur Zucht eingesetzt, Hündinnen ab 10 Monaten bis
zu 8 Jahren. Beim ersten Zuchteinsatz waren die Zuchtrüden durchschnittlich 2,5 Jahre und
die Zuchthündinnen 2,8 Jahre alt. Maximal waren Rüden 17- und Hündinnen 6-mal im
Zuchteinsatz und durchschnittlich Rüden 3,1- und Hündinnen 1,9-mal.
Die Auswertung der Genanteile der Gründerrassen, der Inzucht- und
Verwandtschaftskoeffizienten wurde für alle im Zuchtbuch registrierten 2037 Elos
durchgeführt. Bei der Betrachtung der einzelnen Geburtsjahrgänge konnten jedoch nur 2034
Tiere berücksichtigt werden, da für drei Tiere das Wurfdatum nicht bekannt war.
In die Auswertung der Wurfgröße gingen 318 Würfe ein, da für vier Würfe nur ungenaue
Angaben zur Verfügung standen. Ferner wurden nur in das Zuchtbuch eingetragene Welpen
berücksichtigt, da Totgeburten und kurz nach der Geburt eingegangene Welpen erst ab 1994
durchgehend erfasst wurden.
In die Analyse der Welpenverluste gingen nur die Würfe ein, für die genaue Angaben zu den
Eltern und zur Höhe der Welpenverluste vorlagen. Es wurden 272 Würfe ausgewertet, die von
88 Vätern und 144 Müttern stammten. Das Merkmal Welpenverluste umfasste totgeborene
und kurz nach der Geburt eingegangene Welpen.
3.1.2.2 Methoden
Die Auswertung umfasste die Berechnung der Genanteile der Gründerrassen, die Berechnung
der Inzucht- und Verwandtschaftskoeffizienten und die Untersuchung des Einflusses
verschiedener Effekte auf die Höhe der Welpenverluste.
Zur Bestimmung der Gründergenanteile war die Rassezugehörigkeit der Gründertiere
entscheidend. Die Genanteile beschreiben den Anteil, den die Ursprungsrassen am jeweiligen
Tier haben und wurden hier als prozentualer Anteil an der Gesamtpopulation und für die
Geburtsjahrgänge angegeben.
Aufgrund der unterschiedlichen Vollständigkeit der Pedigrees wurde zur besseren
Interpretation und Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Vollständigkeitsindex nach SCHMIDT
et al. (1993) angewandt. Dieser Index entspricht dem Erwartungswert für die Inzucht, der auf
Grund der Pedigreeposition der bekannten Ahnen bei einem vollständigen Pedigree gefunden
worden wäre. Die Inzucht- und Verwandtschaftskoeffizienten wurden in Anlehnung an die
Pfadkoeffizientenmethode nach FALCONER (1984) geschätzt. Neben dem Inzuchtkoeffizienten
10
(F1) wird auch der erwartete Inzuchtkoeffizient (F2) unter Berücksichtigung des
Vollständigkeitsindex bestimmt (F2 = F1/VI). Es wird also angenommen, dass bei den im
Pedigree fehlenden Tieren eine genauso hohe Inzucht vorliegt wie in der übrigen Population.
Die Inzuchtrate ∆F1 gibt den durchschnittlichen Inzuchtzuwachs pro Generation an. Sie ergibt
sich, indem der ermittelte Inzuchtkoeffizient durch die Anzahl der berücksichtigten
Ahnengenerationen minus eins dividiert wird. Unter Einbeziehung des Vollständigkeitsindex
ergibt sich daraus ∆F2. Die Inzuchtzunahme von den Eltern auf die aktuelle Population wird
durch ∆F3, und wiederum korrigiert mit dem Vollständigkeitsindex, durch ∆F4 ausgedrückt.
∆F5 stellt den zu erwartenden Inzuchtzuwachs für die kommende Generation unter
Einbeziehung der aktuellen Zuchtpopulation dar. Die effektive Populationsgröße (Ne) ist
definiert als die Populationsgröße, die bei ausgeglichenem Geschlechtsverhältnis, gleicher
Nachkommenzahl aller Eltern und Zufallspaarung denselben Inzuchtzuwachs aufweist. In die
meisten Auswertungen gingen sechs Ahnengenerationen ein. Lediglich bei der Berechnung
der Inzuchtraten innerhalb der Geburtsjahrgänge konnten nur drei Ahnengenerationen
berücksichtigt werden, da die Pedigreeinformationen für eine Berechnung über mehr
Generationen nicht ausreichten.
Die statistischen Auswertungen der Frequenz von Welpenverlusten wurden mit dem
Statistical Analysis System (SAS), Version 8.2 (SAS Institute, Cary, North Carolina, USA,
2003) durchgeführt.
Mit einfachen und multiplen Varianzanalysen wurde die Bedeutung systematischer
Einflussfaktoren auf das Auftreten von Welpenverlusten beim Elo untersucht. Dabei wurden
die Inzuchtkoeffizienten der Welpen und ihrer Eltern, das Geburtsjahr der Welpen, die
Wurfgröße, das Alter der Eltern bei der Geburt der Nachkommen und die Genanteile der
verschiedenen Gründerrassen als fixe Effekte berücksichtigt. Die Effekte der Genanteile der
Gründerrassen wurden in Klassen eingeteilt, um den Einfluss von Tieren mit extremen
Werten zu dämpfen. Die Pekingesenhündin und der Kleinspitzrüde wurden einmal
miteinander verpaart und nur ihre Nachkommen weiter in der Zucht verwendet. Aus diesem
Grund waren die Genanteile beider Rassen in der Population gleich und konnten zu einer
Klasse zusammengefasst werden.
Die Varianzanalysen für die Frequenz der Welpenverluste wurden mit der Prozedur
GENMOD (SAS, Version 8.2) durchgeführt, um der binomialen Verteilung des Merkmals
11
Rechnung zu tragen. Verwendet wurde die Verteilungsfunktion BINOMIAL und die LINK-
Funktion PROBIT. Als signifikant galten Effekte, deren Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als
5 % war (p < 0,05).
Um ein Modell zu bestimmen, welches die Verteilung des Merkmals mit möglichst wenigen
Parametern beschreibt, wurde, ausgehend von einem Referenzmodell mit allen aus den Daten
ermittelbaren Effekten, ein Modellvergleich mittels Likelihood-Ratio-Tests durchgeführt.
Dafür wurden die Differenzen der -2 log Likelihoods der zu vergleichenden Modelle
verwendet. Das nachfolgend dargestellte Modell unterschied sich nicht signifikant von dem
Referenzmodell (Differenz der -2 log Likelihoods zwischen dem Referenzmodell und dem zur
Analyse ausgewählten Modell: χ² = 8,06; p = 0,71) und wurde deshalb für die multiple
Varianzanalyse verwendet. Im Gegensatz zu dem Referenzmodell wurden bei dem in der
Analyse verwendeten Modell folgende Effekte nicht mehr berücksichtigt: der
Inzuchtkoeffizient des Vaters, das Geburtsjahr der Welpen und die Genanteile der
Gründerrassen Bobtail, Samojede, Mittelspitz, Dalmatiner, Japanspitz, Kleinspitz und
Pekingese.
Für die Varianzkomponentenschätzung in einem Tiermodell wurden dieselben fixen Effekte
berücksichtigt und zusätzlich noch der zufällige additiv-genetische Effekt des Tieres (aq, q = 1
– 1959) mit der gesamten Verwandtschaftsmatrix.
Modell der Varianzanalyse für die Welpenverluste mittels GENMOD (nur fixe Effekte)
Yijklmnop = µ + INZ_Wi + INZ_Mj + ALT_Vk + ALT_Ml + WGRm + GA_EURn +
GA_CHOWo + eijklmnop
mit
Yijklmnop Merkmalsausprägung der Welpenverluste beim ijklmnop-ten Tier
µ Modellkonstante
INZ_Wi Inzuchtkoeffizient des Welpen (i = 1-5)
INZ_Mj Inzuchtkoeffizient der Mutter (j = 1-5)
ALT_Vk Alter des Vaters bei der Geburt des Welpen (k = 1-5)
ALT_Ml Alter der Mutter bei der Geburt des Welpen (l = 1-5)
WRGm Wurfgröße (m = 1-9)
12
GA_EURn Genanteile vom Eurasier (n = 1-3)
GA_CHOWo Genanteile vom Chow-Chow (o = 1-3)
eijklmnop zufälliger Restfehler
Für die Schätzung der genetischen Parameter mittels Residual Maximum Likelihood (REML)
wurde das Programm VCE (Variance Component Estimation), Version 4.2.5 (GROENEVELD,
1998), verwendet. Die Heritabilität (h2) wurde aus folgenden Varianzkomponenten geschätzt:
h2 = σ2a / (σ2a + σ2e), wobei σ2a = additiv genetische Varianz und σ2e = residuale Varianz ist.
Die im linearen Tiermodell geschätzte Heritabilität für die Welpenverluste wurde
anschließend in das Schwellenwertmodell transformiert (DEMPSTER und LERNER, 1950).
3.1.3 Ergebnisse
3.1.3.1 Genanteile der Gründerrassen
Die durchschnittlichen Genanteile der Gründerrassen Eurasier, Bobtail, Chow-Chow,
Samojede, Dalmatiner, Mittelspitz, Kleinspitz, Japanspitz und Pekingese innerhalb der
Gesamtpopulation des Elo sind in Tabelle 1 dargestellt.
Den größten Anteil an der Gesamtpopulation hatte der Eurasier mit ca. 48 %, gefolgt vom
Bobtail mit ca. 23 %. An dritter Stelle stand der Chow-Chow mit ca. 10 %. Mit diesen drei
Rassen wurde die Elo-Zucht auch begonnen. Der Einfluss der anderen Gründerrassen war
deutlich geringer und betrug für Kleinspitz, Pekingese und Samojede ca. 5 %, für Japanspitz
ca. 4 % und für Mittelspitz und Dalmatiner lagen die Genanteile unter 1 %. Die Verteilung
der Genanteile zwischen den Geschlechtern war sehr ähnlich.
Tabelle 2 zeigt die Entwicklung der Genanteile für die einzelnen Geburtsjahrgangsklassen des
Elo. Es wurden Geburtsjahrgangsgruppen aus jeweils zwei Geburtsjahren gebildet. Nach dem
Beginn der Zucht mit Eurasier, Bobtail und Chow-Chow kamen wenig später Samojede,
Pekingese und Kleinspitz, gefolgt vom Mittelspitz, dazu. Zuletzt wurden noch Japanspitz und
Dalmatiner eingesetzt.
3.1.3.2 Inzucht
Der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient (F1) für die Gesamtpopulation betrug 11,24 ± 6,50 %
(Tabelle 3). Der mittlere Inzuchtkoeffizient der Rüden und Hündinnen unterschied sich nur
wenig voneinander. Bei ca. 50 % der Hunde lag der Inzuchtkoeffizient im Bereich von 9 bis
13
18 %. Den maximalen Inzuchtkoeffizienten von 31,84 % erreichten 12 Tiere. Von den 2037
Tieren der Gesamtpopulation waren lediglich 138 Tiere (6,8 %) frei von Inzucht. Unter
Berücksichtigung des Vollständigkeitsindex lag der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient (F2)
bei 19,47 %.
Betrachtet man nun die Inzuchtkoeffizienten (F1) der einzelnen Geburtsjahrgänge, so fällt auf,
dass in den ersten drei Jahren der Elo-Zucht keine Inzucht auftrat (Abbildung 1). In den zwei
darauffolgenden Jahren stieg der Inzuchtkoeffizient dann abrupt zunächst auf ca. 5 % und
dann auf 12 % an. Dieses hohe Niveau der Inzucht konnte in den nachfolgenden Jahren bis
1995 etwas abgesenkt werden, stieg danach aber wieder an und hatte einen schwankenden
Verlauf um einen Wert von 12 %.
Die Inzuchtraten der Gesamtpopulation sind in Tabelle 4 dargestellt. Durchschnittlich nahm
in den zurückliegenden sechs Generationen die Inzucht mit ∆F1 = 2,25 % und nach
Einbeziehung des Vollständigkeitsindex mit ∆F2 = 3,89 % je Generation zu. Die Inzuchtraten
∆F1 und ∆F2 waren bei den Rüden etwas geringer als bei den Hündinnen. Der Inzuchtanstieg
von den Elterntieren auf die aktuelle Population betrug ∆F3 = 2,51 %, unter Berücksichtigung
des Vollständigkeitsindex ∆F4 = 2,89 %. Bei diesen Inzuchtraten waren die Werte der Rüden
wiederum kleiner als die der Hündinnen. Die künftig zu erwartende Inzuchtrate für die
nächste Generation (∆F5) zeigte einen Zuwachs von 0,33 %. Die effektive Populationsgröße
(Ne) betrug für die Gesamtpopulation 149,61.
Die Inzuchtraten innerhalb der einzelnen Geburtsjahrgangsgruppen sind aus Tabelle 5
ersichtlich. In den Jahren vor 1991 waren die Inzuchtraten nicht schätzbar, da die
Pedigreeinformationen dazu nicht ausreichten. Die Inzuchtzunahme von einer Generation zur
Nächsten (∆F1) nahm bis zur Geburtsjahrgangsgruppe 1999/2000 kontinuierlich ab und stieg
in der letzten Geburtsjahrgangsgruppe wieder leicht an. Ähnliches galt auch nach
Einbeziehung des Vollständigkeitsindex für ∆F2. Hier war allerdings noch ein zusätzlicher
Anstieg in den Jahren 1997/1998 zu beobachten. Die Inzuchtzunahme von den Eltern auf die
aktuelle Population (∆F3) nahm, auch nach Einbeziehung des Vollständigkeitsindex (∆F4), in
den ersten drei Geburtsjahrgangsgruppen ab, stieg dann wieder an und hatte im Folgenden
einen schwankenden Verlauf. Weiterhin fiel auf, dass die Werte für die Inzuchtraten nach
Einbeziehung der Vollständigkeitsindices stets höher waren als ohne dessen Einbeziehung.
Der zu erwartende Inzuchtzuwachs für die kommende Generation unter Einbeziehung der
14
aktuellen Zuchtpopulation fiel kontinuierlich bis zu den Jahren 1997/1998 ab, stieg in den
nächsten zwei Jahren leicht an und fiel dann wieder ab.
In der Abbildung 2 ist der Verlauf der Populationsgröße und der effektiven Populationsgröße
nach Geburtsjahren dargestellt. Während die Anzahl der Tiere pro Geburtsjahr bis auf einen
Wert von 268 anstieg, war der Verlauf der effektiven Populationsgröße wesentlich flacher
und überstieg den Wert von 50 nicht.
3.1.3.3 Verwandtschaft
Der durchschnittliche Verwandtschaftskoeffizient innerhalb der Gesamtpopulation betrug
19,43 ± 11,79 % (Tabelle 6). Lediglich 55 Tiere (2,70 %) der Gesamtpopulation waren nicht
miteinander verwandt. Über 50 % der Elos hatten einen Verwandtschaftskoeffizienten in
einem Bereich von 10 bis 30 %. Der maximale Verwandtschaftskoeffizient betrug 82,13 %.
Betrachtet man die Verwandtschaftskoeffizienten der verschiedenen Geburtsjahrgänge
(Abbildung 3), so war nach einem Anstieg in den Jahren 1994 bis 1996 ein leichtes Absinken
der Werte zu beobachten. Der mittlere Verwandtschaftskoeffizient für das Geburtsjahr 2002
betrug 19,14 %.
3.1.3.4 Wurfgröße und Welpenverluste
Die Wurfgröße lag zwischen einem und dreizehn eingetragenen Welpen pro Wurf, bei einem
Mittelwert von 6,39 ± 2,36 (Abbildung 4). Einen Überblick über die Anzahl der im Zuchtbuch
eingetragenen Welpen pro Jahr gibt Abbildung 5. Seit Beginn der Zucht 1987 nahm Zahl der
Geburten pro Jahr, von leichten Schwankungen abgesehen, stetig zu.
Die Frequenz der Welpenverluste betrug 9,47 ± 29,29 %. Die Untersuchung des Merkmals
Welpenverluste mittels einfacher Varianzanalysen ergab einen signifikanten Einfluss für die
fixen Effekte Inzuchtkoeffizient des Welpen, Inzuchtkoeffizient der Mutter, Alter des Vaters
und Alter der Mutter bei der Geburt der Nachkommen, Wurfgröße, Geburtsjahr des Welpen
und Genanteile des Welpen vom Chow-Chow (Tabelle 7). Die mit einer multiplen
Varianzanalyse berechneten Least Square-Mittelwerte für die verschiedenen Ausprägungen
der im Modell enthaltenen Effekte sind in Tabelle 8 dargestellt. Der Least Square-Mittelwert
beschreibt die Wahrscheinlichkeit von Welpenverlusten in der jeweiligen Faktorstufe der
verschiedenen Effekte. Es wurden hohe Welpenverluste für hohe Inzuchtkoeffizienten der
15
Welpen, für eine Wurfgröße von 11 Welpen oder mehr, für Mütter, die bei der Geburt der
Welpen 1,5 Jahre oder jünger waren, oder älter als 3,5 Jahre, für Väter, die bei der Geburt der
Welpen zwischen 1,5 und 2,5 Jahre alt waren sowie für Welpen mit einem Genanteil vom
Eurasier von 57 % oder höher und mit einem Genanteil vom Chow-Chow von weniger als 8
% beobachtet.
Die Heritabilität in dem linearen Tiermodell ergab für das Merkmal Welpenverluste einen
Wert von h2 = 0,051 ± 0,033 bzw. nach Transformation in das Schwellenwertmodell von h2 =
0,154.
3.1.4 Diskussion
3.1.4.1 Genanteile der Gründerrassen
Betrachtet man die Geburtsjahrgänge, so ist sehr gut zu erkennen, zu welchen Zeitpunkten
Tiere der Ausgangsrassen eingekreuzt wurden. In den ersten beiden Jahren der Elo-Zucht
(1987 bis 1988) wurden Tiere von drei verschiedenen Rassen eingesetzt: vier Eurasier, zwei
Bobtail und ein Chow-Chow. Zwei Jahre später (1989 bis 1990) wurden zwei Mischlinge
eingekreuzt: ein Rüde (Mutter: Samojede-Chow-Chow-Mischling; Vater: Eurasier) und eine
Hündin (Mutter: Bobtail-Chow-Chow-Mischling; Vater: Eurasier). In den beiden gleichen
Jahren kamen noch eine Pekingesenhündin und ein Kleinspitzrüde in die Population. Dies
erfolgte, um den Elo auch in einer kleineren Variante zu züchten. Zu diesem Zweck wurden
1993 noch ein Mittelspitzrüde und 1997 ein Japanspitzrüde verwendet. Zur Verbreiterung der
Zuchtbasis und um Tiere mit wünschenswerten Eigenschaften in die Population einzubringen,
wurden 1996 ein Samojede (Rüde) und 1997 ein Dalmatiner (Hündin) in die Zucht
aufgenommen. Seit 1998 sind keine Einkreuzungen mehr vorgenommen worden.
Betrachtet man nun die Gesamtpopulation des Elo, so ist festzustellen, dass der Eurasier fast
die Hälfte der Blutanteile zur Population beitrug. Der Bobtail steuerte noch fast 23 % bei, und
an dritter Stelle stand der Chow-Chow mit fast 10 %. Die anderen Gründerrassen waren mit
deutlich geringeren Anteilen vertreten. Weiterhin war festzustellen, dass auch die
Nachkommen der Gründertiere proportional ihrer Ausgangsrassen in der Zucht
weiterverwendet wurden und keines der Gründertiere verloren ging.
16
3.1.4.2 Inzucht
Der Inzucht wird in der Tierzucht, besonders bei kleinen Populationen, besondere
Aufmerksamkeit geschenkt. Als Gefahren einer hohen Inzucht werden vermehrtes Auftreten
von Erbkrankheiten, verringerte genetische Varianz, frühzeitiges Erreichen eines
Selektionsplateaus und Zunahme der Driftvarianz genannt (FALCONER, 1984). Inzucht
entsteht durch die Verpaarung verwandter Individuen, was in kleinen Populationen
unvermeidlich ist und in der Zuchtplanung besonderer Beachtung bedarf.
In der Gesamtpopulation des Elo lag der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient bei 11,24
± 6,50 %. Die Verteilung der Inzuchtkoeffizienten zeigte, dass es insgesamt nur 138 Tiere in
der Gesamtpopulation gab, die frei von Inzucht waren. Der größte Teil der Population hatte
einen Inzuchtkoeffizienten im Bereich von 9 bis 18 %. Das Maximum lag bei 31,84 %.
Vergleicht man diese Werte mit Inzuchtkoeffizienten, die für andere Rassen berechnet
wurden, so wird deutlich, wie wichtig eine gute Planung der Elo-Zucht in der nächsten Zeit
sein wird, um den hohen Inzuchtkoeffizienten abzusenken und langfristig auf einem niedrigen
Niveau halten zu können. In einer Studie in den Niederlanden, in der alle im Jahr 1994
geborenen Tiere fünf verschiedener Rassen untersucht wurden, konnte man folgende
Inzuchtkoeffizienten berechnen: Berner Sennenhund 5,6 % (n = 3140), Bouvier de Flandres
4,6 % (n = 2903), Boxer 6,1 % (n = 2330), Golden Retriever 1,8 % (n = 5412) und Kooiker
Dog 7,0 % (n = 492) (NIELEN et al., 2001). Eine Untersuchung der finnischen Population
zweier Rassen ergab für die Finnische Bracke einen Inzuchtkoeffizienten für die Tiere der
Geburtsjahrgänge 1983 bis 1992 von 3,12 % (n = 35715) und für die Population des
Finnischen Spitz der Geburtsjahrgänge 1978 bis 1985 betrug der Inzuchtkoeffizient 7,16 % (n
= 19361) (KARJALAINEN und OJALA, 1997). Bei der Untersuchung der im Deutschen
Teckelklub 1888 e.V. in den Jahren 1987 bis 2002 gezüchteten 203119 Dackel wurde ein
durchschnittlicher Inzuchtkoeffizient von 5,27 % festgestellt (GRESKY et al., 2004), und die
Untersuchung einer Population des Tibet Terriers mit 6110 Tieren ergab einen
Inzuchtkoeffizienten von 0,89 % (KETTERITZSCH et al., 2003). Beim Hannoverschen
Schweißhund konnte für die seit 1894 gezüchtete Population ein mittlerer Inzuchtkoeffizient
von 6,35 % und für die Population aus den Geburtsjahren 1990 bis 2002 ein
Inzuchtkoeffizient von 9,23 % gefunden werden (LÜPKE und DISTL, 2004). Die Untersuchung
einer Population von im Schweizer Sennenhundverein für Deutschland e.V. in den Jahren
17
1969 bis 2001 gezüchteten Entlebucher Sennenhunden ergab einen durchschnittlichen
Inzuchtkoeffizienten von 4,64 % (HEITMANN et al., 2004).
Betrachtet man nun die Inzuchtkoeffizienten (F1) der einzelnen Geburtsjahrgänge, so fällt auf,
dass in den ersten drei Jahren der Elo-Zucht keine Inzucht auftrat. In den zwei
darauffolgenden Jahren stieg der Inzuchtkoeffizient abrupt zunächst auf ca. 5 % und dann auf
12 % an. Der schnelle Anstieg auf 12 % war vor allem auf die starke Verwendung eines
Rüden zurückzuführen, dessen Eltern Halbgeschwister waren und der mit seiner
Halbschwester sowie mit einer Hündin verpaart wurde, mit der er in der zweiten Generation
verwandt war. Der erste Anstieg auf ca. 5 % war ebenfalls durch die Verwendung von
Paarungspartnern, die Halbgeschwister waren, zurückzuführen. Dieses hohe Niveau der
Inzucht konnte in den nachfolgenden Jahren bis 1995 durch die stärkere Verwendung nicht
oder wenig verwandter Tiere etwas abgesenkt werden, stieg danach aber wieder an und hatte
einen schwankenden Verlauf um einen Wert von 12 %, was wiederum durch die Verpaarung
eng verwandter Tiere verursacht wurde.
Durch den starken Zuchteinsatz dieser wenigen, oft auch verwandten Tiere, wurde ein
sogenannter Flaschenhalseffekt erzeugt. Unter einem Flaschenhalseffekt versteht man die
Verringerung der effektiven Populationsgröße durch eine starke Reduktion der zur Zucht
verwendeten Tiere. Dies kann z.B. nach einem Seucheneinbruch, oder durch den starken
Einsatz weniger Zuchttiere vorkommen. Bei einem anschließenden Aufbau der Population auf
eine größere Tierzahl nimmt diese zwar zu, die effektive Populationsgröße jedoch nicht
wesentlich. Ebenso verhält sich der Inzuchtkoeffizient, der auch bei sorgfältiger Auswahl der
Zuchttiere nach ihrem Verwandtschaftskoeffizienten nicht wieder nennenswert gesenkt
werden kann (SCHÜLER et al., 2001). Eine Absenkung des Inzuchtkoeffizienten ist
letztendlich nur durch das Einkreuzen von unverwandten Hunden der Ausgangsrassen des Elo
zu erreichen.
Der Verlauf der Inzuchtraten schwankte in dem Maße, in dem auch der Wert für den
Inzuchtkoeffizienten für die einzelnen Geburtsjahrgänge schwankte. Die Ursache des
Anstiegs der Inzuchtzunahme von den Eltern auf die kommende Generation ist darin zu
sehen, dass nah verwandte Tiere, die selbst keinen so hohen Inzuchtkoeffizient aufwiesen,
miteinander verpaart wurden, was zu einem Anstieg des Inzuchtkoeffizienten in der nächsten
Generation führte. Eine niedrigere oder auch negative Inzuchtrate ist durch die Verpaarung
nicht oder nur entfernt verwandter Tiere zu erreichen. Der unterschiedlich starke Anstieg der
18
Inzuchtraten nach Einbeziehung des Vollständigkeitsindex entstand durch die verschieden
hohen Werte für den Vollständigkeitsindex für die einzelnen Geburtsjahrgangsgruppen.
Große Differenzen resultieren aus einem vergleichsweise niedrigeren Vollständigkeitsindex.
Der Verlauf des zu erwartenden Inzuchtzuwachses (∆F5) zeigte die Tendenz, mit der sich die
Inzuchtraten im jeweils folgenden Jahr veränderten.
3.1.4.3 Verwandtschaft
Der Verwandtschaftskoeffizient gibt den durchschnittlich zu erwartenden Anteil der
herkunftsgleichen Gene zweier Individuen an. Innerhalb der Gesamtpopulation des Elo betrug
der durchschnittliche Verwandtschaftskoeffizient 19,43 ± 11,79 %. Über 50 % der Tiere
hatten einen Verwandtschaftskoeffizienten im Bereich von 10 bis 30 %, das Maximum lag bei
82,13 %. Betrachtet man die Verteilung, so fällt auf, dass fast alle Tiere miteinander verwandt
waren. Lediglich 2,70 % der Hunde der Gesamtpopulation waren nicht miteinander verwandt,
was einer Anzahl von 55 Tieren entspricht.
In einer Studie von NIELEN et al. (2001) über fünf Hunderassen wurden folgende
durchschnittliche Verwandtschaftskoeffizienten festgestellt: Berner Sennenhund 10,2 % (n =
3140), Bouvier de Flandres 4,1 % (n = 2903), Boxer 8,7 % (n = 2330), Golden Retriever 2,0
% (n = 5412) und Kooiker Dog 14,6 % (n = 492). Beim Hannoverschen Schweißhund betrug
der durchschnittliche Verwandtschaftskoeffizient der Gesamtpopulation 7,17 %, in den
aktuellen Geburtsjahrgängen von 1990 bis 2002 10,29 %. (LÜPKE und DISTL, 2004).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Elos z. T. sehr eng miteinander verwandt waren,
was vor allem an der schmalen Basis an Gründertieren, mit denen die Population aufgebaut
wurde, und an der häufigen Verpaarung eng verwandter Tiere lag. Bei Vergleichen mit
anderen Populationen ist aber zu beachten, dass die berechneten Inzuchtkoeffizienten nicht
durch Anpaarungen mit Hunden unbekannter Herkunft verfälscht wurden. Positiv war die
Entwicklung der Verwandtschaftskoeffizienten zu sehen, da der Wert in den
Geburtsjahrgängen seit 1996 kontinuierlich abnahm.
19
3.1.4.4 Wurfgröße und Welpenverluste
Die durchschnittliche Wurfgröße des Elo lag bei 6,39 eingetragenen Welpen pro Wurf und
war damit höher als die Wurfgrößen der Gründerrassen des Elo mit den höchsten Beiträgen
zur Elo-Population. Laut einer Untersuchung von HECKLER (1994) lag die durchschnittliche
Wurfgröße für den Eurasier bei 5,37 eingetragenen Welpen. Für den Bobtail lag die
durchschnittliche Wurfgröße eingetragener Welpen laut dem Zuchtbuch des DOESC für die
Jahre 1998 bis 2001 bei 5,56 und für den Chow-Chow bei 4,17 eingetragenen Welpen pro
Wurf für die Jahre 1992 bis 2002 (Zuchtbuch des ACC). In einer Untersuchung von fünf
Hunderassen von NIELEN et al. (2001) wurden folgende mittlere Wurfgrößen festgestellt:
Berner Sennenhund 7,29; Bouvier de Flandres 6,25; Boxer 6,47; Golden Retriever 6,80 und
Kooiker Dog 4,87 Welpen pro Wurf.
In einer Studie von NIELEN et al. (1998) über die Sterblichkeit von Boxerwelpen wurde eine
durchschnittliche Wurfgröße von 6,4 festgestellt, 17,8 % der beobachteten Welpen wurden
totgeboren oder starben, bevor sie 50 Tage alt waren. Für die wichtigsten Ausgangsrassen des
Elo lagen die Frequenzen der Welpenverluste für den Eurasier bei 7,58 % (HECKLER, 1994),
für den Bobtail bei 16,11 % (DOESC, 1998 – 2001) und für den Chow-Chow bei 10,35 %
(ACC, 1992 – 2002). Die Welpenverluste lagen für den Elo mit 9,47 % im unteren Bereich
der verglichenen Rassen.
Die Höhe der Welpenverluste beim Elo wurde vor allem beeinflusst vom Inzuchtkoeffizienten
des Welpen, von der Wurfgröße, dem Alter der Mutter und des Vaters bei der Geburt der
Welpen und von der Höhe der Genanteile von Eurasier und Chow-Chow. Würfe mit 11 oder
mehr Welpen hatten signifikant häufiger Welpenverluste als kleinere Würfe. Der Grund dafür
liegt wahrscheinlich in der mangelnden Fürsorge der Mutter für alle Welpen bei großen
Würfen bzw. vielleicht auch daran, dass in großen Würfen oft auch lebensschwache Welpen
vorkommen. Die Welpenverluste waren weiterhin bei jungen Müttern und bei Müttern, die
älter als 3,5 Jahre alt waren, hoch. Junge Tiere haben in der Aufzucht von Nachkommen noch
keine Erfahrung, so dass es zu vermehrten Verlusten kommen kann. Ältere Tiere könnten
vermehrt gesundheitliche Probleme haben, was ein Grund für hohe Welpenverluste sein
könnte.
Die mit der Varianzkomponentenschätzung ermittelte Heritabilität von h2 = 0,15 im
Schwellenwertmodell für die Frequenz von Welpenverlusten zeigt, dass die Höhe der
Welpenverluste züchterisch beeinflussbar ist.
20
Tabelle 1
Durchschnittliche Gründergenanteile (in Prozent) innerhalb der Gesamtpopulation des Elo
Rasse Gesamt (n = 2037)
Rüden (n = 1061)
Hündinnen (n = 976)
Eurasier 48,41 48,31 48,51 Bobtail 22,74 22,69 22,79 Chow-Chow 9,56 9,50 9,62 Pekingese 5,07 5,24 4,88 Kleinspitz 5,07 5,24 4,88 Samojede 4,72 4,73 4,72 Japanspitz 3,75 3,66 3,85 Mittelspitz 0,50 0,50 0,50 Dalmatiner 0,19 0,12 0,26
Tabelle 2
Durchschnittliche Gründergenanteile (in Prozent) für die verschiedenen Geburtsjahrgänge des
Elo von 1987 bis 2002
Geburtsjahrgänge (n)
Rasse
1987 bis
1988
(25)
1989 bis
1990
(108)
1991 bis
1992
(116)
1993 bis
1994
(203)
1995 bis
1996
(297)
1997 bis
1998
(369)
1999 bis
2000
(439)
2001 bis
2002
(477)
Eurasier 44,00 48,73 49,14 50,41 52,48 50,76 45,93 45,56
Bobtail 41,00 33,10 24,89 23,09 24,16 22,84 20,53 19,83
Chow-Chow 15,00 9,84 8,41 9,82 9,49 9,59 9,50 9,45
Pekingese 0 2,78 7,33 5,79 4,21 3,65 5,79 6,01
Kleinspitz 0 2,78 7,33 5,79 4,21 3,66 5,79 6,01
Samojede 0 2,78 2,91 3,87 4,87 6,01 5,33 4,60
Mittelspitz 0 0 0 1,23 0,59 0,41 0,57 0,41
Japanspitz 0 0 0 0 0 2,98 6,20 8,01
Dalmatiner 0 0 0 0 0 0,10 0,36 0,14
21
Tabelle 3
Inzuchtkoeffizienten (F1, F2) und Vollständigkeitsindices (VI) der Pedigrees für die
Gesamtpopulation des Elo (oben) und deren Verteilung (unten; in Prozent)
Inzuchtkoeffizient Gesamt (n = 2037)
Rüden (n = 1061)
Hündinnen (n = 976)
F1 (%) 11,24 11,11 11,37 F2 (%) 19,47 19,28 19,68 VI 57,70 57,63 57,78
F1 = 0 6,77 6,60 6,97
0 < F1 ≤ 3 7,95 8,39 7,48
3 < F1 ≤ 6 6,04 5,94 6,15
6 < F1 ≤ 9 14,14 15,74 12,40
9 < F1 ≤ 12 17,08 17,62 16,50
12 < F1 ≤ 15 20,47 18,19 22,95
15 < F1 ≤ 18 13,16 12,54 13,83
18 < F1 ≤ 21 8,54 9,14 7,89
21 < F1 ≤ 24 3,34 3,68 2,97
24 < F1 ≤ 27 1,42 1,23 1,64
27 < F1 ≤ 30 0,49 0,47 0,51
F1 > 30 0,59 0,47 0,72
Maximum 31,84 31,84 31,84
22
Tabelle 4
Inzuchtraten (∆F1-∆F5) und effektive Populationsgröße (Ne) für die Gesamtpopulation des
Elo
Gesamt (n = 2037)
Rüden (n = 1061)
Hündinnen (n = 976)
∆ F1 (%) 2,25 2,22 2,28
∆ F2 (%) 3,89 3,86 3,94
∆ F3 (%) 2,51 2,21 2,63
∆ F4 (%) 2,89 2,57 2,96
∆ F5 (%) 0,33 0,33 0,34
Ne 149,61 152,54 147,75
Tabelle 5
Inzuchtraten (∆F1-∆F5) innerhalb der Geburtsjahrgänge 1991 bis 2002 des Elo
Geburtsjahrgänge (n)
Inzuchtraten 1991 bis
1992
(116)
1993 bis
1994
(203)
1995 bis
1996
(297)
1997 bis
1998
(369)
1999 bis
2000
(439)
2001 bis
2002
(477)
∆ F1 (%) 4,85 3,75 2,04 2,17 1,38 1,77
∆ F2 (%) 7,84 4,15 2,15 2,38 1,46 1,81
∆ F3 (%) 6,65 2,99 2,33 3,08 2,00 2,60
∆ F4 (%) 8,66 2,75 2,43 3,42 2,12 2,64
∆ F5 (%) 2,51 2,31 1,12 0,89 1,24 0,90
23
Tabelle 6
Verwandtschaftskoeffizienten (R) und Vollständigkeitsindices (VI) der Pedigrees innerhalb
der Gesamtpopulation des Elo (oben) sowie deren Verteilung (unten; in Prozent)
Verwandtschaftskoeffizient Gesamt (n = 2037)
Rüden (n = 1061)
Hündinnen (n = 976)
R (%) 19,43 19,25 19,63
VI (%) 57,45 57,33 57,59
R = 0 2,70 2,70 2,70
0 < R ≤ 10 21,09 21,70 20,47
10 < R ≤ 20 29,14 29,11 29,16
20 < R ≤ 30 28,86 28,69 29,01
30 < R ≤ 40 13,76 13,43 14,11
40 < R ≤ 50 3,36 3,30 3,44
50 < R ≤ 60 0,71 0,70 0,73
60 < R ≤ 70 0,34 0,33 0,35
70 < R 0,04 0,04 0,03
Maximum 82,13 82,13 81,84
24
Tabelle 7
Varianzanalysen für die Frequenz von Welpenverlusten
Einfache Varianzanalysen Multiple Varianzanalyse Variationsursache FG
χ² p χ² p
Inzuchtkoeffizient Welpe 4 26,84 <0,001 19,81 0,001 Inzuchtkoeffizient Vater 4 5,92 0,206 - -
Inzuchtkoeffizient Mutter 4 12,45 0,014 10,73 0,030
Alter des Vaters 4 12,77 0,013 16,32 0,003
Alter der Mutter 4 15,05 0,005 17,40 0,002
Wurfgröße 8 15,57 0,049 14,94 0,060
Geburtsjahr 8 18,02 0,021 - -
Genanteile vom: Eurasier 2 4,93 0,085 8,44 0,015
Bobtail 2 4,47 0,107 - -
Chow-Chow 2 7,26 0,027 3,83 0,147
Pekingese und Kleinspitz 2 4,10 0,129 - -
Samojede 2 1,69 0,429 - -
Japanspitz 2 1,10 0,577 - -
Mittelspitz 2 2,16 0,340 - - Dalmatiner 2 4,97 0,083 - - FG: Freiheitsgrade; p: Irrtumswahrscheinlichkeit.
25
Tabelle 8
Least Square-Mittelwerte ( x ) und 95 %-Vertrauensintervalle (95 %-KI) für die Frequenz von
Welpenverlusten
relative Häufigkeit (%) Effekt Faktorstufe Anzahl der Beobachtungen x 95%-KI
< 6 % 278 9,74a 5,94 – 15,07 < 11 % 284 14,14a 9,97 – 19,35 < 14 % 439 4,04b 2,31 – 6,70 < 17 % 427 8,72a 5,82 – 12,57
Inzuchtkoeffizient des Welpen
≥ 17 % 483 11,03a 8,13 – 14,60 0 % 206 13,19a 8,17 – 20,02 ≤ 8,5 % 375 4,98b 2,92 – 8,08 ≤ 12 % 390 10,87a 7,68 – 14,91 ≤ 16 % 488 9,14a 6,64 – 12,28
Inzuchtkoeffizient der Mutter
> 16 % 452 8,52ab 5,95 – 11,84 ≤ 1,5 462 7,00a 4,79 – 9,91 ≤ 2 360 14,79b 10,83 – 19,62 ≤ 2,5 319 10,48ab 7,13 – 14,84 ≤ 3,5 385 8,89a 6,02 – 12,67
Alter des Vaters bei Geburt der Nachkommen (in Jahren)
> 3,5 385 5,74ac 3,60 – 8,78 ≤ 1,5 267 14,68a 10,18 – 20,34 ≤ 2 356 5,80b 3,56 – 9,02 ≤ 2,5 357 6,03b 3,83 – 9,11 ≤ 3,5 486 9,38ab 6,73 – 12,74
Alter der Mutter bei Geburt der Nachkommen (in Jahren)
> 3,5 445 11,34a 8,23 – 15,19 ≤ 4 135 7,16a 3,70 – 12,69 5 130 6,32a 3,10 – 11,70 6 222 7,16a 4,16 – 11,58 7 315 8,47a 5,60 – 12,33 8 352 7,34a 4,61 – 11,16 9 279 9,43a 6,19 – 13,78 10 240 8,80a 5,55 – 13,30 11 110 9,98ab 5,40 – 16,91
Wurfgröße
≥ 12 128 20,34b 12,92 – 29,84 < 50 % 670 6,15a 4,30 – 8,58 ≥ 50 < 57 % 570 10,02ab 6,99 – 13,92
Genanteile vom Eurasier
≥ 57 % 671 11,55b 8,70 – 15,01 < 8 % 607 11,56a 8,29 – 15,65 ≥ 8 < 11 % 692 8,97a 6,53 – 12,03
Genanteile vom Chow-Chow
≥ 11 % 612 6,94a 4,83 – 9,69 a, b, c: unterschiedliche Buchstaben stehen für signifikante Unterschiede (p < 0,05).
26
0
2
4
6
8
10
12
14
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Geburtsjahr
Inzu
chtk
oeff
izie
nt
Abbildung 1
Durchschnittliche Inzuchtkoeffizienten (in Prozent) der Geburtsjahrgänge 1987 bis 2002
(n = 2034)
27
0
50
100
150
200
250
300
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Geburtsjahr
Popu
latio
nsgr
öße
NNe
Abbildung 2
Entwicklung der Populationsgröße (N) und der effektiven Populationsgröße (Ne) der
einzelnen Geburtsjahrgänge des Elo (n = 2034)
28
Abbildung 3
Durchschnittliche Verwandtschaftskoeffizienten (in Prozent) der Geburtsjahrgänge 1987 bis
2002 (n = 2034)
0
10
20
30
40
50
60
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Geburtsjahr
Ver
wan
dtsc
haft
skoe
ffiz
ient
29
0
10
20
30
40
50
60
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Anzahl der Welpen pro Wurf
Wur
fanz
ahl
Abbildung 4
Verteilung der im Zuchtbuch registrierten Welpenzahl pro Wurf (n = 2037)
30
0
50
100
150
200
250
300
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Geburtsjahr
Anz
ahl W
elpe
n
HündinnenRüden
Abbildung 5
Anzahl der im Zuchtbuch registrierten Welpen pro Jahr (n = 2034)
31
3.2 Analyse der Prävalenz von Distichiasis beim Elo
3.2.1 Einleitung
Bei der noch jungen Hunderasse Elo wurde die Augenerkrankung Distichiasis gehäuft
beobachtet. Hierunter versteht man das Vorkommen zusätzlicher Wimpern, Distichien, die
aus den Öffnungen der Meibomschen Drüsen in Richtung Bulbus wachsen (BEDFORD, 1980).
Distichiasis entsteht durch die unvollständige Differenzierung der Meibomschen Drüsen,
welche modifizierte Haarfollikel sind (SMITH, 1989). Distichiasis kommt bei Hunden recht
häufig vor und wird als erbliche Augenerkrankung angesehen (SMITH, 1989). Bei Bobtail,
Pekingese, Samojede und Dalmatiner, die Gründerrassen des Elo sind, wurde das Auftreten
von Distichiasis beschrieben (BARNETT, 1976; HALLIWELL, 1967; LAWSON, 1973).
In der vorliegenden Untersuchung sollte das Vorkommen der Distichiasis beim Elo untersucht
werden. Mittels Varianzanalysen waren die Effekte Geschlecht, Inzuchtkoeffizient,
Wurfgröße, Untersuchungsalter, Geburtsjahr, Anteil von untersuchten Tieren pro Wurf,
Anzahl der pro Tierarzt beim Elo durchgeführten Untersuchungen, Zwingergröße, Anteil von
untersuchten Tieren pro Zwinger und Genanteile der Gründerrassen auf ihren Einfluss auf das
Auftreten von Distichiasis zu untersuchen. Zur Quantifizierung erblicher Komponenten wurde
die Heritabilität für die Prävalenz der Distichiasis geschätzt.
3.2.2 Material und Methoden
Als Datenmaterial standen sämtliche Zuchtbuchunterlagen der Elo Zucht- und
Forschungsgemeinschaft e.V. vom Beginn der Zucht dieser Rasse 1987 bis Ende 2002 zur
Verfügung. Somit wurden alle Tiere dieser Neuzüchtung in den Pedigrees erfasst. Das
Datenmaterial umfasste Angaben zum Individuum (Zuchtbuchnummer, Tiername,
Zwingername, Wurfdatum, Geschlecht, Wurfgröße, Wurfnummer, Farbschlag) und Angaben
zur Abstammung (Pedigree bis zu 9 Generationen).
Weiterhin lagen sämtliche Augenuntersuchungsergebnisse seit der Einführung der
Untersuchungspflicht für Zuchttiere ab dem Jahr 1999 bis Mai 2003 vor. Diese wurden noch
ergänzt durch weitere Untersuchungen, wobei auch Elos untersucht wurden, die nicht in der
Zucht eingesetzt werden sollten. Die Augenuntersuchungen wurden, von zwei Ausnahmen
abgesehen, ausschließlich von Tierärzten des DOK durchgeführt und die Ergebnisse wurden
auf den Befundbögen vom VDH oder vom DOK (Anhang 8.1 und 8.2) dokumentiert.
32
Insgesamt lagen 252 Untersuchungsbögen von 234 Probanden (113 Rüden und 121
Hündinnen) vor. 18 Tiere wurden mehrfach untersucht. Da die meisten Tiere nur einmal
untersucht wurden, erfolgte eine Reduzierung der Ergebnisse der Mehrfachuntersuchungen
auf einen Befund pro Tier, indem bei Tieren, bei denen keine Distichiasis festgestellt wurde,
die letzte Untersuchung und bei Tieren mit Distichiasis die erste Untersuchung, bei der diese
Diagnose gestellt wurde, in die Auswertung einging.
Die verschiedenen Datenquellen wurden mit dem Programm OPTI-MATE Version 3.84
(WREDE und SCHMIDT, 2003) zu einem Datensatz zusammengefasst. Die Daten wurden auf
Konsistenz und Plausibilität geprüft und gegebenenfalls korrigiert.
Insgesamt wurden 2053 Tiere aus den Zuchtbuchunterlagen auf EDV erfasst, wovon 16
Hunde Gründertiere waren. Von den bis Ende 2002 im Zuchtbuch registrierten 2037 Elos
waren 976 Hündinnen (48 %) und 1061 Rüden (52 %). Diese Tiere wurden in 65
verschiedenen Zwingern gezüchtet und entstammten 322 Würfen. Da für vier Würfe nur
ungenaue Angaben zur Verfügung standen, gingen nur 318 Würfe in die Auswertung ein.
Weiterhin wurden nur im Zuchtbuch registrierte Welpen berücksichtigt, da Totgeburten und
kurz nach der Geburt eingegangene Welpen erst ab 1994 vollständig erfasst wurden. Die
Wurfgröße lag zwischen einem und dreizehn Welpen pro Wurf, bei einem Mittelwert von
6,39 ± 2,36.
Zur Bestimmung der Genanteile der Gründerrassen an der Gesamtpopulation war die
Rassezugehörigkeit der Gründertiere entscheidend. Den größten Anteil an der
Gesamtpopulation hatte der Eurasier mit ca. 48 %, gefolgt vom Bobtail mit ca. 23 %. An
dritter Stelle stand der Chow-Chow mit ca. 10 %. Der Einfluss der anderen Gründerrassen
war deutlich geringer und betrug für Kleinspitz, Pekingese und Samojede ca. 5 %, für den
Japanspitz ca. 4 %, und für Mittelspitz und Dalmatiner lagen die Genanteile unter 1 %.
Der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient für die Gesamtpopulation betrug 11,24 ± 6,50 %, bei
einem maximalen Inzuchtkoeffizienten von 31,84 %. Von den 2037 Tieren der
Gesamtpopulation waren lediglich 138 (6,8 %) frei von Inzucht (siehe Kapitel 3.1).
Die Abstammungsinformationen der 234 Probanden waren in der Eltern- und
Großelterngeneration vollständig vorhanden. In der Generation der Urgroßeltern lagen die
Abstammungsinformationen zu mindestens 79 % bis zu 100 % vor.
33
Die statistischen Auswertungen zur Prävalenz von Distichiasis wurden mit dem Statistical
Analysis System (SAS), Version 8.2 (SAS Institute, Cary, North Carolina, USA, 2003)
durchgeführt.
Mit einfachen und multiplen Varianzanalysen wurde die Bedeutung systematischer Einflüsse
auf das Auftreten von Distichiasis untersucht. Dabei wurden das Geschlecht, der
Inzuchtkoeffizient, die Wurfgröße, das Untersuchungsalter, das Geburtsjahr, der Anteil
untersuchter Tiere pro Wurf, die Anzahl der pro Tierarzt beim Elo durchgeführten
Untersuchungen, die Zwingergröße und die Genanteile von Eurasier, Bobtail und Chow-
Chow berücksichtigt.
Es konnten nur die Genanteile der am stärksten vertretenen Gründerrassen in der Analyse
verwendet werden, da die Genanteile der anderen Gründerrassen zu einem sehr geringen
Anteil bei den Probanden vertreten waren. Die Varianzanalysen wurden mit der Prozedur
GENMOD (Generalized Linear Model; SAS, Version 8.2) durchgeführt. Für die binomial
verteilte Auswertungsvariable wurde die Verteilungsfunktion BINOMIAL und die LINK-
Funktion PROBIT verwendet. Als signifikant galten Effekte, deren Irrtumswahrscheinlichkeit
kleiner als 5 % war (p < 0,05).
Um ein Modell zu bestimmen, welches die Verteilung des Merkmals mit möglichst wenigen
Parametern beschreibt, wurde ausgehend von einem Referenzmodell, mit allen aus den Daten
ermittelbaren Effekten, ein Modellvergleich mittels Likelihood-Ratio-Tests durchgeführt.
Dafür wurden die Differenzen der -2 log Likelihoods zwischen dem Referenzmodell und den
zu vergleichenden Modellen verwendet. Das nachfolgend dargestellte Modell erklärte die
Prävalenz der Distichiasis am besten und wurde deshalb für die multiple Varianzanalyse
verwendet (Differenz der -2 log Likelihoods zwischen dem Auswertungsmodell und dem
Referenzmodell, das alle oben genannten fixen Effekte einschloss: χ² = 0,78; p = 0,91). Für
die Varianzkomponentenschätzung wurden dieselben fixen Effekte berücksichtigt und
zusätzlich noch der zufällige additiv-genetische Effekt des Tieres (aq, q = 1 – 407) aus der
gesamten Verwandtschaftsmatrix in das Modell aufgenommen.
34
Modell der Varianzanalyse für die Prävalenz von Distichiasis mittels GENMOD (nur fixe
Effekte)
Yijklmnopq = µ + INZi + WGRj + U_ALTk + U_PWl + USm + ZW_GRn + GA_EURo +
GA_BOBp + eijklmnopq
mit
Yijklmnopq Merkmalsausprägung der Distichiasis beim ijklmnopq-ten Tier
µ Modellkonstante
INZi Inzuchtkoeffizient (i = 1-5)
WGRj Wurfgröße(j = 1-3)
U_ALTk Untersuchungsalter (k = 1-3)
U_PWl Anteil untersuchter Tiere pro Wurf (l = 1-3)
USm Untersucher (m = 1-2)
ZW_GRn Zwingergröße (n = 1-3)
GA_EURo Genanteile vom Eurasier (o = 1-3)
GA_BOBp Genanteile vom Bobtail (p = 1-3)
eijklmnopq zufälliger Restfehler
Aus den Lösungen für die Schätzwerte wurden Least Square-Mittelwerte berechnet. Die Least
Square-Mittelwerte geben die Wahrscheinlichkeit an, mit der Distichiasis in der jeweiligen
Faktorstufe der verschiedenen Effekte auftritt. Für die Schätzung der genetischen Parameter
mittels Residual Maximum Likelihood (REML) wurde das Programm VCE (Variance
Component Estimation), Version 4.2.5 (GROENEVELD, 1998), verwendet. Die Heritabilität
(h2) ergab sich aus: h2 = σ2a / (σ2a + σ2e), wobei σ2a = additiv genetische Varianz und σ2e =
residuale Varianz ist. Die linear geschätzte Heritabilität wurde anschließend in das
Schwellenwertmodell transformiert (DEMPSTER und LERNER, 1950).
3.2.3 Ergebnisse
Die Analyse der Befundbögen zeigte, dass 234 Tiere (11,40 %) der Gesamtpopulation einer
Augenuntersuchung unterzogen wurden. Diese Hunde stammten aus 135 Würfen und 41
Zwingern. Am häufigsten wurden 20 bis 40 % der Tiere aus einem Wurf untersucht. Die
35
Augenuntersuchungen wurden von insgesamt 24 Tierärzten durchgeführt. 14 Tierärzte waren
nur mit einer Untersuchung vertreten, 8 Tierärzte mit 2 bis 10 Untersuchungen. Die meisten
Untersuchungen erfolgten von zwei Tierärzten. Sie untersuchten 87 bzw. 100 Tiere.
Von den 234 untersuchten Tieren wiesen 65 (33 Rüden und 32 Hündinnen) eine Distichiasis
auf. Das entspricht 27,8 % der untersuchten Tiere (Tabelle 1). Das Alter der Probanden lag
zwischen 99 Tagen und 9,2 Jahren. Im Durchschnitt waren die Probanden bei der
Untersuchung 1,8 Jahre alt. Der jüngste Elo, bei dem Distichiasis festgestellt wurde, war 99
Tage alt. Die Anzahl der Distichien schwankte zwischen 1 und 31 bei einem Mittelwert von
4,86 ± 5,66. Insgesamt wurden am Oberlid fast doppelt so viele Distichien gefunden wie am
Unterlid, wobei das rechte und das linke Auge gleich stark betroffen waren.
Die Untersuchung der Prävalenz von Distichiasis mit einer multiplen Varianzanalyse ergab
einen signifikanten Einfluss für die Wurfgröße, die Anzahl der pro Tierarzt beim Elo
durchgeführten Untersuchungen und die Genanteile vom Eurasier. Die Effekte
Inzuchtkoeffizient und Genanteile vom Bobtail überschritten die Signifikanzgrenze von p =
0,05 nur knapp. Die anderen untersuchten Einflussfaktoren Geschlecht, Untersuchungsalter,
Geburtsjahr, Anteil der untersuchten Tiere pro Wurf, Zwingergröße, Anteil der untersuchten
Tiere pro Zwinger und Genanteile vom Chow-Chow waren nicht signifikant (Tabelle 2). Die
mit der multiplen Varianzanalyse berechneten Least Square-Mittelwerte für die verschiedenen
Ausprägungen der im Modell enthaltenen Effekte sind in Tabelle 3 dargestellt. Die höchste
Erkrankungswahrscheinlichkeit hatten Tiere mit einem Inzuchtkoeffizienten zwischen 14 und
17 %. Tiere aus kleinen Würfen mit bis zu 6 Welpen waren signifikant häufiger von
Distichiasis betroffen als Tiere aus größeren Würfen. Die Anzahl der untersuchten Welpen
pro Wurf zeigte für Hunde aus Würfen, die zu mehr als 40 % untersucht waren, die geringste
Erkrankungshäufigkeit. Die Tierärzte, die mehr als 10 Untersuchungen durchführten, stellten
signifikant häufiger die Diagnose Distichiasis als die Untersucher, die weniger als 10
Untersuchungen vornahmen. Tiere mit einem niedrigen Genanteil vom Bobtail, hatten eine
signifikant geringere Prävalenz für Distichiasis als Tiere mit höheren Genanteilen des
Bobtails, während Hunde mit einem hohen Genanteil vom Eurasier eine signifikant geringere
Prävalenz aufwiesen.
Für das Untersuchungsalter und die Zwingergröße war kein signifikanter Unterschied in der
Prävalenz von Distichiasis festzustellen.
36
Die Schätzung der Heritabilität in einem linearen Tiermodell ergab für die Distichiasis einen
Wert von h2 = 0,238 ± 0,122 bzw. nach Transformation in das Schwellenwertmodell von h2 =
0,425.
3.2.4 Diskussion
Bei der Untersuchung der Probanden fiel besonders die hohe Prävalenz der Distichiasis beim
Elo auf. Sie lag mit 27,78 % deutlich höher als bei Untersuchungen anderer Rassen. Für den
Tibet Terrier wurde von KETTERITZSCH et al. (2003) eine Prävalenz von 11,43 % und beim
Bobtail wurde eine Prävalenz von 1,52 % (ACVO, 1999) festgestellt. Lediglich bei den
beiden Cocker Spaniel-Rassen wurden höhere Prävalenzen gefunden. Sie lagen für den
Amerikanischen Cocker Spaniel bei 74 % (WILLIAMS et al., 1979) und für den Englischen
Cocker Spaniel bei 37 % (LEHMANN et al., 2000). Das Geschlecht hatte, wie auch von
HALLIWELL (1967), KETTERITZSCH et al. (2003), LAWSON (1973) und WILLIAMS et al. (1979)
festgestellt, keinen signifikanten Einfluss auf das Auftreten von Distichiasis. Die Feststellung
von BEDFORD (1973), HALLIWELL (1967) und WILLIAMS et al. (1979), dass Distichien am
Oberlid häufiger vorkommen als am Unterlid, konnte mit dieser Untersuchung ebenfalls
untermauert werden. Weiterhin konnte, wie von BEDFORD (1999) schon festgestellt, gezeigt
werden, dass Distichiasis bereits im Welpenalter erkennbar ist. Die Anzahl der pro Tierarzt
durchgeführten Untersuchungen spielte bei der Diagnose der Distichiasis eine große Rolle,
denn die Tierärzte, die sehr viele Elos untersucht hatten, stellten die Diagnose Distichiasis
signifikant häufiger als die Tierärzte mit nur wenigen Untersuchungen bei dieser Rasse.
Das Ergebnis der Varianzkomponentenschätzung, bei der nach Transformation in das
Schwellenwertmodell eine Heritabilität von 0,43 geschätzt werden konnte, legt den Schluss
nahe, dass es sich bei der Distichiasis beim Elo um eine vererbbare Augenerkrankung handelt.
Die bei den Elos gefundene Heritabilität war deutlich höher als bei den Tibet Terriern, wo
eine Heritabilität von 0,043 ± 0,028 und nach Transformation in das Schwellenwertmodell
von 0,117 geschätzt werden konnte (KETTERITZSCH et al., 2003). Allerdings dürfte in der hier
vorliegenden Analyse die noch fehlende gleichmäßige Durchmischung aller untersuchten
Tiere mit den Genanteilen der Ausgangsrassen entsprechend ihren verwendeten Proportionen
zu dem hohen Schätzwert beigetragen haben.
37
Einen wesentlichen Anteil an der Verbreitung der Distichiasis hatten die Bobtails. In der
Zucht wurden insgesamt drei Hunde der Rasse Bobtail eingesetzt (eine Hündin und ihr Sohn
und ein weiterer unverwandter Rüde). Eine Mischlingshündin (Mutter: Bobtail-Chow-Chow-
Mischling; Vater: Eurasier) brachte ebenfalls Genanteile vom Bobtail in die Population ein.
Diese Hunde hatten einen unterschiedlich starken Einfluss auf die Gesamtpopulation. Auch in
der Gruppe der von Distichiasis betroffenen Tiere waren diese Hunde unterschiedlich stark
repräsentiert. Die Bobtailhündin hatte den größten Einfluss. Im Durchschnitt hatten die von
Distichiasis betroffenen Tiere 17,22 % ihrer Genanteile von dieser Hündin und es gab kein
Tier mit Distichiasis ohne ihre Genanteile. Die anderen Bobtails waren nur zu
durchschnittlich 2,68; 1,58 und 0,19 % in der Gruppe der Hunde mit Distichiasis vertreten. Es
dürfte also anzunehmen sein, dass die Bobtail-Zuchthündin maßgeblich zum Auftreten von
Distichiasis beim Elo beigetragen hat.
38
Tabelle 1
Übersicht über die Anzahl der untersuchten und der von Distichiasis betroffenen Hunde der
Rasse Elo und deren Prävalenz von Distichiasis nach Geschlecht, Geburtsjahr und
Untersuchungsalter
Anzahl Hunde mit
Untersuchungen Distichiasis
Prävalenz (%)
Tiere gesamt 234 65 27,78 Rüden 113 33 29,20 Hündinnen 121 32 26,45
Tiere pro Geburtsjahr
≤ 1999 73 25 34,25
2000 61 11 18,03 2001 56 17 38,64 2002 44 12 27,27
Untersuchungsalter in Jahren
≤ 1 83 27 32,53
≤ 2 96 21 21,88
> 2 55 17 30,91
39
Tabelle 2
Varianzanalyse für die Frequenz von Distichiasis
Einfache Varianzanalysen Multiple Varianzanalyse Variationsursache FG
χ² p χ² p
Geschlecht 1 0,22 0,638 - -
Inzuchtkoeffizient 4 7,51 0,111 9,32 0,054
Wurfgröße 2 3,74 0,154 6,83 0,033
Untersuchungsalter 2 2,92 0,232 2,47 0,290
Geburtsjahr 3 4,80 0,187 - -
untersuchte Tiere pro Wurf 2 0,62 0,732 4,71 0,095
Untersucher 1 7,45 0,006 9,81 0,002
Zwingergröße 2 0,38 0,826 3,37 0,186
untersuchte Tiere pro Zwinger 2 2,52 0,283 - -
Genanteile vom:
Eurasier 2 1,29 0,523 6,42 0,040 Bobtail 2 2,41 0,299 5,71 0,057 Chow-Chow 2 1,31 0,520 - -
FG: Freiheitsgrade; p: Irrtumswahrscheinlichkeit.
40
Tabelle 3
Least Square-Mittelwerte ( x ) und 95 %-Vertrauensintervall (95 %-KI) der fixen Effekte der
multiplen Varianzanalyse für die Prävalenz von Distichiasis beim Elo
relative Häufigkeit (%) Effekt Faktorstufe Anzahl der Beobachtungen x 95 %-KI
< 6 % 34 13,53abc 3,68 – 33,95 < 11 % 30 27,08a 11,37 – 49,46 < 14 % 67 9,36c 3,55 – 20,28 < 17 % 49 28,95ab 15,83 – 45,68
Inzuchtkoeffizient
≥ 17 % 54 14,51abc 6,37 – 27,74
≤ 6 84 27,78a 16,33 – 42,14
≤ 8 79 10,29b 3,96 – 21,92
Wurfgröße
> 8 71 17,58ab 8,85 – 30,40
≤ 1 83 17,39a 8,49 – 30,67
≤ 2 96 12,85a 6,36 – 22,91
Untersuchungsalter (Jahre)
> 2 55 23,76a 12,07 – 39,89
≤ 20 % 65 15,59ab 7,17 – 28,79
≤ 40 % 102 26,14a 15,86 – 39,07
Anteil untersuchter Tiere pro Wurf
> 40 % 67 12,80b 5,30 – 25,63
≤ 10 47 8,79a 2,83 – 21,16 Untersucher
> 10 187 30,72b 23,24 – 39,11
≤ 25 77 12,64a 5,61 – 24,24
≤ 100 62 26,27a 13,68 – 43,02
Zwingergröße
> 100 95 15,69a 7,76 – 27,67
< 50 % 98 28,45a 13,48 – 48,60
≥ 50 < 57 % 81 22,00a 11,62 – 36,31 Genanteile vom Eurasier
≥ 57 % 55 7,43b 2,19 – 19,15
< 20 % 92 6,58a 1,87 – 17,51
≥ 20 < 26 % 87 26,66b 14,28 – 42,93 Genanteile vom Bobtail
≥ 26 % 55 25,62b 12,34 – 43,97 a, b, c: unterschiedliche Buchstaben stehen für signifikante Unterschiede (p < 0,05).
41
3.3 Untersuchung zur Vererbung von Distichiasis beim Elo mit komplexen
Segregationsanalysen
3.3.1 Einleitung
Die Distichiasis stellt eine beim Elo, einer auf 16 Hunde 9 verschiedener Rassen (Eurasier,
Bobtail, Chow-Chow, Pekingese, Kleinspitz, Samojede, Mittelspitz, Japanspitz, Dalmatiner)
zurückzuführende Hunderasse, häufige Augenerkrankung dar.
In einer vorangegangenen Untersuchung der Augenuntersuchungsbefunde von 234 Elos
konnte eine Prävalenz von 27,8 % ermittelt werden (siehe Kapitel 3.2). Es ergaben sich auch
Anhaltspunkte für eine erbliche Genese der Distichiasis. Beim Hund konnte bislang kein
Erbgang für diese Augenerkrankung bestimmt werden. Vermutet wird ein monogen,
autosomal dominanter Erbgang (BARNETT, 1976; HALLIWELL, 1967; WHITLEY et al., 1995).
In einer Untersuchung von KETTERITZSCH (2002) konnte allerdings keine Differenzierung der
Erbgänge für die Distichiasis beim Tibet Terrier erfolgen.
Mit der vorliegenden Untersuchung soll mit Hilfe von komplexen Segregationsanalysen
versucht werden, den Erbgang für die Distichiasis beim Elo zu ermitteln.
3.3.2 Material und Methoden
3.3.2.1 Material
Die Zucht des Elo wird durch die Elo Zucht- und Forschungsgemeinschaft e.V. (EZFG)
betreut, die auch das Datenmaterial für diese Untersuchung zur Verfügung stellte. Die Daten
umfassten Angaben zum Tier (Zuchtbuchnummer, Tiername, Zwingername, Wurfdatum,
Geschlecht, Wurfgröße, Wurfnummer, Farbschlag) und Angaben zur Abstammung (Pedigree
bis zu 9 Generationen).
Im Zuchtbuch, das vom Beginn der Zucht 1987 bis Ende 2002 lückenlos vorlag, waren 2053
Tiere erfasst, wovon 16 Gründertiere waren. In diesem Zeitraum wurden 322 Würfe
registriert. Die mittlere Wurfgröße betrug 6,39 ± 2,36 Welpen pro Wurf. Zu Beginn dieser
Arbeit wurden die Genanteile der Gründerrassen an der Gesamtpopulation untersucht. Dazu
war die Rassezugehörigkeit der Gründerrassen entscheidend. Die Genanteile beschreiben den
Anteil, den die Ursprungsrassen am jeweiligen Tier haben. Auf die Gesamtpopulation
berechnet ergab sich folgende Verteilung: Den größten Anteil an der Gesamtpopulation hatte
mit ca. 48 % der Eurasier, der Bobtail lag mit ca. 23 % an zweiter Stelle und der Chow-Chow
42
brachte einen Genanteil von ca. 10 % in die Gesamtpopulation ein. Die anderen
Gründerrassen hatten einen deutlich geringeren Einfluss. Einen Anteil von ca. 5 % hatten die
Gründerrassen Kleinspitz, Pekingese und Samojede, der Japanspitz war mit ca. 4 % vertreten
und für Mittelspitz und Dalmatiner lagen die Genanteile unter 1 % (siehe Kapitel 3.1).
Weiterhin wurden von der EZFG sämtliche Ergebnisse der Augenuntersuchungen seit
Einführung der Untersuchungspflicht für Zuchttiere bis Mai 2003 in Form der Befundbögen
vom VDH bzw. DOK zur Verfügung gestellt. Diese wurden noch durch weitere
Untersuchungen durch DOK-Tierärzte ergänzt, wobei auch Elos untersucht wurden, die nicht
in der Zucht eingesetzt werden sollten. Die Daten wurden auf EDV erfasst, kontrolliert und
ggf. korrigiert. Insgesamt lagen 252 Untersuchungsbögen von 234 Tieren vor. Da die meisten
Tiere nur einmal, vor dem ersten Zuchteinsatz, untersucht wurden, erfolgte eine Reduzierung
der Daten auf eine Untersuchung pro Tier, indem bei Tieren, bei denen keine Distichiasis
festgestellt wurde, die letzte Untersuchung und bei Tieren mit Distichiasis die erste positive
Untersuchung in die Auswertung einging. Unter den 234 untersuchten Tieren befanden sich
65 Tiere (33 Rüden und 32 Hündinnen) mit Distichiasis. Damit waren 27,8 % der
untersuchten Tiere betroffen (siehe Kapitel 3.2). Die 234 Probanden stammten aus 135
Würfen und 41 Zwingern. Die Anzahl der Tiere, die pro Wurf untersucht wurden, variierte
zwischen einem und acht Hunden und lag im Durchschnitt bei 1,73 ± 1,17. Die
Untersuchungen führten, von zwei Ausnahmen abgesehen, ausschließlich Tierärzte des DOK
(Dortmunder Kreis – Gesellschaft zur Diagnostik genetisch bedingter Augenerkrankungen)
durch. Insgesamt waren 24 Tierärzte an der Untersuchung der Elos beteiligt. Die weitaus
meisten Untersuchungen wurden von zwei DOK-Tierärzten durchgeführt. Sie untersuchten 87
bzw. 100 Tiere. 14 Tierärzte haben nur eine Untersuchung durchgeführt und 8 Tierärzte
waren mit 2 bis 10 Untersuchungen vertreten.
3.3.2.2 Methoden
Die komplexen Segregationsanalysen erfolgten mit der Prozedur REGD des Programmes
S.A.G.E. (Statistical Analysis for Genetic Epidemiology), Version 3.0 (Case Western Reserve
University, 1997).
Für die Segregationsanalysen wurden die ophthalmologisch untersuchten Hunde in Familien
zusammengestellt und Pedigrees in tannenbaumähnlicher Struktur aufgebaut. Dazu wurden
die Gründertiere aus dem gesamten Datenmaterial ermittelt. Von diesen Gründertieren
43
ausgehend wurden dann die Pedigrees für die einzelnen Familien aufgebaut. Für die
Auswertung war es notwendig, dass die Pedigrees eine Tannenbaumstruktur aufwiesen. Eine
X-förmige Pedigreestruktur kann mit dem Programm S.A.G.E. nicht ausgewertet werden. Es
wurde daher versucht, möglichst viele ophthalmologisch untersuchte Tiere in möglichst
großen Pedigrees zusammenzufassen. Um die X-Struktur der Pedigrees zu vermeiden, war es
nötig, sehr große Familien mit seitlichen Verzweigungen, in kleinere Familien zu teilen.
Weiterhin war es notwendig, Inzucht-Schleifen innerhalb der Pedigrees zu schneiden, da eine
Auswertung von ingezüchteten Tieren nicht oder nur approximativ möglich ist. Um die
Inzucht-Schleifen aufzuschneiden, mussten acht Tiere dupliziert werden. Im Datenmaterial
für die Segregationsanalyse befanden sich 296 Tiere mit 218 untersuchten und 65 betroffenen
Tieren. Durch die notwendige Duplizierung der Tiere war die Gesamtzahl der in den
Pedigrees enthaltenen Tiere höher und betrug insgesamt 332 Tiere mit 243 untersuchten und
79 betroffenen Tieren, die sich auf sieben Familien unterschiedlicher Größe verteilten, wobei
mindestens ein Tier pro Familie von Distichiasis betroffen sein musste (Tabelle 1).
Beispielhaft wurden die Pedigrees der Familien 3, 4 und 5 dargestellt (Abbildung 1).
Für das Auftreten von Distichiasis als binäres Merkmal (0: kein Befund für Distichiasis, 1:
Distichiasis an einem oder beiden Augen) wurden mit Hilfe regressiver Logit-Modelle
folgende Hypothesen (H0) für die Erbgänge getestet:
H0: Nur eine zufallsbedingte Umweltstreuung und keine genetischen Effekte (µ-Modell)
H0: Monogen-autosomales Modell (mit zwei Allelen im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht) mit
- dominanter
- rezessiver
- willkürlicher Genwirkung
H0: Polygenes Modell modelliert über eine Vater-, Mutter- und Paarungspartnerregression
H0: Gemischtes Modell (polygene Komponente und ein unabhängiger Hauptgenort mit zwei
Allelen im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht) mit
- dominanter
- rezessiver
- willkürlicher Hauptgenwirkung
Diese Hypothesen wurden auch mit den Kovariablen Anzahl der pro Tierarzt beim Elo
durchgeführten Untersuchungen und Genanteile vom Eurasier und Bobtail getestet.
44
Da die Hunde für die vorliegende Untersuchung zufällig ausgewählt wurden und nicht
bewusst Familien, war keine Korrektur auf die Art der Erhebung (ascertainment correction)
notwendig.
Der Test der einzelnen Hypothesen erfolgte mittels Likelihood-Ratio-Tests (LRT) gegenüber
einem Referenzmodell, das alle Schätzparameter ohne Restriktionen enthielt und somit die
beste Anpassung an die beobachteten Merkmalsausprägungen für Distichiasis lieferte. Die
Teststatistik des LRT basiert auf dem Vergleich der mit -2 multiplizierten log Likelihoods (-2
ln) für die maximierte Wahrscheinlichkeitsfunktion des jeweiligen Modelles. Die Differenz
der -2 ln folgt asymptotisch einer χ2-Verteilung, so dass Irrtumswahrscheinlichkeiten (p) an
Hand dieser Verteilung in Abhängigkeit der Differenz der Freiheitsgrade (FG) ermittelt
werden konnten. Liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit für einen Modellvergleich unter dem
Grenzwert von p = 0,05, bedeutet dies, dass das Modell mit dem größeren Maximum der
Likelihoodfunktion signifikant mehr Varianz erklärt. Das Modell mit dem kleineren Wert des
Maximum der Likelihoodfunktion ist für die Datenanalyse nicht geeignet und deshalb
abzulehnen. Zusätzlich wurde das Informationskriterium nach Akaike (AIC) zur Beurteilung
der Güte eines Modelles herangezogen. Das AIC berücksichtigt zusätzlich die Anzahl der
geschätzten Parameter und bevorzugt somit das Modell, das die beste Anpassung der Daten
an das Modell mit der geringsten Anzahl unabhängiger Parameter ermöglicht. Es kann jedoch
nicht zur Annahme oder zum Ausschluss eines Modelles verwendet werden. Der AIC-Wert
wird nach folgender Gleichung berechnet:
AIC = -2 ln (maximum likelihood) + 2 (Anzahl unabhängig geschätzter Parameter)
In varianzanalytischen Untersuchungen konnte für die Effekte Genanteile vom Eurasier und
Bobtail und Anzahl der pro Tierarzt beim Elo durchgeführten Untersuchungen ein
signifikanter Einfluss auf das Auftreten von Distichiasis festgestellt werden (siehe Kapitel
3.2). Aus diesem Grund wurden diese Effekte auch in den komplexen Segregationsanalysen
als Kovariable berücksichtigt.
45
3.3.3 Ergebnisse
Die Ergebnisse der Segregationsanalysen sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Die Hypothese,
dass das Auftreten der Distichiasis nur durch eine umweltbedingte Zufallsstreuung bedingt
war, konnte ausgeschlossen werden. Ebenso unterschieden sich die Modelle für einen
monogenen Erbgang mit dominanter, rezessiver bzw. willkürlicher Genwirkung signifikant
vom allgemeinen Modell und konnten somit als Erbgangshypothesen ebenfalls
ausgeschlossen werden.
Als mögliche Erbgangshypothesen kamen die Modelle für die gemischt-monogen-polygenen
Erbgänge und für den polygenen Erbgang in Frage, da sie nicht signifikant unterschiedlich
zum saturierten Modell (p>0,05) waren. Den kleinsten AIC-Wert hatte das polygene Modell
und erklärte damit die Daten mit weniger Parametern besser als die gemischt-monogen-
polygenen Modelle.
Ein Test des gemischten Modelles mit willkürlichem Hauptgeneffekt gegen das polygene
Modell und gegen die gemischten Modelle mit rezessivem und dominantem Hauptgeneffekt
ermöglichten keine Abgrenzung dieser Erbgangshypothesen gegeneinander (Tabelle 4).
In einem weiteren Modellansatz wurde für das gemischte Modell mit willkürlichem
Hauptgeneffekt getestet, ob die Übertragungswahrscheinlichkeit τAB = 0,5 ist. Für τAB wurde
ein Wert von 0,76 ermittelt. Dieses Modell zeigte keine signifikante Abweichung vom
saturierten Modell (p>0,05) und wich ebenfalls nicht signifikant vom gemischten Modell mit
willkürlicher Genwirkung ab (p=0,33).
Die Ergebnisse der Segregationsanalysen veränderten sich durch die Berücksichtigung der
Kovariablen Anzahl der pro Tierarzt beim Elo durchgeführten Untersuchungen und
Genanteile vom Eurasier und Bobtail nicht (Tabelle 3).
3.3.4 Diskussion
In der vorliegenden Arbeit wurde mit Hilfe von komplexen Segregationsanalysen die Art des
Erbganges für das Auftreten von Distichiasis beim Elo untersucht. Es wurden monogene,
gemischt-monogen-polygene und polygene Erbgänge sowie Modelle mit nur
umweltbedingten Faktoren gegen ein saturiertes Modell getestet.
Bei dieser bei bestimmten Hunderassen häufig vorkommenden Augenerkrankung wurden
bisher Heritabilitäten beim Tibet Terrier geschätzt (KETTERITZSCH et al., 2003) und für
weitere Rassen wurde von einer Erblichkeit ausgegangen, ein Erbgang konnte bisher jedoch
46
nicht bestimmt werden. Vermutet wurde eine monogen, autosomal dominante Vererbung der
Distichiasis (BARNETT, 1976; HALLIWELL, 1967; WHITLEY et al., 1995). Die Resultate der
Segregationsanalysen zeigten sehr deutlich die Beteiligung einer genetischen Komponente am
Auftreten der Distichiasis beim Elo und stehen damit in Übereinstimmung mit den früheren
Vermutungen einer Erblichkeit der Distichiasis.
Im Gegensatz zu BARNETT (1976), HALLIWELL (1967) und WHITLEY et al. (1995) konnten
monogene Erbgänge ausgeschlossen werden. Als Vererbungsmodi kommen ein polygener
Erbgang oder ein gemischt-monogen-polygener Erbgang mit willkürlichem Hauptgeneffekt
beim Elo in Frage. Da sich die gemischten Modelle nicht signifikant vom polygenen und
saturierten Modell unterschieden, können Hauptgeneffekte nicht vollkommen ausgeschlossen
werden. Zur weiteren Abklärung sind sicherlich noch umfangreichere Erhebungen an
größerem Material notwendig. Die weitere Berücksichtigung von Kovariablen zur möglichen
Unterscheidung der Präzision der ophthalmologischen Diagnose und Einbeziehung der
inhomogenen Rassenzusammensetzung brachte keine weitere Differenzierung der
Erbgangshypothesen. Daher konnte die noch nicht bestehende Rassehomogenität bei dieser
noch jungen Rasse als möglicher Grund für die fehlende Differenzierung zwischen den
polygenen und gemischt-monogen-polygenen Erbgängen ausgeschlossen werden.
Die bisherigen Analysen legen somit nahe, dass mit der Heritabilität die genetische
Komponente für Distichiasis beim Elo ausreichend genau beschrieben werden kann. Eine
Selektion könnte sich somit auf Zuchtwerte stützen, die mit einem Tiermodell zur
Berücksichtigung der statistisch bedeutsamen nicht genetischen Effekte geschätzt werden,
und zur Reduzierung der Prävalenz von Distichiasis eingesetzt werden. Allerdings muss bei
Rassen mit derart kleinem Umfang von Zuchttieren unbedingt die Entwicklung der
Verwandtschafts- und Inzuchtkoeffizienten bei jeder Selektionsentscheidung beachtet werden.
47
Tabelle 1
Übersicht über die Struktur der analysierten Pedigrees für das Auftreten von Distichiasis
Pedigree Anzahl der Tiere im Pedigree insgesamt
Anzahl der betroffenen Tiere
Anzahl der untersuchten Tiere im
Pedigree
1 126 32 89 2 95 23 78 3 46 8 35 4 24 6 15 5 26 5 18 6 9 3 5 7 6 2 3
gesamt 332 79 243
48
Tabelle 2
Segregationsanalyse mit regressiven Logit-Modellen für die Prävalenz von Distichiasis
Getestete Hypothese FG -2 ln AIC χ² p
Allgemeines Modell 12 286,75 310,75 - -
µ-Modell 1 306,50 308,50 19,75 0,049
Monogene Modelle - dominant 3 305,47 311,47 18,73 0,028 - rezessiv 3 304,59 310,59 17,84 0,037 - willkürlich 4 305,39 313,39 18,64 0,017
Polygenes Modell 5 289,97 299,97 3,23 0,863
Gemischte Modelle - dominant 7 288,49 302,49 1,74 0,884 - rezessiv 7 289,95 303,95 3,20 0,669 - willkürlich 8 287,50 303,50 0,76 0,944
FG = Anzahl unabhängig geschätzter Parameter; -2 ln = -2 log Likelihood; AIC = Akaikes Informationskriterium; χ² = Differenz von -2 ln der verglichenen Modelle; p = Irrtumswahrscheinlichkeit.
49
Tabelle 3
Segregationsanalyse mit regressiven Logit-Modellen für die Prävalenz von Distichiasis unter
Berücksichtigung der Kovariablen (Kov.) Anzahl der pro Tierarzt beim Elo durchgeführten
Untersuchungen und Genanteile vom Eurasier und Bobtail
Getestete Hypothese FG -2 ln AIC χ² p
Allgemeines Modell mit Kov. 15 273,39 303,39 - -
µ-Modell mit Kov. 4 297,01 305,01 23,63 0,014
Monogene Modelle mit Kov. - dominant 6 295,98 307,98 22,60 0,007 - rezessiv 6 291,87 303,87 18,49 0,030 - willkürlich 7 291,16 305,16 17,78 0,023
Polygenes Modell mit Kov. 8 278,55 294,55 5,16 0,640
Gemischte Modelle mit Kov. - dominant 10 278,47 298,47 5,08 0,406 - rezessiv 10 278,51 298,51 5,12 0,401 - willkürlich 11 278,16 300,16 4,78 0,311
FG = Anzahl unabhängig geschätzter Parameter; -2 ln = -2 log Likelihood; AIC = Akaikes Informationskriterium; χ² = Differenz von -2 ln der verglichenen Modelle; p = Irrtumswahrscheinlichkeit.
50
Tabelle 4
Vergleich zwischen dem gemischten Modell mit willkürlichem Hauptgeneffekt und den
Hypothesen für ein polygenes Modell und gemischte Modelle mit rezessivem bzw.
dominantem Hauptgeneffekt
Getestete Hypothese FG -2 ln AIC χ² p
Gemischte Modelle - willkürlicher Hauptgeneffekt 8 287,50 303,50 - - - dominanter Hauptgeneffekt 7 288,49 302,49 0,98 0,321 - rezessiver Hauptgeneffekt 7 289,95 303,95 2,45 0,118
Polygenes Modell 5 289,97 299,97 2,47 0,481 FG = Anzahl unabhängig geschätzter Parameter; -2 ln = -2 log Likelihood; AIC = Akaikes Informationskriterium; χ² = Differenz von -2 ln der verglichenen Modelle; p = Irrtumswahrscheinlichkeit.
51
Familie 3
Familie 4
Familie 5
= weibliches nicht betroffenes Tier
= männliches nicht betroffenes Tier
= weibliches betroffenes Tier
= männliches betroffenes Tier
= weibliches Tier mit unbekanntem Status
= männliches Tier mit unbekanntem Status
Abbildung 1
Pedigrees der Familien 3, 4 und 5 mit von Distichiasis betroffenen Tieren
52
4 Schlussfolgerungen
In dieser Arbeit wurde die Entwicklung der Hunderasse Elo sowie das Auftreten und die
Vererbung der Augenerkrankung Distichiasis untersucht.
Diese junge Hunderasse geht auf 16 Hunde 9 verschiedener Rassen zurück. Durch die
Verpaarung eng verwandter Tiere kam es zu einem starken Anstieg des Inzuchtkoeffizienten.
Um den Inzuchtkoeffizienten der Elo-Population dauerhaft zu senken, ist es notwendig,
unverwandte Tiere der Ausgangsrassen in der Zucht einzusetzen. In Zukunft sollten bei der
Auswahl der Paarungspartner auch deren Verwandtschaftskoeffizienten beachtet werden, um
einen weiteren Inzuchtzuwachs zu vermeiden.
Die Auswertung der Augenuntersuchungsbefunde zeigte, dass bei dieser Hunderasse die
Distichiasis häufig auftritt. Es konnte eine genetische Komponente für das Auftreten von
Distichiasis nachgewiesen werden. Als mögliche Erbgangshypothesen kommen ein polygener
Erbgang oder ein gemischt-monogen-polygener Erbgang mit willkürlichem Hauptgeneffekt in
Frage. Zur weiteren Abklärung sind noch umfangreichere Erhebungen notwendig. Die
durchgeführten Analysen legen nahe, dass mit der Heritabilität die genetische Komponente
für Distichiasis beim Elo ausreichend genau beschrieben werden kann. Eine Selektion könnte
sich somit auf Zuchtwerte, die mit einem Tiermodell zur Berücksichtigung der statistisch
bedeutsamen nicht genetischen Effekte geschätzt werden, stützen und zur Reduzierung der
Prävalenz von Distichiasis eingesetzt werden. Allerdings muss bei Rassen mit derart kleinem
Umfang von Zuchttieren unbedingt die Entwicklung der Verwandtschafts- und
Inzuchtkoeffizienten bei jeder Selektionsentscheidung beachtet werden. Sollen weitere Hunde
der Ausgangsrassen in die Zucht aufgenommen werden, ist eine gründliche Untersuchung
dieser Tiere auf erbliche Erkrankungen anzuraten.
53
5 Zusammenfassung
Judith Kaufhold (2004)
Populationsgenetische Untersuchungen zur Entwicklung der Hunderasse Elo sowie
zum Auftreten und zur Vererbung von Distichiasis
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Analyse der Populationsstruktur der Hunderasse Elo
hinsichtlich der Genanteile der Gründerrassen, der Inzucht- und Verwandtschaftsverhältnisse
und der Höhe der Welpenverluste. Weiterhin wurde die Prävalenz der Distichiasis untersucht
und der Erbgang dieser Augenerkrankung mit Hilfe von komplexen Segregationsanalysen
analysiert. Für die Untersuchung standen sämtliche Zuchtbuchunterlagen der Elo Zucht- und
Forschungsgemeinschaft e.V. seit Beginn der Zucht des Elo bis Ende 2002 sowie
Augenuntersuchungsbefunde von 234 Elos zur Verfügung. Im Jahr 1987 wurde mit der Zucht
dieser Hunderasse auf der Basis von 16 Gründertieren aus 9 verschiedenen Rassen begonnen.
Die Elos ließen sich zu 48 % auf den Eurasier zurückführen, 23 % der Genanteile brachte der
Bobtail in die Population ein, und mit 10 % stand der Chow-Chow an dritter Stelle. Die
anderen Gründerrassen, nämlich Samojede, Dalmatiner, Pekingese und Klein-, Mittel- und
Japanspitz, kamen zu einem deutlich geringeren Prozentsatz vor. Der durchschnittliche
Inzuchtkoeffizient der Gesamtpopulation betrug 11,24 % bei einem Maximum von 31,84 %.
Der mittlere Verwandtschaftskoeffizient erreichte einen Wert von 19,43 % bei einem
Maximalwert von 82,13 %. Bis auf 2,7 % der Tiere waren alle Verwandtschaftskoeffizienten
größer als Null. Die mittlere Wurfgröße lag bei 6,39 Welpen pro Wurf, und die Höhe der
Welpenverluste betrug 9,47 %. Ein signifikanter Einfluss auf die Welpenverluste konnte für
die Effekte Inzuchtkoeffizient des Welpen, Inzuchtkoeffizient der Mutter, Alter des Vaters
und Alter der Mutter bei der Geburt der Nachkommen, Wurfgröße, Geburtsjahr des Welpen
und Genanteile des Welpen vom Chow-Chow festgestellt werden. Die Schätzung der
Heritabilität mittels REML in einem linearen Tiermodell ergab für die Welpenverluste nach
Transformation in das Schwellenwertmodell einen Wert von h2 = 0,15. Die Auswertung der
Augenuntersuchungsbefunde zeigte, dass bei der Hunderasse Elo die Distichiasis häufig
vorkommt. In einem Zeitraum von vier Jahren wurden 234 Hunde untersucht und bei 27,8 %
der untersuchten Tiere wurde eine Distichiasis diagnostiziert. Die Anzahl der festgestellten
Distichien schwankte zwischen 1 und 31. Insgesamt wurden am Oberlid fast doppelt so viele
54
Distichien gefunden wie am Unterlid. Der jüngste Elo, bei dem eine Distichiasis festgestellt
wurde, war erst 99 Tage alt. Ein signifikanter Einfluss auf das Auftreten von Distichiasis
wurde für die Wurfgröße, für die Anzahl der pro Tierarzt beim Elo durchgeführten
Augenuntersuchungen und für die Genanteile vom Eurasier festgestellt. Die Effekte
Inzuchtkoeffizient und Genanteile vom Bobtail überschritten die Signifikanzgrenze von 0,05
nur knapp. Die anderen untersuchten Einflussfaktoren waren nicht signifikant. Die Schätzung
der Heritabilität in einem linearen Tiermodell ergab für die Distichiasis nach Transformation
in das Schwellenwertmodell einen Wert von h2 = 0,43. Die Untersuchungen zur Vererbung
von Distichiasis wurden mit Hilfe von komplexen Segregationsanalysen durchgeführt. Die
Hypothesen umfassten monogene, gemischt-monogen-polygene und polygene Erbgänge
sowie Modelle mit nur umweltbedingter Streuung. In zusätzlichen Analysen wurden die pro
Tierarzt beim Elo durchgeführten ophthalmologischen Untersuchungen sowie die Genanteile
der Rassen Eurasier und Bobtail als Kovariable in die Modelle aufgenommen. In den
Segregationsanalysen wurden sieben Familien mit insgesamt 296 Tieren, wovon 218
ophthalmologisch untersucht und 65 Hunde von Distichiasis betroffen waren, verwendet. Für
das Auftreten von Distichiasis konnte eine genetische Komponente nachgewiesen werden.
Die gemischten Modelle mit rezessivem, dominantem oder willkürlichem Hauptgeneffekt und
das Modell für einen polygenen Erbgang wurden als mögliche Erbgangshypothesen
angenommen. Nicht-genetische Faktoren und die Rassenzusammensetzung konnten die
Datenstreuung nur unzureichend erklären und kamen damit nicht als alleinige
Erklärungshypothesen für die beobachtete Prävalenz von Distichiasis in Betracht.
55
6 Summary
Judith Kaufhold (2004)
Genetic analyses of the development of the dog breed Elo and of the prevalence and
heredity of distichiasis
The objective of the present study was to analyze the population structure of the dog breed
Elo in respect of the percentages of genes of the founder breeds, of inbreeding and
relationships, and of puppy losses. Further analyses focussed on distichiasis, the inheritance
of which was investigated using complex segregation analyses. Stud book data of all Elo dogs
from 1987 to 2002, and the results of ophthalmologic examinations of 234 Elo dogs were
available for the present study. The breeding of the Elo was started in 1987 on the basis of 16
founder animals stemming from 9 different dog breeds. The Eurasian dog breed contributed
about 48 % of the genes in the whole Elo dog population. Old English Sheepdog and Chow
Chow contributed about 23 % and 10 % of the genes, respectively. The other dog breeds were
of minor importance. In the whole Elo dog population the mean inbreeding coefficient was
11.24 %, and the relationship coefficient was 19.43 %. With the exception of 2.7 % of
animals, all Elo dogs were related to each other. The mean litter size was 6.39 puppies. The
percentage of stillborn puppies per litter averaged at 9.47 %. The inbreeding coefficients of
the puppies and of their dams, the age of the sire and the dam at the time of birth of the
puppies, the litter size, the puppies’ year of birth and the proportion of genes of the Chow
Chow showed a significant effect on the number of stillborn puppies per litter. The
heritability for the frequency of stillborn puppies was estimated with REML using a linear
animal model. After transformation of the linear estimates to the underlying liability scale, the
heritability amounted to h² = 0.15. According to the available results of ophthalmologic
examinations, distichiasis is quite common in the Elo dog. 27.8% of the examined dogs
showed between 1 and 31 distichia. Altogether, there were twice as many distichia in the
upper than in the lower eyelid. The youngest dog affected with distichiasis was only 99 days
old. The litter size, the number of examined Elo dogs per examiner and the percentage of
genes of the Eurasian dog had a significant influence on the prevalence of distichiasis. The
error probability for the inbreeding coefficient and the percentage of genes of the Old English
Sheepdog were just above the significance limit of p = 0.05. No significance was found for
56
the remaining effects that have been considered. Genetic parameters for distichiasis were
estimated with REML using a linear animal model. After transformation of the linear
observed estimate onto the underlying liability scale the heritability estimate was h² = 0.43.
The inheritance of distichiasis was analyzed in the Elo dog using complex segregation
analyses. The different hypotheses of monogenic, mixed-monogenic-polygenic and polygenic
inheritance as well as a random diversity model were tested. In further analyses the number of
examined Elo dogs per examiner and the percentages of genes of the Eurasian dogs and the
Old English Sheepdog were included in the models as covariates. For the segregation analyses
eleven families of dogs were assembled. The eleven families comprised a total of 296 animals
with 218 examined and 65 affected dogs. The existence of a genetic component of distichiasis
was verified. Mixed models with a recessive, a dominant or an arbitrary major gene effect and
the polygenic model represented possible hypotheses of inheritance. The variation of data was
insufficiently explained by non-genetic factors and the breed composition. Therefore, they
were not considered to represent adequate hypotheses to explain the observed prevalence of
distichiasis.
57
7 Literaturverzeichnis
THE ACVO – GENETICS COMMITTEE (1999): Ocular disorders proven or suspected to be hereditary in dogs. American College of Veterinary Ophthalmologists.
AKAIKE, H. (1974): A new look at the statistical model identification. IEEE Trans. Autom. Control 19, 716-723.
ALLGEMEINER CHOW-CHOW-CLUB e.V. (ACC): Zuchtbücher von 1992 bis 2002.
BARNETT, K.C. (1976): Comparative aspects of canine hereditary eye disease. Adv. Vet. Sci. Comp. Med. 20, 39-67.
BEDFORD, P. (1980): Ophthalmic surgery in the dog and cat. In Pract. 2, 5-14.
BEDFORD, P.G.C. (1973): Distichiasis and its treatment by the method of partial tarsal plate excision. J. Small Anim. Pract. 14, 1-5.
BEDFORD, P.G.C. (1999): Diseases and surgery of the canine eyelid. In: Gelatt, K.N., eds. Veterinary ophthalmology. Philadelphia: Lippincott Williams & Wilkins, 535-568.
BONNEY, G.E. (1984): On the statistical determination of major gene mechanism in continuous human traits: Regressive models. Am. J. Med. Gen. 18, 731-749.
BONNEY, G.E. (1986): Regressive logistic models for familial disease and other binary traits. Biometrics 42, 611-625.
BONNEY, G.E. (1992): Compound regressive models for family data. Hum. Hered. 42, 28-41.
58
DEMPSTER, E.R., I.M. LERNER (1950): Heritability of threshold characters. Genetics 35, 212-235.
DEUTSCHER OLD ENGLISH SHEEPDOG CLUB e.V. (DOESC): Zuchtbücher von 1998 bis 2001.
ELO ZUCHT- UND FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT e.V. (EZFG): Zuchtbücher von 1987 bis 2002.
ELSTON, R.C. (1989a): Detection of major genes by segregation analysis. 40. Jahrestagung der EVT, Dublin, 27.08.-31.08.1989.
ELSTON, R.C. (1989b): Models for discrimination between alternative modes of inheritance. In: Gianola, D., K. Hammond (1989): Advances in statistical methods for genetic improvement of livestock. Springer, Berlin, 41-55.
ELSTON, R.C., V.T. GEORGE, F. SEVERTSON (1992): The Elston-Stewart Algorithm for continuous genotypes and environmental factors. Hum. Hered. 42, 16-27.
ELSTON, R.C., J. STEWART (1971): A general model for the genetic analysis of pedigree data. Hum. Hered. 21, 523-542.
FALCONER, D.S. (1984): Einführung in die quantitative Genetik. Ulmer, Stuttgart, 74-95.
GRESKY, C., H. HAMANN, O. DISTL (2004): Entwicklung von Populationsgröße und Inzucht in der Dackelpopulation des Deutschen Teckelklubs 1888 e.V. Eingereicht.
GROENEVELD, E. (1998): VCE4 User’s Guide and Reference Manual Version 1.1. Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Mariensee / Neustadt.
59
HALLIWELL, W.H. (1967): Surgical management of canine distichia. J. Am. Vet. Med. Assoc. 150, 874-879.
HECKLER, A. (1994): Erhebungen zur Zuchtsituation beim Eurasier und verwandten Rassen unter besonderer Berücksichtigung von genetischen Effekten auf Anomalien, Zungenpigmentierung und Sprunggelenkswinkelung. Diss. med. vet., Tierärztliche Hochschule Hannover.
HEITMANN, M., H. HAMANN, R. BRAHM, H. GRUßENDORF, C.U. ROSENHAGEN, O. DISTL (2004): Analysis of prevalences of presumed inherited eye diseases in Entlebucher Mountain Dogs. Submitted.
KARJALAINEN, L., M. OJALA (1997): Generation intervals and inbreeding coefficient in the Finnish Hound and the Finnish Spitz. J. Anim. Breed. Genet. 114, 33-41.
KETTERITZSCH, K., H. HAMANN, R. BRAHM, H. GRUßENDORF, C.U. ROSENHAGEN, O. DISTL (2003): Genetic analysis of presumed inherited eye diseases in Tibetan Terriers. Vet. J., in press.
KETTERITZSCH, K. (2002): Untersuchung zur Vererbung von Augenkrankheiten beim Tibet Terrier mit komplexen Segregationsanalysen. Diss. med. vet., Tierärztliche Hochschule Hannover.
LAWSON, D.D. (1973): Canine distichiasis. J. Small Anim. Pract. 14, 469-478.
LEHMANN, K., I. STUR, I. WALDE (2000): Erbliche Augenerkrankungen in der österreichischen Population des Englischen Cocker Spaniels – eine populationsgenetische Studie. Wien. Tierärztl. Mschr. 87, 286-292.
LÜPKE, L., O. DISTL (2004): Entwicklung von Populationsgröße, Einkreuzungen, Inzucht und Verwandtschaftsverhältnissen bei allen im Zuchtbuch des Vereins Hirschmann e.V. registrierten Hannoverschen Schweißhunden. Berl. Münch. Tierärztl. Wschr. 117, 63-71.
60
NIELEN, A.L., I. VAN DER GAAG, B.W. KNOL, Y.H. SCHUKKEN (1998): Investigation of mortality and pathological changes in a 14-month birth cohort of boxer puppies. Vet. Rec. 142, 602-606.
NIELEN, A.L., S. VAN DER BEEK, G.J. UBBINK, B.W. KNOL (2001): Population parameters to compare dog breeds: differences between five Dutch purebred populations. Vet. Quart. 43-49.
S.A.G.E. (1997): Statistical Analysis for Genetic Epidemiology, Release 3.0 Computer program package available from the Department of Epidemiology and Biostatistics, Rammelkamp Center for Education and Research, MetroHealth Campus, Case Western University, Cleveland. Benutzerhandbuch.
SAS (2001): Statistical Analysis System, Version 8.2 SAS Institute, Cary, N.C., USA.
SCHMIDT, T., M. MAYER, D. SIMON (1993): Analyse der westfälischen Rotbuntzucht bezüglich Inzucht, Verwandtschaft und Fremdgenanteil. Züchtungskunde 65, 102-111.
SCHÜLER, L., SWALVE, H., GÖTZ, K.-U. (2001): Grundlagen der Quantitativen Genetik. Ulmer, Stuttgart, 57-58.
SMITH, R.I.E. (1989): Inherited diseases of the canine eye. Aust. Vet. Pract. 19, 186-192.
SZOBRIES, M., H. SZOBRIES (2001): Der Elo. Selbstverlag, Hannover.
WHITLEY, R.D., S.A. MCLAUGHLIN, B.C. GILGER (1995): Update on eye disorders among purebred dogs. Vet. Med. 90, 574-592.
61
WILLIAMS, L.W., R.L. PEIFFER, K.N. GELATT, G.G. GUM (1979): A survey of ocular findings in the American Cocker Spaniel. J. Am. Anim. Hosp. Assoc. 15, 603-607.
WREDE, J., T. SCHMIDT (2003): OPTI-MATE Version 3.8. Ein Management-Programm zur Minimierung der Inzucht in gefährdeten Populationen. Programmbeschreibung. Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Tierärztliche Hochschule Hannover.
62
8 Anhang
8.1 Befundbogen Augenuntersuchung des VDH
63
8.2 Befundbogen Augenuntersuchung des DOK
Danksagung
Herrn Univ.-Prof. Dr. Dr. habil. O. Distl möchte ich an dieser Stelle herzlich für die
Überlassung des interessanten Themas und die freundliche Unterstützung und Beratung bei
der Anfertigung dieser Arbeit danken.
Mein herzlicher Dank gilt Frau Dr. G. Steinbach und Frau Dr. S. Gordon für die
Durchführung der Augenuntersuchungen und für die jederzeit gewährte freundliche Hilfe und
Unterstützung.
Familie Szobries danke ich für die Datenbereitstellung und für die vielen Informationen zum
Elo, ebenso allen Elo-Besitzern für die stets vorhandene Bereitschaft, ihre Hunde für die
Untersuchungen zur Verfügung zu stellen.
Für die tatkräftige Hilfe bei der Datenaufbereitung und der statistischen Auswertung bedanke
ich mich bei Herrn Dr. H. Hamann und bei Herrn J. Wrede.
Allen Mitarbeitern und Mitdoktoranden des Instituts für Tierzucht und Vererbungsforschung
sei für die herzliche Arbeitsatmosphäre und für jedwede Hilfe und Unterstützung gedankt.
Mein besonderer Dank gilt Kathrin für die vielen hilfreichen Informationen und Erklärungen.
George und Minette möchte ich für die Gesellschaft und Unterstützung danken.
Von ganzem Herzen danke ich meinen Eltern, die mich in jeder Hinsicht unterstützt haben
und immer für mich da waren.
Allen nicht namentlich Genannten, die zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben, sei auf
diesem Wege mein Dank ausgesprochen.
Der Gesellschaft zur Förderung Kynologischer Forschung (GKF) e.V. danke ich für die
finanzielle Unterstützung der Arbeit.