porsche engineering magazin - kit - mrt · (hmi)-modul angeschlossen sind. reale fahrversuche sind...
TRANSCRIPT
Porsche Engineering Magazin
Exklusive Einblicke In die Technikhighlights des
Boxster Spyder
Air-Geiz bei PorscheAero-Dynamik im Fokus
Gut gefedertMit dem Luftfedersystem des
Panamera
Intelligentes Licht von PorscheSorgt für weniger Unfälle
Ausgabe 1/2010
Fahrzeugleitsysteme
Ermöglichen reproduzierbare Fahrversuche
Intelligentes Licht
Sorgt für weniger Unfälle
Maximaler Wirkungsgrad
Für eine geräuschoptimale Verzahnung
Autodieben auf den Fersen
Mit dem Porsche Vehicle Tracking System
Air-Geiz bei Porsche
Die Aero-Dynamik im Fokus
Hut ab!
Der Boxster Spyder
Gut gefedert
Mit dem Luftfedersystem des Panamera
Für Schnellschalter
Schaltkraft spürbar erleben
Inhalt
5
Editorial
Über Porsche Engineering
3
4
8
11
14
16
19
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26
2 Porsche Engineering Magazin 1/2010
Editorial
3
Wir wahren stets die Geheimhaltung un-
serer externen Kundenprojekte. Um Ih-
nen dennoch einen Einblick in unsere
Fahrzeugentwicklung geben zu können,
stellen wir Ihnen zum Thema Derivatent-
wicklung heute ein in ternes Highlight
vor: den neuen Boxster Spyder, der mit
seiner Leichtigkeit einen neuen Bench-
mark setzt. Federleicht aber vor allem
gut gefedert geht es dann direkt weiter
mit einer Vorstellung des Luftfedersy-
stems des Panamera.
Genießen Sie diese und weitere High-
lights aus der Porsche Entwicklung.
TIPP: Unter www.porsche-engineering.de/
Kundenmagazin können Sie unser Maga-
zin auch online lesen.
Viel Spaß bei dieser Ausgabe wünschen
Ihnen
Ihr Malte Radmann und Dirk Lappe
Geschäftsleitung Porsche Engineering
Innovation und Emotion bedeuten Bewegung und das
nicht nur auf der Teststrecke, sondern auch in den
Köpfen unserer Mitarbeiter. Wir sind kreativ und
verhelfen unseren Kunden mit innovativen Ideen zum
Erfolg.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
In unseren Projekten gestalten unsere
Ingenieure jeden Tag ein Stück Zukunft.
Gehen Sie mit uns auf eine kleine Reise
durch unsere Entwicklungsarbeit und erle-
ben Sie unsere tägliche Faszination und
unser Leistungsverständnis haut nah.
Indem wir zum Beispiel Fahrzeugleit -
sys teme entwickeln, die reproduzierbare
Fahrversuche ermöglichen und somit
nicht nur verlässliche Ergebnisse, son-
dern vor allem Zeit und Kosten in der Ent -
wicklung sparen.
Zur Zukunftsgestaltung gehört ebenso
das Thema Sicherheit. Im Lichtblick die-
ser Ausgabe stehen daher unsere intelli-
genten Lichtsysteme. Erfahren Sie mehr
darüber, wie Porsche Engineering damit
zur Reduzierung von Verkehrsunfällen
beiträgt. Wir wahren stets die Geheim-
haltung unserer externen Kundenprojek-
te. Dazu leistet das Vehicle Tracking Sy-
stem von Porsche den entscheidenden
Beitrag.
Porsche Engineering Magazin 1/2010
4
Bei Porsche Engineering tüfteln Ingeni-
eure für Sie an neuen, ungewöhnlichen
Ideen für Fahrzeuge und industrielle Pro-
dukte. Im Auftrag von Automobilherstel-
lern und Zulieferern entwickeln wir viel-
fältige Lösungen – von der Konzeption
einzelner Komponenten über die Ausle-
gung komplexer Module bis hin zur Pla-
nung und Durchführung von Gesamt-
fahrzeugentwicklungen, einschließlich
Se rien anlaufmanagement. Das Beson-
dere daran: All das geschieht mit dem
Know-how eines Serienherstellers. Sie
benötigen für Ihr Projekt einen Automo -
bilentwick ler? Oder ziehen Sie einen spe-
zialisierten Systementwickler vor? Wir
bieten unseren Kunden beides – da
Porsche Engineering an der Schnittstelle
beider Bereiche arbeitet. Das Wissen von
Porsche Engineering läuft gebündelt in
Weissach zusammen – und ist doch welt -
weit verfügbar. Selbstverständlich auch
bei Ihnen direkt vor Ort. Egal, wo wir ar-
beiten, wir bringen stets ein Stück Porsche
Engineering mit. Wenn Sie mehr über uns
erfahren möchten, dann fordern Sie unsere
Imagebroschüre per E-Mail an:
RedaktionsleitungNicole Möller
Gestaltung: Machart–Design, StuttgartRepro: Piltz Reproduktionen, StuttgartDruck: Leibfarth&Schwarz, Dettingen/ErmsÜbersetzung: TransMission Übersetzungen,
Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugs-weise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Fürdie Rück sendung unverlangt eingegangener Fotos,Dias, Filme oder Manuskripte kann keine Gewährübernommen werden.
Porsche Engineering ist eine 100%ige Tochterge-sellschaft der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
HerausgeberPorsche Engineering Group GmbH
AnschriftPorsche Engineering Group GmbHPorschestraßeD-71287 Weissach
Tel. +49 711 911 - 8 88 88Fax +49 711 911 - 8 89 99
E-Mail: [email protected]: www.porsche-engineering.de
Impressum
Über Porsche Engineering
Impressum • Porsche Engineering Magazin
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Wechsel in der Geschäftsfüh-
rung bei Porsche Engineering
Bei der Porsche Engineering Group
GmbH und Porsche Engineering Ser-
vices GmbH wurde Malte Radmann
zum 1. Oktober 2009 zum Vorsit -
z en den der Geschäftsführung er-
nannt. In den beiden Tochtergesell-
schaften folgte er auf Dr. Peter
Schäfer, der zeitgleich zur Dr. Ing. h.
c. F. Porsche AG wechselte und dort
die Leitung der Hauptabteilung Ent -
wick lung Fahr werk übernommen hat.
Malte Radmann war bereits bisher
Mitglied der Geschäftsführung bei-
der Toch tergesellschaften und Lei-
ter der kaufmännischen Ressorts,
die er auch wei terhin führen wird.
Ergänzt wird die Geschäftsführung
durch Dirk Lappe, der seit dem Jahr
2002 bei Porsche Engineering für
den Bereich Elektrik/Elek tronik ver-
antwortlich war und nun die Posi-
tion des technischen Geschäftsfüh-
rers erhalten hat.
Porsche Engineering Magazin
auch online
Unser Porsche Engineering Magazin
können Sie auch bequem online le-
sen: www.porsche-engineering.de/
Kundenmagazin
News
Electrics & Electronics Fahrzeugleitsysteme
5
Fahrzeugleitsystem zur Durchführung reproduzierbarer
Fahrversuche
Bei der Funktionsentwicklung und Er-
probung verschiedener Systeme im Au to -
mobilbereich wie beispielsweise bei den
Fahrerassistenzsystemen kommt es dar-
auf an, ein definiertes Testszenario repro-
duzierbar zu durchfahren. Um den Test-
fahrer in diesem Zusammenhang zu un -
terstützen, hat Porsche Engineering ein
spezielles Fahrzeugleitsystem (FLS) ent-
wickelt. Die Basisversion des Fahrzeug -
leitsystems besteht aus mehreren mo-
dular aufgebauten Komponenten. Das
zentrale Modul und Herzstück ist die
Steuereinheit, an der die weiteren Kom-
ponenten wie das Differential Global Posi-
tioning System (DGPS)- und das Kommu-
nikations- und Human Machine Interface
(HMI)-Modul angeschlossen sind.
Reale Fahrversuche sind bei der Entwicklung moderner Fahrzeuge nicht wegzudenken.
Eine Herausforderung bei Versuchsfahrten im Feld ist bis heute die Reproduzierbar keit
der Versuche. Hier ist Porsche Engineering ein entscheidender Schritt gelungen.
Komponenten des Fahrzeugleitsystems
Master
Steuereinheit
Kommunikationsmodul
DGPS-Modul HMI-Modul
Slave
Steuereinheit
Kommunikationsmodul
DGPS-Modul HMI-Modul
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Electrics & Electronics Fahrzeugleitsysteme
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höhere Genauigkeiten zu erreichen, wird
ein sogenannter Differential GPS (DGPS)-
Empfänger eingesetzt. Diese Empfän-
ger erreichen eine höhere Genauigkeit,
indem sie das Standard-GPS-Signal kor-
rigieren oder besser auswerten. Es gibt
eine Vielzahl verschiedener Korrektur-
und Auswertungssysteme, die sich in
Genauigkeit, Preis, Verfügbarkeit und in
ihren Eigenschaften unterscheiden.
Für das Fahrzeugleitsystem wurde ein
mobiler submetergenauer DGPS-Empfän-
ger mit hoher Verfügbarkeit ausgewählt.
Kommunikationsmodul
Sind in einem Testfall mehrere Fahr -
zeuge beteiligt, wird eine drahtlose Kom -
munikation zwischen den Fahrzeugen in
Form eines Ad-Hoc-Netzwerkes erfor-
derlich. Über diese wird der Ablauf eines
Testfalles synchronisiert. Zwischen den
Fahrzeugen können zudem optional Da-
ten wie GPS-Koordinaten ausgetauscht
werden. Das Slave-Fahrzeug übermittelt
zum Beispiel seine Ist-Daten an den Mas -
ter, der mithilfe seiner Ist-Daten den re-
lativen Abstand zwischen zwei Fahrzeu-
gen berechnet.
Steuereinheit
Die Steuereinheit ist der Kern des Fahr-
zeugleitsystems, mit dem alle anderen
Komponenten verbunden sind. Durch
die vielfältigen Aufgabenstellungen und
Schnittstellen ist die Steuereinheit die
komplexeste Komponente. Die Haupt-
aufgabe der Steuereinheit ist die zentrale
Ablaufsteuerung.
Die Aufgaben lassen sich
unterteilen in:
� Testfallaufnahme durch Abfahren
der Wegstrecke oder manuelles
Markieren von Wegpunkten in einer
Karte
� Testfallbearbeitung durch Verändern
der Bahnverläufe oder Wegpunkte in
einer Karte
� Reproduktion des Testfalls durch
Erteilung von Anweisungen an den
Fahrer durch das HMI
� Auswertung des Testfalls
Human Machine Interface (HMI)
Das Fahrzeugleitsystem ermöglicht es,
gespeicherte Testszenarien unter defi-
nierten Bedingungen reproduzierbar und
damit vergleichbar zu durchfahren. Be-
sonderes Augenmerk wird dabei auf die
Verständlichkeit, Aufgabenangemessen-
heit und Effektivität des HMI gelegt. Mit-
hilfe des HMI soll der Testfahrer bei ei-
Der modulare Aufbau mit definierten
Schnittstellen bietet dabei mehrere Vor-
teile: Die Module können kundenspezi-
fisch beziehungsweise projektspezifisch
angepasst werden. Zusätzlich kann das
Basissystem mit weiteren Komponen-
ten, wie die Anbindung an den Fahrzeug-
bus, einfach erweitert werden.
DGPS-Modul
Das Fahrzeugleitsystem geht von einer
Positionsbestimmung aus, welche die
aktuelle Position mit einer Referenzpo -
sition vergleicht. Um eine Positionsbe-
stimmung durchzuführen, können Diens -
te wie die des Global Positioning Systems
(GPS) genutzt werden. Jedoch sind die-
se Positionsbestimmungen für Anwen-
dungen in einem Fahrzeugleitsystem zu
ungenau, sie haben Abweichungen im
Bereich größer zehn Meter. Das Fahr-
zeugleitsystem benötigt eine Genauig-
keit kleiner 50 Zentimeter. Um diese
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Manuelles Erstellen einer Fahrstrecke
Electrics & Electronics Fahrzeugleitsysteme
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Steuereinheit verbunden wird. Die Vi-
brationshandschuhe bieten eine weite-
re Rückmeldung über die Querführung
(vgl. Tabelle oben).
Zur Fahrzeuglängsregelung gehört das
Abstands- und Geschwindigkeitshalten
eines Fahrzeugs. Für das entwickelte
Fahrzeugleitsystem spielt vor allem das
Einhalten vorgegebener Geschwindig-
keiten eine entscheidende Rolle. Gene-
relle Anforderung ist, dass dynamisches
Fahrverhalten (Beschleunigung/Verzö -
gerung/Kurve) vorausschauend ange-
zeigt wird. Da es sich dabei um eine ein-
fache Regelungstätigkeit mit geringer
ner realen Straßenfahrt als Regler über
das Leitgerät mit visueller, haptischer
und akustischer Rückkopplung in den
Fahrprozess eingebunden werden. Der
Fahrer erfüllt dabei vorrangig Fahrauf-
gaben auf der Stabilisierungsebene. Da
die Längs- und Querabweichungen beim
Durchfahren der Soll-Bahn möglichst
gering sein dürfen, um den Anspruch
auf Vergleichbarkeit zu gewährleisten,
bedarf es einer rechtzeitigen und ein-
deutigen Rückmeldung an den Fahrer.
Die Tabelle rechts gibt einen Überblick
zu den Rückmeldestrategien.
Für die visuelle Rückmeldung wird ein
8-Zoll-Display mit Touchfunktion ver-
wendet, sodass die Testfahrer jede
Fahrt selbstständig über das Interface
starten können. Das Display ermöglicht
die Integration eines fahrzeugunabhän-
gigen Fahr zeugleitsystems bei minimaler
Installationszeit. Um den Kontakt zur
Straße zu gewährleisten, wird mittels ei-
ner an der Windschutzscheibe installier-
ten Kamera das nach vorne gerichtete
Bild angezeigt und die notwendigen
Rückmeldungen überblendet.
Das Haptikmodul besteht aus zwei
Handschuhen mit integrierten Vibra-
tionselementen und einem Steuerge-
rät, welches per USB mit der zentralen
Rückmeldestrategien im Fahrzeugleitsystem
Stabilisierungs -ebene
Unimodal
optisch
(Stufe 1: Information)
Bsp. Spurverlassen innerhalb
Toleranzschlauch
Bimodal
optisch & haptisch
(Stufe 2: Warnung mit
Handlungsaufforderung)
Bsp. Spurverlassen außerhalb
Toleranzschlauch
Manöverebene optisch
(Stufe 1: Information zur
Voranzeige)
Bsp. Symbolik zur
Ereignisanzeige
optisch & akustisch
(Stufe 2: Handlungs-
aufforderung)
Bsp. Sprachausgabe zur Be-
schreibung zukünftiger Ereignisse
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Längs- und Querkorrektur erforderlichKeine Korrektur erforderlich
Komplexität handelt, ist eine unimodale
Rückmeldung für diese Fahraufgabe aus-
reichend. Ein „Follow-me“-Balken quer
über die Straße gelegt, zeigt die einzuhal-
tende Geschwindigkeit über eine Ab-
standsregelung an.
Die Fahrzeugquerführung im Fahrzeug-
leitsystem ist derart gestaltet, dass
beim Verlassen der Fahrspur (bzw. des
hinterlegten „Fahrschlauches“ aus GPS-
Koordinaten) eine zweistufige Rück -
meldestrategie entgegenwirkt. Die hap -
tische Rückmeldung wird zum besseren
Verständnis mit einer optischen Anzeige
kombiniert, welche die Richtung der zu
erfolgenden Lenkkorrektur anzeigt.
Diese Regelstrategie mit Toleranzkorri-
dor und Lenkvibration am Hysterese-
rand entspricht auch der Grundidee der
hier vorgestellten Interaktionsmetapher.
Der Fahrer kann sich dabei innerhalb
objektiver Grenzen frei bewegen und
erst beim Erreichen dieser erhält er eine
spürbare Rückmeldung.
Electrics & Electronics Intelligentes Licht
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Intelligentes Licht hilft, Unfälle zu verhindern
Aktuelle Zahlen des Statistischen Bun -
desamtes (DESTATIS) zeigen auf, dass
die Anzahl der im Jahr 2008 verletzten
respektive getöteten Personen im Stra-
ßenverkehr weiter gesunken ist. Diese
einerseits erfreuliche Tatsache lässt sich
nicht nur auf die kontinuierliche Weiter-
entwicklung von technischen Innovati -
onen im Kraftfahrzeug, wie zum Beispiel
einem verbesserten Seitenaufprallschutz,
zurückführen. Vielmehr finden mehr und
mehr neben den passiven auch aktive
Sicherheitssysteme ihre Anwendung in
allen Fahrzeugklassen, was die positive
Tendenz der Verkehrsunfallbilanz auch
in den folgenden Jahren weiter unter-
stützen sollte. Andererseits sind die ab-
soluten Zahlen von 4.600 getöteten und
407.000 verletzten Verkehrsteilnehmern
noch lange kein Grund, im Gesamtgefüge
aller verantwortlichen Institutionen (u. a.
Legislative, Wissenschaft, Industrie) nicht
nach weiteren Verbesserungen für ein
unfallfreies Fahren zu suchen.
Ein genauer Blick lohnt sich
Wo genau noch Potenzial zur effektiven
Reduzierung der oben aufgeführten Zah -
len zu finden ist, zeigen unter anderem
Datenbanken wie die der GIDAS (German
In-Deep Accident Study) auf. Gerade bei
Fahrten in der Dämmerung und Dunkel-
heit, wenn die Erkennbarkeit von Objek-
ten im Verkehrsraum für den Fahrer am
schwierigsten ist, steigt die Wahrschein-
lichkeit signifikant an, in einen Unfall mit
dritten Verkehrsteilnehmern involviert
zu werden. Ursache für dieses erhöhte
Unfallrisiko ist die relativ niedrige Umge-
bungshelligkeit zusammen mit spora-
disch auftretenden Blendungen durch
entgegenkommende Fahr zeuge, die ein
rasches Adaptieren des menschlichen
Sehapparates bedingen. Weiterhin er-
Die Sicherheit im Straßenverkehr für alle Verkehrsteilnehmer steht ganz oben auf
der Prioritätenliste von Porsche Engineering. Ein neues intelligentes Licht sorgt für den
nötigen technischen Fortschritt.
Porsche Engineering Magazin 1/2010
"Markierendes Licht" kann den Fahrer künftig bei Nachtfahrten unterstützen.
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schwerend kommt hinzu, dass die Tiefen-
schärfe sowie die Sehleis tung bei Nacht
signifikant reduziert sind.
Auf dem Prüfstand
Porsche Engineering forscht deshalb in
einer eng geführten Kooperation mit dem
Karlsruhe Institute of Technology (KIT)
daran, wie der Fahrzeugführer bestmög-
lich bei Nachtfahrten in seiner Fahrauf-
gabe unterstützt werden kann. Hierzu
werden verschiedene lichtbasierte Fah-
rerassistenzsysteme auf den Prüfstand
gestellt. Auf einer vielversprechenden
innovativen Lichtfunktion, welche die
Be zeichnung „Markierendes Licht“ trägt,
liegt dabei ein besonderes Augenmerk.
Hier sollen in mittelfristiger Zukunft Kol-
lisionen mit Personen (oder auch Fahr-
radfahrern/Wild) durch eine gezielte
Aus leuchtung, einer lichtbasierten Mar-
kierung, vermieden werden.
Im Rampenlicht
Um Untersuchungen zu lichtbasierten
Assistenzfunktionen durchführen zu kön-
nen, wurde ein Prototypenaufbau reali-
siert, welcher neben einem gier- und
nickfähigem Bi-Xenon-Modul ebenfalls
einen „Automotiven Spotstrahler“ (Au -
tomotive Spotlight) auf LED-Basis inte-
griert. Die Kommunikation zu den Bi-
Xenon-Modulen ist CAN (Controller Area
Network)-Bus-basiert, die Aktoren und
Sensoren des Automotive Spotstrahlers
werden über eine echtzeitfähige Proto-
typing-Einheit bedient. Als thermischer
Sensor kommt eine FIR (Far-Infrared,
Ï = 8–12µm)-Kamera zur Anwendung,
welche eine Auflösung von 320 x 240
Pixel bei einer Bildrate von 25 Hz bietet.
Analyse der Bildsequenzen Informati -
onen über potenziell gefährliche Objekte
in seiner Umgebung bereitzustellen. Da-
bei kommt der Detektion und Lokalisie-
rung von zum Beispiel Fußgängern, Fahr-
radfahrern und Wild vor dem Fahrzeug
eine zentrale Rolle zu. Das Detektieren
sowie Klassifizieren der genannten Ob-
jekte in Bildsequenzen ist hochkomplex,
weil das Erscheinungsbild oder die Pose
der zu detektierenden Objekte beliebig
variant sein kann. Deshalb wird der Pro-
zess unter anderem intensiv in den tech-
nischen Disziplinen der Bildverarbeitung
sowie Mustererkennung untersucht. Eine
entwickelte effektive Bildsegmentierung
sowie Vorabklassifizierung auf Basis von
Wärmebildsequenzen sieht einen dual-
adaptiven Grenzwertfilter vor. Dieser Al-
gorithmus vereint zwei veränderliche
Grenzwerte, die auf Basis der vorhande-
nen Bildinformationen pixelweise erho-
ben werden. Die nachfolgende Vorab-
Als zentrale Recheneinheit für die Bildver-
arbeitung respektive für nachgelagerte
strategische Auswertungen steht ein Mul-
ti-Kern-Prozessorsystem mit aus reichend
dimensionierten Ressourcen bereit.
In Lichtgeschwindigkeit
Der komplexe interne Informationsfluss
aller beteiligten Instanzen (Peripherie und
Rechenprozesse) wird über eine zentra-
le Echtzeitdatenbank abgebildet. Diese
Datenbank synchronisiert nicht nur alle
Sensor- und Aktorzustände pro Zeitein-
heit, sondern speichert diese ebenfalls
zu einer komfortablen Auswertung, zum
Beispiel am Arbeitsplatz, ab.
Detektion von Fußgängern
Die Wärmebildkamera, die als Sensor-
system verwendet wird, dient dazu, dem
Fahrzeugführer durch eine technische
Porsche Engineering Magazin 1/2010
1955 60
0
5
10
15
20
25
65 70 75 80 85 90 95 00 05 08*
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in 1000
Entwicklung der Zahl der im Straßenverkehr Getöteten 1953-2008
* vorläufiges Ergebnis © Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2009
Electrics & Electronics Intelligentes Licht
‘72: Höchstge-schwindigkeit von 100 km/h auf Landstraßen
‘73: 0,8 Promille-Höchstgrenze
‘74: Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen
‘80: Helmtragepflicht (Verwarnungsgeld)
‘84: Gurtanlegepflicht
‘98: 0,5 Promille-Höchstgrenze
Fußgänger, Fahrradfahrer, Wild) enthal-
ten. Die Klassifikation wird hierbei mittels
einer lernfähigen Instanz durchgeführt,
welche technische Indikatoren eines
Bildausschnittes mit vorab trainiertem
Wissen vergleicht. Hierbei haben diejeni-
gen Indikatoren für eine effiziente Klas-
sifikation großes Potenzial, welche auf
sogenannte „Histogram of Oriented Gran -
dients (HOG)“ basieren. Hierbei wird die
Gestalt und Form von Objekten mittels
der zugehörigen Verteilung sowie Aus-
richtung der lokal berechneten Intensi-
tätsgradienten in einem Bildausschnitt
beschrieben. Im gewählten Ansatz wer-
den die HOG-Deskriptoren in drei Stufen
bestimmt und anschließend dem finalen
Klassifikator zugeführt:
� Berechnen der Gradienten über die
Intensität im Detektionsfenster,
� Ermitteln des Histogramms über die
Orientierung der Gradienten,
� Normalisieren des Histogramms in
Relation zu einer übergeordneten
Flächeneinheit.
10 Porsche Engineering Magazin 1/2010
Aktive Assistenz von Fahrzeugen sorgt für mehr Sicherheit und Komfort.
Klassifikation von Fußgängern
Als Klassifikator wird eine sogenannte
„Support Vector Machine (SVM)“ verwen-
det, welche basierend auf einer Menge
von Trainingsobjekten mit bekannter Klas -
senzugehörigkeit eine Entscheidungsfunk-
tion erlernt. Anhand dieses erlernten Wis-
sens können im folgenden Bildausschnitte
aus alltäglichen Fahr situatio nen erfolg-
reich und effizient klassifiziert werden.
Positive Aussichten
Die Aussichten für das beschriebene
Gesamtsystem sind positiv, da erste Si-
mulationsergebnisse die erwarteten Re-
sultate einer hohen Detektions- und
Klassifikationsrate zu unterschiedlichen
Verkehrssituationen bestätigt haben. In
einem nächsten Schritt sind Probanden-
studien geplant, um eine repräsentative
Aussage hierüber zu bekommen, ob und
in welchem Maße diese innovative licht-
basierte Fahrerassistenzsysteme den
Fah rer bei seiner Aufgabe bestmöglich
un terstützen können. Die hieraus ge-
wonnenen wissenschaftlich fundierten
Erkenntnisse sorgen mittelfristig dafür,
dass die aktive Assistenz unserer Fahr-
zeuge weiter verbessert wird und somit
für unsere Kunden einen Mehrwert an
Sicher heit und Komfort bieten.
Bestimmung des Intensitätsgradienten eines Fuß-gängers als Vorbereitung für die Klassifikation.
klassifizierung binarisiert das vorliegen-
de Graustufenbild nach einem ausgeklü-
gelten Ansatz. Anbei sind Resultate des
dual-adaptiven Grenzwertfilters zu se-
hen, welche in einem nächsten Schritt
weiter segmentiert werden. Um den Re-
chenaufwand für die finale Klassifikation
mög lichst gering zu halten, reduziert die
bereits erwähnte Vorabklassifizierung
durch heuristische Annahmen die Anzahl
der Bildausschnitte. Hierzu wird die Ob-
jektgröße, die Objektposition in Bildkoor-
dinaten, das Verhältnis zwischen Breite
und Höhe sowie das Verhältnis zwischen
Objektfläche und Fläche des umschlie-
ßenden Rahmens („Bounding-Box“) eva-
luiert, um möglichst viele Quellen einer
Fehlklassifikation vorab auszuschließen.
Vorbereitung zur Klassifikation
Ein erfolgsversprechender Ansatz als
Vorbereitung für die finale Klassifikation
basiert auf der Extraktion von Merkmalen
aus Bildausschnitten, welche mutmaß-
lich zu klassifizierende Objekte (z. B.
Electrics & Electronics Intelligentes Licht
Drivetrain Verzahnung
11
WirkungsgRAD: damit die Zähne nicht mehr knirschen
Nicht nur die komplexen Anforderungen
an die Verzahnung und deren akusti-
schen Verhalten steigen stetig. Es gilt
gleichzeitig, das Leistungsgewicht der
Bauteile zu optimieren – zwei Ziele, de-
ren Erreichung allzu oft im Widerspruch
zueinander stehen. Die genaue Kenntnis
der zu erwartenden Belastungen ge-
winnt daher zunehmend an Bedeutung.
Steigender Kostendruck erschwert zu-
sätzlich die Umsetzung wirksamer Maß-
nahmen.
Porsche Engineering begegnet dieser
Herausforderung mit einer wirkungsvol-
len Strategie. Zunächst wird die Verzah-
nung hinsichtlich ihrer Tragfähigkeit aus -
gelegt und optimiert. Die Basis hierfür
bilden simulierte, auf gemessenen Da-
ten basierende Lastkollektive, die eine
bedarfsgerechte Auslegung ermög-
lichen. Besonderes Augenmerk liegt auf
der Tragfähigkeit, die ohne spezielle
Modifikationen erreicht wird. Dadurch
wird der Grundstein für eine akustisch
gut optimierbare Verzahnung gelegt.
Am richtigen Rad drehen
Porsche Engineering unterstützt seine
Kunden mit einer neuartigen Ent wick lungs -
methodik bei der effizienten Auslegung
von Antriebsträngen unter Berück sichti -
gung kundenspezifischer Anforderungen.
Zur Definition realitätsnaher Lastkollek-
tive erfolgt die Aufnahme der Betriebs-
lasten nicht in teuren Messnaben oder
an Messseitenwellen, sondern vielmehr
am Flansch des Getriebeausgangs (siehe
Abbildung auf Seite 12). Der Einfluss
der Verdrehsteifigkeit zwischen An- und
Abtrieb kann so umgangen werden und
schleichende oder dauerhafte Fehler
durch plastische Wellendeformationen
während der Messung werden vermie-
den. Die Messflansche überstehen bei
gleicher Messgenauigkeit einer Mess-
seitenwelle zehnmal höhere Spitzen-
drehmomente ohne Erhöhung des Mess -
fehlers. Die vollständige Kapselung der
Messtechnik ermöglicht deutlich ver -
längerte Dauerlaufeinsätze ge genüber
konventionellen Systemen. Durch die
patentierte Verfahrensweise der Flansch-
Applikation sind neben den gebräuch-
lichen Dauerläufen auch Missbrauchs-
belastungen im gleichen Versuchsauf-
bau durchführbar, was die Entwick -
lungskosten deutlich reduziert. Nur mit-
hilfe dieser exakten Signalgüte lässt
sich eine Simulationsumgebung zur Vor-
hersage von Triebstrangbelastungen im
Dauerlauf gesichert verifizieren. Kern
dieses Berechnungswerkzeuges ist ein
3-D-Streckenmodell für alle Porsche-
Die Anforderungen an Verzahnungen in Motoren und Getrieben steigen stetig mit der
Komplexität der Aggregate. Zusätzlich tritt durch immer leiser werdende Motoren das
akustische Verhalten der Zahnräder weiter in den Vordergrund.
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Optimierung der Triebstrangbelastung durch Änderung der Betriebsstrategie
Rad-/Ritzelbelastung Änderung der Fahrstrategie
Funktionsmodell
Integration derSteuer gerätefunktionen
Strategie 1
Strategie X
Applikationsdatensätze
Drivetrain Verzahnung
Das auf den Anwendungsfall maßge-
schneiderte Mechanikmodell des Fahr-
zeugs integriert zusätzlich die realen
Steuergerätefunktionen als Software-in-
the-Loop (SiL), sodass die neuesten Da-
tenstände der Software-Entwicklung oh-
ne den Zwang einer Prototypen-Verfüg-
barkeit auf ihre Auswirkung hin getestet
werden können. Es ist möglich, schnell
und kostengünstig eine Aussage darü-
ber zu liefern, wie die einzelnen Bauteile
des Antriebsstrangs durch die aktuellen
Softwarestände belastet werden und
wie man einer Überbelastung der ak-
tuellen Konstruktion durch gezielte Ein-
griffe in die Funktionen des Steuergerä-
tes entgegenwirken kann. Diese Vorge-
hensweise ermöglicht damit die syste-
matische Untersuchung der komplexen
typischen Belastungsstrecken. Hierzu
wurden Renn-, Versuchs- und definierte
Alltagsstrecken im Höhenverlauf detail-
liert vermessen und als Funktion des
Längen- und Breitengrades in einer
Datenbank abgelegt (siehe Abbildung
rechts). Durch die Vorgehensweise der
Porsche Ingenieure ist gesichert, dass
der Steigungswiderstand am Fahrzeug
mit hoher Genauigkeit in die Simulations-
umgebung eingegeben werden kann.
Realistisch ausgebremst durch
synthetisches Fahrermodell
Damit die Belastungsvorhersage unter
realistischen Bedingungen erfolgen kann,
wurde bei Porsche Engineering ein neu-
artiges synthetisches Fahrermodell mit
menschlichen Eigenschaften entwickelt.
Dieses Modell ist in der Lage, die Fahr-
und Bremspedalpositionen nahezu iden -
tisch wiederzugeben. Der virtuelle Fahrer
arbeitet mit einer Entscheidungs- und ei-
ner Handlungsebene, die die vor dem
Fahrzeug liegenden Informationen verar-
beiten und umsetzen. Die Kombination
beider Ebenen verhindert insbesondere
bei Kurvenfahrten unrealistische Beschleu -
nigungs- und Verzögerungsmanöver.
Wechselwirkungen zwischen optimalem
Wirkungsgrad und Triebstrangbelastung
im Rahmen von Variantenrechnungen
über mehrere tausend Kilometer.
Verzahnungsauslegung
Nachdem die neuen Lastkollektive fest -
gelegt sind, beginnt eine Iterationsschlei-
fe zur Festlegung der optimalen Verzah-
nungsgeometrie unter Berück sichtigung
der Anforderungen bezüglich Lebens -
dauer und Geräuschanregungsverhalten
(NVH). Durch langjährige Erfahrung ge-
lang es Porsche Engineering, den Kon-
flikt zwischen Tragfähigkeits- und Ge-
räuschoptimierung aufzulösen. Das ge-
fundene Design erfüllt die Lebensdauer-
erwartung und liefert gleichzeitig eine so-
3-D Streckenmodell
Längengrad
Höh
e
12 Porsche Engineering Magazin 1/2010
Messung der Betriebs- und Missbrauchslasten
Messflansch
Achsgetriebe
Fahrzeug- und
Fahrermodell
Drivetrain Verzahnung
13Porsche Engineering Magazin 1/2010
Zur Optimierung des Geräuschanregungs -
verhaltens werden Korrekturen auf der
Zahnflanke variiert und deren Einfluss
auf die Anregung ermittelt. Dies führt zu
Millionen von Varianten, welche hinsicht-
lich ihrer akustischen Eignung und den
toleranzbedingten akustischen Schwan -
kungen in der Fertigung ausgewertet
werden. Um diese Vielzahl an Informatio-
nen fassen zu können, wird das Ge-
räuschanregungsdiagramm auf nur noch
einen Wert, die Noise Quality Dimension
(NQD) reduziert. Diese beschreibt die
akustische Qualität.
Anschließend wird die Varianz im Tole-
ranzfeld ermittelt, die gleichbedeutend
für die Stabilität steht. Je kleiner die Ab-
weichung ist, desto stabiler funk tioniert
der Herstellungsprozess. Die Kunst in
der Auswertung besteht nun darin, den
idealen Kompromiss zwischen Qualität
und Stabilität zu finden (siehe Abbil-
dung oben). Sowohl die Qualitäts- als
auch die Stabilitätskenngröße finden
Eingang in einen komplexen Algorith-
mus, der das finale Bewertungskrite-
rium errechnet: die „Noise Resistance
to Tolerances“ (NORTON). Diese be-
wegt sich korrespondierend zum ATZ-
Ranking auf einer Skala von 0 bis 10
und kann durch verschiedene Kombina-
tionen von Qualität und Stabilität er-
reicht werden.
Toleranz will geübt sein
Die gezeigte Methodik führt zu einer
hinsichtlich Lebensdauer bedarfsge-
rechten und geräuschoptimalen Ver-
zahnung. Zusätzlich lassen sich noch
Hinweise für die Fertigung generieren,
welche Flankenkorrekturen einen be-
son ders großen Einfluss auf die akusti-
sche Stabilität der Verzahnung haben –
und dies schon während der Entwick -
lung, bevor der erste Prototyp gebaut
wurde.
Im Umkehrschluss ist es auch möglich,
die für ein robustes Design notwendi-
gen Toleranzen zu ermitteln und gezielt
einzelne Toleranzen zu öffnen. Hierdurch
lassen sich gegebenenfalls Herstellkos ten
senken, ohne die akustische Qualität zu
verlieren. Resultat ist ein bezüglich Ge-
räuschentwicklung und Lebensdauer
op timales Design, welches auch der An-
forderung des steigenden Kostendrucks
in der Produktion gerecht wird.
lide Basis für die anschließende Optimie-
rung des Verzahnungsheulens, welches
durch Korrekturen auf den Zahnflanken
beeinflusst werden kann.
Zusätzlich ist das Anregungsverhalten
abhängig von der zu übertragenden Last
(Md) und den Umgebungsein flüssen
auf den Zahneingriff. Wellenbiegung und
-nei gung, Lagerspiele und Gehäusestei-
figkeiten wirken sich auf den Zahneingriff
aus und verschieben das Tragbild lastab-
hängig auf der Flanke. Diese Effekte las-
sen sich auf ein Klaffen im Zahneingriff
umrechnen und werden in der Optimie-
rung durch eine Flanken linienwin kel ab -
weichung (ƒHβ) berück sichtigt. Als Maß
für die Neigung, Verzahnungsheulen an-
zuregen, dient die „Schwankungsbreite
des Summendrehfehlers“ (σTE), welche
sich aus dem zahnsteifigkeitsbedingten
Summendreh fehler ergibt.
Geräuschanregung
Die 3-dimensionale Abbildung oben zeigt
ein ideales Geräuschanregungsdiagramm
mit kleinen Werten für σTE und geringen
Reaktionen auf Umgebungseinflüsse (Ver -
kippung) und Änderungen der Last.
Darstellung einer Toleranzwolke zur Bewertung von Stabilität und Qualität
Verkippung Last
Qua
lität
Stabilität
NQDs im Toleranzfeld (Extrakt)
σTE
Electrics & Electronics Vehicle Tracking System
14
Das Porsche Vehicle Tracking System –
Autodieben auf der Spur
Mit dem Porsche Vehicle Tracking System ist es den Entwicklern bei Porsche gelungen,
nicht nur die Fernortung eines Fahrzeugs zu ermöglichen, sondern darüber hinaus
weitere hilfreiche Anwendungen zu nutzen. Durch die Vernetzung mit anderen Steuer-
geräten können so zum Beispiel aus der Ferne Alarme am Fahrzeug ausgelöst oder
die Wegfahrsperre aktiviert werden.
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Das Porsche Vehicle Tracking System wird in weiten Teilen Europas eingesetzt und kann weit mehr als Fahrzeuge nur zu orten.
Electrics & Electronics Vehicle Tracking System
15
Primäre Zielsetzung des Entwicklungs-
projektes Vehicle Tracking System war
es, die Auflagen der Versicherungsbehör-
den in den europäischen Ländern zu er-
füllen. Diese verlangen je nach Land, zum
Beispiel ab einem gewissen Fahrzeug-
wert, ein Ortungssys tem für Fahrzeuge.
Doch zur ursprünglichen Entwicklungslei-
stung kamen im Laufe des Entwicklungs-
projektes zusätzlich einige Besonderhei-
ten des Systems von Porsche hinzu. Si-
cher ein Grund, warum das System mitt-
lerweile so erfolgreich ist und schon in 27
europäischen Ländern sowie Rußland
und Südafrika eingesetzt wird.
Gut vernetzt
Das System wurde von Porsche Ingeni-
euren in Weissach entwickelt, getestet
und freigegeben – nach mehr als einer
Million Testkilometern und über 2.000
absolvierten Service-Tests. Hierzu wurden
vom Packaging über Vernetzungs- und
Funktionstests sowie Ruhestrommes-
sungen nichts ausgelassen, um ein stö-
rungsfreies System in Serie zu bringen.
Besonders stolz können die Ingenieure
auf die integrierte LIN-Authentifizierung
sein: Nur wenn das Fahrzeug-Netzwerk
das zugehörige System eindeutig er-
kannt hat, kann zum Beispiel der Motor
des Fahrzeuges gestartet werden. Dies
ermöglicht den Schutz des Systems vor
einem Manipulations- oder Überbrück -
ungsversuch. So wird unter an derem bei
folgenden Situationen im Diebstahlfall
ein Alarm ausgelöst: Abklemmen der
Batterie (Sabotagealarm), Abklemmen
der Antenne, Überfahren eines Radius
von 400 Meter ohne ein geschaltete Zün -
dung (Bewegungsalarm).
Und noch mehr haben sich die Ingenieure
einfallen lassen: Je nach Land gibt es mitt-
lerweile die verschiedensten Ausdifferen-
zierungen des Vehicle Tracking Systems.
So kann in einigen Ländern beispielsweise
per „Fernsteuerung“ durch ein zentrales
Service Center auf Wunsch der Polizei
die Alarm anlage des Fahrzeuges aktiviert
werden. Auch das Starten des Wagens
kann mithilfe der Wiederstartverhinde-
rung (En gine Lock) unterbunden werden.
Einige Versicherungsverbände fordern
daneben eine sogenannte „Driver Card“
zur zusätzlichen Authentifizierung des
Kunden.
Dem Sicherheitswunsch der Kunden, das
Fahrzeug erst nach der Eingabe einer
Zahlenkombination über einen Handsen-
der für die Fahrt freizugeben, wurde durch
die Entwicklung des „Remote Keypad“
Rechnung getragen. Wird der Zahlencode
falsch, zu spät oder gar nicht eingege-
ben, wird eine entsprechende Meldung
an ein Service Center gesendet.
Catch me if you can
Das Porsche Vehicle Tracking System
arbeitet mit der neuesten GPS-Techno-
logie. Ein integriertes Telefonmodul ist
für die Übertragung aller Meldungen
und Befehle zwischen System und Ser-
vice Center zuständig. Im Fahrzeug wer-
den zum einen eine GPS-Antenne, eine
GSM-Antenne und das System-Steuer-
gerät verbaut. Die servergestützte Or-
tung des Fahrzeugs erfolgt nicht perma-
nent, sondern nur genau dann, wenn es
darauf ankommt: im Ernstfall. Ein stiller
Alarm wird bei Diebstahl oder bei Mani-
pulation am Fahrzeug automatisch aus-
gelöst. Oder nach Meldung durch den
Fahrzeugbesitzer.
„Sicherstellung“
Bei Diebstahl oder jeglichem Manipula-
tionsversuch des Fahrzeuges sendet das
System im Fahrzeug einen Alarm an
das „Security Operation Center“, kurz
SOC. Das SOC nimmt Kontakt mit dem
Kunden auf, um den Diebstahl zu verifi-
zieren und meldet die Fahrzeugposi-
tion automatisch der Polizei.
Da sich auch bei einem Diebstahl des
Fahrzeugs im Ausland immer das SOC
des Heimatlandes des Kunden meldet,
kann dieser immer in seiner Mutter-
sprache mit den Mitarbeitern der Zen-
trale sprechen. Durch die Vernetzung
der SOCs untereinander können Dieb-
stahlsfälle im sogenannten „Roaming“
bearbeitet werden. Das SOC im Aus-
land übernimmt in diesem Fall die Kom-
munikation mit der örtlichen Polizei.
Diese nimmt dann den Diebstahl auf und
stellt das Fahrzeug sicher.
Um dabei gefährliche Situationen, wie sie
beispielsweise bei der Verfolgung eines
Fahrzeugs auftreten könnten, zu vermei-
den, kann ein erneutes Anlassen des
Fahrzeugs vom SOC aus unterbunden
werden. Stellt der Dieb also das Fahr-
zeug ab, wird ihm ein erneuter Start un-
möglich gemacht.
Auch ein Untertauchen in der Menge –
zum Beispiel auf einem großen Park-
platz – wird mit dem System unmög-
lich: Auf Wunsch der Polizeikräfte kön-
nen aus der Ferne die Warnblinkanlage
sowie die Alarmsirene aktiviert werden.
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Special Aerodynamik
16
Air-Geiz bei Porsche
Aerodynamische Fahrzeuge sind keine Erfindung der Neuzeit. Weniger Luftwiderstand
macht Fahrzeuge immer schneller und sparsamer. Porsche kann auf jahrzehntelange
Erfahrung zurückblicken.
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Der Windkanal in Weissach zeichnet sich bis heute durch hervorragende Strömungsqualität aus.
17Porsche Engineering Magazin 1/2010
Special Aerodynamik
Air-fahrung
Der harte Kampf um Verbrauchsvorteile
spielt nicht erst heute eine entscheiden-
de Rolle. An Lösungen gegen den Wind
kämpften die Entwickler bei Porsche be-
reits im Jahr 1948. Bei der Entwicklung
des Porsche 356 in Gmünd zum Bei-
spiel wurde während der Vorbeifahrt die
Güte der Fahrzeugumströmung noch
beurteilt, indem man den Verlauf auf
der Karosserie aufgeklebter Wollfäden
dokumentierte. Der Luftwiderstand ei-
nes Porsches betrug schon damals, im
Vergleich zu konkurrierenden Fahrzeu-
gen, nahezu die Hälfte.
Wollfäden werden heute in Weissach
nicht mehr verwendet. Vielmehr hat
sich eine breite Zahl an Simulationsme-
thoden, wie Windkanäle oder computer-
gestützte Berechnungsmethoden ent-
wickelt. So nahm Porsche zum Beispiel
1986 einen eigenen Windkanal im For-
schungs- und Entwicklungszentrum in
Weissach in Betrieb und fing an, ver-
mehrt auch nicht automobilen Kunden
sein Wissen im Bereich der Aerodyna-
mik zugänglich zu machen.
Die Anlage zeichnet sich bis heute
durch hervorragende Strömungsqua-
lität aus und ermöglicht die Messung
der aerodynamischen Kräfte und Mo-
mente simultan zu den am Fahrzeug
wirkenden Drücken. Die Grenzschicht-
dicke der Strömung kann durch eine
vollflächige Absaugung im Messstreck -
enboden bedarfsgerecht beeinflusst
werden. Neben Fahrzeugen haben hier
schon viele spannende und herausfor-
dernde Kundenprojekte ihre Windschnit-
tigkeit beweisen müssen.
Ob Züge, Radrennmannschaften, Schirm -
hersteller oder Produzenten von Zel-
ten, die Bandbreite an Projekten die
Porsche Engineering begleitet ist vielfäl-
tig. Einige interne Highlights der Aero-
dynamik wollen wir Ihnen im Folgenden
vorstellen.
Stromaufwärts
Der Trend zu höheren Fahrleistungen
sowie die Konformität mit steigenden
gesetzlichen Rahmenbedingungen for-
dert eine stetige Verbesserung der
Aerodynamik. Nicht nur aus der histo-
rischen Verpflichtung heraus bleibt die
engagierte, trendsetzende Aerodyna-
mikentwicklung unser Ziel für die Zu-
kunft.
Gesetzliche Regulierungen und ein welt-
weit wachsender Energiebedarf steigern
die Nachfrage nach verbrauchsarmen,
effizienten Fahrzeugen mit einem niedri-
gen CO2-Ausstoß. Einen wesentlichen
Beitrag zur Verbrauchsreduktion kann
die Aerodynamik leisten.
Bei niedrigen Geschwindigkeiten, wie im
städtischen Verkehr, hat die Fahrzeug-
masse einen entscheidenden Einfluss auf
den Verbrauch. Der Luftwiderstand, der
mit dem Quadrat der Fahrgeschwindig-
keit ansteigt, übersteigt bereits ab ca. 80
km/h den Rollwiderstand und stellt spe-
ziell bei Überland- und Autobahnfahrten
den dominierenden Anteil am gesamten
äußeren Fahrwiderstand dar.
Dabei ist die Sicherstellung eines niedri-
gen Produktes aus cw-Wert und Stirnflä-
che (cw x A) eine wichtige, jedoch nicht
die einzige Aufgabe der Fahrzeugaero-
dynamik.
Für die Qualität eines Automobils arbei-
ten die Porsche Entwickler ständig an
neuen Lösungen um den Geradeaus-
lauf, das Spurwechselverhalten, die Sei-
tenwindstabilität und Kühlung von Mo-
toren zu verbessern.
Sowohl die effiziente Kühlung von Ge-
trieben, Bremsen und Einzelkomponen-
ten als auch Komfortaspekte wie Wind-
geräusche, Heizung und Belüftung des
Innenraums oder das Verschmutzungs-
verhalten, um nur einige der vielen
Einflüsse zu nennen, hängen von der
Umströmung und Durchströmung des
Fahr zeugs ab. Seit Generationen wird
bildlich gesprochen versucht, möglichst
wenig Widerstand zu leisten.
„Der Luftwiderstand eines Porsches betrug schon
damals, im Vergleich zu konkurrierenden Fahrzeugen,
nahezu die Hälfte.“
„Seit Generationen wird
bildlich gesprochen versucht,
möglichst wenig Widerstand
zu leisten.“
18 Porsche Engineering Magazin 1/2010
Special Aerodynamik
Aerodynamikentwicklung bei
Porsche hat lange Tradition
1948 1955 1971 1972
1986 1987 1988 1997
2000 2004 2006 2009
Bereits 1969 gab es den Porsche917 als Kurz- und Langheck. 1971 er-reichte der 917 LH auf der Mulsannein Le Mans eine Höchstge schwindig -keit von 386 km/h. Dies war bisdahin die höchste je gemessene Spit -zengeschwindigkeit eines Porsche-Rennwagens bei einem Rennen.
Der Carrera RS 2,7 war der erste911, der einen Front- und Heckspoil-er hatte. Mit dem Heckspoiler wurdeder große Auftrieb an der Hinter-achse reduziert. Für die gewünschteaerodynamische Balance zwischenVorder- und Hinterachse war auchein Frontspoiler erfor derlich.
Durch die aerodynamisch überar-beitete Karosserie mit glattflächi -gem verkleideten Unterboden undeffektivem Flügel, erreichte der959 eine Höchstgeschwindigkeitvon 317 km/h bei neutraler aero-dynamischer Auftriebkraft an derHinterachse.
Der Porsche 928 S4 hatte einen tiefstehenden Bugspoiler, einen breitenHeckflügel und eine den ganzenVorderwagen abdeckende Unterbo-denverkleidung sowie elektrischgesteuerte Kühlluftklappen. Der cw-Wert von 0,34 stellte den Best-wert dieser Baureihe dar.
Der 911 Carrera (996) bewies mit cw= 0,30 eine signifikante Ver bes se r -ung im Luftwiderstandsbeiwert der911 Baureihe. Die erst mals wasser -gekühlte Version des 911 hatte eineaerodyna misch sehr wirksame Kühl -luftführung mit Kühleranord nung vorden Vorderrädern.
Der Porsche 911 Turbo (996) setztemit einem cw-Wert von 0,31 neueMaßstäbe. Mit diesem Beiwert wurdeeine Geschwindigkeit von 305 km/herzielt. Erstmalig erhielt ein Serien-fahrzeug einen ausfahrbaren Spalt-flügel, aerodynamisch deutlich effi-zienter als der bisherige Heckspoiler.
Die cw-Werte des Porsche 911 Car-rera (997) lagen je nach Version zwi -schen 0,28 und 0,29. Trotz größererStirnfläche und höherem Kühlluftbe-darf konnte der Luftwiderstandsindexcw x A im Vergleich zum Vorgän gerauf 0,56 m² reduziert werden. Derbeste der Porsche 911-Baureihe.
Der Porsche 911 Turbo (997) hatteeinen cw=0,31 sowie einen negativ-en Auftriebsbeiwert von ca=-0,01.Der Spaltflügel wurde größer dimen-sioniert und dank seiner aerodyna-mischen Gestaltung kommt er miteiner geringeren Ausfahrhöhe aus.Neu: die Hinterachsbremsbelüftung.
Ein Highlight der Porsche PanameraSerie ist der aktive Vier-Wege-Heck-spoiler des Porsche Panamera Turbo, der dank optimalem Manage-ment von Anstellwinkel und Flächen-geometrie höchste Aerodynamikund Performance bringt. PorschePanamera S cw-Wert: 0,29.
wurde die neue 911-Baureihe 964vorgestellt. Das besondere Entwick-lungsfeature war eine radikale Aero-dynamikverbesserung um über 10%gegenüber dem Vorgängermodell.Der geringe cw-Wert von 0,32 unddie kleine Stirnfläche von 1,79 m² er-gab einen cw x A-Wert von 0,573 m².
Der 550 Spyder erhielt für dieHochgeschwindigkeitsstreckeAvus in Berlin eine Abdeckungdes Seitensitzes, der Räder undeine kleine Frontscheibe.
Um die Güte der Fahrzeugumströ-mung zu beurteilen, wurde beim 356die Karosserie mit Wollfäden beklebt.Der 356/2 “Gmünd” erreichte einencw-Wert von 0,29 und hatte eineStirnfläche von 1,62 m². Daraus er-gab sich der erstaunlich gute cw x A -Wert von 0,470 m².
Complete Vehicle Boxster Spyder
19
Hut ab! Boxster Spyder als Derivatentwicklung
Gesucht wurden: Extreme Wendigkeit
und die Fähigkeit, schnell aus der Kurve
heraus zu beschleunigen. Dabei sollte
das Fahrzeug leicht, stark, konsequent
offen und dabei höchst effizient werden.
Das Resultat kann sich sehen lassen.
Die einzelnen Fachbereiche von Porsche
Engineering haben mit dem Boxster
Spyder bewiesen, dass Gesamtfahrzeug-
kompetenz in allen Fachbereichen und
Modulkompetenz im Speziellen, gepaart
mit schlanken Entwicklungsprozessen,
zu einem Derivat führt, das seines Glei-
chen sucht.
Wenn weniger mehr ist
Der Boxster Spyder ist mit seinen 1.275
Kilogramm das leichteste Modell der
gesamten Porsche-Palette. Dennoch
leistet er ganze 320 PS – 10 PS mehr
als im Boxster S. Ausgestattet mit dem
Porsche -Doppelkupplungsgetriebe
(PDK) und Sport Chrono Paket be-
schleunigt er in 4,8 Sekunden auf 100
Stundenkilometer. Die Höchstgeschwin-
digkeit beträgt 267 Stundenkilometer –
mit offenem Verdeck. Die Karosserie ist
um 20 Millimeter tiefergelegt, was zu-
sammen mit den Gewichtsreduzierungs-
maßnahmen eine Absenkung des Schwer -
punkts um 25 Millimeter bedeutet. Das
sehr sportliche Fahrwerk des Boxster
Was und für wen die Ingenieure von Porsche Engineering tätig sind, ist oft streng
geheim. Dass wir Porsche Derivate entwickeln können dagegen nicht. Hut ab für
den neuen Boxster Spyder!
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Kompromisslose Offenheit
Complete Vehicle Boxster Spyder
für das Entwicklungsteam von Porsche
Engineering eine besondere Herausfor-
derung dar. Einem verkürzten Produkt-
entstehungsprozess standen lange Werk -
zeuglaufzeiten entgegen. Die Abmaße
von 1,5 Meter auf 1,5 Meter erforderten
Erfindungsreichtum speziell auch im
Hinblick auf die Lackierung und Fahr-
zeugendmontage. Durch Simultaneous
Engineering wurden schon während der
Stylingphase mit ersten CAD-Flächen Be -
rechnungsmodelle, sowohl für Umform-
simulationen als auch für statische und
dynamische Festigkeitsuntersuchungen,
aufgebaut. Die Ergebnisse dieser Unter-
suchungen wurden auf Leichtbaupoten-
zial überprüft und mit den ersten Konzep-
ten der Anschlussbauteile abgeglichen.
Entwickler und Designer stimmten not-
wendige Änderungen gemeinsam ab.
Durch diese kompakten Iterationsschlei-
fen konnte ein schnelles Designrelease
und eine mit nur einem Monat Abstand
folgende Werkzeugfreigabe realisiert wer-
den. Erste Bauteilversuche und Modul -
erprobungen waren schon zwölf Monate
nach Start des Projekts möglich. Begon-
nen wurde insbesondere mit den Schnitt -
stellen zum Verdeck und der aufwändi gen
Optimierung von Class-A-Aluminiumau-
ßenhautbauteilen.
Für alles offen
Hinsichtlich der „Kopfbedeckung“ war
schnell klar: Ein offenes Fahrzeugkonzept
braucht – wie der Name schon sagt –
eigentlich überhaupt kein Dach. Und
schon gar nicht ein elektrisches. Wenn,
dann ein manuelles. Für dieses sehr
sportliche Fahrzeug wurde ein puristi-
Spyder zeichnet sich durch steife und
kurze Federn, große Querstabilisatoren
an Vorder- und Hinterachse und eine an-
gepasste Abstimmung von Zug- und
Druckstufe der vier Stoßdämpfer aus.
Heck sucht Deckel
Ein für das Fahrzeug wesentliches Erken-
nungsmerkmal, der Heckdeckel, stellte
Prozessschritte der Bezugsentwicklung
Zuschnittsermittlung Bewährungsprobe
� Prüfung auf Passgenauigkeit, Funktion
und Optik
� Bezug erfüllt alle technischen und
optischen Anforderungen
� Überprüfung der Verdeckkontur mithilfe
von Strakschablonen
� Befestigung von losen Verdeckteilen
an den Anbauteilen am Fahrzeug
� Festlegung von Nähten und Konturen
� Anfertigen von Zuschnittschablonen
(Pattern) in Handarbeit
� Abstimmung aller Zuschnittschablonen
hinsichtlich Nahtstrecken und -verläufe
Beschriftung und Digitalisierung der fertigen Zuschnittschablonen
� Lagenbild für den Cutter
� Ermittlung der optimalen Stoffausnutzung und des Stoffverbrauchs
Am Anfang der Bezugentwicklung steht die Zuschnittsermittlung. Während der ersten Entwick lungs -
schleife (trim loop) werden lose Verdeckstoffteile an den Anbauteilen am Fahrzeug mittels Klebe-
band und Clipsen befestigt, um danach Nähte und Konturen festzulegen. Die Stoffteile werden
nacheinander abgenommen und auf Zuschnittschablonen (Pattern) per Handarbeit übertragen.
Dann werden die Zuschnittschablonen hinsichtlich Nahtstrecken und Nahtverläufen aufeinander
abgestimmt und durch Nahtzugaben, Zwicke und Markierungen ergänzt.
Complete Vehicle Boxster Spyder
21
nen Spriegel am Überrollbügel bestimmt,
was eine elegante Linienführung ergibt.
Auch die Art der Materialien wie z. B.
Carbon und Aluminium wurden zur Ge-
wichtsoptimierung gewählt.
Das Wesentliche im Blick
Die Anforderungen an das Verdeck wur-
den in der Entwicklung des Verdeckbe-
zuges konsequent verfolgt und umge-
setzt. Auf entbehrliche und aufwändige
Extras wie den Innenhimmel wurde ver-
zichtet und die Bauteilanzahl minimiert.
Als nächster Entwicklungsschritt folgte
die Übergabe des Projektes an den Se-
rienlieferanten, dem neben einem elek -
tronischen Schablonensatz ein Anschau-
ungsmuster (Master Sample), die Stück -
liste und eine ausführliche Nähanleitung
und Montageanleitung zur Verfügung
gestellt wurde. Mit diesen Informatio-
nen konnte der Serienlieferant seine In-
dustrialisierung beginnen und die für
die Serienfertigung notwendigen Einzel-
sches Verdeck, ein sogenanntes „Not-
verdeck“ entwickelt. Der zweiteilige Auf-
bau ermöglicht es, das Verdeck als reines
Sonnensegel zu verwenden, was ein völlig
neuartiges Fahrgefühl vermittelt. Porsche
Engineering hat dieses Notverdeck bis
zur Serienreife entwickelt, erprobt und
freigegeben.
Frei gemacht
Alle Ziele der Entwicklung wurden reali-
siert. Resultat ist ein sehr leichtes und
in der Bedienung einfaches Softtop, wel -
ches dem Fahrer Schutz vor Wind und
Regen bietet. Auch der Fahrspaß mit Ver -
deck kommt nicht zu kurz, es ermög-
licht mit montiertem Notverdeck eine
freigegebene Höchstgeschwindigkeit von
200 Stundenkilometer.
Die technische Besonderheit des Ver-
decks ist die neuartige Konstruktion.
Sie ermöglicht es, das Verdeck optimal
zusammenzulegen und im Kofferraum
zu verstauen, ohne das Kofferraumvolu-
men zu verringern. Die Handhabung des
manuellen Verdecks ist aufgrund seiner
wenigen Anbindungspunkte am Fahrzeug
sehr benutzerfreundlich und in kurzer
Zeit realisierbar. Das Verdeck wird über
den Dachrahmen am Windlauf, über ein
Spannseil hinter dem Überroll-Bügel
und über die Finnen am Heckdeckel fi-
xiert. Die Kontur wird zusätzlich über ei-
Porsche Engineering Magazin 1/2010
teile und Betriebsmittel beschaffen, sein
Lagenbild legen, Arbeits- und Montage-
anweisung erstellen sowie seine Ferti-
gungslinie aufbauen. Ziel ist stets die
optimale Abstimmung zwischen Entwick -
ler und Lieferanten.
Der Boxster Spyder ist eine sehr sportli-
che Variante der Boxster Baureihe. Eine
weitere Steigerung des Fahrspaßes und
der Fahrdynamik-Performance standen
daher an oberster Stelle des Lastenhefts
der Fahrwerkentwickler von Porsche En-
gineering. Zur Erreichung dieses Ziels
wurde dennoch ein für den Kunden
ganz wichtiges Merkmal, der Fahrkom-
fort, keineswegs außer Acht gelassen.
Intensive Feinarbeit an Federung und
Dämpfung ermöglichte einen sehr ge-
lungen Kompromiss aus Fahrkomfort
und Fahrdynamik. Gegenüber dem Basis-
modell wurden beim Boxster Spyder eini-
ge wesentliche Fahrwerksveränderungen
vorgenommen, mit dem die Entwickler
genau richtig liegen. Zentrales Merkmal
Vergleich der Z-Radgewichte des Boxster Spyder zu Boxster S
19-Zoll Boxster Spyder Rad zu
18-Zoll Boxster S Rad
-3%
-2%
19-Zoll Boxster Spyder Rad zu
19-Zoll Boxster S Carrera Sport Rad
-9%
-12%
Vorderachse
Hinterachse
Heck mit Hutzen im
Carrera GT-Look
22 Porsche Engineering Magazin 1/2010
Complete Vehicle Boxster Spyder
Leicht, effizient
und offen
ist ein um 20 Millimeter tiefergelegtes
Sportfahrwerk mit konventioneller Dämp -
fung. Hinzu kommt eine serienmäßig
verbaute mechanische Hin terachs quer -
sperre, die für die Basismodelle nur als
Option angeboten wird. Im Rahmen der
Leichtbauzielsetzung wurden Räder der
Größen 8,5J x 19“ und 10J x 19“ in einem
eigenständigen gewichtsoptimierten De -
sign entwickelt. Serienmäßig werden
Sommerreifen der Dimension 235/40
R19 und 265/35 R19 verbaut.
Easy going
Die Räder sind als Aluminium-Gussräder
in Flow-Forming-Technologie ausgeführt.
Porsche Engineering war verantwortlich
für die komplette Entwicklung der Bau-
teile. Im Weiteren wird eine Ge genprü -
fung und Bewertung der FE-Rechnung
vom Zulieferer vorgenommen sowie die
Koordination und Überwachung von des-
sen Entwicklungsablauf sowie sämtlicher
externer und interner Prüfungen, die zur
Bemusterung und Freigabe dienen. Das
Ergebnis dieser herv orragenden Detail-
optimierung ist ein reduziertes Rad- und
damit auch Z-Radgewicht.
Die Fahrdynamikauslegung des Boxster
Spyder profitiert von den hervorragen-
den dynamischen Fahrwerkseigenschaf-
ten des Basismodells. Die Absenkung
der Trimmlage ergab weiteres Potenzial
durch einen niedrigeren Schwerpunkt.
Aufgrund der 20 Millimeter Tieferstel-
lung, der geänderten Fahrzeugmasse
und den fahrdynamischen Anforderungen
wurden die Tragfedern neu ausgelegt.
Die Steifigkeiten ergeben in Konstruk-
tionslage eine steigende Aufbaueigen-
frequenz von Vorder- zur Hinterachse.
Dies reduziert die Nickempfindlichkeit
beim Überfahren von Wellen und ermög-
licht einen schnelleren Querbeschleuni-
gungsaufbau.
Kern der Fahrdynamikauslegung ist die
Auslegung der Stoßdämpferkennungen.
Spezielles Augenmerk wurde auf eine
hohe dynamische Wankabstützung, eine
möglichst geringe dynamische Radlast-
änderung für optimale Traktion an der
getriebenen Achse und ein schnelles
An sprechverhalten beider Achsen für
ein spontanes Einlenkverhalten gelegt.
Durch das Applizieren eines sehr ausge-
glichenes Verhältnis von Zug- und Druck-
dämpfung wurden diese Anforderungen
umgesetzt. Die Stabilisatoren wurden
gezielt für eine möglichst wanksteife und
neutrale Wankratenverteilung ausgelegt.
Das Ergebnis dieser Fahrwerkabstim-
mung ist ein sehr agiles und präzises
Fahrverhalten mit einer ausgeprägten
Neutralität zur Ereichung maximaler
Quer beschleunigung gepaart mit klas-
senüblichem Fahrkomfort.
Die Aluminium-Gussräder sind in Flow-Forming Technologie ausgeführt.
Drivetrain Luftfedersysten
23
Gut gefedert – das Luftfedersystem des Porsche Panamera
Der neue Porsche Panamera bietet dem
Fahrer erstmals die Möglichkeit, frei zu
wählen, ob er mit einem komfortabel
sportlich oder betont dynamisch abge-
stimmten Fahrzeug unterwegs sein will.
Den Ingenieuren ist es gelungen, ein
gleichermaßen komfortables als auch
sportliches Fahrwerk über das bislang
bekannte Leistungsvermögen hinaus mit
einem einzigen System darzustellen. Um
die für Porsche charakteristischen und
traditionellen Fahreigenschaften zu er-
füllen, wurden beim Fahrwerk und den
Fahrwerksystemen des neuen Porsche
Panamera wichtige Leitlinien erstellt:
maximale Fahrdynamik, ausgezeichnete
Traktion und exzellente Beherrschbar-
keit. Ebenfalls stehen der Fahrspaß und
die Agilität des Fahrzeugs ganz oben
auf der Anforderungsliste.
Komponenten, die zusammenspielen
Das von Grund auf neu entwickelte Luft-
federsystem in Leichtbauweise besteht
aus vier Luftfedern mit schaltbarem Zu-
satzvolumen zur Veränderung der Feder-
rate. Zusätzlich verfügt es über ein Luft-
versorgungssystem mit Kompressorag-
gregat, Druckspeicher und Magnetventil-
block. Um die Komponenten zu vervoll-
ständigen, kommen vier Höhensensoren,
ein Drucksensor, ein Temperatursensor,
drei Aufbaubeschleunigungs sensoren so-
wie ein Steuergerät für das Luftfedersys -
tem und Porsche Active Suspension
Management System (PASM) hinzu.
Zum Luft rauslassen
Eine grundlegende Neuerung stellt die
Luftversorgungsanlage dar, die Druck -
luft für das Luftfedersystem zur Verfü-
gung stellt. Charakteristisch hierfür ist
das geschlossene Funktionsprinzip.
Mit dem aktiven Luftfederfahrwerk des neuen Porsche Panamera ist es den Porsche
Ingenieuren gelungen, die bestmögliche Abstimmung zwischen Fahrdynamik und
Komfort zu erreichen.
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Komponenten und Bauteile des
Luftfedersystems
Luftfederbein an der Vorderachse
Drivetrain Luftfedersystem
Porsche Engineering Magazin 1/2010
wickelte Kompressor, werden im Pan-
amera erstmalig bei einem europäischen
Premium-Hersteller in einem Ober klasse
Fahrzeug verwendet.
Nach allen Regelungen der Kunst
Die schaltbaren Federraten setzen sich
hauptsächlich aus einem in die Luftfedern
integrierten, neu entwickelten Ventil und
einer speziell auf die Anforderungen des
Porsche Panamera entwickelten und ab-
gestimmten Regelstrategie zusammen.
Zur Federratenschaltung wurde von den
Porsche Ingenieuren eine komplexe Re-
gelstrategie entwickelt, da nicht nur die
Anwahl durch den Fahrer, sondern auch
In geschlossenen Systemen bleibt das
Energieniveau im Fahrzeug erhalten, so-
dass sich einige prinzipbedingte Vortei-
le ergeben. In einem offenen System
wird die Luft aus der Umgebung in ei-
nen Speicher gefüllt. Aus diesem wird
die Luftfeder bei Anheben des Fahrzeu-
ges oder bei einer Zuladung befüllt.
Beim Reduzieren der Beladung oder
zum Absenken des Fahrzeuges wird
Luft in die Umgebung abgelassen. In ei-
nem geschlossenen System wird die für
die Regelvorgänge erforderliche Luft-
menge von einem Speicher in die Luft-
federn und zurück gefördert.
Die im geschlossenen System herrschen -
den sehr geringen Druckunterschiede
erzeugen einen deutlich verbesserten
Wirkungsgrad. Zusätzlich bietet das ge-
schlossene System eine Energieredu -
zierung auf rund ein Drittel und eine
Verkürzung der Kompressorlaufzeit auf
etwa ein Viertel und dies bei überlegener
Regelgeschwindigkeit, was bei offenen
Funktionssystemen nicht der Fall ist.
Die geschlossene Luftversorgung und
der speziell für diese Anwendung ent-
Kompressor für
das geschlossene
Luftfedersystem
der momentane Fahr- und Fahrzeugzu-
stand Einfluss auf den Schaltprozess hat.
Zusätzlich zu den horizontal-dynamischen
Vorgängen werden auch die vertikal-dyna-
mischen Bewegungen mit einberechnet,
um den idealen Umschaltzeitpunkt zu be-
stimmen, dessen Optimum stets in der
aktuellen Niveau-Soll-Position liegt. Dazu
ist unter anderem eine Erkennung von
aufbau- und raddominanten Signalantei-
len erforderlich, die je nach Auftreten
unterschiedliche Strategien zur Feder -
ratenverstellung zur Folge haben. Darü-
ber hinaus werden zahlreiche Son derfälle,
beispielsweise die Erwärmung des Luft-
volumens während der Fahrt, von der
Schaltstrategie berück sichtigt. Ziel dieser
Regelung ist, dass das Fahrzeug auch im
Sport-Plus-Modus ein immer identisches,
für den Fahrer bekanntes und vorherseh-
bares Fahr ver halten aufweist.
Großes Leichtgewicht
Bei der Konstruktion der Luftfedern ist es
den Porsche Ingenieuren gelungen, die
hohe Spreizung der Federraten mit einer
kompakten Bauform zu vereinen. We-
sentlicher Faktor dabei war die Entwick -
lung eines Zusatzvolumen-Ventils, das
sich gegenüber dem aktuellen Stand der
Technik durch kleinere Abmessungen
Stützlager Schaltventil Zusatzvolumen
Schaltbares Luftvolumen
Basis Luftvolumen
Luftfederbalg (Feder)
Faltenbalg
Zusatzfeder
Außenführung
PASM-Stoßdämpfer
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25Porsche Engineering Magazin 1/2010
Drivetrain Luftfedersystem
Vorderachse Porsche Panamera Turbo Hinterachse Porsche Panamera Turbo
und ein geringeres Gewicht auszeichnet.
Unterstützt wird die leichtgewichtige Kon -
struktion durch eine Auslegung der Luft -
federn, die zu einer Minimierung der be-
nötigten Luftvolumina führt.
Neben der großen Spreizung und dem
geringen Bauteilgewicht war es von gro-
ßer Bedeutung für die Luftfedern, ein für
diese Fahrzeugklasse sehr komfortables
Federungs- und insbesondere Anfeder-
verhalten zu erreichen, das entschei-
dend für den Komforteindruck ist. Die-
se Herausforderung wurde gemeistert,
indem sehr dünnwandige Luftfederbälge
mit entsprechend ausgewählten Gummi-
mischungen in Kombination mit einer
dünnwandigen Aluminium Außenfüh-
rung eingesetzt wurden. Die Vorderach-
se ist eine Doppelquerlenker-Achse, bei
der die Luftfeder inklusive Schaltventil
und Zusatzvolumen zusammen mit dem
Dämpfer eine kompakte Einheit bildet.
In der Mehrlenkerhinterachse sind der
Dämpfer und die Luftfedereinheit ge-
trennt angeordnet.
Trotz sehr eingeschränkten Bauraumes
konnte eine freistehende Luftfeder (Luft-
feder ist nicht koaxial auf dem Dämpfer
angeordnet) mit integriertem Zusatzvolu-
men und Schaltventil entwickelt werden.
Eine weitere Besonderheit der Hinter-
achsluftfeder ist, dass erstmalig eine frei-
stehende Luftfeder mit Außenführung zur
Optimierung des Komfortverhaltens zum
Einsatz kommt. Durch den konsequenten
Einsatz von Kunststoff konnte das Ge-
wicht des Luftfedermoduls entscheidend
gesenkt werden.
Freischwimmer inklusive
Die Porsche Ingenieure entwickelten ge-
meinsam mit dem Entwicklungs- und
Systemlieferanten einen Kompressor
speziell für die Anwendung in einem
geschlossenen Luftfedersystem. Elek -
tromotor, Verdichter, Trockner und Um -
schaltventile sind zu einem Modul inte-
griert worden. Das bietet gegenüber
offenen Luftfedersystemen einen Ge-
wichtsvorteil von rund einem Kilogramm.
Das Luftversorgungssystem ist wasser-
geschützt und komplett wartungsfrei.
Zur Ergänzung von Leckagen und zum
Ausgleich von hohen Temperatur schwan -
kungen wird Luft aus der Umgebung
nachgefüllt. Um Vereisungen zu entge-
hen, wurde von den Entwicklern eine
komplexe Regelstrategie entwickelt, die
es ermöglicht, die Luft zu trocknen.
Richtig gesteuert
Aufgrund des großen Systemumfangs
und der Vielzahl an Leistungsendstufen
des Porsche Panamera-Luftfedersys tems
entwickelte Porsche eine neue Steuerge-
räte-Hardware-Plattform. Dasselbe Steu-
er gerät wird als Variante auch für das
PASM-System ohne Luftfeder eingesetzt.
Strategisch geregelt
Die einzelnen Softwaremodule sind mo-
dular aufgebaut und so konzipiert, dass
diese in Folgeprojekten wieder verwen-
det werden können. Bereits vor Erstel-
lung einer ECU-Software kann der Soft-
wareentwickler frühzeitig mithilfe von
MIL (Modell-in-the-Loop) oder SIL (Soft-
ware-in-the-Loop) die Funktionsfähigkeit
seines Moduls oder Komponente PC-
gestützt simulieren oder mithilfe der ent -
sprechenden Hardware (zum Beispiel
einer Autobox) direkt im Fahrzeug tes -
ten, ohne auf die Erstellung einer kom-
pletten ECU-Software angewiesen zu
sein. Dies führte zu einer deutlich ver-
kürzten Entwicklungszeit und gewähr -
leis tet eine hohe Flexibilität bei Ände-
rungen in der Programmierung und im
Entwicklungsprozess.
Drivetrain Schaltkraftsimulator
26
Schaltkraft wird spürbar
Sowohl in der Eigen- als auch der Kun-
denentwicklung setzt Porsche Enginee-
ring seit 2005 einen selbst entwickel-
ten Simulator, die erste Generation, ein,
der die Schaltkraft eines beliebigen Ge-
triebes bereits in der frühen Konzept-
phase fühlbar macht. Dies ermöglicht,
wertvolle Entwick lungszeit und Kosten
zu sparen.
Noch vor wenigen Jahren beruhte die De-
finition neuer Fahrzeugschaltungen in frü-
hen Entwicklungsstadien fast ausschließ-
lich auf der Erfahrung weniger Ingenieure
und nur vereinzelt auf reinen Simulati -
Einen optimalen Schaltkomfort und ein markentypisches Schaltgefühl sicherzustellen –
das sind Anforderungen, auf die Porsche Engineering seit eh und je ein besonderes
Augenmerk legt.
onen. Seit der Fertigstellung des ersten
Schaltkraftsimulators bei Porsche können
Erfahrungen aus dem Versuch und die va-
riable Möglichkeit der Simulation mitein-
ander verknüpft werden. Bereits vor der
Verfügbarkeit erster realer Prototypen
kann die Charakteristik des „Schaltens“
gespürt werden, subjektiv bewertet und
erste Optimierungen definiert werden.
Der Simulator wird mit maßstabsgetreu-
en Sitzkisten kombiniert, mit denen die
jeweilige Fahrerumgebung fahrzeugspe-
zifisch nachgebildet wird. Die Testper-
son nimmt so ihre tatsächliche Position
im Fahrzeug ein. Einflüsse aus der Ergo-
nomie auf den Schaltvorgang werden
beim Schaltkraftsimulator durch die rea-
listische Sitzposition mit berücksichtigt.
Eine Echtzeit-Simulations-Software bildet
die Getriebeschaltung ab. Dabei werden
neben schaltspezifischen Parametern
auch die Einflüsse des Fahrzeugs auf
das Getriebe berücksichtigt, zum Beispiel
durch die Aggregatlager oder die Seiten-
wellen. Die Schaltkräfte werden in Echt-
zeit berechnet und durch spezielle Elek -
tromotoren am Handschalthebel spürbar
gemacht. Die Auswirkungen feinster
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Von Porsche Engineering entwickelter Schaltkraftsimulator der 2. Generation
bietet erweitertes Anwendungsspektrum
Drivetrain Schaltkraftsimulator
27
Veränderungen der computergestützten
Parameter sind sofort am Handschalthe-
bel fühlbar. Entspricht die gefühlte Cha-
rakteristik nicht den Wünschen, können
die Kräfte, Wege und Geometrien der
Schaltung per Mausklick in Echtzeit neu
definiert und optimiert werden.
Das von Porsche Engineering entwickel-
te System unterstützt Fahrzeugingenieu-
re bereits in der Konzeptphase bei der
Definition der gewünschten Kraftverläu-
fe. So lässt sich der Schaltkomfort zu ei-
nem frühen Projektstand objektiv und
reproduzierbar bewerten. Darüber hin-
aus kann in jeder Entwicklungsphase
unter gleichen Rahmenbedingungen über -
prüft werden, ob die gewünschte Schalt-
charakteristik noch gehalten werden
kann, ohne dass ein Getriebeprototyp ein -
gesetzt werden muss.
Mit den Erfahrungen aus einer Vielzahl
von Kundenentwicklungsprojekten und
Porsche-internen Einsätzen wurde dieses
Jahr die zweite Generation des Porsche-
Schaltkraftsimulators fertiggestellt und
bereits erfolgreich bei der Sportwagenent-
wicklung in Betrieb genommen. Durch die
deutlich höhere Rechenleistung des neuen
Simulators in Verbindung mit einem neu
entwickelten Verfahren zur Rechenzeitop-
timierung ist es jetzt möglich, in der klas-
sischen Schaltsimulation (Offline/PC) und
auf dem Schaltkraftsimulator (Echtzeit -
hardware) die gleichen Modelle zu betrei-
ben. So können hochgenaue Modelle der
Sperrsynchronisierung eingesetzt werden,
die bisher nur in der Offline-Simulation
zum Tragen kamen. Darüber hinaus wird
durch die Vereinheitlichung der Modelle
der Aufwand für die Erstellung des Echt-
zeitmodells deutlich reduziert.
Doch nicht nur die Rechenleistung der
Echtzeiteinheit wurde verbessert. Wäh-
rend die Aktuatoren der ersten Genera-
tion auf Komfortschaltungen ausgelegt
waren, ist die zweite Generation der Si-
mulatoren dazu in der Lage, auch Kräfte
zu erzeugen, die erst bei sehr sportlichen
Schaltungen auftreten.
Hierzu kommen spezielle rotatorische
Elektromotoren zum Einsatz, die exklusiv
für Porsche Engineering entwickelt wur-
den. In Schaltrichtung werden zwei dieser
Motoren parallel betrieben, um maximale
Kräfte bei gleichbleibend hoher Dynamik
stellen zu können. In Wählrichtung gibt
ein Motor die berechneten Kräfte aus.
Insgesamt bietet der vollständig neu ent-
wickelte Schaltkraftsimulator der zweiten
Generation ein deutlich erwei tertes An-
wendungsspektrum. Neben der Rastier-
kraftauslegung in Schaltrichtung und der
Beurteilung der Schaltimpulse können
Schaltstörungen mit verbesserter Genau-
igkeit dargestellt werden; egal, ob es sich
dabei um doppelte Druckpunkte oder um
Schaltkratzen bei Tieftemperatur bezie-
hungsweise aufgrund von Schwingungen
im Triebstrang handelt. Zusätzlich zur
Schaltrichtung sind kombinierte Untersu-
chungen mit der Wählrichtung möglich,
wie zum Beispiel der Einfluss verschiede-
ner Wähl kraftverläufe und Kulissenkontu-
ren auf die Schrägschaltbarkeit. Auch
Schlag sperrenkräfte lassen sich auf Knopf -
druck spürbar machen und abstimmen.
Der Schaltkraftsimulator bietet den Vor-
teil, dass nicht nur fertig konstruierte
Komponenten „zum Leben erweckt“ wer-
den können. In der Simulation ist es
möglich, Ideen und Konzepte subjektiv
zu beurteilen, von denen bisher nur eine
grobe Funktionsbeschreibung existiert.
Dadurch ist es möglich, schnell erfolgver-
sprechende Konzepte zu identifizieren
und dann zielgerichtet mit der Detailkon-
struktion und Umsetzung in der Hard-
ware zu beginnen.
Porsche Engineering Magazin 1/2010
Aktuatorik der 2. Generation
Es gibt viele Möglichkeiten, eine Entwicklung zu optimieren.
Mehr als 2 wären aber Verschwendung.
Entwicklungsleistung: Porsche Engineering.
Entwicklungsprozess: Porsche Consulting.
Hier erfahren Sie mehr – www.porsche-consulting.com.