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Pressegespräch
Die Neurobiologie des Glücks Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert Freitag, 25. November 2011, 11.30 Uhr im Rahmen des DGPPN Kongresses Ort: ICC Berlin, Raum 43, Neue Kantstraße/Ecke Messedamm, 14057 Berlin
Inhalt Pressemappe
Programm
Die Neurobiologie des Glücks – Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert
Pressetext zum gleichnamigen Buch von Tobias Esch
Die Suche nach dem Glück – eine Frage der Perspektive?
Redemanuskript von Tobias Esch
Das Glück des Arztes – Gebraucht zu werden kann auch überfordern
Pressemitteilung
aus Kapitel 5 „Warum es das Glück in der Medizin so schwer hat(te)“, S. 18ff.
aus Kapitel 8 „Neurobiologie des Glücks: Motivation und endogene Belohnung“, S. 66f.
aus Kapitel 12 „Positive Psychologie und Glück in der eigenen Praxis“, S. 152f.
Buchauszüge
Lebenslauf von Tobias Esch
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Pressegespräch
Die Neurobiologie des Glücks Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert Freitag, 25. November 2011, 11.30 Uhr im Rahmen des DGPPN Kongresses Ort: ICC Berlin, Raum 43, Neue Kantstraße/Ecke Messedamm, 14057 Berlin Programm:
Begrüßung Glück – neurobiologisch gesehen Glück entsteht, vereinfacht gesagt, im Gehirn. Ein körpereigenes Belohnungssystem, das Glücksbotenstoffe wie Dopamin, Serotonin und endogene Opioide und Opiate ausschüttet, sorgt für die begehrte wohlige Empfindung. Unsere Fähigkeit glücklich zu sein, ist etwa zur Hälfte angeboren, also in der genetisch festgelegten Struktur unseres Gehirns begründet. Nur etwa 10 Prozent hängen von den äußeren Umständen ab. Die restlichen 40 Prozent liegen im Bereich unserer Möglichkeiten. Das heißt, wir können unser Glücksempfinden aktiv beeinflussen. Und zwar indem wir in unserem Gehirn die strukturellen Voraussetzungen dafür schaffen und die Ausschüttung von Glücks-botenstoffen aktiv fördern: etwa durch positives Denken, Genuss und Achtsamkeit. Glück und Gesundheit Aktuelle Forschungen belegen: Glückliche Menschen leben länger, sie erkranken seltener und weniger schwer, sie werden auch schneller wieder gesund. Sie haben weniger Stresshormone im Blut und ein insgesamt deutlich reduziertes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es lohnt sich also, sein körpereigenes Belohnungssystem zu aktivieren, denn die Auswirkungen – nicht nur auf die seelische, sondern auch auf die körperliche Gesundheit – sind ganz unmittelbar. Das Glück des Arztes „Deine erste Pflicht ist, dich selbst glücklich zu machen. Bist du glücklich, so machst du auch andere glücklich“ (Ludwig A. Feuerbach, 1804-1872). Therapeuten, Psychologen und Mediziner tragen in großem Maße zum Glück der Menschen bei, indem sie körperliche wie seelische Beschwerden lindern und Krankheiten heilen. Ihr eigenes Glück bleibt dabei im Berufsalltag oft auf der Strecke, wenn sich das positive Gefühl des Gebraucht-werdens in das negative Gefühl der Überforderung und des Nicht-abschalten-könnens umkehrt. Techniken aus der Positiven Psychologie und der Mind-Body-Medizin können ihnen helfen, den Weg (zurück) in ein glückliches und zufriedenes Leben zu finden. Fragen an Professor Dr. Tobias Esch und Diskussion
Die Neurobiologie des Glücks
Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert
Stuttgart, November 2011 – Macht Geld wirklich glücklich? Wo leben
die glücklichsten Menschen? Ist jeder selbst seines Glückes Schmied?
Wahres Glück kommt von innen, sagt der Volksmund. Junge
Wissenschaftszweige wie die Positive Psychologie und die Mind-Body-
Medizin, die sich mit dem Phänomen Glück beschäftigen, bestätigen
das. Aber was passiert „innen“ eigentlich genau? Welchen Einfluss
haben wir darauf? Und wie können Ärzte, Psychologen und
Therapeuten die neuesten Erkenntnisse für sich und ihre Patienten
nutzen? Das erklärt Tobias Esch in seinem neuen Buch „Die
Neurobiologie des Glücks – Wie die Positive Psychologie die Medizin
verändert“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011).
Glück entsteht, vereinfacht gesagt, im Gehirn. Ein körpereigenes
Belohnungssystem, das Glücksbotenstoffe wie Dopamin, Serotonin und
endogene Opioide und Opiate ausschüttet, sorgt für die begehrte wohlige
Empfindung. Ist jeder seines Glückes Schmied? Ja, sagt die Wissenschaft,
zumindest zu einem wesentlichen Teil – wenn sie diesen auch nicht exakt
beziffern kann. Rund 40 Prozent unseres Glücksempfindens, so schätzen
Glücksforscher wie Martin Seligmann oder Sonja Lyubomirsky, gehen auf
unser eigenes Konto. Unserer Fähigkeit glücklich zu sein, ist etwa zur
Hälfte angeboren, also in der genetisch festgelegten Struktur unseres
Gehirns begründet. Nur etwa zehn Prozent hängen von den äußeren
Umständen ab. Die restlichen 40 Prozent liegen im Bereich unserer
Möglichkeiten, das heißt, wir können unser Glücksempfinden aktiv
beeinflussen. Und zwar, indem wir die strukturellen Voraussetzungen in
unserem Gehirn dafür schaffen und die Ausschüttung von
Glücksbotenstoffen aktiv fördern: etwa durch positives Denken, Genuss,
Achtsamkeit oder Flow-Erlebnisse. „Die gute Botschaft ist: Das können
wir trainieren“, so Autor Tobias Esch.
In seinem Buch vermittelt der Neurowissenschaftler und Professor für
Integrative Gesundheitsförderung auf der Grundlage aktueller
Erkenntnisse aus Neurobiologie, Hirnforschung und Positiver Psychologie
fundiertes Grundlagenwissen für Ärzte, Psychologen und Therapeuten,
aber auch für wissenschaftlich interessierte Laien. Dabei geht er zunächst
der Frage nach, was Glück aus Sicht von Psychologie und Medizin
eigentlich ist, wo Glücksempfinden neurobiologisch gesehen entsteht und
wie es ausgelöst wird. Im zweiten Schritt geht es um die Frage: Was
schafft Glück? Welche Lebenshaltung und Denkweise, welches Tun und
auch Nicht-Tun machen nachweislich glücklich? Und schließlich geht es
um die angewandte Positive Psychologie, um die „Glückspraxis“. Was
kann jeder konkret tun, um Glück zu empfinden? Dabei legt Esch
besonderes Augenmerk auf die spezielle Situation behandelnder Ärzte,
Psychologen und Therapeuten. Obwohl gut ausgebildet, in einem
offenkundig sinnvollen Beruf mit hohem sozialem Ansehen und gutem
Einkommen tätig, fühlen sie sich oft nicht glücklich, sondern vielmehr
überfordert und in vielen Fällen vom Burn-out bedroht. Sie finden hier
viele Hinweise und konkrete Tipps, wie sie ihr eigenes Leben (wieder) in
glückliche und zufriedene Bahnen lenken und diese Erfahrung und
Grundstimmung auch in ihre berufliche Praxis zum Wohle ihrer Patienten
mit einbringen können.
Tobias Esch Die Neurobiologie des Glücks Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2011 EUR [D] 34,99 | EUR [A] 36,00 | CHF 49,00 ISBN 978 3 13 166111 1
Die Suche nach dem Glück – eine Frage der Perspektive?
Redemanunskript von Professor, Dr. Tobias Esch, Arzt, Neurowissenschaftler
und Professor für Integrative Gesundheitsförderung
Haben Sie auch schon gehört, dass die glücklichsten Deutschen aktuell in
Hamburg leben sollen? Sagt der Glücksatlas der Post, den der Volkswirt
und Finanzwissenschaftler Professor Bernd Raffelhüschen kürzlich
vorgestellt hat. Geld (Einkommen), Gene, Gesundheit und Geselligkeit
(Gemeinschaft) sollen demnach für das Glück und die Lebenszufrieden-
heit der Menschen in erster Linie verantwortlich sein. Das deckt sich mit
großen Teilen der psychologischen und neurowissenschaftlichen, gar
neuroökonomischen „Glückswissenschaft“. Aber offenbar nicht mit allen.
Warum soll jetzt beispielsweise, zugegeben etwas pauschal gefragt,
ausgerechnet die Geselligkeit eine nord-deutsche Errungenschaft sein?
Oder die Gesundheit – bei zum Teil geringerer Lebenserwartung
gegenüber den Südwestdeutschen? Das bleibt doch zu hinterfragen. Und
so ist alles, wie es scheint, letztlich eine Frage der Sichtweise – und der
Erhebungsinstrumente. Auch in der Wissenschaft. Und Glück ist nicht
gleich Glück.
Der Harvard-Psychiater Prof. George Eman Vaillant hat in einer ebenso
aktuellen wie auch auf riesigen Datenmengen basierenden Langzeitstudie
in den USA unlängst darauf hingewiesen, dass es seiner Meinung nach
fünf zentrale Lebensaufgaben gibt als „Garanten“ für Glück und
Zufriedenheit: das „Schaffen“ (idealerweise achtsam, aufmerksam,
gegebenenfalls im „Flow“), das Loslassen-Können, das Lieben, das Geben
und das Glauben.
Verwirrend? Sprechen wir gegebenenfalls alle, zwar mit einer anderen
Sprache und mit unterschiedlichen Instrumenten, aber letztlich doch vom
Gleichen? Vom Ähnlichen? Es wird Zeit, den Versuch einer anwendungs-
orientierten Integration zu wagen. Und hierfür eignen sich die moderne
Neurobiologie als Ausgangspunkt und die Positive Psychologie als
Umsetzungsstrategie in besonderer Weise. Dort unterscheidet man, das
nur vorweg genommen, unter anderem drei unterschiedliche Arten von
„Glück“.
In Zeiten, wo Glück in aller Munde ist und auch auf dem Büchermarkt die
Bestsellerlisten anführt, während gleichzeitig in der Gesellschaft – und
speziell in der Medizin – das Unglück in Form von Vereinzelung der
Menschen, Stress, Depression, Burn-out oder weiteren medizinisch-
therapeutischen „Katastrophen“ grassiert (zumindest aber wohl nicht
kleiner zu werden scheint), mag es angebracht sein, sich die aktuelle
Wissenschaft vom Glück auch aus medizinischer Sicht einmal näher
anzuschauen und ein „Zwischenfazit“ (state of the art) zu ziehen. Was
sagt die Medizin dazu? Oder noch viel mehr: Was aus der aktuellen
Glücksforschung ist für die Medizin relevant, was sollten Ärzte und
Therapeuten darüber wissen? Für das Glück der Patienten, aber auch für
die eigene Lebenszufriedenheit? Ärzte und Therapeuten, so meinen wir,
sollten teilhaben an den aktuellen und spannenden Entwicklungen einer
„angewandten Glücksforschung“ – und genau dafür wurde das
vorliegende Buch verfasst. Von einem Arzt und Neurowissenschaftler.
Stress und Glück, um einfach mal irgendwo anzufangen, schließen sich
mittel- bis langfristig gegenseitig aus. Es ist alles eine Frage der Dosis.
Wussten Sie, dass sich laut AOK Bayern die Diagnose Burn-out (unter
deren Mitgliedern) in den letzten sechs Jahren verhundertfacht hat? Das
hat sicher nicht nur medizinische Gründe, auch administrative und
statistische, aber unstrittig ist, dass zum Beispiel Ausfalltage durch Stress
und Burn-out rasant zugenommen haben. Und dass davon mehr Frauen
als Männer betroffen sind. Und dass besonders die Branchen „Erziehung
und Unterricht“ und vor allem „Gesundheits- und Sozialwesen“ gefährdet
sind. Glück sieht irgendwie anders aus.
Unweigerlich wird man sich im Kontext der angesprochenen Fragen mit
dem Gehirn sowie der Neurobiologie des Glücks einerseits und der
Positiven Psychologie andererseits tiefer auseinandersetzen müssen: Alle
Menschen wollen – und sollen – von Natur aus glücklich sein, und um das
zu gewährleisten und unser Verhalten danach auszurichten, verfügt unser
Gehirn über ein endogenes Motivations- und Belohnungssystem, das uns,
gleich einer unsichtbaren inneren Richtschnur, nach dem handeln und
streben lässt, was – in diesem Moment und unter Berücksichtigung aller
Lebensumstände – vermeintlich gut für uns ist. Im Idealfall führt es uns
so auch in einen Prozess der inneren Reifung und Authentizität hinein,
der, nach den eher kurzen und heftigen Glücksmomenten der Jugend,
schließlich eine tiefere und anhaltende Lebenszufriedenheit oder „Muße“
für uns bereithält, die weniger von außen erschütterbar, aber zugleich
auch weniger „ekstatisch“ und konsumptiv ist, eher „still und
bescheiden“. Im Idealfall.
Doch auf dem Weg dahin, d.h. zu unserer vermeintlichen biologischen
Bestimmung, kann viel schief gehen. Auch aus medizinischer Sicht. Nicht
nur, aber gerade in der heutigen Zeit. Das gilt nicht allein für den
Patienten und/oder Klienten, sondern ebenso für den Arzt oder
Therapeuten selbst: Burn-out, Sucht und auch Suizidalität sind
weitgehend unbekannte Kehrseiten eines Helferberufes, der zwischen
dem Helfen-wollen und dem Helfen-können manchmal eine Lücke lässt,
die in einem klassischen Rollenverständnis zwischen den Beteiligten mit
Macht einerseits und Partizipation und Entfaltung sowie deren
Einschränkung andererseits zu tun hat. In den USA, so schätzt man,
bekommt einer von drei Medizinern im Laufe seiner Karriere Burn-out. In
Deutschland kann man, trotz einer schlechteren Datenlage, wohl von
ähnlichen Größenordnungen ausgehen.
Und so scheint es für alle Seiten an der Zeit, auch aus Sicht einer
gebotenen Ressourcenorientierung im Gesundheitswesen, den primären
medizinischen Aufgabenfeldern der Diagnostik, Therapie und Medikation
(Kuration und Palliation) als weitere Säule nun die Selbsthilfe und
Selbstheilungsfähigkeit der Menschen gleichberechtigt an die Seite zu
stellen, d.h. die (Auto-) Regulationsfähigkeit, welche ihrerseits in die
neurobiologischen Belohnungsprozesse eingebettet ist. Moderne
medizinisch-therapeutische Strömungen, die genau an jenen
gesundheitsförderlichen und salutogenen Potenzialen der einzelnen
Individuen ansetzen, wie zum Beispiel die Mind-Body-Medizin oder die
Positive Psychologie, berücksichtigen genau das. Und das Gute daran: Die
aktuelle Wissenschaft bietet spannende geisteswissenschaftliche, vor
allem aber auch naturwissenschaftliche Erklärungsmodelle ihrer
Wirksamkeit an! Neben praktischen Tipps und konkreten Anleitungen –
inklusive Ausflügen in die Achtsamkeitspraxis und ein wirksames
Stressmanagement – finden Sie all das in diesem Buch!
Professor Dr. Tobias Esch
Es gilt das gesprochene Wort.
Berlin, November 2011
Das Glück des Arztes
Gebraucht zu werden kann auch überfordern
Stuttgart, November 2011 – „Deine erste Pflicht ist, dich selbst
glücklich zu machen. Bist du glücklich, so machst du auch andere
glücklich“ (Ludwig A. Feuerbach, 1804–1872). Therapeuten,
Psychologen und Ärzte tragen in großem Maße zum Glück der
Menschen bei, indem sie körperliche wie seelische Beschwerden
lindern und Krankheiten heilen. Doch gerade diese Berufsgruppen
fühlen sich selbst oft überhaupt nicht glücklich. Warum das so ist,
und wie sie den Weg (zurück) in ein glückliches und zufriedenes
Leben für sich und ihre Patienten finden, damit setzt sich Professor
Dr. Tobias Esch in seinem Buch „Die Neurobiologie des Glücks. Wie die
Positive Psychologie die Medizin verändert“ (Georg Thieme Verlag,
Stuttgart. 2011) auseinander.
Helfen und heilen und damit einen Beitrag zum Glück ihrer Patienten
leisten – für viele angehende Mediziner und Therapeuten ist das die
Hauptmotivation bei der Berufswahl. Doch im Laufe ihres Berufslebens
müssen viele feststellen, dass dort, wo das Helfen und Sich-kümmern
Erfüllung versprechen, auch Aufopferung und Erschöpfung drohen. Beides
liegt eng beieinander – nicht nur für Ärzte, sondern auch für Lehrer,
Pädagogen und Seelsorger. „Sie alle können das Lied vom Workaholic
singen, vom Immer-gebraucht-werden, Nicht-abschalten-können, vom
Nervenzusammenbruch, der Depression oder einfach – neudeutsch – vom
Burn-out“, so Tobias Esch. Mit Glück hat das nicht viel zu tun. „Man kann
den Arztberuf als Risikoberuf ansehen, nicht nur mit Blick auf
Nadelstichverletzungen, Kontaktallergien oder den nicht zu bestehenden
Professor-Brinkmann-Vergleich. Wer sich ausgebrannt fühlt, ist nicht
glücklich. Das geht so weit, dass sogar die Suizidrate unter Ärzten
überdurchschnittlich hoch ist“, erklärt Esch.
Glück und Zufriedenheit in medizinisch-therapeutischen Berufen, so die
Überzeugung des Neurowissenschaftlers und praktischen Arztes, können
mit Techniken aus der Positiven Psychologie und der Mind-Body-Medizin
wiedererlernt und gefördert werden. Das achtsame Da-Sein, das
empathische Zuhören, das Spiegeln und Wahrnehmen des Gegenübers
und das wertschätzende Anteilnehmen aktivieren die Selbsthilfe- und
Selbstheilungskompetenz nicht nur beim Patienten, sondern auch bei
demjenigen, der behandelt. Wer den „Glücksfaktor“ aktiv in das ärztlich-
therapeutische Handeln einbezieht, kommt der Lösung des Dilemmas
zwischen Helfen-wollen und Selbstschutz einen großen Schritt näher. Das
legen die aktuellen Erkenntnisse aus Neurobiologie, Hirn- und
Glücksforschung, aus der ressourcenorientierten Medizin und der
angewandten Präventivmedizin, die Esch in seinem Buch vorstellt, nahe.
Tobias Esch Die Neurobiologie des Glücks Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011 EUR [D] 34,99 | EUR [A] 36,00 | CHF 49,00 ISBN 978 3 13 166111 1
Auszug aus dem Buch „Die Neurobiologie des Glücks – Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011) Kapitel 5 „Warum es das Glück in der Medizin so schwer hat(te)“, S. 18ff.
Selbsthilfe, Selbstheilung und der dreibeinige Stuhl. Nachdem die Medizin einigermaßen gelernt hatte, mit dem Plazeboeffekt zu leben, begannen einige Forscher und Therapeuten, ihn ganz bewusst in Behandlungsstrategien einzubeziehen. Der so umarmte Feind konnte nun zum Verbündeten im Behandlungsprozess werden. Einer der ersten, der dies tat, war Herbert Benson. Er hatte in den 1970er Jahren als Kardiologe an der Harvard Medical School zu untersuchen begonnen, wie sich körperliche und vegetative Funktionen, gerade im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems, beeinflussen ließen: durch geistige und gedankliche Prozesse oder auch durch meditative Techniken und Entspannungsverfahren. Dies war der Ausgangspunkt der sog. Mind-Body-Medizin, einer Medizin, die sich auf eben jenes Selbstheilungspotenzial der Menschen bezieht. Und auf die Möglichkeit, dass es uns, auch als Patienten, gut gehen darf und sollte. Benson hatte erkannt, dass die o. g. Abläufe ein erhebliches Potenzial zur autoregulativen Stressreduktion besitzen. Er fasste seine ersten Erkenntnisse und praktischen Übungswege zur gezielten Plazeboinduktion bzw. zur Stressbewältigung im von ihm herausgegebenen Wellness Book (siehe auch Literatur im Anhang, Kap. 14.3) zusammen. Heute hält die Idee einer Integralität zumindest in Teilbereichen der Medizin wieder Einzug. Dabei geht es um eine integrative oder ganzheitliche Ausrichtung (in Behandlung, Rehabilitation, Pflege, Prävention und Gesundheitsförderung). Vor diesem Hintergrund nehmen frühere Gräben und Unvereinbarkeiten, die auch manch einen Glücks- und Behandlungspfad unmöglich machten, wieder ab (Abb. 5.1) – ganz pragmatisch, im Sinne des Patienten wie im Kontext von Vernetzung und Integralität der Naturwissenschaften. Wie anders soll diese Welt sonst verstanden werden, wenn nicht im Zusammenhang? Viele Patienten haben das offenbar immer schon gewusst. Sie hatten ein großes Zutrauen in ganzheitliche komplementär- und regulationsmedizinische oder gar alternative Heilmethoden: in Naturheilkunde, Ordnungstherapie, Yoga, autogenes Training etc. Interessanterweise hat die Forschung gerade im Bereich der Complementary and Alternative Medicine (CAM) in den letzten Jahren qualitativ wie quantitativ erheblich zulegen können, auch mit staatlicher Förderung (leider
kaum in Deutschland) und unter Einsatz rigoroser, d. h. strenger und genauer Forschungsmethodik. Dabei wurden wesentliche Erkenntnisse und Evidenzen nicht nur zu den untersuchten Verfahren und Praktiken hervorgebracht, sondern ganz nebenbei ein wichtiger Beitrag geleistet für ein besseres Verständnis des Gehirns und des Plazeboeffekts. Was viele Menschen ohnehin im Behandlungskontext (privat oder z. B. beim Heilpraktiker) praktiziert hatten und was einen wesentlichen Teil des ursprünglich misstrauisch beäugten Plazeboeffekts auszumachen scheint, rückte zunächst in den Mittelpunkt der Mind-Body-Medizin, der Belohnungs- und Glücksforschung sowie der Positiven Psychologie und steht jetzt gar im Zentrum der universitären medizinischen und neurobiologischen Wissenschaft. Auch wenn das vielleicht noch nicht alle Kollegen wahrhaben wollen: Endogene Belohnung, Glücksphysiologie und Selbstheilung sind im wissenschaftstheoretischen Sinn anschlussfähig geworden, sie lassen sich heute kaum noch wegdiskutieren oder ignorieren. Wieso auch? Herbert Benson war nicht nur der Begründer der Mind-Body-Medizin, sondern sah lange voraus, was heute nicht mehr wegzudenken ist: die Einbeziehung des Patienten in den Behandlungsprozess. Das Gute daran: dies stärkt Selbstbewusstsein und endogene Glückskompetenz gleichermaßen.
Auszug aus dem Buch „Die Neurobiologie des Glücks – Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011) Kapitel 8 „Neurobiologie des Glücks: Motivation und endogene Belohnung“, S. 66f
Zurück zum biologischen Hintergrund der Motivation. Fraglos geht es hier um Reifung und Anpassung (Abb. 8.3), ganz unspektakulär. Es ist ein biologisches Prinzip: Geboren mit dem maximalen Anpassungspotenzial, aber einem nur unzureichend vorbereiteten Gehirn, geht es im Leben von Anfang an darum, möglichst schnell die neue Umwelt so wahrzunehmen, dass man sie internalisieren kann und selbst Teil davon wird – sich also möglichst optimal aus der (unbewussten) Authentizität im Mutterleib auf die Gesellschaft und die Anforderungen der eigenen Existenz einstellt. Dazu müssen wir aufmerksam sein und ständig eigene Erfahrungen machen, nicht im Fernsehen, sondern echte, mit Haut und Haaren. Dann machen wir uns die Welt untertan und werden gleichzeitig selbst zum Untertan. Irgendwo zwischendrin gibt es für viele von uns noch einmal eine besonders wichtige Weiche: Zwischen Sturm und Drang (zu Beginn bzw. im ersten Drittel des Lebens) und der endgültigen „Selbst-Bestimmung“ (im letzten Drittel dieser Entwicklung – ausgenommen sei dabei die letzte prämordiale Phase) gibt es nicht immer einen direkten Zugang zu tiefster, Werdung“, mitunter als Konsequenz aus sozialem Druck und Einengung bei der Einpassung (Sozialisation). Um dennoch zu überleben und glücklich zu werden, d. h. belohnt zu werden für die Mühen des Daseins, wird ein Ausweg gewählt. Das ist dann vielleicht der Weg der Ich-Bildung. Sie ist Teil der natürlichen und gesunden Entwicklung. Aber Vorsicht: Normalerweise handelt es sich hier um ein Zwischenstadium. Es wird noch genährt von äußeren Anreizen, Bildern und Erwartungen, ist recht instabil und vulnerabel. Es ist noch nicht selbstgenügend und selbstversichernd und
reagiert auf Bedrohung (Stress) mit Aggression, Kampf oder Flucht. Ein Stadium, das ständig bedroht ist. Das ist anstrengend und auf Dauer ungesund – für das Individuum wie für sein Umfeld und die Gesellschaft. Letztere verträgt nämlich nicht zuviel Ich und Individualisten und deren ausgeprägte Bedürfnisse. Es geht hier also um eine Form der Balance. So stehen Ich und Selbst ja auch nicht im Gegensatz zueinander. Beide sind sinnvoll und, zur rechten Zeit, am rechten Ort, vonnöten. Diese Trennung mag ganz schön akademisch sein, aber es geht schließlich um dieses Auseinanderdriften: Ein allzu aufgeblähtes Ich, das immer genährt und verteidigt werden muss, kann den Blick auf das Selbst verstellen. Damit verschließt sich der Ausweg aus dem Hamsterrad, der Weg zur „Erlösung“ und zur Möglichkeit, am Ende nichts mehr zu wollen und wunschlos glücklich zu sein. Hier aber läge wohl genau der Punkt, an dem Ich und Selbst „eins“ sind und es tatsächlich keinen Unterschied mehr gibt.
Auszug aus dem Buch „Die Neurobiologie des Glücks – Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011) Kapitel 12 „Positive Psychologie und Glück in der eigenen Praxis“, S. 152f.
Was meint Positive Psychologie und wie können wir sie uns im Praxisalltag aktiv nutzbar machen? Zunächst einmal wollen wir klarstellen, was Positive Psychologie sicher nicht meint: Sie meint nicht das Suchen nach versteckten oder schlummernden Traumata oder Pathologien. Auch wenn die Positive Psychologie jene möglichen Verletzungen, negativen Ereignisse und „Tatsachen“ nicht ignoriert, so ist sie von ihrem Grundverständnis her eben nicht rückwärts gerichtet und nicht auf Negatives fokussiert. Ganz im Gegenteil: Es geht ja gerade um das Durchbrechen der negativen Automatismen, Prozesse, Strukturen und Kreisläufe in unserem Gehirn – und in unserem Leben (Abb. 12.1). Weniger suchen, mehr finden. Die Positive Psychologie ist also weniger ursachen- als vielmehr lösungsorientiert. Dabei versucht sie, möglichst unkompliziert und praxistauglich daherzukommen, eben alltagskompatibel. Jon Kabat-Zinn und Kollegen erinnern immer daran, dass gute Medizin sowie gute Psychologie grundsätzlich nicht kompliziert sein müssen. Es wird stets darauf hingewiesen, dass es auch eine wichtige Aufgabe und Verantwortung der Therapeuten sei, die angestrebten Maßnahmen und nächsten Schritte mit dem Patienten oder Klienten so auszuwählen (und ihm zu erklären), dass er sie weitgehend versteht bzw. annehmen kann und möglichst selbstbestimmt, partizipativ und positiv motiviert im Behandlungs- und Heilungsprozess agieren kann. So wird aus diesem Prozess etwas eigenes, gar ein Selbstwerdungsprozess.
Professor Dr. med. Tobias Esch
Professor Dr. Tobias Esch beschäftigt sich als Arzt, Gesundheits- und
Neurowissenschaftler mit Gesundheitsförderung, Salutogenese,
Stressmanagement, Neurobiologie und Positiver Psychologie.
Er studierte Medizin in Göttingen, Lüneburg, Aarau (Schweiz) und Penang
(Malaysia) und schloss die Ausbildung mit der Promotion im Bereich der
experimentellen Stress- und Gesundheitsforschung ab. Weiterbildungen
und Forschungstätigkeiten führten ihn unter anderem an die Universi-
täten von Witten-Herdecke (Neurologie), Duisburg-Essen (Innere
Medizin), an die Harvard Medical School (Innere Medizin, Verhaltens-
medizin, Stressforschung) sowie die Berliner Charité, wo er als Facharzt
für Allgemeinmedizin, Arzt für Naturheilverfahren und Wissenschaftler
mit den Schwerpunkten Stress, Stressmanagement sowie Prävention und
Salutogenese tätig war.
Heute lehrt er an der Hochschule Coburg Integrative Gesundheits-
förderung. Am Institut für Mind-Body-Medizin in Potsdam (IMBM) ist er
als Vorsitzender des Wissenschaftsbeirats tätig. Zudem arbeitet er als
assoziierter Wissenschaftler am Neuroscience Research Institute der State
University of New York, wo er in einem neurowissenschaftlichen
Forscherteam untersucht, wie sich gesundheitsförderliches Verhalten auf
neurobiologischer Ebene erklären und positiv beeinflussen lässt.
Gleichzeitig praktiziert er als Facharzt für Allgemeinmedizin mit den
Schwerpunkten Integrative Medizin und Stressbewältigung.
Weiterführende Informationen unter http://www.hs-coburg.de/esch http://www.mind-body-medizin.org/
Die Neurobiologie des Glücks
Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert
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Die Neurobiologie des Glücks Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011 EUR [D] 34,99 | EUR [A] 36,00 | CHF 49,00 ISBN 978 3 13 166111 1
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