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Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
Selbstbestimmung am Lebensende
6. Petersberger Gesundheitssymposium
28.06.2007
„Selbstbestimmung“
„… das Band, das jahrhundertealte Traditionen des Nachsinnens, des Entwerfens, des Hoffens und des Träumens zusammenhält“
(Hassemer, Selbstbestimmung – noch zeitgemäß?, Münchener Vortrag vom 20. Juli 2005)
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
• von der „guten Ordnung“ zum „vorstaatlichen Freiheitsversprechen“
• von der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ zur „naturgegebenen Subjekthaftigkeit“
Art. 1 GG Herrenchiemseer Entwurf (1948):„Der Staat ist um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen.“
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
„Autonomie ist essentieller Teil dessen, was es heißt, das Leben als wertvoll anzusehen“.. […]
(John Harris, Der Wert des Lebens, 1995)
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„Lebensende“
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Zustand vielfältiger Fremdbestimmung
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
Selbstbestimmung
ärztliches Gewissen
Fürsorge insbes. Schädigungsverbot
I. Einführung
II. Selbstbestimmung im Gesamtgefüge der medizinethischen Wertprinzipien
III. Selbstbestimmung – Ideal und Realität
IV. Folgerungen
V. Ausblick
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
II. Selbstbestimmung im Gesamtgefüge der medizinethischen Wertprinzipien
Art. 2 I GG
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
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verbindliche Koexistenzordnung
durch das Recht
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Gewährleistung Begrenzung
Selbstbestimmungder
Begrenzungsdimension:
kategorisches Verbot der Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB)
„aktiv-direkte Sterbehilfe“
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Gewährleistungsdimension:
Vetorecht des Patienten gegen lebensverlängernde / lebenserhaltende
Maßnahmen
„passive Sterbehilfe“
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Gefährdung:
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„Für eine Einwilligung des Betreuers in eine lebensverlängernde oder -erhaltende Behandlung ist von vornherein kein Raum, wenn ärztlicherseits eine solche Behandlung nicht angeboten wird – sei es, daß sie nach Auffassung der behandelnden Ärzte von vornherein nicht indiziert, sinnlos geworden oder aus sonstigen Gründen nicht möglich ist.“
(BGH NJW 2003, 1588, 1593)
Problematik der „indirekten Sterbehilfe“:
- Begriff- rechtliche Begründung?
BGHSt 42, 301, 305:„… kann das zu einer Lebensverkürzung führende Handeln des Arztes jedenfalls nach der Notstandsregelung des § 34 StGB gerechtfertigt sein. … Denn die Ermöglichung eines Todes in Würde und Schmerzfreiheit gemäß dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen ist ein höherwertiges Rechtsgut als die Aussicht, unter schwersten, insbesondere sog. Vernichtungsschmerzen noch kurze Zeit länger leben zu müssen.“
Richtig:(mutmaßliche) Einwilligung
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III. Selbstbestimmung – Ideal und Realität
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
mutmaßliche Einwilligung – Alleinentscheidung des Arztes
Betreuerentscheidungen
(§§ 1901 II, 1902 BGB)
Gesundheitsbevollmächtigung
(§§ 1896 II S. 2, 1904 II BGB)
Patientenverfügung
authentische Erklärung in der Entscheidungssituation nach Aufklärung
(„informed consent“)
Erscheinungsformen:
„defizitäre Selbstbestimmung“
Instrumentarium rechtlicher Kompensation:
• Form • Verfahren• Genehmigung / allg. Mißbrauchskontrolle• Altersgrenzen• Aufklärung
„Freiheitsvorsorge“
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Höherwertigkeit „medizinischer Vernunft“?
Vetorecht des Patienten (s. o.)
Sonderfall: Patientenverfügung
• Kompensationsinstrumentarium?Zielrichtung: Förderung „selbstbestimmter“ Entschei-
dungen
• Reichweitenbeschränkung: „tödlich irreversibler Verlauf des Grundleidens“ Motiv: Zweifel an Selbstbestimmungsfähigkeit Problem: keine Korrelation zwischen Selbstbestimmungs-
fähigkeit und Entscheidungsstadium
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
IV. Folgerungen
• Vorsorgeplan statt ad-hoc-Entscheidungen
• therapeutische Partnerschaft statt isoliertem Nebeneinander von höchstpersönlichem Wertehorizont und medizinischer Sachkunde
• ganzheitliche Debatte statt rechtspolitische „Insellösungen“
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen
V. Ausblick
„Sie sind wichtig, weil Sie eben Sie sind.
Sie sind bis zum letzten Augenblick Ihres
Lebens wichtig,
und wir werden alles tun,
damit Sie nicht nur in Frieden sterben,
sondern auch bis zuletzt leben können.“(Cicely Saunders)
Prof. Dr. Gunnar Duttge Zentrum für Medizinrecht Georg-August-Universität Göttingen