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April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.1 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Vorlesung Prozessidentifikation
Bestimmung von Ersatzsystemen zur Identifizierung Bestimmung von Ersatzsystemen zur Identifizierung gemessener Übergangsfunktionengemessener Übergangsfunktionen
24. April 2002
Hochschule für Technik und Wirtschaft des SaarlandesFachbereich Elektrotechnik
Goebenstr. 4066117 Saarbrücken
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.2 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Ermittlung von Ersatzübertragungssystemen
Wichtige Identifikationsaufgabe
Bestimmung eines Ersatzübertragungssystem auf Basis von Messdaten (Eingangs- und Ausgangssignale).
Parametrischer Ansatz (grey box):• Struktur des Übertragungssystems wird angenommen
(PTx-Glied, Übertragungsverhalten mit Ausgleich)• Die Wahl der Struktur muß mit dem Kurvenverlauf
korrespondieren !(z.B.: Kurvenverlauf ohne Ausgleich / PTx-Glied sinnlos).
• Die Kenngrößen / Parameter des Übertragungssystem (Struktur) muß aus der vorliegenden Kurven ermittelt werden !
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.3 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Beispiel Heizungsregelung
Schema:
Ein/Aus
Luft
Gas
yRegler Brenner
w uKessel
RohrleitungKörper
Raum
Messen
Wirkungsplan:
Aufgabenstellung:
Das Zeitverhaltens des Wohn-Raumes für die Heizungs-Regelung ist durch Identifikation zu bestimmen.
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.4 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Beispiel Heizungsregelung
Wirkungsplan
yRegler Brenner
w u1
KesselLeitungKörper
Raum
Messen
y
Brenner
u1 Kessel
RohrleitungKörper
Raum
Pt PT1 PT1 PT1
Für Identifikation Raumverhalten Kenntnis von u4 erforderlich
u2
u3
u4
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.5 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Vorgehensweise
Einfachster Fall:Suche als Ersatzsystem ein System 1. Ordnung (PT1-Glied)
Vorgehen:• Ermittlung / Einzeichnen der Anstiegstangente im Wendepunkt
des Kurvenverlaufes• Bestimmung der Verzugszeit (Tu) und Ausgleichszeit (Tg)• Bestimmung des Proportionalbeiwertes K aus y() und u0
K = y()/u0
• K, Tu und Tg bestimmen die Parameter des Ersatzsystems
Hinweise für die praktische Anwendung:• Konstruktion der Wendetangenten • Bewertung zur Modellgüte / Fehler & Unterschiede Ersatz-/
Ursprungssystem
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.6 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Ersatzsystem PT1
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.7 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Beispiel für Ersatzsystem PT1
-0,4
-0,2
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
0 50 100 150 200 250 300 350 400
Blau: MesskurveRot: WendetangenteGrün: PT1 Ersatzsystem
Ablesen:Tu = 15 sec.Tg = 85 sec.K = 1
G(s) = e-sTu / (1+sTg)
Sprungantworth(t) = 1-e-(t-Tu)/Tg
Für t > Tu, sonst 0
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.8 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Ersatzsystem höherer Ordnung
Fall 2:Ersatzsystem höherer Ordnung n > 1 (ab PT2-Glied)Ersatzsystem mit gleicher Zeitkonstanten
Vorgehen:• Ermittlung / Einzeichnen der Anstiegstangente im Wendepunkt
des Kurvenverlaufes• Bestimmung der Verzugszeit (Tu) und Ausgleichszeit (Tg)• Bestimmung des Proportionalbeiwertes K aus y() und u0
K = y()/u0
• Bestimmung der Ordnung des Systems• K, Tu und Tg bestimmen die Parameter des Ersatzsystems
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.9 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Mathematische Betrachtung Wendepunkt
Definition des Wendepunktes (mathematisch)
.
Wir finden den Wendepunkt der Sprungantwort in dem Zeitpunkt,wo sich das Maximum / Minimum der Ableitungskurve (Gewichtsfunktion) befindet.
g(t) = y(t) = K / Tn · tn-1/ (n-1)! · e-t/T PTn-Glied gleiche Zeitkonst.
Wendepunkt bedeutet mathematisch:• 1. Ableitung im WP Max/Mini• 2. Ableitung O-stelle im WP
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.10 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
..
Bestimmung Lage Wendepunktfür PTn-Glieder gleicher Zeitkonstanten
Math. Vorschrift für WP: 0-stelle der 2. Ableitung
g(t) = y(t) = K / Tn e-t/T [-1/T tn-1/(n-1)! + 1 /(n-2)! tn-2] .
g(to) = 0 : [-1/T tn-1/(n-1)! + 1/(n-2)! tn-2] = 0
to = T (n-1)
.
BeispielSystem 5. Ordnung T = 40 sec-> Lage des Wendepunkte bei 4 T = 160 s
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.11 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Wert der Gewichtsfunktion im Zeitpunkt to (Wendepunkt)
g(t) = y(t) = K / Tn · tn-1/ (n-1)! · e-t/T
mit to = T (n-1) und Einsetzen ergibt
g(to) = y(to) = K / Tn · ton-1/ (n-1)! · e-to/T
g(to) = y(to) = K / Tn · Tn-1 (n-1)n-1/ (n-1)! · e-T(n-1)/T
g(to) = y(to) = K / T · (n-1)n-1 / (n-1)! · e-(n-1)
Ergebnis:• mit zunehmender Ordnungszahl wird das Maximum kleiner• Anstieg der Sprungantwort wird im Wendepunkt daher flacher• für n = 1 (PT1-Glied) existiert kein Wendepunkt• Maximum g(to) befindet sich im O-punkt (PT1-Glied)
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Kurvenverläufe Sprung- und Gewichtsfunktion PTn-Glieder mit gleicher Zeitkonstanten
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.13 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Kennpunkte der Sprungantwort PTn-Glieder mit gleicher Zeit T
Kennwerte:• Tu Verzugszeit• Tg Ausgleichszeit• yq Wert der Sprungantwort im Wendepunkt• tq Zeitpunkt des Wendepunktes
yq
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Relationen / Math. Beziehungen
to = T (n-1)
yq/y() = 1 – e-(n-1) Σ (n-1)k/k!Einsetzen von to in y(t)
Tg/T = (n-2)! /(n-1)n-2 en-1 Anstieg im Wendepunkt = y()/Tg
Tu/T = n – 1 – (n-2)! / (n-1)n-2 [en-1 - Σ (n-1)k/k!]
Zusammenstellung der Kennwerte für PTn mitGleicher Zeitkonstante:
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.15 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Fazit
Tu / Tg ist nicht von T abhängig, sondern von der Ordnung n !Es gilt näherungsweise für 1 <= n <= 7:
n 10 Tu /Tg + 1
Mit Bestimmung der Kennwerte Tg, Tu, und y() können unmittelbarDie Werte für K, T und n bestimmt werden und damit ein Ersatz-System PTn für gleiche Zeitkonstanten angegeben werden
G(s) = K / (1 + sT)n
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.16 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Blau: MesskurveRot: WendetangenteGrün: PT1 ErsatzsystemPink: PT3-Ersatzsystem
Ablesen:Tu = 15 sec.Tg = 85 sec.K = 1
n = 1O Tu/Tg +1n = 3T = to/2 = 20 sec
G(s) = 1 / (1+sT)3 Sprungantwort: h(t) = 1 – e-t/T[1 + t/T + ½ t2/T2]
Beispiel für Ersatzsystem (höherer Ordnung)
-0,4
-0,2
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
0 50 100 150 200 250 300 350 400
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.17 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Alternative Verfahren zur Findung Ersatzsysteme (1)
Strategie:• Feststellen von Totzeiten• Bei Totzeit Verschieben um Tt• Konstruktion der Wende-
tangenten• Bestimmung der Ordnung über
Verhältnis yWT(o)/y()• Ansatz für n=2 mit PT2-Glied
und 2 verschiedenen Zeit-konstanten
• Ansatz für n>= 2 mit PTn-Gliedmit gleicher oder harmonischgestaffelter Zeitkonstanten
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.18 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Alternative Verfahren zur Findung von Ersatzsystemen
Lösungsansatz: PT2-Glied mit unterschiedlichen Zeit-konstanten Aus dem Verhältnis der Werte y(t70/4)
undy() ermittelt man q und damit T1 & T2
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.19 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Alternative Verfahren zur Findung von Ersatzsystemen (2)
Bestimmung des PTx-Gliedesfür gleiche und verschiedeneZeitkonstanten:Aus dem Verhältnis der Sprung-Antwortwerte y(t63/2) und y() ist n und D(n) festlegt.
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.20 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Verfahren nach Radtke
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.21 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Verfahren nach Sponer
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.22 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Anwendungsbeispiel
Kurvenverlauf: PT3-Ersatzsystem
Excel-Beispiel :PTx-KurvePTx-Kurve mit 1. und 2. AbleitungPTx-Kurve mit WendetangentePTx-Kurve mit Bestimmung der Verzugszeit (Tu)PTx-Kurve mit Bestimmung der Ausgleichszeit (Tg)PTx-Kurve mit Ersatzsystem als PT1-GliedPTx-Kurve mit Ersatzsystem nach n = 10Tu/Tg + 1
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.23 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Erfahrungswerte zur Reglerein-stellung für technische Prozesse
Quelle: Samal
Über die Regelbarkeit von Prozessen gibt das Zeitverhältnis Tu/Tg Aufschluss:
110
16
13
u
g
u
g
u
g
TT
TT
TT
gut regelbar
noch regelbar
schwer regelbar
Aus der Sprungantwort eines Systems mit Ausgleich kann direkt auf die Regelbarkeit geschlossen werden (Faustformel).
19
u
g
TT
13.5
u
g
TT
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.24 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Einstellungsregeln für Regelstrecken und Regler
Wenn gilt: Tg/Tu > 3 können die Regeln nach Chien, Hrones und Rewickangewendet werden.
Führungsverhalten
Reglerart Aperiodischer Verlaufü=0
Regelverlauf mit 20% Überschwingen
P-Regler KR
PI-Regler KR
TN
PID-Regler KR
TN
TV
0.3 g
u S
T
T K
0.35 g
u S
T
T K
0.6 g
u S
T
T K
1.2 gT
1.0 gT
0.5 uT
0.7 g
u S
T
T K
0.6 g
u S
T
T K
0.95 g
u S
T
T K
1.0 gT
1.35 gT
0.47 uT
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.25 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Beispiel für Regelkreis
Messkurve zur Regelstrecke:Gesucht: Einstellung eines PI-Reglersnach Chien, Hrones und Rewick fürminimales Überschwingen!
April 2002 / Prozessidentifikation Blatt 3.26 Prof. Dr.-Ing. Benedikt Faupel
Beispiel für Regelkreis
Messkurve zur Regelstrecke:Gesucht: Einstellung eines PI-Reglersnach Chien, Hrones und Rewick fürÜberschwingen von 20%!