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Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 1 von 31
Prof. Dr. THOMAS KIRNBAUER — Diplom-Geologe — Ückendorfer Straße 88
D-44866 Bochum Tel.: 02327 / 903 - 597 Fax: 02327 / 903 - 598
EMail: [email protected] USt-IdNr. DE158761745 ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach
(Bl. 5514 Hadamar, Bl. 5515 Weilburg)
31 Seiten, 15 Abbildungen, 2 Tabellen
Auftraggeber:
Schaefer Kalk GmbH & Co. KG
Louise-Seher-Straße 6
65582 Diez
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 2 von 31
Inhalt
1. Veranlassung und Aufgabenstellung ...................................................................................... 3
Vorbemerkung ........................................................................................................................ 3
2. Verwendete Unterlagen .......................................................................................................... 4
3. Stellungnahme ........................................................................................................................ 6
3.1 Geologische und historische Grundlagen ......................................................................... 6
3.2 Eisen- und Manganerze über dem Kalkstein bei Schupbach ......................................... 12
3.3 Art der bergmännischen Hohlräume sowie deren Tiefen ............................................... 20
3.4 Sind die früheren bergmännischen Hohlräume heute noch offen? ................................ 22
4. Zusammenfassung ................................................................................................................ 29
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 3 von 31
1. Veranlassung und Aufgabenstellung
Der Unterzeichner erhielt am 08.05.2018 über Herrn Dipl.-Geol. Steffen Loos (Schaefer Kalk
GmbH & Co. KG, Louise-Seher-Str. 6, 65582 Diez) den Auftrag, ein Gutachten über den
Altbergbau in Beselich-Schupbach zu verfassen.
Besonders sollten die folgenden Fragen beantwortet werden:
1. Welcher Art waren die ehemaligen Hohlräume?
2. Mit welchen mutmaßlichen Tiefen der ehemaligen Hohlräume ist zu rechnen?
3. Ist damit zu rechnen, dass die bergmännischen Hohlräume noch offen sind?
Vorbemerkung
Der Gutachter kennt die Geologie, die Lagerstätten und den historischen Bergbau der zu
begutachtenden Region seit vielen Jahrzehnten aus seiner dienstlichen sowie
wissenschaftlichen Laufbahn, von 1994 bis 2002 als für das RP Gießen zuständiger
Rohstoffgeologe des damaligen Hessischen Landesamtes für Bodenforschung bzw.
Landesamtes für Umwelt und Geologie in Wiesbaden sowie seit 2002 als Inhaber der
Professur für Lagerstätten der Steine und Erden – Mineralische Baustoffe an der Technischen
Hochschule Georg Agricola in Bochum.
Seit 2010 ist er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Nationalen Geoparks
Westerwald–Lahn–Taunus. Er ist Gründungsmitglied des Vereins Lahn-Marmor-Museum
und gehörte dessen Kuratorium von 1997 bis 2016 an.
Aus der Beschäftigung mit den Lagerstätten der Region sind Dutzende von Publikationen
hervorgegangen: www.thga.de/kirnbauer.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 4 von 31
2. Verwendete Unterlagen
AHLBURG, J. (1918a): Geol. Kt. Preußen u. benachbarten Bundesstaaten 1 : 25.000, Bl.
[5515] Weilburg. – Berlin.
AHLBURG, J. (1918b): Erl. Geol. Kt. Preußen u. benachbarten Bundesstaaten 1 : 25.000, Bl.
[5515] Weilburg. – 152 S., 30 Abb., 7 Taf.; Berlin.
V. ALBERTI, H.-J. (1957): Mass und Gewicht. Geschichtliche und tabellarische Darstellungen
von den Anfängen bis zur Gegenwart. – XX + 580 S., 61 Abb., 177 Tab.; Berlin (Akademie-
Verlag).
ANGELBIS, G. (1890): Geol. Specialkt. Preussen u. d. Thüring. Staaten 1 : 25.000, Bl. [5514]
Hadamar. – Berlin.
ANGELBIS, G. (1891) mit Beitr. von A. SCHNEIDER: Erl. geol. Specialkt. Preussen u. d.
Thüring. Staaten 1 : 25.000, Bl. [5514] Hadamar. – 41 S.; Berlin.
ANONYMUS (o. J.): Auszug aus der Mutungsübersichtskarte des Bergreviers Weilburg
1 : 10.000. – o. O. [Archiv Deutsches Bergbau-Museum Bochum (Inventar-Nr.
070010028601, Signatur BBA 1/286)]
Baugrundinstitut Franke-Meißner und Partner GmbH (2018): Neuaufschluss „Hengen“.
Abschätzung einer möglichen Tagbruchgefahr durch altbergbauliche Hohlräume in der
Ortslage Schupbach im Zuge des geplanten Neuaufschlusses Hengen. – Gutachten, 13 S., 3
Anl.; Wiesbaden.
BELLINGER, [J.] (1865): Besonderer Theil des Berichts über die Bergmeisterei Weilburg,
Revier Obertiefenbach. – In: ODERNHEIMER, F. [Hrsg.] (1863/67): Das Berg- und Hüttenwesen
im Herzogthum Nassau, Bd. I, H. III, S. 411–423; Wiesbaden (C. W. Kreidel).
BELLINGER, [J.] (1903a): Bemerkungen über das Mangan- und Eisenerzvorkommen bei
Niedertiefenbach im Lahntal. – Ztschrft. f. prakt. Geol., 11: 68–70, 1 Abb.; Berlin.
BELLINGER, J. (1903b): Über die Entstehung der Mangan- und Eisenerzvorkommen bei
Niedertiefenbach im Lahntal. – Ztschrft. f. prakt. Geol., 11: 237–241, 5 Abb.; Berlin.
BRANNATH, A. (1989): Mineralogische Untersuchungen an einigen hessischen Mangan-
Eisenerzvorkommen im Raum Gießen. – Dipl.-Arb. Min. Inst. Univ. (TH) Karlsruhe, 4 + 86 +
46 S., 50 Abb., 24 Tab.; Karlsruhe.
BRANNATH, A. (1995): Mineralogisch-geochemische Untersuchungen an Carbonatmineralen
und Quarzen aus Eisen-Manganvorkommen in Hessen und Rheingrabenrand-
Sulfidvorkommen in Baden. Ein Beitrag zur Charakterisierung intraformationaler
Erzbildungsprozesse. – Diss. Min. Inst. Univ. (TH) Karlsruhe, XII + 144 S., 62 Abb., 43 Tab.;
Karlsruhe.
BRANNATH, A. & SMYKATZ-KLOSS, W. (1995): Mineralogische Untersuchungen an einigen
hessischen Mangan-Eisenerzvorkommen. – Chem. Erde, 52: 3–31, 28 Abb., 11 Tab.; Jena.
FELIX-HENNINGSEN, P. (1990): Die mesozoisch-tertiäre Verwitterungsdecke (MTV) im
Rheinischen Schiefergebirge. Aufbau, Genese und quartäre Überprägung. – IX + 192 S., 50
Abb., 55 Tab., 27 Fotos; Berlin – Stuttgart (Gebr. Borntraeger).
GEORG, R., HAUS, R. & POREZAG, K. (1985): Eisenerzbergbau in Hessen. – 480 S., 474 Abb.,
25 Kt.; Wetzlar (Wetzlardruck).
Grubenrisse der Verleihungen „Hartmann“, „Heinrich“, „Hirtenbach“, Krillszeche“ und
„Laterne“. [Dezernat 44.1 (Bergaufsicht) Regierungspräsidium Gießen]
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 5 von 31
HAUTMANN, S. & LIPPOLT, H. J. (2000): 40Ar/39Ar dating of central European K-Mn oxides –
a chronological framework of supergene alteration processes during the Neogene. – Chem.
Geol., 170: 37–80, 9 Abb., 1 Tab.; Amsterdam – Lausanne – New York – Oxford – Shannon –
Tokyo.
HENTSCHEL, H. & THEWS, J.-D. (1979): Erl. geol. Kt. Hessen 1 : 25.000, Bl. 5514 Hadamar
(2. Aufl.). – 169 S., 14 Abb., 10 Tab.; Wiesbaden.
KAYSSER (1864): Beschreibung des Braunsteinvorkommens und Braunsteinbergbaus in der
Lahngegend, im Grubenrevier Obertiefenbach, des Bergmeistereibezirks Weilburg [...]. – In:
ODERNHEIMER, F. [Hrsg.] (1863/67): Das Berg- und Hüttenwesen im Herzogthum Nassau, Bd.
I, H. II, S. 205–239, 3 Taf.; Wiesbaden (C. W. Kreidel).
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„Hunsrückerze“. – In: T. KIRNBAUER (Hrsg.), Geologie und hydrothermale Mineralisationen im
rechtsrheinischen Schiefergebirge, S. 209–216, 1 Farbabb., 1 Tab.; Wiesbaden.
KIRNBAUER, T. (2003): Grube Schottenbach. – In: SIMON, P. & STOPPEL, D. (Hrsg.),
Sammelwerk Deutsche Eisenerzlagerstätten, II. Eisenerze im Deckgebirge (Postvaristikum). 4.
Verdrängungs- und Verwitterungslagerstätten in Nord-, West- und Süddeutschland, S. 49–56, 2
Abb.; Hannover.
KIRNBAUER, T. (2008): Nassau Marble or Lahn Marble (Lahnmarmor) – a famous Devonian
dimension stone from Germany. – In: SIEGESMUND, S. & SNETHLAGE, R. (Hrsg.),
Denkmalgesteine – Festschrift – Wolf-Dieter Grimm, Schriftenreihe Dt. Ges. Geowiss., 59:
187–218, 11 Abb., 3 Tab., 4 Taf.; Hannover.
KIRNBAUER, T. (2013): Lahnmarmor, Nassauer Marmor. Eigenschaften, Abbau und
Verwendung. – Restaurator im Handwerk. Die Fachzeitschrift für Restaurierungspraxis, [Jg. 5],
4/2013: 10–17, 22 Abb.; Herrstein.
LIPPERT, H.-J. & FLICK, H. (1998): Vulkano-sedimentäre Roteisenerze vom Lahn-Dill-Typ. –
In: KIRNBAUER, T. (Hrsg.): Geologie und hydrothermale Mineralisationen im
rechtsrheinischen Schiefergebirge, S. 121–128, 2 Abb., 2 Tab., 2 Taf.; Wiesbaden.
MICHELS, F. (1929): Erl. Geol. Kt. Preußen u. benachbarten dt. Ländern 1 : 25.000, Bl.
[5514] Hadamar (2. Aufl.). – Manuskript, 57 S.; Berlin. [Archiv Hessisches Landesamt für
Naturschutz, Umwelt und Geologie, Wiesbaden]
MICHELS, F. (1979): Geol. Kt. Hessen 1 : 25.000, Bl. 5514 Hadamar (2. Aufl.). – Wiesbaden.
SCHNEIDER, A. (1890): Lagerstättenkarte zur Geol. Specialkt. Preussen u. d. Thüring. Staaten
1 : 25.000, Bl. [5514] Hadamar. – Berlin.
STEIN, [C. A.] (1864) mit Beitr. v. BELLINGER, HÖCHST, STIPPLER u. WENCKENBACH:
Eisenstein-Vorkommen und Eisenstein-Bergbau in dem Bergmeisterei-Bezirk Diez. – In:
ODERNHEIMER, F. [Hrsg.] (1863/67): Das Berg- und Hüttenwesen im Herzogthum Nassau, Bd.
I, H. II, S. 240–278, 1 Taf.; Wiesbaden (C. W. Kreidel).
STIPPLER (1865): Beschreibung des Braunsteinvorkommens im Bergmeisterei-Bezirk Diez. –
In: ODERNHEIMER, F. [Hrsg.] (1863/67): Das Berg- und Hüttenwesen im Herzogthum Nassau,
Bd. I, H. III, S. 456–462; Wiesbaden (C. W. Kreidel).
WENCKENBACH, F. (1879): Beschreibung des Bergreviers Weilburg. – 1 Bl. + 176 S., 1 Abb.,
1 Kt.; Bonn (Adolph Marcus).
ZERRENNER, K. (1861): Die Braunstein- oder Manganerz-Bergbaue in Deutschland,
Frankreich und Spanien. Ein monographischer Versuch [...]. – XII + 186 S., 2 Taf.; Freiberg
(Buchhandlung J. G. Engelhardt).
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 6 von 31
3. Stellungnahme
3.1 Geologische und historische Grundlagen
Zwischen Runkel-Steeden im Südwesten (Bl. 5514 Hadamar) und Weilburg-Gaudernbach im
Nordosten (Bl. 5515 Weilburg) streichen Kalksteine an vielen Stellen an der Erdoberfläche
aus oder stehen nahe der Erdoberfläche an. Sie entstanden in der Periode des Devons als
Warmwasserriffe auf untermeerischen Vulkanbauten und besitzen ein Alter von ca. 380
Millionen Jahren.
Die Kalksteine wurden und werden seit vielen Jahrhunderten an verschiedenen Stellen
abgebaut, teils als Rohstoff für die Herstellung von Branntkalk, teils in großen Blöcken als
Werkstein. Die Werkstein-Blöcke gelangten als Nassauer Marmor und später als Lahnmarmor
in den Handel (KIRNBAUER 2013). Große Bekanntheit erlangte der Lahnmarmor der
betrachteten Kalksteine vor allem aus der Gemarkung von Schupbach („Schupbach
Schwarz“), wo er in ca. eineinhalb Dutzend Steinbrüchen abgebaut worden ist (KIRNBAUER
2008).
Während der Gebirgsbildung vor ca. 325–305 Millionen Jahren wurden die lockeren und
hohlraumreichen devonischen Riffkalke in die heute vorliegenden, festen Kalksteine
umgewandelt. Nachdem das Gebirge vor etwa 250 Millionen Jahren abgetragen und
eingerumpft war, war die gesamte Lahnregion einem tropisch-subtropischen Klima
ausgesetzt, bis die jüngste Kühlhausperiode („Eiszeit“) der Erde vor 2,6 Millionen Jahren
einsetzte. Dieses Klima führte zu einer tiefgründigen, an manchen Stellen über 100 m tief
reichenden Verwitterung („Mesozoisch-Tertiäre Verwitterung“, FELIX-HENNINGSEN 2001).
Wie heute in den Tropen und Subtropen, wurden die Kalksteine dabei intensiv chemisch
verwittert bzw. verkarstet. Es entstanden vielerorts Höhlensysteme (wie die Kubacher
Kristallhöhle), aber auch die typischen Oberflächen der Kalkstein-Vorkommen, die durch
stehengebliebene Kegel und tieferliegende Taschen und Trichter charakterisiert sind.
Besonders schön wurde dieser „Kegelkarst“ durch die Abräumarbeiten im Steinbruch
Schneelsberg der Fa. Schaefer Kalk zwischen Runkel-Steeden und -Hofen aufgeschlossen
(Abb. 1), wo er vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie
(HLNUG) als Geotop Nr. 5514-3 unter Schutz gestellt wurde
(https://www.hlnug.de/?id=6700 – 28.05.2018).
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 7 von 31
Abb. 1: Kegelkarst im Kalkstein-Steinbruch Schneelsberg-Nordost, Steeden/Lahn.
Aufnahme T. Kirnbauer 2007 (Bild 5514/134).
Vorwiegend tonige, untergeordnet auch schluffige, sandige und kiesige Ablagerungen aus den
Perioden des Tertiärs und Quartärs bedecken die Kalksteine an verschiedenen Stellen mit
Dicken („Mächtigkeiten“) von wenigen Metern, in Ausnahmefällen auch mehreren
Zehnermetern.
Durch chemische Lösung und Transport während der tropisch-subtropischen Verwitterung
entstanden vielerorts über den Kalksteinen Eisen- und Manganerze. Radiometrische
Datierungen belegen bevorzugte Bildungsalter der Erze in der Epoche des Miozäns vor ca. 19
bis 21 Millionen Jahren (HAUTMANN & LIPPOLT 2000). Die Erze treten vor allem an der
Grenze zwischen Kalkstein (unten) und jüngeren Ablagerungen (oben) auf, seltener auch
innerhalb der jüngeren Ablagerungen. Besonders hohe Dicken („Mächtigkeiten“) erreichen
die Erze in den Taschen und Trichtern des Kalksteins, während an den höchsten Stellen des
Kegelkarstes das Erz meist fehlt oder nicht bauwürdig war. Die Erzanreicherungen in den
Vertiefungen des Kalksteins besaßen deshalb nur geringe Durchmesser von wenigen Metern
bis Zehnermetern, so dass es sich – verglichen mit heutigen Lagerstätten – um flächen- und
volumenmäßig kleine Vorkommen handelte. Ein Foto aus dem Steinbruch Hahnstätten (Abb.
2) und ein Profil aus der Betriebszeit der Grube „Jacobsfund“ bei Niedertiefenbach (Abb. 3)
verdeutlichen diese Verhältnisse.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 8 von 31
Abb. 2: Eisen- und Manganerz an der Flanke eines Kegelkarst-Kalksteins und den
darüber liegenden Deckschichten des Tertiärs. Steinbruch Hahnstätten. Aufnahme T.
Kirnbauer 1993 (Bild 5614/10).
Abb. 3: Profil durch die Grube „Jacobsfund“ bei Niedertiefenbach. Eisen- und
Manganerz an der Grenze des Kegelkarst-Kalksteins und in den darüber folgenden
Deckschichten aus Tonen (aus: ZERRENNER 1861: Taf. I).
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 9 von 31
Die Eisen- und Manganerze erhielten mit Beginn der Industrialisierung eine wirtschaftliche
Bedeutung, so dass die meisten Lagerstätten schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts, also
bereits in nassauischer Zeit, in Abbau genommen wurden. Nach dem bedeutendsten
Vorkommen der Erze, der Lindener Mark bei Gießen, werden sie in der
lagerstättenkundlichen Literatur als Eisen- und Manganerze des Typs „Lindener Mark“
bezeichnet. Eine nach wie vor aktuelle Zusammenfassung zur Verbreitung, Ausbildung und
Entstehung der Erze gibt KIRNBAUER (1998).
Der Bergbau auf die Eisen- und Manganerze des Typs „Lindener Mark“ erfolgte in ihrem
gesamten Verbreitungsgebiet mittels flacher Schächte, von denen aus dem Erz mit einzelnen
Strecken gefolgt wurde. Besonders deutlich zeigen die Pläne der früheren Eisen- und
Manganerz-Grube „Schottenbach“ bei Weinbach-Gräveneck, wie die Strecken den einzelnen
Kegelkarst-Höckern folgen (Abb. 4).
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 10 von 31
Abb. 4: Karte (unten) und Profil (oben) der Eisen- und Manganerz-Grube
„Schottenbach“ bei Weinbach-Gräveneck. Das Profil (A–B) zeigt einen Kalkstein
(schraffiert) mit einer unregelmäßigen Oberfläche, die typisch für verkarstete
Kalksteine ist. Das Erz (schwarz) tritt vor allem in den „Taschen“ zwischen den
höckerförmigen Erhebungen des Kalksteins auf, teils aber auch in einzelnen Lagen in
den darüber liegenden Schichten (grau). In der Karte ist der erzführende Bereich grau
hinterlegt. Dargestellt sind die bergmännischen Strecken, die von Stollen (2–7) aus dem
Erz auf der verkarsteten Kalksteinoberfläche nachgefahren sind. Es ist deutlich zu
sehen, wie einzelne Kalksteinhöcker umfahren worden sind (aus KIRNBAUER 2003: Abb.
16, 17).
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 11 von 31
Die Eisen- und Manganerze des Typs „Lindener Mark“ dürfen nicht mit den Eisenerzen
verwechselt werden, die als reine Eisenerze in Hunderten von Bergwerken im Lahn- und
Dillgebiet abgebaut wurden. Diese Erze, üblicherweise als „Roteisenstein“ oder als
„Roteisenerz“ bezeichnet, werden in der lagerstättenkundlichen Literatur als „Roteisenerze
vom Lahn-Dill-Typ“ bezeichnet (zusammenfassend in LIPPERT & FLICK 1998). Die
Roteisenerze des Lahn-Dill-Typs bildeten um Größenordnungen größere Lagerstätten als die
Eisen- und Manganerze des Typs „Lindener Mark“. Charakteristisch sind hier Abbautiefen
von z. T. mehreren Hunderten von Metern, Stollen- und Streckenlängen von oft vielen
Kilometern, Betriebszeiten von oft mehreren Jahrzehnten und feste Fördergerüste.
Roteisenerze vom Lahn-Dill-Typ wurden beispielsweise in der Grube „Fortuna“ bei Solms-
Oberbiel gewonnen (heute als Besucherbergwerk bekannt), aber auch in der Grube „Magnet“,
deren Förderung über den Christiansstollen erfolgte, dessen Mundloch an der Christianshütte
im Kerkerbach-Tal lag (GEORG et al. 1985: 246–247). Die industriellen Roteisenstein-
Bergwerke des Lahngebiets prägen heute die Erinnerung an den historischen Bergbau der
Region, unterscheiden sich aber in ihrer Größenordnung deutlich von den Kleinstbergwerken,
in denen die Eisen- und Manganerze des Typs „Lindener Mark“ in Schupbach und Umgebung
abgebaut worden sind (Tab. 1).
Tab. 1: Gegenüberstellung wichtiger Charakteristika der Eisen- und Manganerze vom
Typ „Lindener Mark“ und der Roteisenerze vom Typ „Lahn-Dill“.
Eisen- und Manganerze,
Typ „Lindener Mark“
Roteisenerze,
Typ „Lahn-Dill“
Abbautiefen meist 10–25 m, selten bis 70
m
meist tiefer als 100 m, häufig
mehrere 100 m
Stollen- und Streckenlängen wenige m bis Zehnermeter mehrere 100 m, oft km-lang
Betriebszeiten wenige Jahre Jahrzehnte
Schächte Reifschächte feste Fördergerüste
Förderung Haspelförderung Maschinenförderung,
Grubenbahnen
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 12 von 31
3.2 Eisen- und Manganerze über dem Kalkstein bei Schupbach
Die Eisen- und Manganerze im Raum Schupbach gehören zu über einhundert bekannten
Vorkommen von Eisen- und Manganerzen, die auf der Oberfläche der Kalkstein-Vorkommen
zwischen Runkel-Steeden im Südwesten und Weilburg-Gaudernbach im Nordosten liegen.
Das Hauptverbreitungsgebiet der Erze liegt südlich und östlich von Niedertiefenbach; kleinere
Vorkommen befinden sich im Gebiet zwischen dem Hengen im Südwesten und Gaudernbach
im Nordosten. Lagerstättenkundliche und bergbauliche Beschreibungen stammen von
ZERRENNER (1861: 34–54), STEIN (1864: 270–275), KAYSSER (1864), BELLINGER (1865,
1903a, 1903b), STIPPLER (1865), WENCKENBACH (1879: 82–86, 89–90), ANGELBIS (1890),
SCHNEIDER (1890), SCHNEIDER in ANGELBIS (1891: 26–29, 40–41), AHLBURG (1918a,
1918b), BRANNATH (1989, 1995) sowie BRANNATH & SMYKATZ-KLOSS (1992). In der alten
Literatur werden die Manganerze meist als „Braunstein“ und die Eisenerze als
„Brauneisenstein“ bezeichnet.
Der Bergbau im betrachteten Gebiet beschränkte sich zunächst auf die Förderung von
Manganerzen. Er begann 1827 bei Niedertiefenbach; das erste Schächtchen bei Schupbach
wurde 1850 abgeteuft (SCHNEIDER in ANGELBIS 1891: 40). Der Höhepunkt des
Manganerzbergbaus lag in den 1850er Jahren. In einer zweiten Abbauperiode von 1862 bis
1867 wurden dann auch die eisenreichen Manganerze gewonnen (KAYSSER 1864: 209, 210,
220; SCHNEIDER in ANGELBIS 1891: 40–41). Die durchschnittliche Dicke („Mächtigkeit“) der
Manganerzlager im Obertiefenbacher Revier lag bei 15 bis 45 cm1 (KAYSSER 1864: 209),
diejenige der Eisen- und Manganerze lag etwas höher. SCHNEIDER in ANGELBIS (1891: 26)
gibt eine durchschnittliche Dicke aller Erze von 1–3 m in einer Tiefe von ca. 15 bis 30 m an.
Über den Erzen liegen plastische Tone in Dicken („Mächtigkeiten“) von 1,0 m bis 31,4 m und
mehr, denen selten Sand- und Kieslagen eingeschaltet sind (KAYSSER 1864: 212–213;
SCHNEIDER in ANGELBIS 1891: 26). Nach Untersuchungen des Baugrundinstituts Franke-
Meißner und Partner GmbH (2018: 7–8) an entsprechenden Proben aus dem Steinbruch
Schneelsberg-Nordost handelt es sich um Schluffe und Tone „mit mittelplastischen und
ausgeprägt plastischen Eigenschaften“. Die Tiefe der Schächte bei Niedertiefenbach erreichte
20–25 m und in Ausnahmefällen auch bis 70 m (ZERRENNER 1861: 42; WENCKENBACH 1879:
84).
1 Alte nassauische Maße wie Fuß und Lachter wurden nach V. ALBERTI (1957) umgerechnet.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 13 von 31
Der Bergbau auf Manganerze bei Schupbach begann 1858/1859, wobei über 100 Schächte mit
Tiefen von 4,1 bis 31,4 m abgeteuft wurden (KAYSSER 1864: 215). Die letzten Bergwerke im
gesamten Verbreitungsgebiet der Erze waren im 1. Weltkrieg in Betrieb; danach waren die
kleinen Vorkommen wegen Unrentabilität wirtschaftlich uninteressant (MICHELS 1929: 44).
Durch Bohrungen der Fa. Schaefer Kalk im Südwesten des Grubenfelds „Krillszeche“ in
Schupbach im Mai 2018 konnten die alten lagerstättenkundlichen Angaben bestätigt werden,
da zwei Bohrungen (SB01, SB02) den Erzhorizont antrafen.
Der untere Teil der Bohrung SB02 zeigt das folgende Profil (Abb. 5):
- 21,85 m: rotbraune Tone
- 23,25 m: Eisen- und Manganerze
- 25,50 m: rotbraune und braune Tone (z. T. schwach vererzt)
- 25,75 m (Endteufe): Kalkstein, verkarstet
Das Erz ist an dieser Stelle nicht abgebaut und hat eine Dicke („Mächtigkeit“) von 1,4 m. Von
der Oberfläche des verkarsteten Kalksteins ist es durch 1,75 m Tone getrennt (vgl.
entsprechende Verhältnisse im historischen Profil der Abb. 3).
Der untere Teil der Bohrung SB01 zeigt folgendes Profil (Abb. 6):
- 21,10 m: rotbraune Tone
- 21,50 m: Eisen- und Manganerze
- 22,40 m: rotbraune Tone
- 23,45 m (Endteufe): Kalkstein
Das Erz war an dieser Stelle mit einer Stärke von 40 cm ökonomisch ohne Interesse
(„unbauwürdig“) und wurde nicht abgebaut. Von der Oberfläche des Kalksteins ist es durch
0,90 m Tone getrennt. Wie das Erz in der Bohrung SB02 gehört es also zum Erz im unteren
Teil der Tonschichten und lag dem Kalkstein nicht direkt auf.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 14 von 31
Abb. 5: Bohrkern der Bohrung SB02 aus dem Feld „Krillszeche“, Schupbach.
Fotografiert ist der Bereich von 19,20 m Tiefe bis zur Endtiefe 25,75 m. Der Bohrkern
ist von unten nach oben und von rechts nach links zu „lesen“. Über verkarstetem
Kalkstein (von 25,75 m bis ca. 25,50 m) folgen rotbraune und braune Tone (z. T.
schwach vererzt). Von 23,25 bis 21,85 m wurde Eisen- und Manganerz erbohrt. Darüber
folgen rotbraune Tone. Foto: Schaefer Kalk (2018). Interpretation T. Kirnbauer.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 15 von 31
Abb. 6: Bohrkern der Bohrung SB01 aus dem Feld „Krillszeche“, Schupbach.
Fotografiert ist der Bereich von 18,70 m Tiefe bis zur Endtiefe 23,45 m. Über Kalkstein
liegen rotbraune Tone, denen bei 21,10–21,50 m ein dünner Horizont von Eisen- und
Manganerz eingelagert ist, der nicht abgebaut wurde. Foto: Schaefer Kalk (2018).
Interpretation T. Kirnbauer.
Der geringe Umfang des Bergbaus auf die Eisen- und Manganerze in der Region geht auch
aus den historisch dokumentierten Förderziffern hervor. 1858, zu Zeiten der maximalen
Förderung (s. o.), war in den Ämtern Diez, Limburg und Nastätten „Zecheneigenthum“
(verliehene Bergwerksfelder) im Umfang von 6,86 km2 verliehen. Darin förderten 30 Betriebe
ganze 5.275 t Erz, durchschnittlich also ca. 175 t/Jahr (ZERRENNER 1861: 46). Zum Vergleich:
Ein SKW-Muldenkipper der Fa. Schaefer transportiert heute eine Nutzlast von 60 t bei einer
Fahrt; die durchschnittliche Jahresförderung eines Bergwerks von 1858 würde also in drei
SKW-Muldenkipper passen. 76 verliehene Bergwerke hingegen „lagen in Fristen“, waren also
ohne Betrieb (ZERRENNER 1861: 46).
Der heute bebaute Bereich von Schupbach wird von 14 Grubenfeldern ganz oder teilweise
bedeckt (Abb. 7, Tab. 2):
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 16 von 31
Abb. 7: Ausschnitt aus der Mutungsübersichtskarte des Bergreviers Weilburg 1:10.000
(ANONYMUS o. J.).
Tab. 2: Übersicht über die im heute bebauten Bereich von Schupbach früher
verliehenen Grubenfelder (vgl. Abb. 7).
Name der
Verleihung
Verliehene
Metalle
Lagerstätte in Geologischer
Karte 1 : 25.000
Pläne aus der Betriebszeit
(„Risse“) vorhanden
Burggraben Fe, Mn v
Hohl Fe, Mn
Hohenweg Fe, Mn v
Hirtenbach Fe, Mn v
Krillszeche Fe, Mn v v
Heinrich Fe, Mn v
Pan Mn
Unterroth Mn
Hartmann Fe, Mn v
Laterne Fe, Mn v v
Ruhscheid II Fe
Boden Mn
Ruhscheid Mn v
Socrates Fe v
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 17 von 31
Abb. 8: Schächte (orangefarbene Kreissignaturen), Fundpunkte (pinkfarbene Kreise),
Bergwerksfelder (rote Linien) sowie vom untertägigen Abbau betroffene Flächen (rote
Schraffuren) im Gebiet von Schupbach. Quelle: Dezernat Bergaufsicht, RP Gießen.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 18 von 31
Von den insgesamt 14 Feldern wurden die Lagerstätten von sechs Feldern als so groß
angesehen, dass sie in die 1. Auflage der beiden amtlichen Geologischen Spezialkarten (Bl.
5514 Hadamar, ANGELBIS (1890) und Bl. 5515 Weilburg, AHLBURG (1918a)) eingetragen
worden sind. Die 2. Auflage von Blatt 5514 Hadamar (MICHELS 1979) enthält die Eisen- und
Manganerzlagerstätten überhaupt nicht mehr; in den dazugehörigen Erläuterungen
(HENTSCHEL & THEWS 1979: 108–109) werden diese nur kurz erwähnt.
Eine Zusammenstellung des Dezernats Bergaufsicht des Regierungspräsidiums Gießen zeigt
für Schupbach und seine unmittelbare Umgebung die Lage von insgesamt 83 Schächten an
(Abb. 8). Einige davon befinden sich weit außerhalb des bebauten Ortskerns, vor allem
westlich und südwestlich davon in den Feldern „Hohenstein“ und „Hohenweg“. Von den
Gruben „Obereiche“, „Hohenweg“ und „Pfeil“ ist bekannt, dass sie um 1890 in Betrieb
standen (SCHNEIDER in ANGELBIS 1891: 41).
Innerhalb des bebauten Bereichs liegen Schächte der Verleihungen „Heinrich“, „Hirtenbach“,
„Hohl“, „Krillszeche“ und „Laterne“. Pläne aus der Betriebszeit („Risse“) liegen im Dezernat
Bergaufsicht des Regierungspräsidiums Gießen von fünf Verleihungen vor, den Feldern
„Hartmann“, „Heinrich“, „Hirtenbach“, „Krillszeche“ und „Laterne“. Sie standen dem
Gutachter als Scans zur Verfügung.
Aus dem Riss der Grube „Hartmann“ geht hervor, dass sie mittels eines 11 m tiefen
Schächtchens 1915/16 erschlossen wurde, von dem aus eine Strecke mit einem kurzen
Querschlag aufgefahren wurde. Der Schacht liegt außerhalb des bebauten Bereichs.
Die Grube „Hirtenbach“ traf 0,5 m dicke „Nester“ von Erz über dem Kalkstein an. 1883
wurden zur Erkundung drei Schächtchen bis zur Kalkstein-Oberfläche abgeteuft und ein
geringfügiges Streckennetz aufgefahren.
Im Feld „Laterne“ wurden 1908 (?) zehn Schächte abgeteuft. Die Schächte 4, 5 und 10
blieben ohne Erfolg, während die Schächte 1, 2, 3 und 6 sowie die Schächte 7, 8 und 9 jeweils
durch ein wenig weitläufiges Streckennetz untereinander verbunden waren.
Der Abbau im Feld „Krillszeche“ ging an drei verschiedenen Stellen im südlichen Bereich des
Feldes um. Im bebauten Bereich von Schupbach liegt der östlichste Abbau, bei dem 1885
insgesamt vier Schächte (XII, XIV?, XVI und 17) abgeteuft wurden. Lediglich zwischen den
Schächten XII und XVI wurde ein 2 m dickes Erzlager entdeckt, während die anderen
Strecken die Lagerstätte „taub“, also ohne Erz, oder lediglich in „Nestern“ bis 0,5 m Dicke
antrafen. Der hauptsächliche Abbau fand, ebenfalls in den 1880er Jahren, an zwei Stellen in
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 19 von 31
der südwestlichen Feldesecke statt. Dieser Teil des Feldes wurde 2018 mit vier Bohrungen
durch die Fa. Schaefer Kalk erkundet (s. u.).
Innerhalb des bebauten Bereichs von Schupbach wies lediglich der Bergbau im Feld
„Heinrich“ etwas größere Ausmaße auf. Im Bereich des Hüttenwegs wurden drei Schächte
abgeteuft. Zwei von ihnen, die Schächte VII und VIII, waren offensichtlich nicht fündig, da
von ihnen aus keine Strecken vorangetrieben wurden. Vom Schacht VI aus erfolgte die
Auffahrung einer kurzen Strecke mit vier kleinen Querschlägen. Dass auch hier kein zweiter
Schacht für die Luftzirkulation angelegt wurde, zeigt, dass die Lagerstätte an dieser Stelle
unbauwürdig war. Der eigentliche Abbau im Feld „Heinrich“ erfolgte vom Bereich der
Kreuzung Mittelstraße/In der Bitz im Süden aus etwa 80 m weit nach Norden. Der Grubenriss
zeigt hier eine Reihe von Schächtchen, von denen aus, sofern sie fündig waren, kleine
Strecken vorgetrieben wurden. An verschiedenen Stellen wurden zwei oder drei Schächte
durch Strecken miteinander verbunden, um die Luftzirkulation zu gewährleisten. Die
einzelnen Anlagen waren untereinander nicht miteinander verbunden. Betrieb erfolgte in den
1880er und 1890er Jahren.
Im Feld „Burggraben“ wurde nach Angaben des Dezernats Bergaufsicht des
Regierungspräsidiums Gießen lediglich am Fundpunkt des Feldes (nahe der Straße
Meersgrund) ein Schacht abgeteuft, der sog. Fundschacht. Zu einem anschließenden Bergbau
ist es nie gekommen.
In der umfangreichen lagerstättenkundlichen und bergbauwirtschaftlichen Literatur des 19.
Jahrhunderts wird keine der in Tab. 2 genannten Verleihungen in Schupbach genannt. Es
muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die genannten Verleihungen zu den weniger
bedeutenden gehört haben und damit zu den Klein- oder Kleinstzechen gehört haben.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 20 von 31
3.3 Art der bergmännischen Hohlräume sowie deren Tiefen
Über die Abbaumethode der Eisen- und Manganerze bei Obertiefenbach, Niedertiefenbach
und Schupbach geben die Ausführungen von KAYSSER (1864: 221 ff.) ausführlich Auskunft.
Man legte runde Schächte mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 100 bis 120 cm an.
Es handelte sich um sog. Reifschächte, die ihren Namen nach „Reifstangen“, jungen
Buchenstämmchen, erhielten, mit denen die Schächte verzimmert wurden. Sobald der
Kalkstein erreicht war, wurde in diesen eine kleine Vertiefung („Sumpf“) gebrochen, so dass
das im Schacht anfallende Wasser in den klüftigen Kalkstein versickern konnte. Aus dem
Schacht wurde das Erz mittels Eimern über eine Haspel gefördert („Haspelschacht“), eine
Methode, die noch in den 1930er Jahren üblich war (Abb. 9). Fördergerüste, wie im
Roteisenstein-Bergbau üblich, gab es wegen der geringfügigen Tiefen, aus denen das Erz
gefördert wurde, nicht.
Abb. 9: Haspelschacht in den 1930er Jahren. Genauer Aufnahmeort unbekannt
(Schwarzweiß-Foto). Archiv T. Kirnbauer.
Man legte jeweils zwei Schächte im Abstand von ca. 12,5 bis 21,0 m an, die an der tiefsten
Stelle mit einer Strecke („Hauptstrecke“) verbunden wurden, um eine Luftzirkulation
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 21 von 31
(„Bewetterung“) zu gewährleisten. Die Hauptstrecke wurde auf beiden Seiten um maximal
12,5 bis 16,75 m verlängert, da sich spätestens dann Schwierigkeiten mit der Bewetterung
ergaben. Von der Hauptstrecke aus wurden dann rechtwinklig – immer vorausgesetzt, dass
das Erzlager groß genug war – 10,5 bis 12,5 m lange Querstrecken vorgetrieben, die
wiederum durch der Hauptstrecke parallele Strecken verbunden wurden. Aus statischen
Gründen blieben um die Schächte Sicherheitspfeiler von 3,15 bis 4,20 m Durchmesser und an
den Hauptstrecken solche von 3,15 m Stärke stehen. War das Erzlager ausgebeutet, wurden
auch die Sicherheitspfeiler abgebaut und das plastische Deckgebirge konnte sich senken und
die vorhandenen Hohlräume verschließen. „Sobald der Betrieb auf einem Acker beendet“
war, wurde das Acker eingeebnet und „in seinen ursprünglichen Zustand“ versetzt. Es
verdient festgehalten zu werden, dass bereits KAYSSER (1864: 229) die gelungene
Rekultivierung mit den Worten pries, dass schon „nach einigen Jahren alle Spuren eines
Betriebs auf einem solchen Acker wieder verschwunden“ waren. In heutiger Terminologie
würde man von einem nachhaltigen Abbau sprechen.
Da mit dieser einfachen Abbaumethode nur eine äußerst begrenzte Fläche erreicht werden
konnte, befanden sich die Schächte in nur geringen Entfernungen voneinander, typischerweise
in Abständen von 12,5 bis 20,9 m zueinander. Besonders deutlich wird dies in den Feldern
„Hohenstein“ und „Hohenweg“ westlich von Schupbach, wo 17 bzw. 24 Schächte in geringer
Entfernung voneinander niedergebracht wurden (Abb. 8).
Aus Kap. 3.2 und den Angaben aus diesem Kapitel geht hervor, dass die Eisen- und
Manganerze bei Schupbach nur geringe Dicken („Mächtigkeiten“) von wenigen Dezimetern
bis max. 3 m aufwiesen und in geringen Tiefen (4 m bis ca. 30 m) auftraten. Da mit einer
vorindustriellen Fördermethode abgebaut wurde (Haspelschächte), waren die beim Abbau der
Erze entstandenen Grubenbauten nicht nur volumenmäßig, sondern auch der Fläche nach
äußerst klein; der Durchmesser der Schächtchen betrug lediglich 1,0–1,2 m. Der Umfang der
bergmännischen Hohlräume entsprach also aus lagerstättenkundlichen und aus
abbautechnischen Gründen dem Umfang von kleinen, vorindustriellen Bergwerken.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 22 von 31
3.4 Sind die früheren bergmännischen Hohlräume heute noch offen?
Im Folgenden soll die Frage beantwortet werden, ob die beim Abbau der Eisen- und
Manganerze im Ortsbereich von Schupbach entstandenen bergmännischen Hohlräume
(Schächte und Stollen) heute noch offen sind.
Aus geomechanischen Gründen schließen sich Hohlräume, über denen sich plastische Tone
befinden, innerhalb von wenigen Jahren bis Jahrzehnten. Dieses „Verdrücken“, wie das
Phänomen in der Bergmannssprache genannt wird, ist – auch dem Gutachter – aus Hunderten
von Beispielen bekannt, nicht zuletzt aus dem Westerwald. Dort werden durch den heute
gebräuchlichen Tagebau immer wieder verdrückte Strecken aus den 1960er Jahren oder früher
angetroffen. Dieses Verhalten von tonigen Deckschichten kann aber auch aus dem
Verbreitungsgebiet der Kalksteine zwischen Steeden und Gaudernbach belegt werden. So
konnte der Gutachter 2007 im Steinbruch Schneelsberg-Nordost eine ehemalige Strecke des
Eisen- und Manganerz-Bergwerks „Coburg“ im Anschnitt beobachten (Abb. 10, 11). Die
Strecke war ursprünglich mit einer hölzernen Türstock-Zimmerung ausgebaut, hatte sich aber
durch das allmähliche, gravitativ bedingte Herabsenken der Deckschichten vollständig
zugesetzt („verdrückt“). Vom ehemaligen Hohlraum der Strecke hatte sich nichts mehr
erhalten.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 23 von 31
Abb. 10: Anschnitt einer ehemaligen Strecke der Eisen- und Manganerz-Grube
„Coburg“ in tonigen Deckschichten über dem Kalkstein. Die mit hölzerner Türstock-
Zimmerung ausgebaute Strecke hat sich durch das allmähliche, gravitativ bedingte
Herabsenken der Deckschichten vollständig zugesetzt („verdrückt“). Kalkstein-
Steinbruch Schneelsberg-Nordost, Steeden/Lahn. Aufnahme T. Kirnbauer 2007 (Bild
5514/129).
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 24 von 31
Abb. 11: Wie Abb. 10, Detail. Vom ehemaligen Hohlraum der Strecke hat sich nichts
mehr erhalten. Aufnahme T. Kirnbauer 2007 (Bild 5514/131).
Zur Untersuchung des Altbergbaus in Schupbach wurden von der Fa. Schaefer Kalk im Mai
2018 vier Bohrungen (SB01–SB04) im Südwesten des Grubenfelds „Krillszeche“ angesetzt.
Die Ansatzpunkte der Bohrungen wurden in Absprache mit dem Gutachter bestimmt.
Die Bohrung SB02 wurde an einer Stelle angesetzt, an der nach den vorhandenen
Grubenplänen kein bergmännischer Hohlraum zu erwarten war. Tatsächlich wurde das Erz
dort etwa 1,4 m dick („mächtig“) angetroffen (Abb. 5). Mit den jeweils ca. 19 m entfernten
Bohrungen SB03 und SB04 wurde versucht, solche bergmännischen Hohlräume anzubohren.
In diesen beiden Bohrungen traf man tatsächlich Abbauspuren an; das Erz fehlte.
Der untere Teil der Bohrung SB03 zeigt das folgende Profil (Abb. 12):
- 25,45 m: braune, gelbbraune und rotbraune Tone, z. T. geflammt
- 25,75 m (Endteufe): Kalkstein, verkarstet
Der Beweis dafür, dass das Erz tatsächlich abgebaut worden ist und nicht etwa primär fehlte,
geht aus der Oberfläche des darunter liegenden Kalksteins hervor: Anstatt der zu erwartenden
verkarsteten Oberfläche zeigt der Kalkstein eindeutige Bearbeitungsspuren durch feste
Werkzeuge (Abb. 13). Dies belegt, dass sich hier ein bergmännischer Hohlraum befunden
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 25 von 31
haben muss, bei dem die Oberfläche des Kalkstein bearbeitet worden ist, vermutlich, um ein
Versickern des Wassers zu ermöglichen (vgl. Kap. 3.3).
Abb. 12: Bohrkern der Bohrung SB03 aus dem Feld „Krillszeche“, Schupbach.
Fotografiert ist der Bereich von 18,95 m Tiefe bis zur Endtiefe 25,75 m. Über Kalkstein
(von 25,75 m bis 25,45 m) folgen braune, gelbbraune und rotbraune, häufig geflammte
Tone. Das ursprünglich oberhalb des Kalksteins vorhandene Eisen- und Manganerz
wurde abgebaut; durch Setzung der darüber folgenden Tone hat sich der früher hier
vorhandene bergmännische Hohlraum geschlossen (s. Abb. 13). Foto: Schaefer Kalk
(2018). Interpretation: T. Kirnbauer.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 26 von 31
Abb. 13: Detail des Bohrkerns der Bohrung SB03 aus dem Feld „Krillszeche“,
Schupbach (s. Abb. 12). Fotografiert ist die Grenze Kalkstein/Ton bei 25,45 m, wobei
der Bohrkern des Kalksteins senkrecht gestellt und seine Oberfläche gesäubert wurde.
Anstatt der zu erwartenden verkarsteten Oberfläche des Kalksteins weist dieser
eindeutige Bearbeitungsspuren von festen Werkzeugen auf. Dies belegt, dass sich hier
ein bergmännischer Hohlraum befunden haben muss, bei dem die Oberfläche des
Kalksteins bearbeitet worden ist. Das Fehlen des Erzes in der Bohrung SB03 geht also
auf dessen bergmännischen Abbau zurück. Durch die Setzung der darüber folgenden
Tone hat sich der früher hier vorhandene bergmännische Hohlraum geschlossen. Foto:
Schaefer Kalk (2018). Interpretation: T. Kirnbauer.
Die Bohrung SB04 war ebenfalls ca. 19 m von der erzführenden Bohrung SB02 entfernt und
wurde ca. 5 m neben der Bohrung SB03 abgeteuft. Der untere Teil der Bohrung traf folgendes
Profil an (Abb. 14, 15):
- 24,25 m: braune Tone
- 24,75 m: Grubenholz
- 25,75 m (Endteufe): Kalkstein, größtenteils dolomitisiert, bei 25,05 m Lehm
(Karstfüllung)
Da der Teil der Bohrung, der die ungestörten, horizontal liegenden braunen Tone durchteuft
hat, in Kunststoffrohren konserviert worden ist, erfolgte keine genauere Aufnahme. In den
Tonen wurde ebenfalls kein Erz angetroffen; das senkrecht stehende Holz, das auf 50 cm
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 27 von 31
Länge durchbohrt worden ist, ist unzweifelhaft als ehemaliges Grubenholz (sog. Stempel)
anzusprechen und erklärt, weshalb das Erz an dieser Stelle fehlt: Es wurde abgebaut.
Abb. 14: Bohrkern der Bohrung SB04 aus dem Feld „Krillszeche“, Schupbach.
Fotografiert ist der Bereich von 17,45 bis 24,25 m. Durchbohrt wurden braune Tone, die
sich noch in durchsichtigen Kunststoffrohren befinden. Foto: Schaefer Kalk (2018).
Interpretation: T. Kirnbauer.
Abb. 15: Bohrkern der Bohrung SB04 aus dem Feld „Krillszeche“, Schupbach.
Fotografiert ist der Bereich von 24,25 m bis 25,75 m (Endteufe). Durchbohrt wurde ein
senkrecht stehendes Grubenholz von ca. 50 cm Höhe, das dem devonischen Kalkstein
aufgesetzt war. Der Kalkstein selbst ist größtenteils dolomitisiert und enthält einen mit
Lehm gefüllten Karsthohlraum. Im oberen Teil des Bildes sind die direkt über dem
Grubenholz anstehenden plastischen Tone zu sehen, die sich aus konservatorischen
Gründen in durchsichtigen Kunststoffrohren befinden. Foto: Schaefer Kalk (2018).
Interpretation: T. Kirnbauer.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 28 von 31
Die in den Abb. 12 bis 15 fotografisch dokumentierten Gegebenheiten belegen für den
Altbergbau bei Schupbach, dass sich die früher hier vorhandenen bergmännischen Hohlräume
durch Setzung der darüber folgenden plastischen Tone geschlossen haben. Die Befunde in den
beiden Bohrungen im Feld der Grube „Krillszeche“ in Schupbach sind damit völlig analog
dem Befund an der ehemaligen Strecke der Eisen- und Manganerz-Grube „Coburg“
nordöstlich von Steeden. Nach den Angaben des Bohrmeisters war in keiner der vier
Bohrungen im Feld „Krillszeche“ ein nennenswerter Verlust von Bohrwasser zu verzeichnen.
Dies belegt, dass kein Abfließen in Hohlräume stattgefunden hat.
Die durch die Bohrungen erhobenen Befunde zeigen, dass sich die im Ortsbereich von
Schupbach entstandenen bergmännischen Strecken aus geomechanischen Gründen längst
geschlossen haben. Begünstigt wurde dies vor allem dadurch, dass der mit vorindustriellen
Methoden betriebene Abbau der Eisen- und Manganerze sowohl flächen- als auch
volumenmäßig nur einen geringen Umfang gehabt hat. Dieses Ergebnis deckt sich somit mit
den Ergebnissen der numerischen Simulation durch das Baugrundinstitut Franke-Meißner und
Partner GmbH (2018).
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 29 von 31
4. Zusammenfassung
Für die Schaefer Kalk GmbH & Co. KG, Louise-Seher-Str. 6, 65582 Diez, wurde im Mai/Juni
2018 ein Gutachten über den Altbergbau in Beselich-Schupbach verfasst. Besonders sollten
drei Fragen beantwortet werden: 1. Welcher Art waren die ehemaligen Hohlräume? 2. Mit
welchen mutmaßlichen Tiefen der ehemaligen Hohlräume ist zu rechnen? 3. Ist damit zu
rechnen, dass die bergmännischen Hohlräume noch offen sind?
Zwischen Runkel-Steeden im Südwesten und Weilburg-Gaudernbach im Nordosten treten
Kalksteine auf. Sie entstanden in der Periode des Devons als Warmwasserriffe und besitzen
ein Alter von ca. 380 Millionen Jahren. Während des Mesozoikums und des Tertiärs wurden
sie bei tropischem bis subtropischem Klima intensiv chemisch verwittert und verkarstet.
Neben Höhlensystemen entstand dabei ein typischer „Kegelkarst“. Sedimente aus den
Perioden des Tertiärs und Quartärs bedecken die Kalksteine an verschiedenen Stellen mit
Mächtigkeiten von wenigen Metern bis Zehnermetern. An der Grenze Kalksteine/Sedimente
des Tertiärs, seltener auch in den unteren Partien der tertiären Sedimente, bildeten sich im
Miozän vor ca. 19 bis 21 Millionen Jahren geringmächtige Eisen- und Manganerze, die
lagerstättenkundlich zum Typ „Lindener Mark“ gehören. Die durchschnittliche Mächtigkeit
der Erze lag bei 1–3 m. Die Erze werden von wenigen Meter bis Zehnermeter mächtigen
plastischen Tonen (meist 20–30 m) bedeckt.
Die Auswertung der umfangreichen lagerstättenkundlichen und bergbaulichen Literatur zeigt,
dass das Hauptverbreitungsgebiet der Erze südlich und östlich von Niedertiefenbach liegt;
kleinere Vorkommen befinden sich zwischen dem Hengen im Südwesten und Gaudernbach
im Nordosten. Der Bergbau auf die Erze begann 1827. Die beiden Hauptabbauperioden lagen
in den 1850er und 1860er Jahren. Letzte Gewinnungsarbeiten fanden in der Zeit des 1.
Weltkriegs statt.
Der heute bebaute Bereich von Schupbach wird von 14 Grubenfeldern ganz oder teilweise
bedeckt. Insgesamt wurden in Schupbach und seiner Umgebung gut 100 Schächte abgeteuft,
deren Teufe, der Mächtigkeit der Deckschichten entsprechend, bei 4 bis 31 m lag. Bedingt
durch die geringe Mächtigkeit und das linsenförmige Vorkommen der Erze lag die
durchschnittliche Jahresförderung einer Zeche bei 175 t/Jahr, einer Masse, die heute von drei
modernen SKW-Muldenkippern transportiert werden kann. Es handelte sich also um Klein-
bis Kleinstzechen, die nur ein Jahr oder wenige Jahre lang produktiv waren. Die meisten der
insgesamt 83 Schächte, die in der unmittelbaren Umgebung von Schupbach vorhanden waren,
liegen außerhalb der Bebauung oder im nicht bebauten Bereich.
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 30 von 31
Über die Abbaumethode der Eisen- und Manganerze geben historische Berichte ausführlich
Auskunft. Man legte runde Schächte mit einem Durchmesser von 100–120 cm an, die mit
jungen Buchenstämmchen verzimmert wurden. Sobald der Kalkstein erreicht war, wurde in
diesen eine kleine Vertiefung gebrochen, so dass das im Schacht anfallende Wasser in den
klüftigen Kalkstein versickern konnte. Aus dem Schacht wurde das Erz mittels Eimern über
eine Haspel gefördert („Haspelschacht“). Für die Luftzirkulation („Bewetterung“) wurde ein
zweiter Schacht abgeteuft und mit einer Strecke verbunden. Dem Erz wurde unter Tage mit
einem Streckennetz nachgefahren. Die rasch endende Bewetterung war als limitierender
Faktor ausschlaggebend dafür, dass die Grubengebäude äußerst klein blieben. Zur Gewinnung
benachbarter Erzvorkommen mussten deshalb in 10 bis 20 Metern Entfernung neue Schächte
abgeteuft werden. Nach dem Ende eines solchen kleinen Bergwerks wurde der Acker
eingeebnet und in seinen ursprünglichen Zustand versetzt. Schon 1864 pries man die
gelungene Rekultivierung mit den Worten, dass schon „nach einigen Jahren alle Spuren eines
Betriebs auf einem solchen Acker wieder verschwunden“ waren. In heutiger Terminologie
würde man von einem nachhaltigen Abbau sprechen.
Der Umfang der bergmännischen Hohlräume entsprach aus lagerstättenkundlichen und
abbautechnischen Gründen dem Umfang von kleinen, vorindustriellen Bergwerken. Der
Bergbau auf Eisen- und Manganerze bei Schupbach ist deshalb nicht zu vergleichen mit dem
Roteisenstein-Bergbau, der das industrielle Gedächtnis des Lahn-Dill-Gebiets prägt (z. B.
Besucherbergwerk Grube „Fortuna“); dieser erreichte tatsächlich industrielle Ausmaße.
Aus geomechanischen Gründen schließen sich Hohlräume, über denen sich plastische Tone
befinden, innerhalb von wenigen Jahren bis Jahrzehnten. Dieses Zusetzen bzw. „Verdrücken“
ist aus Hunderten von Beispielen bekannt, nicht zuletzt aus dem Tonbergbau des
Westerwalds, in dem in den heutigen Tagebauen immer wieder verdrückte Strecken aus dem
Untertagebergbau der 1960er Jahre oder früher angetroffen werden. Dieses Verhalten von
tonigen Deckschichten kann auch für eine ehemalige Strecke des Eisen- und Manganerz-
Bergwerks „Coburg“ nachgewiesen werden, die 2007 im Steinbruch Schneelsberg-Nordost
angeschnitten war: Trotz einer hölzernen Türstock-Zimmerung war vom ehemaligen
Hohlraum der Strecke nichts mehr erhalten, da sich die tonigen Deckschichten gesetzt hatten.
Zur Untersuchung des Altbergbaus in Schupbach wurden von der Fa. Schaefer Kalk im Mai
2018 vier Bohrungen im Südwesten des Grubenfelds „Krillszeche“ angesetzt, deren
Ansatzpunkte in Absprache mit dem Gutachter bestimmt wurden. In den Bohrungen SB03
und SB04 wurden zwei völlig analoge Befunde angetroffen: In einer Teufe von ca. 25 m
Gutachten zum Altbergbau bei Beselich-Schupbach Seite 31 von 31
wurde jeweils Bereiche durchbohrt, an denen das dort ca. 1,4 m mächtige Erz bereits abgebaut
war. Von den früher vorhandenen, bergmännischen Hohlräumen von ca. 1,4 m Höhe war in
beiden Bohrungen kein Resthohlraum mehr vorhanden, da sich die Hohlräume durch Setzung
der darüber folgenden, plastischen Tone vollständig geschlossen hatten.
Die durch die Bohrungen erhobenen Befunde belegen, dass sich die im Ortsbereich von
Schupbach vor über einhundert Jahren entstandenen bergmännischen Strecken aus
geomechanischen Gründen längst geschlossen haben. Begünstigt wurde dies vor allem
dadurch, dass der mit vorindustriellen Methoden betriebene Abbau der Eisen- und
Manganerze (Kleinstbergbau) sowohl flächen- als auch volumenmäßig nur einen geringen
Umfang gehabt hat.
Bochum, den 5. Juni 2018
Prof. Dr. Thomas Kirnbauer