prof. dr. wolfgang schroeder 7. april 2009, budapest sozialpartnerschaft im deutschen modell der...
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Prof. Dr. Wolfgang Schroeder
7. April 2009, Budapest
Sozialpartnerschaft im Deutschen Modell der Industriellen Beziehungen
Universität Kassel – PolitikwissenschaftProf. Dr. Wolfgang Schroeder
Gliederung
1. Sozialpartnerschaft• Begriff• Industrielle Beziehungen in Deutschland
2. Akteure• Gewerkschaften• Arbeitgeberverbände• Staat
3. Neue Entwicklungen in der Tarifpolitik
4. Sozialpartnerschaft in der Wirtschaftskrise
Universität Kassel – PolitikwissenschaftProf. Dr. Wolfgang Schroeder
1. Sozialpartnerschaft - Begriff
• Sozialpartnerschaft: kooperatives Verhältnis von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden– Ziel: Ausgleich gegensätzlicher Interessen und Definition eines
gemeinsamen Interesses – Normative Verankerung im deutschen Modell:
• Beitrag zur politischen und ökonomischen Stabilität
• Fundament des bundesdeutschen Basiskonsens (sozialer Frieden)
– Errungenschaften: Gleichzeitigkeit von …• leistungsfähiger Volkswirtschaft
• flächendeckendem, innovativem Technikeinsatz
• hohem Qualifikationsniveau der Mitarbeiter
• egalitärem Lohnniveau
Universität Kassel – PolitikwissenschaftProf. Dr. Wolfgang Schroeder
1. Sozialpartnerschaft in Deutschland – Duales Modell industrieller Beziehungen
Rahmensetzenderprozeduraler Staat:
BetriebeVerbändeKapital
Arbeit
Kapital
Arbeit
Flächentarifvertrag/Tarifautonomie
Streik-/ Aussperrungs-monopol
Substantieller Staatsinterventionismus:Allgemeinverbindlichkeitserklärung
-Tarifvertragsgesetz (1949) -Mitbestimmungsgesetz (1951 f.)-Betriebsverfassungsgesetz (1952 f.) -BAG-Rechtsprechung
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1. Sozialpartnerschaft Arbeitskämpfe im internationalen Vergleich
Quelle: Eurostat
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2. Gewerkschaften: Funktion in der Sozialpartnerschaft
• Einheitsgewerkschaften mit Quasi-Repräsentationsmonopol
• Voraussetzung: Mitgliederstärke (aus Finanz-, Repräsentations- und Einflussgründen), Tariffähigkeit
• Vorteile der institutionellen Einbindung im Rahmen der Tarifautonomie: Gemeinsame Aushandlung von Flächentarifverträgen mit Arbeitgebern
• Vorteile des Flächentarifvertrags für Arbeitnehmer: Verteilungs- und Schutzfunktion
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2. Gewerkschaften:DGB Mitgliederentwicklung
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Mitglieder Organisationsgrad
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2. Arbeitgeberverbände: Funktion in der Sozialpartnerschaft
• Umfassende Verbände mit Quasi-Repräsentationsmonopol
• Voraussetzung: Mitgliederstärke (aus Finanz-, Repräsentations- und Einflussgründen)
• Vorteile der institutionellen Einbindung im Rahmen der Tarifautonomie: Gemeinsame Aushandlung Flächentarifverträgen mit Arbeitnehmern
• Vorteile des Flächentarifvertrags für Arbeitgeber: Friedens- und Wettbewerbsfunktion
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2. Arbeitgeberverbände: Beispiel Gesamtmetall
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2. Staat: Funktion in der Sozialpartnerschaft
• Delegation von Tarifpolitik an Sozialpartner; dennoch beteiligt durch – Betroffenheit von Entscheidungen und Ergebnissen der
Tarifpolitik– Staat als Arbeitgeber im öffentlichen Dienst– Eingriff bei Streitigkeiten/Uneinigkeit der Tarifparteien
• 2 Varianten staatlichen Eingreifens: substantielle (direkte, unmittelbare) vs. prozedurale Intervention (Setzung und Gewährleistung des gesetzlichen Rahmens)
• Vorteile der Tarifautonomie: Entlastungs- und Legitimationsfunktion
• Herausforderungen: Schwäche der Verbände und Wunsch nach mehr direkter Intervention des Staates (Bsp. Mindestlohndebatte)
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2. Staat:Gesetzliche Mindestlöhne 2008
Festgelegte Mindestlöhne in Deutschland 2008
West Ost
Abbruch- und Abwrackgewerbe
9,49 / 11,60 8,80 / 9,80
Maler- und Lackiererhandwerk
7,85 / 10,73 7,15 / 9,37
Dachdeckerhandwerk 10,00
Gebäudereinigung 7,87 6,36
Bauhauptgewerbe 10,40 / 12,50 9,00 / 10,00
Elektrohandwerk 9,40 7,90
Briefdienstleister 9,80 9,00
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3. Dezentralisierung/Differenzierung: Neue Entwicklungen in der Tarifpolitik
• Dezentralisierung der Tarifpolitik:– Öffnungsklausen; Rückläufige Flächentarifbindung– Abnehmende Verbandsbindung auf Arbeitgeberseite– Verschiebung der Aushandlungsarena auf die
betriebliche Ebene• Differenzierung der Tarifpolitik:
– Tarifkonkurrenz/Pluralität in den Bereichen• Leiharbeit/ Zeitarbeit/ Handwerk in Ostdeutschland
(Unterbietungswettbewerb)• Hochqualifizierte Beschäftigte im staatsnahen Sektor
(Überbietungswettbewerb)
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3. Aushandlungsebene – BrancheHerausforderungen – Entwicklung der Tarifbindung
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3. Aushandlungsebene – Betrieb: Herausforderungen –
Zunahme der Unternehmenstarifverträge
Zunehmende Zahl von Tarifverträge
1996: 45.0002006: 67.000
Zunehmender Anteil Firmen-tarifverträge
1996: 34%2006: 47%
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4. Sozialpartnerschaft in der Wirtschaftskrise
• Handlungsfähigkeit: gemeinsames Interesse Erhalt der Arbeitsplätze
• Arbeitgeber+Gewerkschaften: keine Entlassungen• Staat unterstützt: Konjunkturpaket II: Ausdehnung der
Kurzarbeit• Abschluss von Sanierungstarifverträgen um
Arbeitsplätze zu erhalten• Zeitgewinn: Qualifikationen weiter entwickeln/Investoren
finden/
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Vielen Dank
für Ihre
Aufmerksamkeit!