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Revue Suisse Rivista Stonca Svizzera SCI-IL41ABt & CO AG VERLAG. BASEL

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Revue Suisse

Rivista Stonca Svizzera

SCI-IL41ABt & C O A G V E R L A G . B A S E L

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D A S M E I S T E R L I V O N E M M E N B R O C K E O D E R : VOM A U S S A G E W E R T

M O N D L I C H E R U B E R L I E F E R U N G Eine Fallstudie zum Problem Wilhelm TeU

Von GUY P. MA~CHAL

Jeder, der sich mit der Entstehung der Eidgenossenschaft befasst, wird, ob er will oder nicht, mit Wilhelm Tell konfrontiert. Dies hat neulich auch die «Geschichte der Schweiz - und der Schweizer» erfahren müssen, wo der Schreibende die Bcfrei- unasseschichte und den Tell ausgeklammert und darauf hingewiesen hatte, dass die- se Tradition im Rahmen der Entwicklung des 15. Jahrhunderts gesehen werden müsse. «Nicht über die Ereignisse der Gnindungszeit gibt sie Auskunft, sondern über das Geschichtsbild, das man sich im Laufe des 15. Jahrhunderts über die Ent- stehune der Eidgenossenschaft zurechteeleet hat.»' Obwohl diese Ausklammerung der ~ e k e i n n ~ s ~ ~ s c h i c h t e aus dem faktischen Geschehen des 13. und 14. lahrhu; derts dem eeeenwärtieen Forschunesstand ents~richt'. hat gerade diese Stelle - wie - V - ich aus vielen Gespriichen feststellen konnte - Aufsehen erregt und ist auch auf Kri- tik eesrossen. Und da die OueUenlaee - was Teil betrifft - unveranderi so&rlich ae- - - - ~ ~ ~

V

blieben ist, und nach wie Gor nichts zum Nachweis der historischen ~$?tenz des Helden beitraeen kann. wird ieweils bedeutnnesvoll auf die mündliche Uberliefe- - - ~ ~ ~ ~~~ ~ ~~~ ~-~ - rung hingewiesen'. Der Historiker, der sich mir diesem Traditionskomplex ausein- andersetzt, sieht sich daher rasch auf das Schandbankchen des unbelehrbaren Posi- tivisten gedrängt, dem nichts heiliger sei als die Devise: Quod non est in scriptis non es1 in factis. Dabei wird das. was mündliche ~berlieferung eigentlich sei, nicht wei- ~~~~ ~~~~

ter bedacht. M& geht offensichtlich von der Annahme &s,dass in einer Zeit, wo Inhalte nicht durch das gedmckte Wort und schon gar nicht durch die alles beherr- schenden Massenmedien vermittelt werden konnten, die mündliche Uberlieferung, getragen durch ein unbeirrbares Gedachrnis, die Kenntnisse fruherer Ereignisse bis in Einzeiheiten wahrheitsgetreu und unverändert durch die Jahrhunderte weiierver- mitteh könnte4. So spricht Bmno Meyer, der als einziger Historiker bei der Be-

l Geschichte der Schweiz - und der Schweizer I, 1982, 172. 2 Handbuch der Schweizergerchichte 1, 1972, 367; U. IM HOF, Schweizergeschickte, 1974,

53. Vgl. Deutsche Literatur des Mittelalters, Verfnserlexikon 1, 1978, Sp. 12621267. 3 B. M€YU_ unten Anm. 5 ; W. KELLER, Plödoyer für Te11 undden Freiheitskampf, «Vater-

land,, 1973, Nr. 76 (31. Marz); N. N., Schwetzergerchichre ohne Te11 und W<nkel,ied, «Tag=-Anzeigern 18. 12. 1982. Da sich die «Geschichte der Schweiz - und der Schweizern an ein breiteres Publikum uendn, isr es durchaus angebracht. die Presserezenrionen - ge- rade die kritischen - ernstzunehmen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

4 Tuges-Anzeiger, I. C.: «Eine Geschichtsforschung, die sich auf die Mentalitatsforschung stützt (...) müsste über die völkerpsychologische Tatsache Bescheid wissen, dass unter Menschen, die nicht lesen und schreiben können, das Gedächtnis viel besser ausgebildet ist.» Zu dieser -gelinde gesagt - leichtfertigen Behauptung ist nur zu bemerken, dass, wer sich nur etwas mit «mentalitätsgeschichtlicher» Fragestellung beschäftigt hat, solchen sog.

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handlung der Tell-Episode sich explizit mit dem Problem dcr mündlichen Tradit ion auseiiiandergesetzt ha t , etwa von der «Stärke der mündlicheii Überlieferung» und schreibt: «Utiter der Herrschaft der mündlichen Gescliichtsüberlieferung kommt aber überall dein Wissen der ältesten Personen ein Anselien zu, da s uns heute völlig frcmd ist. Es ist nicht nur dcr Glaube, dass dieses überlieferte Wissen de r Ältesten arn richtigsten ist, sondern iliiii haftet eine gewisse Heiligkeit an , die nicht gestattet, dass Veränderungen vorgenommen werden.»' So wird die mündliche üucri ieferung beinahe schon selbst wiederum zu einer nicht mehr hinterfragbareii mytliisclien Grösse erhoben.

1m folgenden Beitrag geht es niir lediglich darum, a n einem konkreten Fall aufzu- zeigen, welcher Aussagewert der müiidliclien Überlieferung nikomrni. Dass dies möglich ist, verdanken wir seiner einzigartigen Quelle, diz bisher unter dieser Frage- sieiiung noch niciit verwertet worden ist, und auf die icR im Zusammenhang einer breitangelcgten, iin Auf t rag des Kantons Luzern durchgeführten Forschung zur Friiligeschichte diescs Kantons gestossen bin.

Die hier erstmals vollständig publizierte Quelle stelit im Zusammenhang mit ei- nem Prozcss, der 1437 zwischeii Heinrich von Lütisiiofen und der S taa t Luzerii aus- getragen \\.urde. Lüiishofen" der von seiiiem Vatcr, Hans von Lütishofen, das Fälirrecht zu Emmenbrücke als Lehen der Herrschalt Österreich geerbt hatte, sali sich um die Einkiinfte des Fährbelriebes geprellt, weil diz neue Herrschaft, d ie Lu- zerner, in den Jahren 1410-12' eine neue Brücke über die E m m e geschlagen hatten,

«i~ölkcipsscIioio~i~cl~c~i Tatsachen» clici raiior gegcniibeislclii. Fiir dic «Mcnialitäisfoi- sciiiing» - um dcn Begriiiuon N. U. zu vcrwcndcn - liegcn iinici aiidcrcm gerade hier die Fizgeri. aber gciviss keinc gcsicliciten Tutsaclicii.

5 B. i M ~ : ~ ~ ~ , WeIsses Buch iind liiiliieiiii Teil, 1963, 112, Anni. 20. Dem Satz an sicli kann di:icIiaus zugcsiimmi wcidcn. Aber er bciicisst noch nicht, dass diese miiiidliche Übcilie- fcrung die hisioiisclic \Valirhcit taisäclilicli unvciandcit wciteiti-äst; dazu vgl. untcn. Da- gegen mass M. BLCK in scinci Replik auf W. Kiii.i.in in ~Luzcrrier Neueste Nacliiicliten» Nr. 82, 7. April 1973, der miindlichei~ Übeilicfciuiig, die nacli ilim unterlialten mussic und daiici der Spannung beduiite, «die sich mcisicns auf Kostcn dci Genauigkcii duichseiztn, eindeutig ein rii leicliica Gc\\.iclil zu; vgl. dazu uiiteii. Für die Mitteilung dicsci Pressekon- tiaveisc zivischcn Keller und Bcck dankc ich Hciiri Di. L. Häfligci, Hitrkiicli. Diese ist deshalb wertvoll, ivcil die Problemaiik der mündlicheii Übc r l i e i~ iun~ gciade von den Hi- storikern eigcntlicli nic direkt angegangen ivurde. Gciade hicrin licgi auch das Vcrdicnst B. Mcyeis, dass Cr i n cinci wissenscliaftliche /\nspiuclie steileiiden Publikatioii den Vcnucli iinlernominen Iiat, das Wesen der iniindliclien Ubcrliefciiing zu eifassai. Damit besicht die iMoglichkeit einer wisscnschafiiiclicn Diskussion. \Venn icli mich im weiterer, kiiiiscli niil B. Meyers Argunicniatioii auseinandeiseize. so allein iii diesem Siriiic (Meycrs Ver- dienste um die schweizeiisclie Gcschicl~tssclireibung, die ci in anderen Faclibeieichen er- worhcii hat, sind zu evideni, als dass sic durch diesc Kritik in irzcnd cinei Weisc in Fragc gesiclli iveidcn könnten). Ansonsten scheint es so etwas wie eine nic riclitig fasshaie münd- iiclie übcrlicfciung von der mündlichen Übcrliefcriing zu gcbcn, für die im übrigen dicsel- ben Kcgeln gelten, wie unten S. 533 beschrieben. - J. MUHEIM, Der Wen von niioidlichen Uheriiefcru~~geu, ein Diskussiunsheirroc, in Schii,ei¿er Volkskunde (Koirespandenzblatt) 72, 1982, 69-70, reizt zumindest, dass bcidcs, Konstanz und Veiändcriing, bci der mündli- chen übcrliefeiung aniuiicffen ist (freundliclie Mittcilunc Ur. J. Brülisauci).

6 J . BUCHTK, Geschichre der Korpomrion von Grossdietwil, Wiiiisau 1964, 11-14. - HBLS 4, 722. - Leu 12, 347. - F. S c i i ~ ~ u i i n , Eiitdeckte heraldische Malereien in Luzeiii, in Ar- chivutn Heroldicum. Bulletiii 78, 1964, 34-35.

7 Die bisherige Daiieiiing auf 1426, F. GLAUSER, Srodl irndFluiuss zwischen Rhein irndAIpm, in E. MASCHKE, J. SYDOW. Die Sradr arn Fluss (Stadt in der Geschichie 4), 1978, 71, ist zu

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die nun die Überquerung des Flusses crheblicli crleichterte und dcii Fälirbetrieb konkurrenzierte. Es handelt sich hier also um einen jener zaliliosen Reclitskoniiikte, die wegen der noch lange andauernden Ansprüche der österreichischcn Seite den mühsamen Aufbau der luzernischen Landeshoheit Drägten. Die Luzerner arauiiien- tierten in diesem Prozess auf \,erschiedener~ Ebeneni: Das Fahr an der ~ rnme~ge l iö re zur Burg Rothenburg und damit in ihre Herrschaft; der Fährbetrieb habe sich im- nier wieder als zu gefährlicli erwiesen; ein königliches Privileg' gestatte ilinen den Brückenbau. Bei der Vorbereitung des Prozesses arbeiteten sie noch ein weiteres Ar- gument aus, das im Prozess explizit nicht mehr er\\,ähnt wird, nämlich: dass es sich beim Brückenbau niclit um eine unstattliaftc Neuerung handle, sondern dass früher schon einmal eine Brücke über die Emme bestanden habe.

Das trifft in der Tat zu. Im 13. und 14. Jahrhundert ist eine solchc Brücke ur- kiindlich belegt: apud pontem Ennioii fand am 19. Oktober 1236 ein Kauisakt zwi- schen dem Abt von Engelbere und Berchtold von Esclienbacli statt'". 100 Jahresoä- ter, am 5. November 1337, erl liehen Joliann voii Hallwil und Peter von ~ t o f i e l n , Vogt von Rothenburg, «das var und die brugge ze Emmonbruggn an Heinma aii der Emmenbrugg und Welti, ilireii Sohii, was a m 8. November voii Herzog Aihrccht i-on Österreich zu Bruea bestätiet wurdet ' . Zehn Jahre soäter. 1347. wird «daz vai . . und die brukk ze ~ m i c i i b r u k k » von Hcrzog Albrecht zudem noch an die Brüder Weltis. Berchtold und Heinrich, \i-eiterve~liehen'~. Als Heinriclis Sohn, Heinrich aii der Eimeiibrugg, 1370 mit diesem Lehen belehnt wird und auch späterhin ist nur noch vom w a r » die Rede". Ireendwann um die Mitte des 14. Jahrhunderts muss also die Brücke w-eggescliwemmt worden sein. Offenbar hat aber der Luzerner Rat alle diese Urkunden nicht gekannt - iene aus dem 13. Jahrhundert las? ohnehin niclit

b

bei ihm, sondern im Kloster Engclberg -, denn er liess iiun über diese abgegangene Brücke gerichtliche Kundschaft aufnehmen. Dieser Akt erfolgte auf Veranlassung des Luzeriier Ratsherren und Vogts von Rothenburg, Jolianiies von Wyl, durch den Komtur von Hoherirain, Bruder Alexius von Bollingen, am 20. Juli 1436:'. Das dar- über ausgestellte und besiegelte Instrument lautet wie folgt:

Ich brcder Alexius von Boliingen, comentur r e Hochenieiii saiit Johanns ordens tBn kund und bekenn offenbar mit diser geschriffte, das des jares und tagcs, als dir-

koriigieicn uufgrund von SrA Luiein cod. 6855, S. 9: Abrechnung Uiricli Waikcrs von 1412 iibcr einc ziucijäniigc Arntszcit als Vagi von Rorhcnbuig, wo insjesami für dic Eni- rnenbiücke ausgegebeii iuuidcn 79 flor., 511 I'fd., 13 Blappaii, 12% Scli., 4 I'f. (den Hin- ucis aul dicseii Bcieg vcrdazkc ich Di. F. Glaiisci).

8 Zum Schaden Hciniichs von Lütisliofcn: StA Luzcin Urk. 120/1796, 29. Juli 1435. Heinrich spricht tanz aligeinciii von Verlusten ijon ubcr 1000 Giildcn. Aiglimciitatioii: ebda. Uik. 120/1798, 22. März 1437, Schiedsspruch.

9 von Kaisci Sigmuiid, 15. Ai>rii 1415: GeschichIs/reund 1, 1844, 8. I0 QW I/l , 178 Ni. 378. 1 1 QW 1/3. i32f. Ni. 192, 194. 12 1. C., 444 Ni . 703. 13 SiALuzernUik. 119/1790(7. April 1370). 1779(10. März 1371). 1397-undnurin dicscm

Jahr - erscheint im Luzeinei Unigeldrodcl ein «Zoller an der Emmenx, P. X. WEBER, «Der Luzcinci Urngcidrodel von 1397», in Gesd,iclils/reund 78, 1923, 287-317, hicr 297, 299. Wo dieser Zoiici wirkte - auf der Brücke oder arn Falii - und mit welcliern Recht, isi nicht festszustelleri. Dcslialb inöchte ich, obiiolii M. K ~ R S E R , Luierner Sraol.fiina~iren 1415-1798 (Luzeiiier Historische Veiöffentlichunocn 13) 1981, 23 Anm. 44, liier den ei- sten schriftlichen Beicg für den Zoll an der Ernmenbrückecrkcnnt, dicsen Beleg in der wei- teicn Argumentation niclit vei\renden, vgl. Anm. 43.

14 StA Lurcrn Urk. 120/1797.

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re brieff oeben ist. fur mich kam der erber bescheiden Jolianns von Wyl, burger und - des rates zu Lucern und ze den ziten vogt ze Rotenburg, und batt mich ernstlich dise nachoeschribnen erbern Iizte, nemlicli Rufen an der Emmen, Meinin und Ullin Ab- u

egg gebrijdere, Ernin am Grund, und Jennin im Holtz, alle us Rotenburger ampte, uinb dise nacligenieldeten saclieii ze verh6reiide und kuntschafft von inen inzene- inende, so vcrre sy darumb wi~sseten ze sagen, nienian ze lieb noch zu leide, dann durch des blossen rechten und der warheil willen und alz si dariiinb ir recht tGn wol- len, und ime des miiien brieff und ingesigel ze geben zu banden der fursichtigen und wisen miiier lieben herreii und gütten frunden des schulilieissen und rates und der burgerii wegen ze Lucerii, als von der alten bruggc wegen an der Emmen. Und also iiant sie aerett und darumb aezuaet als Iiienach oeschriben stat: . .

Item des ersten redet RUF an der Emmeii, das er o b sechzig jaren ivol vcrdcnk, und spricht, das er von mciger Vasbinden und von Ricliinen Meigeriii, siner eivirtin seligcn, und von aiidern erbern luten, sinen eiltern, dik iiiid vilgehort hab, dz vor al- tcn ziteii oucli ein brugg uber dic Emmen gangen sige. Und darumb so heissc es iiocli liiitt by tag ze Eninienbrugk. Uiid bisunder, d o hiesse einr Claus aii der Eni- men, der were sin neclister naeligebiir, der zeigte im dic stüdlcii der alten brugg in der Emmen, die seclie er oucli mit sineii ougen d a die Emmenbriigg ubergarigcii w i e .

Itein so rcdeiit Heini und Ülli Abegg, gebrüdcre von Emmen, beide glich, das sy ouch i,erdciiken by scchszig jarcn ir jetweder und spreclient, dz sy wo1 bekennt lia- ben einen, der liiesse bili Peters und derselbig verdeclitc wussentklicli, als er sprech und im oucli glich schein, hundert jaren. Und der seiie incn me dann einest, dz er verdeclitc und ouch seche ein biugg vorziten uber dic Emmen gan und seitc inen oucli, dz ein zoiler da rvcre, liiessc das Nleisterli. Dasselb Meisterii gienge uff dersel- bcii brugg und nein den zoll uff von den Iuteii. Und als denn die lut wider und fur giengcn, so sprcch er dann: <<So, so, einer hin, der aiider iier, damittc ubent sich die \wg. »

Iteiii so redct Erni am Grund, der er ob secliszig jaren verdenk und spricht, dz er dik liabc hören sagen, dz vor zitcn ein brugg iiber die Emmengienge. Und mit sun- derheit, so hab er cinen br6der geiicpt, hiesse Jeiini am Grund, der keme eiiiest lieini, des er noch wol verdenk,uiid seite im, dz er und aiider ein studlen vor RGffs Iius an der Emmen vor den Garbaclien usriigen, und als die stfidell gescliijclit were, d o entschiichten sy die. Denoclit d a stunden der stUdleii me da. Da keme die Emii als gross und besatzte daselbs guol und geriete d o ein aiidern weg hinlouffcn. ltem furer snricht er. das im sin mütter und ouch sin oruoder oeseit haben. das sin Eni uff d n m a i mit zii:ein ochsseii uber die brugg w0lk vareii ;nd das im 'dieselben ziven oclissen durch die brugg nider vielen.

Item so redet Jenni im Holtz und spricht, das cs o b funffzig jaren sige, das im I'iili Pcters von RGggensiiigen seite, dz ein brugg gienge und geschlagen wcre uber die Emmen, und gienge dic sträss dozemal obiien fbr Herdswanden har und iiit undnen har als nu. Nachdem keme er neiswenn gen Einmen in RGffs hus und zarte d a mit andern lüten. Da sprecli er: «Ich han etivenn gehort sagen, es sige vor ziteii neiswenn ouch ein brugg über die Emmen gegangen. Wcisz jeinant, wo gieng sy har?» Da stijnde ir einr u f i und ouch ander und rcigtent im, \i'o sy liar ivz gangen. Und ncmlich zeigten si in1 zwcn kuriz sprossen, d r der brug: stidlen werint gesin, und giengen vor den Sarbachen har. Und spriclit oich, dz er die sprossen seclie denocht daseibs im grund stän, das die stGdleii \\,erin1 gesin und geschöivetent die oucli. Itcm er redct furbasser, dz er habe hOren sagen, das einer vorzilen uff der ai-

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ien Emmenbrugg gienge wider und fur. Des keme einr gan, hiesse Meisterli, und sprecli zÜ im: «Wes :äst du hic süchen? Hast neiswz veriorn?» Da antwurte cr im: «Mir hät langzit getrömt, ich sölle uff Emmcnbrug ein hafen mit gelt vinden. Nu han ich nie gewisset, wo Enimenbrugg ist gesin, wont dz ich ze Lucern bin hargc- wist, Iiie sige Emmenbrugg». Da sprech aber dz Meisterli: «Ee, du bist ein iiarr, dz du dich daran ut kerest! Mir hett ouch dik und vil getrömpt, ich sölte gen Sw-itz gän in des mans hus» - und nampte den un\r,ussent, der uff der brugg gieng und da süclit - «und sölte da hinder desselben mannes wielstein sücheii. Da funde ich ein hafen mit ofenninzen. Aber ich kam noch nie dar». Also kerte derselb man heim zen ~ w i t z und sfchte uff die red hinder sinem wielstein und funde ouch da ein hafen mit den ofenninoeii etc. Und als nu die vorzenanten erbern lute alle eeretten, da sch\vU- rent iy ouchgeiert eyde iiiit uffgeliabncn henden lipiich ze gott ;nd denheligen, dz ir sao. nach dein und ihr icoklicher da vor eerett liette. ein eantz luter ivarheit were. -. " . - Und haruber ze einem waren und Vesten urkunde, wonte dise rede uiid gezugnisse vor mir dem obgenanten comentur zügegangen und mit eyden beschechen ist, als stät, so han icli auch derselb comentur min ingesigell von bett wegen der obgeschribnen Personen aller und iegklichs bisunder offenlicli getrukt in disen brieff zu end der schrifft, doch mir und niinen erben und naclikomen in alle weg unschcd- licli. Geben und bescheclien uff fritag nechst vor sant Marien Magdaleneii tag des jares d o man zalte tusing vierhundert jar und darnach in den1 sechs und dryssigostcn jare.

Die Quelle ist für unsere Fragestellung nach dcni Wert niündlicher Überlieferung ausscrordcntlicli. Es iiandelt sich um eidesstattliche Aussagen, bei denen sich die Zeugen offensichtlich daruin bemühcii, möglichst genau alles anzugeben, was sie über die Brücke \\,issen. Bei dicscn Zeugen kann es sich bei der offiziellen Natur des Auftrages nicht um irgend\i.elche Plauderer gehandelt haben. Es ist vielmehr anzu- nehmen, dass hier die lokal anerkannten Erinnerungsträger aiifgetreten sind, zu de- nen nian zu gehen pflegte, wenn man etwas aus früherer Zeit wissen wollte. Es dürf- te sich hier also um eiiie qualitativ iiochsteliende mündliche Lokalüberlieferuiig liandeln. Ihre Aufzeichiiuni ist in der rechtlich erforderlichen Form erfolgt und be- siegelt wordeii. Wir haben hier also eine rechtlich beglaubigte Notifikation einer mündliclieii Überlieferung vor uns. Dazu kommt, dass wir erstens die Länge dieser Überlieferuiio einisermasseii abschätzen können und zweitens oräzise Angaben - . über dic Z\iiscliengliedcr, über die das Wissen vermittelt worden ist, erhalten (vgl. Schema). Zum Verständnis der weiteren Ausfülirungen noch dies: Man \vird be- merkt haben, dass die Zeogen oder die Übermiitlungsglieder, von denen die Zeugen sprechen, bei ihrer Aussage genau unterscheiden, was gesehen und was bloss gehört ivorden ist. Diescr Unterscheidung folgend. werden wir in der anschiiessendcn Ana- lyse der Einfachlieit halber von Augenzeugenbcrichteii und Ohrenzeugeiibericli~en sprechen, auch wenn diese ifon glei~iien Zeugen stammen.

Zur Feststellung der Dauer der Uberlieferung geben die Augenzeugenberichtc einen ersten ~ n h a ~ t s ~ u i i k t : Nur die durch die ~ r u d e r Abegg berichtete Aussage des offenbar selir ahen Uili Peters handelt davon, dass die Brücke gesehen wurde. Allc . übrigen Zeugen berichten nur von den Überresten der Brücke. Bei innen lässt sich also die Überlieferung auf ein Alter von rund 80 Jahren, sicher nicht älter als 91 Jahre, gezählt von der 1c;zten Nennung der Brücke aii (1347), festlegen. Nehmen wir die Aussage der Gebrüder Abegg mit der gebotenen Zurückhaltung gegenüber den 100 Jahren, die sicli Ulli Peters zurückerinnert gehabt haben soll, hinzu, liesse

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sich das Altcr der Üheriieferuiio iii dicscm einen Fall auf scliäizunssiicise 120 J~.Iire anhcben. Bei den Onrenzeugcnbcriclitcn ist die Alrersbestiniiiiuiig niclii so einfach, da cin Emmenbrückcr Zöllner iianiens Meisterli nicht bclcei ist uiid anderseits keine Anlialtspuiiktc darüber gegebeii weiden, woher diese Eriiineruiig stammt. Einzig die Erzäliluno über das Erlebnis des Grossvaters (Eni) von Eriii Am Grund. dessen

- - Jaiirc alt, in gewissen Teilen sicher jünger.

Auch die Ubermittiuno ist denkbar einfach: Was die Aueenzcusenbericiiie übcr - - die Studelii der Brücke anbetrifft, so habeii zwei Zeugcn, Roel an der Emiiic uiid Jcnni lni Hoiz. sie selber noch ocseheii. die anderen Zeuoeii beru:en sich auf nur ein Zwisclieiigiied; von dem sie die tioiidc von deii gescliencn Brückeiiresten vcriioiii- mcii Iiabeii. Bei dcii Olirciizcugenbericbien gch: einer aui 'dcn Zeugeii selbst zurück (Jeiini Iin Holz) uiid vier gelangen übcr ein Zwischenglied in die Zeiige~iaüssagc (Erni Am Groiid, Rucl an der Ernnic, die Gehrüdcr Abegg und Jeiiiii Im Holz).

Die reiaiivc Kürze der Überliefcruiigsdauer uiid dic Taisachc, dass dabei offciibar nur ein Überniiiilungsglied iiotig war, lässt es auf den ersieii Blick diirciiaus plausi- bel crsclicinen, dass diese ÜberiieTerung sogar iiebcnsächliclic Einzelheiten, wie das . . hlissgeschick des Grossvaters und vor allem die rnerkivürdigen Gespräche des Zöll- ners, deii man da das Meistcrli iiaiiiiic. iiii Gedäclitiiis bewahrt hat. In dicser Kund- schart über die alte Emmciibriicke liäiic sich dcniiiacli ciiic syinpaiiiisciie Eiiiiiic- ruiig an cinen recht originellen Zöllner iiiedergeschlagen, der irgendii:ann in dcr er- sten Hälfte des 14. Jahrliuiiderts auf der Brücke sein Amt uersali. P. X. Weber hat dieseii Zölliicr denn auch niit dein Joliannes ~Meisterii identifiziert, der aiii 30. Juli i330 zu Luzern bei cincni Verkauf von Giiicrn in Emmen durcli Dietmar Mcigcr von Emmeii an Wcriilier von Rickciibach, Spitaimeister zu Luzern, als Zcuoe zugc- . ,r . . A I . 1 : : . , : : > I . ..i.: l ..I! ..:~.:~\.li. >.>::: .:r.l:c?: ' . ) I .:i::r... '.LI:. .%'L! J:; /,I>:~~.L>,I.!!::! J.: :-~:r~.!i.:!.:~ti '. >:~!t::::t~(i: I I + I : V , : C ? t i j i - :!,L:~:~:I,.:I l . .~~: i , denn nich; nur die Existcnz der älteren Brücke, sondern auch die des «I\.leisterli» lassen sich urkundlich belegen.

*

Diese Sclilussfoigcruiig gili, wenn wir von einer beachtcnswericn iiihaltlichen Konstanz der mündliclieii Überliefcruna ausgehen. Wir \Wirden ihr einen uninittcl- . . barcn Aussagewert für die Fakteii, die in ihr berichtet werden, zubilligen. Das heissi, wir würden die Kundschaft von 1436 als Primärquelle für die Ereignisse in der erstcn Hälfte des 14. Jahrhunderts bewerten. Bei einer solchen Beurteiluiig der Überlieferune müssten wir konseauei~teriveise die Gesvräche, die der Zöllner auf der Brücke &führt hat und die ichon Philipp Anion von Segesser aufgefalicn sind'", als tatsächlich erfolgt beurteilen.

Im folgenden wenden wir uns dcr ausfülirlichen Erzählung des Jenni Im Holz zu, wie ein Schwyzer geträumt habe, auf der - ihm völlig unbekannten - Emmenbrücke werde er einen «hafen mit geld» finden, wie er den Schatz suchend auf der Brücke «wider und fürß gegangen sei uiid schlicsslicli durcli den nun vom Meisterli erzähl- 15 P. X. \h '~s in , Bnir<i,.< :ur Lokni$csci~ichie von E>ni>ienbrücke iijid ti,>iyebu,i$, i n Die

tleiiiioi, 1937, 7: «Jol~o,i>ies ,Meirier/i vo>z Et,i,nen»; Q\\' 1/2, 742, Nr. 1530, ihai jcdoch nur: uJoiiaiincs Mcistcili».

16 PH. A. vox SEFFSSER. K e ~ i z i ~ $ e s ~ h i ~ h i e der Siodi iitid Rep~ibiik Lurerri 1, 1 8 5 1 , 421

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ten, korrigierenden Traum in sein eigenes Haus zurück\~erwiesen worden sei, ivo er dann tatsäclilich den Schatz vorgefunden habe. Um die wirkliche Dimension dieser Geschichte aufzuzeigen, seien im folgenden einige ~Materiaiien ausgearbeitet.

in Vispertcrminen erzählte man, dass zu Findelen cin Bauer drcimal geträumt habe, in Sitten werde er sein Glück finden. Ais er, dem Traum folgend, nach Sitteii ging und dort die Rhonebrücke betrat, wurde er von einem Mann gefragt, wohin er ?ehe. Er erzählte seinen Traum. Der andere lachte ilin aus, ob er ein solcher Narr - sei, seinen Träumen zu glauben. ihm hätte auch schon geträumt, in Findelen, im obersten Haus werde er sein Glück machen, aber das lasse ihn kalt. Der Bauer er- kannte in dieser Ortsangabe aber sein eigenes Haus, kehrte eilig zurück, grub nach und fand einen Topf voll Gold".

Auf der Alp Tricheiegg auf der Grossen Scheidegg träumte ein Hirte, Hans Kuh- scliwanz, er werde auf der Brücke von Thuii etwas erfahiren, was ihm sein Lehen lang nütze. Als ihm am Morgen seine Geliebte einen genau gleichen Traum erzählte, zögerte er nicht länger und ging nach Thuii auf die Brücke. Als er dort lange gewar- tet hatte, wurde er von einem Mann gefragt, was dcr da mache. Er erzählte seiner: Traum. «Ein Narr bist du und dümmer als ein Kuhschii;anz», laclitc da der Mann ihn aus. «Auch mir hat letzte Nacht geträumt, ich finde in der Sennhütte auf der Trichelegg unter dem Feuerherd einen Hafen voll Silber und Gold, und ich rülire deshalb kein Glied.» Da kehrte Hans flugs auf scine ,4111 zurück, grub unter der Feuerstelle ein Loch und richtig, der Hafen mit Goid war da. Mit dem Geld liess sich Hans einige Alpliütten errichten, baute seinc Seiiiicrei aus und war ein reicher Mannts .

Deni Senn von Hinterariii im Emmental hatte geträumt, er solle nach Basel auf die Rlieinbrücke gehen, dort werde er etwas vernehmen, das ihm sein Lebtag kom- inod sei. Er ging hin. Auf der Rlieinbrücke gingen die L a i e herüber und liiiiübei uiid achieteii iiiclit auf den Mann, der da tagein tagaus wartete. Als er am dritten Tag bereits verzastc, sprach ihn ein iMaiin, dem der Senii von Hinterarni schon Früh aufgcfaileii war, an und fragte, worauf er warte. Als er vorn T r a u n vcriiahm, sagte er: «Wer wird auf Träume achten! Mir hat aucli einmal geträumt, in der Sennhütte auf dcni Hinterarni sei unter dein Käskessi ein Kessel voll Gcld vergraben. Weiss kein Mensch, wo Hinterarni ist!» Icli wciss es, dachte der Senii, eilte nach Hause, grub das Gcld heraus, das ihm sein Lcbtag lang konimod war".

in Alt-Rinzeiiberg auf dem Hunsrück träumtc einem iianieiis Eiigel drei Näclite hintcreiiiander: «zu Kobleiiz auf der Brück, da blüiit dir dein Glück». Auf Drängen seiner Verwandten ging er scliliesslicli nach Kobleiiz auf die Moselbrückc uiid er- \vartetc da, liin- und hergehend, sein Glück. Als ihn die Scliildwaclie, die auf ihii durcii sein merkivürdiges Gebaren aufmerksam gewordeii war, rragte, was er da treibe, erzählte cr von seinem Traum. «Auf Träume muss inan überhaupt nichts ge- ben», lachte der Soldat, «da träume ich z. B. immer, in Rinzenberg steht in eiiier verfallenen Zisternc ein Kessel mit Gold, aber soviel ich auch frage, kein Menscli kaiiii mir sagen, wo Riiizenberg liegt; das gibts ja gar nicht.» Der Bauer aber eilte rasch nach Hause und fand den Schaiz am angegebenen Ort. Mit dem Geld kaute er

17 J. j ~ ; m ~ r w ~ . S < ~ S ~ , I ain rlem Oberirallis (Sciiiiiten d. Sciiucizei. Ges. T. Volkskunde 9), 1913, 272 Ni . 30.

I8 J. Bor'ri, i-Iei,i,ich Ritngcsschiveiie,?schc S<i,ae>,so,>!»ilur~, in Sclii<'eirer ilrc1iivJ Volks- kimrle 13, 1909, 171f. N i . 17 (aus Inreilaken 1835).

19 J. E<;tiirhsx. iMiiieilu>ige~i oiis iIe,n Kanion ßerri, i n .Sch*,eiier Archiv /. Volkrkiitide 10.1906, 97.

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an einem bekannten Sauerbruniien drei mächtige Steinliäuser und gründete so den Ort Neu-Rinzenberg?.

Ein Bauer aus Stelzeii träumte, dass er auf der grossen steinernen Regensburger Brücke reicli werden \\,ürde. Er waiiderte nach Regensburg und ging auf der Brücke etliche Tage hin und her spazieren, doch der Reichtum meldete sich n ick . Als er entmutigt sclion wicder abreisen \volite und ein letztes Mal auf die Brücke ging, da w-urdc er von einem Mann gefragt, was er da für Grillen im Kopfe stccken habe. Er erzählte seinen Traum. «Ihr habt u.underlicli oehandelt. dass Ihr a u i einen blossen - Traum eine so iveite Reise zu tun unterfaiigen. Träume betören die Leuten, versetzte der Maiiii und berichtete, dass auch er zeträumt habe, zu Stelzen unter der .rossen Kiefcr vor dem Dorf würde er viel Geldknden. Da der Bauer nun aus ~ te lzenkäme, rate er ihm, doch mal nachzusehen, o b der Trauin stimme. Das tat dieser denn auch und fand cinen sgrosscn kupfernen Kessel mil dem schönsten alten Geldes. Nocli lieute (1733) seiie nian die Kiefcr auf 5 Meilen Entfernung?'

1ii eincm Dorf unweit voii Prag bat ein armer, notleidender Häusler den heiligen Johannes Neuomuk um Hilfe. Darauf träumte ihm dreimal. Johannes Nevomuk befehle iiim, auf die Prager Nepomuk-Brücke zu gehen, wo er einen ~chatz' i inden werde. Da machte der arme Häusler sich auf nach Praz. zinz den oanzen Tao auf -. - der Brücke auf und ab, oline deii Sciiatz zu finden. Da fragte ilin ein Soldat, der tagsüber auf der Brücke Waclie gestanden hatte, was er da treibe. Der Bauer erzähl- te ilim den Traum. «Merkwürdig», erwiderte der Soldat, «auch mir ist durcli die drei Nächte der lieilige Nepomuk im Traum erschienen und gab mir den Auitrag, in cin Dorf zu gehen, wo drei Kreuze auf einem Fclscn stehen, dort beiin letzten Häus- chen im Garten uiiter dem Obstbaum würde icli einen Sciiatz finden.» Freudig be- riclitete der Bauer, dass das ja sein Dorf, sein Haus und Obstbaum sei, von dem der Soldat geträumt habe. Da traten die beiden zur nahen Biidsäulc des heiligen Johann Nepomuk, dankten ihm, gingen zusammen zum Bauern nach Hause, gruben und fanden eine grosse Truhe voller Gold- und Silbermünzen. Den Schatz teilten sie redlicli".

Wir halten hier mit der Erzählung der beinahe ähnlich lautenden Sagen - denn darum handelt es sicli hier - eiii. Die Reihe Iiesse sicli endlos weiterführen. Dic Ge- schichte wurde bisher sclion lokalisiert: in Deutschland neben Regensburg und Ko- blenz auf den Brücken von Kempen, Lübeck, Bremen, Woliin, Bingerbrück, Frank- Furt, Mannheim, Hcidelberg, Kassel, Hammeln, Münden, 7 r ip t i s , -~erau , Ehrfurt, Lauterberg, Magdeburg, Berlin, Hamburg, Flensburg; in Österreich auf deii Brücken von Zirl, Innsbruck, Müliltal, Bozen, Villach; in Frankreich auf der Brücke von Paris; jii den Niederlanden auf der Brücke von Amsterdam; in Däne- mark auf den Brücken von Randers, Veile und Kopenhagen: in England auf der Tliemsebrücke zu London: in Irland auf der Tormondbrücke zu Limerick: in Italien auf dem Rialto ii i ~ e n c d i i u n d auf di:m Ponte dei Testi bei Neapel. weiter ist diese Scliatztraumgeschichte in Litauen, Estland, Schweden, Island, Schottland, Spa- nien, Polen, Ungarii, Griechenland, in der Türkei und schliesslich auch in Japan festgestellt worden". Was Jenni Im Holz also da guten Glaubens als ein Erlebnis des

20 K. LOIIMFYEK, DerSchuizuu/der CobIenierBrücke, iin2s.f Volkskunde 19, 1909,286ff. (16. Jh.).

21 J. Boi.r~, Zur Sage voni Trow?? vom Sciiaii n@der Brücke, ebda. 289-298. 22 A. H.&L-i:iez, Kleine Beiirüge zur Saacngeschichle: 1. Zu,>! Troiiiu»i iso»? Scliali ouf der

Brücke, in Zs. / , Volkskunde 10, 1900, 432-435. 23 A. AanNE, STITH THOMPSOX, Ti?e Tynes qi liie Folklole. A clossificoiion ond 6iDIiogio-

piiy, Helsiiiki 1964, 469; STITH TIIOMPSON, Molif1,~dex of Folk-Lileraiure 1, 1955, 114;

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«Mcistcrli» bericiitct, ist iiiclits anderes als der ii,eiiierbreiteie Erzäliliyp Aarne/Tiiompsoii Ni. 1645 oder Stitii Tnompsoii Mol. ojr. N 531.1: «Dreain o: rrcasurc oii tlie bridge. A man dreanis tliat if lie gocs io a distani city he will find ti-easurc on a ccriain bridge. Fiiiditig 110 trcasorc. iie teils his ilreaiii 10 a maii wlio says that iic ioo iias dreamcd of a ireasure ai a ceriain place. Hc describes ihe piace, ivliich is ilic i'irsi man's liomc. Wlieii lhe Ialer rcturi;s lionie Iic fiiids iiic 1reasure.n Lutz Rölirich stellt dazu Test, dass unter den Schatzsagcn die Scliatzirauiiisa:e, d. 11. die Erzä!iiuiigen von einen? im Traiini vorliergeseheiicii Scliarz, ciiic besoriderc Griippc biidcieii, iiiid unter diesen die Sag? vom Tiaun? vom Scliatz aii i ' der Biiickc \i.iedeiiim ciiicn eigenen iiiid un~eriveciiseibaren Erzäiiityp darstelle:'.

Gleichiiisiiai't bi-iiigt die Sage ziiin Ausdruck, iiic es sciioii Jakob Griicm forniu- liertc «dass der Mc:iscli was er in der Fcriie suciit, in sciiier cigctieii Hciinat iic;en iiabo)?', oder ivic das bekannte Spriciiwori es sagt: Warum deiin in die Fernc sciiwcii'e~;, sieii, das Gute liegt so nah. Diese iiussagc wird vermiticlt dtircli das Doppelirauniinotiv, das für dicseii Erzäliliyp sprzifiscli ist und i i i i i aus der Vicliiaii! uoii Schatziräumcn lieraushcbi. Der erste Trauin ivird dabei jeiieileii durch eineii zweiten korrigiert, der :ialiczu regeliiiässig niit eincin Spoii aiii deii Träumer vorge- tragen wird. Bcnierkciiswcrt ist, dass die Sage aiii'ßrückeii lokalisiert wird, obivohi eine Brücke iiicii: gerade der Ort ist, wo sich ein Sciiatz vorteilhaft ierbergen lässt. Hingcgcii isi die Brückc dei- verkehrsicciiiiisciic Engpass, wo maii sich niciit auswei- chen kanii, wo man sich begegncii niuss und alieiifalis ins Gespräch kommt. Es isi die Brücke als 011 der Begegnung, iiicr der bcidcn Träumer, die als ein konstituie- rendes Eicinctit dieses Erzanliyps erscheint2*. Die Sage kann inii der in ihr iiiiieetcii-

biiidcn. Bei berühmtcii Brücken kanii es dabei auch zur Kuiiiiilaiioii mehrerer Ver- sioiicn dieses Erzäliltyps kommen, wie etwa in Rc2ensburg oder Prag".

Boite leitete die ganze Tradition aus dem Orient her, i io, unter aiidercii Unisiäii- dcii - der Begegnungsort ist nicht die Brückc - aber niii gleichem Aussagcgehali, die Sage von1 doppelten Scliaiztraum in1 persiscli-arabischen Bereich iini 955 in einer Gescliichte von ~Tauscndundeincr Nacht» erstmals erfasst ivcrdcn kann:'. Im Abendland erscheint der Erzähltyp voll ausgeprägt zuerst in der niederländischen Bearbei:uiig der Jugendgeschiclite Karls des Grossen, im bald nach 1300 entstande- nen «Karlnieinert», und wird auf der Brücke von I'aris lokalisiert. Die Sage reicht

L. ROIIKICII, Eri<i/~/ii~i:oe~i des si>aten .Liitie/a/t~,s ioid ilir Wc.iter/ehe,i in Liie>iito,- u ~ d Vuiksdiclichtu~ip bis iui- Cegn,ii.art 2. Bcin/Müiiclicii 1967, 429-438, Der T>riiii>i voin Sc/i<iti <ii!/ de? Bücke.

24 1. C . , 433. 25 J. GKIMAI. Kiei~iereSchr/fte,i 3. 1860, 414-428. Dei- Tr<iio,i ,;o,ii Sc/iui; oiifderßrücke(zii. ,

nach Hauffcn, I. c. 433): 26 Zur Brückc als Ort der gescllscliafiiiclicn Bcscgnung: J. Bo~l.1: (\vicAnrn. 21), 296; Begcg-

nun. der Gcistei, Mexcn. Waridercr, E,ii)ik/o/ioriie 11e.s Murchens 2, 1977, 823.835 (K. K:tsai); ilotidil;örlobuc/i des rieutsc/ie>~ Aboginrrbens . 1927, 1659-1665.

27 In Frag gibt cr eine bislici nlciiics Wisscns iiiciil hcaciiieie Version aus dcm jüdisclicn Er- zälil~ui, auf dic mich Prof. Di. l~'eitlauff, Lozern, auirneiksarn gemacht hat: M. B~niix, Die Erzühiurige>i der Chosi-idini, 1949, 740f. Sie geiiöii zu dcn Erzählungen des Rabbi Simcha Bunarn (IIS27) aus der Scliiilc von Piyska. Bczciclincndeiivcise wagi sich lhiei der Tiäiirnci, Rabbi Eisik, nicht auf die Brücke, sonticin «unikrcisi» sie bioss aus Furcht vor dci Biückenuachc. Zoin übliclicn Gcspiäch mit Spoti aiifdcnTiäumci iiiid Miticilungdes zweiten Traums kommt es aber iiotzdem.

28 RVwnicii, 1.c.. 128 Ni . 2.

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aber siclierlich ins 12. Jalirhundcii zurück. Bolle wie Röhricii:" nelinien eine Über- tragung des orientaiiscli-arabischen Vorbildes auf das Abendland durcii die Kreuz- züge an. Nächstc Statioii des Wandertnotivs wäre nach ihneii die berülimte Regciis- burnerbrücke. wie es im 4. Traktat der ins 14./15. Jahrhundert datierien vieleclesc- nen-1ateiniscl;en Sammlung «Mensa philosophica~ seinen Niederschlag gef;ndeii liat:,z, W ' ie probleniaiiscli es jedoch ist. soiclie h4otiswanderiingen gcografiscli zu bcstiininen, zeigt gerade das Beispiel von Emmeiibrücke, wo dieses 'vlotiv 1436 of- Feiibar schoii so eingebürgert ist; dass cs sicli bereits mit der Eriiirierung an den Brückenzöllncr untrennbar iiat vcrbindcii könncti. Es sei daher an dieser Stelle bc-

dass der Gottliard~~erkclii , auch ivciiir er dic Emiiieiibrückc direkt nicht bejührt lia- ben sollic", wohl nicht unbeiciligt aii dicsein bcaclitens\iert Irülici: Aiifircteii des Erzäliltyp~ts in Eninicnbrücke gewesen sciii dürfte.

Die Geschichte, die .lenni liii Holz votn h4eistcrli crzäii:t, ist aber niciit iiur ein iiii Gesamtverglcicii heiiicrkcnswert friiher Beleg fiir den Erzähityp Aariic/Tlioinpsoti 1645, sie weicht aucli -soweit icii sehe - von alieii übrigeti Versionen in eiiiem Punk- te ab: Iin Zentrum der Erräh!ung steht nicllt so sehr der ersie Träuiiier, sondern der zweite, das Tvleisterli. ücraae dieser Zug zeigt deutlicli, wie etig sich hier ein Wan- - -

derniotiv mit dem lokalen Eriiinerungsschaiz hat verbinden können. Der auswärtige Träutner war für dic Lcuie uon Enimen unwiclitig gcivordeii. iMochte die aii der Enmcnbrückc lokalisierte Versioii des Erzähliypus ursprünglicli auch den Erstträu- mer - uiid das brauchte iiiclit eitimal der Schwyzer zu sein, den Jcnni 1m Hoiz iiam- liaft macht - als liaiidelnde Person im Vordergrund gesehn haben, in der lokalcii Er- iniierung und der mündlichen Überlieferuiig ist die Gcschicliie am Meisterii, aii ei- nem der ihren, haften geblieben. Es handelt sich iiier also um eine ausgeprochen io- kale Adaptation des Erzähltyps. Die Sage ist hier eine innige Verbindung mit dem Brückenort eingegangen, wo sie gleiclisarii als Tatsaciic in Erinnerung oiieb. Sonst ist dieser Erzäliltvn eher auf eine Rcnion oder auf zwei Orte - die Heimat des Träu- . . - niers und die Brüchc - bezogen und sclieint zumiiidest gleich häufig wenn iiichi gar häufiger ani Ort des Träumers überlieferi worden zu sein".

Lu dieser ersten Bcobaclitung am Erinnerungsgut über jenen früheren Zöllner, den man da das ~Meisierii nannte, kommt nun eine zweitc hinzu: In den eidesstattli- chen Zeugenaussagen ist vom Mcisterli zweimal die Rede gewesen: Einmal in der eben analysierten ~rzä l i lung und dann itn Bericht der ~ e b r ü d e r ~ b e g ~ vom Zöllner, der zu den Leuten aesaat liabe: «So so, einer hin, der ander her, damitte ubent sich - - die weg.» Wie ist diese Mitteilung zu bewerteii? Sie geht auf den offenbar sehr alten

29 BOI.TL (wie Anm. 21); R"BKI<.H I . C.

30 Bo~rn, 290f.; ~oxnrci i , 435. 31 F. G~auscn, Siorir und Ri<.s (wie Anm. 7). 32 Die Sage von dci Brücke i i i Siitcn wird in Vispeiteiniiticii erzählt; jene von der Baslci

Biückc i i i i Bcinbiet ( i i i Bascl ist sie iinbekannt). Dass die Sage afi auch mir dem Ort dcr Träuixiei vcibundcn ist, zcigi die Taisaclic, dass sie verscliiedenilicli mit lokalcn doirigcn Bcsondeilieiten ucrbuiidcn odci - nocli in~ehi - zu deren Begründung cinsescrzt wird: So bnni offcnbai blüiicnden Alpivescn Tiicliclc-e, bei dcn Reichtum signalisicicndeii Steiti- Iihusem bcim Saueibiuiiiien in Neu-Rinscnberg. bciiii Bctiiaus, das Rahbi Eisik in Krakau baucn lässi (Aiini. 27). vgl. auch Boiiir, 295 (Kiiclieribau, Glockenstiftsng). Besondcrelo- kalc Merkmale: Giossc Kieici in Stelzen, 3 Kieuzc im Dorf bei Prag.

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Ulli Peters zurück, der diesen Ausspruch den Brüdern Abegg früher einmal überlie- fert hatte. Die Schatzlraumgeschichic dagegen erfahren wir allein von Jenni im Holz, wobei erst nocli zu beachten ist, dass dieser Zeuge der jüngste ist, der sich nur über 50 Jahre zurückerinnern vermag. Das heisst nocli nicht, dass die Traumge- schichte jünger sein muss als der Sprucli des Zöllners, sondern lediglich, dass die mündliche Überlieferung des Spruches weiter zurückverfolgt werdcn kann als jene der Geschichte vom Träumer. Beide Überiieferungeii hatten sich aber 1436 gleich in- tensiv mit der Erinnerung an den Zöllner verbunden, bereits so sehr, dass sicli aus der KundschaFt selbst weder für die eine noch für die andere eine grössere oder ge- ringere Glaubwürdigkeit annehmen lässt. Wie dicser Spruch des Zöllners zu inter- pretieren ist, sei hier offcngelassen: Es könntc sich etwa um eine nicht mehr ganz verstandene Geschichte handeln, die sich zu diesem fragmentarischen Uberrest ab- geschliffen hätte. Es liesse sich so etwa auch an folgendes denken: Wer die Versio- nen des Erzähltypus A/T 1645 liest, dem wird auffallen, wie ofr - geradezu stereo- typ - vom auf- und abgehen, hin- und hergehen des suchenden Träumers oder der Leute auf der Brücke die Kede ist. Die Vermutung isc nicht auszuscliliessen, dass dieses Bewegungsmotiv sich mit anderen Assoziationen verbunden haben könnte, wie der hier berichteten vom Einüben der Wege. Der S ~ r u c h könnte durchaus auch - authentisch, d . h. ein tatsäcliliclier Ausspruch eines früheren Zöllners sein. Aber - das dürfte nach all dem, was wir zur Geschichte des Träumers erfahren haben - ein- leuchten: Er muss es nicht sein. Am ehcsten aber wird es sich - um den Kreis dieser Vermutungen zu scliliessen - um ein wahrsclicinlich weitverbreitetes Sprichwort ge- handelt haben, wie es - so weit ich sehe - bisher im französischen Sprachraum nacli- zuweisen ist. Dort wird in einer aus dem 15. Jalirhuiidert stammenden Sammlung der Proverbes communs auch das Folgende angeführt: «Aller et venir font le che- min pelen, oder wie es im Tresor des sentences de Gabriel Meurier im 16. Jahrhun- dert heisst: «Aller et retourner fait le chemin frayern". Dass dcr dem Meisterli zuge- rechnete Aussoruch beinahe mit oleichem Wortlaut in zwei beinahe zeitoleichen - - französischen Sammlungen erscheint, stellt doch die Einmaligkeit des Spruches und dessen Aussagekraft für die Historizität des Brückenzöllners in Frage.

*

Die Analyse der Zeugenaussagen über den Zöllner Meisterli hat ergeben, dass

33 Zit. nach M. LE Ro~ix 01: L ~ X C I , LeIivredesProveiDes, IreCd., Paris 1842, p. 41; 2eed. 1859, 62. Das Spiiclisoii steht i n engcm Ziisainmcnliang niit jencm vom aus, -etictcncn Wcg: K. F. W. WAKDER, DeuischesSprichivönsr-Laikon 4, 1876, Sp. 1842, Ni. 14: Auf allgemein bctrcienem Wege wäclist nicht iciclit Gras (auch cneliscii und französisch); Ni . 19: Auf dem Weg, den vielegehen, iväclist kein Gras; S p 1843, Sr . 40: Betretcnei Wcgist giatt; Sp. 1844, N i . 55: Dci bciietene Weg tiägi kein Gras. S. Sisüiin, Sprichwürter <!es Mi/iel<i/lers, 1 : von den Anfünyo, bisjris 12. Johrhunderi, 1944, 18, Nr. 119,8, hat diesen Typ bcicits im HävamSl (i0.-13. Jli.) nachgewiesen. Je nach Gespiäclissituarion konnte dicscs Spricliwort verschiedene Funktionen und zuni Teii icclii zwcidcutigc Bedeutungen lhaben. Die Spricli\iorifoischu~ ist mit Katologisieriingen weit weniger gut versehen als die Eizählforschung. Zum Sprichwort: L. R ~ ~ H K I C ~ I , W. MIEDER. Sprichiuorr (Sammlung Metzler 154), 19ii; W. Mi tnrn lig., Eqebnisse derSpr~cI~worIforscliung, 1978; H. Bnti- siscrn, /;or,>icn der xVolkspoesie» (Giundlagcn dci Germanistik), 1982, 95-112. - Uiis genügt lhiei bcrciis die Tatsache, dass sicli dci Spiiich des Meisterli als mitlelalteilichcs Sprich\i,oit nacliweisen lässt. Wohl auch wcil sich der Zcuge dcs Spricli\\,oitcharakrcis be- wusst war, gibt er bei dieser Aussage genau an, woher die Kenntnis von diesem Spiucli dcs

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Beobachtune. die wir machen koniiten. cntsoricht durchaus den Eroebnissen.

. . stikum» der Sage ist dabei erkannt worden: «Lockere Form und lockerer Inhalt, die um einen festen Kern oszillieren, und ihre Verbindung zum wirklichen Leben und Glaubenn. Der feste Kern wird dabei erkannt im «Ausdruck einer Botschaft», die eine «feste Vorstellung des Volksglaubens» mitteilen will". Vorsicht ist geboten ge- genüber dem Begriff des ((historischen Kerns», wenn unter ilim - wie es meistensder Fall ist - ein historisclies Faktum verstanden wird, das sich in der Sage uerberge. Das kann, muss aber nicht sein. Die Foriii nun, in der die «Botscliaft» vermittelt wird, ist ausserordentlich variabel. Die Geschichte ist nicht festgelegt, sondern liegt völlig in der Hand des Erzählers. Dieser ist sich dessen jedocli nicht bewusst. Er will nicht küiistleriscli schöpfen, sondern ist überzeugt, nur die Wahrheit zu bericliten. Die forniale Variabilität der Sage liängt von zalilreichcn Faktoren ab, wie der Erzähisi- tuation, den aktuellen Zeitumsläiiden, wie ronr sozialen Hinter_orund und der Be- wusstseinslage - und zwar der aktuellen Bewusstseinslage - kurz: von der «Befind- lichkeit)) der Gemeinschaft, in der die Sage überliefert wird. \'ariiereii kann alles, soweit es den festen Kern, die Botschaft, nicht berührt oder - nach dem Empfinden der betroffenen Gemeinschaft - nicht verfälscht: nicht mehr Verstandenes oder spä- terhin als nebensäclilicli Empfundencs kann abgestossen wcrden, Wandermotive und ganze Erzäliltypen können mühelos in die Uberiieferung einfliessen. Die Ein- vernahme voii W'andermoti\,en und Erzälilmustern in eine lebende Überlieferuiig dürfte ähnlich zu begründen sein wie die Sagenbiidung selbst: subjektive Wahrneh- mungen in1 Erlebnis, objektives Geschehen im Ereignis, gegenständliche Realität im inerkwürdigen Gegenstand, sei das nun eine Ruine, ein Felsen, ein Name oder eiii Brauchreqnisit, können sich mit einem ihnen entspreclienden Wandermotiv assozi- icren und dieses an die Überlieferung binden3&.

Wie das geschieht ist naturgemäss kaum zu erkennen. Allgemein 1ä.sst sich sagen, dass es vor allem der «lebendige \'olksglaube» ist, der die Sage bildet und weiterent- wickelt. Nach Bausinger bestimm1 der allgemeine Vorsteliungshorizont das inter- pretierende Erfassen oder Ausdeurcn beim Weitererzählen, wobei er diesen Vorstel- lungshorizont charakterisiert als die Iierrschendeii kollektiven Glaubensinhalte und die damit verbundenen motivisclien Musteri'. Wenn Linda D&Ii die Mehrzahl der soqenannten historischen Sagen auch in diese Kategorie des Volksglaubens falleii lässt", so kann der Historiker dem nur zustimmen. Historische Sagen werden be- stimmt und getragen durch das volkstümliche Geschichlsbeivusstsein, dessen Aus- druck sie hinwiederum sind. Dieses Geschichtsbewusstsein hat aber mehr mit Glau- bensvorstellungen zu tun als mit historischem Fachwi~sen;~. Man könnte hier in An-

Meisicili s!arnmt, während die Tiaumgcscliicl>tc oiicnbai als so eiiirigarrig cmpiunden wurde, dass nähere Zeugciiangabeii ausblieben.

34 Vgl. liieiru L. Pi.~zoii>r !I;., Verx!eic/~ende Sr,genjorsc/,ang (n'cgc der Foirciiiing 152), 1969, hici bcs. der Beitrag von L. D t ~ i i , Prozesse der Sup<,i!!t!i<rig (19651, 374-389; H . B.~LSIKG!:K. 10>7>1en der «Vo!ks/ioeslen (Giucidlagcii dci < :, :tia~iiliik] 1982, 30-41 . (Lii.), 179-195.

35 DEüfi, 1. C., 376. 36 Bhusixcen, I.c., 1811. 37 I.c., bes. 182 38 D ~ G H . I.c., 3771. 39 GUY P. Mnncwn~, Die Anlwori der Bouern. i-ie,>ienrc und Schichiungrrn d a eidgeriossl-

schen Gesihicl~isbewi~s.~rseins arn Ausgong des Milreln!lers (Vorträgt und Forschungeii), im Druck.

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iehiiung an Bausiiigcr und iiiit seiiier Definitioii des Begriffes von einen1 Ristori- sclieii Vorstcllunrsliorizoiii svreclien. DExIi führt den Gcdaiihcn sei\-eil, dass für sie «Sagen über bedcutsanie Ereignisse, die auf Tatsachen der Gcscliiciitc des beircf- fc;ideii Volkes berolicn. wcniocr ivaliisci?eiiilici~ cnistclicii als soicl?c aus dcni Volks- - glaiibeiin.

i3ei diescn alioerneiiieii Feststeilunoen, 7" denen sich der verglcici~cnden Sngcii- - - iorscliuiig fol;cnd noch i3cobacIiciingci' über Utns:äiidc, \veiciic die Waiiderung ~ i - ries Motii.es iiciiiiiieii oder fördern, ei-eänzend beigeben iicsscn - wofür ich aber auf - die 1.iteratur veriicise'" - iiiöclite ich es liicr heiiendcii lasseii. Wie eil1 Motiv oder ein Erzäiiitypus nun konkret iii die Uber!icfe:ung einflicsst, ist ini einzelnen iiäiiilicli riicht iesisiclibar, d a ja der Erxihlcr übcrzeugi ist, die Walirhei! zu sagCi',, der Ak! des Erzälilcns eiii uiibeiv~isst berei:s vollzogener, nicl~i mclir iiinierfragbarer Glaii- beiisakr darstellt. Gerade aus diese111 Grund ist es iiir den Ethnologen, obzwar er zii der ieberidiiigen, initerlebbareii Oraitradition arbeitet, heinahe uninöglicli, dcii ein- zeliieii Variationsiorgang zu ergründen. Füi den Historiker iiegi diese Erschciiiuiig sclilecliterdings ausserhalb sciiicr Erkcrintnisiiiöeliclikeii. Als Hauplresuitat sei je- doch fcsigelialtcii, dass bei eiiier ungebuiidencii müiidiicheii Uberiiel'crung, \ivcnii inan voiii festen Kern absiclit, voii cincr iiilialtliclicn und iorniaicii Konstaiiz des Cbcr l ie ierui~gs~utes keiiie Rede sein kann"'.

Wir habcii uiis bei diesen Übcrleguno,eii auf die Ergcbiiissc der vergleiciiendeii Sarenforscliunn abstützeii köiiiieii. Das ist Ieoitim. denn die Saoe ist ciii Musterhei- - . spiel uiigcbuiidencn mündlichen Übcrlicfei-;is und Wei!ererrälilcns. Uriler dem da- durch gewonneneil Gesiciitspunkt überrascht es iiiclii inelir, dass bei der Gesciiichic vorn Meisterii von Eiiimenhrücke, die d a in einer gericiiiiichen Kundscliaf! untcr Eid iiiiigeieilt \iurdc, ein ivcitverbreiteter Erzähitypus auItauclit. Was ist dciin der Kern dieser Zciigenaussrigen? Zunäclist der, dass vor Zeiten eiiie Brücke über die Enime bestanden liatte. Die Feststellung dieses Tatbestandes beruht jedocli auf Augcnreugenberichieir' Sagenhaftes !ritt hier noch nicht auf. Doch erinnern wir uiis: Ursprünglich bestanden ja Fähre und Brücke gemeinsam an dieser Stelle, und es könnte durchaus auch so gewesen sein, dass es sich bei der Brücke um einen schwachcii Steg gehaiideit hat, während die Fähre das eigentliche Übersetzmittel des für das Zollrecht inteiessantcn GüLeivcrhehrs gewesen ist und es oFfenbar aucli nach

40 Zii dcii 1heniiiici;den iiiid fordernden Uiiisräii<len bci der \*'aiideiung einer miindlicheii Ubcilicferiing - sci es i iui i irn Beicicli des CIäi-clicns, dci Sage odci der Eirähliypeii und Moiivc: K. R n s ~ i i , Die MJcll der ei>zJichen l..or»i, 1978, 93-99; L. R«IIRICII, .Sqe und iMürclren, ir;ühijor.schiir~f heule, 1976. 294-301; L. Pt i iz<~~i) , Safe 01s akiiioiisieilei !Mj~il?os, in M2i,ieiides Ci/o(/o,l 27, 1978, 2. Fernci B,\~:sl~<iiix, I.c., 30-41 (Lii.).

41 «UngcDuiiderien Übciiicfcioiig ucirielie ich Ihiei iii i~ciierern Sin~ic als bloss dic Untersshei- diiiig von Prosa iirld Vers. Mündliche Rccliisübcilicferoi~g iviiide ich in derii Siiiiic als zcbundeii bctiacliicii, als iii dcn vieieii ciiiaiiciieii Haficctiieii jeaeiieii iiiindesicns zwei (;eiichisicriliiiie jaliilicli festgeieet \viiideii. bei dencn alic Hofinsasscn lciinehmen musstcn. Was dort veihaiidcii und geurteilt iiuide, wiirdc voii allcn rcgelniässi; zweimal iiii Jalii iczipieil. Die i>iÜtidlichc übciiicieiung des Ge~volinhcilsrcchtes weist also cinc ci- liebliche Dichte iind Konrinuiiäi zur. Trotrdcm isi aocli die müridlichc Kechisübcrlicfe- ruiig niclii iini:erändeilicli. Als gebiindciic Übciiiefeiung könnte aucli das Märchen anjc- schcn werden. Doch aucli lhici wirkt enisclieidcnd die Erzäliicipeisönlichkcii n i i~ , vgl. lhici- zu B.zi:sis<ir;n. 1. C.. 162-179, bcs. 1771.

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dein Brückeiiba~i nocli bis gegcii Mitte des 15. J1i.s blieb;:. Es sciieiiii nun bcini Zeii- gciiuerhör dic Situation eingetieteii zu sein, dass iiiaii nach Zeiigiiisscn suchte, die aiich für die Brücke eiiieii Zoll und Vcrkelir bclcgtcn. In den Zeugen wird, ivoiil am eiiesicn durch Naclifragc, die Eriiincrung an den %ölIner iiaciigciufen, deii iiiiii

aber iiieii?aiid mehr gesehen, von den1 jedern>ani~ iiilr gehört ilattc. Hier kam nriii allein die niü~idlichc Überliclcriin« zum Tragen. Der Zöllner, das Hin und Her des . Brückeiiuerkehrs, das ist der Kcrn dieser Aussage. hlit iliin verbinden sich - iiin rleiclisam koiikretisiercnd - irinncrui~ncii an Erlcbiiissc beiin Bcoclicn der Brücke - . - das Viissgcscliick des Eiii -, die übcriicfciiiiig voii diesein incrk\iürdigen Aiisspruch ucs Zöllncrs, uas sich durch das Hin- und Hergciien djc Wege einijbteii, ~ n d sclilicsslicli das Erzälilmusier AarnciTiioriipson 1645, das ja, wie wir gesehen ha- ben, sicli zwanglos in die Vorstelluiig der Brücke als Vcrkelirsu.eg uiid Ori der Bc- ~cgiiuiig einfügt. Dass dicsc Assoiiationeii iiiibcii,iissi iiiid bcricn Glaubens in der Absiclit vorgclrageii ii-urden, die in der kollektiven Eriniici'ung bei+-ahrie Walirhcii zu sagen, braucht iiichi inclir cigeiis betont zii ~vedc i i .

Was lässt sich aus dicsei Untcrsuciiung eiiicr i~iünaliclien überlicfeiiing zur Beur- tciluiin der Bcfrei~iiiestraciition. iosbcsondere der Teil-Gcscliic1iic. von der wir aus- - - gegangeii si:id, gcwinilen? Dcr Zulaii archivaiischcr Übcriicfcruiig hat es uns er- mögliclii, ein iii eiiier Weise; ivic es für das Mitrelalter soiist nicht nioglicli ist, über- piüfhares Stück mündlicher Überliefcruiig aiifzudecken. Ihr Alter kaiiii init etwa 100 .lalireii anzcoebcn und aucii die Zahl und die Art der übei'iieSerunzso!iedei cr- - - - - mittel! iveraen". Die Unistände, das Datum un(i die Qualiiäi ihrer sc!~rifiJiclicn i i - s icru~ig können gcnaii bestimm1 i*crdcii: Es iiandeli sicli uin eiiic gerichtlicii vollzo- gene b e g l a u b i p Niederschrift uon eidcsstaiilicheii Aussagen ciner kleinen Gruppe qualifizierier Uberlieferungs;rä~er. Wenn es die i,ieIberiilene ausserordentlichc Konstanz der mündiiclien Uberliefcriiiig :Abc, müsste sie doch in deii Aussagen ir- gendwie erkennbar, zuiiiiiidest aber iiicfit in I'rage zu stellen sein. Das Gesenreii hat sich erwiesen. In der kurzen Laufzeit von ungefalir 100 Jahren hat sich ein fremdes Elenient in die Einrneiiei Überlieferung einschleiclieii können, der in zahiloscn Ver- sionen auftretende Typus Aariie/Thompsoii 1645. Wenn das in einer so kurzen

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Heiiiiichs von Lüiisliofcii doch dcuiiicli riim Aiisdiuck koiiimi und ia den zaiizeii I'inress ~~~~ ~ . ~~ - bceiü;idci. Zur Bedeuiunc der Fälirc fi i i dic Zo!icinnalirncn siehe ierri M. Ko~xiK. L t i z o - " ~~~ ~ " ,>er Sl<iuirJ7tioir:en 1415-1798 (LIiY I?), !YSi , !ZS. Wcnn seiiie Aniiaiirnc, dass dic enoi- mc Zunalimc <lcs Erniiiciiiiiücker Brückciiioll.; um 1450 auf die Abscliaffunc der Fiiiiie zu- iückzulüliicn sci, iutrirli, so wäre das Vcikchisaufkornmci> dci Fäiiic irn Vcicleicli zur Biückc ausscioidentlicli nioss ee\\.cseri. Dcr Brückenzoii slice namlicli damals iini ca.

siizuozcn voihandcn neii.cieri ZU sein sciieincn, wie sie nacli P. GI.III:S~~K, I. C . , 66fl.. vor 1400 z i i Brücke celi6;cn.

43 Zu bcioncn ist liiei, dass dicsc Fcsistelluiizen oliiie Kalkulatioiien ulid lh!'poti~eIische Vot- ausscizun.cn auskonimcn, wie sie B. M E Y ~ ~ K , I. C., 112, An!?. 20, ansieilcnrnuss. Aiicli die Eriuähniing eines Zöllnen fü r 1397 (~31. Anm. l3), dic die Ubcilicfciunssdaiicr möglicliei- weisc nocl~drastiscli ierküizcri könn;e, iasseii wir Iiier onbcachicr

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Übcrlieferungszeit in einem enggestecilen, lokalen Rahmen, bei qualifizierten Überiieferungsträgern und bei einem begrenzte11 Eriiinerungsscliatz möglich ist, so ist zumindest die Frage erlaubt, ob bei der in ihrer Dauer sicher längeren und in ih- rem Übermittlungsweg niclit näher bestimmbaren Übcriiefcrung von dcr Befrci- unaseeschichte iiicht gleiches geschehen sein kann. Soivolil die Erkenntnis der ver- - " - gleiclienden Sagenforschung an der heute noch lebenden Orallraditioii primitiver Völker. wie der hier erfolate konkrete Nachi\:eis an einer inittelaltciliclien Ouellc "

aus dem zentralschweizerischen Raum sprechen eigentlich dafür. Die vielberufene inhaiiliche Konstanz, die auf dem Glauben an deti besonderen Wert des Wissens der Ältesten, auf dessen «Heiligkeit» beruhen und auch im mündliclien Bereicli eine un- verdorberie Überlieferung dcr vergangerlen Ereignisse garantieren soll, müsste nun eigentlich doch einmal bewiesen werden.

Das wird bei der misslichen Quellenlage am Tell-Stoff nicht möglich sein. Dcs- halb kommt der Analyse von Quellen, wie der hier vorgelegten, eine besondere Be- . ~~

J . : . 5 : : : i i I . I ' . : . . . i .l:i: I3::;i.i ::.r iiiui.iii:li.:i L : : : 2 . I . :C. i r i : . . I I . .,I i i i i r .::P I3.:~i1iil .I:\ h'ieisterii von Enimcnbrücke geschehen und hat vorläufig zu einem der gängigen Annahme entgegenlaufeiiden Resultat geführt. Es sollte niclit eiligewendet werdeti. dass es sich hier~uni eine unbcdcutend~~okai tradi l ion handle, walireiid der wichti: gen «nationalen» Überlieferung eine ganz andere Aufmerksamkeit zugekommen sein müsse. Abgesehen davon, dass es sich bei einer solcheil Annahme uni eine Kückprojezierung einer im nachhinein möglich geu.ordenen Wertung handelt, müssen wir mit der Überprüfung des Aussagc\iciies niundlicher Überlieferung dort einsetzen, wo es überhaupt queilenmässig möglicli ist.

Bei der Befreiun:stradition ist das wiegesagt nicht der Fall. Mündliche Überiiefe- rungeii sind uns ja nur bekannt, weil sie einmal schriftlich fixiert wurden. Bei diesem \'organg aber treten sie aus dem Bereich der oraleii Traditioii mit ihrer eige- nen Gesetzmässigkeit heraus. Sie erstarren nicht nur im fcsten Kern, sondern auch in den Akzidentalien und in der Form, die ihnen zum Zeitpunkt der Verschriftli- chuno ruoewachseii warcn. Von diesem Zeitnunkt an verändern sie sich in sich - - selber nurmehr geringfügig. Ihre weitere Geschichte, die literarischen Übertragun- ren uiid späteren Deutun~cn. die sie erfahren. sind das Thema der Textkritik und - - . der Rezeptionsgescliichte. Dieser Tatbestand scheint sich nun aber gerade bei der eidgenössischen Befreiungstradition rückivirkend auch auf die Behandlung der voi- ausgehenden mündlichen Überlieferung ausgewirkt zu haben, nicht nur in der angewendeten Methode", sondern auch in der Annahme eines geschlossenen Über- iieferutigskomplexes. der aufgrund einer ausserordentiichen Erinnerungsfähigkeii der ~Mensclien in sciiriftloser Zeit von seiner Entsteltung an als konstant betrachtet wurde. Dabei stellte die Erkenntnis, dass es sich bei der Teilen-Episode um ein mehrfach belegtes, aus dem Norden stammendes Wandermotiv handelt'?, soi\*eit sic in die Überlegungen einbezogen wurde, ein unlösbares Problem dar. Es ist Bruno Meger zuzugeslelien, dass er als einziger die Frage konsequent zq Ende gedachi bat. Er nahm an, dass die Übertragung des viel älteren und weit im Norden lokalisierten Motivs dadurch erfolgt sei, dass Gessler die Sage iaom Meisterschützen durch däni-

44 K . R I ~ u t i x , Die Urschweiier ße,freiungs/riidiiion. 1927, arbeitet mi$ tcxtgeschichtlichco und icx~kiitischen Methoden. Auf die Problemc rnüiidlichci Übe~licfcrun~ geht c i iiii- gends ciil. B. M I ~ Y E K , I.c., arbcitct mit testkiitiscliei Metiiodc auch an der nach ihm uii-

veränderlichen mundlichen Uberliefeiung. 45 13. ße Boon, Die nordischen, etiplirchen iiud deuischoi Dorsleilut~goi des Apfelsci>uss,no-

iitw, QiV IIl/l, I*-53*.

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sche Rompilger kennengeleriit hätte und nun in Altdorf, d a er schon einen aner- kannten Meisterschützen zur Hand hatte, diese nachvollziehen liess"". Das wäre tat- sächlich die einzige Möglichkeit, nie das Motiv zu Beginn in eine feste und unverän- derliche mündliche Überlieferuiig hätte einfliessen können. Es sei dein Leser über- lassen, die Haltbarkeit einer solchen These zu beurteilen. Für den Erzähltypus Aarne/Thompsoii 1645 ist eine solche Übertragung durch Inszenierung jedenfalls völlig unmöglich und vor allem - das gilt nicht nur für sie - unnötig.

Bei der Fixierung auf die nicht mehr hinterfragte Vorstellung von einer unverän- derlichen Oraltraditioii wurde aber jede Aufnahmebereitschaft für den wandelbaren Charakter mündlicher Überlieferung vcrbaut. Und doch hätte man gerade bei Teil Anhaltspunkte hiefür gehabt. Denn Teil ist ja späterhin in der neben der aufgezeicli- iieten Geschichte fortlaufenden volkstürnliclien Überlieferung abermals eine Ver- bindung mit einem Wandermotiv eingegangen, mit dem bekannten Motiv der «Bergentrückung», des nicht gestorbenen, sondern bloss im Berg schlafenden Ret- ters, der !\,arten niuss, bis das Vaterland ihii wieder braucht. Nicht nur Friedrich Barbarossa schläft in seinem Kyfniäuser", sonder11 auch - iii einer seit dem 18. Jahrhundert belegten Sage - die drei Tellen, die hier mit den drei Scliwurgenos- sen identifiziert werden. in einer geheimnisvollen Felshölile über dem Rütli, und sie werden erwachen, wenn das Vaterland sic ruft. Es dürften oerade auch solche Vor- - siellungen dazu geführt haben, dass vom 16. bis ins 18. jahriiundert hinein bei so- zialen Erhebungen iiiimcr wieder der Teil oder gar die drei Teilen als Anführer erscheinen". Wiiederuni ist es Bruno Meyer geweseii, der das Problem dieser jünge- ren Sagenbildung für den gcsamten Überl iefer~ngskom~lex erkannt und dement- sprechend in seine Überlegungen einbezogen hat. Wenn er es aber so zu lösen ver- suchte, dass er unterschied zwischen «echter ge~cliiciitlidici Überlieferung», dic mündlich und scliriftlicii «über tatsäciiliches Geschehen» berichte, und der «Sage», die als «volkstümliclie Erzäliiung» eirgcndein Objekt oder einen Vorgang» erkläre, und schliessiich der «Legenden, die iföllig frei «ausgeschmückte» Berichte «über lhi- storisciie Pcrsöiilichkeiien und Vorgängen da r~ te l l c '~ , so liegen hier iiicht nur unzu- reichende Gattungsdcfinitionen vor'". Es werden hier, indem die bereits auf einer ißhaltlich-intcrpretatoriscbcn !A1ertuiig beruheiide Akzeptation «echte liistorischc Überlieferung» mit rein formalcii Gattungsbegriffen «Sage» und «Legende» kon- frontiert wird, unvcreinbarc Begriffskategorien zueinander in Bezug gebracht. Schwerwiegender ist, dass die Unterscheidung für die müiidliclie Überlieferung, um die es hier zunächst gellen muss, gar nicht greift. Denn alle drei - um bei den von Meycr angezogcnen Begriffen zu bleiben - unterliegen im Stadium mündlicher Tra- dition den gleichen Geseizmässigkeiten. Zur Gegenprobe sei es dem L.eser übcrlas- sen, zu entscheideii, ob er die Geschichte vom Meistcrli voii Emmenbrücke uiiter «echte ihistorische Gberlicferungn, «Sage» oder «Legenden - je\ifeilen nach der De- iinition Bruiio Meyen - einordnen kalin.

46 B. M i u ~ n . I . C . ; ! !9ff., dic i?an<liiingspaiallelijät bczügiic!? des in Rcseiic ~e!ialt?iien Pfeils, dic Gessiei inich! iiiszcnicrcn koniire, wird S. 125 als «Scnüiicnbiaucli. der sich bis in die Gegeiiiuair ciliaitcii !haben bezciciinci. was allerdinqs dic ä1inIicll iaiiiciidcn Aiilwoi- tcn ~eils;iid Takos nocli niciii crkidrt.

47 L. Pii'rzc>i.i>r, Sage 01s akiuoii,$ierier.Myihos, iii Wiiketzdes 1Vori 27, 1977, 1-9; A. Boxsi, Die ciriii/isciie Herau.~fo>iieri<iig. in Die Zeii <ier Siau/er, 5 , 1979, 9-16; K . Sriinr:isin, iriedrich Uoibamosxo - Herr der ileli .... cbda. 521-579.

48 Uic rleuischc L.ileroiur </es Mirieiulier.~, Ve~JnsseriexiPo>i !, 1978, Sp. 1264 5.c. 49 op. cil., 134i. 50 Vgi. dicsbcziigiich H. B,IIISIS~~EK. (wie Aniii. 3 ) .

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Das Hauptrcsuitat, das aus der Analyse der Zcugeiiaussageii übcr jenen Zölliicr, dcii man das Sleisterli nannte, gewoniicn werden koiiiite, ist dies: Die inündliclie Überlieferung ist offeiibar ausscrordentlicii variabel und fähig. inncrt relati\ kurzer Zeit fremde Waiidcriiiotivc so zu absorbieren, das.: diese bei eiiier bioss textimnx- iieiiten Iiiterpretatioii nicht ineiir erkaiint werden kbnneii. Die \'orstelliing voii einer unbeirrbaren, auf dein Zeugnis iier jeweiien Ältcsten bertiheiideii Kollektivcriiine- r i i i i~~ , die von Geiiei-ation zu Generation das Eriiinerungsgiit unveräiideri weitcr iibermitieln könne. sollte dalier drinreiid einer Übcrnrüfiiiic unterzogen werden. . Jcdcnfalis darf nicht iiienr a prioi-i dai,ori ausgezaiigcii irerdei;, dass die müiidliclie Ubeilicferuiig in der Form, wie sie sciirifilich fixiert worden ist, die historischcii Ereignisse frülicrer Zeiten tatsächlicli getreu wiedergibt.

tinl Missventäiidnissei; vorzubcugcii sei betont, dass iiier lediglich die Aiissagc- hraft der müiidliciieii Übcrlielerung für die Faktizität der von ilir n~itgetcilteii «historisclien» Eiciciiissc ii i Frage gesteilt wordeii ist. Über die Möglichkeit diesei- . - Ereignisse selbst iscdaniit noch iiichts gesagt. >iai: wird bemerkt {abeil, dass icii micli eines Urreils übcr die Existciiz des Zöiiiiers iiamcris Meisterli lind desscii idciitifikatioii mii .lohaiin \lcisterii in Luzerii durch I'. X. Weber entlialten habe. Das Gleiche gilt auch für dcii Teil. Bei der gegebenen Qucilenlage gibt es weder cineii Be\*:eis gegen iiocli einen Sür dic Existenz eines Claiines namens Teil. Man muss sich drein bescheiden müssen: Die Fraoe nach der Historizität Tells ist keiiic - Frage Tür Historiker.

Das heissc konkret. dass es nicht die Aufzabe scIi\vcizcrisclier Historiker sein kaiin, die Enisteiiz Tells zu beir.cisen. Er liat es nicbt nötig. Es iieisst aber aucli, dass es für den Historiker ein sinnloses Gnterfanncii ist. dcii Tell als uiiliistoriscli. als «blosseii Mytiios» abtun zu wollen. O b init oder ohne Bcglaubigiing der Facli- gelehrten: Te11 lebt \%,eiler. Denn das, was als liisioi-iscli i~er t los ausgescliiedcn werdeii soll, ist ja niclits anderes als der lebendige liisiorisclic Vorsteiluiigshorizoi>r früiiercr Zeiten. Dieser aber ist eiiie gesellschaftliclic Eischeinuiig von historischer Relevanz. Wenn dabei offciikundig. Gestalteii wie Tell uiid \IJiiikelried eine beson- dere, wciiiigleicli sicli durch die Zeiten waiidelnde Bedeutung zukoinmt, so desliaih weil sich ii i iliiicn bald nichr bald weniger scharf die kollektiveii liistoiischeii Glaü- bcnsinhaltc ausdrücken können. Die Fuiikiion, die iiiiien dabei zukommt, die Ten- denz, deren Träger sie werden, ihre Tragfähigkeit für das jeweilige Selbstverstäiid- nis, dies zu ergründen und zu erklären, das ist dic eigentiicbe Aufgabe des Histori- kers iii diesem BercicIi3'. Dabei wird er die gcsciiscliaftliche wie die bewusstseins- mässige Befindlichkeit, die das Gescliichtsbcwusstsein bedingt und von diesem liiii- wiederum Anregungen eriiält, ins Auge iassen müssen. Eine solche be\iusstseinsge- schichtliciie Fragestellung ist von der Quellenlage her für die Eidgenosseiiscliaft frü- liesteiis in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts lösbar, also u.a . zur Zeit der

I \ : . r . 1 1 J : : l . : l I . L> .J . . ' . J:., . ,

iii .?.. :ii S:!II, dic I l . l ~ . : i . ~ i ; . . i r ~ ~ ! i . . i i i 11. I : r i i i .:I:.I I.i.i..:i. . I : !,I: 1:ii \ I ._. t.lili:;, J L . \ ' : . i ~ r i ~ i l : . ! ~ ~ i ~ h . : I u i : i I I I I ! .iic h:~:~::i~ i ! r - . % 28 .iii:! b i i i J , > ' -

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rier Myihos, 1973. 52 Vcisuche in diesei- Richi~ing slellcn meine dicsbcziigliclieii Aibeileii dar: Be/lui?i Jusruin

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risclien Selbstbewusstseins koiiiiiit Gestalten, wie Tcll und Lliinkeiricd. o b sie iiuii gelcbi Iiaben oder nicht, nach iiie vor ciiic eminciite Bedeutuiig zu. Durch die Jalir- iiunderte hiiidurcl! \virkeii sie bald mclir, bald \i,enioer iiiteiisiv und iewcilen mit iiii- - ierschiedlicheii Tendciircii auf das scliiieizerisclie Sclbstbewusstsciii ciii - uiid sie werden esauch iseiterliiii tun. Wer. weiiii ersicli über das volkstüniliclie Gesciiichis- bcivusstsein iiichi einfacli hinwcgseizen ivili, iiiöchtc es bcziveifcln: Aiideis als ciii Toho, ein Hcniiing Wuif oder ein Poncker sind Tell und Wiiikeliied noch licute in? scii~veirciisclicii Bctviisstseiii lebendig, wcoii aucli gewiss in regionai sclir uiitcr- sci~iedlicher Inteiisität iiiid Ausoräounz. Hier den kritischen Blick Z r dic hc\vussi- . - V seinsmässigeii Hintergrüiidc dicses Phänoiiiciis zu schärfen, das köiinic in? Hinblick auf das scliweizerisclie Selhsivcrstäiidnis in dicsci Zeii auch eine dc; aescliscliafili- clieo Aufgaben des Historikers sein';.

Diese Auffassung ist iiun niclit neu iiiid dürfte \:an den iiieisieii Historikern geteilt iierdeii. Da aber aiiderscits die Diskussion iirn die iiistorisclie Existenz des Tcllcii doch iiiimer wieder aufflachcrt, iizobci bcg;ciflichcriicise die münd!ic!~r Überliek- ruiig das Haupiargiirneni hergeben iiiuss, ivar es viellciciit iiiclit iinaiigebraclii, aii einem ciiizigariig belegien Stück mündlicher Überlieferung aus der Iiiiiersc!iii.ciz einmal zu iiiitersiichen, was dicse überliaupr hcrgcbeii kaiiii. Sollic dadurcli die Dis- kiission von einer fruchtlosen Fragesielluiig weggefülirt werden, so gelte der Dank über die Jahrliundcrte hinweo ienen \vackereii Mäiiiiern, die aii cincm hcissea Juli- tag 1436 sich redlich bemüiitc~~«iiicniand ze lieh noch &leide» dic Waiirlicii zu be- iiciitcii - auch über das Meislcrii voii Emmeiibrüchc.

conlro jiidiihiiii beiii. %ur i~~ierprri<iiio,i io,? Jrih.ob IViiiq,/fii,i* o~il ieirl~~>i~sri .sciin Sl>ilsch$l «Soiiiogtiiiiiri )>ru I'<,ce Ciirislio!lorii,ri cl ),io iieiveriis iil rc~.~!i>i.scoiii ... X (i505). iii Fcsiscliiift Uliicii Iili Hof, 1982. 114-137; Die Atilii-ur1 der ßoiler,i. Eir!ne,ire ii„d Sciiic/iiii,i~e>i des si/i>se!ceris<iie,i Grn~hk.i~is~~rir i~.~sl.~ei~i.~ uin Ati.sgo,ig iie.s Miiiei<ii reis. iii G~sci~ici~is.~ciireibu„* u,id Gc,sc i~ i r i iube i< :~~~~~r .~e i~~ (Vortrage und Foiscl>uiigcn), iin Druck. Cescitici,le rler Schii.ei: - i~iiil der Scir,sei;e„ 172: «Man iriid !iolil; um zii eiiici adä<jiiaicii ßcuiieiluiig dci ganzen ßcficiiiii~siraditim zu gelangen, dicse Dc~vusstcr, als CS

bisiici gcscliclico ist, iiii Kalinicii der E~iinickiiiii~ dcs 15. Jaiii'iuiideiis beiracliteii müs- SC".» M. ß i c ~ . Iliiiiie/,>> Teil: Soee oder Gecciiicirie? in Deul.rc/~es ,Ai-ciiii; 1980, 1-24, , . . . i I ! : . . . . . i..:>i i i ' .. . i : . . . i i . : '..Ii:, \ ,i . : . . .C 1 % :.. .,... li i, i . . . ' J... . . . ' :. ' .' . I :i.,

.. . ........ i...,, 8 , . . J . I . ..:Ii. .. . ! . i i .. :. 1.:v I / . I ' . . . . ' . . . .. abreagiert,) wüidcii (S. 21).

53 Wcrrri N. N. irn <<Tages-Anzei~crn (Aom. 2) zuin f u r ihn gliicklicliai Scliiiiss komini, das< iiiaii aucii ~v\-eileiliiii dic «Cicscliicliic ioni Tell -als Sagen den Sciiülein ei~Ahlcii könnc, sei dicscs Ycrgnügeii kciiiem Leliici geiioniiilcn. Ei sollie sicli ahci, anders als N. N., Gedan- kcn daiubci oiaci~ei~, uaiuiii und \iic ci dic Gcschicl~ic eirzlili. Das Gcscliicliisbild dci 13c- iiciungsiiadiiioii und das Auser~väl i l ihe~~i.ussisci~i gelidrcn iiämlicli ciig iiisamincn. Iiiiuic- km ciii solchcs Bc\vussisciii den Aufgabcii iinseiei Scliivcii iii dci modeiiieii \Veli T"idci- iicli scin kann, dics iiäiie cr dann aucli zu bcdaikcn.

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