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Sabine Maasen Steffen Ballstaedt Kognition und Wahrnehmung in der Informations-& Wissensgesellschaft Sabine Maasen HS 2008 Wissen, Wissenschaft, Wissenschaftsgesellschaft

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Page 1: Sabine Maasen Steffen Ballstaedt Kognition und Wahrnehmung in der Informations-& Wissensgesellschaft Sabine Maasen HS 2008 Wissen, Wissenschaft, Wissenschaftsgesellschaft

Sabine Maasen

Steffen BallstaedtKognition und Wahrnehmung in der Informations-& Wissensgesellschaft

Sabine Maasen

HS 2008

Wissen, Wissenschaft, Wissenschaftsgesellschaft

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Sabine Maasen

Frage

Wie wirken sich bestimmte Lebensbedingungen der Informations- und Wissensgesellschaft auf die kognitiven Funktionen des Menschen aus?

Die Positionen der Beobachter schwanken zwischen lost in cyberspace Innovationsgewinnen

Dabei ist zweierlei vorausgesetzt Neuronale und mentale Grundausstattung des Menschen ist wesentlich

unverändert Historisch/kulturelle Einflüsse machen sich dennoch geltend – Frag: in

welchen Funktionen, wie und wie stark?

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Sabine Maasen

Die kognitiven Funktionen …

Aufmerksamkeit Wahrnehmung Lernen Gedächtnis Denken

… Fazit 1: … werden durch die moderne Wisensgesellschaft gefordert und z.t. überfordert. Manchen vernachlääsigten kompetenzen könnte für die Wissensgesellschaft noch nutzbar gemacht werden.

… Fazit 2: … nicht die Menge der Informationen ist das Problem, sondern der Umgang damit.

SM: Es lebe der Optimierungsdiskurs!

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Exkurs Ia: Entberuflichung?

Berufe sind Historisch gewachsene, statische Qualifikationsbündel. Durch den schnellen technischen Fortschritt wird ein rascher

Wandel der Arbeitstätigkeiten ausgelöst. Daraus folgt eine Entkoppelung von berufsbezogener Aus- und

Weiterbildung und von Qualifikationsanforderungen: diese entsprechen nicht mehr den etablierten Berufsbildern.

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Sabine Maasen

Exkurs Ib: wesentliche Charakteristika der Entberuflichung

Vermarktlichung von Arbeitsbeziehungen Das betriebliche Ideal der „Just-in-time-Beschäftigung“ wird als

Deregulierung bislang fester Arbeitsverhältnisse umgesetzt. Stammbelegschaften werden kleiner, Beschäftigungszyklen werden

kürzer, Anstellungsverhältnisse werden in Leiharbeit oder formelle Selbständigkeiten von Auftragnehmern überführt

und soziale und regionale Mobilität nehmen zu. Begrenzte Selbstorganisation der Arbeitstätigkeit

zunehmend „indirekte Kontext–Steuerung“ oder „fremdorganisierte Selbstorganisation“

Verantwortung im operativen Bereich wird dezentralisiert, den Beschäftigten werden nicht Arbeitsschritte, sondern Ziele vorgegeben;

auf welche Weise sie diese erreichen, bleibt ihnen in begrenztem Umfang selbst überlassen.

Individualisierung der Qualifizierungsplanung

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Exkurs IIa: „Projektifizierung“ der Wissensarbeit

Management By Objectives (Führen mit Zielen); ergebnisorientiertes Management-Tool: Beteiligt die Beschäftigten in höherem Mass an Zielerreichung Grad der Selbstverpflichtung wächst Unternehmerisches Risiko wird auf die Beschäftigten verlagert Zielfindung i.d. Regel top-down

Empirische Studien zeigen einen Mix aus neuen Instrumenten und hierarchischen Organisationsstrukturen

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Exkurs IIb: Ambivalenzen der Wissensarbeit

Selbstentfaltung und Selbstausbeutung Die Ausweitung der Verantwortung (von Personen und Teams) führt

vielfach zur Entgrenzung von Arbeit (mit den sozialen und gesundheitlichen Folgen)

Neue Formen der Interessensvertretung: z.B. Zeiterfassungssysteme werden von den Betroffenen weniger als Unterstützung, sondern

als Bevormundung und Beschneidung individueller Einkommens- und Handlungsmöglichkeiten erlebt.

Folgerung der Autoren: Gewerkschaftliche Vertretung wird sich neu orientieren müssen, um ein Ansprechpartner für individualistisch orientierte Wissensarbeiter sein zu können.

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Problemorientierter Zugang:Widersprüche der Wissensproduktion

Basisdilemma: Produktion von Nichtwissen durch Wissen Denken in Spannungsfeldern

Dilemmata organisationaler Entgrenzung Durchlässigkeit und Bindequalität von Organisationen Emergenz und strategische Beeinflussung Spezialisierungs- und Kooperationszwang Kontextualisierung: individuell und organisational

Dilemmata der Professionalisierung Spezifik professioneller Kulturen Entberuflichung Beschleunigung der Wissensproduktion/Entschleunigung der Aneignung

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Konstruktiver Zugang: Neukonturierung der Erwerbsarbeit

1. Praktiker in Wissensproduktion einbeziehen2. Aufwertung erfahrungsbasierter Handlungsformen3. Neue Leitbilder der Professionalisierung4. Neue Anforderungen an den Wissensaustausch5. Transdisziplinarität

Wider eine „Tonnenideologie“ der Wissensproduktion(Als Tonnenideologie wird abwertend eine Produktionsplanung bezeichnet, die ausschließlich einfache, messbare und summierbare Größen vorgibt, ohne dass Nachfrage, Nutzen oder Qualität eine Rolle spielen.)

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Helmut Willke: Produktionsfaktor Wissensarbeit „Um die neue Qualität heutiger Wissensarbeit verstehen zu können,

sollte man sehen, dass es dazu nicht ausreicht, dass entweder die Person oder die Organisation, in welcher eine Person agiert, wissensbasiert operiert. Sokrates hat ohne Zweifel Wissensarbeit verrichtet, aber erbrauchte zu seiner

Form von Wissensarbeit keine elaborierte Organisation. Die großen Kirchen und die parlamentarischen Systeme moderner

Demokratien sind erstaunlich elaborierte und intelligente Organisationen, aber in ihrem Kontext gelingt nur zufällig und sporadisch Wissensarbeit, weil sie geradezu darauf gründen, dass für ihre Operationsweise auch einfache und mittelmäßige Personen ausreichen.

Die (deutsche) Universität ist eine bemerkenswert dumme Organisation – sie hat seit 200 Jahren institutionell nichts dazugelernt –, in der verhältnismäßig intelligente Personen arbeiten. Auch in ihr gelingt Wissensarbeit deshalb nur sporadisch.

Die heute mögliche Form von Wissensarbeit ergibt sich erst, wenn … Personen und Organisationen, in komplementärer Weise Wissen generieren, nutzen und sich wechselseitig ihr Wissenspotential zur Verfügung stellen.“

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Wissensarbeit in intelligenten Organisationen

Wissensarbeit: Tätigkeiten (Kommunikationen, Transaktionen, Interaktionen), bei denen

das relevante Wissen Kontinuierlich revidiert Permanent als verbesserungsfähig Prinzipiell als Ressource betrachtet wird

Organisationen (Unternehmen, Agenturen, Krankenhäuser,..) nutzen des Prozess des Organisierens (des Managements), um das so verstandene Wissen zu einer Produktivkraft zu entfalten.

Dies geschieht in einer intelligenten Organisation: Sie holt das Wissen aus den Köpfen in technisch gestützte Verfahren (Beispiel Marco Straus: Störungsbehebung im Call Center durch technisch unterstützte Fehleridentifizierung und -behebung)

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Merkmale einer intelligenten Organisation

Ihre Produkte enthalten in hohem oder wachsendem Umfang Wissen;

Wissen, das produziert, vermittelt, gespeichert, angepasst werden muss.

Dies beruht zu einem erheblichen Anteil auf IKT.

Eine intelligente Organisation richtet ihre Wissensarbeit so ein, dass sie das Wissen der MitarbeiterInnen in Organisationsformen und -verfahren überführt. So baut die Organisation wissen auf, das relativ unabhängiger von Personen ist. Es ist stabil, aber zugleich entwicklungsfähig.

„lernende Organisation“

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Welches Wissen (v)erarbeitet eine intelligente Organisation?

Technologien Expertise Intelligenz Implizites Wissen Organisierte Symbolsysteme Organisationales Wissen Wissensbasierte Organisationsformen Professionelle Steureungswissen, etc.

Wissen jedweder Form wird nicht mehr nur von der Wissenschaft erfragt; unternehmensspezifische Wissensproduktion findet auch direkt im Unternehmen statt (wenn auch im Handlungstypus der Wissenschaft: ‚aktiv erkundend‘ und nicht nur passiv ‚Erfahrungen machend‘).

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Denk-Pause:Beispiele für Wissensarbeit in intelligenten Organisationen

Krankenhaus Pharmaunternehmen Beratungsfirma Kaufhauskette

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Folgen

Für das Individuum: ‚lifelong learning‘

Für die Organisation: Sie muss in ihre Regelsysteme und Geschäftsprozesse ein Optimum an

organisationalem Wissen und systemischer Expertise einbauen, um leistungs- und konkurrenzfähig zu bleiben.

Vorhandenes Wissen muss genutzt werden Erforderliches Wissen muss generiert werden

Wissensmanagement!

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Produktionsfaktor Wissensmanagement

... Bildet die Verknüpfung von Wissensarbeit und intelligenten Organisationen,

die im Kontext der Wissensgesellschaft Produkte und Dienstleistungen mit eingebauter Intelligenz (‚embedded intelligence‘) herstellen. Wissen aus Köpfen wird in organisationale Formen überführt

(Datenbanken, Bearbeitungsroutinen, etc.) Organisationales Wissen wird laufend angepasst und weiterentwickelt

Maschinengetriebene Fabriken weichen

wissensgestriebenen Organisationen

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Personale und organisationale Intelligenz

Person und Organisation müssen in komplementärer Weise Wissen generieren, nutzen und sich wechselseitig ihr Wissenspotential zur Verfügung stellen

Herausforderungen des organisationalen Wissensmanagements an die Personalentwicklung:

z.B. Wissenstransfer an die lernende Organisation:

z.B. Aufbau eigenständiger Expertise an die Geschäftsprozessoptimierung:

Intelligente, lernfähige Verfahren