schizophrenie - universitätsklinikum heidelberg: startseite · icd 10 kriterien verbindet...
TRANSCRIPT
Agenda
Teil I
• Symptome der
Erkrankung mit
Videobeispiele:
Positiv- und
Negativsymptome
Teil II
• Differentialdiagnose
• Ätiologie: Interaktion
aus genetischen und
Umweltfaktoren
• Therapie
Ziele
Am Ende dieser Vorlesung werden Sie:
1) die Symptome der Erkrankung und
2) die Differentialdiagnose der Erkrankung
benennen können
3)Pharmaklogische und nicht-pharmakologische Therapieansätze benennen können
Aufgabe
1. Während des Videos auf die Symptome
zu achten bzw. aufschreiben
2. Nach der Videopräsentation mit dem/r
Nachbarn/in 2 Minuten austauschen
Positivsymptome I
• Halluzinationen-
vorwiegend akustisch
Imperativ
Kommentierend
Dialogisierend
• Wahn
Verfolgungswahn
Beziehungswahn
Vergiftungswahn
Religiösenwahn
Versündigungswahn
Positivsymptome II
• Ich-Störungen
-Gedankeneingebung/ -entzug
-Gedankenausbreitung
-Fremdbeeinflussungserlebnisse
-Depersonalisation
Positivsymptome
Formale Denkstörung
• Weitschweifig, monologisieren
• Umständlich
• Danebenreden/Vorbeireden
• Konkretismus (wenig Abstraktion)
• Zerfahrenheit
• Schizophasie (Wortsalat)
Konkretismus
Untersucher: Sie gehen auf dünnem Eis.
Patient: Ja, gestern hat es geschneit
zitiert nach Bychowski (1943)
Frage: Wo ist Ihr Mann?
Antwort: Auf unserem Hochzeitsbild
nach Peters 1991
Aufgabe
1. Während des Videos auf die Symptome
zu achten bzw. aufschreiben
2. Nach der Videopräsentation mit dem/r
Nachbarn/in 2 Minuten austauschen
Negativsymptome
• Allgemeiner Interessenverlust
• Rückzug aus sozialen Bezügen
• Apathie, Anhedonie
• Verflachter und inadäquater Affekt
• Antriebsarmut
Negativsymptome
• Geringe Sprachproduktion
• Verzögerte Antwortlatenz
• Sperrungen
• Gedankenabreißen
• Mutismus
• Echolalie
• Perseveration
Worüber klagen die Patienten? • „vor allem kann ich mir Buchinhalte schlecht
einprägen und bin insgesamt auch im Alltag vergesslich“...
• „ich kann mich nur schwer konzentrieren, wenn um mich herum viel los ist – ich brauche doppelt soviel Zeit wie andere“...
• „ich habe Probleme damit, das Wesentliche in Texten zu erfassen und somit die Informationsmenge zu reduzieren“...
Relevanz kognitiver Defizite
in der Schizophrenie • Häufig: >80% der Patienten (Elvevag
et al 2000)
• Auftreten bereits zur Beginn der
Erkrankung (Bilder et al 2000)
• Relativ hohe Stabilität im Verlauf (Friedman et al. 2001)
nach: Jahn und Rockstroh, 2006
Vergleich neuropsychologischer Leistungsprofile I
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s d Alzheimer-Demenz
Schizophrenie
Schädel-Hirn-Trauma
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nach: Jahn und Rockstroh, 2006
Vergleich neuropsychologischer Leistungsprofile II
0
0.2
0.4
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0.8
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1.2
1.4
1.6
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Depressive Störung
Schizophrenie
Zwangsstörung
Neuropsychologische
Diagnostik
• Ausführlich - 1-2 Stunden!
• Nicht in der Akutphase
• Nicht in der Umstellungsphase von
Medikamente
Ausmaß kognitiver Störungen bei
ersterkrankten Patienten
Bilder et al, 2000
Sprache
Gedächtnis/ Lernen
Aufmerk-- samkeit
Motorik räumliche Fähigkeiten
-2
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-1,4
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-1
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Exekutive Kontrolle
Relevanz kognitiver Defizite
in der Schizophrenie • Häufig (>80% der Patienten) – core
feature (Elvevag 2000)
• Auftreten bereits zur Beginn der
Erkrankung (Bilder 2000) bei relativ hoher
Stabilität im Verlauf (Friedman et al. 2001)
• Bester Prädiktor für alltagsbezogene
Leistungsfähigkeit (Green, 1996/2000)
Schizophrene Psychose
und soziale Behinderung Beschäftigungsstatus von chronisch kranken psychiatrischen Patienten
- vollbeschäftigt 5,6%
- teilzeitbeschäftigt 6,5%
- geschützter Arbeitsplatz 20%
- in beruflicher Rehabilitation 5%
- psychosoziale Angebote der Tagesgestaltung 15%
- keinerlei Arbeits- oder Beschäftigungsangebot 50%
(Angermeyer und Matschinger 1996)
Wisconsin Card Sorting Task
Erfasst die Fähigkeit:
• ein Konzept
herzustellen und
• sich umzustellen
= Exekutive Kontrolle
Schizophrenie und Psychose
• Psychose beinhaltet verschiedenen Symptomen
• Darunter: Wahn, Halluzinationen, Realitätsverlust, Desorganisiertes Denken und Verhalten, Innere Unruhe
• Psychose ist Teil der Schizophrenie aber auch anderen Erkrankungen
Depression
Demenz
Lupus
Tumoren
Epilepsien
z.B.
Schild-
drüse
Substanz/
Drogen-
induzierte
Psychose
Bipolare Störung
Schizophrenie
Historische Meilensteine
Eugen Bleuler, 1911 Gruppe der Schizophrenien Grundsymptome: 4As: Assoziation, Affektivität, Ambivalenz, Autismus
Emil Kraepelin, 1893 Kognitive Störungen Dementia precox
Kurt Schneider, 1946 Erst- und Zweitrangsymptome
ICD 10 Kriterien
Verbindet Kraepelins Hinweise auf den Verlauf mit den Symptomen
nach Schneider und Bleuler.
F 20, Schizophrenie
Diagnostische Eingangskriterien
G1. Für die Dauer von mindestens einem Monat
1. Mindestens eines der folgenden Merkmale:
a. Gedankenlautwerden, -eingeben, - entzug oder –ausbreitung
b. Kontroll-, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten,
Wahnwahrnehmung
c. Kommentierende oder dialogisierende Stimmen
d. Anhaltender kulturell unangemessener, bizarrer Wahn
ICD 10 Kriterien
• oder mindestens zwei der folgenden
Merkmale: • a. Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität
begleitet von flüchtigen Wahngedanken oder von lang
anhaltenden überwertigen Ideen
• b. Neologismen, Gedankenabreißen, Zerfahrenheit oder
Danebenreden
• c. katatone Symptome
• d. „negative“ Symptome
Epidemiologie der Schizophrenie
• Lebenszeit Prävalenz 1,0 - 1,5 %
• Vorkommen bei Frauen = Männer
– Geschlechtsabhängiges
Manifestationsalter
• Weltweit weitgehend identische
Häufigkeit
Gesellschaftliche Bedeutung
• 15.000 Neuerkrankungen pro Jahr in BRD
• Behandlungskosten in BRD:
~7 Mrd. €/Jahr
• Arbeitslosigkeit über 80%
• Frühberentung >50%
Verlauf schizophrener
Psychosen
Beginn der
Erkrankung
Beginn
erste Episode Beginn
zweite Episode
prämorbid prodromal psychotisch remittiert
nach Dunitz 2002
psychotisch
Sy
mp
tom
ati
k
Beginn
Behandlung
Prämorbide Auffälligkeiten
• Entwicklung von Sprache und Motorik
• Kognitive Funktionen
• Soziale Kontaktfähigkeit
• Affekt
• Belastbarkeit
Subjektiv erlebte Frühsymptome
• Störungen der Konzentration, Gedächtnis
• Gedanken verschwinden aus dem Kopf, reißen plötzlich ab
• Schwierigkeiten, die Gedanken im Kopf zu ordnen
• Gedanken scheinen laut ausgesprochen zu werden
• Schwierigkeiten, sich verständlich auszudrücken
• Veränderte Gefühle
• Schwäche, Erschöpfung oder Energielosigkeit
Komorbidität
• 80% rauchen
• 30-50% mit zusätzlicher
Alkoholkrankheit
• 15-25% konsumieren Cannabis
• 5-10% konsumieren Kokain
• Schizophrene Symptome häufiger mit
Temporallappenepilepsien assoziiert
Vitale Gefährdung durch
Schizophrenie
• 20-50% unternehmen einen
Suizidversuch
• 10-15% versterben durch Suizid
• insgesamt erhöhte Mortalitätsrate
– 50% körperlicher Erkrankungen nicht
diagnostiziert – kardiovaskuläre
Erkrankungen
– erhöhte Unfallgefahr
– Pat. leben >10 Jahre weniger
Wahrscheinlichstes genetisches
Modell
• polygen vermittelte
Krankheitsbereitschaft mit einem
Schwellenwert für genotypische
Gefährdung
Schizophrene Psychosen in
Familien
0 10 20 30 40 50%
Nachkommen zweier
betroffener Eltern
EE-Zwillinge
Eltern
ZE-Zwillinge
Geschwister
Kinder
Halbgeschwister
Enkel
Neffen/Nichten
Onkel/Tanten
Vettern
Ehegatten
Allgemeinbevölkerung
Geschw + ein Elter
46%
6%
17%
17%
9%
13%
6%
5%
4%
2%
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1%
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48%
Negative Umwelteinflüsse
• häufigeres Auftreten
- bei Geburt im Januar – April (nördliche Hemisphäre) bzw. Juli – September (südliche Hemisphäre)
- nach Hungerperioden im zweiten Trimenon
- nach fetaler viraler Infektion
• Urbanes Wohnen
• Drogenkonsum inkl. Cannabis!
• Stress – Prüfungen, Arbeit
• High Expressed Emotions in der Familie
Schizophrenie
Kognitive Symptome
Negativ-symptome
Positiv-symptome
Positiv-symptome
Negativ-symptome
Kognitive
Symptome
Wahn
Halluzinationen
Ich-Störungen
Affektverflachung
Antriebsdefizite
Spracharmut
Aufmerksamkeit
Gedächtnis
Exekutive
Funktionen
Psychose
Behandlungsphasen und Interventionen
Akutphase Stabilisierungsphase Stabile Phase
Pharmakotherapie
Psychoedukation
Familienintervention / Angehörigengruppen
KVT – Rückfallverhütung, Reduktion pos./neg. Symp.
Kognitive Remediation
Negativ-symptome
1 nigrostriatal
2 mesolimbisch
3 mesocortical
4 tuberoinfundibulär
Dopamin
Dopamin
Positiv-symptome
Kognitive
Symptome
Glutamatdysfunktion
Psychosoziale Interventionen
• Soziotherapie
• kognitive Verhaltenstherapie + Psychoedukation
• Angehörigenarbeit
• Training sozialer Fertigkeiten
• Ergotherapie
• Kognitives Training
• andere Fachtherapien
08:00 08:00 08:00 08:00 08:00 08:00
08:30 08:30 08:30 08:30 08:30
09:00
09:15 09:15 09:15 09:10 09:15
10:00
10:15 Pause 10:15 Pause 10:15 Pause 10:15 Pause 10:15 Pause
10:30 10:30 10:30 10:30 10:30
11:00
11:40 11:40 11:40 11:40 11:40
12:00
13:00 13:00 13:00 13:00 13:00
13:15
13:45 Pause 13:45 Pause 13:45 Pause14:00 14:00 14:00 14:00 Pause 14:00 14:00
14:15 Entspannung
14:35 Pause 14:30
14:50 Pause 14:50 Pause 14:4515:00 15:00 15:00 15:00 Aufräumen
15:15
15:45
16:00 16:00 Ausklang 16:00 Ausklang 16:00 Ausklang
MKT 15:00 - 16:00 MKT 12:30 - 13:30
Ausklang
Ausklang
Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung
Mittagspause Mittagspause
Bewegungstherapie
SKT /
Zeitungsgruppe
Entspannung
Einklang ins WE,
Kaffeerunde
Bewegungstherapie
Psychoedukation
nach Vorgespräch /
Märchengruppe
Patienten-Meeting /
Organisatorisches
Mittagspause
BELA
Bitte vorher wiegen
Smile - Zettel nicht
vergessen
Gruppenaktivität
Arbeitstherapie
Singgruppe
Gruppenaktivität
Außenaktivität
Mittagspause
Arbeitstherapie
Mittagspause
Mittagsmagazin
Morgenrunde und
WochenendplanungMorgenrunde
Arbeitstherapie
Musiktherapie nach
Vorgespräch /
Arbeitstherapie
Arbeitstherapie
Öffnung
Arbeitstherapie
Arbeitstherapie
Morgenrunde
Freitag
Arbeitstherapie und
Oberarzt- bzw.
Einzelvisite
Morgenrunde mit
Planung der
Außenaktivität
Arbeitstherapie und
Oberarzt- bzw.
Einzelvisite
Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag
Arbeitstherapie
Morgenrunde,
Blutdruck und
Gewicht messen
Millieu- und Soziotherapie
• Planung von Arbeits- und Wohnsituation
• Prinzip der kleinen Schritte
• Balance zwischen Über- und
Unterforderung
nachstationäre Angebote-
Wohnen • Betreutes Wohnen
– Wohngemeinschaften
– Betreutes Einzelwohnen
– Heime
nachstationäre Angebote-
Berufliche Rehabilitation • Dienste für Wiedereingliederung am alten
Arbeitsplatz (z.B. Hamburger Modell)
• Umschulung
• Rehabilitationseinrichtung z.B. RPK
• Spezielle Firmen, z.B. IFA
• Berufstrainingszentrum
• Geschützte Werkstatt
Behandlungsphasen und Interventionen
Akutphase Stabilisierungsphase Stabile Phase
Pharmakotherapie
Psychoedukation
Familienintervention / Angehörigengruppen
KVT – Rückfallverhütung, Reduktion pos./neg. Symp.
Kognitive Remediation
Soziotherapie
Behandlungsziele
Bis 2010
Positivsymptome:
Wahn✔
Halluzinationen✔
Ich-Störungen✔
Kognitive Symptome✗
Negativsymptome✗
Ab 2010
+
Kognitive Symptome
Negativsymptome
Bessere Integration in der Gesellschaft
Um 2030
+
Prävention
Individuelles Risiko erkennen und personalisierte Intervention(Preemption)
Heilung
Quelle: Insel, T
–Nature 2011