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Sozialbericht Neukölln Zur sozialen Lage der Bevölkerung 2016
- Kurzfassung-
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Der Bezirk Neukölln
Neukölln gehört zu den kleinsten, aber neben
Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte auch zu den am
dichtesten besiedelten Bezirken Berlins.
Altersverteilung
Mit einem Altersdurchschnitt von 41,33 Jahren zählt
Neukölln zu den jüngeren Bezirken. Das liegt vor allem an
dem überdurchschnittlich hohen Anteil von Jugendlichen
und jungen Erwachsenen – sowie einer vergleichsweise
geringen Zahl an Personen im mittleren und hohen
Erwachsenenalter. In der Bevölkerungsgruppe von
Einwohnerinnen und Einwohnern mit Migrations-
hintergrund verstärkt sich diese Tendenz noch weiter. Die
Planungsräume im Norden Neuköllns weisen einen
deutlich geringeren Altersdurchschnitt auf, als die übrigen
Regionen. Dort findet sich ein doppelt so hoher Anteil an
jungen Erwachsenen – aber nur ein halb so großer Anteil an Menschen über 65 Jahren. Hinsichtlich des Anteils an
Kindern sind die Differenzen dagegen weniger stark ausgeprägt.
Migrationshintergrund
Bezirksrang
Fläche 44,93 km2
Rang 10
Einwohnerzahl 325.716 Rang 5
Männer 49,7%
Frauen 50,30%
Bevölkerungsdichte 7.249 Einwohner pro km2 Rang 3
Altersdurchschnitt (in Jahren) 2014 41,33 Rang 4
Altersverteilung (absolut und in %) 2014
0 bis unter 3 Jahre 9.986 (3,1%)
3 bis unter 6 Jahre 8.949 (2,7%)
6 bis unter 12 Jahre 16.161 (5,0%)
12 bis unter 15 Jahre 7.900 (2,4%)
15 bis unter 18 Jahre 8.314 (2,6%)
18 bis unter 21 Jahre 9.138 (2,8%)
21 bis unter 35 Jahre 81.260 (24,9%)
35 bis unter 65 Jahre 127.149 (39,0%)
65 Jahre und älter 56.859 (17,5%)
Bevölkerung mit Migrationshintergrund 2014 42,2% Rang 2
Mit deutscher Staatsangehörigkeit 18,7% Rang 1
Ohne deutsche Staatsangehörigkeit (Ausländer) 23,5% Rang 3
Entwicklung 38,8% (2007) – 42,2% (2014)
Nach Mitte besitzt Neukölln den höchsten Anteil an
Menschen mit Migrationhintergrund. Dieser
Bevölkerungsgruppe, zu der in Neukölln 42,2% der
Einwohnerinnen und Einwohner zählen, gehören sowohl
Ausländer an, als auch Personen, welche zwar einen
familiären Migrationshintergrund haben – aber dennoch
eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Der Anteil der
Bevölkerung mit Migrationshintergrund variiert jedoch sehr
stark zwischen den Altersgruppen. So haben 70% der
Neuköllner Kinder einen familiären Migrationshintergrund –
aber nur 15% der Bevölkerung mit einem Alter über 65
Jahren. Zu den Herkunftsländern gehören vor allem die EU-
Länder innerhalb der Grenzen von 2013 (38,5%) – darunter
besonders Polen, Italien, Bulgarien und Rumänien – sowie
die Türkei (27,3%) und die Arabischen Staaten (10,2%).
Die Wohnorte von Menschen mit Migrationshintergrund
innerhalb des Bezirks zeigen eine heterogene Verteilung. So
wohnt ein Großteil dieser Bevölkerungsgruppe im Norden
Neuköllns und bildet dort die mehr als Hälfte der
Bevölkerung. Die Tendenz des Anteils von Menschen mit
Migrationshintergrund in Neukölln ist, wie auch für
Gesamtberlin, nahezu kontinuierlich steigend.
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Wanderungsbedingte Bevölkerungsbewegungen
Geburten- und Sterbeziffern
Gemessen an der Einwohnerzahl gehört
Neukölln zu den geburtenstärksten Berliner
Bezirken. Vor allem bedingt durch die relativ
junge Bevölkerung ist die Sterberate
unterdurchschnittlich.
Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung
Durch den hohen Geburtenraten
und dem zahlreichen Zuzug der
vergangenen Jahre gehört Neukölln
neben Mitte und Pankow zu den am
schnellsten wachsenden Bezirken
Berlins. Bevölkerungsprognosen
prophezeien Neukölln in den Jahren
2011-2030 einen Bevölkerungs-
zuwachs von 11,5%. Hier liegt
Neukölln im Berliner Durchschnitt. Für den Bezirk würde das bedeuten, dass die Bevölkerung bis auf knapp 350.000
Einwohnerinnen und Einwohner ansteigen könnte und damit im Jahr 2030 über 23.400 Menschen mehr in Neukölln
leben werden als heute. Mit einem Anstieg von über 15% wird dieses Wachstum vor allem den Norden Neuköllns
betreffen, während es in den übrigen Regionen voraussichtlich nur etwa halb so stark ausfallen wird. Aus den
aktuellen Einwohnerzahlen lässt sich sogar ableiten, dass das Wachstum noch höher ausfallen könnte. Es wird eine
anteilsgemäße Verschiebung in Richtung eines höheren Alters erwartet – aber auch ein Anwachsen der Kinderzahl.
Bezirksrang
Wanderungssaldo (Differenz der An- und Abmeldungen, absolut) 2013 3.211 Rang 7
Wanderungssaldo (Differenz der An- und Abmeldungen je 100 EW) 2013 1,0 Rang 7
Wanderungsvolumen (Summe der An- und Abmeldungen je 100 EW) 2013 26,3 Rang 2
Wohndauer über 5 Jahre (Anteil EW ≥5 Jahre Wohndauer) 2013 60,1% Rang 9
Lebendgeborene 2013 3.554 Rang 3
Geburtenziffer (Lebendgeborene je 1.000 EW) 2013 11,5 Rang 4
Gestorbene 2013 2.803 Rang 6
Sterbeziffer (Gestorbene je 1.000 EW) 2013 9,0 Rang 8
Geburten- bzw. Sterbeüberschuss 2013 751 Rang 4
Bevölkerungswachstum 2007-2014 +7,6% Rang 3
Prognostiziertes Bevölkerungswachstum 2011-2030 Neukölln: 11,5%
Prognostizierte Einwohnerzahl 2030 (sowie Wachstum ab 2011) 349.134
0 bis unter 6 Jahre 20.083 (+12,0%)
6 bis unter 18 Jahre 37.420 (+14,9%)
(0 bis unter 21 Jahre) 67.574 (+12,0%)
18 bis unter 35 Jahre 81.279 (-3,0%)
35 bis unter 65 Jahre 141.966 (+14,1%)
65 Jahre und älter 68.386 (+25,5%)
Im Jahr 2013 zogen 3.211 mehr Menschen in den Bezirk, als
ihn verließen. Damit verringert sich der
überdurchschnittliche Zuzug der vergangenen Jahre. Etwa
die Hälfte der zugewanderten Menschen, ziehen aus einem
anderen Bezirk Berlins nach Neukölln, wobei hier vor allem
Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Mitte
zu nennen sind. Zudem zählt Neukölln zu den Bezirken mit
dem höchsten Ausländeranteil unter den Zugewanderten
(46,6%). Auch bezüglich des Wanderungsvolumens, das die
Zu- und Fortzüge eines Bezirkes zusammenfasst, und des
Anteil von Einwohnerinnen und Einwohnern, die länger als 5
Jahre an ihrem Wohnsitz leben, erscheint Neukölln als ein
Bezirk mit einer überdurchschnittlich hohen Fluktuation.
Generell lässt sich beobachten, dass in den nördlichen
Regionen Neuköllns – gemessen an der jeweiligen
Bevölkerungszahl – eine etwa doppelt so starke
Wanderungsbewegung als in den südlichen Gebieten
vorherrscht. Das Wanderungssaldo und damit das Verhältnis
von Zu- und Fortzügen ist im Norden und im Süden jedoch
relativ ähnlich verteilt.
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Familienstand & Wohnsituation
Die Altersverteilung des Bezirks – und
damit der hohe Anteil von Kindern,
Jugendlichen und jungen Erwachsenen
– spiegelt sich auch in der familiären
Situation der Bevölkerung. Über die
Hälfte der Einwohnerinnen und
Einwohner gibt an, ledig zu sein –
wohingegen der Anteil der
verheirateten, geschiedenen oder
verwitweten Bevölkerung vergleichs-
weise gering ausfällt. Zudem leben in
Neukölln überdurchschnittlich viele
Menschen in Haushalten mit 5 oder
mehr Personen. Das scheint vor allem
auf dem hohen Anteil von
Einwohnerinnen und Einwohnern mit
Migrationshintergrund zu beruhen. Der
Anteil von Einpersonenhaushalten
sowie der Alleinerziehendenhaushalte
an allen Haushalten mit Kindern ist
durchschnittlich. Jedes dritte Kind lebt
bei einem alleinerziehenden Elternteil.
Den letzten Rang unter den Berliner Bezirken belegt Neukölln in der Beurteilung der Wohnlage und der
durchschnittlichen Pro-Kopf-Wohnfläche. In der Zahl der kiezbezogenen Straftaten pro Einwohner liegt Neukölln
jedoch näher am Berliner Durchschnitt. Besonders hoch ist diese Belastung sozialräumlich beeinflusster Delikte im
Gewerbegebiet Köllnische Heide und Hasenheide.
Bildungsstand
Ein großer Handlungsbedarf
eröffnet sich in Neukölln sich mit
Blick auf den Anteil von
Einwohnerinnen und Einwohnern
mit einem niedrigen
Bildungsstand. Hier bildet
Neukölln das Schlusslicht unter
allen Berliner Bezirken –
unabhängig vom Geschlecht oder
der kulturellen Herkunft. Doppelt
so hoch als in anderen ist zudem die Zahl der frühen Schulabgänger, welche ein Fünftel der 18- bis 25-Jährigen
umfasst. Dem Berliner und Gesamtdeutschen Trend folgend, konnte eine leichte Senkung des Bevölkerunganteils mit
niedrigem Bildungsstand verzeichnet werden.
Erwerbslosigkeit
Neukölln gehört neben Mitte zu den Berliner Bezirken mit der größten Erwerbslosigkeit, wonach 13,7% der
erwerbsfähigen Neuköllner Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 65 Jahren ohne Arbeit sind. Jeder Vierte lebt in
einem Haushalt ohne Erwerbtätigen. Die Erwerbslosigkeit unter Einwohnerinnen und Einwohnern mit
Migrationshintergrund ist etwa doppelt so hoch wie im Bevölkerungsteil deutscher Herkunft. Zwischen Männern und
Frauen sind die Quoten recht ähnlich, was aufgrund der generell geringeren Erwerbsfähigkeit bei Frauen auf eine
relativ schwache weibliche Erwerbsbeteiligung hindeutet. Ebenso deutlich erhöht ist die Langzeit- und
Jugendarbeitslosigkeit.
Familienstand (in % der Bevölkerung) 2014 Bezirksrang
Ledig 51,2% Rang 4
Verheiratet 34,0% Rang 9
Verwitwet 5,5% Rang 8
Geschieden 9,0% Rang 9
Lebenspartnerschaft 0,3% Rang 6
Anzahl der Personen im Haushalt (in % der Bevölkerung) 2013
1 Person 29,6% Rang 8
2 Personen 26,8% Rang 10
3 Personen 18,0% Rang 3
4 Personen 12,3% Rang 9
5 und mehr Personen 13,3% Rang 2
Einpersonenhaushalte <65 J. (in % aller Haushalte) 2013 41,8% Rang 5
Einpersonenhaushalte ≥65 J. (in % aller Haushalte) 2013 12,5% Rang 7
Alleinerziehende Haushalte (in % aller Haushalte m. Kindern) 2013 34,6% Rang 6
Kinder (0 bis <18 Jahre) in alleinerziehenden Haushalten 2013 15.100 in % der Bevölkerung 0 bis <18 Jahre 29,5% Rang 5
Einwohneranteil in einfacher Wohnlage 2014 87,5% Rang 1
Einwohneranteil mit weniger als der Hälfte der
durchschnittlichen Pro-Kopf-Wohnfläche in Berlin 2010
21,2% Rang 1
Kiezbezogene Straftaten (je 100 000 Einwohner) 2014 3.033 Rang 4
Personen mit niedrigem Bildungsstand 2014 Bezirksrang
Insgesamt 26,6% Rang 1 Berlin: 15,5%
Frauen 28,1% Rang 1 Berlin: 17,0%
Männer 25,0% Rang 1 Berlin: 13,9%
Ohne Migrationshintergrund 15,4% Rang 2 Berlin: 10,5%
Mit Migrationshintergrund 47,7% Rang 1 Berlin: 33,6%
Ohne deutsche Staatsangehörigkeit (Ausländer) 54,0% Rang 1 Berlin: 38,4%
Frühe Schulabgänger 2013 6.000 in % der Bevölkerung 18 bis <25 Jahre 21,3% Berlin: 11,9%
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Der hohe Arbeitslosenanteil1 zeigt sich vor allem in den
nördlichen Regionen sowie in Gropiusstadt. In den
Planungsräumen im Süden Neuköllns bewegen sich die
Arbeitslosenzahlen dagegen sogar bis weit unter dem
Berliner Durchschnitt.
Trotz der hohen Zahlen verzeichnete der Bezirk in den
letzten Jahren eine sinkende Erwerbslosigkeit in allen
betrachteten Untergruppen. Damit folgt Neukölln einem
Trend, der innerhalb der gesamten Stadt Berlin sichtbar
wird.
Abhängigkeit von Sozialleistungen und Armut
Bezirksrang
Abhängigkeit von Existenzsicherungsleistungen (SGB II, <65 Jahren) 2014 28,5% Rang 1 Berlin: 19,4%
Kinderarmut (SGB II, <15 Jahren) 2014 50,2% Rang 1 Berlin: 32,1%
Kinder bei Alleinerziehenden mit SGB II-Bezug (0 bis <18 Jahre) 2014 8.747 (17,0%) Rang 4 Berlin: 14,4%
Kinder bei Eltern mit SGB II-Bezug (0 bis <18 Jahre) 2014 16.457 (32,1%) Rang 1 Berlin: 17,1%
Altersarmut (Grundsicherung nach SGB XII, 65 Jahre und älter) 2014 8,2% Rang 3 Berlin: 5,3%
Abhängigkeit von Existenzsicherungsleistungen (Ausländer) 2012 39,7% Rang 1 Berlin: 29,1%
Armutsgefährdungsquote 2014 21,5% Rang 1 Berlin: 14,0%
Frauen 19,9% Rang 1 Berlin: 13,4%
Männer 23,1% Rang 1 Berlin: 14,7%
Ohne Migrationshintergrund 12,9% Rang 3 Berlin: 9,8%
Mit Migrationshintergrund 32,9% Rang 2 Berlin: 25,8%
Ohne deutsche Staatsangehörigkeit (Ausländer) 35,4% Rang 4 Berlin: 29,3%
Neukölln ist der Berliner Bezirk mit dem höchsten Anteil an Einwohnerinnen und Einwohnern, die zur
Existenzsicherung auf staatliche Hilfen angewiesen sind. Danach empfängt jeder fünfte Neuköllner Leistungen nach
SGB II und XII. Dieser Anteil ist in den nördlichen Regionen generell stärker und umfasst in der Weißen Siedlung und
Schulenburgpark sogar über die Hälfte der Bevölkerung unter 65 Jahren. Dennoch ist der Anteil an
Leistungsempfängern innerhalb der letzten Jahre leicht gesunken.
1 Zu beachten ist hier, dass sich der so gebildete Arbeitslosenanteil (Arbeitslose nach SGB II+III an den 15 bis unter 65-Jährigen in %) nicht mit der
zuvor genannten Erwerbslosenquote vergleichen lässt. Der Arbeitslosenanteil liegt niedriger als die Erwerbslosenquote, da er als Bezugsgröße nicht nur die dem Arbeitmarkt zur Verfügung stehen Erwerbspersonen umfasst, sondern alle Personen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis unter 65
Jahren.
Erwerbslosenquote 2014 Bezirksrang
Insgesamt 13,7% Rang 2 Berlin: 10,0%
Frauen 13,6% Rang 2 Berlin: 11,2%
Männer 13,8% Rang 1 Berlin: 8,6%
Ohne Migrationshintergrund 10,0% Rang 2 Berlin: 7,8%
Mit Migrationshintergrund 19,7% Rang 2 Berlin: 16,7%
Ohne deutsche Staatsangehörigkeit (Ausländer) 22,1% Berlin: 17,9%
Langzeiterwerbslosenquote (>1 Jahr) 2014 7,3% Rang 2 Berlin: 5,3%
Jugendarbeitslosigkeit (15 bis <25 J.) 2014 5,3% Rang 3 Berlin: 4,2%
Bevölkerung (<60 J.) in Haushalt. o. Erwerbstätigen 2013 23,8% Rang 2 Berlin: 18,1%
Kinder in Haushalten o. Erwerbstätigen 2013 24,5% Rang 3 Berlin: 17,6%
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Jedes zweite Kind lebt in Abhängigkeit von
Existenzsicherungsleistungen, der sogenannten
Kinderarmut, womit Neukölln weit vor den übrigen
Berliner Bezirken liegt. Jedes dritte Kind – und damit
doppelt so viel wie im Berliner Durchschnitt – lebt bei
Eltern, welche auf den Bezug von Leistungen nach SGB II
angewiesen sind. Bei etwa der Hälfte dieser Kinder
handelt es sich um ein alleinerziehendes Elternteil.
Während der letzten Jahre ist die Kinderarmut in Neukölln
insgesamt zwar leicht gesunken – hat jedoch in besonders
kinderreichen Planungsräumen wie Treptower Straße
Nord, Buschkrugallee Nord, Schulenburgpark oder
Gropiusstadt Nord deutlich zugenommen.
Auch der Anteil der Bevölkerung mit einem Alter von über
65 Jahren, welche auf den Bezug von Grundsicherungs-
leistungen angewiesen sind, ist mit 8,2% überdurch-
schnittlich – und allein in Friedrichshain-Kreuzberg und
Mitte höher. Im Gegensatz zu Kindern und Erwachsenen
unter 65 Jahren, ist die Abhängigkeit von staatlicher
Unterstützung bei Älteren sogar angestiegen.
Besonders deutlich ausgeprägt ist die Abhängigkeit von
Existenzsicherungsleistungen sowie die Armutsgefähr-
dung bei Menschen mit Migrationshintergrund.
Jeder fünfte Neuköllner und Neuköllnerin ist von Armut
bedroht, indem das Einkommen weniger als 60% des
bedarfsgewichteten Pro-Kopf-Einkommens in Berlin beträgt. Eine besondere Risikogruppe stellen hier vor allem die
Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren dar. Unter den Einwohnerinnen und Einwohnern mit
Migrationshintergrund ist jeder Dritte von Armut bedroht. Trotzdem die Armutsgefährdung in Neukölln stärker als in
anderen Bezirken verbreitet ist, konnte nach dem kontinuierlichen Anstieg der letzten Jahre erstmals ein leichter
Rückgang verzeichnet werden.
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Gesundheit
Mittlere Lebenserwartung (bei Geburt) 2011/2013 Bezirksrang
Männer 76,2 Jahre Rang 11 Berlin: 77,5 Jahre
Frauen 81,6 Jahre Rang 12 Berlin: 82,6 Jahre
Gesamtsterblichkeit (je 100.000 EW, altersstandardisiert) 2011/2013
Männer 787,0 Rang 3 Berlin: 711,9
Frauen 503,4 Rang 2 Berlin: 458,7
Vorzeitige Sterblichkeit (0-64 Jahre, je 100.000 EW, altersstandardisiert) 2011/2013
Männer 286,5 Rang 3 Berlin: 251,4
Frauen 160,2 Rang 1 Berlin: 130,3
Säuglingssterblichkeit (Sterbefälle im 1. Lebensjahr, je 1.000 Geborene) 2011/2013 5,6 Rang 1 Berlin: 3,1
Schwerbehinderte Personen (mit Schwerbehindertenausweis) 2013 34.504 (10,7%) Rang 4
absolut <18 Jahren 2013 664
je 100.000 EW, altersstand. Eurobev. 2013 8.736 Rang 1 Berlin: 7.408
Indikatoren der Einschulungsuntersuchungen 2013
Sprachdefizite (in % der untersuchten Kinder) 47,7% Rang 1 Berlin: 25,5%
Auffällige Visuomotorik (in % der untersuchten Kinder) 27,0% Rang 3 Berlin: 20,2%
Übergewicht (in % der untersuchten Kinder) 16,1% Rang 1 Berlin: 9,2%
Kitabesuch länger als 2 Jahre (in % der untersuchten Kinder) 81,0% Rang 12 Berlin: 87,8%
Zahnstatus mindestens behandlungsbedürftig (in % der untersuchten Kinder) 22,5% Rang 1 Berlin: 13,8%
Vollständigkeit d. Früherkennungsuntersuchungen (in % der untersuchten Kinder) 76,9% Rang 11 Berlin: 83,9%
Regelmäßige Raucher (in % der Bevölkerung >15 Jahren) 2013 25,9% Rang 7 Berlin: 24,9%
Männer 30,8% Rang 5 Berlin: 30,2%
Frauen 21,1% Rang 7 Berlin: 20,1%
Neukölln gehört zu den Bezirken mit der geringsten Lebenserwartung. Von besonderer gesundheitlicher Relevanz ist
hierbei die vorzeitige Sterblichkeit, da sie als Maß für die Gesundheitsrisiken in einer Bevölkerungsgruppe betrachtet
werden kann. Hier zeigt Neukölln überdurchschnittliche Zahlen – wobei die Säuglingssterblichkeit sogar deutlich vor
allen anderen Bezirken liegt. Etwa jeder zehnte Einwohner bzw. Einwohnerin Neuköllns besitzt einen
Schwerbehindertenausweis, womit der Bezirk - gemessen an seiner relativ jungen Bevölkerung - vor allen anderen
Bezirken liegt.
Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Entwicklung der Kinder im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen
schneidet Neukölln in nahezu allen Indikatoren schlechter ab, als die übrigen Bezirke Berlins. So zeigt die Hälfte der
Kinder in Neukölln Sprachdefizite, nahezu jedes dritte Kind Auffälligkeiten in der visuomotorischen Entwicklung, jedes
sechste der untersuchten Kinder Übergewicht und jedes vierte bis fünfte Kind einen behandlungsbedürftigen
Zahnstatus. Darüber hinaus ist die Kitabesuchsdauer bei Neuköllner Kindern am geringsten und die Teilnahme an
Früherkennungsuntersuchungen nur im Bezirk Mitte mangelhafter. Die Indikatoren zeigen eine klare Abhängigkeit zur
sozialen Lage, zur Herkunft, zu den Deutschkenntnissen des Umfelds sowie zur Dauer des Kitabesuchs. Ihre
Ausprägung folgt einer deutlichen Nord-Süd-Verteilung, wonach die Resultate innerhalb der nördlichen, sozial
schwächeren Bezirksregionen besonders alarmierend sind. Aber auch Kinder, welche unter günstigen sozialen und
regionalen Verhältnissen aufwachsen, zeigen unterdurchschnittliche Ergebnisse.
Indices der sozialen Lage
Anhand dieses Gesamtindex Soziale Ungleichheit2 des Monitoring Soziale Stadtentwicklung lebte 2012 etwa die Hälfte
der Neuköllner Bevölkerung in Regionen mit einem niedrigen bis sehr niedrigen Status – so viele wie sonst nur im
Bezirk Mitte und etwa doppelt so viel wie im Berliner Durchschnitt. Hierbei sind vor allem die Planungsräume im
Norden von Neukölln betroffen, wobei sich die soziale Lage in den Jahren 2010 bis 2012 in einer Vielzahl der
Planungsräume verbesserte bzw. unverändert blieb. Eine erhöhte soziale Ungleichheit und damit schwierige soziale
Verhältnisse betreffen die Planungsräume Schulenburgpark, Weiße Siedlung, Treptower Straße Nord, Rollberg,
Körnerpark, Glasower Straße und Silbersteinstraße. Darunter besonders sozial gefährdet sind jene, welche zusätzlich
eine sich verschlechternde Tendenz aufweisen, wie es auf die Weiße Siedlung und Schulenburgpark zutrifft. Einen in
2 Berücksichtigt Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Transferbezug (SGB II+XII) und Kinderarmut (Transferbezug SGB II <15 Jahren) – sowie
deren Entwicklung 2010-2012.
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den Jahren 2010-2012 gleichbleibend hohen Status weisen
die Planungsräume Mohriner Allee Nord, Blumenviertel,
Zittauer Straße und Waßmannsdorfer Chaussee auf.
Nach den Kriterien des Sozialindex I3 des Sozialstrukturatlas
2013 wird Neukölln als der Berliner Bezirk mit der stärksten
sozialen Belastung identifiziert – welche zudem seit dem
Jahr 2008 eine Erhöhung erfahren hat. Mit Blick auf die
regionale Verteilung dieser sozialen und gesundheitlichen
Belastung zeigt sich, dass nahezu alle Planungsräume im
der Norden des Bezirks und in Gropiusstadt der
ungünstigsten Indexschicht zugeordnet werden können.
Fast alle dieser Regionen erfuhren während der letzten
Jahre jedoch eine Verbesserung. Allein die Planungsräume
Weiße Siedlung und Schulenburgpark gehören zur am
stärksten belasteten Schicht und weisen zudem eine sich
verschlechternde Tendenz auf.
Die südlichen Regionen Neuköllns können anhand des
Sozialindex vor allem einer günstigen und mittleren
Indexschicht zu geordnet werden – allerdings hat sich die
Belastung in einigen dieser Planungsräume seit dem Jahr
2008 leicht erhöht. Die geringste soziale und
gesundheitliche Last konnte für Mohriner Allee Nord,
Zittauer Straße, Blumenviertel und Waßmannsdorfer
Chaussee bestätigt werden.
Als Gebiete mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf,
welche einer hohen sozialen Belastung unterliegen –
jedoch nicht zu den durch Quartiersmanagement
unterstützten Kiezen gehören, können der nördliche
Schulenburgpark mit Übergang zur Weißen Siedlung, die
Planungsräume Treptower Straße Nord, Glasower Straße
und die südliche Silbersteinstraße identifiziert werden.
Besonders sozial gefährdet scheint hierbei die Region
Schulenburgpark Nord mit Übergang zur Weißen Siedlung, da sie neben der schwierigen sozialen Lage auch eine sich
verschlechternde Tendenz aufweist, die sich auch unter Berücksichtigung der aktuellsten, über den
Erhebungszeitraum der Sozialindices hinausgehenden Zahlen hält.
3 Berücksichtigt Bevölkerungszusammensetzung, Wanderungsvolumen, Arbeitslosigkeit nach SGB II, Transferbezug (SGB II+XII), vorzeitige und
vermeidbare Sterblichkeit und das Auftreten tabakassoziierter, schwerer Erkrankungen) – sowie deren Entwicklung 2008-2012
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Zusammenfassung
� Neukölln ist ein sehr junger Bezirk – mit relativ vielen Familien, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
� Über 40% der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund (70% der Kinder, 15% der über 65-Jährigen).
� Neukölln hat eine hohe Bevölkerungsdichte, die in Berlin geringste Pro-Kopf-Wohnfläche, überdurchschnittlich
viele große Haushalte, fast ausschließlich einfache Wohnlagen sowie eine vergleichsweise starke Wohn-
Fluktuation innerhalb des Bezirks.
� Der überdurchschnittlich hohe Zuzug der vergangenen Jahre hat sich abgeschwächt – jedoch bleibt das
Bevölkerungswachstum durch die hohen Geburtenzahlen relativ stark.
� Neukölln ist der Berliner Bezirk mit dem niedrigsten Bildungsstand, der stärksten Abhängigkeit von
Sozialleistungen und der größten Armutsgefährdung – jedoch mit einer sinkenden Tendenz.
� Neukölln gehört zu den Bezirken mit der höchsten Erwerbslosigkeit und Altersarmut.
� Kinderarmut und eine unterdurchschnittliche gesundheitliche Entwicklung sind unter Neuköllner Kindern
verbreiteter als in anderen Bezirken.
� Neukölln weist die höchste vorzeitige Sterblichkeit auf – inklusive einer stark erhöhten Säuglingssterblichkeit.
� Trotz der im Schnitt unterdurchschnittlichen sozialen Verhältnisse zeigt sich die soziale Lage innerhalb der
Bevölkerung als sehr heterogen verteilt – schwierige soziale Bedingungen betreffen in verstärktem Maße
Einwohner mit Migrationshintergrund und sind in den nördlichen Regionen und Gropiusstadt sehr viel deutlicher
ausgeprägt, als im weniger dicht besiedelten Süden.
� Schwierige soziale Verhältnisse betreffen vor allem die Planungsräume Schulenburgpark, Weiße Siedlung,
Treptower Straße Nord, Rollberg, Körnerpark, Glasower Straße und Silbersteinstraße. Darunter besonders sozial
gefährdet sind jene, welche zusätzlich eine sich verschlechternde Tendenz aufweisen, wie es auf die Weiße
Siedlung und Schulenburgpark zutrifft.
� Zu den Gebieten mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf, worunter eine hohe soziale Belastung ohne derzeitige
Quartiersförderung verstanden wird, zählen der nördliche Schulenburgpark mit Übergang zur Weißen Siedlung,
die Planungsräume Treptower Straße Nord, Glasower Straße und die südliche Silbersteinstraße.
Datenquellen
Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Herausgeber) (2014): Regionaler Sozialbericht Berlin und Brandenburg 2013. https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/home/regionalersozialbericht.asp (2. Juli 2015)
Bettge, S., Oberwöhrmann, S. (2015). Grundauswertung der Einschulungsdaten in Berlin 2013. Senatsverwaltung für Gesundheit und
Soziales Berlin; www.gsi-berlin.info?info=TB0501010000201511.pdf (19. Juni 2015)
Meinlschmidt, Gerhard (Herausgeber) (2014): Handlungsorientierter Sozialstrukturatlas Berlin 2013 - Ein Instrument der quantitativen,
interregionalen und intertemporalen Sozialraumanalyse und -planung. Spezialbericht 2014-1. Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin; www.gsi-berlin.info?info=TB0201010029201401.pdf (19. Juni 2015)
Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin: Gesundheitsmonitoring 2015. http://www.gsi-
berlin.info/gsi_suchen.asp?seite=1&cbfest=Kontext&kontext=Gesundheitsmonitoring%202015 (4. Januar 2016)
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin (Herausgeber): Monitoring Soziale Stadtentwicklung Berlin.
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/monitoring/index.shtml (19. Juni 2015)
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Herausgeber) (2009): Handbuch zur Sozialraumorientierung - Grundlage der integrierten Stadt(teil)entwicklung Berlin. Ergebnisbericht 2009.
Impressum
Herausgeber Kontakt
Bezirksamt Neukölln von Berlin Dr. Silke Feller
Abteilung Jugend und Gesundheit Telefon: +49 (0)30 90239 - 2380
Planungs- und Koordinierungsstelle Gesundheit Fax: +49 (0)30 90239 – 2886
Berlin, Januar 2016 E-Mail: [email protected]
Diesen sowie den ausführlichen Sozialbericht finden Sie unter www.gesundes-neukoelln.de auch als Download - oder Sie können
ihn direkt auf den Seiten der Sozial- und Gesundheitsberichterstattung http://t1p.de/hgzo herunterladen.