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151 Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht von Jörg Peters ドイツ語の文法はそんなに難しいと思っていなかった。 (Kommentar eines Studenten auf dem halbjährlichen Evaluationsfragebogen zum Deutschunterricht) 1. Einleitung Der Kommentar dieses Studenten ist mehr als verständlich. Mit ähnlich urteilen- den und fühlenden Lernern werden wahrscheinlich die meisten Fremdsprachenlehrer schon einmal zu tun gehabt haben oder zumindest von ihnen gehört haben. Schließlich erfordert das Erlernen einer Fremdsprache kognitive Leistungen wirklich sehr großen Ausmaßes. „Fremde Klang- und Schriftbilder, regiert von einer noch unbekannten Morphologie und Syntax, versetzen den Lerner in eine Phase der kommunikativen Hilflosigkeit, die ihn an seine frühe Kindheit erinnert.“ (Sperber 1991: 221.) Aus dieser Hilflosigkeit herauszukommen, die kommunikative Kompetenz auszubauen, ist Ziel und Zweck des weiteren Fremdsprachenunterrichts. Doch inwiefern ist Deutsch wirklich schwer? Was ist überhaupt unter „Schwie- rigkeit“ zu verstehen? Diese Fragen sollen am Anfang dieser Arbeit erörtert und besondere Problembereiche der deutschen Sprache aufgezeigt werden. Beschränken wollen wir uns dabei auf die Grammatik, denn das ist der Bereich, der offensichtlich am meisten Kopfzerbrechen bereitet. 1 Danach sollen zu den exemplarisch ausge- wählten Problembereichen Genuszuordnung und Pluralbildung die Sprachregeln dargestellt und dann unter dem Aspekt der Anwendbarkeit betrachtet werden. Die Ergebnisse dieser Betrachtung sollen dann generalisiert werden, um schließlich einige Konsequenzen für den DaF-Unterricht abzuleiten. 1 Vgl. z. B. die Arbeiten in: Materialien Deutsch als Fremdsprache 58 (2001) („Wie schwer ist die deut- sche Sprache wirklich?“).

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Page 1: Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und ......Helbig 1972 (a) u. 1972 (b), Helbig/Buscha 1970: 17, Götze/Kemme/Latzel 1979, Barkowski 1982 u. Heringer 2001. 153 Sprachregeln

151

Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

von Jörg Peters

ドイツ語の文法はそんなに難しいと思っていなかった。 (Kommentar eines Studenten auf dem

halbjährlichen Evaluationsfragebogen zum Deutschunterricht)

1. Einleitung Der Kommentar dieses Studenten ist mehr als verständlich. Mit ähnlich urteilen-

den und fühlenden Lernern werden wahrscheinlich die meisten Fremdsprachenlehrer

schon einmal zu tun gehabt haben oder zumindest von ihnen gehört haben. Schließlich

erfordert das Erlernen einer Fremdsprache kognitive Leistungen wirklich sehr großen

Ausmaßes. „Fremde Klang- und Schriftbilder, regiert von einer noch unbekannten

Morphologie und Syntax, versetzen den Lerner in eine Phase der kommunikativen

Hilflosigkeit, die ihn an seine frühe Kindheit erinnert.“ (Sperber 1991: 221.) Aus

dieser Hilflosigkeit herauszukommen, die kommunikative Kompetenz auszubauen,

ist Ziel und Zweck des weiteren Fremdsprachenunterrichts.

Doch inwiefern ist Deutsch wirklich schwer? Was ist überhaupt unter „Schwie-

rigkeit“ zu verstehen? Diese Fragen sollen am Anfang dieser Arbeit erörtert und

besondere Problembereiche der deutschen Sprache aufgezeigt werden. Beschränken

wollen wir uns dabei auf die Grammatik, denn das ist der Bereich, der offensichtlich

am meisten Kopfzerbrechen bereitet.1 Danach sollen zu den exemplarisch ausge-

wählten Problembereichen Genuszuordnung und Pluralbildung die Sprachregeln

dargestellt und dann unter dem Aspekt der Anwendbarkeit betrachtet werden. Die

Ergebnisse dieser Betrachtung sollen dann generalisiert werden, um schließlich

einige Konsequenzen für den DaF-Unterricht abzuleiten.

1 Vgl. z. B. die Arbeiten in: Materialien Deutsch als Fremdsprache 58 (2001) („Wie schwer ist die deut-

sche Sprache wirklich?“).

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言語文化論集 第XXVI巻 第 2号

2. Problembereiche der deutschen Grammatik für Ausländer2.1 Problembereiche

Der Mythos von der besonders schweren deutschen Sprache ist erstaunlich langle-

big, denn schon relativ oberflächliche Sprachbetrachtungen würden zu Tage fördern,

dass eigentlich jede Sprache gleich leicht sein muss, da jedes Kind das komplexe

System jeder beliebigen Sprache in der gleichen Dauer erfassen und bewältigen kann.

Außerdem bringt eine größere Komplexität oder Schwierigkeit in einem bestimmten

Bereich oft eine geringere in einem anderen mit sich und umgekehrt. (Vgl. Fries

2001: 639 ff.) Insofern können nur eingeschränkte Aussagen gemacht werden wie

z. B. die, dass aufgrund vieler Unregelmäßigkeiten und Ausnahmen die deutsche

Grammatik für Japaner schwerer zu erlernen sei als die japanische Grammatik für

Deutsche.2 Rug (2001: 608 ff.) schlägt drei Eigenschaften für schwer zu erlernende

grammatische bzw. sprachliche Phänomene vor: Diese Phänomene seien 1. unüber-

sichtlich (z. B.: die Polysemie der Präposition durch), 2. unökonomisch (z. B.: die

Adjektivdeklination) und 3. unlogisch (z. B.: das Genus der Substantive).3

Götzes et al. Untersuchung hat ergeben, dass nahezu dieselben Problembereiche

des Deutschlehrens und -lernens (vor allen Dingen im Grundstufenunterricht) bei

Lernern der verschiedensten Ausgangssprachen virulent zu sein scheinen. Zwar

wären „Schwierigkeitsgrad“ und „Schwierigkeitsdimension“ je nach Ausgangsspra-

che verschieden, aber genannt würden die gleichen Probleme. (Götze/Kemme/Latzel

1979: 35 f.) In der Literatur häufiger genannte Problem bereiche sind:4

2 Rickmeyer (1983).

Allerdings kann die Frage, in welchen konkreten Bereichen sich das Lernen des Deutschen besonders

schwierig gestaltet, laut Dietz (2003: 148) eigentlich so einfach nicht gestellt werden. „Schwierigkeit“ oder

„Problem“ seien als Bezeichnungen für bestimmte Gegebenheiten im Fremdsprachenunterricht ungeeignet,

da zu vage. Neben schwer erlernbaren grammatischen Kategorien kann man nämlich hinsichtlich verschie-

denster anderer Lerngegenstände Schwierigkeiten haben, wie z. B. Hörverstehen, Verstehen bestimmter

Textsorten, flüssige mündliche Kommunikation usw. Schwierigkeiten entstünden dann, wenn eine

entsprechende, konkrete Kombination da sei von Lerngegenständen, Vermittlung dieser Lerngegenstände

in bestimmten Lehr- bzw. Lernsituationen und bestimmten Lernerprofilen wie z. B. Ausgangssprache,

Lernertyp, Motivation usw.

3 Rug meint die Tatsache, dass man von männlichen, weiblichen und sächlichen Substantiven spricht,

obwohl deren Signi� kat aber eben nicht geschlechtlich ist. (Rug 2001: 613.) Genus ist also nicht gleichzu-

setzen mit Geschlecht, was Lernern bestimmter Ausgangssprachen zusätzlich erklärt werden muss.

4 Vgl. Helbig 1972 (a) u. 1972 (b), Helbig/Buscha 1970: 17, Götze/Kemme/Latzel 1979, Barkowski 1982 u.

Heringer 2001.

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

- Artikelgebrauch

- Genuszuordung

- Rektion der Verben

- Satzgliedstellung

- Präpositionalbereich

- Modalverben und -partikeln

- Tempussystem

- Infinitiv- und Partizipalkonstruktionen

- Gebrauch des „es“

- Reflexive Verben

- Pluralbildung

- Adjektivdeklination.5

2.2 Lösungsansätze

Man kann also von diversen Lehr- und Lernschwierigkeiten ausgehen. Eine

Möglichkeit, diese zu bewältigen zu versuchen, wäre die, der Sprachdidaktik eine

möglichst „vollständige und angemessene“ Sprachbeschreibung bereitzustellen.

(Kühlwein 1974: 161.) Helbig (1969: 300) forderte eine Explizitheit der Regeln,

die genau angeben, wie richtige Sätze gebildet werden können.6

2.2.1 Diskussion

Die Frage, ob mit Regellernen die Sprachkompetenz erweitert werden kann, ver-

neint Krashen (1985). Er vertritt in seiner „Monitor-Theorie“ die Auffassung, dass

5 Diese Liste ließe sich noch erheblich verlängern, vor allen Dingen dann, wenn man noch falsche Wort-

bzw. Morphemwahl (vgl. Heringer 2001) mit berücksichtigen würde. Überhaupt ist die Bedeutung und

Anwendung etlicher Lexeme schwer zu vermitteln. Gagné (1980) weist darauf hin, dass Konkreta einfach

zu vermitteln seien, da man auf das Abbild zeigen könne, wohingegen z. B. bei Modalverben und –parti-

keln Bedeutung erklärt werden müsse. (Gagné 1980: 128 f.) Hinzu kommt, dass dem Lerner oft auch nur

schlecht erklärt werden kann, warum Morpheme performiert werden müssen, die keine Bedeutung tragen,

wie z. B. unpersönliches „es“, Re� exivpronomina unechter re� exiver Verben („unecht“ nach Duden-Gram-

matik (Duden 1984)) und das zu bei der In� nitiv-Konstruktion mit zu.

6 Dieses sei in den Muttersprachengrammatik nicht notwendig, da den muttersprachlichen Lernern ja „nur“

etwas bewusst gemacht werden soll, was sie ohnehin – mehr oder weniger – aufgrund ihres erworbenen

Sprachgefühls, ihrer Kompetenz, richtig machen. Der Ausländer brauche hingegen explizite Regeln, unter

welchen Bedingungen z. B. eine Passivtransformation vonstatten gehen kann oder blockiert ist oder in

welchen Fällen ein Zustandspassiv zulässig ist oder nicht usw.

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implizites und explizites Wissen7 zwei getrennte Systeme sind, die keine Durchlässig-

keit besitzen.8 Diese Hypothese stützen würden die Tatsachen, dass L2-Lerner nach

Regeln sprachhandeln, die sie nicht (genau) explizieren können und gleichzeitig aber

auch Regeln explizieren, die sie in der Sprachproduktion nicht anwenden. (Vgl. Diehl

2000: 48 f.) Wenn Krashens Hypothese richtig wäre, hieße das, dass im Unterricht

bewusst Gelerntes nicht in Erworbenes überführt werden kann.

Auch Diehl et al. (2000) stellen den Sinn des Grammatikunterrichts in Frage

bzw. schränken ihn stark ein. Ihre Untersuchung hat gezeigt, dass die Erwerbsfolge

sprachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten im gesteuerten Fremdsprachenunterricht

nahezu die gleiche ist wie im ungesteuerten. Insofern hätte ein Grammatikunterricht

nicht den erwünschten Effekt. „Der Grammatikerwerb unterliegt internen Gesetz-

mäßigkeiten, die durch den Unterricht nicht kurzgeschlossen und nicht geändert

werden können. Der Weg über Erwerbsstrategien ist unvermeidlich [...]“9

Weitere wesentliche Kritikpunkte an der Grammatik- und Regelarbeit im Unter-

richt sind:

- Durch zu komplizierte Vermittlung wird die Kommunikation verhindert bzw.

behindert, anstatt sie zu ermöglichen oder zu verbessern. (Butzkamm 1989:

123 f.)

- Wenn eine Erklärung des Lehrers kein Verständnis bei den Schülern erzeugen

kann, schiebt er möglicherweise noch mehr Erklärungen nach: „Die Grammatik

ufert aus.“

- Die Bedeutung reiner Grammatikübungen wird überschätzt, denn Übungen

(richtig) zu machen, ist relativ einfach. Aber es bleiben „Scheinleistungen“ wenn

7 Der Fremdsprachenlerner verfügt gewöhnlich über explizites und implizites Wissen, wobei Wissen, dass

vom Lerner verbalisiert werden kann (da es ihm bewusst ist), explizit ist, wohingegen „Nachweisbar exis-

tierendes Wissen, das nicht verbalisiert werden kann, als implizit (gilt)“ (Diehl 2000: 49). Versuche, die

implizites Wissen nachgewiesen haben, wurden durchgeführt mit Versuchspersonen, die in Test glaubten

Zufallsentscheidungen zu treffen, die sich aber, da die Ergebnisse signi� kant über der Zufallsgrenze lagen,

die Kenntnisse in vorangegangenen Übungsphasen angeeignet haben müssen. (Ebd.: 49).

8 Krashen würde dem „Monitor“ nur zwei Hilfsfunktionen im Spracherwerb zugestehen: 1. Das Lernen

einfacher Regeln und 2. als Editor in Form nachträglicher Kontrolle eigener Äußerungen (Selbstkorrektur).

(Nach Diehl 2000: 45).

9 Diehl et al. 2000: 359.

Allerdings gebe es auch Formen und Strukturen, die keine unumkehrbare Phasenfolge des Erwerbs

aufweisen, die also somit jederzeit gleichgut erlernt und gelehrt werden können. Das wären laut Diehls et

al. Untersuchung: Genuszuweisung, Pluralmorpheme und In� nitivsätze.

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

danach nicht die grammatischen Strukturen kommunikativ eingesetzt werden.10

Das ist eben der Unterschied: Aufgaben lösen zu können, heißt eben nicht, eine

Sprache kommunikativ anwenden zu können.

Eine mögliche Alternative zu Grammatikunterricht und Regellernen wäre der

Erwerb oder das Lernen im gesteuerten Fremdsprachenunterricht durch viel Praxis

und ständiges Wiederholen der Lerngegenstände,11 also einer, bei der quasi Bedin-

gungen des Spracherwerbs in der Klasse hergestellt sind.12

Apeltauer (1997: 96) weist darauf hin, dass Lerner aber definitiv bewusst lernten,

dies sei eine „wichtige Art der Aneignung“.13 Lernprozesse würden am Anfang

Aufmerksamkeit, d. h. eine kontrollierte Verarbeitung erfordern. Erst durch eine

Phase der Wiederholung und Übung könne allmählich automatisiert werden. (Vgl.

Schmidt/Frota 1986: 281, nach Apeltauer 1997) Richard Schmidt meint sogar, dass

es ohne Bewusstmachung keinen Lernfortschritt geben kann. (Nach Diehl 2000:

46 f.) Im Übrigen sei der Gebrauch einer Zweitsprache immer mit mehr Bewusstheit

verbunden als der der Erstsprache. Grund dafür ist das Erkennen der Unterschiede

zwischen L1 und L2, die den Lerner immer wieder dazu bringen, diese metasprach-

lich und metakognitiv zu verarbeiten.14

10 Butzkamm 1989: 247.

Butzkamm führt eine Beobachtung Labovs an, dessen Tochter in spielerischen Übungen der Interrogativ-

syntax gemäß Inversion nach Why durchführte, aber in der normalen Konversation nicht. Das erinnert an

viele Übungen, die die Lerner korrekt ausführen, wenn sie die Übung machen, sich aber sonst fehlerhaft

äußern. (Butzkamm 1989: 134.)

11 (vgl. Rug 2001: 619)

Sei der Lerngegenstand nun das Genus oder der Plural der Substantive, so würde das bedeuten zu versu-

chen, sich den Artikel und die Pluralform beim Vokabellernen nach und nach einzuprägen. Dieser „Tipp“

sich den Genus der Wörter einzeln einzuprägen, besteht laut Kelly (1969: 46) schon seit der Renaissance.

(Nach Sperber 2001: 225).

12 Piepho (1974) forderte gar, die traditionelle Grammatikprogression in den Lehrbüchern durch eine prag-

malinguistische zu ersetzen. Doch ein Lehrplan, der sich nach pragmatischen Gesichtspunkten ausrichtet,

wäre wenig praktikabel, denn 1. müssten verschiedenste Redemittel in einer pragmatischen Kategorie wie z. B.

BITTEN zusammengefasst werden und 2. würde „eine pragmalinguistische Reihung das generative Prinzip

der Satzerzeugung eher verdecken“ (Butzkamm 1989: 236 f.)

13 Im Übrigen sei „grammatische Bewusstmachung dem natürlichen Spracherwerb nicht fremd“, sie

enthalte nur „unter schulischen Bedingungen einen anderen Stellenwert und eine besondere Ausprägung.“

(Butzkamm 1989: 96.)

14 Deshalb würde man z. B. auf seine Aussprache achten und würde willentlich versuchen, sich sprachlich

korrekt zu äußern. Apeltauer (1997: 95).

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Auch Butzkamm (1989: 100 ff.) argumentiert gegen die Einteilung in zwei von-

einander existierende und operierende Wissenssysteme mit den Gegebenheiten,

dass 1. bei der Informationsverarbeitung immer bewusste und unbewusste Prozesse

zusammenarbeiten, denn selbst wenn man bewusst etwas aufnimmt, gibt es noch

Etliches, was unbewusst aufgenommen wird, und 2. es zwischen Bewusstheit und

Unterbewusstheit Bewusstseinszustände verschiedenen Grades gibt. (Butzkamm

1989: 100 ff.) Bei der Frage nun, ob überhaupt, und wenn ja, zu welchen Teilen

L2-Lernen bewusst ist, kann es wohl bis auf Weiteres keine endgültige Antwort

geben, denn unbewusst oder bewusst gemachte Erfahrungen können nicht Basis sein

für Sprachlerntheorien, da sie nicht reliabel sind. (McLaughlin 1987: 153.)

Die mögliche Konsequenz aus der Erkenntnis über die Nachteile und Unzuläng-

lichkeiten des expliziten Grammatikunterrichts, diesen abzuschaffen und stattdessen

einen rein kommunikativen Unterricht zu machen, würde bedeuten, zwei wesentliche

Umstände nicht zu berücksichtigen:

1. Trotz jahrelangen Aufenthalts in Deutschland und Gebrauchs des Deutschen gibt

es etliche Ausländer, deren Sprachkompetenz auf einem niedrigen Niveau ist.

Somit scheint ein regelmäßiger kommunikativer Gebrauch einer Fremdsprache

nicht auszureichen.

2. Fehler verschwinden nicht von selbst. Hammerly (1987) zeigte in einem Versuch,

dass Lerner selbst nach jahrelangem kommunikativem Unterricht („Immersion

Program“) im Französischen in über der Hälfte ihrer Äußerungen grammatische

oder lexikalische Fehler machten.

2.2.2 Schlussfolgerungen

Trotz der oben genannte Einschränkungen ist es m. E. evident, dass Regeln eine

Menge leisten können, weshalb sie im Unterricht weiterhin vermittelt werden

sollten. Eine sinnvolle Alternative, dergestalt, dass auf Erklärungen größtenteils

verzichtet würde, existiert m. E. nicht. Fries’ Anmerkung, dass Erwachsene aufgrund

vieler Umstände nicht in der Lage sind, sich in die Position eines Kindes, das

die Muttersprache über viele Jahre erwirbt, zu begeben (Fries 2001: 642), macht

auf das Zeitproblem aufmerksam. Um Lernwege abkürzen zu können, muss die

Aufmerksamkeit des Lernenden gerichtet und müssen Informationen vorab gegeben

werden. Im Einklang mit Pienemanns (1987) „Teachability“-Hypothese, nach der

(nur) diejenigen Formen und Strukturen erfolgreich gelernt werden können und

somit gelehrt werden sollten, für die die erwerbsmäßigen Bedingungen gegeben

sind, könnte man also einen Lehrplan, der die Grammatik wesentlich berücksichtigt,

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

gestalten.

Außerdem kann ein Grammatikunterricht Erklärungen - im Sinne von

Aufklärung - bieten. Laut Little/Singleton (1988) verlangen vor allem ältere Lerner

Grammatikerklärungen.15 Des Weiteren können Regelerklärungen noch etwas anderes

leisten: Sie können ein Haltegriff sein für Fremdsprachenlerner, die aus Gründen

des erspürten Kontrasts zwischen L1 und L2 oder aus individuellen Gründen Unsi-

cherheiten verspüren im Umgang mit der neuen Sprache.16 Einem Interesse nach

Aufklärung nicht nachzukommen, könnte Unzufriedenheit oder gar Demotivierung

hervorrufen.17

Wenn die Regel zwar bekannt ist, aber im gegebenen Fall nicht (mehr) präsent ist,

sollte dem Lerner die Möglichkeit, auf „Rettungsanker“ zurückgreifen zu können,

gegeben werden. Die wahrscheinlichste mehrerer Alternativen kann dann gewählt

und z. B. die häufigste Pluralendung (-(e)n)18 oder der am meisten auftretende Genus

in der Hoffnung, dass ins Schwarze getroffen wird, verwendet werden.

3. Sprachregeln des Deutschen3.1 Der Regelbegriff

Regeln, im allgemeinen Sinne, sind Richtlinien, Normen oder Vorschriften, die für

einen bestimmten Bereich in gegenseitiger Übereinkunft innerhalb einer Gemein-

schaft gelten.19 Sprachregeln existieren unabhängig von ihrer Beschreibung und

werden meist unbewusst ausgeführt. (Vgl. Dietz 2003: 149) Dietz bietet folgende

Definition von „Sprachregel“ an, in der hauptsächlich vier Begriffsverwendungen

unterschieden werden:

R1 Regel als Regularität, die der Sprache bzw. der Sprachverwendung inhärent ist

R2 Regel als konkrete Formulierung einer Regularität

15 Offensichtlich glauben sie an deren Notwendigkeit, selbst wenn sie nicht mit ihrem Grammatikunterricht

zufrieden waren. (Nach Butzkamm 1989.).

16 Besonders japanische Lerner wären wohl ohne Erklärungen unzufrieden. Da sie besonderen Wert auf die

sprachliche Richtigkeit einer Äußerung legen und sich ohne ausführliche Anleitungen unsicher fühlen, ist

es wichtig, nicht ohne Erklärungen zu bleiben.

17 Bemerkenswert ist auch, dass nach Reiss (1985) ein „good language learner“ jemand ist, der nicht nur

gerne in der Fremdsprache kommuniziert, sondern der sich auch für die Zielsprache und ihre Struktur, ihr

System interessiert.

18 Wegener 1995 (a): 16 (nach Diehl: 210).

19 Duden Deutsches Universallexikon.

Fehlt ein kollektiver Gebrauch, so handelt es sich lediglich um Regularitäten. (Vgl. Keller 1995: 69 f.)

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言語文化論集 第XXVI巻 第 2号

R3 Regel als psychologische Entität, die bei der Sprachverwendung aktiviert wird

R4 Regel als eine Struktur, die die Regularität an der sprachlichen Oberfläche

anzeigt20

3.2 Sinn und Zweck von Regeln

Aufgabe der Grammatik und der Regeln ist, Hilfen zum Erwerb und zur Anwen-

dung zu geben. Das in freier Verwendung Vorkommende wird geordnet, wodurch

der Lerner die Sprache durchschauen und anwenden lernt. (Rampillon 1985: 51.)

Idealerweise würde die Lernzeit, im Vergleich zum Trial-and-error-Verfahren,

erheblich verkürzt und das Behalten der Strukturen und Regeln gefördert. (Ram-

pillon 1985: 58.) Möglich wird das durch die Leistung von Anwendungsregeln, die

Kommunikations teilnehmer in Stande zu setzen, auch auf neue Reize regelbestimmt

zu handeln, d. h. auf diesen neuen Reiz mit einer bestimmten Handlung zu reagieren,

die der Beziehung zwischen Reizklasse und Leistungsklasse entspricht. (Vgl. Gagné

1969: 133 f.) Mit Hilfe der Regel

-un negativiert das Adjektiv

z. B. können alle potentiellen Bildungen verstanden werden. (Apeltauer 1997: 96.)

3.3 Regeldarstellung

3.3.1 Genus

Die Genuszuordnung ist sicherlich eines der gravierendsten Lernprobleme, da sich

eine falsche Zuweisung ja nicht nur an der Wahl des Artikelworts festmacht, sondern

sich auch auf die Adjektivdeklination und die Wahl der Pronomen auswirkt.21 Hinzu

kommt eine scheinbare Regellosigkeit, die Götze (1984: 1) mit den Beispielen

- der Sand, Strand, Brand, Rand, Aufwand

- die Hand, Wand

- das Land, Pfand

verdeutlichte, und auch Helbig/Buscha (1970) konstatieren, dass

das beherrschende Genussystem im Deutschen ein formalgrammatisches System

(ist), das in seinen Systemzügen nur im Rahmen einer historischen Grammatik

20 Im Folgenden soll, wenn von Regel die Rede ist, R2 gemeint sein.

Vgl. Helbigs (1972 (b): 11) Unterscheidung der Grammatiken A, B und C.

21 Übrigens ist sie nicht nur ein Lernproblem für die L2-Lerner, sondern auch für (heranwachsende)

L1-Lerner. Nach Mills (1986) haben auch Kinder im Einschulalter noch vereinzelte Probleme damit. (Nach

Christen 2000 (a): 169.) Das ist ein Umstand, auf den man im Unterricht aus psychologisch-pädagogischen

Gründen hinweisen sollte.

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

erklärt und übersichtlich gemacht werden kann. Im Rahmen einer Darstellung

der Gegenwartssprache ist es für die Mehrzahl der Substantive nicht möglich,

praktikable Regeln zur Genusbestimmung zu geben. Bei vielen Substantiven muss

die das Genus repräsentierende Artikelform zusammen mit dem Substantiv gelernt

werden. (Helbig/Buscha 1970: 245 f.)

Dennoch ist es bei zahlreichen Substantiven möglich, sie in semantische und

formale Gruppen zu klassifizieren. (Ebd. S.246 ff.)

Semantische Klassifizierung:

1. Maskulina

(1) die Namen der Jahreszeiten, Monate und Wochentage

der Sommer, der Januar, der Mittwoch22

(2) die Namen der Himmelsrichtungen, Winde und Niederschläge

der Osten, der Monsun, der Schnee

(3) die Namen der Spirituosen

der Wein, der Sekt, der Cognac

(4) Automarken und Namen von Expresszügen

der Mercedes, der BMW, der Bavaria

(5) die Namen der Mineralien und Gesteine

der Quarz, der Granit, der Basalt

(6) die Bergnamen

der Brocken, der Vesuv, der Mount Everest

2. Feminina

(1) die Schiffs- und Flugzeugnamen

die Titanic, die Trelleborg, die Boeing

(2) die Namen der Bäume und vieler Blumen

die Kiefer, die Birke, die Rose

(3) die Namen der Zigarettensorten

die Camel, die Club, die Marlboro

(4) die Substantivischen und substantivierten Kardinalzahlen

die Eins, die Tausend, die Million

(5) die meisten deutschsprachigen Flussnamen und die fremdsprachigen Fluss-

namen auf -a und -e

die Weser, die Wolga, die Themse

3. Neutra

(1) die Namen von Hotels, Cafés und Kinos

das Continental, das Sacher, das Astoria

22 Von den Beispielen, die Helbig/Buscha anführen, werden hier maximal drei angegeben.

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言語文化論集 第XXVI巻 第 2号

(2) die Namen der meisten chemischen Elemente

das Kupfer, das Aluminium, das Chlor

(3) die Namen von physikalischen Einheiten, von Buchstaben, Noten, Farben

und Sprachen

das Kilowatt, das Ypsilon, das Cis, das Grün, das Russisch(e)

(4) die Namen von Wasch- und Reinigungsmitteln

das Persil, das Ata, das Fit

(5) die Namen der Kontinente, Länder, Inseln und Orte (soweit sie ohne Attribut

Nullartikel haben)

(das südliche) Afrika, (das heutige) Frankreich, (das idyllische) Heidelberg

Formal begründete Klassifizierung:

1. Maskulina

(1) Deverbativa mit Nullsuffix

der Gang, der Sprung, der Betrieb

(2) Substantive auf -ig, -ling, (nach Konsonant:) -s

der Pfennig, der Zwilling, der Schnaps

(3) Fremdwörter (vor allem Personenbezeichnungen) auf -ant, -är, -ent, -et, -eur,

-ist, -loge, -or23

der Demonstrant, der Millionär, der Absolvent

2. Feminina

(1) Deverbativa auf -t

die Fahrt, die Schlacht, die Last

(2) Die meisten Substantive auf -e (vor allem Zweisilber)

die Liebe, die Straße, die Rose

(3) Substantive mit den Suffixen -ei, -heit, -keit, -schaft, -ung

die Bücherei, die Gelegenheit, die Fähigkeit

(4) Fremdwörter auf -age, -ät, -anz, -enz, -ie, -ik, -ion, -ur

die Etage, die Qualität, die Ambulanz

3. Neutra

(1) Diminutiva auf -chen und -lein

das Häuschen, das Büchlein

(2) Kollektiva und Deverbativa mit Präfix Ge- und Nullsuffix

das Gestein, das Gebüsch, das Gehör

(3) Substantivierte Infinitive (auf -en)

das Sprechen, das Turnen

(4) Fremdwörter auf -ett, -il, -ma, -o, -(m)ent, -um

das Kabinett, das Ventil, das Drama

23 Maskulina sind auch die meisten Fremdwörter auf –us und –on (Zyklus, Jargon).

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

(5) Die Mehrzahl der Substantive auf -nis

das Ergebnis, das Ereignis, das Gedächtnis

3.3.2 Plural

Helbig/Buscha (1970) führen die Pluralbildung auf sieben Seiten (214-221)

aus.

1. Typ P1: -e (bei umlautfähigem Stammvokal mit und ohne Umlaut)

(1) Einsilbige Maskulina

mit umlautfähigem Stammvokal: mit Umlaut: Arzt, Block, Duft

ohne Umlaut: Aal, Docht, Huf

mit nicht umlautfähigem Stammvokal: Weg, Fisch, Schritt

(2) Mehrsilbige Maskulina

mit umlautfähigem Stammvokal: mit Umlaut: Anfang, Verstoß, Genuss

ohne Umlaut: Monat, Erfolg, Besuch

mit nicht umlautfähigem Stammvokal: Käfig, Kürbis, Gericht

(3) Einsilbige Neutra und Neutra mit Präfix Ge- oder Ver- (ohne Umlaut)

Beil, Erz, Verbot

(4) Einsilbige Feminina (mit Umlaut)

Axt, Not, Sau

(5) Maskulina auf -ling und Neutra auf -nis (mit Verdopplung des -s)

Lehrling, Ergebnis

(6) Maskuline und neutrale Fremdwörter auf -ar, -at, -eur usw.

2. Typ P2: -en/-n

(1) Die meisten Feminina – auch feminine Fremdwörter – mit Ausnahme einer

Gruppe einsilbiger Feminina

(2) Die Maskulina des Singulartyps 2 und die Maskulina des Singular-Misch-

typs

Außerdem folgende Maskulina des Singulartyps 1:

Dorn, Fleck, Mast

3. Typ P3: ohne Endung (bei umlautfähigem Stammvokal mit und ohne Umlaut)

(1) Die meisten Maskulina auf -el, -en, -er

mit umlautfähigem Stammvokal: ohne Umlaut: Tadel, Verfahren, Anker

mit Umlaut: Apfel, Garten, Vater

mit nicht umlautfähigem Stammvokal: Ärmel, Fehler, Käfer (und außerdem

zahlreiche Personenbezeichnungen (Berufsnamen, Völkernamen usw.): Techniker,

Engländer usw.)

(2) Neutra auf -el, -en, -er, -chen, -lein, -sel (ohne Umlaut)

Kabel, Wesen, Fenster, Häuschen

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言語文化論集 第XXVI巻 第 2号

4. Typ P4: -er (bei umlautfähigem Stammvokal immer mit Umlaut)

(1) Einsilbige Neutra

Amt, Dach, Ei

(2) Einige Maskulina

Geist, Irrtum, Mann

5. Typ P5: -s

(1) Viele Fremdwörter, besonders aus dem Englischen und Französischen

(2) Substantive, die auf Vokal enden (außer -e)

Echo, Uhu, Vati

(3) Kurzwörter

Akku, Trafo, LKW

(4) Einige Wörter aus der Seemannssprache und Meteorologie

Deck, Wrack, Hoch24

3.4 Zur Anwendbarkeit von Sprachregeln

Generell ist zu sagen, dass die Anwendbarkeit und Lernbarkeit von Regeln25 stark

eingeschränkt ist, wenn sie zu schwer bzw. zu komplex sind. (Dietz 2003: 150.) Als

schwer kann eine Regel gelten, bei der folgende Umstände gegeben sind:

- Kategorienbündelung: Verschiedene grammatische Kategorien werden in einer

gegebenen Äußerung durch dasselbe Morphem repräsentiert.

- Homonymie: Eine Form hat verschiedene grammatische Funktionen.

- „funktionale Komplexität“: Eine Reihe von Bedingungen, die teilweise im näheren,

teilweise im weiteren Kontext zu finden sind, müssen überprüft werden, um zur

korrekten Form zu kommen.26

Komplex sind Regeln, bei denen a) Lerner eine größere Anzahl von Kriterien

berücksichtigen müssen bzw. bei denen mehrere Unterregeln oder Unterbedingungen

beachtet werden müssen, um zur korrekten Form zu gelangen, und b) bei der die

24 Unter 6. und 7. führen Helbig/Buscha dann über vier Seiten Besonderheiten der Pluralbildung und die

Pluralbildung der Fremdwörter aus.

25 Bewusst erlernt ist eine Regel dann, wenn der Lerner ihre Teilbegriffe bestimmen und die Beziehung

zwischen den Begriffen zeigen kann. (Vgl. Gagné 1980: 135.)

26 So muss im Englischen bei der Verwendung des Artikels, trotz formaler Einfachheit, 1. zwischen

drei Formen gewählt werden (de� niter, inde� niter und Nullartikel), 2. der genaue Verwendungskontext

(„Bekanntheit“-„Unbekanntheit“ und andere Bedingungen) erfasst werden, und das bei 3. relativ abstrakten

Konzepten zur Beschreibung dieser Kontexte und 4. Überschneidungen und Überlappungen zwischen den

einzelnen Funktionen. Im Deutschen käme, zusätzlich zu der oben beschriebenen mentalen Leistung noch

die Auswahl des hinsichtlich Genus, Numerus und Kasus formal korrekten Artikels.

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

Struktur selbst komplex ist. (Vgl. Dietz 2003: 152.)

Eine weitere Voraussetzung für Lernbarkeit und Anwendbarkeit ist natürlich der

Wissensstand der Lerner. So würde es z. B. keinen Sinn machen, Regeln mit relativ

abstrakten Formulierungen oder grammatischen bzw. fachsprachlichen Termini anzu-

bieten, wenn diese nicht gut genug nachvollzogen werden können. (Vgl. Butzkamm

1989: 108.)

3.4.1 Genusregeln

Wie wir oben sehen konnten, gibt es Regelmäßigkeiten beim Genus, aber die

genusbestimmenden Merkmale sind zu vielfältig. Bei der Genuszuordnung nach

formalen Kriterien müsste, um z. B. Drama den Artikel das zuordnen zu können,

aus einer größeren Anzahl von Merkmalen die passenden selektiert werden.27 Da die

Anzahl der Merkmale sehr groß ist, scheint eine solche Regel kaum anwendbar. Die

Regeln nach semantischen Kriterien sind da schon praktikabler, allerdings sind sie

nicht weitreichend, da dort lediglich Regularitäten der Genera von Hotel-, Baum-,

Berg- und anderer Namen dargelegt werden. Insgesamt muss also festgestellt werden,

dass für das Gros der Substantive die Genusregeln nicht anwendbar sind.

3.4.2 Pluralregeln

Da das Pluralparadigma fünf Pluraltypen umfasst,28 -e, -(e)n, ohne Endung, -er

und -s, und es außerdem noch etliche Sonderfälle gibt, ergibt sich zum einen das

gravierende Problem der strukturellen Komplexität. Hinzu kommt, dass auch hier

etliche Bedingungen und Unterbedingungen abgefragt werden müssen, um zu der

korrekten Form kommen zu können. Die Anwendung der Pluralregeln wäre also auch

mit so großen Schwierigkeiten behaftet dass diese kaum anwendbar scheinen.

3.5 Regelformulierung

Wie wir oben sehen konnten, ist es wenig sinnvoll, Regeln in aller Exaktheit

und Ausführlichkeit lernen zu lassen. „Die Mühe des Einprägens der Regel stünde

in den meisten Fällen in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem Nutzen, den man

aus ihr zöge.“ (Doyé 1980, zitiert nach Rampillon 1985: 59.) Regeln sollten also

einfach memorierbar sein. Eine Möglichkeit, Regeln memorierbarer zu machen,

27 Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Genuszuordnungsregeln nach formalen Kriterien komplett

gelernt worden wären.

28 Falls man –e, 0-Endung –er mit Umlaut und ohne Umlaut sowie –n und –en als jeweils eigene Plural-

typen betrachten möchte, hätte man sogar ein Paradigma von neun Endungen.

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言語文化論集 第XXVI巻 第 2号

wäre eine Regelreduktion. Die Gesamtregel würde damit stark vereinfacht.29 Für die

Genuszuweisung z. B. können folgende beiden Hinweise nützlich sein:

90 % aller Nomen, die auf unbetontem -e enden, sind Feminina.

52 % aller Einsilber sind maskulin.30

Für den Plural könnte der Lerner sich merken:

Substantive, die auf -e enden bilden den Plural mit –n und

Substantive, die auf Vollvokal enden, bilden den Plural mit –s.31

Eine Möglichkeit, Regeln einprägsamer zu gestalten, sind die Mnemotechniken,

die sich behaltensfördernde Strategien bei der Abspeicherung im Gedächtnis zu

Nutze machen. (Vgl. Sperber 1989.) Eine der gebräuchlichsten Mnemotechniken

sind wohl die Eselsbrücken.32 Da Eselsbrücken oft humorvoll sind, oder zumindest

so wirken, prägen sie sich so ein, dass sie auch Jahrzehnte später noch im Gedächtnis

sind.

Zum Lernproblem ‚Genusbestimmung‘ nennt Sperber folgende Techniken:

a) Chunking von Genusbestimmenden Suffixen in Wortform:33

Der Iglingorismus (aus den Suffixen -ig, -ling, -or, -ismus)

Die Heitungkeiteischaftion (aus den Suffixen -heit, -ung, -keit, -ei, -schaft,

-ion)

Das Tumchenmamentum (aus den Suffixen -tum, -chen, -ma, -ment,

-(i)um).

29 Allerdings muss der Lehrer seine Reduktionen gut erläutern, d. h. er sollte darauf hinweisen, dass das,

was er vermittelt, keine hundertprozentigen Regeln sind, sondern dass es sich vielmehr um „Faustregeln,

Lernhilfen, Hinweise, mehr oder weniger starke(n) Tendenzen“ handelt, da bei nicht ausreichend weit-

reichenden Regeln die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass bei einer Generalisierung dieser Regel ein

Fehler produziert wird. (Götze/Kemme/Latzel 1979: 35.) Der Lerner würde also ohne sein Wissen Fehler

produzieren.

30 Christen 2000 (a): 179 ff.

31 Christen 2000 (b): 202.

32 Rampillon (1985: 59) teilt die Eselsbrücken in drei Gruppen ein:

a) akustische Eselsbrücken: Typisch sind Reime: He, she, it – das „s“ muss mit.

b) optische Eselsbrücken: Diese enthalten Buchstaben oder Buchstabensequenzen, die eine Regularität

aufweisen. Diese Buchstaben können dann hervorgehoben werden: catch – caught, teach – taught;

empfehlen – empfahl – empfohlen, helfen – half – geholfen, treffen – traf – getroffen.

c) systematische Eselsbrücken: Solche Eselsbrücken haben Systeme als Grundlage, die schon bekannt

sind, wie z. B. das Alphabet: i vor y → bicycle

33 Die Quelle der jeweiligen Technik ist bei Sperber nachzulesen.

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

b) Szenisch-zusammenfassende Bilder: Bei dieser Technik werden Substantive des

gleichen Genus in einer Szene, einem Bild festgehalten.

c) Geschichten: Hier werden Substantive des gleichen Genus zu einer „der, die oder

das-Geschichte“ verstrickt.

(Abb. aus Sperber 1989: 154)

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言語文化論集 第XXVI巻 第 2号

Doch auch einzeln können und müssen die Substantive gelernt werden. Das

Lernen des Genus einzelner Substantive kann folgendermaßen mnemotechnisch

aufbereitet werden:

d) Einzelbilder: Zuerst werden Repräsentanten der einzelnen Genera ausgewählt.

Also z. B. Löwe für Maskulinum, eine Königin für Femininum und Feuer für

Neutrum. Danach werden die zu lernenden Substantive bildlich mit den Repräsen-

tanten verbunden. Will man also Briefkasten lernen, so könnte man einen Löwen

malen, der gerade auf einem Briefkasten sitzt. Lernt man Nummer, so könnte man

eine Königin malen, die ein Nummernschild in der Hand hält usw.34

e) Farben: Eine weitere Methode wäre, die Substantive farblich zu markieren, also

z. B. blau, rot und schwarz für Maskulinum, Femininum und Neutrum.35

f) Piktogramme: Hier könnten Piktogramme verwendet werden wie z. B. Mond,

Sonne und Wasser und dann über dem Substantiv notiert werden.

(Abb. aus: Stufen International: S.91)

34 Sperber nennt als Repräsentanten Löwe, Ballerina und Flugzeug und als Lernvokabelbeispiele Salat und

Flut.

35 Laut Sperber eine wenig vielversprechende Methode, da Farbe nur eingeschränkt auf die Behaltens-

leistung positive Wirkung habe. (S.234.) Ich halte es jedoch für wahrscheinlich, dass eine im Lehrbuch-

Text fortlaufende farbliche Markierung einen langfristigen und umfassenden Lernerfolg hervorrufen kann.

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

Mit der „Artikel- und Plural-Demonstration“ in Stufen International finden wir die

wichtigsten Regeln zur Pluralbildung zusammengefasst und kreativ dargestellt:36

Wir NEURTRALEN auf -chen und -lein sind normalerweise klein, Pluralendung?

– Danke nein!

Wir Internationalen und NEURTRALEN wollen ein -s im Plural haben

MASKULINE und NEURTRALE auf -en, -el, -er wollen im Plural keine Endung

mehr!

FEMININE mit -e am End’ wollen im Plural immer -n!

FEMININE auf -in, -ei, -heit, -keit, -schaft, -ung, wollen -en als Pluralendung!37

Als Mnemotechniken bieten sich die Geschichtentechnik und Chunking der Plu-

ralsuffixe an bzw. die Wortbildungstechnik.38

Auch Probleme in anderen Bereichen wie Wortschatzerwerb, Konjugation, Dekli-

nation, Präpositionen und Wortstellung können eventuell entschärft werden, indem

die betreffenden Strukturen und Regeln mnemotechnisch aufbereitet werden.

Die Sprache, in der die Regel abgefasst wird, sollte die Ausgangssprache sein.

Das gewährleistet das Verständnis der sprachlichen Sachverhalte. Der deutsche Reim

für den Dativ regierende Präpositionen

Von AUSBEIMIT nach VONSEITZU fährst immer mit dem DATIV Du

könnte demnach für englische Lerner lauten:

aus – bei – mit – von – seit – nach – zu demand the dative, always do

(Sperber 1989: 209.)

Neben ausgangssprachlich formulierten Regeln und deren mnemonischer Form

sollten auch ausgangssprachlich bzw. –kulturell motivierte Mnemotechniken zur

Anwendung kommen. (Vgl. Sperber 1989: 43 ff.)

4. Konsequenzen für den FremdsprachenunterrichtWelche didaktischen Konsequenzen können nun auf Grund der hier gemachten

Ausführungen vorgeschlagen werden?

1. Der Lernstoff müsste an das Individuum bzw. an seinen gegenwärtigen Leis-

tungs- und Entwicklungsstand angepasst werden. Daher kann und darf man eigentlich

36 Auch wenn m. E. der Behaltenseffekt durch die Formulierung in Reimen als gering einzuschätzen ist.

37 Für Substantive, die als Pluralendung -er und -e haben, geben die Lehrwerksautoren an, dass es keine

Lehrhilfe gibt.

38 Z. B. kann man sich mit dem Namen Eleanor die Endungen -el, -en, und -er maskunliner und neutraler

Substantive, die ja Nullendung haben, merken. (Sperber 1989: 173 f.)

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言語文化論集 第XXVI巻 第 2号

nicht in großen Klassen unterrichten, da i. d. R. der Stand der Lerner unterschiedlich

sein dürfte. Schwache oder weniger kompetente Lerner sollten nicht überfordert und

starke, kompetente nicht unterfordert werden. Ein „differenzierender Grammatik-

unterricht“ wäre angebracht. Um einen möglichst gut angepassten Unterricht

anbieten zu können, ist es u. a. sinnvoll, den Entwicklungs- bzw. Erwerbsstand jedes

Schülers durch frei formulierte Texte oder Testaufgaben zu ermitteln, angepasste

Arbeitsmaterialien anzubieten bzw. zu entwickeln und Gruppenarbeit zu machen.

(Vgl. Diehl et al. 2000: 379 ff.)

2. Die Grammatikprogression darf nicht zu steil bzw. das Pensum nicht zu

umfangreich sein. Man sollte lieber weniger machen, aber dafür intensiv. (Diehl

et al. 2000: 382.) Die damit einhergehende Grammatikreduktion soll dabei nicht

bedeuten, das Niveau abzusenken, sondern das Wenigere, was realistischerweise

machbar ist, zu festigen und somit zu schützen. (Diehl et al. 2000: 376 f.)

3. Die Grammatikinstruktion ist auf einfache Regeln zu beschränken. Die Aneig-

nung komplexer oder ambiguer Formen kann durch explizite Erörterungen nicht

beschleunigt oder verbessert werden. (Diehl et al. 2000: 382.)

4. Im Grammatikunterricht sollte nicht zu viel Wert auf „grammatische Spitz-

findigkeiten“ gelegt werden, da sie „zur Sprachlernung insgesamt nichts beitragen“

würden. Zu denken wäre dabei an verschiedene Strukturen, die jeweils andere

Nuancen einer Hauptbedeutung anzeigen. (Butzkamm 1989: 243.)

5. In die Evaluierung der Schüler sollte nur das hineingebracht werden, was sie

von ihrem jeweiligen Erwerbsstand her zu leisten im Stande sind, also: Nicht das

bewerten, was sie noch gar nicht richtig können.39

6. Da Verstehen gleichzusetzen ist mit a) die Bedeutung einer Äußerung kennen

(lernen) und dann anwenden bzw. darauf reagieren zu können und b). die Verbindung

von Form und Inhalt zu erkennen, kann das sprachliche Verständnis also auch gesi-

chert werden, ohne dass in der Erklärung grammatische Termini oder komplizierte

Anwendungsregeln vorkommen müssen. Eine simple Übersetzung leistet das

Gleiche.40

39 Vgl. Diehl et al. 2000: 382.

40 (Butzkamm 1989: 249).

„Die sinngetreue Übersetzung ist somit ein vorzügliches Mittel, fremde Sprachfunktionen zu verdeutli-

chen, so daß darüberhinausgehende Erklärungen oft über� üssig sind. Wir begreifen direkter und schneller,

worum es geht. Die metasprachliche Erläuterung des Sachverhalts ist uns zumeist weniger zugänglich“

(Butzkamm 1989: 252.).

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Sprachregeln des Deutschen. Vermittelbarkeit und Anwendbarkeit im DaF-Unterricht

Eine Organisation des Grammatikunterrichts in der o. g. Weise birgt sowohl auf

Lerner- wie auch auf Lehrerseite Vorteile: Der Lerner wird zum einen nicht mit

Problem(stellung)en und Aufgaben konfrontiert, die er noch nicht in der Lage ist,

adäquat zu bewältigen, und die ihn, bei negativen Resultaten, frustrieren könnten.

Zum anderen ist eine einfache Darstellungsweise leichter aufzunehmen und signa-

lisiert zudem Simplizität. Das erscheint mir aus psychologischen Gründen äußerst

sinnvoll. Der Lehrer hingegen hätte durch eine solche Planung Zeit gewonnen, die

dann „für didaktische Tätigkeiten eingesetzt werden kann, die dem Spracherwerb

förderlicher sind als das Lernen von Regeln und Paradigmen, die ohnehin keinen

Eingang in die Sprachproduktion finden können.“ (Diehl et al. 2000: 377.)

5. SchlussZiel der Arbeit war zu überlegen, inwiefern die Sprachregeln des Deutschen im

Fremdsprachenunterricht expliziert werden sollten und welcher Lernvorteil aus dem

Regellernen erwachsen könnte. Das Ergebnis dieser Überlegungen ist, dass keine

pauschalen Aussagen gemacht werden können. Welche Regeldarstellung sich als

erfolgreich erweist oder ob auf eine eingehende Darstellung verzichtet werden muss,

muss weiterhin für jedes gegebene Lernproblem geprüft werden. Und zur Frage, ob

die Grammatik im Unterricht eine Rolle spielen sollte, möchte ich Butzkamm (1989:

241) zustimmen: „jede Stunde, in der die Fremdsprache sinnvoll und verständlich

verwendet wird, ist schon eine Grammatikstunde.“ Grammatik ist nichts selbständig

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