spruchverfahren aktuell (spruchz) nr. 1/2013
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Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 1
Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting,
Organverträgen und Fusionen
Nr. 1/2013 vom 16. Januar 2013 ISSN 2195-7274
Inhaltsübersicht
Vorschlag „Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der
Aktienrechtsnovelle 2012“:
Stellungnahme des VFA – Verein zur Förderung der Aktionärsdemokratie: Die
geplanten Änderungen aktienrechtlicher Entschädigungsregelungen als
Unterminierung des Minderheitenschutzes, S. 3
Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Dreier Riedel, S. 9
Standpunkt:
SdK kritisiert den zunehmenden Trend, Nachbesserungsansprüche von Aktionären
nicht auszuzahlen, S. 25
Entscheidungen zu Spruchverfahren:
Squeeze-out bei Keramag AG: LG Düsseldorf lehnt Erhöhung der Barabfindung ab, S.
27
Anstehende und laufende Spruchverfahren:
Ergebnisabführungsvertrag mit der Firma hotel.de AG, S. 28
Barabfindungsangebot an die außenstehenden Aktionäre der Tognum AG, S. 28
Ankündigungen von Strukturmaßnahmen:
DOUGLAS HOLDING AG, S. 31
itelligence AG, S. 32
Spruchverfahren aktuell
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
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Vorwort
Liebe Leser,
zunächst wünschen wir Ihnen ein gutes und erfolgreiches Neues Jahr! Zu dem in der letzen Ausgabe dargestellten Gesetzesvorschlag (Rundschreiben des BMJ) haben uns mehrere Stellungnahmen erreicht, für die wir uns herzlich bedanken und die wir nachfolgend dokumentieren. Entgegen einem heutigen Bericht in der FAZ (S. 19) ist der Gesetzesvorschlag noch nicht beraten (und damit auch noch lange nicht beschlossen) worden. Auch ist klarzustellen, dass das Bundesministerium der Justiz die in der letzten Ausgabe dargestellten Vorschläge nicht selber verfasst, sondern sie auf Bitten der Rechtspolitiker lediglich - als neutraler "Bote" - an die Verbände verschickt hat. Über die weitere Entwicklung werden wir Sie informieren. Die Redaktion
Die Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und
online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ). Sie erscheint
jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen
wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: [email protected]
Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie
kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen.
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Stellungnahme des VFA – Vereins zur Förderung der
Aktionärsdemokratie
Die geplanten Änderungen aktienrechtlicher
Entschädigungsregelungen als Unterminierung des
Minderheitenschutzes
von Jochen Knoesel, Leonhard Knoll, Ulrich Ronge
Verein zur Förderung der Aktionärsdemokratie, Würzburg
1. Einleitung
Mit Datum vom 30.11.2012 wurde „an die am Gesellschaftsrecht interessierten
Verbände“ ein Schreiben des Bundesministeriums der Justiz (Referat III A1; Bearbeiter
MR Dr. Neye, Unterzeichner Dr. Weiß) versandt, in dem um Kenntnis- und
gegebenenfalls Stellungnahme bis zum 15.1.2013 zu einem anliegenden Entwurf
hinsichtlich Änderungen im Umwandlungs- und Aktienrecht gebeten wurde.
Da der Verein zur Förderung der Aktionärsdemokratie ein wesentliches
wissenschaftliches Interesse an den gesetzlichen Rahmenbedingungen für den
Eigentumsschutz und die Anlagebedingungen von Minderheitsaktionären hat,
möchten wir nachfolgend auf diesen Entwurf und die zugehörige Begründung von
Prof. Dr. Hoffmann-Becking eingehen. Wir möchten uns dabei aus den folgenden
Gründen sehr kurz fassen:
Es ist eine Vielzahl von Stellungnahmen zu erwarten, die uns teilweise bekannt
sind. Natürlich teilen wir nicht alle dort vorgetragenen Ansichten, aber es wäre
eine sinnlose Aufblähung von Akten, an dieser Stelle bereits anderweitig
vorgetragene Argumente zu wiederholen.
Der bedeutendste Teil der Gesetzesinitiative betrifft die Einschränkung der
Spruchverfahren auf eine Instanz – eine Bestrebung, die derart unverfroren ist,
dass man sie eigentlich gar nicht kommentieren muss: Man stelle sich einmal
vor, was man an hehren Kommentaren aus Deutschland hören würde, wenn
ein anderer Staat, in dem der Schutz des Eigentums Verfassungsrang genießt,
sich entsprechend verändern wollte. Höchst vorsorglich sei hier nur auf den
Kurzkommentar von Dreier in SpruchZ 2012, 33 f. verwiesen.
Die Besorgnis erregende Situation des aktienrechtlichen Minderheitenschutzes
in Deutschland wurde von einem von uns jüngst bereits in einem
wissenschaftlichen Blog kommentiert; vgl.
http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=11032#more-11032.
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Daher wollen wir uns kurz auf die beabsichtigten Änderungen hinsichtlich
Konzernausgliederungen sowie die Ersetzung der baren Zuzahlung durch Gewährung
zusätzlicher Aktien bei Verschmelzungen beschränken und auch dort jeweils nur
Punkte skizzieren, die vermutlich nicht bzw. nur partiell von anderen Kommentatoren
angesprochen werden.
2. Konzernausgliederungen
Die vergleichsweise kurze Neuregelung einer kompletten Strukturmaßnahme in §
144a UmwG-E mag für unkundige Betrachter eine gewisse Plausibilität aufweisen,
zumal der Abbau von bürokratischen Hemmnissen und Kosten allenthalben eine Art
Generalzustimmung genießt. Leider liegen die Dinge nicht so einfach und leider
betreffen die von einer Installation der beabsichtigten Änderungen ausgehenden
Gefahren wiederum diejenigen, welche sich im Rahmen anderer gesetzlicher
Regelungen und insbesondere deren Veränderungen in den letzten Jahren de facto
nicht wehren können: Minderheitsaktionäre.
Konkret geht es bei Ausgliederungen insbesondere um die Gefahr, dass
übertragende Gesellschaften mittelbar oder unmittelbar wirtschaftlich entkernt
werden, indem wertvolle Teile aus ihrem Vermögensbestand ausscheiden, ohne dass
hinreichende Prüfungen hinsichtlich des aufgegebenen Werts und seiner
Kompensation stattfinden.
Die in der bisherigen Formulierung getroffenen Einschränkungen hinsichtlich des
Buchwertanteils der zu übertragenden Aktiva an der Schlussbilanz der
übertragenden Gesellschaft und der Anrechnung vorhergehender Ausgliederungen
binnen zwölf Monaten sind völlig unzureichend. Der wirtschaftliche Wert von
Vermögensgegenständen und ihr Buchwert können leicht um eine Zehnerpotenz
differieren und liegen sogar beliebig weit auseinander, wenn es um nicht
aktivierungsfähige Werte geht, die in manchen Branchen gerade den
ökonomischen Kern einer Bilanz ausmachen. Folglich ist es nach den
vorgeschlagenen Regelungen möglich, bereits durch eine Ausgliederung das
Vermögen der übertragenden Gesellschaft gravierend zu verändern und diese
Entkernung im Modus einer Salamitaktik Jahr für Jahr weiter fortzusetzen.
3. Ersetzung der baren Zuzahlung durch Gewährung zusätzlicher Aktien
3.1 Nochmalige Einschränkung der Stellungnahme
Die hinsichtlich der betroffenen Gesetzesänderungen als auch ihrer Begründung
umfangreichste Änderung betrifft die Einräumung des Rechts für aufnehmende
Gesellschaften, eine bare Zuzahlung durch Gewährung weiterer Aktien zu
substituieren.
Bereits in den Begründungen für die beabsichtigten Änderungen finden sich eine
Reihe von selbst angesprochenen Problemen, die freilich vom Verfasser des
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Regelungsvorschlags Prof. Dr. Hoffmann-Becking – wenig überraschend – als
befriedigend gelöst erachtet werden. Dass dies an manchen Stellen geradezu bizarr
erscheint, sei hier nur mit dem Beispiel belegt: Im Falle einer baren Zuzahlungspflicht
wegen einer geringeren Bewertung der aufnehmenden Gesellschaft müsste bei
dieser durch die empfohlene Sacheinlage für die neu zu gewährenden Aktien eine
Vermögensmehrung eintreten, denn da die Passivseite der Bilanz eine
entsprechende Verlängerung erfährt, muss c.p. auch die Aktivseite wachsen! Da zu
derartigen Aspekten aber umfassende Stellungnahmen von anderen Stellen zu
erwarten sind, wollen wir uns wie eingangs erwähnt auf Aspekte beschränken, die
anderweitig eventuell nicht in der gebotenen Deutlichkeit angesprochen werden.
3.2 Normzweck
Bei der Beurteilung der vorgeschlagenen Änderungen muss man grundsätzlich
immer den Zweck der in Frage stehenden Regelung betrachten: Er besteht (darin
werden uns auch die Protagonisten der hier kritisierten Initiative nicht widersprechen
können) vorliegend darin, dass Minderheitsaktionäre einer übertragenden
Gesellschaft zumindest hinsichtlich des wirtschaftlichen Werts ihres bisherigen
Eigentums geschützt sind, nachdem sie die Veränderung von dessen Verkörperung
durch die Verschmelzung selbst mangels hinreichendem Quorum nicht verhindern
können. Umgekehrt ist es regelmäßig die aufnehmende und später gegebenenfalls
ausgleichsverpflichtete Gesellschaft, welche durch ihre Stimmenmehrheit in der
Beschluss fassenden Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft die
Verschmelzung erzwingt.
War nun das ermittelte Umtauschverhältnis korrekt, so konnten die
Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft sich nach Durchführung der
Verschmelzung von den ihnen zugeteilten Aktien der übertragenden Gesellschaft
trennen, was wirtschaftlich und rechtlich mit einer vollen Entschädigung im Sinne der
gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts korrespondiert. Das
Instrument der baren Zuzahlung setzt nun genau an der Stelle an, wo im Rahmen
eines Spruchverfahren festgestellt wurde, dass das Umtauschverhältnis zulasten der in
die Verschmelzung gezwungenen Minderheitsaktionäre der übertragenden
Gesellschaft verzerrt war. Für diesen Fall stellt die bare Zuzahlung sicher, dass diese
Minderheitsaktionäre durch Gewährung einer baren Zuzahlung für die Wertdifferenz
und die seither aufgelaufene Verzinsung so gestellt werden, als wenn sie die nur
zwangsweise erworbenen Aktien der aufnehmenden Gesellschaft sofort nach der
Verschmelzung veräußert hätten. Anders formuliert: Die bislang bestehende
Regelung stellt zumindest grundsätzlich sicher, dass es gegenüber einer korrekten
Bestimmung des Umtauschverhältnisses zu keiner wertmäßigen Eigentumsschädigung
der Minderheitsaktionäre kommt. Selbst die jetzt vorgeschlagenen Änderungen
bemängeln mit keiner Silbe, dass die Höhe der in vielen Spruch- bzw. früher
Spruchstellenverfahren festgestellten Kompensation systematisch (!) falsch
ausgerichtet ist.
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3.3 Äquivalente Kompensationsalternativen?
Die Stoßrichtung dieser Änderungswünsche liegt auch gar nicht in der Höhe, sondern
vielmehr im Medium der Erfüllung etwaiger Kompensationsverpflichtungen.
Paradigmatisch ist insofern die Formulierung aus Abschnitt II.1. des
Gesetzgebungsvorschlags:
„Mit dem Ausgleich durch Aktien wird das vom Gesetz verfolgte Ziel, die
wirtschaftlichen Folgen eines unangemessenen Umtauschverhältnisses
nachträglich wirtschaftlich zu kompensieren, ebenso erreicht wie durch die
bare Zuzahlung.“
Bezeichnenderweise wird die ökonomische Logik dieser Aussage erst einige Seiten
später in Abschnitt II.7.3 ohne Bezug auf die soeben zitierte Passage nachgereicht:
„Die Methode (ii) [auf die sogleich zurückzukommen sein wird; JK, LK und UR]
ist aber in jedem Fall für den Ausgleichsberechtigten eine im Vergleich mit
dem Barausgleich nach § 15 UmwG gleichwertige und zumutbare Lösung, da
er die als Ausgleich erhaltenen Aktien über die Börse veräußern kann.“
Diese Logik erweist sich indessen hinsichtlich der selbst benannten Gründe für die
gewünschte Änderung als unzureichend: Sind die neuen Aktien in der Welt, können
sie grundsätzlich von jedem an den Mann oder die Frau gebracht werden, sei es die
emittierende Gesellschaft selbst oder die mit ihnen nachträglich kompensierten
Minderheitsaktionäre der längst untergegangenen Gesellschaft. Hätte die
aufnehmende Gesellschaft also ein Liquiditätsproblem, könnte sie dieses c.p. just
durch eine entsprechende „normale“ Kapitalerhöhung lösen. Gibt es indessen ein
„Veräußerungsproblem“ mit den jungen Aktien, wird es nach dem aktuellen
Vorschlag gerade denjenigen aufgebürdet, die von Gesetzes wegen gegen
Eigentumsschäden geschützt werden sollen, während die aufnehmende
Gesellschaft korrespondierend entlastet wird, obwohl es regelmäßig gerade sie war,
die mit einer Stimmenmehrheit in der entscheidenden Hauptversammlung der
übertragenden Gesellschaft ehemals die streitgegenständliche Verschmelzung
durchgesetzt hatte!
Das Problem ist insofern also entweder nicht gegeben, was jeden behaupteten
Anlass einer Änderung des gesetzlichen Status quo ad absurdum führen würde, oder
es besteht in einer Weise, der die konkret vorgeschlagene Änderung völlig
unakzeptabel macht, weil eine äquivalente Kompensation im unbestrittenen Sinne
der bisherigen Regelung nicht mehr stattfinden würde.
3.4 Was man dem Einen gibt, …
Diese für die vorgeschlagene Änderung bereits vernichtende Zwickmühle gilt
allgemein, wenn man der übernehmenden Gesellschaft ein Wahlrecht im Sinne des
vorgeschlagenen § 72a Abs. 1 UmwG einräumt, also unabhängig von den beiden in
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Kapitel II.7. vorgeschlagenen Methoden (i) und (ii) für die Ermittlung der Zahl der zu
gewährenden Aktien, deren Wert bei (i) nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der
Verschmelzung und bei (ii) nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der nachträglichen
Kompensation zum Ansatz kommt.
Bei der im letzten Zitat nicht angesprochenen Alternative (i) ergibt sich indessen ein
weiterer Defekt, der relativ kurz dargestellt werden kann. Wenn auf das im
Verschmelzungszeitpunkt richtige Umtauschverhältnis und die hierfür nötige Zahl
zusätzlich zu gewährender Aktien der aufnehmenden Gesellschaft zum damaligen
Wert rekurriert wird, bleibt die Wertentwicklung der Aktien seither außer Betracht. In
Abschnitt II.7.1 wird zwar auf einige Probleme gesellschafts- und
finanzierungstechnischer Struktur hingewiesen und als Lösung eine bare
Kompensation der gesetzlichen Verzinsung vorgeschlagen, doch bleiben „normale“
Wertänderungen seit dem Verschmelzungsstichtag außer Betracht. Durch das
beabsichtigte Wahlrecht der aufnehmenden Gesellschaft wird diese ihre
Ausgleichsverpflichtung natürlich in Form zusätzlicher Aktien leisten, wenn der
Aktienkurs in der Zwischenzeit gefallen ist, und bei gestiegenem Kurs in bar.
Umgekehrt erhalten die Minderheitsaktionäre nur im letzteren Fall die dem
Normzweck entsprechende Kompensation und werden durch das Ausnutzen des
geplanten Wahlrechts bei gefallenen Kursen eben nicht „voll entschädigt“.
Aus finanzierungstheoretischer Sicht ist dies keineswegs überraschend: Die
Einräumung dieser Alternative ist nichts anderes als die Gewährung einer Option an
die übertragende Gesellschaft, bei der die abzufindende Minderheit als Stillhalter
fungiert, ohne eine bei frei vereinbarten Optionsgeschäften vereinbarte Prämie zu
erhalten. Entspricht nun die ermittelte bare Zuzahlung im bisherigen Sinne einer vollen
Entschädigung, muss eine Abfindung in Aktien zwangsläufig geringer sein, weil der
Wert der Option von der baren Zuzahlung abzuziehen ist.
Damit verstößt Methode (i) sogar doppelt gegen das verfassungsmäßige Gebot der
vollen Entschädigung.
3.5 Umkehrung der jüngerer Entwicklungen
Ergänzend zu diesen schon für sich schlagenden Befunden sei noch angemerkt, dass
das Verlangen einer Kompensation in Aktien jüngeren Entwicklungen zuwider läuft.
So wurde das (von uns keineswegs befürwortete) Institut der §§ 327a AktG, das seit
2002 die weit überwiegende Zahl aller Spruchverfahren betrifft, unter anderem mit
dem Argument eingeführt, dass eine Barkompensation aus verschiedenen Gründen
gegenüber einer Kompensation in Aktien vorzuziehen sei. Zwar betrifft dies die
Maßnahme selbst, doch wird nicht einmal im vorliegenden Gesetzesvorschlag
jenseits von umwandlungsrechtlichen Strukturmaßnahmen eine Nachbesserung von
Abfindungen in Form von Aktien propagiert. Insoweit steht aber umgekehrt zu
befürchten, dass bei einem Erfolg der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen schon
bald auch für andere Strukturmaßnahmen Veränderungen der Kompensationsform
vorgeschlagen werden.
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Was die Erhöhung der finanziellen Belastung durch die Verzinsung der baren
Zuzahlung angeht, übersieht der Vorschlag, dass diese erst durch das ARUG in der
heutigen Höhe fixiert und die vormals geringere Verzinsung (unseres Erachtens zu
Recht) entsprechend erhöht wurde. Das Beklagen dieser Zinslast und die
vorgeschlagene Form ihrer Kompensation bei Methode (ii) haben somit den schalen
Beigeschmack, dass man den Konsequenzen der damals überfälligen Reform nun
über einen Umweg entkommen will.
4. Fazit
Nach Maßgabe der vorgetragenen Argumente lehnen wir den Gesetzesvorschlag
sowohl persönlich als auch für den von uns vertretenen Verein zur Förderung der
Aktionärsdemokratie ab.
Ein Problem sehen wir in der Realität allenfalls dann, wenn keine Dominanzbeziehung
bei einer Verschmelzung vorliegt („Merger of Equals“) und bei der übernehmenden
oder aufnehmenden Gesellschaft durch die Nachzahlungsverpflichtung ein
existenzielles Problem entsteht. Dieser seltenen Konstellation ist indessen nicht durch
ein generelles Wahlrecht hinsichtlich der Kompensationsform zu begegnen, sondern
durch die Möglichkeit, dass das erkennende Spruchgericht ausnahmsweise eine
andere Erfüllungsform als die Barzahlung für den konkreten Fall festlegt und dabei
umfassenden Begründungspflichten genügt.
Eine darüber hinaus gehende Gesetzesnovelle lässt sich jedenfalls mit den im
vorliegenden Vorschlag gegebenen Argumenten nicht begründen und wirft eher
Fragen nach den Motiven der Initiatoren der beabsichtigten Änderungen auf.
Sollte dem Gesetzgebungsvorschlag in der vorliegenden Formulierung dennoch
gefolgt werden, so ist schon heute abzusehen, dass sich diese Änderungen schon
bald einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht ausgesetzt sehen.
Würzburg, 15.1.2013
gezeichnet
Jochen Knoesel Prof. Dr. Leonhard Knoll Dr. Ulrich Ronge
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Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Dreier Riedel
von Rechtsanwalt Dr. Peter Dreier und Rechtsanwalt Toni Riedel
Wir raten dringend davon ab, die vorgeschlagenen gesetzlichen Änderungen
umzusetzen. Unsere Ablehnung ist grundsätzlicher Natur, da eine weitere Absenkung des
Minderheitenschutzes nicht angezeigt ist und die Vorschläge inhaltlich erhebliche
Probleme schaffen.
Die unterbreiteten Vorschläge liegen allein im Interesse der Aktiengesellschaften und
deren Vorständen und missachten die Balance der verschiedenen Interessenpositionen
des Gesellschaftsrechts, welche das vorhandene Rechtsschutzsystem ausgleichen soll.
Die vorgeschlagene Ersetzungsbefugnis schützt den für die Boni der Vorstände
relevanten Bilanzgewinn und überträgt das Risiko zwischenzeitlicher Wertveränderungen
der zu liefernden Aktien auf die Ausgleichsberechtigten. Die vorgeschlagene Änderung
des SpruchG ist aus diesseitiger Sicht verfassungswidrig, auch wenn es keine
verfassungsmäßige Gewähr eines Instanzenzugs gibt. Der wegen der erheblichen
Einschränkung der Anfechtungsklage noch verbleibende Rechtsschutz im Spruch-
verfahren würde angesichts der verfassungsmäßig geschützten Vermögensposition der
berechtigten Minderheitsaktionäre in nicht gerechtfertigter Weise verringert. In jedem
zivilrechtlichen Streit ist eine Prüfung der erstinstanzlichen Entscheidung eröffnet!
Jedenfalls stellt der Vorschlag einen nicht nachvollziehbaren Bruch sowie eine
offensichtliche Diskontinuität im Rechtsschutzsystem dar, da erst 2009 über § 70 FamFG
die Rechtsbeschwerde eröffnet wurde, welche zur Herstellung der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung wegen erheblich differenzierender Rechtsprechung der Oberlandes-
gerichte (OLGs) auch dringend notwendig war.
Versteckter Zweck der vorgeschlagenen Änderung des Spruchverfahrens ist die
sukzessive Entwertung und letztlich die Abschaffung des für alle gesetzlichen
Abfindungsmaßnahmen sowie das nicht geregelte Delisting geltenden Spruchverfahrens.
Endziel der Verfasser des Gesetzesentwurfs ist eine reine Abfindungspflicht auf Basis des
Börsenkurses entsprechend dem WpÜG, welche jegliche Unternehmensbewertung
überflüssig machen würde. Anscheinend möchte man, obwohl das ARUG im Hinblick auf
die Eindämmung von Anfechtungsklagen offensichtlich unmittelbar Erfolg gezeigt hat,
jetzt noch den „Schwung” der alten Problemlage nutzen, um den Minderheitenschutz
ohne große Diskussion noch schnell in dieser Legislaturperiode vollends auszuhöhlen.
Dabei möchte man die derzeitige teilweise obergerichtliche Tendenz, insbesondere der
aus unserer Sicht minderheitsaktionärsfeindlichen Rechtsprechung des OLG Stuttgart, hin
zu einer reinen Vertretbarkeits- und Missbrauchskontrolle von Unternehmensbewertungen
in Spruchverfahren nutzen. Dem liegt mutmaßlich der Wunsch zu Grunde, dass sich bei
Verlagerung der erstinstanzlichen Zuständigkeit auf das OLG, die über 40 Jahre
gewachsene Rechtspraxis der Überprüfung von gesellschaftsrechtlichen Abfindungen
brechen lässt, indem die Oberlandesgerichte – auch wegen begrenzter Ressourcen - auf
die Rechtsprechung des OLG Stuttgart einschwenken.
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In Zeiten, in welchen Korruption, Selbstbedienung und Inkompetenz eines Teils der
Organe der Aktiengesellschaften verstärkt zu Tage treten (siehe Siemens, ThyssenKrupp,
Ergo, Deutsche Bank etc.), wäre es ein fatales Signal an die Vorstände, den
verbleibenden Rest des Minderheitenschutzes weiter auszudünnen. Vor diesem
Hintergrund, ist die weiter fortschreitende Reduzierung von Aktionärsrechten und damit
Kontrollrechten wenig nachvollziehbar. Statt die Kontrollmöglichkeiten zu stärken, sollen
sie schrittweise abgeschafft werden. Dieser Weg ist falsch.
§ 246a AktG ist auch nach wesentlichen Literaturstimmen über das Ziel
hinausgeschossen. Die Minderheit kann naturgemäß nicht über das Stimmrecht, sondern
nur über Rechtsmittel Interessen durchsetzen. Dieser legitime „Lästigkeitswert“ ist kein,
etwa nur räuberischen Aktionären zuzuschreibender negativer Begriff, sondern –
bezogen auf gesellschaftsrechtliche Abfindungen – die einzige Möglichkeit der
Kompensation der fehlenden Verhandlungssituation unter Bestimmung des jeweiligen
wirtschaftlichen Grenznutzens. Insoweit wird auch das Spruchverfahren als lästig
betrachtet.
Wir geben zu bedenken, dass die öffentlichen Rentenversicherungsträger, Ver-
sorgungswerke u.a. ebenfalls Anleger oder Aktionäre sind. Auch diese sind von Squeeze
Outs, Unternehmensverträgen, Verschmelzungen und anderen Abfindungsmaßnahmen
und dort anzutreffenden Fehlbewertungen betroffen. Insoweit sind die meisten Bürger,
wenn auch zum Teil nur mittelbar, vom effektiven vermögensrechtlichen Rechtsschutz im
Gesellschaftsrecht betroffen. Dabei gilt heute mit Blick auf § 62 Abs. 5 UmwG bereits eine
Minderheit von 10% des Grundkapitals als unwesentlich, d.h. diese kann gegen ihre
Zustimmung nach Belieben der Mehrheit aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
Die Mehrheit bestimmt Zeitpunkt und Höhe der Abfindung. Rege nutzen die
Hauptaktionäre bereits die Möglichkeit dieses Squeeze Outs.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Hoheit des IDW über Bewertungsfragen seit
langem das Einfallstor der Industrie ist, gesellschaftsrechtliche Abfindungen auf
Ertragswertbasis durch Änderung der Bewertungsstandards systematisch zu verringern.
Es stellt zudem einen Widerspruch dar, im Bereich der Anlageberatung den sekundären
Rechtsschutz stetig zu verbessern, den primären Rechtsschutz der Anleger als Aktionäre,
der angeblichen „Effizienz“ der Unternehmen zu opfern. Hier ist bereits eine Flucht aus
dem regulierten Markt in die qualifizierten Freiverkehrssegmente zu beobachten, mit
welcher immer mehr börsennotierte Unternehmen den Anlegerschutz über WpHG,
WpÜG und sonstige Vorschriften abfindungsfrei aushebeln. Hier bestünde
Handlungsbedarf!
I. Vorschlag zur Verkürzung des Instanzenzuges im Spruchverfahren, § 11 SpruchG-E
Der nicht bzw. falsch begründete Vorschlag zur Verkürzung des Instanzenzuges von
derzeit drei auf nur noch eine Instanz ist aus folgenden Gründen abzulehnen:
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- Eine angemessene wirtschaftliche Kompensation ist Teil des Vermögensrechtes der
Aktie und von Art. 14 GG erfasst. Insoweit werden Grundrechte tangiert (so
grundlegende Entscheidungen des BVerfG in Sachen Dat/Altana, Moto-Meter und
Feldmühle). Bereits bei Bagatellfällen in anderen Situationen ist ein Instanzenzug
gewährt. Gerade hier, wo Eingriffe in grundrechtlich geschützte Positionen geprüft
werden, ist Prüfbarkeit der Entscheidung durch Instanzen erforderlich.
- In der Moto-Meter-Entscheidung des BVerfG wird explizit ausgeführt: "Es muss
Sicherungen dafür geben, dass ein zum Ausscheiden gezwungener Aktionär erhält,
was seine gesellschaftliche Beteiligung an dem arbeitendem Unternehmen Wert ist"
(BVerfG, DB 2000, 1905, 1906) und es führt aus: "Entscheidend ist, dass die
Rechtsordnung hinreichende Schutzvorkehrungen für die Minderheit bereithält. Die
gerichtliche Kontrolle kann auch im Rahmen einer Anfechtungsklage erfolgen"
(BVerfG, DB 2000, 1905, 1907). Dies unterstreicht zum einen den Verfassungsrang. Zum
anderen untermauert es die Wichtigkeit gerichtlicher Kontrollmöglichkeiten.
Hinreichende Schutzvorkehrungen bestehen nur dann, wenn bei diesem wichtigen
Gut von Verfassungsrang Prüfungsmöglichkeiten der gerichtlichen Entscheidungen
existieren. Eine Instanz ist hier sicherlich nicht hinreichend.
- Durch eine Verlagerung auf die OLGs tritt keine wesentliche Verkürzung der
Spruchverfahren ein, denn die zweite Instanz dauert nach eigener Beobachtung
mangels Einholung von Gutachten in der Regel kaum länger als 2 Jahre. Eine
Beschleunigung der erstinstanzlichen Verfahren mit den bereits zur Verfügung
stehenden rechtlichen Mitteln reicht daher aus.
- Überwiegend verzögern zudem Gutachter sowie die Hauptaktionäre bzw.
Antragsgegner selbst im Rahmen der erforderlichen Vorlage von Unterlagen die
Verfahren.
- Ein Verweis auf das aktienrechtliche Freigabeverfahren geht mangels
Vergleichbarkeit dieses beschleunigten Spezialverfahrens, welches ein weiteres
Hauptsacheverfahren voraussetzt, völlig fehl, insbesondere auch weil das
Spruchverfahren keine Maßnahme blockiert. Darüber hinaus besteht keine
Eilbedürftigkeit. Ebenfalls läuft im Eilverfahren das Hauptverfahren weiter parallel, so
dass Rechtsbeeinträchtigungen weiterhin im Instanzenzug verfolgt werden können.
- Die Umsetzung des Vorschlags würde zu einer offensichtlichen Diskontinuität der
Gesetzgebungstätigkeit führen, da erst 2009 über § 70 FamFG die Rechtsbeschwerde
zum BGH eingeführt wurde und diese wegen der uneinheitlichen OLG-
Rechtsprechung auch dringend notwendig ist! Nunmehr entgegen des
ausdrücklichen Willens des Gesetzgebers statt auf drei nur auf eine Instanz abzustellen
ist widersprüchlich, nicht begründbar und unterläuft den seinerzeit geäußerten
ausdrücklichen Willen.
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- Einschränkungen von Aktionärsrechten sind bereits durch dass ARUG massiv. Weitere
Beschneidung auch noch der vermögensrechtlichen Komponente würde über das
Ziel hinausschießen. Geboten wäre es umfangreichere Kontrollmöglichkeiten zu
etablieren, statt Rechte weiter zu kürzen.
- Eine Konzentration auf die OLGs ist wegen des Umfanges der Sachverhaltsaufklärung
unpraktikabel. Hier wird wichtige Vorarbeit durch die LGs geleistet
(Anhörung Angemessenheitsprüfer, Auseinandersetzung mit den komplizierten
Bewertungsrügen etc.). OLGs sind weder personell noch vor dem Hintergrund der
enormen zeitlichen und damit finanziellen Aufwendungen (Kosten Senate/ Besetzung
mit drei Richtern R3) in der Lage diese „Vorarbeit“ in einem angemessenen
Aufwand/Ertragsverhältnis zu leisten.
Die Vorschläge in Bezug auf das eininstanzliche Verfahren sind nicht neu und wurden
bereits in der Vergangenheit zu Recht abgelehnt. Mit der Fahne des Kampfes gegen
Berufsopponenten soll nach Beerdigung, jedenfalls wesentlicher Entwertung des
Anfechtungsrechts für Minderheitsaktionäre über § 246a AktG nunmehr auch das
„lästige“ Spruchverfahren eingedämmt werden. Wer jedoch stellt die Frage nach
„räuberischen“ Vorständen, welche die Gesellschaften und deren Anteilseigner
ausnehmen, in extremem Umfang externe Berater zur Erbringung der ihrerseits
geschuldeten Managementleistung und zur Vermeidung jeglicher Haftung für eigene
Entscheidungen anstellen und überwiegend am eigenen monetären Erfolg orientiert sind
statt am Unternehmens- und Aktionärsinteresse? Wer ergreift Partei für die Minderheiten
gegen „räuberische“ Hauptaktionäre, die sich billig der Aktien der Minderheit
bemächtigen wollen?
Um nicht falsch verstanden zu werden: An der grundsätzlichen Interessenlage eines
abfindungsverpflichteten Hauptaktionärs wenig an die Minderheit bezahlen zu müssen,
und dem Interesse letzterer, eine hohe Abfindung zu erzielen, ist moralisch nichts
Verwerfliches. Mangels Verhandlungssituation zwischen Mehrheit und Minderheit ist
jedoch der den einseitigen Entzug ihrer Rechtspositionen duldenden Minderheit in
erhöhtem Maße Schutz zu gewähren. Dies beinhaltet auch eine Überprüfbarkeit einer
erstinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung.
Die großen und mittleren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind überwiegend die
Berater der Unternehmen und Vorstände. Insoweit ist auch das IDW traditionell nicht am
Ausgleich von Mehrheits- und Minderheitsinteressen orientiert, sondern von den
Interessen der Mehrheitseigner bzw. Unternehmensorgane dominiert, welche auch das
IDW bezahlen. In 2012 gab es quasi drei Empfehlungen des IDW zur für die Bewertung in
hohem Umfang relevanten allgemeinen Marktrisikoprämie: 4,5%, 5% und 5,5%. Alle
Empfehlungen erfolgten ohne besondere Sachaufklärung und statistische
wissenschaftliche Erhebungen oder sonst wissenschaftlich nachvollziehbare Analysen,
sondern in völlig intransparenter Weise auf Betreiben der beteiligten großen
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Ursächlich waren beispielsweise die Klagen der
abfindungspflichtigen Unternehmen, dass wegen des niedrigen Basiszinssatzes höhere
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Unternehmenswerte errechnet werden müssten. Dabei hat seit dem Jahre 2000 die
sukzessive Veränderung der Bewertungsstandards des IDW bereits zu einer
systematischen Abfindungsreduktion von mindestens 30% geführt.
Die Angemessenheits- bzw. Vertrags- oder Verschmelzungsprüfung hat sich nicht
bewährt. Zugegeben sind die Prüferberichte zwischenzeitlich besser und transparenter
geworden. Kein Angemessenheitsprüfer hat nach Kenntnis des Unterzeichners aus über
100 Spruchverfahren im Rahmen von Anhörungen im Verfahren jemals seine eigenen
Einschätzungen zur vorher testierten Angemessenheit korrigiert.
Nach eigener Aussage der Prüfer fühlen diese sich vollumfänglich an die IDW
Empfehlungen gebunden, nicht jedoch, soweit sie als gerichtliche Sachverständige
bestellt wurden. In diesem Falle fühlen sie sich freier, auch im Bezug auf das Korsett des
IDW.
Durch die Änderungen im Rahmen des FamFG wurden auch für Spruchverfahren die
Rechtsbeschwerde zum BGH eingeführt, § 70 FamFG. Dies ist auch dringend notwendig
gewesen, um die Einheitlichkeit der Rechtsordnung zu gewähren. Der Bewertungsfragen
sind Rechtsfragen und diese werden mittlerweile durch die verschiedenen OLGs sehr
unterschiedlich beurteilt. Jedoch kann es kaum sein, dass ein und dasselbe Unternehmen
in Stuttgart weniger wert ist, als wenn es in München sitzen würde. Mittlerweile sind zum
Beispiel nach diesseitiger Erfahrung in 99,9% der Spruchverfahren in Stuttgart keine
Abfindungserhöhungen festzustellen. Dabei setzte die Verschärfung der Rechtsprechung
abrupt ein. Andere OLGs urteilen ausgewogen bzw. weiterhin am Interessenausgleich
orientiert, wenngleich Hamburg und Frankfurt nach entsprechenden Richterwechseln
entsprechend dem OLG Stuttgart ihre Rechtsprechung zu Lasten der Minderheit
erheblich verschärft haben. Ohne die Rechtsbeschwerde bestünde keine Aussicht, diese
unterschiedlichen Rechtspositionen höchstrichterlich prüfen zu lassen, obwohl es um
verfassungsrechtlich garantierte Rechtspositionen geht.
Bei den meisten Abfindungsmaßnahmen, insbesondere beim Squeeze Out, bestimmt der
Hauptaktionär die Abfindung, § 327 b Abs. 1 AktG. Auch bei in Konzernverhältnissen
üblichen Unternehmensverträgen gibt es keine echte Verhandlungssituation, ebenso
wenig bei Konzernverschmelzungen. Ohne gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit des
Zwecks des Ausschlusses der Minderheit, ja selbst im Falle der bewusst temporären
Herbeiführung der formellen Voraussetzungen (z.B. 95% Anteilsbesitz) über Zwischen-
lösungen wie Wertpapierdarlehen können die Minderheitsaktionäre ausgeschlossen
werden, nunmehr bereits mit 90% Hauptaktionärsanteil. Selbst wenn die
Angemessenheitsprüfung zur Unangemessenheit der angebotenen Abfindung führt oder
diese Prüfung gänzlich unterbleibt, ist dies gesellschaftsrechtlich mit der
Anfechtungsklage nicht angreifbar. Bewertungsfragen berechtigen nicht zur
Beschlussanfechtung, § 243 Abs. 4 Satz 2, § 327f Satz 1 AktG. Die Minderheit ist im Sinne
eines „dulde und liquidiere“ auf eine nachträgliche Durchsetzung ihrer
vermögensrechtlichen Positionen verwiesen. Die zivilrechtliche einseitige Leistungs-
bestimmung gemäß § 315 BGB wie auch sonst jeder zivilrechtliche vermögensrechtliche
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 14
Angelegenheit ist im Rahmen von mehreren Instanzen (bei einer Beschwer in Höhe von
600 Euro) voll überprüfbar. Bei der Entschädigung im Rahmen der Enteignung unter
Privaten soll dies nach Ansicht der Verfasser des Gesetzgebungsvorschlags nicht mehr
gelten. Gerade die tatsächliche Aufklärung der komplexen Unternehmensbewertung
und ihrer Prämissen, also der Unternehmensplanungen, welche für die Minderheit, etwa
auch aus oft vorgebrachten Gründen des Geheimnis- und Wettbewerbsschutzes nicht
detailliert offen gelegt werden, bedürfen einer vollen gerichtlichen Überprüfung
einschließlich einer Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidung der ersten
Tatsacheninstanz. Gerade weil auch trotz gesetzlich vorgeschriebenen Übertragungs-
oder Vertragsberichts die Bewertung für die Minderheit als „Blackbox“ stattfindet, indem
Gutachter, Vorstände, deren Rechtsberater mit den Prüfer zusammensitzen und
entsprechenden Einfluss ausüben, der Vorstand die Planungen im Wesentlichen vorgibt
oder der Gutachter die Planzahlen berechnet, die Minderheit jedoch am ganzen Prozess
nicht beteiligt ist, erfolgt erstmals im Spruchverfahren eine Überprüfung, insbesondere
auch der Bewertungstatsachen.
Der im Gesetzesvorschlag anklingende Vergleich, oder besser Verweis auf das
aktienrechtliche Freigabeverfahren mit seit dem ARUG nur noch einer OLG-Instanz ist in
mehrfacher Hinsicht völlig verfehlt. Voraussetzung des Freigabeverfahrens ist ein an-
hängiges Hauptsacheverfahren in Form einer Anfechtungs- und/oder Nichtigkeitsklage,
in welchem auch nach Freigabe eine Entscheidung ergeht und drei Instanzen eröffnet
sind. Das Freigabeverfahren stellt insoweit nur einen einstweiligen besonderen
Rechtschutz dar, wenn auch wegen der Bestandskraft der auf die Freigabe gestützten
Eintragung mit teilweise endgültiger Vorwegnahme der Hauptsache. Dabei sollen
überwiegende Interessen des Unternehmens den Ausschlag dafür geben, selbst bei
nichtigen Hauptversammlungsbeschlüssen Maßnahmen umzusetzen.
Im Spruchverfahren, welches weder das Unternehmen noch den Hauptaktionär
blockiert, sondern in welchem allein vermögensrechtliche Ansprüche auf Nach-
besserung gegenständlich sind, besteht eine gänzlich andere, nicht vergleichbare
Situation. Wenn Anfechtungsklage und Spruchverfahren im Zusammenspiel den
notwendigen Minderheitenschutz darstellen, so ist nach faktischem Ausschluss der
Anfechtungsklage für Aktionäre mit einer Beteiligung von 1.000 Euro nominal, was bei
einem Aktienkurs von 100 Euro und anteiligem Betrag von 1 Euro je Aktie einen Wert von
100.000 Euro ausmacht, allein das Spruchverfahren der noch relevante Rechtsbehelf.
Hinzu tritt, dass man bei Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit auch die vor dem
Spruchverfahren stattfindende Auswahl der gesetzlichen Angemessenheits-, Vertrags-
und Verschmelzungsprüfer beim OLG ansiedeln müsste, anderenfalls der land-
gerichtliche KfH-Vorsitzende den Prüfer auswählen und diesem Prüfungsvorgaben
erteilen würde, er dann jedoch nicht mehr mit dem eigentlichen Verfahren befasst wäre.
Zudem ist die fehlende Prüfungskontrolle einer richterlichen Entscheidung mit
rechtsstaatlichen Grundsätzen schlichtweg unvereinbar. Es muss Möglichkeiten geben,
richterliche Entscheidungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüfen zu lassen.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 15
Dies gilt insbesondere auch für die Spruchverfahren, die mit Blick auf die
vermögensrechtliche Kompensation in Abfindungsfällen die einzige Prüfungsmöglichkeit
bieten. Früher ebenfalls mögliche Anfechtungsrügen, die im Hauptverfahren auch im
Instanzenzug (s.o.) verfolgt werden können, greifen hier wegen der ausschließlichen
Anwendbarkeit des Spruchverfahrens nicht.
Ebenfalls ist die Konzentration auf die ohnehin überlasteten Oberlandesgerichte
unpraktikabel; in tatsächlicher Hinsicht wohl auch undurchführbar, da die zeitlichen
Ressourcen, die für die Bearbeitung derart umfangreicher Fälle erforderlich ist,
schlichtweg fehlen. Es steht dann zu befürchten, dass die mit der Angelegenheit
ausschließlich beschäftigten Oberlandesgerichte aus bloßen Vereinfachungsründen -
soweit irgendwie noch begründbar - allein auf den Börsenkurs abstellen, um
umfangreiche und oftmals zeitintensive Auseinandersetzungen mit den einschlägigen
Bewertungsverfahren zu vermeiden. Die wirtschaftlich volle Entschädigung der Aktionäre
dürfte dann oftmals auf der Strecke bleiben.
II. Vorschlag einseitige Ersetzungsbefugnis hinsichtlich Nachteilsausgleich, § 72a UmwG
Die vorgeschlagene Ersetzungsbefugnis der abfindungsverpflichteten Gesellschaft ist aus
zahlreichen Gründen abzulehnen:
- Die Notwendigkeit einer solchen Regelung ist weder ersichtlich noch begründet.
Der Barausgleich ist ein probates Mittel.
- Mit der angeblichen Existenzbedrohung wird eine falsche Fiktion ohne jegliche
Auswertung historischer Daten unterstellt. Die Ausgleiche sind, selbst im wohl
bekanntesten Fall, nämlich Verschmelzung der T-Online auf die Deutsche
Telekom, tatsächlich eher äußerst überschaubar, so dass nur minimale
Belastungen drohen.
- Das Eigenkapital wird auch nicht unnötig belastet. Auch bei der
Sachkapitalerhöhung entsteht eine gleichwertige Belastung des Eigenkapitals.
Wenn keine Liquidität vorhanden sein sollte kann gleichfalls auch von § 186 Abs. 3
Satz 4 AktG (vereinfachter Bezugsrechtsausschluss bei Barkapitalerhöhung)
Gebrauch gemacht werden.
- Auch die Zahlung mit Aktien mindert die Möglichkeit der Kapitalaufnahme, so
dass dies kein Argument sein kann.
- Die inter omnes Wirkung kann nicht als Argument für hohe Zahlungspflicht
herhalten, da jeder Aktionär wirtschaftlich voll zu entschädigen ist.
- Die Regelung ist nicht interessengerecht, da sie allein ausgleichberechtigte
Aktionäre benachteiligt.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 16
- Eine wesentliche Verlängerung des Spruchverfahrens wäre die Folge, jedenfalls
der Erhalt der Nachbesserung würde erheblich verzögert, insbesondere bei noch
notwendiger Kapitalerhöhung.
- Wertmäßig ist der Vorschlag unangemessen, weil der Börsenkurs der zu
gewährenden Aktien nicht deren wahren, dem Barausgleich nominal
entsprechenden Wert repräsentiert und weder einen Bezug zum
Bewertungsstichtag noch zum Tag der Fälligkeit der Nachbesserung aufweist.
Zudem ändert sich der Börsenkurs ständig, was bei sinkendem Kurs zu erheblichen
Nachteilen allein der Abfindungsberechtigten führt.
- Bei nichtbörsennotierten Aktien ist gänzlich offen, wie die Jahre nach dem
Bewertungsstichtag zu gewährenden Aktien bewertet werden. Eine Abgeltung
der Dividenden und Bezugsrechte allein durch Zinsen ist nicht sachgerecht.
- Bei nichtbörsennotierten Gesellschaften: Ausgleich in Aktien auf Basis des
Bewertungsstichtages führt zur Gefahr, dass massiv in Rechte der Aktionäre
eingegriffen wird, da sich durch Zeitablauf der Wert der zu zahlenden
Gegenleistung (Aktien der Mutter) anders als bei derzeitigem Barbetrag massiv
zum Nachteil der Minderheitsaktionäre verschlechtern kann. Für diesen Wertverlust
würde keine Kompensation gezahlt. Insoweit ist Lösung schlichtweg
undurchführbar. Minderheitsaktionäre können „Glück oder Pech“ haben. Wie sich
neue Gesellschaft aber entwickelt hängt maßgeblich von anderen Umständen
ab, als diejenigen, welche die Geschicke der alten Gesellschaft bestimmten.
- Bei börsennotierten Gesellschaften: Abstellen auf Börsenkurs scheidet bereits
wegen Verstoßes gegen das Stichtagsprinzip aus. Ebenfalls stellt sich hier Frage
nach der korrekten Wertermittlung: Dieses Ergebnis müsste dann selbst wieder in
einem Spruchverfahren prüfbar sein, da andernfalls die inzident neu
durchgeführte Bewertung zwecks Bestimmung des Ausgleichs in Aktien nicht
prüfbar wäre. Ebenfalls fehlen hier Grundlagen, was als notwendige Daten zwecks
Ermittlung einzureichen ist. Tatsächlich müsste neues Gutachten erstellt werden,
neue Planungen müssten vorgelegt werden und diese müssten von einem
unabhängigen Prüfer kontrolliert werden. Der Ablauf und die Anforderungen sind
unklar.
- Bei börsennotierten Gesellschaften: Das ausschließliche Abstellen auf den
Börsenkurs ist untauglich, da keine vollwertige wirtschaftliche Entschädigung
gewährt wird. Bei voller wirtschaftlicher Entschädigung ergeben sich die Probleme
siehe vorangegangener Absatz. Der Verweis auf die Leistungsklage ist ebenfalls
völlig untunlich, da dann die Probleme der Feststellung der Entschädigung aus
dem Spruchverfahren (originäre Ort) herausgelagert werden und individuell auf
die Leistungsklage abgewälzt werden. Dies ist gerade nicht Sinn und Zweck der
Spruchverfahren.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
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- Als einseitiges Recht ausgestaltet ist die Ersetzungsbefugnis unangemessen, weil
diese im Zweifel nur zu Lasten der abfindungsberechtigten Aktionäre ausgeübt
wird, welche allein das Risiko einer nachteiligen Wertentwicklung der zu
gewährenden Aktien tragen.
- Im Zweifel nützt die Ersetzungsbefugnis nur den Organen und deren Interesse an
einem höheren Unternehmensgewinn, an welchen in der Regel deren Boni
gekoppelt sind.
- Im Falle der Insolvenz würde den abfindungsberechtigten, welche keinerlei
Garantie für die Nachbesserung gewährt erhalten, auch noch die
Insolvenzforderung genommen, wenn der Barausgleich in Aktien umgewandelt
werden könnte.
- Die Wertermittlung ist völlig inkonsistent. Bei Börsennotiz soll (unabhängig vom
tatsächlichen Wert) Börsenkurs gelten und es wird mit Blick auf die Wertermittlung
auf den Stichtag der Entscheidung des Gerichts abgestellt, der
Bewertungsstichtag also in die Zukunft verlagert. Bei nichtbörsennotierter
Gesellschaft ist der Bewertungsstichtag nach wie vor der Tag der HV. Der konkrete
Bewertungsstichtag soll demzufolge von Börsennotiz abhängig sein. Dies kein
tauglicher Differenzierungsgrund mit Blick auf die Anforderung „volle
wirtschaftliche Entschädigung“.
- Tendenziös: Das Abstellen auf den Börsenkurs soll im Gesetz normiert werden. Es
existiert kein ausreichender Vermögensschutz, wenn Unternehmen fundamental
wesentlich mehr Wert ist. Dieser gesetzgeberische Fingerzeig ist auf jedem Fall zu
vermeiden, da die tatsächlichen Werte bei Abstellen auf Börsenkurs nicht
gehoben werden können. Es wird der Versuch unternommen, dass sich der
Gesetzgeber für eine Bewertungsmethodik (Börsenkurs) ausspricht. Das
Unternehmen kann dann entscheiden, ob dann der Börsenkurs im Zeitpunkt
günstiger ist oder nicht. Übervorteilung der Gesellschaften. Abkehr vom
Minderheitenschutz.
- Der Vorschlag führt zu weiteren massiven Überlastungen der Gerichte.
Die einseitig im Interesse der Vorstände der Gesellschaft an einem für ihre Vergütung
relevanten hohen Bilanzgewinn liegenden Vorschläge, schaffen den völlig falschen
Anreiz, nämlich dass bei Verschmelzungen, etwa im Konzern bei einer faktisch
beherrschten Gesellschaft, die angebotene Abfindung bzw. die entsprechende
Verschmelzungsrelation gar kein Risiko mehr darstellt. Anstatt hohe Barausgleichs-
forderungen von Anfang durch ausgewogene angemessene Bewertung zu vermeiden,
werden die Unternehmensorgane wieder geneigt sein, eine möglichst niedrige
Bewertung durchzusetzen. Denn das Risiko einer späteren für die Ersetzung notwendigen
Kapitalerhöhung tragen im Zweifel allein die Anteilseigner. Dies wäre ein Rückschritt!
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
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Gerade bei der geringfügigen Anhebung der gesetzlichen Zinsen auf Verzugsniveau
wurde diskutiert, dass dies doch Anreiz für eine sorgfältigere Bewertung sowie eine
Beschleunigung des Spruchverfahrens sein sollte.
Aus der Praxis kann man berichten, dass in den neueren Spruchverfahren die
Verzögerungen im Verfahren zu einem großen Teil durch die Antragsgegnerinnen selbst
verursacht werden, indem vom gerichtlichen Gutachter angeforderte Unterlagen nicht
vorgelegt werden, man gegen den Gutachter und dessen Gebühren vorgeht, man
Schriftsätze im Umfang von mehr als 600 Seiten einreicht, man im Falle ausländischer
Antragsgegner die Zuständigkeit rügt und entsprechende Rechtsmittel ausnutzt etc.
Erstaunlicherweise erbringen die im Zusammenhang mit den Strukturmaßnahmen
beauftragten Gutachter und Verschmelzungsprüfer ihre Leistungen in der Regel
innerhalb von 3 Monaten, als gerichtlich bestellte Sachverständige benötigen sie jedoch
teilweise Jahre. Hier bietet das Gesetz wie auch die Möglichkeit der Auswahl der
Gerichtsgutachter durch den zuständigen Richter bereits genügend Handhabe der
Beschleunigung, welche derzeit in noch zu geringem Maße genutzt wird. So kann das
Gericht Fristen vorgeben bzw. den Gutachter nach einer entsprechenden vorherigen
Fristenzusage auswählen. Allerdings beseitigt dies nicht die fehlende Mitarbeit der auf
der Antragsgegnerseite beteiligten Unternehmen und deren Gutachter im Hinblick auf
die rechtzeitige Vorlage von Bewertungsunterlagen.
Zudem werden in einer Vielzahl der Verfahren überhaupt keine gerichtlichen Gutachter
mehr bestellt, sondern nur noch die sich selbst bestätigenden Vertrags- und
Angemessenheitsprüfer zu den Bewertungsrügen der Antragsteller angehört. Insoweit ist
jedenfalls die angeblich unzumutbare Dauer der Spruchverfahren in der vorgetragenen
Pauschalität falsch und kein Grund für eine weitere Beschneidung von Minder-
heitsrechten.
Die weitere Begründung des Vorschlages wird ebenfalls behauptet, nicht aber
nachgewiesen. Es ist hier kein Fall der Existenzgefährdung durch eine Entscheidung zum
Barausgleich bekannt. Da Entscheidungen in Spruchverfahren nicht vom Himmel fallen,
sondern Gerichte typischerweise auch in mündlichen Verhandlungen Hinweise geben
und oft auch Bewertungsgutachten im Verfahren eingeholt werden, haben alle Parteien
in der Regel noch während des Verfahrens die Möglichkeit, sich auf die Größenordnung
des zu erwartenden Barausgleichs einzustellen; die gutachterlich beratenen Ge-
sellschaften noch mehr als die antragstellenden privaten Aktionäre. Bei einem Vergleich
versteht sich dies von selbst. Wenn die Nachteilsausgleichsberechtigten nach
gewonnenem Spruchverfahren erst noch eine Kapitalerhöhung abwarten sollen, dann
fragt sich doch, warum zwecks Zahlung des Barausgleichs nicht eine entsprechende
Kapitalerhöhung bei der Gesellschaft durchgeführt werden kann. Die Vermeidung von
berechtigten Steuerzahlungen ist ebenfalls nicht als Grund für die Notwendigkeit einer
Änderung einleuchtend.
Die Einseitigkeit der Ersetzungsbefugnis ist abzulehnen. Entweder beide Parteien erhalten
ein solches Wahlrecht oder keine. Eher müsste man die Ersetzungsbefugnis (aber nicht
auf Basis eines Börsendurchschnittskurses!) auf Seiten der Abfindungsberechtigten sehen,
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 19
welche doch so zu stellen sind, als hätten sie von Anfang an mehr Aktien erhalten. Auch
der vorgeschlagene Zeitpunkt nach Abschluss des Verfahrens und damit nach der
Entscheidung bedeutet, dass die Gesellschaft zum Schaden der Berechtigten dann
„ersetzen“ kann, wenn ihr dies rechnerisch einen Vorteil bietet. Hält der Vorstand der
Aktienkurs für zu hoch oder teilweise überbewertet, wird er eher die Ersetzungsbefugnis
ausüben, als wenn der Aktienkurs besonders niedrig ist. Deshalb erscheint der
Durchschnittskurs auch insgesamt ungeeignet. Nicht ersichtlich ist, weshalb – bis auf
Spitzen – auch noch eine teilweise Ersetzungsbefugnis sachgerecht sein soll.
Auch der Zeitpunkt der Ausübung binnen eines Monats ab Rechtskraft der Entscheidung
gemäß § 72a Abs.10 ist viel zu spät und das Verfahren verzögernd. Bei einer
erstinstanzlichen Entscheidung hängt dies von der letzten Zustellung der Entscheidung
und damit vom Ablauf der letzten Rechtsmittelfrist ab. Insoweit können gut 2 Monate
vergehen. Wenn man dann noch gemäß Abs.11 mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss bis
zur nächsten ordentlichen HV warten kann (z.B. Entscheidung im April, ordentliche HV
Mai, also warten bis zur nächsten ordentlichen HV, welche im nächsten Jahr bis 31.08.
stattfinden dürfte, im Ergebnis 16 Monate!) und die Bestandskraft des
Kapitalerhöhungsbeschlusses wegen dagegen gerichteter Klagen nochmals 6 Monate
auf sich warten lässt, lägen zwischen Spruchverfahrensentscheidung und der spätestens
3 Monate nach Bestandskraft zu gewährenden Aktien 27 Monate.
Selbst wenn man nur mit 4 Monaten zwischen Rechtskraft und Gewährung der Aktien
rechnen würde, so kann der Aktienkurs in diesem Zeitraum – auch aufgrund externen
Faktoren - bereits 90% gefallen sein. Insgesamt verlängert der Gesetzesvorschlag also
unnötig der Spruchverfahren bzw. den Zeitraum bis zum tatsächlichen Erhalt der
Nachbesserung, und alles ohne jeglichen Schutz der Abfindungsberechtigten.
Was wäre, wenn die Gesellschaft in der Zwischenzeit nach Ausübung der
Ersetzungsbefugnis ein Delisting oder eine Strukturmaßnahme durchgeführt hat oder von
einem Dritten übernommen wurde? Was wäre im Falle der Insolvenz? Können die Aktien
im Rahmen der Insolvenz gewährt und dann mittels eines nach ESUG möglichen, im
Insolvenzplanverfahren durch die Gläubigermehrheit beschlossenen Herab-
setzungsbeschlusses auf Null mit anschließender bezugsrechtsfreier Kapitalerhöhung
genommen werden? Darf ein Insolvenzverwalter einer bereits im Spruchverfahren
insolventen Gesellschaft die Ersetzungsbefugnis ausüben und wertlose Aktien liefern?
Bei Namensaktien entstehen durch das unmittelbare Entstehen der neuen Aktien in der
Person der Anspruchsberechtigten Schwierigkeiten. Gemäß § 67 AktG gilt gegenüber
der AG nur als Aktionär, wer im Aktienregister eingetragen ist. Obwohl die Aktien in der
Person des Anspruchsberechtigten entstehen sollen, hat dieser mangels Eintragung im
Aktienregister keine Aktionärsrechte.
Der Vorschlag sieht auch keine Rechtsschutzmöglichkeit gegen die Bestimmung bzw.
Berechnung der ersatzweise zu gewährenden Aktien vor! Auch die Entscheidung über
die Grundlagen der Berechnung der Ersetzungsbefugnis soll unanfechtbar sein.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 20
Berücksichtigt man, dass eine Entscheidung im Spruchverfahren keinen vollstreckbaren
Titel darstellt und gegebenenfalls noch Leistungsklage erhoben werden muss, falls die
Aktien nicht fristgerecht gewährt werden und der Barausgleich wieder auflebt, führen
die Vorschläge zu einer wesentlichen Verzögerung und Erschwerung der Durchsetzung
der Ansprüche der Barausgleichsberechtigten, ohne jegliche Einwirkungsmöglichkeit. Für
den Fall des Wiederauflebens des Barausgleichs müsste zudem eine
Schadenersatzpflicht geregelt werden, damit die Unternehmen nicht im Falle eines
Kursanstiegs nach Ersetzungsbefugnis den Barausgleich durch Fristversäumung wieder
aufleben lassen.
Wer ermittelt eigentlich den Börsendurchschnittskurs? Errechnet das Gericht diesen Wert
oder holt es eine Stellungnahme des BaFin ein? Ist es sachgerecht, den Handel der
börsennotierten Aktien im Freiverkehr unberücksichtigt zu lassen, auch wenn dort
erhebliche Umsätze getätigt werden und bei Einbeziehung ein entsprechend höherer
Durchschnittskurs ermittelt werden würde? In welcher Zeit soll das zuständige Gericht
nach Ausübung und Bekanntmachung der Ersetzungsbefugnis und Antrag gemäß § 10a
Abs.1 SpruchG-E über den Antrag entscheiden? Werden die Ausgleichsberechtigten im
Verfahren der Ersetzung nochmals angehört? Was ist, wenn sich das Gericht beim
Börsendurchschnittskurs verrechnet? Die Vorschläge werfen mehr Fragen auf, als sie
beantworten.
Der Vorschlag unterscheidet zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten
Gesellschaften. Das Umwandlungsgesetz enthält hierzu jedoch keine ausdrückliche
Definition. Lediglich in der vorgeschlagenen Änderung zum SpruchG wird auf § 3 Abs.2
verwiesen. Logisch wäre eine Vernormung des Verweises auf § 3 Abs.2 AktG im UmwG.
Die Verwendung des Börsendurchschnittskurses zur Ermittlung der im Rahmen der
Ersetzungsbefugnis bei börsennotierten Gesellschaften zu gewährenden Aktien gemäß §
72 a Abs. 7 UmwG ist unter keinen Umständen sachgerecht und benachteiligt die
Abfindungsberechtigten offensichtlich. Der Zeitraum 3 Monate vor der Ersetzungs-
entscheidung der übernehmenden Gesellschaft bedeutet, dass diese somit den Wert
durch Auswahl des Zeitpunkts zum Nachteil der Abfindungsberechtigten beeinflussen
kann, weil der Barausgleich bereits feststeht. Würde der Kurs der zu gewährenden Aktien
zwischenzeitlich erheblich steigen, könnte sich die Gesellschaft durch Nichteinhaltung
der Fristen wieder in den Barausgleich flüchten.
Man lässt die Aktionäre ein Spruchverfahren führen und ermittelt bzw. überprüft dabei
die Ertragswerte der beteiligten Unternehmen zum (zurückliegenden) Bewertungsstichtag
und anschließend soll die Zuzahlung ohne neuerliche Bewertung der Gesellschaft bzw.
Antragsgegnerin einfach in Aktien umgerechnet werden, ohne dass gewährleistet ist,
dass der Barausgleichberechtigte den berechneten Wert der Aktien auch tatsächlich,
etwa an der Börse, durch Verkauf realisieren kann. Dies kann nicht sachgerecht sein. Dies
ist verfassungswidrig, denn dem Barausgleichsberechtigten wird so ohne jede
Kompensation des vollen Wertes der gerichtlich festgestellte Barausgleichsanspruch
(teilweise) wieder genommen. Damit wird das ganze Spruchverfahren entwertet.
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Aktienkurse und damit Börsenwerte ändern sich ständig. Man denke an die
Kursturbulenzen im Rahmen der Finanzkrise und die seitdem erhöhte Volatilität. Dabei hat
der Kapitalmarkt gerade nicht die vollständige Information der Insider, insbesondere alle
Details der jeweils aktuellen Unternehmensplanung. Wenn man bedenkt, dass nach den
Vorschlägen bei einer durch Kapitalerhöhung noch zu beschaffenden Aktie zwischen
Ersetzungsbefugnis und tatsächlicher Lieferung der Aktien noch zahlreiche Monate
vergehen können, stellt sich die Frage, wie im Falle eines Kursverfalls verfahren werden
soll. Es ist nicht darstellbar, dass dieses Wertänderungsrisiko dem Ausgleichsberechtigten
vollständig überwälzt werden kann. Mit welcher Rechtfertigung? Weil die Vorstände die
Liquidität des Unternehmens schonen wollen?
Mit der Brechstange will man seitens der die Unternehmen beratenden Juristen den
Börsenkurs als alleinige Abfindung etablieren und versucht dies auch hier. Als nächster
Schritt kommt dann die analoge Anwendung des streitgegenständlichen Gesetz-
gebungsvorschlags, indem man den Gesetzgeberwillen dergestalt deutet, dass der
Börsendurchschnittskurs einer Aktie ein Wertäquivalent zu einem entsprechenden
Geldanspruch darstellt.
Der BGH hat im Hinblick auf den Referenzzeitraum zur Ermittlung des Börsenkurses als
Wertuntergrenze gesellschaftsrechtlicher Abfindungen festgestellt, dass bei über 7
Monaten zwischen Kursermittlung vor dem Stichtag der Bekanntgabe der Maßnahme
und dem Bewertungsstichtag jedenfalls eine Hochrechnung des Börsenkurses erfolgen
müsse, weil eine zeitliche Nähe zum Bewertungsstichtag zu verneinen ist. Diese Wertung
gilt hier erst Recht, denn es geht nicht um einen Mindestwert aufgrund hypothetischer
Veräußerungsmöglichkeit, sondern um einen gerichtlich festgestellten Euro-Betrag als
baren Nachteilsausgleich.
Der Ausgleich von entgangenen Dividenden, Bezugsrechten etc. kann nicht – wie
vorgeschlagen durch die gesetzlichen Zinsen als abgegolten angesehen werden.
Anderenfalls müssten diese wesentlich erhöht werden. Da zum Zeitpunkt der Ausübung
der Ersetzungsbefugnis feststeht, welche Dividenden seit dem Bewertungsstichtag
ausgeschüttet und welche Bezugsrechte entstanden wären, wäre es eigentlich
sachgerecht, zur Kompensation die genaue Berechnung vorzunehmen, soweit diese zu
einem höheren Wert als auf Basis der gesetzlichen Zinsen führt. Jedenfalls würde nur dies
die Abfindungsberechtigten so stellen, als hätten sie die ihnen zustehenden Aktien von
Anfang an erhalten. Zudem ist es der Gesellschaft quasi möglich zwischen Ausübung der
Ersetzungsbefugnis und Gewährung der Aktien, welche wie dargestellt Monate dauern
kann, noch Dividenden auszuschütten, in Kenntnis der Ersetzung eventuell sogar erhöhte
Sonderdividenden. Außerdem wird durch die zwischenzeitliche Ausschüttung von
regulären Dividenden der Wert der zu gewährenden Aktien zusätzlich gemindert.
Insgesamt ist daher vom Vorschlag abzuraten.
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III. Vorschlag einer beschlussfreien „Mini“-Ausgliederung § 144a UmwG
Zur Begründung der Notwendigkeit einer „Mini-Ausgliederung“ ohne
Ausgliederungsbeschluss wird auf den Aufsatz in der AG 2012, 324 verwiesen. Dieser
Aufsatz weist jedoch nicht die behaupteten Rechtstatsachen nach. Lediglich pauschal
wird angeführt, dass angeblich Gesellschaften mit größerem Aktionärskreis wegen des
Vorbereitungsaufwandes und der Anfechtungsmöglichkeiten Ausgliederungsbeschlüsse
scheuen würden. Im Kern soll es also darum gehen, dass die Unternehmensorgane ihren
Gesellschaftern nicht mehr Rechenschaft geben wollen, über die Verschiebung von
Vermögen aus der Gesellschaft heraus, für welche eine Übertragung im Wege der
Einzelrechtsnachfolge nicht möglich ist.
Dem kann nicht gefolgt werden. Mit gutem Grund sieht das Gesetz einen
entsprechenden Ausgliederungsbeschluss vor, ohne nach der Wesentlichkeit des
auszugliedernden Vermögens zu fragen, weil eine solche nur sehr schwer bestimmbar
wäre.
Dass die Veräußerung von Unternehmensvermögen bis zur Grenze der
Holzmüller/Gelantine-Rechtsprechung bzw. § 179a AktG als Geschäftsführungs-
maßnahme im Wege der Einzelrechtsnachfolge zustimmungsfrei ist, stellt keinen Grund
dar, die Regelungen des Umwandlungsrechts durch den Abbau von Aktionärsrechten
anzupassen. Vielmehr umgekehrt ist dies Beleg dafür, dass im Falle einer aus welchen
Gründen auch immer – wenn auch nur faktisch - ausgeschlossenen
Einzelrechtsübertragung ein Grund dafür vorliegen wird, welcher zugleich den Eingriff in
Aktionärsrechte bzw. deren Mediatisierung belegt. Meist ist nicht nur die Vertragslage
komplex (z.B. bei einer Vielzahl von Verträgen mit Dritten), sondern deshalb auch die
Bewertung der Vermögensgegenstände auf Basis des Buchwertes oder ähnlicher
Vereinfachungen nicht angemessen.
Der im Aufsatz behauptete angeblich besondere Aufwand einer a.o. Haupt-
versammlung kann vermieden werden, indem die Ausgliederung im Rahmen der
jährlichen ordentlichen Hauptversammlung beschlossen wird. Gerade wenn, wie im
Beispiel im Aufsatz auf eine 100%ige Tochter ausgegliedert wird, ist nicht erkennbar,
weshalb es einen Zeitdruck gibt, eine a.o. HV zu bemühen. Soweit dies aus finanziellen
Gründen notwendig oder vorteilhaft erscheint, ist wiederum nicht nachvollziehbar,
weshalb dann der Aufwand einer Gesellschafterversammlung unverhältnismäßig
erscheinen soll.
Falsch ist zudem, dass die vorgeschlagene Buchwertgrenze eine nennenswerte
Mediatisierung von Aktionärsrechten ausschließen könnte. Der bilanzielle Buchwert,
insbesondere nach HGB, ist nach diesseitiger Ansicht ungeeignet, eine Aussage über
den Wert des Vermögens für das gesamte Unternehmen zu gewährleisten. Zum einen ist
bei im Entstehen befindlichen bzw. selbst erstellten Wirtschaftsgütern, der Wert sozusagen
im Fluss, je nach Stand des Fertigstellungsprozesses bzw. der konkreten
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Unternehmensplanung. Meist sind die Ertragswertplanungen des Vorstands auf Basis der
Vermögensgegenstände mit deren Buchtwert nicht in Einklang zu bringen.
Zum Beispiel können die aktivierten Herstellungskosten einer selbst erstellten Software
bilanziell gering sein, diese kann jedoch für das Unternehmen als neues Produkt
überlebenswichtig werden. Ähnlich kann es sich bei Patenten verhalten. Im
Pharmabereich, wo regelmäßig darauf abgezielt wird so genannte Blockbuster, also
Medikamente mit mehr als 1 Mrd. Euro Umsatz zu entwickeln, können die bilanziellen
Entwicklungskosten eines Medikaments unterhalb der 5%Grenze der Bilanzsumme liegen,
der daraus später möglicherweise resultierende Umsatz aber für die Gesellschaft mehr als
wesentlich sein. Selbst bei einer Ertragsbewertung eines noch nicht genehmigten
Medikaments werden üblicherweise nur geringe Umsatzwahrscheinlichkeiten angesetzt.
Wird die Genehmigung erteilt, werden jedoch 100% Umsatz erzielt. Vor Genehmigung
werden – je nach Stand der Klinischen Studien 10 – 60% im Planumsatz berücksichtigt. Im
Bereich der Online-Spiele-Publisher, insbesondere bei Multiplayer-Online-Rollenspielen,
kann das Beispiel genannt werden, dass im Rahmen eines erfolgreich laufenden Spiels
sogenannten „ingame items“, also den Spielstand oder die Wettbewerbsfähigkeit der
Spieler verbessernde virtuelle Utensilien wie fliegende Pferde, Waffen, welche als kleine
Softwareprogramme regelmäßig geringste Herstellungskosten und damit bilanzielle
Buchwerte aufweisen, verkauft und dadurch erhebliche Einnahmen erzielt werden.
Genannt sei ein öffentlich bekanntes Beispiel: Mit dem am 23.11.2004 gestarteten Abo-
Spiel World of Warcraft, mit welchem Vivendi mit 11,1 Mio. Abonnenten (Stand 08/2011)
mehr als 1 Mrd. Euro Umsatz jährlich erzielte (ca. 13 Euro Abopreis pro Monat), hat dieser
Publisher mit einem einzigen Item-Verkauf in kurzer Zeit 500 Millionen Euro erlöst.
IV. Gegenvorschläge zu wichtigeren Regelungen und dringlicheren Reformbestrebungen
1. Delistung/Downlisting
Verwiesen wird auf die umfangreiche Literatur in der Folge der Entscheidung des BVerfG
vom 11.07.2012 zum Delisting. Insoweit wäre es vordringlicher, dass der Gesetzgeber
entsprechend § 29 Abs. 1 UmwG, mit welchem er seine Übereinstimmung mit der
Macrotron-Rechtsprechung des BGH hat erkennen lassen, eine eindeutige Regelung zur
Abfindungspflicht beim Delisting, ebenso wie beim sogenannten Downlisting, dem
Wechsel in ein qualifiziertes Freiverkehrssegment regelt, denn die Schutzbedürftigkeit ist
die gleiche. Es ist eine Flucht der Unternehmen aus dem regulierten Markt zu
beobachten, um die damit verbundenen gesetzlichen, dem Anlegerschutz dienenden
Pflichten zu umgehen. Der Anlegerschutz läuft dadurch leer, insbesondere §§ 37 a, b
WpHG, welche nur für im regulierten Markt gelisteten Unternehmen gelten.
2. Einführung Anwaltszwang
Durch einen Anwaltszwang im Spruchverfahren könnte eine wesentliche „Filterung“ der
Anträge und damit Entlastung der Gerichte erreicht werden.
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3. Abschaffung der Streitwertgrenze
Eine Abschaffung der Streitwertgrenze im Spruchverfahren mit 7,5 Mio. Euro würde auch
die für die notwendige Ausstattung der Gerichte notwendigen Gerichtsgebühren
einbringen. Diese Grenze geht allein zu Lasten der Staatskasse und der Antrag-
stellerrechtsanwälte. Die Antragsgegnervertreter sind nicht betroffen, weil dort
ausschließlich Stundenvereinbarungen üblich sind. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb
die betroffenen Unternehmen in Fällen von über 7,5 Mio. Euro hinausgehenden
Nachbesserungen nicht aus diesem höheren Wert auch die Gerichtskosten zahlen sollen.
4. Erleichterung von Vergleichsmöglichkeiten
Vergleiche sollten bei einer Quote von 90% des im Spruchverfahren vertretenen Kapitals
und der Zustimmung des gemeinsamen Vertreters rechtsverbindlich geschlossen werden
können.
5. Stärkung der Rechtsposition des gemeinsamen Vertreters
Dem Gericht und dem gemeinsamen Vertreter sind obligatorisch die internen Planungen
und andere bewertungsrelevanten Dokumente vorzulegen, die auch dem Angemessen-
heitsprüfer vorlagen. Ebenfalls sind die Arbeitspapiere der Wirtschaftsprüfer dem Gericht
und dem gemeinsamen Vertreter vorzulegen. Dies kann auch im Rahmen der
Prüferbestellung vom LG angeordnet werden.
6. Auswahl des Angemessenheitsprüfers
Die LGs haben eigenständig ohne „Wunschliste“ des Hauptaktionärs bzw. der beteiligten
Gesellschaften und Anwälte einen Angemessenheitsprüfer zu bestellen. Der Prüfer hat
eine vollständige, eigenständige Bewertung durchzuführen und nicht nur die Ergebnisse
des Erstgutachters auf Plausibilität zu prüfen. Paralleprüfungen sind verboten.
Prüfungsgesellschaften, die vorab mit der Gesellschaft bzw. den beratenden Anwälten
Gespräche geführt haben sind per se auszuschließen. Ebenfalls wenn Sie in der
Vergangenheit für die Gesellschaft oder mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen
als Prüfer oder Berater tätig waren. Während der Prüfung herrscht ein strenges
strafbewährtes Kommunikationsverbot mit dem Erstgutachter. Angemessenheitsprüfer
dürfen innerhalb der nächsten 5 Jahre nach Prüferbestellung keine Prüfmandate und
Beratungstätigkeit für beteiligte Unternehmen durchführen.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 25
Standpunkt
SdK kritisiert den zunehmenden Trend,
Nachbesserungsansprüche von Aktionären nicht
auszuzahlen
Pressemitteilung der SdK vom 7. Januar 2013
Die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. weist auf einen verhängnis-
vollen Trend zum Nachteil von Anlegern bei Abfindungsvorgängen hin, die im
Rahmen von Spruchverfahren überprüft und zu Nachbesserungsansprüchen der
betroffenen Aktionäre führen.
Nicht nur, dass Großaktionäre bei Abfindungs- und Umtauschvorgängen die zu
leistende Abfindungszahlung bzw. das Umtauschverhältnis zum Nachteil des
Streubesitzes zu niedrig ansetzen - nun versuchen sie offenbar, die von den Gerichten
im Rahmen eines Spruchverfahrens festgelegte Nachbesserungszahlung an die
betroffenen Streubesitzaktionäre zu umgehen.
Abfindungsvorgänge (z.B. im Rahmen eines Squeeze outs) werden auf Antrag
betroffener Anleger, u.a. der SdK, regelmäßig vor Gericht im Rahmen eines
Spruchverfahrens überprüft. Kommt das zuständige Gericht zu dem Ergebnis, dass
die Abfindungszahlung zu gering ausgefallen ist, erlässt es einen Beschluss, wonach
der Hauptaktionär den betroffenen Aktionären eine zu verzinsende Nachzahlung auf
den ursprünglichen Abfindungspreis zu bezahlen hat. Üblicherweise ist zum Erhalt
dieser Nachzahlung kein Zutun der Aktionäre erforderlich. Der Beschluss wird samt
Abwicklungshinweisen zum Erhalt der Nachbesserung im Bundesanzeiger
(www.bundesanzeiger.de) veröffentlicht und der Hauptaktionär weist die Depot-
banken über die Clearingstelle an, die Nachbesserung direkt an die Aktionäre
auszubezahlen.
Offenbar setzen sich diesbezüglich zwei Vorgehensweisen der Großaktionäre als
Trend durch, die in ihrer Kombination für den Anleger verheerende Folgen haben.
Zum einen bringen die Großaktionäre den oben beschriebenen Automatismus über
die Clearingstelle nicht mehr in Gang und veröffentlichen zum anderen trotz
gesetzlicher Verpflichtung den Gerichtsbeschluss nicht mehr im Bundesanzeiger.
Anleger erhalten somit die Nachbesserungsansprüche nicht mehr automatisch
gutgeschrieben und erfahren mangels Veröffentlichung nicht von dem gerichtlich
festgesetzten Nachzahlungsanspruch, dem dann die Verjährung droht.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 26
Die SdK verurteilt diese Praxis, in der sich Großaktionäre auf Kosten der Anleger in
Form der nicht ausbezahlten Nachbesserungsansprüche bereichern. Gleichzeitig ruft
sie den Gesetzgeber auf, die Veröffentlichungspflicht auf die beschließenden
Spruchgerichte zu verlagern und eine gesetzliche Verpflichtung der Depotbanken
einzurichten, entsprechende Nachzahlungsansprüche ihrer Depotkunden (gegen
Kostenerstattung durch den Nachzahlungspflichtigen) bei den Nach-
zahlungspflichtigen automatisch einzufordern.
Aktuell ruft die SdK vom Squeeze out betroffene ehemalige Aktionäre der Mainzer
Aktien-Bierbrauerei AG und der HVB Real Estate Holding AG auf, die ganz oder
teilweise unter den oben beschriebenen Trend fallen, sich hinsichtlich bestehender
Nachzahlungsansprüche an die Hauptaktionäre der Gesellschaften zu wenden.
Gleiches gilt für ehemalige Aktionäre der HamaTech AG, die 2009 auf die Singulus
Technologies AG verschmolzen wurde. Auch hier besteht seit Juli 2012 ein Anspruch
auf Nachzahlung einer Barkomponente auf die verschmolzenen Aktien. SdK
Mitglieder können sich zum Erhalt weiterer Informationen zu diesen drei Fällen per E-
Mail an [email protected] wenden.
Anmerkung: Zu dem in der Pressemitteilung erwähnten Fall HamaTech AG siehe
SpruchZ 2012, S. 17 (und die dort zitierten Ausführungen des Bundesver-
fassungsgerichts).
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 27
Entscheidungen zu Spruchverfahren
Squeeze-out bei Keramag AG: LG Düsseldorf lehnt Erhöhung der
Barabfindung ab
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
In dem Spruchverfahren zu dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre bei der
Keramag AG hat das Landgericht (LG) Düsseldorf eine Erhöhung der auf EUR 66,36
festgelegten Barabfindung abgelehnt und die Anträge der ausgeschlossenen
Minderheitsaktionäre zurückgewiesen (Az. 33 O 155/08 AktE). Nach Ansicht des LG
Düsseldorf lag der Ertragswert nicht über dem Börsenkurs. Das Landgericht hatte
hierzu den sachverständigen Prüfer Prof. Dr. Jonas befragt.
Die Antragsgegnerin, die Allia Holding GmbH, hatte bereits Ende 2005 einen
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Gesellschaft abgeschlossen.
Aufgrund des "neues Geschäftsmodells" war die Gesellschaft nur noch als
Auftragsfertiger für die herrschende Gesellschaft tätig. In dem diesbezüglich
laufenden Spruchverfahren hatte das LG Düsseldorf kürzlich mit (nicht
rechtskräftigen) Beschluss vom 30. August 2012 (Az. 31 O 4/06 AktE) die
angemessene Barabfindung je Keramag-Aktie mit EUR 62,16 und den Ausgleich auf
EUR 4,15 festgesetzt.
Nach Ansicht des LG Düsseldorf in dem nunmehrigen Beschluss können die auf dem
"alten Geschäftsmodell" beruhenden Ertragszahlen "lediglich in sehr eingeschränkten
Umfang" herangezogen werden (d.h. praktisch nicht mehr). Mögliche Nachteile aus
der Umstellung des Geschäftsmodells (Warenabsatz nur noch zu festen
Verrechnungspreisen) könnten im Squeeze-out-Spruchverfahren nicht geprüft
werden, sondern seien Folge des Abschlusses des Beherrschungs- und Gewinn-
abführungsvertrags (S. 14).
83 Antragsteller
gemeinsamer Vertreter: RA und StB Dr. Möller, Wuppertal
Antragsgegnerin: Allia Holding GmbH
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin:
Rechtsanwälte Henegeler Mueller, Düsseldorf
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 28
Anstehende und laufende Spruchverfahren
Spruchverfahren zum Ergebnisabführungsvertrag mit der Firma hotel.de AG
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L-HSG
Bezüglich des Ergebnisabführungsvertrags der Hotel Reservation Service Ragge
GmbH (HRS), Köln, als herrschender Gesellschaft mit der hotel.de AG, Nürnberg,
haben zahlreiche Minderheitsaktionäre eine gerichtliche Überprüfung des Ausgleichs
und der Abfindung verlangt. Das Spruchverfahren wird beim Landgericht Nürnberg-
Fürth unter dem Aktenzeichen 1 HK O 7833/12 geführt. Das Landgericht hat mit
Beschluss vom 17. Dezember 2012 Herrn Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Hahn, Nürnberg,
zum gemeinsamen Vertreter der nicht selbst antragstellenden hotel.de-
Minderheitsaktionäre bestimmt
* * *
Barabfindungsangebot an die außenstehenden Aktionäre der Tognum AG
Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 10. Januar 2013
Engine Holding GmbH
Friedrichshafen
Barabfindungsangebot an die außenstehenden Aktionäre der
Tognum AG
ISIN DE000A0N4P43 / WKN A0N 4P4
auf Grund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags
Die Tognum AG mit Sitz in Friedrichshafen als abhängige Gesellschaft und die Engine
Holding GmbH mit Sitz in Friedrichshafen als herrschendes Unternehmen haben am
25. September 2012 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ("Vertrag")
geschlossen, mit dem die Tognum AG die Leitung Ihrer Gesellschaft der Engine
Holding GmbH unterstellt und sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an die Engine
Holding GmbH abzuführen.
Diesem Vertrag haben die außerordentliche Hauptversammlung der Tognum AG am
15. November 2012 und die Gesellschafterversammlung der Engine Holding GmbH
am 25./27. September 2012 zugestimmt. Der Vertrag wurde am 19. Dezember 2012 in
das Handelsregister der Tognum AG eingetragen und ist damit wirksam geworden.
Die Bekanntmachung der Eintragung nach § 10 HGB erfolgte am 8. Januar 2013.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 29
Nach den Bestimmungen des Vertrags hat sich die Engine Holding GmbH
verpflichtet, auf Verlangen eines jeden außenstehenden Aktionärs der Tognum AG
dessen auf den Inhaber lautende Stückaktien der Tognum AG mit einem
rechnerischen Anteil am Grundkapital von jeweils EUR 1,00 ("Tognum-Aktie") gegen
eine Barabfindung in Höhe von
EUR 26,46 je Tognum-Aktie
zu erwerben.
Die Barabfindung wird gemäß § 305 Abs. 3 Satz 3 Aktiengesetz nach Ablauf des
Tages der Eintragung des Vertrags im Handelsregister, d.h. vom 20. Dezember 2012
an, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB
verzinst.
Für diejenigen außenstehenden Aktionäre der Tognum AG, die von diesem
Barabfindungsangebot keinen Gebrauch machen wollen, beträgt der Ausgleich für
jedes volle Geschäftsjahr der Tognum AG für jede Tognum-Aktie brutto EUR 1,85
abzüglich eines Betrags für Körperschaftsteuer sowie Solidaritätszuschlag auf den in
dem Bruttobetrag enthaltenen anteiligen Ausgleich von EUR 1,52 je Tognum-Aktie,
der nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus den mit
deutscher Körperschaftsteuer belasteten Gewinnen errechnet ist. Der
anzuwendende Steuersatz richtet sich nach dem jeweils für diese Steuern für das
jeweilige Geschäftsjahr geltenden Satz. Nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses ergibt sich ein Ausgleich in Höhe von insgesamt EUR 1,61 je
Tognum-Aktie für ein volles Geschäftsjahr der Tognum AG.
Der Ausgleich ist am ersten Bankarbeitstag nach der ordentlichen
Hauptversammlung der Tognum AG für das abgelaufene Geschäftsjahr, und
erstmals für das Geschäftsjahr 2012 der Tognum AG, fällig.
Falls der Vertrag während eines Geschäftsjahrs der Tognum AG endet oder die
Tognum AG während des Zeitraums, für den die Verpflichtung zur Gewinnabführung
besteht, ein Rumpfgeschäftsjahr bildet, vermindert sich der Ausgleich zeitanteilig.
Die Angemessenheit der Barabfindung und der Ausgleichszahlung wurde von der
Ebner Stolz Mönning & Bachem GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
Steuerberatungsgesellschaft, Stuttgart, als für beide vertragsschließende
Unternehmen gerichtlich ausgewählter und bestellter Vertragsprüfer in ihrem
Prüfungsbericht bestätigt.
Diejenigen außenstehenden Aktionäre der Tognum AG, die von dem
Barabfindungsangebot Gebrauch machen wollen, bitten wir, ihre Tognum-Aktien
(ISIN DE000A0N4P43) zum Zwecke der Entgegennahme der Barabfindung in Höhe
von EUR 26,46 je Aktie ab sofort mittels Weisung bei ihrer depotführenden Bank zur
Weiterleitung an die UniCredit Bank AG während der üblichen Geschäftsstunden
einzureichen.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 30
Den Aktionären, die das Barabfindungsangebot angenommen haben, wird die
Abfindung in Höhe von EUR 26,46 zzgl. Zinsen je Tognum-Aktie Zug-um-Zug gegen
Einreichung ihrer Aktien zeitnah gutgeschrieben.
Die Veräußerung der Tognum-Aktien im Rahmen dieses Barabfindungsangebotes
erfolgt für die Aktionäre provisions- und spesenfrei.
Die Verpflichtung der Engine Holding GmbH zum Erwerb der Tognum-Aktien ist
befristet. Die Annahmefrist für das Barabfindungsangebot endet zwei Monate nach
dem Tag, an dem die Eintragung des Bestehens des Vertrags in das Handelsregister
des Sitzes der Tognum AG nach § 10 HGB bekannt gemacht worden ist. Demnach
endet die Annahmefrist am 11. März 2013.
Sollte ein Antrag auf Bestimmung des Ausgleichs oder der Abfindung durch das in § 2
des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht gestellt werden, endet die Frist
zwei Monate nach dem Tag, an dem die Entscheidung über den zuletzt
beschiedenen Antrag im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist.
Für die Wahrung der Frist ist es ausreichend, dass die Erklärung zur Annahme des
Barabfindungsangebots innerhalb der Frist der jeweiligen Depotbank zugeht.
Falls ein Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz eingeleitet wird und das
Gericht rechtskräftig eine höhere Abfindung festsetzt, können die außenstehenden
Aktionäre, auch wenn sie bereits abgefunden wurden, eine entsprechende
Ergänzung der Abfindung verlangen. Ebenso werden alle übrigen außenstehenden
Aktionäre gleichgestellt, wenn sich die Engine Holding GmbH gegenüber einem
außenstehenden Aktionär der Tognum AG in einem Vergleich zur Abwendung oder
Beendigung eines Verfahrens nach dem Spruchverfahrensgesetz zu einer höheren
Abfindung verpflichtet.
Die Depotbanken werden gebeten, sich wegen der Erstattung der Kundenprovision
mit der oben genannten Abwicklungsstelle in Verbindung zu setzen.
Friedrichshafen, im Januar 2013
Engine Holding GmbH
Die Geschäftsführung
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 31
Ankündigungen von Strukturmaßnahmen
Squeeze-Out für DOUGLAS HOLDING AG eingeleitet
Frankfurt am Main, 15. Januar 2013 - Die Beauty Holding Three AG, eine
Holdinggesellschaft, die indirekt durch von Advent International beratene Fonds und
die Familie Kreke gehalten wird, hat heute den Ausschluss der Minderheitsaktionäre
gegen Gewährung einer Barabfindung (Squeeze-Out)eingeleitet, um sämtliche
Anteile an der DOUGLAS HOLDING AG zu erwerben.
Mit einem Anteil von über 95 Prozent verfügt die Beauty Holding Three AG über eine
Beteiligungshöhe an der DOUGLAS HOLDING AG, die ihr einen Squeeze-Out der
Minderheitsaktionäre und den damit verbundenen Rückzug der DOUGLAS HOLDING
AG von der Börse ermöglicht. Hierfür wurde der DOUGLAS HOLDING AG das
Verlangen der Beauty Holding Three AG mitgeteilt, auf der nächsten
Hauptversammlung die Übertragung aller Aktien der Minderheitsaktionäre auf die
Beauty Holding Three AG als Hauptaktionärin im Wege eines Squeeze-Out zu
beschließen. Die Höhe der Barabfindung wird zu einem späteren Zeitpunkt
festgelegt. Die nächste Hauptversammlung der DOUGLAS HOLDING AG wird
voraussichtlich im Mai 2013 stattfinden.
Am 31. Oktober 2012 hatte die Beauty Holding Three AG ein freiwilliges öffentliches
Übernahmeangebot publiziert, das deutliche Zustimmung bei den Aktionären
gefunden hat. Insgesamt hält die Beauty Holding Three AG aktuell 96,17 Prozent der
Anteile der DOUGLAS HOLDING AG. Aufgrund des Überschreitens der 95-Prozent-
Schwelle haben alle Aktionäre, die das Übernahmeangebot während der
Annahmefrist bzw. weiteren Annahmefrist noch nicht angenommen haben, in einer
weiteren Nachfrist die Möglichkeit, ihre Aktien bis zum 20. März 2013, 24 Uhr MEZ, zum
Preis von 38 Euro pro Aktie in bar anzudienen.
Ranjan Sen, Geschäftsführer der Advent International GmbH in Frankfurt: "Angesichts
der hohen Annahmequote von über 95 Prozent ist ein Squeeze-Out der nächste
logische Schritt für die Partnerschaft mit der DOUGLAS HOLDING und der Familie
Kreke. In ihrer neuen, stabilen Eigentümerstruktur wird die DOUGLAS-Gruppe durch
den Rückzug von der Börse sowie von einem reduzierten regulatorischen Aufwand
profitieren können."
Weitere Informationen zum öffentlichen Übernahmeangebot sind unter
www.douglas-offer.com verfügbar.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 1/2013
SpruchZ 2013 Seite 32
itelligence AG: Einleitung Squeeze-out
Verfahren durch NTT DATA EUROPE
GmbH & Co. KG
Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG
Bielefeld, 28. Dezember 2012 - Die NTT DATA
EUROPE GmbH & Co. KG mit Sitz in
Düsseldorf hat dem Vorstand der itelligence
AG heute das förmliche Verlangen gemäß
§ 327a AktG übermittelt, die Haupt-
versammlung der Gesellschaft möge die
Übertragung der Aktien der übrigen
Aktionäre (Minderheitsaktionäre) auf die
NTT DATA EUROPE GmbH & Co. KG als
Hauptaktionärin gegen Gewährung einer
angemessenen Barabfindung beschließen
(Squeeze-out).
Nach Vollzug des öffentlichen Erwerbs-
angebots hält die NTT DATA EUROPE GmbH
& Co. KG unmittelbar mehr als 95%
des Grundkapitals der itelligence AG. Die
NTT DATA EUROPE GmbH & Co. KG ist damit
Hauptaktionärin im Sinne von § 327a Abs. 1
Satz 1 AktG. Der Beschluss der Haupt-
versammlung der itelligence AG über den
Squeeze-out wird voraussichtlich in der
nächsten ordentlichen Hauptversammlung
der itelligence AG gefasst werden, die
derzeit für den 23. Mai 2013 geplant ist.
Zeitschrift und Dokumente auf
http://de.slideshare.net/SpruchZ
Impressum
______________________
Zeitschrift
Spruchverfahren aktuell
(SpruchZ)
ISSN 2195-7274
Herausgeber:
Interessengemeinschaft
Spruchverfahren (IG
Spruch), c/o
Rechtsanwaltskanzlei
ARENDTS ANWÄLTE,
Perlacher Str. 68,
D - 82031 Grünwald
(bei München)
Bestellungen bitte an die E-
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Redaktion/Mitarbeiter: [email protected]
RA Martin Arendts, M.B.L.-
HSG (presserechtlich
verantwortlich), RA Dr.
Peter Dreier, RA/StB Dr.
Theo Schubert, M.C.L. Univ.
Mich., RA Clemens
Schmautzer
c/o ARENDTS ANWÄLTE,
Perlacher Str. 68,
D - 82031 Grünwald
© 2013 für eigene Beiträge bei
den Autoren.