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Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse der
geplanten Verkaufsflächenerweiterungen von
Lebensmittelanbietern mit einer Betriebs-
verlagerung im Emsteker Gemeindegebiet
Untersuchung im Auftrag der Gemeinde Emstek
Stefan Kruse
Karen Schulz
Markt 5
44137 Dortmund
Telefon: 02 31-55 78 58-0
Fax: 02 31-55 78 58-50
www.junker-kruse.de
Februar 2017
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en und Männer angesprochen.
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nichts anderes vereinbart wurde, sind Vervielfältigungen, Weitergabe oder Veröffentlichung
(auch auszugsweise) nur nach vorheriger Genehmigung und unter Angabe der Quelle erlaubt.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
3
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis .......................................................................... 3
1 Ausgangssituation und Zielsetzung ................................. 5
2 Methodische Vorgehensweise ......................................... 7
3 Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches ......... 11
4 Beschreibung und Einordnung der Planvorhaben .......... 15
5 Absatzwirtschaftliche Rahmendaten im
Untersuchungsraum ...................................................... 20
5.1 Abgrenzung des Einzugsgebietes .................................................. 20
5.2 Untersuchungsrelevante Nachfragesituation ................................ 21
5.3 Untersuchungsrelevante Angebotssituation ................................. 22
6 Mögliche Auswirkungen der Vorhaben ......................... 24
6.1 Annahmen zur Umsatzherkunft der Vorhaben ............................. 25
6.2 Ergebnisse der Berechnungen – Umsatzumverteilungen durch die
Planvorhaben ............................................................................... 26
6.3 Städtebauliche und versorgungsstrukturelle Bewertung der
absatzwirtschaftlichen Auswirkungen .......................................... 28
6.4 Empfehlungen zur Verkleinerung der Vorhaben ........................... 29
7 Zusammenfassung und Fazit ......................................... 32
Exkurs – Die 10%-Schwelle der Umsatzumverteilung .................. 33
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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1 Ausgangssituation und Zielsetzung
Für den Emsteker Ortskern gibt es Überlegungen der vorhandenen Lebensmittelmärkte zur Er-
weiterung ihrer Verkaufsflächen. Ihre Standorte liegen überwiegend innerhalb des zentralen
Versorgungsbereiches. Ein Betrieb liegt aktuell außerhalb davon, plant aber eine Verlagerung in
diesen Bereich hinein.
Bei der Verlagerung mit gleichzeitiger Erweiterung handelt es sich um den Lebensmitteldis-
counter Lidl an der Halener Straße, der von aktuell rund 1.310 m² Verkaufsfläche an den neuen
Standort Lange Straße 12 verlagern und dort auf rund 1.480 m² Verkaufsfläche erweitern möch-
te. Die beiden im zentralen Versorgungsbereich angesiedelten Lebensmitteldiscounter Aldi (der-
zeit rund 770 m² Verkaufsfläche) und Netto (derzeit rund 810 m² Verkaufsfläche) streben beide
eine Erweiterung auf bis zu 1.200 m² Verkaufsfläche an. Der ebenfalls im zentralen Versor-
gungsbereich gelegene Lebensmittelvollsortimenter Edeka plant eine Erweiterung von aktuell
1.330 m² auf 1.730 m² Verkaufsfläche.
Im Hinblick auf die geplante Verlagerung und Erweiterung von Lidl ist zu berücksichtigen, dass
es sich um eine Verlagerung (inkl. Aufgabe des vorhandenen Bau – und Nutzungsrechtes am
Bestandsstandort, bezogen auf die Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel) handelt.
Im Rahmen dieser gutachterlichen Analyse soll bewertet werden, ob von den geplanten Vorha-
ben negative städtebauliche Auswirkungen i. S. v. § 11 (3) BauNVO auf benachbarte zentrale
Versorgungsbereiche oder sonstige der Nahversorgung dienende Standorte im Untersuchungs-
raum ausgehen könnten.
Für die Gemeinde Emstek verbinden sich mit solchen Planvorstellungen Chancen (z. B. Stärkung
der Versorgungssituation der Gemeinde Emstek insgesamt, Stärkung bzw. Sicherung der fußläu-
figen Nahversorgungsstrukturen), aber auch Risiken (z. B. Schwächung der verbrauchernahen
Grundversorgung in anderen Teilen des Gemeindegebietes).
Ziel dieser gutachterlichen Analyse soll es daher sein, die Auswirkungen der geplanten Vorhaben
zu prüfen: Neben absatzwirtschaftlichen sind versorgungsstrukturelle und möglicherweise dar-
aus folgende städtebauliche Auswirkungen zu ermitteln. Im Rahmen dieser Wirkungsanalyse im
Sinne von § 11 (3) BauNVO soll eine Grundlage erarbeitet werden, die die positiven wie negati-
ven Implikationen dieser Planungen aufzeigt sowie insbesondere unter versorgungsstrukturellen
Gesichtspunkten bewertet.
Folgende Fragestellungen stehen somit im Mittelpunkt des Untersuchungsinteresses:
Welchen Umsatz werden die möglichen Planvorhaben (Bestand/Planung) voraussichtlich
generieren?
Wie stellt sich die lokale und regionale Nachfragesituation dar? (unter anderem rechnerische
Ermittlung der sortimentsspezifischen Kaufkraftabschöpfung)
Wie stellt sich die (derzeitige und zukünftig absehbare) untersuchungsrelevante Versor-
gungs- und Konkurrenzsituation im Untersuchungsraum dar? Welche Betroffenheiten erge-
ben sich für die relevanten Wettbewerber im Untersuchungsraum?
Wie stellen sich die Bedeutung und Stabilität sowie die Abgrenzung des zentralen Versor-
gungsbereiches in Emstek dar?
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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Welche jeweiligen absatzwirtschaftlichen und daraus resultierenden städtebaulichen Folge-
wirkungen wären mit der Realisierung der Planvorhaben verbunden? (Ermittlung von poten-
ziellen Umsatzumverteilungen und möglichen städtebaulichen Auswirkungen auf zentrale
Versorgungsbereiche und die wohnortnahen Versorgungsstrukturen im Untersuchungsraum)
Welche bauplanungsrechtlichen Schlussfolgerungen (z. B. Beschränkung der Gesamtver-
kaufsfläche) ergeben sich aus den Ergebnissen der Modellberechnung?
Sofern für die geplante Größenordnung keine Verträglichkeit festgestellt werden kann: wel-
che Größenordnung ist i.S.v. § 11 (3) BauNVO und § 2 (2) BauGB verträglich?
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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2 Methodische Vorgehensweise
Die Umsetzung der geplanten Einzelhandelsvorhaben wird sich im vorhandenen Gefüge auswir-
ken. In welchem Umfang und Maß dadurch Kaufkraftströme voraussichtlich umgelenkt werden
und Umsatzumverteilungen zu erwarten sind, ermittelt die vorliegende Untersuchung. Dies ist
insbesondere dann relevant, wenn sich die absatzwirtschaftlichen Veränderungen versorgungs-
strukturell und städtebaulich niederschlagen.
Datengrundlagen
Zum Thema Einzelhandelssteuerung in der Bauleitplanung ist für die Angebotsanalyse eine
dezidierte, sortimentsspezifische Bestandserfassung erforderlich. Die Bearbeitung der vorliegen-
den Untersuchung basiert auf den Datengrundlagen aus einer primärstatistischen Erhebung des
untersuchungsrelevanten Einzelhandelsbestandes. Dazu wurde durch das Büro Junker + Kruse
im Untersuchungsraum (siehe Kapitel 5), der neben Emstek auch Cappeln und Teile von Clop-
penburg umfasst, Anfang November 2016 eine Erhebung durchgeführt, die alle relevanten Be-
triebe des Einzelhandels i.e.S. mit dem Angebotsschwerpunkt in den Warengruppen Nahrungs-
und Genussmittel sowie Gesundheit und Körperpflege umfasst. Die erfassten Sortimente sind
nachstehender Tabelle zu entnehmen.
Tabelle 1: Untersuchungsrelevante Warengruppen und Sortimente
Warengruppe Sortimente
Überwiegend kurzfristiger Bedarf
Nahrungs- und Genussmittel Backwaren / Konditoreiwaren
Fleischwaren
Getränke
Nahrungs- und Genussmittel
Gesundheit und Körperpflege Drogeriewaren
Quelle: Eigene Darstellung
Im Rahmen dieser Erhebung erfolgte eine Begehung bzw. Befahrung des gesamten Untersu-
chungsraumes mit gleichzeitiger Erfassung und Kartierung. Hierbei wurden die Gesamtverkaufs-
flächen sowie die anteiligen Flächen der untersuchungsrelevanten Sortimentsgruppen der ein-
zelnen Anbieter differenziert erhoben.
Die Ermittlung der aktuellen Umsatzzahlen erfolgt durch die vorliegenden Verkaufsflächen so-
wie bundesdurchschnittliche Umsatzkennwerte, die in Relation zur konkreten Situation vor Ort
gesetzt werden. Dazu zählen insbesondere die unterschiedlichen Flächenproduktivitäten der
Vertriebsformen, die spezifischen Kennwerte einzelner Anbieter sowie die Berücksichtigung der
räumlich detaillierten Angebotsstrukturen im Untersuchungsraum.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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Die erforderliche Nachfrageseite wird auf Basis der aktuellen Bevölkerungsdaten sowie der vor-
liegenden sekundärstatistischen Daten (insbesondere der IFH Retail Consultants, Köln) zur ein-
zelhandelsrelevanten Kaufkraft in Emstek ermittelt und dargestellt.
Neben der Ermittlung dieser quantitativen Grundlagen ist auch eine klassische städtebauliche
Analyse mit einer Bewertung der städtebaulichen Situation der potenziell betroffenen zentralen
Versorgungsbereiche sowie der wohnortnahen Grundversorgungssituation im Untersuchungs-
gebiet unter qualitativen Aspekten notwendig. Für die Gemeinde Emstek liegt mit dem politisch
beschlossenen Einzelhandelskonzept von 2009 diesbezüglich eine konkrete Leitlinie zur räumli-
chen Einzelhandelsentwicklung vor, die detaillierte Aussagen zu Entwicklungszielen für einzelne
Standorte im Gemeindegebiet sowie Abgrenzungen und Definitionen der möglicherweise be-
troffenen Zentren enthält. So entsteht eine fundierte städtebauliche und absatzwirtschaftliche
Bewertungsgrundlage, auf deren Basis die Untersuchung möglicher Auswirkungen der Planvor-
haben auf die Zentren- und Versorgungsstrukturen im Gemeindegebiet erfolgt.
Berechnung möglicher absatzwirtschaftlicher Auswirkungen
Zentraler Bestandteil dieser Untersuchung ist es, die sich durch eine mögliche Umverteilung der
Umsätze (bedingt durch sich ändernde Kaufkraftströme) ergebenden Wirkungsgrade möglicher
absatzwirtschaftlicher Auswirkungen der Planvorhaben auf zentrale Versorgungsbereiche und
wohnortnahe Versorgungsstrukturen im projektrelevanten Auswirkungsbereich zu ermitteln. Zur
Prognose der von Einzelhandelsvorhaben ausgehenden absatzwirtschaftlichen und städtebauli-
chen Wirkungen hat sich in der Einzelhandelsforschung und -begutachtung der Gravitationsan-
satz bewährt. Das ursprünglich von Huff konzipierte Gravitationsmodell1
kann nach Ansicht der
Gutachter allerdings nur für eine erste Einschätzung dienen. Daher werden in dem hier ange-
wendeten Gravitationsmodell vertiefend Kennwerte und Parameter sowohl zur sortimentsspezi-
fischen als auch standortspezifischen Attraktivität, unter Berücksichtigung vorhandener Kauf-
kraftabschöpfungen, rechnerisch eingestellt, was eine unabdingbare Voraussetzung für die Vali-
dität der Ergebnisse dieser Modellrechnung darstellt. Unter Anwendung dieses differenzierten
Gravitationsmodells, in das die für den Untersuchungsraum relevanten Kennwerte einfließen,
werden die potenziell durch die unterschiedlichen Vorhabenvarianten induzierten monetären
und prozentualen Umsatzumverteilungen ermittelt.
Zum Grundverständnis des Gravitationsmodells ist prinzipiell Folgendes anzumerken:
Für die untersuchten Standorte werden die Einzelhandelskennziffern der relevanten Haupt-
warengruppen ermittelt bzw. liegen vor (Verkaufsfläche, Umsatz, Zentralitätsfaktor und
Standortqualitätsgewichtung im Sinne von Gesamtattraktivität). Des Weiteren werden die
räumlichen Widerstände zwischen den jeweiligen Nachfrage- und Angebotsstandorten zu
Grunde gelegt.
Mit dem potenziellen „Marktzutritt“ des Vorhabens verändert sich das raumwirtschaftliche
Standortgefüge, da Umsatz und Widerstände von Nachfrage- und Angebotsstandorten zu-
einander eine relative Veränderung erfahren.
1
vgl. Huff, David L.: Defining and estimating a trading area; Journal of Marketing; Vol. 28, 1964. Heinritz, G.: Die
Analyse von Standorten und Einzugsbereichen. Passau 1999. Kemming: Raumwirtschaftstheoretische Gravitati-
onsmodelle - Eine Untersuchung ihrer analytischen Grundlagen. Berlin, 1980. Löffler, G.: Konzeptionelle Grundla-
gen der chronologischen Betrachtungsweise in deterministischen Modellansätzen. Bremen, 1987.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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Eingangswerte des Gravitationsmodells sind:
die vorhandenen untersuchungsrelevanten Verkaufsflächenangebote der Sortimentsgruppe
Nahrungs- und Genussmittel nach Anbietern / Standorten,
die Flächenproduktivitäten (Euro / m²) nach Sortimentsgruppen und Anbietern / Standor-
ten und der daraus resultierende sortimentsgruppenspezifische und summierte Umsatz der
Anbieter / Standorte,
die Widerstände (Raumdistanzen) zwischen den Standorten, die jeweils aus der Abhängig-
keit der Sortimentsgruppen und der Gesamtattraktivität der Anbieter / Standorte und ihrer
jeweiligen Marktgebiete resultieren,
die zu erwartenden Umsätze der geplanten Vorhaben und
die einzelhandelsrelevante Kaufkraft im Einzugsgebiet für die projektrelevanten Waren-
gruppen Nahrungs- und Genussmittel sowie Gesundheit und Körperpflege.
Die für eine Wirkungsanalyse notwendigen, konkreten einzelhandelsbezogenen Flächenanga-
ben, Umsätze und Sortimentsstrukturen sind in allen Schritten detailliert in die Analyse einge-
stellt. Die ermittelten potenziellen Umverteilungsquoten stellen eine wesentliche Beurteilungs-
grundlage dar.
Prognose möglicher städtebaulicher (Folge-)Wirkungen
Grundsätzlich ist jedoch anzunehmen, dass das umschriebene Modell und seine Ergebnisse nur
eine erste Einschätzung möglicher Auswirkungen erlauben. Die Ermittlung der monetären bzw.
prozentualen Höhe der absatzwirtschaftlichen Auswirkungen ist bei der abschließenden Beurtei-
lung städtebaulich und versorgungsstrukturell negativer Implikationen allein nicht ausreichend.
Auch ist die 10%-Marke der Umsatzumverteilung2
in diesem Zusammenhang nicht als „Demar-
kationslinie“ zu sehen, sondern es sind die konkreten Angebotsstrukturen und Rahmenbedin-
gungen zu berücksichtigen. Der gewichtige Schwellenwert ist als wesentlicher Indikator, anhand
dessen die Intensität der Belastung der Nachbarkommunen ermittelt werden kann, somit nicht
identisch mit der Zumutbarkeitsschwelle. Das Erreichen des gewichtigen Schwellenwertes ist
Anlass, den Kaufkraftabfluss in die Abwägung bei der Planung als Belang einzustellen und zu
bewerten, denn „Überschritten ist die städtebauliche Relevanzschwelle erst dann, wenn ein Um-
schlagen von rein wirtschaftlichen zu städtebaulichen Auswirkungen stattzufinden droht“.3
(sie-
he auch „Exkurs – Die 10%-Schwelle der Umsatzumverteilung“ im Anhang)
Als weiterer – zwingend erforderlicher – Schritt bei der Beurteilung der Auswirkungen potenziel-
ler Vorhaben werden daher abschließend für diejenigen Versorgungsstandorte im Untersu-
chungsgebiet, die gewisse Schwellenwerte überschreiten, die abstrakten Ergebnisse der Berech-
nungen durch weitergehende Analysen im Hinblick auf mögliche schädliche Auswirkungen qua-
lifiziert. Dabei fließen vor allem auch die individuellen städtebaulichen Gegebenheiten und Aus-
gangsbedingungen der potenziell betroffenen Versorgungsstrukturen und die wirtschaftliche
Stabilität und Potenz der relevanten Anbieter in die Betrachtungen ein.
2
Dabei wird vermutet, dass eine von Einzelhandelsgroßvorhaben an den benachbarten Standorten erzeugte Um-
satzumverteilung von nicht mehr als 10% zu Lasten des zentrenorientierten Einzelhandels keine negativen städte-
baulichen Auswirkungen i. S. v. § 11 (3) BauNVO erwirkt.
3
vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.12.2005 – 10 D 148/04.NE - „Centro-Urteil“
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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Überschritten ist die städtebauliche Relevanzschwelle erst dann, wenn ein Umschlagen von rein
wirtschaftlichen zu städtebaulichen Auswirkungen stattzufinden droht. Eine städtebaulich rele-
vante Umsatzumverteilung liegt z. B. dann vor, wenn durch Geschäftsaufgaben die Versor-
gung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet ist4
bzw. Ladenleerstände zu einer Verminde-
rung der Vielfalt und Dichte des Warenangebotes sowie zu abnehmender Frequenz, zu Ni-
veauabsenkung und damit zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des jeweils be-
troffenen zentralen Versorgungsbereiches führt.5
Ein einschlägiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts interpretiert den in diesem Zusammen-
hang verwendeten Begriff der „Funktionsstörung“ eines zentralen Versorgungsbereiches als
Herbeiführung eines Zustandes der Unausgewogenheit, der zur Folge hat, dass der Versor-
gungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht
mehr in substanzieller Weise wahrnehmen kann.6
4
vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Auflage (2002), § 11 Rn. 21.1 m.w.N.
5
vgl. u. a. Janning, Der Ausschluss des zentrenschädigenden Einzelhandels im unbeplanten Innenbereich, BauR
2005, 1723, 1725
6
BverwG 4 C 7.07 vom 11. Oktober 2007
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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3 Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung ist zu prüfen, ob die derzeitige Abgrenzung des
zentralen Versorgungsbereiches städtebaulich und versorgungsstrukturell zukunftsfähig und vor
dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex (insbesondere OVG
NRW Urteil vom 15. Februar 2012 – Az. - 10 D 32/11.NE) noch belastbar begründet werden
kann. Der zentrale Versorgungsbereich stellt den Entwicklungsbereich insbesondere für den
nahversorgungsrelevanten und zentrenrelevanten Einzelhandel dar. Ausgehend von der Versor-
gungsfunktion der einzelnen Angebotsbereiche sowie dem damaligen Angebotsbestand grenzt
das Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Gemeinde Emstek – unter Würdigung und An-
wendung städtebaulicher wie funktionaler Kriterien7
– das Ortszentrum von Emstek als zentra-
len Versorgungsbereich ab.
Zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum Emstek 2009
Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept sieht die Ansiedlung von zentren- und nahversor-
gungsrelevantem Einzelhandel für den zentralen Versorgungsbereich inklusive der Erweite-
rungsfläche „Bahnhofsstraße“ vor, die vorrangig für Betriebe mit nicht zentrenrelevantem Kern-
sortiment oder für Verlagerungen und Vergrößerungen von Betrieben aus dem zentralen Ver-
sorgungsbereich vorgehalten werden soll.
Die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches des Emsteker Ortskerns orientiert sich im
Wesentlichen am damaligen Angebotsbestand. Entscheidend für die Abgrenzung des zentralen
Versorgungsbereiches, der damit als schützenswerter Bereich im Sinne von u.a. der §§ 2 (2), 9
(2a), 34(3) BauGB sowie § 11 (3) BauNVO definiert wird, ist vor allem das Bilden einer funktio-
nalen und städtebaulichen Einheit, die neben dem Einkaufen auch weitere zentrenprägende
Nutzungen beinhaltet. In Emstek umfasst dieser Bereich den gewachsenen Hauptgeschäftsbe-
reich, bestehend aus der in Ost-West-Ausdehnung verlaufenden Lange Straße, Am Markt und
der Clemens-August-Straße. Hier befinden sich in einer eher losen Anordnung die meisten Ein-
zelhandels- und Dienstleistungsbetriebe.
7
Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Gemeinde Emstek, Junker und Kruse (2009)
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Zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum Emstek
Potenzielle Erweiterungsfläche („Bahnhofsstraße“) vorrangig für Betriebe
mit nicht zentrenrelevantem Kernsortiment oder für Verlagerungen und
Vergrößerungen von Betrieben aus dem zentralen Versorgungsbereich
Die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches stellte sich im Jahr 2009 wie folgt dar:
Karte 1: Zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum Emstek (EHK 2009)
Quelle: Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Gemeinde Emstek, Junker und Kruse (2009)
Entsprechend der Versorgungsfunktion des zentralen Versorgungsbereiches „Ortszentrum
Emstek“ dient der hier angesiedelte Einzelhandel „in erster Linie der Versorgung der gesamtge-
meindlichen Bevölkerung. Die multifunktionalen Nutzungsstrukturen sorgen für eine Lebendig-
keit und Attraktivität des Emsteker Zentrums. Es ist besonders wichtig, die wertvolle, weitestge-
hend kompakte Struktur […] weiter zu fördern, um möglichst hohe Synergieeffekte der ver-
schiedenen Nutzungen (im Wesentlichen Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen) unterei-
nander zu erlangen. Mit dem Ziel einer Sicherung und des Ausbaus der Attraktivität und speziell
der landesplanerischen Versorgungsfunktion als Grundzentrum sind zukünftige zentrenrelevante
Einzelhandelsentwicklungen auf das Ortszentrum auszurichten.“8
Für bestehende Betriebe im
Ortszentrum, die beabsichtigen, zu verlagern oder zu erweitern, bietet sich die Entwicklungsflä-
che „Bahnhofstraße“ am Westrand des Ortszentrums an.
Entwicklungsziele
Der beschriebene Versorgungsauftrag ist nach wie vor aktuell und stellt die Grundlage einer
Neubewertung beziehungsweise einer evtl. erforderlichen Neuabgrenzung des zentralen Versor-
gungsbereiches dar.
Um die Versorgungsfunktion zu sichern und (soweit möglich) auszubauen, definiert das Einzel-
handels- und Zentrenkonzept Entwicklungsziele, die sich gegenseitig ergänzen und in keiner
Gewichtung zueinander stehen:
Erhalt, Ausbau und nachhaltige Sicherung einer attraktiven Versorgungsstruktur und
-qualität im Ortszentrum Emstek.
8
Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Gemeinde Emstek, Junker und Kruse (2009), S. 89
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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Arrondierung des Angebotsspektrums, insbesondere durch zielgerichtete, branchenspezi-
fische Weiterentwicklungen mit Schwerpunkt in zentrenrelevanten Sortimenten empfeh-
lenswert, um die Attraktivität dieses räumlichen Entwicklungs- und Angebotsschwer-
punkts sichern zu können (vorrangig Waren der kurz- und mittelfristigen Bedarfsstufe).
Sicherung der Magnetbetriebe, insbesondere auch der Lebensmittelanbieter als Fre-
quenzerzeuger und Nahversorger.
Positionierung des zentralen Versorgungsbereiches gegenüber nicht integrierten Stand-
orten notwendig und sinnvoll, weitere Entwicklungen sind an diesen städtebaulich sinn-
vollen Standort zu lenken. Vorranggebiet für zukünftige nahversorgungs- und zentrenre-
levante Einzelhandelsansiedlungen.
Obgleich auf den ersten Blick kaum räumliche Erweiterungsmöglichkeiten vorhanden,
sind Angebotsausweitungen durch bauliche Nachverdichtung sowie Nach- bzw. Umnut-
zung von Flächen zu prüfen.9
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Entwicklungsziele ist nachfolgend zu überprüfen, ob
und in welchem Umfang die derzeitige Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches eine
zukunftsfähige Einzelhandelsentwicklung im Hauptgeschäftszentrum noch ermöglicht und in-
wieweit vor allem auch die Sicherung der Magnetbetriebe, insbesondere auch der Lebensmittel-
anbieter als Frequenzerzeuger und Nahversorger für den Stadtteil, mit der bestehenden Abgren-
zung gewährleistet werden kann.
Überprüfung des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Emstek 2016
Das Hauptgeschäftszentrum von Emstek ist nach wie vor die historisch gewachsene Hauptge-
schäftslage an der Lange Straße und Clemens-August-Straße. Hier findet sich ein überwiegend
kleinteiliges und zum Teil inhabergeführtes Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot. Hinzu
kommen Anbieter mit grundversorgungs- und zentrenrelevantem Kernsortiment, im Westen
sind dies der Lebensmittelmarkt Netto und der Drogeriemarkt Rossmann sowie im Osten die
Lebensmittelmärkte Aldi und Edeka. Im Zentrum des Hauptgeschäftsbereiches befindet sich die
Fläche, auf die sich der Lebensmittelmarkt Lidl verlagern möchte.
9
Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Gemeinde Emstek, Junker und Kruse (2009), S. 87f
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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Karte 2: Zentraler Versorgungsbereich Ortskern Emstek
Quelle: Eigene Darstellung, ALK Gemeinde Emstek, © Daten von OpenStreetMap - veröffentlicht unter ODbL
Nach aktueller Prüfung hat sich die bestehende Abgrenzung als tragfähig erwiesen: Den Vor-
gaben aus dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept wurde mit der Verlagerung des Netto- sowie
der Ansiedlung des Rossmann-Drogeriemarktes auf der Potenzialfläche „Bahnhofstraße“ ge-
folgt. Durch eine Überplanung der aktuell leer stehenden Fläche des ehemaligen COMA-
Marktes mit der Verlagerung des Lebensmittelmarktes Lidl wird der Kern des Zentralen Versor-
gungsbereiches gestärkt. Die Abgrenzung von 2009 hat damit in ihrer wesentlichen Ausdeh-
nung weiterhin Bestand.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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4 Beschreibung und Einordnung der Planvorhaben
Lage der Erweiterungs- und Verlagerungsvorhaben
Die Vorhaben befinden sich im Ortskern von Emstek, entlang der Lange Straße sowie im Kreu-
zungsbereich Bahnhofstraße und Zum Esch (vgl. Karte 3). Im Einzelhandelskonzept (Stand 2009)
wurde dieser Bereich als zentraler Versorgungsbereich und damit schützenswerter Bereich im
Sinne von u.a. der §§ 2 (2), 9 (2a), 34(3) BauGB sowie § 11 (3) BauNVO definiert. Der damals
als potenzielle Erweiterungsfläche beschriebene Bereich „Bahnhofstraße“ wurde in der Zwi-
schenzeit entsprechend der Empfehlung aus dem Konzept zur Betriebsverlagerung von Netto
sowie der Neuansiedlung eines Rossmann-Drogeriemarktes genutzt.
Die Standorte sind fußläufig erreichbar, die PKW-Erreichbarkeit ist ebenfalls gesichert durch die
Lage an der den Ort durchlaufenden Hauptverkehrsachse Lange Straße sowie an den Standor-
ten befindliche Parkflächen. Nördlich an den zentralen Versorgungsbereich anschließend befin-
det sich in städtebaulich integrierter Lage der aktuelle Standort des Lidl-Marktes.
Karte 3: Lage der Vorhaben im Emsteker Gemeindegebiet
Quelle: eigene Darstellung, © Daten von OpenStreetMap - veröffentlicht unter ODbL
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Beschreibung der Planvorhaben
Die Planvorhaben sehen Erweiterungen an drei Standorten im zentralen Versorgungsbereich
Emsteks sowie eine Standortverlagerung mit Erweiterung in den zentralen Versorgungsbereich
vor:
Der Lebensmitteldiscounter Lidl wünscht eine Verlagerung aus städtebaulich integrierter
Lage in den zentralen Versorgungsbereich, dort ist ein Markt mit einer Gesamtverkaufs-
fläche von 1.475 m² geplant.
Der Lebensmitteldiscounter Aldi möchte seine Gesamtverkaufsfläche von rund 770 m²
auf maximal 1.200 m² erweitern.
Der Lebensmitteldiscounter Netto möchte seine Gesamtverkaufsfläche von rund 810 m²
auf maximal 1.200 m² erweitern.
Der Lebensmittelvollsortimenter Edeka wünscht eine Erweiterung von derzeit rund
1.330 m² auf rund 1.730 m².
Damit wäre bei allen Betrieben die Schwelle zur Großflächigkeit deutlich überschritten. Insge-
samt würde es dadurch zu einem Verkaufsflächenzuwachs von knapp 1.400 m² kommen.
Voraussetzung für die Realisierung ist, dass die nahversorgungsrelevanten Angebotsstandorte
ebenso wenig gefährdet werden wie zentrale Versorgungsbereiche. In einer summarischen Be-
trachtung wird daher für die Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel eine städtebauliche
Wirkungsanalyse durchgeführt, die mögliche Auswirkungen eines vergrößerten warengruppen-
spezifischen Angebotes im Bereich der Erweiterungs- und Verlagerungsvorhaben in Folge ab-
satzwirtschaftlicher Umverteilungseffekte aufzeigen soll.
Umsatzprognose für das Planvorhaben
Mit Blick auf mögliche absatzwirtschaftliche Auswirkungen der Vorhaben gilt es aufzuzeigen,
welcher zusätzliche jährliche Soll-Umsatz in der untersuchungsrelevanten Warengruppe Nah-
rungs- und Genussmittel voraussichtlich durch ein potenzielles Ansiedlungsvorhaben eines Le-
bensmittelmarktes – unter Berücksichtigung branchenüblicher und betriebstypenspezifischer
Kennwerte – erwirtschaftet werden müsste, um eine marktübliche Flächenproduktivität zu errei-
chen.
Die gängige Rechtsprechung10
verlangt die Aufzeigung der maximal möglichen absatzwirtschaft-
lichen und städtebaulichen Auswirkungen eines Vorhabens („Worst Case-Szenario“). Diesem
Anspruch ist bereits im Rahmen der Umsatzermittlung eines Vorhabens durch die Zugrundele-
gung maximaler Flächenproduktivitäten Rechnung zu tragen, um die Ermittlung maximaler Um-
satzumverteilungen – als ökonomische Grundlage für die Abschätzung der maximal zu erwar-
tenden städtebaulichen Auswirkungen – zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass hinsichtlich der
Leistungsfähigkeit (ausgedrückt in der sog. Flächenproduktivität = jährlicher Umsatz pro m²
Verkaufsfläche) für die folgenden Berechnungen und Bewertungen die maximale betriebstypen-
spezifische Flächenproduktivität der möglichen Betreiber eingestellt wird. Da mittels bauleitpla-
nerischer Maßnahmen lediglich Sortimente und Verkaufsflächen gesteuert werden können, ver-
bietet sich im Rahmen einer Verträglichkeitsanalyse in der Regel eine „betreiberscharfe“ Be-
10
vgl. u. a. das sog. Preußen-Park-Urteil des OVG Münster: OVG NRW Az.: 7a D 60/99.NE vom 07. Dez. 2000, S.
53 ff.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
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trachtung und Bewertung. Wenn es sich aber, wie im vorliegenden Fall, um konkrete Erweite-
rungsvorhaben bestehender Betriebe handelt, so ist es – ebenfalls im Sinne der rechtlich gefor-
derten „realitätsnahen Betrachtung des Worst Case-Ansatzes“ (Urteil des OVG NRW vom
02.Oktober 2013 – 7 D 18/13.NE) – geboten, die betreiberspezifischen Rahmendaten anzu-
wenden, um die zu prognostizierenden Auswirkungen in einer Warengruppe weder zu unter-
noch zu überschätzen. Auch vor diesem Hintergrund sind den gutachterlichen Berechnungen
und Bewertungen jeweils maximale Rahmendaten eines Vorhabens zu Grunde zu legen.
Bei Lebensmitteldiscountern in dieser Größenordnung entfallen üblicherweise annähernd 80%
der Gesamtverkaufsfläche auf das Hauptsortiment Nahrungs- und Genussmittel. Bei einem Ede-
ka-Markt dieser Größenordnung sind es rund 84%. Das übrige Angebot umfasst Waren aus
dem Bereich Gesundheits- und Körperpflegeartikel sowie weitere Non-Food-Artikel (Haushalts-
waren, Zeitschriften, Aktionswaren etc.). Die Anteile an der Gesamtverkaufsfläche, die jeweils
auf das Kernsortiment Nahrungs- und Genussmittel entfallen werden, sind in Tabelle 2 aufge-
führt. Die Umsätze, die auf diesen Flächen generiert werden, sind im Hinblick auf das Vorhaben
umverteilungsrelevant und werden im Folgenden im Gravitationsmodell eingestellt.
Konkret werden der Untersuchung die in Tabelle 3 dargestellten Verkaufsflächendimensionie-
rungen und die der Flächenproduktivität entsprechenden prognostizierten Umsatzvolumina zu-
grunde gelegt (differenziert nach Warengruppen). Dabei orientieren sich die Flächenproduktivi-
täten am derzeitigen Angebotsbestand und an der Wettbewerbssituation im Emsteker Gemein-
degebiet.
Die warengruppenspezifische Verkaufsfläche stellt die Grundlage zur Ermittlung des durch das
Vorhaben warengruppenspezifisch maximal erzielbaren Umsatzes dar. Zur Berechnung dieser
Umsätze wird in der Regel auf durchschnittliche, warengruppenspezifische und / oder betrei-
berspezifische Flächenproduktivitäten zurückgegriffen, die auf sekundärstatistischem Daten-
material diverser Einzelhandels-Unternehmen basieren11
. Bei der Ermittlung der warengruppen-
spezifischen Flächenproduktivitäten der Erweiterungsoptionen ist neben dem Kaufkraftniveau
zudem die aktuelle Konkurrenzsituation innerhalb des Untersuchungsraums zu berücksichtigen.
Für alle Betriebe werden höhere Flächenproduktivitäten angenommen, da mit der Erweiterung
bereits etablierter Standorte i.d.R. eine Attraktivitätssteigerung verbunden ist, die einen leicht
höheren Umsatz pro m² erwarten lässt.
Somit ergeben sich bei einer Realisierung der geplanten Ansiedlung die in der nachfolgenden
Tabelle aufgeführten möglichen Umsätze für den Sortimentsschwerpunkt Nahrungs- und
Genussmittel.
11
vgl. Hahn Gruppe (2015): Retail Real Estate Report – Germany, 10. Ausgabe 2015 / 2016, S. 23; EHI Retail Insti-
tute (2015) unter www.handelsdaten.de
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
18
Tabelle 2: Sortimentsspezifische Verkaufsflächen und geschätzte Umsätze der Plan-
vorhaben
Betrieb Warengruppe
Verkaufs-
fläche
(in m²)
Flächen-
produktivität
(in Euro / m²)
Prognostizierter
Umsatz
(in Mio. Euro)
worst case worst case
Lebensmittel-
discounter Lidl
(1.475 m²)
Nahrungs- und Genussmittel 1.156 6.000 6,9
Gesundheit u. Körperpflege 136 7.700 1,0
Restfläche* 183 - -
Lebensmittel-
discounter Aldi
(1.200 m²)
Nahrungs- und Genussmittel 934 7.400 6,9
Gesundheit u. Körperpflege 110 9.500 1,0
Restfläche* 156 - -
Lebensmittel-
discounter Netto
(1.200 m²)
Nahrungs- und Genussmittel 952 3.700 3,5
Gesundheit u. Körperpflege 110 4.700 0,5
Restfläche* 138 - -
Vollsortimenter
Edeka (1.725 m²)
Nahrungs- und Genussmittel 1.493 4.800 7,2
Gesundheit u. Körperpflege 117 6.300 0,7
Restfläche* 115 - -
Summe
Nahrungs- u. Genussmittel 1.115 24,5
Gesundheit u. Körperpflege 117 3,3
*Die unter „Restfläche“ zusammengefassten Verkaufsflächen setzen sich aus einer Vielzahl von Einzelsortimenten
zusammen, von denen keines auf mehr als 50 m² Verkaufsfläche kommt.
Quelle: eigene Berechnungen auf Grundlage der Verkaufsflächen-Angaben der Betreiber, eigene Erfahrungswerte
Alle Anbieter sind aktuell bereits mit geringerer Verkaufsflächendimensionierung am Markt tätig.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die einzelnen geplanten, maximalen Verkaufsflächenzuwächse.
Tabelle 3: Verkaufsflächenzuwächse durch die Vorhaben
Gesamtverkaufsfläche (in m²)
Bestand Vorhaben Zuwachs
Lidl 1.310 1.475 165
Aldi 770 1.200 430
Netto 810 1.200 390
Edeka 1.330 1.730 400
Gesamt 4.220 5.605 1.385
Quelle: eigene Berechnungen auf Grundlage der Verkaufsflächen-Angaben der Betreiber, Werte gerundet
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
19
Da es sich bei den Vorhaben um einen Standortverbund (zentraler Versorgungsbereich) handelt,
die zudem in einem zeitlichen Zusammenhang an den Markt gehen könnten, findet eine sum-
marische Betrachtung der Vorhabenauswirkungen in den Warengruppen Nahrungs- und Ge-
nussmittel sowie Gesundheit- und Körperpflege statt.
Von einer Umsatzumverteilung der unter „Restfläche“ zusammengefassten Sortimente wird
abgesehen, da aufgrund der geringen sortimentsspezifischen Verkaufsfläche nicht mit einem
Umschlagen von absatzwirtschaftlichen Auswirkungen in negative städtebauliche und/oder ver-
sorgungsstrukturelle Auswirkungen zu rechnen ist.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
20
5 Absatzwirtschaftliche Rahmendaten im Untersuchungsraum
Der Analyse der absatzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen geht die vorhabenbezogene Ab-
grenzung des Einzugsgebietes und daraus folgend die Festlegung des Untersuchungsraumes
voraus.
5.1 Abgrenzung des Einzugsgebietes
Die Abgrenzung des Einzugsgebietes dient als Grundlage der Analyse der Wettbewerbssituati-
on sowie der Ermittlung des externen Nachfragepotenzials eines Standortes.
Vor dem Hintergrund der immer weiter steigenden Mobilität für die Versorgung sowohl mit
kurzfristigen als auch insbesondere mit mittel- und langfristigen Bedarfsgütern vollziehen sich
räumliche Austauschbeziehungen zwischen Einzelhandelsstandorten und Wohnorten der Nach-
frager. Ab spezifischen Raum-Zeit-Distanzen (Entfernung zum Einkaufsstandort) nimmt jedoch
die Bereitschaft der Kunden ab, diese aufzusuchen, weil wiederum andere Zentren bzw. Wett-
bewerbsstandorte geringere Raum-Zeit-Distanzen bzw. eine höhere Attraktivität aufweisen.
Einfacher ausgedrückt bedeutet dies, dass mit zunehmender Entfernung zum Angebotsstandort
die Kundenbindung immer weiter nachlässt. Aus diesem räumlichen Spannungsgeflecht resul-
tiert schließlich ein Einzugsgebiet.
Die Erweiterungs- und Verlagerungsvorhaben befinden sich in verkehrsgünstiger Lage im zent-
ralen Versorgungsbereich von Emstek. Innerhalb des Kernortes ist dieser Bereich fußläufig gut zu
erreichen. Insbesondere bei Gütern des täglichen Bedarfs ist die Distanzempfindlichkeit der Kun-
den aufgrund der häufigen Nachfrage sehr hoch, daher werden Nahrungs- und Genussmittel bei
adäquatem Angebot in der Regel vor Ort bzw. in Wohnortnähe gekauft. Mit zunehmender Ent-
fernung zum Angebotsstandort lässt die Kundenbindung deutlich nach. Es kann davon ausge-
gangen werden, dass sich die räumlich-funktionalen Verflechtungen insbesondere innerhalb
einer 6-7 Minuten-Fahrtzeit-Isochrone um den Vorhabenstandort bewegen. Diese umfasst im
Wesentlichen das Gemeindegebiet von Emstek mit allen Ortsteilen sowie das Gemeindegebiet
von Cappeln und östliche Teile Cloppenburgs12
, die somit als Untersuchungsraum definiert wer-
den (vgl. Karte 4).
Über diesen Auswirkungsbereich hinaus sind bedeutsame Kundenbindungen aufgrund der Nähe
zu konkurrierenden Standorten (in zentralen Versorgungsbereichen bzw. an Nahversorgungs-
standorten) sowie erhöhter Raumwiderstände eher unwahrscheinlich. Zwar mögen gewisse
Kundenanteile der geplanten Erweiterungsvorhaben auch von außerhalb dieses Untersuchungs-
raumes stammen, die Bewohner mit Wohnsitz außerhalb des definierten Einzugsbereiches wer-
den mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch eine deutlich stärkere Orientierung auf andere Ein-
kaufsstandorte aufweisen, so dass Auswirkungen des Erweiterungsvorhabens auf Betriebe au-
ßerhalb des definierten Untersuchungsraumes nicht zu erwarten sind.
12
Der Ortsteil Emstekerfeld und anteilig die Kernstadt (östlich der Bahnlinie)
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
21
Karte 4: Abgrenzung des Untersuchungsraums
Quelle: eigene Darstellung, © Daten von OpenStreetMap - veröffentlicht unter ODbL
5.2 Untersuchungsrelevante Nachfragesituation
Im Untersuchungsraum (vgl. Karte 4) leben derzeit insgesamt rund 23.400 Einwohner mit einer
einzelhandelsrelevanten Kaufkraft in der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel von
rund 51 Mio. Euro.
Das einzelhandelsrelevante Kaufkraftniveau in Emstek liegt bei einem Wert von 92,5 und damit
unter dem Bundesdurchschnitt (Referenzwert = 100)13
, in Cloppenburg sind es 95,2 und in
Cappeln 95,3. Eine Übersicht über die projektbezogene, warengruppenspezifische einzelhan-
delsrelevante Kaufkraft gibt die nachfolgende Tabelle 4.
13
IFH Retail Consultants Köln, Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern, Köln, 2016
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
22
Tabelle 4: Sortimentsspezifische Kaufkraft im Untersuchungsraum in den un-
tersuchungsrelevanten Warengruppen
Einwohner
(absolut)
Kaufkraft-
niveau
(100 = D)
warengruppenspezifische Kaufkraft
(in Mio. Euro)
Nahrungs- und
Genussmittel
Gesundheit u. Körperpflege
Emstek 11.630 92,5 25,44 2,76
Cappeln 6.560 95,3 14,76 1,63
Cloppenburg 5.190* 95,2 11,67* 1,29*
Gesamt 23.380 51,87 5,68
* Anteilige Einwohnerzahlen für Emstekerfeld, für den angeschnittenen Ortsteil Kernstadt geschätzt; Basis: Demogra-
fische Untersuchung für die Stadt Cloppenburg, 2012
Quelle: IFH Retail Consultants Köln, Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern, Köln, 2016; Demografische Unter-
suchung für die Stadt Cloppenburg, 2012; eigene Berechnungen
5.3 Untersuchungsrelevante Angebotssituation
Im Untersuchungsraum befinden sich zum Erhebungszeitpunkt (November 2016) insgesamt
10 strukturprägende Lebensmittelmärkte, d.h. jeweils mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr
als 400 m², 8 dieser Betriebe sind großflächig.
Ein wesentlicher Teil des untersuchungsrelevanten Angebotes befindet sich an den folgenden
Standorten:
Zentraler Versorgungsbereich (Gemeinde Emstek): Supermarkt Edeka, Lebensmitteldis-
counter Aldi, Lebensmitteldiscounter Netto
Integrierte Lage (Gemeinde Emstek): Lebensmitteldiscounter Lidl (Verlagerungsabsicht)
Integrierte Lage (Gemeinde Cappeln): Supermarkt Combi, Lebensmitteldiscounter Netto
Integrierte Lage (Stadt Cloppenburg): Supermarkt Nah&Gut
Darüber hinaus werden untersuchungsrelevante Angebote (Verbrauchermarkt Famila sowie die
Lebensmitteldiscounter Aldi und Lidl) am Sonderstandort Emsteker Straße (Stadt Cloppenburg)
sowie kleinere Angebote in Emstek-Höltinghausen bereitgehalten. Mit dem Drogeriemarkt
Rossmann existiert im zentralen Versorgungsbereich Emsteks der einzige Hauptanbieter der
Branche Gesundheit und Körperpflege im Untersuchungsraum.
Die quantitative Angebotsausstattung im Untersuchungsraum ist in der nachfolgenden Tabelle
5 zusammenfassend dargestellt:
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
23
Tabelle 5: Verkaufsflächen und Umsätze des Einzelhandels im Untersuchungsraum
nach Waren-/Sortimentsgruppen
Warengruppe
Anzahl der
Betriebe
Verkaufsfläche
(in m²)
Umsatz
(in Mio.
Euro)
Einwohnerbezogene Ver-
kaufsflächenausstattung
(in m² / Einwohner)
Nahrungs- und
Genussmittel
45 12.400 57,5 0,53
Gesundheit und
Körperpflege
1 1.750 10,8 0,07
Gesamt 46 14.150 68,3 0,6
Quelle: Primärstatistische Einzelhandelserhebung November 2016, eigene Berechnungen, Werte gerundet
Insgesamt sind in den untersuchungsrelevanten Warengruppen rund 14.150 m² Verkaufs-
fläche in 46 Betrieben vorhanden, auf denen jährlich ein geschätzter projektrelevanter Um-
satz von rund 68 Mio. Euro erwirtschaftet wird. Der mit deutlichem Abstand größte Ver-
kaufsflächen- und Umsatzanteil entfällt hierbei auf die Warengruppe Nahrungs- und Ge-
nussmittel (rund 12.400 m² Verkaufsfläche beziehungsweise nahezu 58 Mio. Euro Umsatz).
Die derzeitige einwohnerbezogene Verkaufsflächenausstattung in der Warengruppe Nah-
rungs- und Genussmittel beträgt 0,53 m² Verkaufsfläche pro Einwohner. Verglichen mit
dem Durchschnittswert für Städte und Gemeinden dieser Größenklasse von 0,43 m² Ver-
kaufsfläche pro Einwohner weist dieser Wert auf eine überdurchschnittliche Angebotsaus-
stattung hin.
Im zentralen Versorgungsbereich Emsteks sind derzeit rund 2.700 m² Verkaufsfläche in der
Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel vorhanden (der Lidl-Markt ist nicht dabei). Der
Anteil für Gesundheit und Körperpflege ist ebenfalls an diesem Standort am höchsten mit
gut 600 m².
Mit rund 5.400 m² finden sich am Sonderstandort Emsteker Straße die größten Verkaufsflä-
chenanteile der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel.
In der Warengruppe Gesundheit und Körperpflege ist lediglich ein Kernsortimentsanbieter
sowie die Randsortimente der jeweiligen Lebensmittelbetriebe im Untersuchungsraum lokali-
siert. Bei einer Verkaufsfläche von rund 1.750 m² wird in dieser Sortimentsgruppe ein ge-
schätzter projektrelevanter Umsatz von knapp 11 Mio. Euro pro Jahr erwirtschaftet.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
24
6 Mögliche Auswirkungen der Vorhaben
Die Ermittlung der monetären bzw. prozentualen Höhe der absatzwirtschaftlichen Auswirkun-
gen ist ein wichtiger, aber nicht ausreichender Schritt bei der Beurteilung städtebaulich und ver-
sorgungsstrukturell negativer Implikationen. Wie im Exkurs im Anhang beschrieben, ist die
10%-Marke der Umsatzumverteilung in diesem Zusammenhang nicht als „Demarkationslinie“
zu sehen. Je nach Angebotsstruktur und Rahmenbedingungen kann sowohl eine Umsatzumver-
teilung von mehr als 10% für einen zentralen Versorgungsbereich städtebaulich verträglich sein
als auch eine Umsatzumverteilungsquote von weniger als 10% für einen bestimmten Zentren-
bereich als städtebaulich unverträglich eingestuft werden14
.
Relevante Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche sind erst dann zu erwarten,
wenn die absatzwirtschaftlichen Auswirkungen in negative städtebauliche Auswirkungen „um-
schlagen“. Dieses „Umschlagen“ kann dann konstatiert werden, wenn die verbraucherna-
he Versorgung der Bevölkerung in Frage gestellt wird oder die Zentrenstruktur der Nach-
bargemeinde nachhaltig verändert wird. Eine solche städtebaulich relevante Umsatzumvertei-
lung liegt z. B. dann vor, wenn
eine wesentliche Änderung der Marktverhältnisse in Form von „flächendeckenden“ Ge-
schäftsaufgaben befürchtet werden muss, so dass die Versorgung der Bevölkerung nicht
mehr gewährleistet ist15
, bzw.
das jeweilige Vorhaben zu Ladenleerständen und so zu einer Verminderung der Vielfalt und
Dichte des Warenangebotes sowie zu abnehmender Frequenz, zur Niveauabsenkung und
damit zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Ver-
sorgungsbereiches führt16
.
Ein entsprechendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts interpretiert den in diesem Zusam-
menhang verwendeten Begriff der „Funktionsstörung“ eines zentralen Versorgungsbereiches als
Herbeiführung eines Zustandes der Unausgewogenheit, der zur Folge hat, dass der Versor-
gungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht
mehr in substanzieller Weise wahrnehmen kann.17
Insbesondere die Bedeutung absatzwirtschaftlich „betroffener“ Betriebe für den zentralen Ver-
sorgungsbereich ist in diesem Zusammenhang ausschlaggebend dafür, ob sich aus wettbewerb-
lichen Auswirkungen negative städtebauliche Auswirkungen ergeben. Somit gilt es zu analysie-
ren, wie die Anbieter im zentralen Versorgungsbereich eingebettet sind und welche Bedeutung
sie für den zentralen Versorgungsbereich übernehmen. Bei der Bewertung eines möglichen Um-
14
Zur Verdeutlichung ist z. B. auf die angespannte Konkurrenzsituation im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland
hinzuweisen. Die Betriebe bewegen sich überwiegend an der Rentabilitätsschwelle. Lebensmittelvollsortimenter
z. B. weisen Gewinnmargen von durchschnittlich rd. 0 bis 1% auf, so dass selbst Umsatzumverteilungsquoten von
5% bereits zu Geschäftsaufgaben führen können.
15
Vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Auflage (2002), § 11 Rn. 21.1 m.w.N.
16
Vgl. u. a. Janning, Der Ausschluss des zentrenschädigenden Einzelhandels im unbeplanten Innenbereich, BauR
2005, 1723, 1725
17
BverwG 4 C 7.07 vom 11. Oktober 2007
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
25
schlagens absatzwirtschaftlicher in städtebauliche Auswirkungen stehen folgende Aspekte im
Vordergrund:
Lage im Stadtgefüge
Struktur des zentralen
Versorgungsbereiches
Städtebauliche Qualität
Qualität der Läden,
des Straßenraumes
Einzelhandelsdichte
Magnetbetriebe
6.1 Annahmen zur Umsatzherkunft der Vorhaben
Bei der absatzwirtschaftlichen Einordnung der Planvorhaben wird durch ein städtebauliches
Worst Case-Szenario der aktuellen Rechtsprechung Rechnung getragen. Zu diesem Zwecke
wurden basierend auf der Analyse der Rahmenbedingungen Annahmen zur Höhe der Um-
satzumverteilungen im Untersuchungsraum getroffen.
Den Berechnungen wurden die in Kapitel 4 (Tabelle 2) aufgelisteten, maximalen warengruppen-
spezifischen Verkaufsflächen und Umsätze (Worst Case) der Planvorhaben zu Grunde gelegt.
Wie eingangs bereits erläutert (vgl. Kapitel 0), handelt es sich bei den Planvorhaben um die Er-
weiterungsvorhaben des Supermarktes Edeka sowie der Lebensmitteldiscounter Aldi und Netto,
deren Standorte sich alle im zentralen Versorgungsbereich befinden. Hinzu kommt die geplante
Verlagerung und Erweiterung des Lebensmitteldiscounters Lidl von der Halener Straße in den
zentralen Versorgungsbereich von Emstek. Das Baurecht für die Warengruppe Nahrungs- und
Genussmittel wird an diesem Standort insoweit aufgegeben, solange Lidl in einem Mietverhält-
nis mit dem Flächeneigentümer steht. Anschließend besteht zumindest die theoretische Mög-
lichkeit, dass sich dort ein vergleichbarer Lebensmittelmarkt niederlässt. Angesichts der dann
aber ausgeprägten Wettbewerbssituation ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Situation ein-
treten wird. Die Berechnung kann somit davon ausgehen, dass es sich bei dem Lidl-Vorhaben
um eine Verlagerung handelt.
Entsprechend dieser Rahmenbedingungen gilt es spezifische Annahmen für die Modellrechnung
zu treffen:
Für alle Planvorhaben wird im Rahmen der Modellrechnung der zu prognostizieren-
de Bestandsumsatz der bestehenden Anbieter in Ansatz gebracht, da dieser bereits
heute im Untersuchungsraum wirksam ist („-Betrachtung“). D.h. es wird nur der
durch die Erweiterungsoptionen zusätzlich generierte Umsatz in die Berechnung
eingestellt, da sich die absatzwirtschaftlichen und möglichen städtebaulichen Aus-
wirkungen der Bestandsverkaufsflächen bereits niedergeschlagen haben. Daher wird
der (geschätzte) Bestandsumsatz von dem zukünftigen Umsatzvolumen der Vorha-
ben subtrahiert. Die erhöhte Attraktivität (und Kundenbindung) des Verlagerungs-
vorhabens wird mittels einer erhöhten Flächenproduktivität im Vergleich zur derzei-
tigen Bestandsflächenproduktivität abgebildet.
Der ermittelte Zentralitätswert für Emstek in der Hauptwarengruppe Nahrungs- und
Genussmittel (0,97) weist auf geringfügige Kaufkraftabflüsse aus der Gemeinde hin.
Unter Berücksichtigung eines möglichen Rückgewinns von Kaufkraft, die derzeit an
Standorte außerhalb der Gemeinde abfließt, wäre bei einer Zielzentralität von 1,0
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
26
(„Vollversorgung“) ein Umsatzplus von rund 0,88 Mio. Euro möglich. Nach Abzug
dieses Potenzials vom Vorhabenumsatz (vgl. Tabelle 6), beträgt der umverteilungs-
relevante Umsatz des Planvorhabens im Untersuchungsraum rund 6,1 Mio. Euro,
der in das Gravitationsmodell eingestellt wurde.
Des Weiteren wird die Annahme getroffen, dass 90% des prognostizierten Vorha-
benumsatzes innerhalb des Untersuchungsraums umverteilt wird. Dabei wird davon
ausgegangen, dass etwa 10% der Umsätze sog. Streuumsätze sind, getätigt durch
Kunden von außerhalb des Einzugsgebietes, die durch die Lage des Hauptgeschäfts-
bereiches entstehen. Diese Umverteilungsquote ist in Anbetracht des untersu-
chungsrelevanten Angebotsbestandes sowie im Sinne der rechtlich geforderten worst
case-Betrachtung angemessen. Einen Überblick über das umverteilungsrelevante
Umsatzvolumen der Vorhaben nach Warengruppen/Sortimenten (in einer summari-
schen Betrachtung) gibt Tabelle 6.
Insgesamt wird das Umsatzvolumen somit rund 24,5 Mio. Euro in der Warengrup-
pe Nahrungs- und Genussmittel beziehungsweise rund 3,4 Mio. Euro in der Wa-
rengruppe Gesundheit und Körperpflege betragen.
Tabelle 6: Höhe des im Untersuchungsraum umverteilungsrelevanten Vorhaben-
umsatzes nach Warengruppen
Warengruppe
prognostizierter
Vorhabenumsatz /
Bestand inkl. Erwei-
terung
(in Mio. €)
Bestands-
umsatz
(in Mio. €)
Kaufkraftrück-
gewinn
(in Mio. €)
umverteilungs-
relevanter
Umsatzanteil im
Untersuchungs-
raum
Umverteilungs-
relevanter Um-
satz
(in Mio. €)
worst case worst case
Nahrungs- und
Genussmittel
24,53 16,9 0,88 90% 6,08
Gesundheit und
Körperpflege
3,35 2,6 -- 90% 0,70
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis verschiedener Kennwerte; durch Rundungen kann es zu Abweichungen in
den Summen kommen
6.2 Ergebnisse der Berechnungen – Umsatzumverteilungen durch die Plan-
vorhaben
Es ist davon auszugehen, dass durch die Erweiterung von vier Lebensmittelmärkten im Gesamt-
umfang eines großflächigen Marktes (rund 1.400 m² Gesamtverkaufsfläche) bestehenden
Standorten bzw. Betrieben im Untersuchungsraum Umsätze verloren gehen. In einem Gravitati-
onsmodell wurde im Sinne einer realitätsnahen Worst-Case-Betrachtung 90% des prognostizier-
ten Vorhabenumsatzes im Untersuchungsraum umverteilt. Dabei ergeben sich für einzelne
Standortbereiche sowie Nahversorgungsstandorte folgende Umsatzumverteilungsquoten (vgl.
Tabelle 7):
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
27
Tabelle 7: Potenzielle Umsatzumverteilungen in der Warengruppe Nahrungs- und
Genussmittel im Untersuchungsraum
Angebotsstandorte Nahrungs- u. Genussmittel
Worst case
Gesundheit u. Körperpflege
Worst case
in % in Mio. Euro in % in Mio. Euro
Emstek
Zentraler Versorgungsbereich 24% 0,7 12% 0,4
integrierte Streulagen 27 – 29% 0,2 – 0,4 * *
nicht integrierte Streulagen * * -- --
Cappeln
integrierte Streulagen 13% 0,9 * *
Cloppenburg
integrierte Streulagen 15% 0,5 * *
Sonderstandort Emsteker Straße 14% 3,2 5% 0,2
nicht integrierte Streulagen * * -- --
Quelle: eigene Berechnung auf Basis der dargestellten Eingangswerte
*Umverteilungen von weniger als 100.000 Euro; rechnerisch / methodisch nicht plausibel darstellbar; keine städte-
baulichen Folgewirkungen zu erwarten
Diese Tabelle zeigt die potenziellen Umsatzumverteilungsquoten in den beiden untersuchungs-
relevanten Warengruppen Nahrungs- und Genussmittel sowie Gesundheit und Körperpflege, die
sich bei Umsetzung der geplanten Erweiterungen und der Verlagerung mit Erweiterung auf einer
Gesamtverkaufsfläche von rund 1.400 m² ergeben können. Aufgezeigt werden die maximalen
monetären und prozentualen Umsatzumverteilungen für den Worst Case.
Mit den Vorhaben ist von einem zusätzlichen, umverteilungswirksamen Soll-Umsatz von rund
6,1 Mio. Euro in der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel auszugehen. Dies entspricht
rund 11% des branchenspezifischen Gesamtumsatzes im definierten Untersuchungsgebiet. In
der Warengruppe Gesundheit und Körperpflege würde ein entsprechend geringeres umvertei-
lungswirksames Umsatzvolumen von rund 0,7 Mio. Euro generiert, das entspricht 6,5% des
branchenspezifischen Gesamtumsatzes für den Untersuchungsraum.
Im Hinblick auf den zentralen Versorgungsbereich ergibt sich aus der Umsatzumver-
teilungsberechnung für Nahrungs- und Genussmittel der höchste Wert von 24%, das
entspräche einem Umsatzvolumen von 0,7 Mio. Euro.
Auch für die integrierten Streulagen zeigen die Berechnungen für den Worst Case
monetäre Umverteilungen, die sich in einem Spektrum von maximal 0,2 bis 0,9 Mio.
Euro bewegen. Je nach erzieltem Gesamtumsatz der potenziell betroffenen Betriebe
an den einzelnen Standorten resultieren daraus Umverteilungsquoten in einem Be-
reich von 13 bis 29%. Auf den Sonderstandort an der Emsteker Straße entfiele in der
Hauptwarengruppe Nahrungs- und Genussmittel ein Umverteilungsanteil von
3,2 Mio. Euro, was einem Anteil von 14% entspräche.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
28
In der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel sind die nicht integrierten Lagen in
Emstek und Cloppenburg von keinen nachweisbaren Umsatzumverteilungen betrof-
fen.
In der Warengruppe Gesundheit und Körperpflege errechnet sich eine Umverteilung
von 12% für den zentralen Versorgungsbereich von Emstek, entsprechend
0,4 Mio. Euro. Die prognostizierten Umsatzumverteilungen des Sonderstandorts
Emsteker Straße betragen bis zu maximal 5% beziehungsweise 0,2 Mio. Euro. Die
übrigen Lagen im Untersuchungsraum sind nicht von nachweisbaren Umsatzumver-
teilungen betroffen.
6.3 Städtebauliche und versorgungsstrukturelle Bewertung der absatzwirt-
schaftlichen Auswirkungen
Insbesondere die solitären Nahversorgungsstandorte in Cappeln (der Supermarkt Combi und
der Lebensmitteldiscounter Netto mit 0,9 Mio. Euro bzw. 13%) und Cloppenburg (Supermarkt
Nah und Gut mit 0,5 Mio. Euro bzw. 15%) sind von relevanten Umsatzumverteilungen betrof-
fen. Der Supermarkt Nah und Gut verfügt zudem nur über einen eingeschränkt wettbewerbs-
fähigen Marktauftritt (u. a. unterdurchschnittliche Sortimentsbreite und –tiefe bei rund 600 m²
Gesamtverkaufsfläche). Hierdurch ergibt sich eine höhere Sensibilität und Betroffenheit im Hin-
blick auf wettbewerbliche Auswirkungen. Eine durch die ermittelten absatzwirtschaftlichen Aus-
wirkungen bedingte Geschäftsaufgabe an einem der beiden Standorte würde das Netz der woh-
nungsnahen Grundversorgung in seiner Dichte beeinträchtigen und so zu einer fußläufigen Un-
terversorgung einzelner Wohnsiedlungsbereiche führen.
Ein Umschlagen der absatzwirtschaftlichen Auswirkungen in negative städtebauliche Auswir-
kungen in der Nahversorgungssituation ist in Folge der Vorhabenrealisierungen für diese beste-
henden Märkte nicht auszuschließen.
Auch auf dem Emsteker Gemeindegebiet ergeben sich für die nahversorgungsrelevanten Stand-
orte deutlich erhöhte Umsatzumverteilungen. Diese warengruppenspezifischen Umvertei-
lungsquoten werden im Wesentlichen zu Lasten einzelner Anbieter gehen. Besonders betroffen
sind die Lebensmittelläden Többen und Lüske, die aktuell einen wichtigen Beitrag zur woh-
nungsnahen Grundversorgung im Einzelhandel liefern. Hier sind in der Warengruppe Nahrungs-
und Genussmittel Umsatzumverteilungen von nahezu 30% zu erwarten.
Ebenso sind die Anbieter am Sonderstandort Emsteker Straße (bis zu maximal 3,2 Mio. Euro
beziehungsweise 14%) von nennenswerten absatzwirtschaftlichen Auswirkungen betroffen. Es
handelt sich bei diesen Angebotsstandorten um überwiegend auf den autokundenorientierten
Versorgungseinkauf ausgerichtete Lebensmittelbetriebe. Aufgrund ihrer dezentralen Lage
kommt ihnen keine städtebauliche Relevanz zu.
Entsprechend der Vorhabensituation wären auch die Betriebe innerhalb des Emsteker zentralen
Versorgungsbereiches wechselseitig durch die geplanten Veränderungen betroffen (für die
Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel käme es rein rechnerisch zu einer Umsatzumvertei-
lung von rund 24%). Grundsätzlich ist die Verlagerung und Entwicklung in den zentralen Be-
reich hinein als eine städtebaulich sinnvolle Stärkung desselben zu sehen. Sie ist als positiv zu
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
29
bewerten und findet sich so auch im Einzelhandelskonzept der Gemeinde wieder18
. Grundsätz-
lich ist aber auch zu beachten, dass sich, so die einschlägige Rechtsprechung, zentrale Versor-
gungsbereiche nicht selbst schädigen können.
6.4 Empfehlungen zur Verkleinerung der Vorhaben
Für die ursprünglich untersuchten warengruppenspezifischen Verkaufsflächendimensionierungen
sind bei Realisierung der maximal geplanten Vorhaben (rund 1.400 m² an zusätzlicher Verkaufs-
fläche im Untersuchungsgebiet) an nahezu allen Standorten absatzwirtschaftliche Auswirkungen
zu erwarten, für die auch vereinzelt ein Umschlagen in negative städtebauliche und versor-
gungsstrukturelle Auswirkungen nicht auszuschließen ist (vgl. Kapitel 6).
Daher wird empfohlen, die betrieblichen und warengruppenspezifischen Erweiterungsflächen zu
reduzieren, um zum einen die absatzwirtschaftlichen Auswirkungen auf die Versorgungsstandor-
te zu verringern, damit ihre Versorgungsfunktion mittel- bis langfristig zu sichern sowie die oh-
nehin schon stark ausgeprägte Wettbewerbssituation im Lebensmitteleinzelhandel nicht über-
mäßig zu forcieren. Zum anderen können so negative versorgungsstrukturelle Auswirkungen,
insbesondere im Hinblick auf die wohnungs- wie wohnortnahe Grundversorgung, ausgeschlos-
sen werden.
Tabelle 8: Verkaufsflächenzuwächse durch die Vorhaben
Gesamtverkaufsfläche (in m²)
Vorhaben Notwendige Reduzie-
rung
Maximal verträgli-
che Verkaufsfläche
Maximal verträgli-
cher Zuwachs
Lidl 1.475 - 1.475 165
Aldi 1.200 ~ 200 1.000 230
Netto 1.200 ~ 200 1.000 190
Edeka 1.730 ~ 200 1.530 200
Gesamt ~ 5.600 785
Quelle: eigene Berechnungen auf Grundlage der Verkaufsflächen-Angaben der Betreiber, Werte gerundet
Bei einer Reduzierung der Gesamtverkaufsfläche aller Planvorhaben wie dargestellt auf in der
Summe rund 800 m² ergeben sich die nachfolgend dargestellten Umsatzumverteilungen:
18
Einzelhandels- u. Zentrenkonzept für die Gemeinde Emstek, Junker und Kruse (2009)
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
30
Tabelle 9: Höhe des reduzierten umverteilungsrelevanten Vorhabenumsatzes nach
Warengruppen
Warengruppe
prognostizierter
Vorhabenumsatz /
Bestand inkl.
Erweiterung
(in Mio. €)
Bestands-
umsatz
(in Mio. €)
Kaufkraftrück-
gewinn
(in Mio. €)
umverteilungs-
relevanter
Umsatzanteil im
Untersuchungs-
raum
Umverteilungs-
relevanter
Umsatz
(in Mio. €)
worst case worst case
Nahrungs- und
Genussmittel
21,97 16,9 0,88 90% 3,77
Gesundheit und
Körperpflege
3,00 2,6 -- 90% 0,39
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis verschiedener Kennwerte; durch Rundungen kann es zu Abweichungen in
den Summen kommen
Aus den dargestellten umzuverteilenden Umsätzen ergeben sich die nachfolgend dargestellten
absatzwirtschaftlichen Auswirkungen:
Tabelle 10 : Prognostizierte Umsatzumverteilungen bei reduzierter Vorhabendimensio-
nierung
Angebotsstandorte Nahrungs- u. Genussmittel
Worst case
Gesundheit u. Körperpflege
Worst case
in % in Mio. Euro in % in Mio. Euro
Emstek
Zentraler Versorgungsbereich 15% 0,4 7% 0,2
integrierte Streulagen 17 – 18% 0,1 – 0,3 -- --
nicht integrierte Streulagen * * -- --
Cappeln
integrierte Streulagen 8% 0,5 -- --
Cloppenburg
integrierte Streulagen 9% 0,3 -- --
Sonderstandort Emsteker Straße 9% 2,0 3% 0,1
nicht integrierte Streulagen * * -- --
Quelle: eigene Berechnung auf Basis der dargestellten Eingangswerte
*Umverteilungen von weniger als 100.000 Euro; rechnerisch / methodisch nicht plausibel darstellbar; keine städte-
baulichen Folgewirkungen zu erwarten
Durch die empfohlene Reduzierung der Gesamtverkaufsfläche auf maximal rund
800 m² (vgl. Tabelle 8), ergeben sich für die integrierten Lagen in Cappeln und
Cloppenburg absatzwirtschaftliche Auswirkungen von bis zu maximal 8 bzw. 9%
beziehungsweise 0,3-0,5 Mio. Euro im Bereich Nahrungs- und Genussmittel.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
31
Auch am Sonderstandort Emsteker Straße reduzieren sich die absatzwirtschaftlichen
Auswirkungen in der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel auf maximal 9%
beziehungsweise 2 Mio. Euro.
Unter Berücksichtigung dieser Verkaufsflächenreduzierung ist ein Umschlagen der
absatzwirtschaftlichen Auswirkungen in den perspektivisch betroffenen Nachbar-
kommunen in negative städtebauliche und versorgungsstrukturelle Auswirkungen
nicht zu befürchten. So wird zum einen der Emsteker Ortskern die ihm zugewiesene
Versorgungsfunktion im nahversorgungsrelevanten Bedarfsbereich weiterhin erfüllen
können. Zum anderen ist nicht zu befürchten, dass durch Geschäftsaufgaben sonsti-
ger Lebensmittelbetriebe an solitären Nahversorgungsstandorten das Netz der woh-
nungs- wie wohnortnahen Grundversorgung in seiner Funktionsfähigkeit beeinträch-
tigt wird.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
32
7 Zusammenfassung und Fazit
In Bezug auf die untersuchten Erweiterungs- und Verlagerungsvorhaben im zentralen Versor-
gungsbereich der Gemeinde Emstek sind im Rahmen einer realitätsnahen Worst Case-
Betrachtung die folgenden Untersuchungsergebnisse festzuhalten:
Die Orientierung der Lebensmittelanbieter auf den zentralen Versorgungsbereich bzw. deren
Bestreben nach Standortsicherung durch Erweiterung ist absatzwirtschaftlich nachvollziehbar
und städtebaulich wie versorgungsstrukturell richtig. Alle Vorhaben sind zum jetzigen Zeit-
punkt bekannt geworden und befinden sich nicht nur in großer räumlicher Nähe, sondern
mit dem zentralen Versorgungsbereich auch in einem gemeinsamen Betrachtungsraum, eine
summarische Begutachtung ist daher das Mittel der Wahl.
Die Zentralität Emsteks in der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel beträgt aktuell
0,97, sie liegt damit nur geringfügig unter dem der Gemeinde zustehenden Wert von 1.
Die gewünschten Erweiterungen bzw. die Standortverlagerung mit Erweiterung betragen in
der Summe rund 1.400 m². Nach Abzug eines geringfügigen Kaufkraftrückgewinns werden
Umsatzumverteilungen in Höhe von 13-15% für Standorte außerhalb Emsteks und damit
in unverträglichem Umfang ermittelt.
Die empfohlene Verkleinerung der Vorhaben auf rund 60% der geplanten künftigen Ver-
kaufsflächen bedeutet im Einzelnen folgende verringerte Verkaufsflächenzuwächse: Die Le-
bensmitteldiscounter Aldi und Netto sowie der Supermarkt Edeka reduzieren ihre Vorhaben
um je rund 200 m² und können um rund 230 m² (Aldi), 190 m² (Netto) bzw. 200 m² (Ede-
ka) erweitern. Auf den Lebensmitteldiscounter Lidl entfallen in der Betrachtung 165 m².
Dadurch ergibt sich (im Worst Case) für die Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel ein
umzuverteilender Umsatz von 3,77 Mio. Euro, für die Warengruppe Gesundheit und Kör-
perpflege sind es 0,39 Mio. Euro.
In der Summe ist damit ein Verkaufsflächenzuwachs in Höhe von rund 800 m² als verträg-
lich und somit unschädlich für die wohnortnahe Grundversorgung im Untersuchungsraum
einzustufen.
Die prognostizierten Umsatzumverteilungen in der Branche Nahrungs- und Genussmittel
liegen im Hinblick auf die reduzierte Vorhabendimensionierung unter Berücksichtigung der
Annahmen mit den höchsten Flächenproduktivitäten bei maximal rund 9% in den perspek-
tivisch betroffenen Nachbarkommunen. Negative Auswirkungen, die in städtebauliche und
versorgungsstrukturelle Auswirkungen umschlagen können, sind auf Grundlage der errech-
neten Umsatzumverteilungsquoten in Cappeln und Cloppenburg nicht zu erwarten.
Entsprechend kommt die städtebauliche Verträglichkeitsanalyse zu dem Ergebnis, dass ein Ver-
kaufsflächenzuwachs von maximal rund 800 m² Verkaufsfläche für die Erweiterungs- und
Verlagerungsvorhaben im Emsteker Ortskern als städtebaulich und versorgungsstrukturell ver-
träglich einzustufen sind.
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
33
Exkurs – Die 10%-Schwelle der Umsatzumverteilung
Bereits in einer Vielzahl von gutachterlichen Stellungnahmen und gerichtlichen Urteilen zu groß-
flächigen Einzelhandelsansiedlungsvorhaben basierte die Einordnung und Bewertung des zu-
mutbaren Kaufkraftabzuges auf der sogenannten „10%-Marke“19
. Dabei wird vermutet, dass
eine von Einzelhandelsgroßvorhaben erzeugte Umsatzumverteilung von nicht mehr als 10% zu
Lasten des zentrenorientierten beziehungsweise nahversorgungsrelevanten Einzelhandels keine
negativen städtebaulichen und versorgungsstrukturellen Auswirkungen im Sinne von
§ 11 (3) BauNVO erwirkt. Folglich sind die Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des be-
troffenen zentralen Versorgungsbereiches und/oder der betroffenen Nahversorgungsstrukturen
lediglich absatzwirtschaftlicher, nicht jedoch städtebaulicher beziehungsweise versorgungsstruk-
tureller Art.
So begrüßenswert der Rückgriff auf eine derart quantitative und augenscheinlich auch operatio-
nalisierbare Messgröße sein mag, so kritisch ist
die fachwissenschaftliche Herleitung der „10%-Marke“ und
die per se erfolgte Anwendung der „10%-Marke“, ohne angemessen die raumordneri-
schen und städtebaulichen Begebenheiten und Spezifika zu berücksichtigen und in die
Bewertung einzustellen.
Zur fachwissenschaftlichen Herleitung der „10%-Marke“:
Der Grenzwert von 10% basiert auf einer im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der In-
dustrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg mit Förderung des Wirtschafts-
ministeriums Baden-Württemberg erstellten Langzeitstudie20
: Innerhalb der Jahre 1992
bis 1996 sind acht unterschiedliche Einzelhandelsprojekte vom Supermarkt mit 900 m²
Verkaufsfläche bis hin zum Einkaufszentrum mit zirka 21.000 m² Verkaufsfläche auf ihre
raumordnerischen und städtebaulichen Auswirkungen untersucht worden. Aus den ge-
sammelten Ergebnissen wurde eine Querschnittsauswertung vorgenommen, als deren
Resultat ein „Wirkungsgefüge bei der Ansiedlung eines dezentralen Einzelhandelsbe-
triebes“ und eine Übersicht zu „Grenzwerten der Umsatzumverteilung bei großflächi-
gen Ansiedlungsvorhaben in der jeweiligen Standortgemeinde“ erstellt wurde21
.
Für innenstadtrelevante Sortimente leiten sich demnach erhebliche städtebauliche Fol-
gen zwischen 10% und 20% Umsatzumverteilung ab. Interessanterweise wurde hierzu
angemerkt, dass die Auswirkungen durch Einzelfallprüfungen zu verifizieren sind, also
nicht ohne weiteres pauschal zu übertragen sind.
19
vgl. z.B.: Schmitz, Holger/Federwisch, Christof, Einzelhandel und Planungsrecht, Berlin 2005, Rz. 361-365, auch
mit Nachweisen der Rechtsprechung; Schmitz, Holger; Factory Outlet Center in der Rechtsprechung - Der Kauf-
kraftabzug als Maßstab für eine interkommunal rücksichtsvolle Einzelhandelsansiedlung? In: BauR 10/99, S.
1100-1113; OVG Münster (zu CentroOberhausen), OVG NRW, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04. NE, Ur-
teilsabdruck S. 57 ff
20
vgl. GMA; Auswirkungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe, Kurzfassung der GMA-Langzeitstudie im Auftrag
der Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg mit Förderung des Wirt-
schaftsministeriums Baden-Württemberg, Ludwigsburg 1997, S. 41
21
vgl. GMA; A.a.O., Ludwigsburg 1997, S. 34 und 36
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
34
Fachwissenschaftlich ist die „10%-Marke“ oder auch Erheblichkeitsgrenze, ab derer er-
hebliche städtebauliche Auswirkungen wahrscheinlich werden, somit nicht pauschal
anwendbar.
Vielmehr ist für die von Einzelhandelsgroßvorhaben potenziell ausgehenden Implikatio-
nen nach den „worst case-Fällen“ zu urteilen, so dass auch bei Nicht-Erreichen von
10% Umsatzumverteilung zu Lasten einer Innenstadt/eines Stadtkerns negative städ-
tebauliche Auswirkungen erfolgen können.22
Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass auch Umsatzumverteilungen von über 10%
– wenn aus den wettbewerblichen Auswirkungen im entsprechenden Einzelfall (zentra-
ler Versorgungsbereich) keine gravierenden Folgen für die bestehenden Einzelhandels-
strukturen resultieren – städtebaulich verträglich sein können. In der obergerichtlichen
Rechtsprechung wird die Frage des „Umschlagens“ von Umsatzumverteilungen (wett-
bewerbliche Auswirkungen) in städtebaulich negative (strukturelle Auswirkungen) mit
unterschiedlichen Ergebnissen diskutiert. Die Bandbreite der Werte reicht von 10%23
,
über 10% bis 20%24
bis hin zu etwa 30%25
.
Auch vor dem Hintergrund der seit mehr als einem Jahrzehnt andauernden wirtschaft-
lich angespannten Lage im Einzelhandel ist die 10%-Schwelle kritisch zu sehen. So kön-
nen angesichts der nur geringen Gewinnmargen in vielen Warengruppen auch schon
deutlich geringere Umsatzumverteilungen gravierende Folgen für die bestehenden Ein-
zelhandelsstrukturen besitzen.26
Somit ist die städtebauliche Verträglichkeit großflächiger Planvorhaben immer auch aus den
individuellen lokalen Gegebenheiten betroffener zentraler Versorgungsbereiche und der wirt-
schaftlichen Stabilität und Potenz der relevanten Anbieter abzuleiten. Diese müssen ebenfalls
Gegenstand der gutachterlichen Untersuchung sein. Diese Pflicht geht nicht zuletzt auf die –
vom Bundesverwaltungsgericht in ihrem Inhalt bestätigten – CentrO-Urteile des OVG Münster27
zurück. Nach den CentrO-Urteilen ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass
der gewichtige Schwellenwert bei 10% Umsatzverlust liegt (Regelfall), jedoch
die Beurteilung offen bleibt, ob ein Schwellenwert von 10% für alle Fallkonstellationen
gelten kann und mit welcher Maßgabe bei der Ermittlung der Zumutbarkeitsschwelle
die raumordnerische Funktion der betroffenen Gemeinde zu berücksichtigen ist.
Der gewichtige Schwellenwert ist als wesentlicher Indikator, anhand dessen die Intensität der
Belastung der Nachbarkommunen ermittelt werden kann, somit nicht identisch mit der Zumut-
22
vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern 3k 09/04, 03.02.2006
23
vgl. OVG Potsdam, NVwZ 1999, 434; OVG Münster, BRS 59 Nr. 70; OVG Koblenz, NVwZ-RR 2001, 638 = BRS
64 Nr. 33
24
vgl. OVG Koblenz v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98 -, NVwZ, 1999, 435, 438; VGH München, BayVBI 2001, 175 =
BRS 63 Nr. 62.
25
vgl. OVG Weimar, Urt. v. 20.12.2004 – 1 N 1096/03, Juris m. w. Nachw.
26
vgl. z.B. Acocella, D.; Fürst, U.C. (2002): 10 Prozent Umsatzumverteilung. In: BAG Handelsmagazin, 05-06/2002,
S. 29ff
27
vgl. Urteil des OVG NRW vom 28.12.2005 – 10 D 148/04.NE - „CentrO-Urteil“
Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse Erweiterungen Lebensmittelmärkte Gemeinde Emstek
35
barkeitsschwelle. Das Erreichen des gewichtigen Schwellenwertes ist Anlass, den Kaufkraftab-
fluss in die Abwägung bei der Planung als Belang einzustellen und zu bewerten, denn „Über-
schritten ist die städtebauliche Relevanzschwelle erst dann, wenn ein Umschlag von rein wirt-
schaftlichen zu städtebaulichen Auswirkungen stattzufinden droht“.28
Dieses „Umschlagen“ kann dann konstatiert werden, wenn die verbrauchernahe Versor-
gung der Bevölkerung in Frage gestellt wird oder die Zentrenstruktur nachhaltig verändert
wird. Eine solche städtebaulich relevante Umsatzumverteilung liegt zum Beispiel dann vor, wenn
eine wesentliche Änderung der Marktverhältnisse in Form von „flächendeckenden“ Ge-
schäftsaufgaben befürchtet werden muss, so dass die Versorgung der Bevölkerung nicht
mehr gewährleistet ist29
beziehungsweise
das jeweilige Vorhaben zu Ladenleerständen und so zu einer Verminderung der Vielfalt
und Dichte des Warenangebotes sowie zu abnehmender Frequenz, zur Niveauabsen-
kung und damit zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des betroffenen zent-
ralen Versorgungsbereiches führt30
.
28
ebenda
29
vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Auflage (2002), § 11 Rn. 21.1 m.w.N.
30
vgl. u. a. Janning, Der Ausschluss des zentrenschädigenden Einzelhandels im unbeplanten Innenbereich, BauR
2005, 1723, 1725