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Nina Heinrichs
Technische Universität Braunschweig
Evidenzbasierte Behandlung von Störungen des Sozialverhaltens
Gute Praxis psychotherapeutische Versorgung Veranstaltungsreihe der Bundespsychotherapeutenkammer
Störungen des Sozialverhaltens • ...sind heterogen • ...in der ICD-10 unterschiedliche Subgruppen
§ Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens (F91.0)
§ Störung des Sozialverhaltensbei fehlenden sozialen Bindungen (F91.1)
§ Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen (F91.2)
§ Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigen Verhalten (F91.3)
• ...häufig kombiniert mit Hyperkinetischen Störungen (F90.1)
Berlin 2013 | Prof. Dr. Nina Heinrichs
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Was ist das Hauptproblem dieser Kinder? • Zu starker Wille? à nein • Zu wenig Selbstregulationsfähigkeiten? à ja § Folge 1: keine Integration in eine Gesellschaft, die eine Anpassung der
Bedürfnisse fordert
§ Folge 2: Einsamkeit, Isolation
• Wie erlangen Kinder Selbstregulationsfähigkeiten? § Eltern gestehen ihnen altersangemessene Autonomie zu
§ sie lernen durch Anleitung eigene Gefühle zu erkennen und zu regulieren
• Wie wichtig ist Selbstkontrolle wirklich in unserem Leben? § Moffitt et al. (2011): Längsschnittstudie über 32 Jahre
“Dunedin Multidisciplinary Health and Development Study”
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Die Bedeutsamkeit von Selbstkontrolle für das weitere Leben (Moffitt et al., 2011) • Design der Studie:
• Ergebnis der Studie: § Kindliche Selbstkontrolle
sagt signifikant • die Gesundheit
• den sozioökon. Status
• das Einkommen und
• die Kriminalität
im Erwachsenenalter (32 Jahre) voraus Berlin 2013 | Prof. Dr. Nina Heinrichs
Moffitt,T. E., Arseneault, L., Belsky, D., Dickson, N., Hancox, R. J., Harrington, H. et al. (2011). A gradient of childhood self-control predicts health, wealth, and public safety. PNAS, 108 (7), 2693-2698.
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• Für Kinder oder Jugendliche? (Altersbereich)
• Als Präventions- oder Therapiemaßnahme? (Zeitpunkt der Maßnahme)
• Ein „System“ oder mehrere? (Intensität der Maßnahme)
• Ambulant, stationär (Psychiatrie, Kriminaljustiz...) (Kontext)
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Evidenzbasierte Interventionen: Wichtige Fragen
Empfehlungen zur Behandlung sind schon von verschiedenen Organisationen abgegeben worden § Evidence Based Practices for Conduct Disorder in Children and
Adolescents (Children‘s Mental Health Ontario – 2001)
§ Leitlinien des National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE, 2006; für Kinder bis 12 Jahre)
§ Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
§ Center for Disease Control (CDC, USA)
§ U.S. Department of Health and Human Services: Substance Abuse and Mental Health Service Administration (SAMHSA)
§ U.S. Department of Justice, Office of Juvenile Justice and Delinquncy Prevention (OJJDP)
§ American Psychological Association (APA) • Division 53 (www.effectivechildtherapy.com; basierend auf Eyberg et al., 2008)
Berlin 2013 | Prof. Dr. Nina Heinrichs
Eyberg, S. M., Nelson, M. M., & Boggs, S. R. (2008). Evidence-based psychosocial treatments for child and adolescent with disruptive behavior. Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology,
37, 215-237.
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Ansatzpunkte der Interventionen • Beim Kind selbst (z.B. Psychotherapie primär mit dem Kind) § Training der sozialen Problemlösefähigkeiten
§ Einüben von Sozialverhalten und Kommunikationsfertigkeiten
§ Training der sozialen Perspektivübernahme
§ Ärger-Management-Training
• Bei der primären Bezugsperson oder dem Familien-system (z.B. Intervention nur mit Elternteil oder Intervention mit Elternteil und Kind) § Positive Beziehung zum Kind (wieder)aufbauen
§ Fertigkeiten im Umgang mit den herausfordernden Verhaltensweisen des Kindes erlernen
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Kriterien der Evidenz (Chambless et al., 1998; Southam-Gerow & Prinstein, 2013) Evidenzgrad Was heißt das? Operationalisierung „Well-Established“ (Level 1)
Therapieverfahren und –techniken mit der stärksten Evidenz (höchster Standard) „funktioniert gut“
*mind. 2 große randomisierte Studien mit Überlegenheit der Intervention zu einer anderen (inkl. Placebo)
*Unabhängige Untersucher
„Probably Efficacious“ (Level 2)
Therapieverfahren und –techniken mit starker Evidenz „funktioniert sehr wahrscheinlich“
Wie Level 1, aber keine unabhängigen Untersuchungen der Intervention (vom ursprünglichen Entwickler)
„Possibly Efficacious“ (Level 3)
Therapieverfahren und –techniken mit einiger Evidenz „funktioniert möglicherweise“
Eine gute, große Studie, die Überlegenheit gegenüber keiner Intervention (abwarten) zeigt (oder mehrere kleinere klinische Studien)
„Experimental“ (Level 4)
Therapieverfahren und –techniken ohne Evidenz „kein Wissen darüber, ob es funktioniert“
Interventionen, die in der Praxis eingesetzt werden, bisher aber nicht untersucht wurden
„Does not work/Tested but did not work“ (Level 5)
Therapieverfahren und –techniken mit Evidenz, dass sie keine positiven Ergebnisse erzeugen „funktioniert nicht“
Interventionen, die
*nicht besser sind als „keine Intervention“ (abwarten) oder
*zu Verschlechterungen führen
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Southam-Gerow, M. & Prinstein, M. (2013). Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology,
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Evidenzbasierte psychotherapeutische Interventionen (nach APA)
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Evidenzgrad Intervention „funktioniert gut“ Verhaltenstherapie: Parent Management Training
„funktioniert sehr wahrscheinlich“ Kognitive Verhaltenstherapie: Ärgerkontrolltraining Verhaltenstherapie: Manualisierte Verhaltenstherapieprogramme für Eltern:
*Helping the Noncompliant Child *Incredible Years *Triple P (Einzeltherapie Ebene 4 und 5)
Parent-Child Interaktionstherapie (PCIT) Problemlösefertigkeitstraining Multidimensionale Therapie für Kinder in Pflege Multisystemische Therapie
„funktioniert möglicherweise“ Kognitive Verhaltenstherapie: Ärgerkontrolltraining in der Gruppe Verhaltenstherapie: Manualisierte Verhaltenstherapieprogramme für Eltern:
*Incredible Years (andere Varianten als oben) *Triple P (Gruppentraining Ebene 4)
„kein Wissen darüber, ob es funktioniert“ N/A
„funktioniert nicht“ Quellen: www.effectivechildtherapy.org
Eyberg, S. M., Nelson, M. M., & Boggs, S. R. (2008). Evidence-based psychosocial treatments for child and adolescent with disruptive behavior. Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology, 37, 215-237.
„Art Therapy“ / „Reparenting Therapy“ „Holding Therapy“ / „Rebirthing Therapy“ Quelle: Hupp et al. (2013). Disseminate, debunk, differentiate: Teaching about evidence-based treatments in a child psychology course. the Behavior Therapist.
Evidenzbasierte Kinder-Interventionsprogramme in Deutschland („funktioniert gut oder sehr wahrscheinlich“)
Intervention Alters-bereich
Teilnehmer- zahl
Dauer Ziele/Theoretische Fundierung
Aggression Replacement Training (ART, Goldstein & Glick) Therapie; teilweise Effekte
12-17 Jahre (ursprüng-lich)
Gruppen mit 6-12 Teilnehmern (chronisch aggressiv und delinquent; inhaftiert)
3 Sitzungen pro Woche über 10 Wochen (30 Stunden)
Verbesserte soziale Fertigkeiten Wutkontrolle (kontrollierter Umgang mit stark negativen Affekten z.B. Identifizierung von Auslösern) Moralisches Denken (Fairness und Gerechtigkeit; Sensibilisierungstraining) Kognitiv-behavioral
Therapie-programm (THAV, Görtz-Dorten & Döpfner) Therapie; noch keine publizierte Studie
6-12 Jahre
Einzeltherapie Mind. KZT (25+6)
Bearbeitung der kognitiv-emotionalen Störungskomponente Impulskontrolle sozialkompetentes Verhalten (durch Problemlöse- und Fertigkeitentraining) Kognitiv-behavioral
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In grauer Schrift hinterlegte Interventionen haben (noch) nicht den Level „funktioniert gut oder sehr wahrscheinlich“ erreicht
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Evidenzbasierte Interventionen für Eltern in Deutschland („funktioniert gut oder sehr wahrscheinlich“)
Intervention Alters-bereich
Teilnehmer-zahl
Dauer Ziele/Theoretische Fundierung
Positive Parenting Program (Triple P, Sanders) Prävention und Therapie; gute Evidenz für Einzeltraining (schlechtere für Gruppentraining)
0-16 Jahre
Flexibel: Einzel-/ Gruppen-/ Selbsthilfe-/ Telefonkontakt-format
Abhängig von Belastung der Eltern + kindl. Verhaltens-probleme
Störungen mit oppositionellen Trotzverhalten verhüten/vermindern bzw. Selbstregulation der Kinder fördern Soziale Lerntheorie
Kompetenztraining für Eltern sozial auffälliger Kinder (KES, Lauth & Heubeck) Indizierte Prävention und Therapie Noch keine Publikation eines RCTs
6-12 Jahre
Einzel oder Gruppe
6 Sitzungen (+Auffrischungs-sitzung)
Störungen mit oppositionellen Trotzverhalten verhüten/vermindern Soziale Lerntheorie Kognitive Verhaltenstherapie
Berlin 2013 | Prof. Dr. Nina Heinrichs
In grauer Schrift hinterlegte Interventionen haben (noch) nicht den Level „funktioniert gut oder sehr wahrscheinlich“ erreicht
Evidenzbasierte Interventionen für Eltern und Kinder in Deutschland („funktioniert gut oder sehr wahrscheinlich“)
Intervention Alters-bereich
Teilnehmer-zahl
Dauer Ziele/Theoretische Fundierung
Parent-Child Interaction Therapy (PCIT, Eyberg)
2-7 Jahre Einzelne Familie
12-20 Sitzungen
Positive Beziehung (wieder) aufbauen (Eltern lernen, dem Kind zu folgen; Spieltherapie) Angemessen Grenzen setzen lernen (Erziehungstraining) Soziale Lerntheorie und Humanistische Theorie
Therapieprogramm für hyperkinetisches und oppositionelles Trotzverhalten (THOP, Döpfner)
3-12 Jahre Kind und Eltern
variabel Förderung positiver Eltern-Kind Interaktionen Verminderung impulsiven und oppositionellen Verhaltens durch klare Regeln und Grenzen, Selbstinstruktionstraining Soziale Lerntheorie, Kognitive Theorie
Multisystemische Therapie (MST, Henggeler)
12-17 Jahre
Einzelne Familie
60 Stunden über 3-6 Monate
Aufsuchendes Versorgungsmodell, um Barrieren zu senken Ein Team von 3-4 Therapeuten ist für den Jugendlichen und seine Familie rund um die Uhr ansprechbar Fokus auf Positivem und Stärken Verantwortliches Verhalten fördern Soziale Lerntheorie, Systemische Theorie
Funktionale Familientherapie (FFT, Alexander)
11-18 Jahre
Einzelne Familie
8-30 Sitzungen
Umdeuten (Reframing), um die Bedeutung des (problematischen) Verhaltens zu verändern à Voraussetzung für dessen Änderung (Phasenmodell) Soziale Lerntheorie, Kognitive und Systemische Theorie
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Und?
• Eltern-/Familienarbeit ist ein essentieller Bestandteil von Präventions- und Behandlungsmaßnahmen bei der Störung des Sozialverhaltens!
• Leitlinie zu Elternarbeit vom National Institute of Health and Clinical Excellence (NICE, 2006)
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Evidenzbasierte Elterntrainingsprogramme (NICE) • 16 RCT verglichen Elterntraining mit anderer Intervention, ohne
Kontrollgruppe: § 94% der Studien zeigen signifikante Überlegenheit oder Gleichwertigkeit
des Elterntrainings (1 Studie keine statistischen Analysen)
• 19 RCT verglichen Elterntraining mit einer Kontrollgruppe: § 50% der Studien berichten positive Effekte auf kindliches
Problemverhalten • Aber nicht immer signifikante Unterschiede zur KG (viele kleine Stichproben!)
• Keine Studie zeigt Überlegenheit der KG
§ Qualitativ hochwertige Studien zeigen weniger signifikante Verbesserungen kindlichen Problemverhaltens
• Achtung: nicht unerhebliche Drop-out Raten bei Elterntrainings und oft keine Inanspruchnahmeraten angegeben
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NICE (2006). Conduct disorder in children - parent-training/education programmes Parent-training/education programmes in the management of children with conduct disorders
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NICE-Empfehlungen zu Elterntrainings (2006) • Gruppenbasierte Eltern-Trainings-Programme, die § strukturiert & in sozialer Lerntheorie begründet sind § beziehungsfördernde Strategien enthalten § ausreichende Sitzungszahl anbieten, mit einem Optimum von 8-12 Sitzungen, um
den möglichen Nutzen der Teilnehmer zu maximieren § die Eltern befähigen, ihre eigenen elterlichen Ziele zu identifizieren § Rollenspiele und Hausaufgaben enthalten § durchgeführt werden von trainierten Personen, die supervidiert werden § orientiert am Manual umgesetzt werden und die vorhandenen Materialien nutzen,
um eine konsistente Implementation des Programms sicher zu stellen
• Komponentenempfehlung noch aktuell1
• Überholt bzw. heraus gefordert: „gruppenbasiert“2
• Deutlich bessere Evidenz für Wirksamkeit bei Kindern als bei Jugendlichen mit Störungen des Sozialverhaltens
Berlin 2013 | Prof. Dr. Nina Heinrichs NICE (2006). Conduct disorder in children - parent-training/education programmes: Parent-training/education programmes in the management of children with conduct disorders
Woolfenden S, Williams KJ, Peat J. (2009= Family and parenting interventions in children and adolescents with conduct disorder and delinquency aged 10-17. Cochrane Database of Systematic Reviews Issue 2. Art. No.: CD003015. DOI: 10.1002/14651858.CD003015.
1Kaminski et al. (2011); Nowak & Heinrichs (2008); 2Einzelstudie RCT direkter Vergleich von Gruppe vs. Einzeln: Heinrichs & Jensen-Doss, 2011; Lauth, 2013, mündl. Mitteilung
Multisystemische Therapie (MST) • Wird in einem Behandlungsteam durchgeführt
(1 Supervisor, 3-4 Therapeuten) • pro Therapeut: 4-6 Familien, pro Team/Jahr: 50
Familien • Verfügbarkeit des Teams 7 Tage/ Woche, 24 Std.
(nachts für Notfälle) • Therapiedauer: 3-5 Monate, durchschnittlich 60 Std.
Kontakte • meist täglicher Kontakt zum Patienten/zur Familie • Therapie meist in der Familie, Schule, an anderen
Orten in der Gemeinde (aufsuchendes Modell) à Intensive Maßnahme!
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Henggeler et al., 1998
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Kostenersparnis durch MST • Pro Teilnehmer
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Programmkosten: - 4.500 $
Vermiedene Kriminal-/ Justizkosten + 12.381 $
Nettogewinn (Steuerzahler) = 7.881 $
Vermiedene Kosten der Opfer + 13.982 $
Nettogewinn (Steuerzahler + Opfer) = 21.863 $
http://www.wa.gov/wsipp/reports/bline.html Rehberg, Fürstenau & Rhiner (2011). Multisystemische Therapie (MST) für Jugendliche mit schweren Störungen
des Sozialverhaltens. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 39, 41-45
Schweizer Studie: “Die Fallkosten für die Durchführung der MST lagen um 40% bis 64% unter den Kosten für außerfamiliäre Platzierungen, die nach Einschätzung der ZuweiserInnen ohne MST erforderlich gewesen wären“ (aus Rehberg et al.)
13-Jahres-Follow-up von MST
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Schaeffer & Borduin (2005) Long-Term Follow-Up to a Randomized Clinical Trial of Multisystemic Therapy With Serious and Violent Juvenile Offenders. Journal of Consulting and Clinical Psychology 73, No. 3, 445–453
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13-Jahres-Follow-up von MST: Erneute Haftstrafen
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Spielt Komorbidität eine Rolle bei den Behandlungseffekten?
Ganz offensichtlich! *Substanzmissbrauch- oder abhängigkeit (-) *ADHS (+) § Kinder, die für eine Behandlungsstudie aufgrund ihres
sozial auffälligen Verhaltens ausgewählt wurden: Zeigen bessere Ergebnisse unter einer Elterntrainingsbedingung, wenn sie komorbid eine ADHS aufweisen als Kinder ohne eine entsprechende Komorbidität (Hartmann et al., 2003)
à Komorbidität bei Therapieplanung beachten!
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Hartman, R. R., Stage, S. A., & Webster-Stratton, C. (2003). A growth curve analysis of parent training outcomes: Examining the influence of child risk factors (inattention, impulsivity, and hyperactivity
problems), parental, and family risk factors. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 44, 388–398.
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Welche Rolle spielen „callous-unemotional“ Traits?
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Paul J. Frick, Ph.D.
University Research Professor
Chair, Department of Psychology
University of New Orleans
Callous-unemotional traits (CU) • Unter Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensproblemen gibt
es eine wichtige Subgruppe, die man als „abgestumpft-emotionslos“ bezeichnet = CU-Eigenschaften
• Kinder und Jugendliche mit diesen CU-Eigenschaften zeigen früher, stabileres und stärkeres aggressives und antisoziales Verhalten (qualitativ unterschiedlicher Subtyp?)
• Fragebogen: § Die Gefühle anderer sind mir gleichgültig. § Wenn ich etwas Falsches mache, fühle ich mich schlecht oder schuldig.* § Es ist mir wichtig, wie gut ich in der Schule oder bei der Arbeit bin.* § Ich zeige anderen meine Gefühle nicht.
*Diese Items sind negativ gepolt.
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Source: Essau, Sasagawa, & Frick , 2006
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Charakteristika von Kindern mit geringen CU-Ausprägungen § Impulsive, with high rates of ADHD
• Adjudicated sample (Caputo et al., 1999) • Clinic-referred sample (Christian et al., 1997) • Community sample (Frick, Bodin, & Barry, 2000)
§ Distressed by effects of behavior on others • Adjudicated sample (Pardini et al., 2003) • Clinic-referred sample (Frick et al., 1999) • Community sample (Frick, Cornell, Bodin et al., 2003)
§ High levels of emotional reactivity • Self-report ratings (Pardini et al., 2003) • Emotional words (Loney et al., 2003) • Emotional pictures (Kimonis et al., 2004)
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Folie übernommen mit Erlaubnis von Prof. P. Frick
CU Traits, Conduct Problems, and Dysfunctional Parenting
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0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6
Low CU (n=107)
High CU (n=48)
Daten aus: Wootton, Frick, Shelton, & Silverthorn, 1997
Parenting Composite (controlling for sociodemographics)
Pre
dict
ed n
umbe
r of c
ondu
ct p
robl
ems
Folie übernommen mit Erlaubnis von Prof. P. Frick
ß = .47, p < .01.
ß = -.14, p = n.s.
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Relevanz des Merkmals “Callous-Unemotional”? • Implikationen für die Behandlung § Bisherige evidenzbasierte Interventionen nicht so wirksam bei diesen
Kindern à Modifikationen notwendig: • Elterntrainings, die Eltern zur Förderung von Empathie bei ihren kleinen Kindern anleiten
• Trainings, bei denen Kinder Fertigkeiten zur kognitiven Perspektivenübernahme lernen
• Elterntrainings, die Elemente zur positiven Verstärkung zur Förderung prosozialen Verhaltens enthalten
§ besseres Ansprechen auf Verhaltenstherapie mit paralleler Medikation
§ Wenig bestrafungssensitiv, Interventionen eher auf belohnungsorientierte Bedürfnisse abstimmen
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Hawes & Dadds, 2005; Waschbusch et al., 2007; Caldwell et al., 2006
Zusammenfassung
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„Take Home“ Message Nummer 1 • Wir haben kaum etwas, was uns hilft, Störungen des Sozialverhaltens,
die schwerer ausgeprägt sind, effektiv zu behandeln à multisystemische Therapie vermutlich eine gute Wahl
• Bei milderen Varianten (inkl. der indizierten Prävention) und bei Kindern sind Elterntrainings eine gute Wahl! § Es gibt mehrere wirksame Elterntrainings, die wenig Anwendung finden. § Es gibt viele Elterntrainings, die angewandt werden, die meistens keine Wirksamkeitsstudien
durchgeführt haben. § Selbst wenn wirksame Elterntrainings implementiert werden würden, löst sich das Problem
der freiwilligen Teilnahme von Eltern nicht.
• Implementierung bereits als wirksam eingeschätzter Maßnahmen in Deutschland kostengünstiger und viel versprechender als die „Neu-Erfindung des Rads“
• Prävention ist effektiver und kostengünstiger als Therapie der Störung des Sozialverhaltens
Berlin 2013 | Prof. Dr. Nina Heinrichs
- Kind, Familie, Schule und Peers in die Diagnostik mit einbeziehen - Unterscheidung zwischen frühem und spätem Beginn - andere psychische/ medizinische Probleme ausschließen bzw. erfassen
Diagnostik
Liegt eine milde Störung des
Sozialverhaltens vor?
- Kind-/Peertraining (Coping Power, Anger Control, Problemlösetraining à Aggression Replacement Training, ART) - Elterntraining (basierend auf sozialer Lerntheorie) - Behandlung von ADHS, falls komorbid vorliegend
JA
NEIN
Liegen „callous-unemotional“ Züge vor beim Kind?
„Take Home“ Message Nummer 2 - Entscheidungsbaum
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- Kind/Peer-Intervention: Aggression Replacement Training (Goldstein) - Elterntrainings (basierend auf sozialer Lerntheorie) - Multisystemische Therapie (Henggeler) - Funktionale Familientherapie (Alexander)
Liegt eine moderate
Störung des Sozialverhaltens
vor?
Liegt eine schwere Störung
des Sozialverhaltens
vor?
- Multisystemische Therapie (Henggeler) - Multidimensional Treatment Foster Care (Chamberlain) - Funktionale Familientherapie (Alexander) JA
NEIN
JA
Ist die Störung chronisch oder in der Kindheit begonnen?
Beenden der Behandlung und Nachsorge NEIN
Langzeit-Nachsorge und Überwachung
JA
Forts. Entscheidungsbaum
Berlin 2013 | Prof. Dr. Nina Heinrichs
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Berlin 2013 | Prof. Dr. Nina Heinrichs