subretinale chirurgie bei choroidalen neovaskularisationen

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Sebastian Wolf • Bernd Kirchhof • Augenklinik, Medizinische Fakultät, RWTH Aachen Subretinale Chirurgie bei choroidalen Neovaskularisationen Zusammenfassung Choroidale Neovaskularisationen (CNV) in Folge einer altersabhängigen Makulopathie oder entzündlicher Netz- bzw. Aderhauter- krankungen sind in der westlichen Welt die häufigste Ursache für einen schweren Visus- verlust. Es konnte in großen Studien zwar gezeigt werden, daß die Laserphotokoagu- lation von choroidalen Neovaskularisationen den Visusverlust aufhalten kann, jedoch ist die Zahl der Patienten, bei denen diese Be- handlung in Frage kommt, klein. Darüber hinaus ist die Rezidivrate trotz primär er- folgreicher Laserphotokoagulation sehr hoch. Aus diesen Gründen hat die chirurgi- sche Entfernung von choroidalen Neovasku- larisationen zunehmend an Bedeutung ge- wonnen. Insbesondere bei Patienten mit subfovealen CNV in Folge von chorioretina- len Entzündungen scheint die chirurgische Entfernung Vorteile gegenüber anderen Therapiemöglichkeiten zu haben. Bei der al- tersabhängigen Makuladegeneration sind die Ergebnisse nicht ganz so überzeugend, jedoch ist zu erwarten, daß durch neue, bis- her nur experimentell eingesetzte chirurgi- sche Verfahren die operative Therapie sich auch für dieses Krankheitsbild durchsetzen wird. Choroidale Neovaskularisationen (CNV) sind bei einer Vielzahl von Ma- kulaerkrankungen die Ursache für eine erhebliche Visusminderung [5, 10, 11, 28]. Choroidale Gefäßneubildungen wachsen aus der Chorioidea durch die Bruch-Membran und proliferieren un- ter und/oder über dem retinalen Pig- mentepithel (RPE). Ursache für die CNV sind altersabhängige Veränderun- gen des RPE-Komplexes (Choriokapil- laris, Bruch-Membran, Pigmentepithel) [7–9, 15, 23, 24], wie bei der altersabhän- gigen Makuladegeneration (AMD), oder andere pathologische Veränderun- gen des RPE-Komplexes etwa nach cho- rioretinalen Entzündungen (z. B. okula- res Histoplasmosesyndrom), Trauma, bei Myopie, Angioid-streaks und einer Gruppe idiopathischer Krankheitspro- zesse, die besonders junge Erwachsene betreffen und sich durch fokale Verän- derungen des retinalen Pigmentepithels auszeichnen. Haben die choroidalen Gefäßneubildungen die Bruch-Mem- bran durchdrungen, kann es durch fi- brovaskuläres Narbengewebe, seröse Exsudate und subretinale Blutungen zur Zerstörung der Neuroretina kom- men. Wenn die CNV unter die Fovea wächst, ist die Prognose für die zentrale Sehschärfe in der Regel schlecht. So führt eine subfoveale CNV bei Patienten mit AMD innerhalb von 2 Jahren in über 70 % der Fälle zu einem Visusabfall auf 0,1. Im weiteren Verlauf werden sub- foveale Gefäßneubildungen ohne Ther- apie größer und führen dabei zu einer disziformen Narbe mit daraus folgend sehr schlechtem Visus und großem Zen- tralskotom. Bei Patienten mit subfove- aler CNVals Folge eines okularen Histo- plasmosesyndroms (POHS) oder idio- pathischer choroidaler Gefäßneubil- dungen ist zwar die Prognose für die zentrale Sehschärfe günstiger, jedoch behalten weniger als 20 % dieser Patien- ten eine Sehschärfe über 0,5. Die Behandlung von subfovealen choroidalen Neovaskularisationen (CNV) ist unbefriedigend. Die bisher einzige wirksame, in kontrollierten, randomisierten klinischen Studien ge- prüfte Behandlung ist die Laserkoagula- tion der CNV. Die Macular photocoagu- lation study (MPS) [17–19] hat gezeigt, daß die Laserkoagulation bei Fluores- cein-angiographisch eindeutig ab- grenzbaren sog. „klassischen“ CNV mit extra- und juxtafovealer, mit Einschrän- kungen auch mit subfovealer Lage ge- genüber dem natürlichen Verlauf zu besseren Visusergebnissen führt. Je- doch findet man bei weniger als 20 % der Patienten mit CNVeine „klassische“ extra- oder juxtafoveale CNV, und es kommt auch bei initial erfolgreicher Be- handlung bei ca. 60% der Patienten zu Rezidiven [19]. Von der Koagulation ei- ner subfovealen Membran profitieren manche Patienten zwar auf lange Sicht, jedoch muß eine Sehverschlechterung unmittelbar nach der Behandlung von im Mittel 3 Visusstufen hingenommen werden [20]. Vor diesem Hintergrund wird nach alternativen Behandlungsverfahren für die altersabhängige Makuladegenerati- on gesucht: Erstmals berichteten De Juan u. Machemer 1987 über die chirur- gische Entfernung subfovealer choroi- daler Neovaskularisationen. Seitdem ist von zahlreichen anderen Arbeitsgrup- pen ebenfalls über diese Therapiemög- lichkeit berichtet worden [1, 2, 4, 6, 12–14, 29, 30]. Auch wenn bisher keine Der Ophthalmologe 12·97 929 Ophthalmologe 1997 · 94:929–932 Springer-Verlag 1997 Das therapeutische Prinzip Priv.-Doz. Dr. Dr. S. Wolf Augenklinik, Medizinsche Fakultät, RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, D-52 057 Aachen

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Page 1: Subretinale Chirurgie bei choroidalen Neovaskularisationen

Sebastian Wolf · Bernd Kirchhof · Augenklinik, Medizinische Fakultät, RWTH Aachen

Subretinale Chirurgiebei choroidalenNeovaskularisationen

Zusammenfassung

Choroidale Neovaskularisationen (CNV) inFolge einer altersabhängigen Makulopathieoder entzündlicher Netz- bzw. Aderhauter-krankungen sind in der westlichen Welt diehäufigste Ursache für einen schweren Visus-verlust. Es konnte in groûen Studien zwargezeigt werden, daû die Laserphotokoagu-lation von choroidalen Neovaskularisationenden Visusverlust aufhalten kann, jedoch istdie Zahl der Patienten, bei denen diese Be-handlung in Frage kommt, klein. Darüberhinaus ist die Rezidivrate trotz primär er-folgreicher Laserphotokoagulation sehrhoch. Aus diesen Gründen hat die chirurgi-sche Entfernung von choroidalen Neovasku-larisationen zunehmend an Bedeutung ge-wonnen. Insbesondere bei Patienten mitsubfovealen CNV in Folge von chorioretina-len Entzündungen scheint die chirurgischeEntfernung Vorteile gegenüber anderenTherapiemöglichkeiten zu haben. Bei der al-tersabhängigen Makuladegeneration sinddie Ergebnisse nicht ganz so überzeugend,jedoch ist zu erwarten, daû durch neue, bis-her nur experimentell eingesetzte chirurgi-sche Verfahren die operative Therapie sichauch für dieses Krankheitsbild durchsetzenwird.

Choroidale Neovaskularisationen(CNV) sind bei einer Vielzahl von Ma-kulaerkrankungen die Ursache für eineerhebliche Visusminderung [5, 10, 11,28]. Choroidale Gefäûneubildungenwachsen aus der Chorioidea durch dieBruch-Membran und proliferieren un-ter und/oder über dem retinalen Pig-mentepithel (RPE). Ursache für dieCNV sind altersabhängige Veränderun-gen des RPE-Komplexes (Choriokapil-laris, Bruch-Membran, Pigmentepithel)[7±9, 15, 23, 24], wie bei der altersabhän-gigen Makuladegeneration (AMD),oder andere pathologische Veränderun-gen des RPE-Komplexes etwa nach cho-rioretinalen Entzündungen (z. B. okula-res Histoplasmosesyndrom), Trauma,bei Myopie, Angioid-streaks und einerGruppe idiopathischer Krankheitspro-zesse, die besonders junge Erwachsenebetreffen und sich durch fokale Verän-derungen des retinalen Pigmentepithelsauszeichnen. Haben die choroidalenGefäûneubildungen die Bruch-Mem-bran durchdrungen, kann es durch fi-brovaskuläres Narbengewebe, seröseExsudate und subretinale Blutungenzur Zerstörung der Neuroretina kom-men.

Wenn die CNV unter die Foveawächst, ist die Prognose für die zentraleSehschärfe in der Regel schlecht. Soführt eine subfoveale CNV bei Patientenmit AMD innerhalb von 2 Jahren inüber 70 % der Fälle zu einem Visusabfallauf 0,1. Im weiteren Verlauf werden sub-foveale Gefäûneubildungen ohne Ther-apie gröûer und führen dabei zu einerdisziformen Narbe mit daraus folgendsehr schlechtem Visus und groûem Zen-tralskotom. Bei Patienten mit subfove-aler CNVals Folge eines okularen Histo-plasmosesyndroms (POHS) oder idio-pathischer choroidaler Gefäûneubil-dungen ist zwar die Prognose für die

zentrale Sehschärfe günstiger, jedochbehalten weniger als 20 % dieser Patien-ten eine Sehschärfe über 0,5.

Die Behandlung von subfovealenchoroidalen Neovaskularisationen(CNV) ist unbefriedigend. Die bishereinzige wirksame, in kontrollierten,randomisierten klinischen Studien ge-prüfte Behandlung ist die Laserkoagula-tion der CNV. Die Macular photocoagu-lation study (MPS) [17±19] hat gezeigt,daû die Laserkoagulation bei Fluores-cein-angiographisch eindeutig ab-grenzbaren sog. ¹klassischenª CNV mitextra- und juxtafovealer, mit Einschrän-kungen auch mit subfovealer Lage ge-genüber dem natürlichen Verlauf zubesseren Visusergebnissen führt. Je-doch findet man bei weniger als 20 %der Patienten mit CNVeine ¹klassischeªextra- oder juxtafoveale CNV, und eskommt auch bei initial erfolgreicher Be-handlung bei ca. 60 % der Patienten zuRezidiven [19]. Von der Koagulation ei-ner subfovealen Membran profitierenmanche Patienten zwar auf lange Sicht,jedoch muû eine Sehverschlechterungunmittelbar nach der Behandlung vonim Mittel 3 Visusstufen hingenommenwerden [20].

Vor diesem Hintergrund wird nachalternativen Behandlungsverfahren fürdie altersabhängige Makuladegenerati-on gesucht: Erstmals berichteten DeJuan u. Machemer 1987 über die chirur-gische Entfernung subfovealer choroi-daler Neovaskularisationen. Seitdem istvon zahlreichen anderen Arbeitsgrup-pen ebenfalls über diese Therapiemög-lichkeit berichtet worden [1, 2, 4, 6,12±14, 29, 30]. Auch wenn bisher keine

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Ophthalmologe1997 ´ 94:929±932 � Springer-Verlag 1997 Das therapeutische Prinzip

Priv.-Doz. Dr. Dr. S. WolfAugenklinik, Medizinsche Fakultät, RWTH Aachen,Pauwelsstraûe 30, D-52 057 Aachen

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prospektiven randomisierten Studienabgeschlossen sind, welche die Effekti-vität einer chirurgischen Therapie beiden verschiedenen Krankheitsbildernhinreichend belegen, so ist der klinischeEindruck der meisten Operateure so po-sitiv, daû die Zahl der operierten Patien-ten ständig steigt.

Operatives Vorgehen

Zunächst wird mittels Pars-plana-Vi-trektomie der Glaskörper vollständigentfernt. Wichtig sind hierbei die Ablö-sung und Entfernung der hinteren Glas-körpergrenzmembran. Anschlieûendwird der subretinale Raum durch einekleine Retinotomie temporal der CNVeröffnet. Die temporale Lokalisationwird gewählt, um das papillomakuläreBündel nicht zu schädigen. Gegebenen-falls wird dann durch subretinale Infu-sion von BSS die neurosensorische Reti-na abgehoben, was jedoch die Transpa-renz der Netzhaut beeinträchtigt. Mitspeziellen, um 130 � abgewinkelten In-strumenten wird dann die neovaskuläreMembran unter der Netzhaut mobili-siert. Meist genügt dazu ein Spatel. Da-bei muû sehr sorgfältig vorgegangenwerden, um weder die neurosensorischeNetzhaut noch die Bruch-Membran zuverletzen. Anschlieûend wird mit einerabgewinkelten horizontalen oder verti-kalen Pinzette die Membran gefaût unddurch die Retinotomie unter der Netz-haut hervorgezogen. Meist läût sich dieCNV, auch wenn diese deutlich gröûerals die Retinotomie ist, ohne Vergrö-ûern der Retinotomie entfernen, dasich die Retinotomie gut dehnen läût.Mit Entfernen der CNVaus dem subreti-nalen Raum wird der Augeninnendruckdurch Anheben der Infusionsflasche er-

höht, um subretinale Nachblutungen zuvermeiden. Eine weitere Möglichkeit,die Gefahr von Nachblutungen zu ver-ringern, ist die sofortige Injektion vonPerfluokarbon. Diese führt ebenfallsdazu, daû sich die abgehobene Netzhautwieder anlegt und die subretinale Flüs-sigkeit durch die Retinotomie ent-weicht. Eine Koagulation im Bereichder Retinotomie ist meist nicht erfor-derlich. Am Ende der Operation kannein Flüssigkeits-Gas-Austausch vorge-nommen werden.

Ergebnisse

Die Ergebnisse einer chirurgischen Ex-zision subfovealer CNV sind je nachdem der CNV zugrundeliegendenKrankheitsprozeû sehr unterschiedlich.Insbesondere sind die Ergebnisse fürdie zentrale Sehschärfe bei altersabhän-giger Makuladegeneration deutlichschlechter als bei choroidalen Gefäû-neubildungen anderer Genese.

Okulares Histoplasmosesyndrom(POHS)

Auch wenn bisher keine prospektivenrandomisierten Untersuchungen zurEffektivität der chirurgischen Extrakti-on subfovealer CNV bei Patienten mitPOHS vorliegen, so sind die publizier-ten Ergebnisse doch sehr vielverspre-chend [2, 14, 21, 26]. Die gröûte Serievon Patienten mit POHS, die sich einerchirurgischen Extraktion einer subfo-vealen CNV unterzogen hatten, wurdevon Holekamp et al. publiziert [14].Nach einer mittleren Nachbeobach-tungszeit von 13 Monaten kam es bei40 % der Augen zu einem Visusanstieg,bei 41 % der Augen zu einer Stabilisie-

rung und nur bei 19 % zu einem Visus-abfall. Dabei war eine Visusänderungals Anstieg oder Abfall von 3 Visusstu-fen gegenüber dem Ausgangsvisus defi-niert. In dieser Studie erreichten 35 %der Augen einen postoperativen Visusvon 0,5 oder besser. Wenn man nur dieAugen betrachtet, deren präoperativerVisus 0,2 oder besser war, so erreichensogar 45 % dieser Augen einen Endvisusvon 0,5 oder besser.

Die guten Ergebnisse der chirurgi-schen Therapie bei subfovealer CNVnach POHS lassen sich durch histopa-thologische Befunde erklären: Bei Pati-enten mit POHS ist das RPE in der Regelnicht oder nur lokal begrenzt patholo-gisch verändert. Sehr häufig werden dieneugebildeten Gefäûe von proliferie-renden RPE-Zellen vollständig einge-kapselt, ohne daû dabei das darunterliegende ursprüngliche RPE geschädigtwird. So kann eine subfoveale CNV beiPOHS ohne gröûeren Defekt im RPE ex-trahiert werden.

AltersabhängigeMakuladegeneration

Obwohl die altersabhängige Makulade-generation die häufigste Ursache fürsubfoveale CNV ist, liegen für diese Pati-entengruppe bisher nur relativ wenigDaten zur chirurgischen Therapie vor.Gröûere Serien sind von Berger u. Ka-plan [4], Eckardt [6] und Thomas et al.[30] publiziert worden. Von diesen Au-toren sind bei ca. 30 % der Augen Ver-besserungen und bei ca. 20 % Ver-schlechterungen der zentralen Seh-schärfe berichtet worden. Allerdings er-reichen weniger als 50 % der operiertenPatienten eine postoperative Sehschärfevon 0,1 oder besser. Dennoch gebenmehr als die Hälfte der operierten Pati-enten an, daû sie die Operation als Er-folg empfinden.

Hauptproblem bei der operativenEntfernung subfovealer CNV bei Pati-enten mit altersabhängiger Makulade-generation ist, daû es sich operativmeist nicht vermeiden läût, daû zusam-men mit der Neovaskularisation Anteiledes retinalen Pigmentepithels (RPE),der Bruch-Membran und der Chorioka-pillaris entfernt werden. Dies führt se-kundär zur Atrophie der Photorezepto-ren in dem betroffenen Areal. Somitwird eine exsudative Makuladegenerati-on in die trockene, atrophische Form

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Abb. 13 Postoperativer Befund nachchirurgischer Membranentfernung einersubfovealen gut abgrenzbaren CNV

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überführt. Diese Problematik hat bisherdie Erfolge der subretinalen Chirurgiebei Patienten mit altersabhängiger Ma-kuladegeneration begrenzt.

Neue experimentelleTherapieansätze

Da bei den bisherigen chirurgischenTechniken zur Entfernung subfovealerCNV bei Patienten mit AMD fast immerein groûer RPE-Defekt entsteht, lag esnahe, nach Extraktion einer subfovea-len CNV den RPE-Defekt mit gesundenPigmentepithelzellen decken zu wollen.Erstmals wurden von Algvere et al. [3]1994 fetale homologe RPE-Zellen nachsubretinaler Chirurgie beim Menschenimplantiert. Die so behandelten Patien-ten konnten initial mit der über denTransplantaten liegenden Netzhaut fi-xieren, jedoch kam es nach wenigenWochen zu einem chronischen Makula-ödem, das zum Visusverlust führte. AlsUrsache hierfür wird eine protrahierteAbstoûungsreaktion diskutiert. Inwie-weit diese Immunreaktion bei homolo-ger RPE-Transplantation beherrschtwerden kann, bleibt abzuwarten.

Ein Weg, die Immunreaktion zuumgehen, ist die autologe Transplanta-tion von RPE-Zellen. Hierbei besteht je-doch das Problem, daû es sich bei dentransplantierten RPE-Zellen ebenfallsum gealterte Zellen handelt. Paymanet al. [25] transplantierten bereits 1991RPE-Zellen innerhalb ein und desselbenAuges. Dabei wurde auûerhalb der Ma-

kula RPE entnommen und unter die Fo-vea zentralis verlagert. Wegen des ho-hen operativen Aufwands und der ent-täuschenden Ergebnisse hat sich dieseTechnik jedoch nicht durchsetzen kön-nen.

Eine weitere Möglichkeit, den RPE-Defekt zu decken, ist die Implantationvon Irispigmentepithel (IPE). Tierexpe-rimentelle Untersuchungen zeigen, daûin den subretinalen Raum implantierteIPE-Zellen die Funktion des RPE über-nehmen können. Bei dieser Technikwird das Irispigmentepithel (IPE) imRahmen einer Biopsie (Iridektomie)entnommen und entweder nach An-züchtung in einer Zellkultur oder direktin den subretinalen Raum implantiert.Erste eigene Erfahrungen zeigen, daûes möglich ist, IPE in den subretinalenRaum zu implantieren. Es hat sich je-doch gezeigt, daû es sehr schwierig ist,das IPE genau in den Bereich des beider Extraktion der CNV entstehendenRPE-Defekts zu implantieren. Reprodu-zierbar scheint dies nur möglich zu sein,wenn man eine 180 �-Retinotomie peri-pher durchführt und dann die Netzhautzur Extraktion der CNVund Implantati-on des IPE umklappt. Inwieweit dieseTechnik jedoch zu einer Verbesserungder zentralen Sehschärfe führen kann,bleibt abzuwarten, zumal das PVR-Risi-ko bei dieser Operationstechnik nichtzu vernachlässigen ist. Darüber hinausmuû sich noch zeigen, ob transplantier-tes RPE/IPE entsprechend seinen theo-retischen Möglichkeiten die Regenerati-

on der Choriokapillaris induzierenkann.

Ein bisher nicht gelöstes Problemder Techniken mit Transplantation vonPigmentepithel ist sicherlich auch diepathologische Veränderung der Bruch-Membran und der Aderhaut im Bereichder Makula bei Patienten mit AMD.Wohl auch deshalb hatten Machemer u.Steinhorst [16] die Idee, die Makula aufintaktes Pigmentepithel zu verlagern,anstatt intaktes Pigmentepithel unterdie Makula zu verpflanzen. Ninomiyaet al. konnten zeigen, daû mit der Netz-hautrotation eine Visusverbesserungvon 0,1 auf 0,8 möglich ist [22]. Ein der-artiger Visusanstieg ist von keiner an-deren Behandlungsmethode der alters-abhängigen Makuladegeneration be-richtet worden. Bei dieser Operations-technik wird nach Vitrektomie dieNetzhaut durch periphere Infusion sub-retinaler Flüssigkeit abgehoben, biseine totale hochbullöse Amotio einge-treten ist. Anschlieûend erfolgt peri-pher eine 360 �-Retinotomie. Nun wirdgerade so viel Perfluokarbonflüssigkeitvor den hinteren Pol der Netzhaut gege-ben, daû die Netzhaut einerseits nochmobilisiert (rotiert) werden kann, an-dererseits aber in der rotierten Positionfixiert wird. Es folgt dann eine komplet-te Ausfüllung mit Perfluokarbonflüssig-keit, Endolaserkoagulation des periphe-ren Netzhautrands und Perfluokarbon-Silikonöl-Austausch. Nach der Operati-on sieht der Patient die Umwelt infolgeder Netzhautrotation verkippt. Aller-dings vermag das Gehirn die Bilder wie-der aufzurichten, sofern das Partnerau-ge erblindet ist [27]. Die Netzhautrotati-on ist somit eine Therapie für ¹letzteAugenª. Auch wenn diese Operations-technik auch theoretisch gegenüber ei-ner Pigmentepitheltransplantation vor-

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a b

Abb. 2~ a Präoperativer Befund bei einem Patienten mit groûer okkulter subfovealer CNV. Die Spätphaseder Fluoresceinangiographie zeigt eine okkulte CNV, deren Gröûe in der Spätphase der Indozyaningrün-angiographie genauer abgeschätzt werden kann. Der Visus war innerhalb weniger Wochen auf 0,05 abge-fallen, b Befund 6 Wochen nach Translokation der Makula durch Drehung der Netzhaut um ca. 45 �. Der Visuswar auf 0,16 angestiegen. Die Patientin nahm horizontale Linien 30 � gekippt wahr

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teilhaft zu sein scheint, muû bedachtwerden, daû ein erhebliches PVR-Risikobei den so behandelten Augen besteht[31].

Fazit für die Praxis

Die submakuläre Chirurgie hat das Spektrumder Behandlungsmöglichkeiten bei choroi-dalen Neovaskularisationen deutlich vergrö-ûert. Wir können heute Patienten, die denWunsch haben, daû sämtliche, auch experi-mentelle therapeutische Möglichkeiten zurBehandlung choroidaler Neovaskularisatio-nen ausgenutzt werden, folgende Therapie-möglichkeiten anbieten.

· Bei juxta- oder extrafovealer Lage einergut abgrenzbaren CNV empfehlen wir eineLaserphotokoagulation der choroidalenNeovaskularisationen.

· Bei einer gut abgrenzbaren subfovealenCNV raten wir zur chirurgischen Entfer-nung der Neovaskularisation. Dabei muûmit dem Patienten besprochen werden,daû in Abhängigkeit von der Grunder-krankung (z. B. POHS, AMD) die Prognosenfür die zentrale Sehschärfe und die Rezi-divgefahr sehr unterschiedlich sind.

· Liegt eine okkulte choroidale Neovaskula-risation mit subfovealen Anteilen vor, be-sprechen wir mit dem Patienten 2 Optio-nen:± Anpassung vergröûernder Sehhilfen± Chirurgische Entfernung der okkultenchoroidalen Neovaskularisation mit Dek-kung des RPE-Defekts durch Implantationvon Irispigmentepithel (IPE). Bei dieserTechnik muû jedoch auf das erhöhte PVR-Risiko hingewiesen werden.

· Bei groûen okkulten oder klassischen sub-fovealen choroidalen Neovaskularisatio-nen mit einer nicht länger als 2±3 Wochenzurückliegenden deutlichen Sehver-schlechterung, z. B. durch subretinale Blu-tungen, würden wir folgendermaûen vor-gehen:± Handelt es sich um das schlechtere Augedes Patienten, raten wir zur submakulärenBlut- und Membranentfernung und IPE-Transplantation. In Abhängigkeit von derGröûe der Blutung bzw. der Neovaskulari-sation ist hierfür eine periphere 180 �-Re-tinotomie mit Umklappen der Netzhauterforderlich.± Bei funktionell letzten Augen kann demPatienten neben der submakulären Blut-und Membranentfernung zusätzlich eine

Translokation der Makula durch Netzhaut-rotation angeboten werden. Dabei muûmit dem Patienten besprochen werden,daû er die Umwelt infolge der Netzhaut-rotation zunächst verkippt sieht. Darüberhinaus sollte auf das PVR-Risiko hingewie-sen werden.

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