terra preta biokohle

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Terra Preta Biokohle Natur+Umwelt 25.10.2006 Schwarze Erde ersetzt Brandrodung Wissenschaftler entdecken altes Indio-Wissen: Biokohle macht Böden in Amazonien dauerhaft fruchtbar. Von Lucian Haas Der Boden im Regenwald Amazoniens taugt in der Regel nicht für die Landwirtschaft. Er ist sauer, tief verwittert und vielfach unfruchtbar. Selbst frisch gerodete Flächen, die mit der Asche des abgebrannten Waldes gedüngt sind, bringen nach drei bis vier Jahren kaum noch Ertrag. Doch es gibt Ausnahmen. Über das ganze Amazonasbecken verteilt haben Forscher Vorkommen einer sehr fruchtbaren Erde gefunden, auf der Gemüse, Mais oder Papaya bestens gedeihen. Lange Zeit konnten sie den Ursprung der so genannten Terra Preta (portugiesisch für «Schwarze Erde») nicht erklären. Doch seitdem sie dem Geheimnis dieser Wundererde auf die Spur gekommen sind, versuchen sie auch andernorts karge landwirtschaftliche Böden zu verbessern. Denn die Terra Preta ist von Menschen gemacht. Offenbar lebten vor der Ankunft der Spanier weitaus mehr Menschen entlang dem Amazonas und seinen Nebenflüssen als bislang gedacht. Sie betrieben intensive Landwirtschaft, wobei sie ihre Felder mit organischen Abfällen düngten. Zudem arbeiteten sie verkohlte Pflanzenreste, so genannte Biokohle, in den Boden ein. Diese Praxis wirkt sich bis heute positiv aus. «Die Terra Preta weist sehr hohe Nährstoffkonzentrationen auf», sagt Johannes Lehmann, Professor für Bodenchemie an der Cornell University im US-Bundesstaat New York. Auf einem Feld mit Terra Preta können Bauern dauerhaft drei- bis viermal mehr ernten als auf den natürlichen Böden Amazoniens. Der normale gelbrote Tropenboden ist hingegen schon nach wenigen Jahren landwirtschaftlicher Nutzung ausgelaugt. Das Besondere der Terra Preta ist die fein verteilte Kohle. Bis zu 150 Gramm Kohlenstoff je Kilogramm Erde sind in den schwarzen Bodenschichten zu finden. Das ist mehr als fünfmal so viel wie in den umliegenden Böden. «Der Kohlenstoff erhöht die organische Masse und somit die Fruchtbarkeit des Bodens. An der porösen Biokohle bleiben Nährstoffe gebunden, sodass sie vom Tropenregen weniger ausgewaschen werden können», erklärt Lehmann. Pflanzen können die Mineralien von der Kohle lösen und aufnehmen. Biokohle hat gegenüber anderem organischem Material einen grossen Vorteil: Abgestorbene Pflanzenreste werden im feuchtheissen Tropenklima normalerweise innerhalb weniger Monate zersetzt. Ihr Kohlenstoffanteil entweicht dann in Form von Kohlendioxid oder Methan in die Atmosphäre. Verkohlte Biomasse hingegen bietet den Bodenorganismen, die organische Substanz abbauen, keine Nahrungsgrundlage mehr. Darum bleibt die Kohle im Boden jahrhundertelang erhalten. Gegen den Klimawandel Diese Eigenschaft könnte der Terra Preta künftig sogar eine Rolle im globalen Klimaschutz bescheren. Pflanzen brauchen fürs Wachsen Kohlendioxid, das sie der Luft entnehmen. Verkohlt man die Biomasse und arbeitet die Biokohle in den Erdboden ein, entzieht man der Atmosphäre dauerhaft Kohlenstoff. Landwirtschaft im Regenwald basiert heute in der Regel auf Brandrodung. Durch die offenen Feuer gelangt jedoch fast der gesamte Kohlenstoff aus den Pflanzen in die Atmosphäre; nur drei Prozent bleiben in der Asche zurück. Bei abgedeckten Schwelbränden, mit denen Biokohle erzeugt

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Terra Preta Biokohle

Natur+Umwelt25.10.2006

Schwarze Erde ersetzt Brandrodung

Wissenschaftler entdecken altes Indio-Wissen: Biokohle macht Böden in Amazonien dauerhaft fruchtbar.

Von Lucian Haas

Der Boden im Regenwald Amazoniens taugt in der Regel nicht für die Landwirtschaft. Er ist sauer, tief verwittert und vielfach unfruchtbar. Selbst frisch gerodete Flächen, die mit der Asche des abgebrannten Waldes gedüngt sind, bringen nach drei bis vier Jahren kaum noch Ertrag.

Doch es gibt Ausnahmen. Über das ganze Amazonasbecken verteilt haben Forscher Vorkommen einer sehr fruchtbaren Erde gefunden, auf der Gemüse, Mais oder Papaya bestens gedeihen. Lange Zeit konnten sie den Ursprung der so genannten Terra Preta (portugiesisch für «Schwarze Erde») nicht erklären. Doch seitdem sie dem Geheimnis dieser Wundererde auf die Spur gekommen sind, versuchen sie auch andernorts karge landwirtschaftliche Böden zu verbessern. Denn die Terra Preta ist von Menschen gemacht.

Offenbar lebten vor der Ankunft der Spanier weitaus mehr Menschen entlang dem Amazonas und seinen Nebenflüssen als bislang gedacht. Sie betrieben intensive Landwirtschaft, wobei sie ihre Felder mit organischen Abfällen düngten. Zudem arbeiteten sie verkohlte Pflanzenreste, so genannte Biokohle, in den Boden ein.

Diese Praxis wirkt sich bis heute positiv aus. «Die Terra Preta weist sehr hohe Nährstoffkonzentrationen auf», sagt Johannes Lehmann, Professor für Bodenchemie an der Cornell University im US-Bundesstaat New York. Auf einem Feld mit Terra Preta können Bauern dauerhaft drei- bis viermal mehr ernten als auf den natürlichen Böden Amazoniens. Der normale gelbrote Tropenboden ist hingegen schon nach wenigen Jahren landwirtschaftlicher Nutzung ausgelaugt.

Das Besondere der Terra Preta ist die fein verteilte Kohle. Bis zu 150 Gramm Kohlenstoff je Kilogramm Erde sind in den schwarzen Bodenschichten zu finden. Das ist mehr als fünfmal so viel wie in den umliegenden Böden. «Der Kohlenstoff erhöht die organische Masse und somit die Fruchtbarkeit des Bodens. An der porösen Biokohle bleiben Nährstoffe gebunden, sodass sie vom Tropenregen weniger ausgewaschen werden können», erklärt Lehmann. Pflanzen können die Mineralien von der Kohle lösen und aufnehmen.

Biokohle hat gegenüber anderem organischem Material einen grossen Vorteil: Abgestorbene Pflanzenreste werden im feuchtheissen Tropenklima normalerweise innerhalb weniger Monate zersetzt. Ihr Kohlenstoffanteil entweicht dann in Form von Kohlendioxid oder Methan in die Atmosphäre. Verkohlte Biomasse hingegen bietet den Bodenorganismen, die organische Substanz abbauen, keine Nahrungsgrundlage mehr. Darum bleibt die Kohle im Boden jahrhundertelang erhalten.

Gegen den Klimawandel

Diese Eigenschaft könnte der Terra Preta künftig sogar eine Rolle im globalen Klimaschutz bescheren. Pflanzen brauchen fürs Wachsen Kohlendioxid, das sie der Luft entnehmen. Verkohlt man die Biomasse und arbeitet die Biokohle in den Erdboden ein, entzieht man der Atmosphäre dauerhaft Kohlenstoff.

Landwirtschaft im Regenwald basiert heute in der Regel auf Brandrodung. Durch die offenen Feuer gelangt jedoch fast der gesamte Kohlenstoff aus den Pflanzen in die Atmosphäre; nur drei Prozent bleiben in der Asche zurück. Bei abgedeckten Schwelbränden, mit denen Biokohle erzeugt wird, mangelt es hingegen an Sauerstoff. Daher bildet sich nur wenig Kohlendioxid (CO2), und in der Kohle werden rund fünfzig Prozent des ursprünglichen Kohlenstoffs gespeichert.

«Würden die Bauern in den Tropen ihre Praxis von der Brandrodung auf das Roden und Verkohlen umstellen, könnten weltweit rund zwölf Prozent der jährlichen CO2-Emissionen eingespart werden», sagt Lehmann. Dafür müsste man den Bauern – vom armen Selbstversorger bis zum Grossgrundbesitzer – beibringen, wie sie selber Terra Preta herstellen können.

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Das Rezept der Indios kennen die Wissenschaftler noch nicht genau. Offen ist beispielsweise die Frage, welcher organische Dünger es war, der noch heute den Boden mit Nährstoffen bereichert. Besonders auffällig ist der hohe Gehalte an Phosphor – ein Element, das in Tropenböden normalerweise sehr knapp ist. Lehmann vermutet, dass die Indios damals die Flüsse intensiv befischten und Fischereiabfälle auf die Felder brachten.

Das brasilianische Tropenforschungsinstitut Museu Goeldi in Belém startete vor 3 Jahren einen ersten Langzeitversuch, Terra Preta neu zu bilden. 25 Jahre lang soll auf einer vier Hektar grossen Fläche immer wieder verkohltes Sägemehl in den Boden eingearbeitet werden. Als organischen Dünger verwenden die Forscher zerkleinerte Schlachtabfälle und Rinderblut.

Andere Wissenschaftler arbeiten daran, der Idee der Terra Preta mit moderner Technik neues Leben einzuhauchen. Anstatt die Biokohle nach herkömmlicher Köhlermethode per Schwelbrand zu erzeugen, wobei ein Grossteil der darin enthaltenen Energie verloren geht, setzen sie auf die so genannte Pyrolyse: Organisches Material wird in einem abgeschlossenen Reaktor erhitzt. Dabei wird ein Teil der Biomasse flüssig oder gasförmig. Das austretende Öl oder Biogas kann in Kraftwerken zur Stromproduktion eingesetzt werden. Als Nebenprodukt der Pyrolyse bleibt Biokohle zurück.

Forscher der US-Firma Eprida fanden heraus, dass die bodenverbessernde Wirkung der Kohle aus dem Pyrolyse-Prozess sogar noch gesteigert werden kann. In den Abgasen der Pyrolyse ist stets Ammoniak, Kohlendioxid und Wasser enthalten. Leitet man diese über die noch heisse Biokohle, so bildet sich in deren Poren festes Ammoniumbikarbonat. In der Landwirtschaft ist Ammoniumbikarbonat ein begehrter Langzeitdünger. Bislang läuft bei Eprida nur eine kleine Pilotanlage. Doch nach Angaben von Eprida könnte der Dünger schon bald im industriellen Massstab produziert werden.

Millionen Menschen ernähren

Wie die Ureinwohner Amazoniens selbst auf die Idee kamen, den kargen Tropenboden mit Kohle aufzubessern, gehört ebenfalls zu den noch ungelösten Rätseln. Immerhin schafften sie es auf diese Weise, eine grosse Bevölkerung zu ernähren. Der Spanier Francisco de Orellana, der 1542 als erster Europäer den Amazonas erkundete, berichtete von vielen Siedlungen und sogar ummauerten Städten, die von fruchtbarem Land umgeben waren. Als fünfzig Jahre später spanische Siedler nach Amazonien kamen, waren die vielen Menschen allerdings verschwunden.

Archäologen finden an Grabungsstellen mit Terra Preta weitere Spuren vergangener Zivilisation. Nach Schätzungen des Geografen William Woods von der University of Kansas sind rund zehn Prozent Amazoniens mit Terra Preta bedeckt. Das würde ausreichen, um eine Millionenbevölkerung zu ernähren.

Wahrscheinlich sorgte Orellanas Expedition selbst für deren Untergang, weil die Spanier bislang unbekannte Krankheiten wie die Pocken, Influenzaviren und Masern an den Amazonas brachten. Fünfhundert Jahre später erlebt zumindest das alte Indio-Wissen um den einträglichen Umgang mit der Erde eine Renaissance.

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Terra preta

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Terra preta (portugiesisch für "schwarze Erde") wird eine Schwarzerde in Amazonien genannt, die aus einer Mischung von Holzkohle, Dung und Kompost schon vor Hunderten, vielleicht auch vor Tausenden von Jahren entstanden sein könnte. Vermutlich wurde sie schon von den alten Indianervölkern, v.a. den Tupi, wegen ihrer Fruchtbarkeit genutzt, denn man findet sie in teils meterdicken Schichten, durchsetzt mit Tonscherben, an alten und prähistorischen Siedlungsgebieten besonders entlang der Flussläufe. Es handelt sich um einen schnell nachwachsenden Boden, ähnlich dem mitteleuropäischen Torfmoor. Die maßgebende Biologie wartet aber noch darauf erforscht zu werden.

Inhaltsverzeichnis[Verbergen]

1 Historische Bedeutung 2 Vorteile der Terra preta 3 Siehe auch

4 Weblinks

Historische Bedeutung [Bearbeiten]

Francisco de Orellana, der erste spanische Conquistador, der den Amazonas im 16. Jahrhundert befuhr, berichtete von großen Städten. Insgesamt schätzte er die Zahl der Einwohner auf 100 Millionen. Seine Expedition war allerdings die einzige, die diese Kulturen entdeckt hat. Wissenschaftler haben zwei Theorien: 1. Er hat sich massiv verschätzt und übertrieben; oder 2. Diese Kulturen sind an den durch die Spanier eingeschleppten Krankheiten zugrunde gegangen.

Davon ausgehend stellt sich die Frage, wie man mit dem technischen Stand von vor 500 Jahren in einem Gebiet, das heute vielleicht eine Million Menschen dauerhaft ernähren kann, 100 Millionen Menschen ernähren konnte? Terra preta könnte eine Antwort liefern. Neuste Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 20% des Amazonsgebietes einen von Menschen hergestellten Terra-preta-Boden besitzt. Diese große von Menschenhand veränderte Fläche spricht dafür, dass Orellana sich mit der geschätzten Einwohnerzahl nicht so grob verschätzt hat, wie Jahrhunderte lang angenommen.

Das Wissen um die Herstellung durch Ureinwohner ist aber im Laufe der Conquista und der Kolonisierung verloren gegangen, ebenso die Rolle, die Tiere und Bodenlebewesen dabei gespielt haben.

Vorteile der Terra preta [Bearbeiten]

Mit einer derartigen Erde wäre eine bessere und umweltfreundlichere Nutzung von Plantagen möglich, wenn man ähnliche Temperaturen und Feuchtigkeitsgehalte wie im tropischen Regenwald (z.B. durch Beschattung mit Bäumen) gewährleisten könnte. Denn Plantagen können dort nur etwa 15 Jahre lang bewirtschaftet werden, danach ist der Boden durch die Ernten und zu hohe Bodentemperaturen ausgelaugt. Dann werden weitere Regenwaldflächen gerodet, um darauf neue Plantagen anzulegen.

Die Erde des Regenwaldes ist normalerweise nicht besonders nährstoffreich. Der größte Teil der Nährstoffe ist in der Biomasse der Tiere und Pflanzen gebunden, denn die Nährstoffe in einer Humusschicht zu speichern ist im tropischen Regenwald offenbar nur ausnahmsweise möglich. Stirbt

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zum Beispiel ein Baum, werden dessen Nährstoffe kaum im Boden gespeichert, sondern von anderen Pflanzen sofort wieder genutzt.

Durch die Speicherung der Holzkohle in Form von pyrogenem Kohlenstoff verhindert die Terra preta teilweise das Auswaschen der Nährstoffe aus dem Boden und verbessert die Bereitstellung pflanzenverfügbarer Stoffe. Die Untersuchungen der Terra preta stellen deshalb eine Forschungsaufgabe zur nachhaltigen Landwirtschaft in der Regenfeldbauzone und möglicherweise auch in anderen Klimazonen dar.

Ein weiterer Vorteil der Terra preta wäre, dass sie 'nachwachsen' soll. Es gibt Bauern in Amazonien, die Terra preta verkaufen und beim Aushub eine Schicht von 20 cm Stärke bestehen lassen. Danach fällt organisches Material auf den Boden und 'ernährt' die Terra preta, welche dadurch wieder 'nachwächst'. Nach Berichten von amazonischen Bauern hat der Hügel schon nach 20 Jahren wieder die gleiche Höhe wie vor dem Abbau.

Als Ersatzlösung zur Herstellung von Terra preta kann die wenig fruchtbare gelbe Erde des Regenwaldes mit Holzkohle und Kompost vermengt werden.

Siehe auch [Bearbeiten]

Humus, Regenwürmer Brandrodungswirtschaft Hydrothermale Karbonisierung Etagenanbau (Regenwald)

Weblinks [Bearbeiten]

Topfversuch an der Uni Bayreuth Terra preta als mögliches Instrument für nachhaltigen Klimaschutz Cornell Universität: Terra Preta de Indio (englisch) Universität Bayreuth: Terra Preta Web Site (englisch) ZDF.de: Die schwarze Erde der Indios ZDF.de: Fruchtbare Terra Preta Arte-Dokumentation: El Dorado EPRIDA Inc.: Diese Firma arbeitet an einem Verfahren zur Herstellung von Terra preta.

(englisch) Informationen zur Verwendung von Holzkohle in der Landwirtschft und Herstellung von Terra

preta Nova. (englisch) Terra Preta 'Homepage' mit Karten über TP-Vorkommen und Bericht über TP-Vorkommen in

Belterra Terra Preta Experiment auf den Philippinen Pressemitteilung zur Terra Preta

Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Terra_preta“Kategorie: Bodenkunde

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Einschätzung der meliorierenden Wirkung von Holzkohle auf arme Böden (26.04.01)

Grundlagen:

Ziel dieses Vorhabens ist es, zu untersuchen, inwieweit es möglich ist, durch gezielte Eingriffe die Fruchtbarkeit von Böden mittels pyrolysierter organischer Substanz nachhaltig zu erhöhen./ Lassen sich die günstigen Eigenschaften der Terra Preta künstlich in kurzer Zeit auch in anderen Böden erzeugen?

Durch Bevölkerungswachstum und der damit verbundenen Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion sind die Böden der Tropen extremen Belastungen ausgesetzt. Häufig handelt es sich bei den in Nutzung genommenen Böden um natürliche Waldstandorte. Herrschte im Wald ein komplexes Ökosystem, das an die Eigenschaften der Böden angepasst war, so erwachsen aus einer klassischen agrarischen Nutzung vielfältige Probleme.

Häufig eignen sich die Standorte eher mäßig für intensive Landwirtschaftssysteme. Eine geringe Humusschicht, die Neigung zur Auswaschung und ungünstigen pH-Werten, sowie die erhöhte Erosionsanfälligkeit wegen des fehlenden Kronendachs führen schon nach kurzer Zeit der Nutzung zu Problemen. Aufgrund des hohen Bevölkerungsdrucks werden nötige Brachezeiten verkürzt, die Böden werden übernutzt. Dies und nicht standortgerechte Anbausysteme führen zu irreversibler Schädigung der Bodeneigenschaften.

Die Folge ist die ständige Ausweitung der Anbauflächen auch auf extreme Standorte zu Lasten der natürlichen Ökosysteme. Nur standortspezifische, auf nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit abzielende

Landnutzungssysteme, können einer weiteren Vernichtung der Ressource Boden entgegenwirken.

Bei der Urbarmachung der tropischen Regenwälder im Amazonasgebiet wird häufig die Brandrodung benutzt. Damit verbunden ist eine rasche Freisetzung organisch gebundener Nährstoffe, die zunächst einen positiven Effekt auf die Bodenfruchtbarkeit haben. Aufgrund der hohen Niederschläge und der eher geringen Speicherkapazität des Bodens für Nährstoffe ist dies ein kurzzeitiger Effekt. Dabei ist die Freisetzung des Treibhausgases CO2 nicht zu vergessen.

Mulchen hat zwar den Vorteil einer längerfristigen Nährstofffreisetzung als Brennen, letzten Endes ist die Abbaurate unter tropischen Verhältnissen aber zu hoch, um von Nachhaltigkeit sprechen zu können. Daneben ergeben sich weitere Probleme wie zum Beispiel die immer noch nicht verhinderte Freisetzung des Treibhausgases CO2. Außerdem geht man von erhöhten pflanzenhygienischen Problemen aus.

Mit dem hier gewählten Ansatz sollen ausgehend von den Erkenntnissen über die Terra Pretas, sogenannte Indianerschwarzerden[2], folgende Ziele erreicht werden:

Verbesserung der Nährstoffversorgung der Pflanzen durch die Erhöhung der Speicherkapazität der Böden für Nährstoffe (KAK) und damit verbundener geringerer Auswaschung.

Zum einen wird von einer rein physikalischen Absorption der Nährlösung in Poren der Holzkohle ausgegangen, zum anderen wird vermutet daß sich an pyrogenem Kohlenstoff [1] durch Oxydationsprozesse Carboxylgruppen bilden, die bei entsprechender Bodenrektion als chemische Austauschplätze fungieren.

Überführung der organischen Substanz in einen stabilen Pool um so CO2 längerfristig festzulegen und nicht in die Atmosphäre zu entlassen, Holzkohle sollte theoretisch nicht bzw. nur langsam mikrobiell abgebaut werden.

Verbesserung der Infiltrationskapazität des Bodens um Erosionsgefahr zu vermindern

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Verbesserung der Wasserhaltekapazität des Bodens um eine zu schnelle Perkolation durch den Oberboden zu verhindern und Trockenstress der Pflanzen zu verhindern

1. Topfversuch an der Universität Bayreuth

Ziel des Vorhabens ist es, zu untersuchen, in wie weit das Einbringen pyrolysierter organischer Substanz in Form von Holzkohle ein Mittel zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit darstellt.

Der Versuch soll nur sehr grob die Gegebenheiten in den humiden Tropen simulieren. Es werden einige erste Ergebnisse und Hinweise für die weitergehende Untersuchung erwartet.

1.1. Fragestellungen:

1. Lassen sich durch das Einbringen von Holzkohle in einen armen Sandboden Sorptionsplätze schaffen, die die Auswaschung verringern? Kann man so längerfristig die Bodenfruchtbarkeit erhöhen?

2. Ist im Hinblick auf Schaffung von Sorptionsplätzen das Einbringen von Holzkohle nachhaltiger als konventionelle organische Substanz? (Vergleich der Abbaudynamik Holzkohle/ Organische Substanz)

3. Gibt es gar stabilisierende Effekte der Holzkohle gegenüber der org. Substanz, z.B. Sorptionsplätze für organische Moleküle?

4. Welche negativen Effekte hat das Einbringen von Holzkohle, z.B. durch unbeabsichtigtes Einbringen von PAKs?        

zu Fragestellung 1: Parameter für die Einschätzung der Bodenfruchtbarkeit:

produzierte Biomasse - ein relativer Parameter, durch Vergleich mit verschiedenen anders behandelten Töpfen lasen sich Aussagen treffen.

Messgröße: produzierte Pflanzenmasse

Nährstoffverfügbarkeit - setzt sich aus verschiedenen Messgrößen zusammen

Messgrößen:

- KAK = f(COOH), BS, Zusammensetzung

- Pool N, P , Norg, Porg hängen an Kohle, oder unabhängig davon?

Wasserversorgung - spielt bei Böden der humiden Tropen in sofern eine Rolle, als die Erosionsgefahr bei gerodeten Flächen sehr stark ansteigt

- möglicherweise kann die Infiltrationskapazität erhöht werden

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- nFK auf gerodeten Flächen von schwindender org. Substanz beeinflusst

Messgrößen:

1. Infiltrationskapazität 2. NFK

Durchwurzelbarkeit - spielt im Topfversuch keine große Rolle

Zu Fragestellung 2

Um diese Frage beantworten zu können, werden die Dynamiken von Holzkohle und sonstiger organischer Substanz untersucht. Besonders interessant wird dabei sein, ob sich nicht doch ein Abbau der Holzkohle nachweisen lässt. Des weiteren werden die Gehalte und die Dynamik der Carboxylgruppen verglichen. Wahrscheinlich ist es jedoch nur möglich, jeweils Ausgangssituation und Endwert miteinander zu vergleichen.    

Bei Interesse bitte melden bei:

Dr. Bruno Glaser

Lehrstuhl für Bodenkunde und Bodengeographie, Geo II R 106

Tel.: 0921-552254

Email:[email protected]

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Aktuelles aus Brasilien http://www.tropenwaldnetzwerk-brasilien.de/aktuell/news/news.brasil.20060831/index.html

Amazonasböden und Klimaschutz Von Jürgen Langenbach, Die Presse, 31.8.06

Bodenkunde: Kann Erde Treibhausgas schlucken?Alte indianische Kunst der Kultivierung - "terra preta" - könnte beim Klimaschutz helfen.

Die Regenwälder Amazoniens sehen nur so grün aus: Die üppige Vegetation täuscht darüber hin weg, dass es kaum Boden gibt und schon gar keinen fruchtbaren. Stattdessen wird die Biomasse ständig rezykliert. Wenn ein Blatt zu Boden fällt, verrottet es rasch und dient als Pflanzennahrung. Der Kreislauf funktioniert, aber er wirft nichts ab: Amazonien gilt als "nasse Wüste", die wenige Tiere nährt, wenige Menschen auch. Umso erstaunlicher war, was der Konquistador Francisco de Orellana 1542 gesehen haben will, als er den Amazonas auf seinen 6000 Kilometern erkundete: Große Siedlungen, waffenstarrende Massen von Kämpfern - mit langen Haaren, der Spanier hielt sie für Frauen, daher der Name "Amazonas".

Hat de Orellana frei erfunden? Nach ihm hat niemand mehr viele Menschen gesehen, wovon sollten sie auch leben? Von terra preta de Indio, der schwarzen Erde der Indianer. Im Unterschied zu den kargen - roten und gelben - Böden der Natur hat die Kultur in manchen Regionen Amazoniens vor 2500 Jahren fruchtbares Land geschaffen, dessen Farbe von eingearbeiteter Holzkohle stammt, auch Knochen und Scherben kamen in die Erde. Wie großflächig kultiviert wurde, ist umstritten - manche halten frühe Großstädte mit 100.000 Bewohnern im heutigen Urwald für möglich -, aber mancherorts gibt es die Erde noch, sie ist so fruchtbar, dass sie als Blumenerde verkauft wird.

Nun soll sie das Klima der Welt retten, davon träumt zumindest die kleine community der terra-preta-Forscher, sie passt in ein Hotelzimmer und traf sich in einem solchen am Rand des "World Congress of Soil Science" in Philadelphia. Erschlossen wurde das Feld 1966 von Wim Sombroek, seitdem zeigt Versuch um Versuch, dass die Fruchtbarkeit dieser Erde doppelt so hoch ist wie die der Natur. 1992 entdeckte Sombroek eine zweite Nutzanwendung, die der Einlagerung von Kohlenstoff. Bruno Glaser, Uni Bayreuth, hat es gemessen: Ein Hektar terra preta lagert 250 Tonnen Kohlenstoff ein, ein Hektar normale Erde 100. Johannes Lehman (Cornell) hat es auf globale Anwendung hochgerechnet: Die Böden könnten im Jahr bis zu 9,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff einlagern, das ist fast doppelt so viel, wie heute - in Form des Treibhausgases CO2 - durch die Verbrennung aller fossilen Energieträger emittiert wird (Mitigation Adapt. Strateg. for Global Change, 11, S. 403).

Wäre das die Lösung des Klimaproblems? Zunächst einmal muss man wissen, wie terra preta gemacht wird, es gibt kein überliefertes Rezept. Aber man experimentiert schon in industriellen Pilotanlagen, eine betreibt Danny Day in Athens, Georgia, sie kombiniert die Produktion von Bio-Treibstoff und terra preta: Dazu werden Abfälle der Landwirtschaft - Erdnussschalen etwa - in Pyrolyse verbrannt, verkohlt. Dabei gewinnt Day Biodiesel und Wasserstoff und eben zugleich Holzkohle für die Erde.

Statt Abfälle zu verwerten, könnte man auch Energiepflanzen anbauen, dann hätte man etwas, was es heute nicht gibt. Bisherige Bio-Treibstoffe beanspruchen "Kohlenstoff-Neutralität": Was beim Verbrennen als CO2 anfällt, wird von den wachsenden Pflanzen aufgenommen (ob die Rechnung so einfach ist, ist umstritten). Aber Verfahren wie die von Day können mehr, Lehmann fasst es zusammen: "Es ist der einzige Weg einen Treibstoff zu machen, der ,kohlenstoff-negativ' ist" (Nature, 442, S. 624).

Lösung des Klimaproblems? Vielleicht, aber einer störte die Euphorie in Philadelphia, John Kimble, ein US-Bodenspezialist: "Kann man terra preta machen, ohne die Holzkohle hineinzupflügen?" Zur Verbesserung der Böden raten viele Forscher zum Verzicht auf schweres Gerät. "Die Frage ist berechtigt", konzediert Lehmann gegenüber der "Presse": "Kann man die Technologie mit den ,best management practices' verbinden? Ich denke: Ja. Aber das muss in Versuchen über Jahre verfolgt werden."

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Pyrolyse

aus Wikipedia, der freien EnzyklopädieWechseln zu: Navigation, Suche

Pyrolyse (von griechisch: pyr = Feuer, lysis = Auflösung) ist die Bezeichnung für die thermische Spaltung chemischer Verbindungen, wobei durch hohe Temperaturen ein Bindungsbruch innerhalb von großen Molekülen erzwungen wird.

Meistens geschieht dieses unter Sauerstoffausschluss (anaerob), um die Verbrennung zu verhindern. Man spricht dann auch von Verschwelung.

Gegebenenfalls werden Dehydrierungs- oder Dehydratisierungsmittel während des Vorgangs hinzugesetzt.

Eine ältere Bezeichnung ist Brenzen oder Trockene Destillation. Das Wort Brenzen tragen einige chemische Verbindungen in ihrem Namen, als Hinweis auf die Art ihrer Darstellung. Beispiele sind: Brenzcatechin, Brenzschleimsäure und Brenztraubensäure.

Auch beim Verkoken von Kohle und bei der Holzkohle-Herstellung bzw. Holzvergasung finden Pyrolysevorgänge statt, neben Holzkohle bzw. Koks entsteht brennbares Gas und Teer. Chemisch gesehen ist auch das Cracken von Erdöl ein Pyrolyseverfahren, es wird jedoch nicht so genannt. Die sogenannte Kohleverflüssigung ist die Reaktion von Kohle unter Zugabe von Wasserstoff zu Kohlenwasserstoffen. Es ist kein Pyrolyseverfahren, obwohl auch hier ein Feststoff zu einer Flüssigkeit wird.

Die Herstellung von Kraftstoffen aus Biomasse (siehe BtL-Kraftstoff) ist dagegen ein Pyrolyse- und Destillationsverfahren.

Beim Brandverhalten von Holz bezeichnet man als Pyrolyse auch den Zeitpunkt, an dem die oberste Holzschicht langsam verkohlt und somit für den Restquerschnitt eine wärmedämmende Schutzschicht bildet. Im sog. Temperaturbrandzeitkurvendiagramm geschieht die Pyrolyse in Phase 1 (Zündung) bei Temperaturen zwischen 100° und 200 °C.

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Inhaltsverzeichnis[Verbergen]

1 Differenzierung Pyrolyse - Vergasung 2 Explosionssicherheit 3 Pyrolyseprodukte 4 Geschichte 5 Grundvarianten des Verfahrens 6 Technische Verfahren und Anwendungen

o 6.1 Pyrolyse in Drehrohröfen 6.1.1 Bodenreinigung 6.1.2 Aktivkohleherstellung 6.1.3 Aktivkohleregenerierung 6.1.4 Müll-Pyrolyse

6.1.4.1 Contherm-Verfahren 6.1.4.2 Babcock-Pyrolyse 6.1.4.3 Thermoselect-Verfahren 6.1.4.4 Schwel-Brenn-Verfahren (Siemens) 6.1.4.5 PKA-Verfahren

o 6.2 Pyrolyse in Wirbelschichtanlagen o 6.3 Pyrolyse von Biomasse o 6.4 Flash-Pyrolyse o 6.5 Sonstige Pyrolyseverfahren

7 Weblinks

Differenzierung Pyrolyse - Vergasung [Bearbeiten]

Ein eindeutiger Sprachgebrauch hat sich nicht etabliert. Zumeist bezeichnet man mit dem Wort Vergasung Vorgänge, bei denen unter Zugabe eines Vergasungsmittels (Dampf, Luft oder Sauerstoff) der gesamte organische Gehalt des Einsatzstoffs in gasförmige Stoffe umgewandelt wird, wobei nur die mineralische Asche oder Schlacke zurückbleibt. Das Wort Pyrolyse wird im engeren Sinne für Vorgänge verwendet, bei denen neben den mineralischen Bestandteilen des Einsatzstoffs auch fester Kohlenstoff zurückbleibt. Dieser Rest wird bei nennenswertem Kohlenstoffgehalt auch als Pyrolysekoks bezeichnet.

Explosionssicherheit [Bearbeiten]

Ist die Temperatur der Reaktionskammer zu niedrig oder wird durch fehlerhafte Dichtungen beim Abkühlen Sauerstoff eingesogen, kann sich ein explosives Gemisch bilden. Ab ca. 450 °C reagiert der freie Sauerstoff jedoch sofort im Sinne einer Teilverbrennung mit dem brennbaren Reaktorinhalt (Gas, Kohlenstoff) und es können sich keine explosiven Gemische mehr bilden.

Pyrolyseprodukte [Bearbeiten]

Generell entstehen Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe. Die Mengenanteile und die Zusammensetzung hängen nicht nur vom Einsatzstoff, sondern auch von der Pyrolysetemperatur, den zugegebenen Hilfsstoffen, den Druckverhältnissen und der Behandlungsdauer ab. Je nach zu pyrolysierenden Produkt und Reaktionstemperatur entstehen z. B. eher langkettige oder kurzkettige Moleküle. Bei der Pyrolyse von Polymeren entsteht in vielen Fällen das zugehörige Monomer als bedeutsamer Anteil des Pyrolysegases.

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An Kältebrücken am Reaktor können dampfförmige Pyrolyseprodukte (z.B. Teeröl) kondensieren und möglicherweise an Undichtigkeiten heraustropfen.

Geschichte [Bearbeiten]

Die Trockendestillation ist eines der ältesten vom Menschen genutzten chemische Verfahren. Die Trockendestillation von Birkenrinde lieferte Birkenpech, den ersten Klebstoff der Menschheitsgeschichte, der sowohl Neandertalern als auch dem steinzeitlichen Homo sapiens bei der Herstellung von Werkzeugen diente.

Die Neandertaler verwandten schon vor mindestens ca. 45.000 Jahren, vielleicht aber auch wesentlich früher, das Birkenpech, um Stein und Holz ihrer Waffen und Werkzeuge miteinander zu verbinden.

Der steinzeitliche Mann, der 3340 v.Chr. auf dem Similaun starb und in der Neuzeit als Gletschermumie aufgefunden wurde, Ötzi genannt, befestigte die Schäfte seiner Pfeile aus dem Holz des Wolligen Schneeballs mit den Spitzen aus Feuerstein mittels Pflanzenfasern und Birkenpech.

Auch zum Abdichten von Kanus und Schiffen wurde es genutzt.

Grundvarianten des Verfahrens [Bearbeiten]

Die direkte Pyrolyse erhitzt das zu pyrolysierende Gut durch Verbrennungsgase. Die Pyrolyse kann die erforderliche Wärmeenergie aus dem Pyrolysegut selbst gewinnen. Hier wird die Reaktionstemperatur durch die Luftzufuhr in einen geschlossenen Behälter gesteuert.

Bei der indirekten Pyrolyse (abgeschlossener, von außen erhitzter Raum) können gezielt sauerstofffreie Atmosphären eingestellt werden. Die Beheizung von außen erfolgt in den meisten Systemen durch heiße Gase. Insbesondere bei Laboranlagen gibt es auch elektrische Heizungsysteme.

Technische Verfahren und Anwendungen [Bearbeiten]

Pyrolyse in Drehrohröfen [Bearbeiten]

Diese Verfahren zeichnen sich alle dadurch aus, dass das Pyrolysegas in der gesamten Anlage nahezu drucklos ist.

Bodenreinigung [Bearbeiten]

Zu Beginn der 80er Jahre im Schatten der großen Tankerunglücke wurde die Pyrolysetechnik zur Bodensanierung zur Marktreife gebracht und es wurden verschiedene Anlagen für folgende Stoffe gebaut:

Öl-verseuchte Böden, z.B. Bodenreinigungszentrum in Herne

Quecksilber-verseuchte Böden Dioxinverseuchte Böden

Organisch belastete Böden werden in einer direkt oder indirekt mit Öl- oder Gasbrennern beheizten Drehtrommel entgast. Die organischen Schadstoffe werden auf diese Weise aus dem Material ausgetrieben und in einer Nachverbrennung zerstört. Falls im Einsatzstoff enthalten, werden leichtflüchtige Schwermetalle (Quecksilber) ebenfalls mobilisiert und dann in einer speziellen Rauchgasreinigung abgeschieden. Dioxine und Furane zerlegen sich ab ca. 500 °C bei Sauerstoffmangel (Hagenmaier-Prozess).

Im Gegensatz zur direkten Befeuerung entstehen bei der indirekten pyrolytischen Bodenreinigung nur geringe Mengen an Pyrolysegas. Dadurch kann die Pyrolysegasreinigung deutlich kleiner und günstiger

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ausfallen. Dieser Vorteil muss allerdings mit einer aufwendigeren Anlagentechnik für die indirekte Beheizung erkauft werden.

Aktivkohleherstellung [Bearbeiten]

Nachdem Kohle und Binder zu einer definierten Masse gemischt sind, werden Pellets gepresst und in einer sauerstofffreien Atmosphäre erhitzt.

Aktivkohleregenerierung [Bearbeiten]

Verbrauchte, d.h. mit dem Schadstoff belastete Aktivkohle wird in einer sauerstofffreien Atmosphäre erhitzt und die Schadstoffe werden Temperaturen um die 800 °C ausgetrieben und auch teilweise gecrackt.

Müll-Pyrolyse [Bearbeiten]

Contherm-Verfahren [Bearbeiten]

Seit 2001 ist im Kraftwerksblock des Steinkohlekraftwerks Hamm (Westfalen) eine Vorschaltanlage in Betrieb und entsorgt seitdem ca. 100.000 t/a an Restmüll. Das entstehende Pyrolysegas substituiert einen Teil des vom regulären Kraftwerksblock benötigten Kohlenstaubes. Die Verfahrenskonzeption entstand Mitte der 80er Jahre bei der 1996 an die Mannesmann MDEU gegangene Firma PLEQ, die sich auf den Bau von Drehrohröfen spezialisiert hatte. Von Mannesmann MDEU bzw. Technip Germany wurde diese Anlage gebaut und in Betrieb genommen. Seit 2000 wird das Verfahren durch die Firma TechTrade unter Integration der PLEQ-Experten weiterentwickelt.

Babcock-Pyrolyse [Bearbeiten]

Seit Mitte der 80er Jahre ist die bei Burgau (Landkreis Günzburg) angesiedelte MPA Burgau in Betrieb und entsorgt seitdem 26.000 t pro Jahr (t/a) Hausmüll, zerkleinerten Sperrmüll und Klärschlamm. Das Pyrolysegas wird direkt verbrannt. Die heißen Rauchgase werden zur Beheizung der beiden Pyrolysetrommeln und zur Erzeugung von Dampf verwendet. Aus dem Dampf wird Strom erzeugt. Diese Anlage war über Jahre die einzige funktionierende Müllpyrolyseanlage in Deutschland.

Thermoselect-Verfahren [Bearbeiten]

Das Thermoselect-Verfahren wurde großtechnisch in der Karlsruher Anlage umgesetzt. Diese wurde allerdings auf Grund der sehr hohen Kosten 2004 stillgelegt. Nach Pressemitteilungen von EN-BW summierten sich die mit der Anlage erzielten Verluste auf über 400 Millionen €.

Aufgrund von Lizenzvergaben wurden in Japan Anlagen dieses Systems errichtet, die Autoshredder-Leichtfraktion verarbeiten.

Eine weitere Anlage zur Verarbeitung von Hausmüll sollte bei Ansbach (Bayern) in Betrieb gehen. Zu einer Fertigstellung kam es aufgrund von Vertragsstreitigkeiten zwischen dem Abfallentsorgungsverband und Thermoselect nicht. Am 13. April 2007 entschied das Landgericht Ansbach, dass Thermoselect das Gewerbegrundstück räumen muss.

Schwel-Brenn-Verfahren (Siemens) [Bearbeiten]

(Quelle SZ vom 15. Januar 19??) Der Zweckverband Abfallbeseitigung Rangau (ZAR), in dem sich die Stadt Fürth und zwei umliegende Landkreise zusammengeschlossen haben, beschloss am 14. Januar 1999 einstimmig, die Anfang 1997 fertiggestellte Anlage zur Verschwelung von Haus- und Gewerbemüll nicht

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in Betrieb zu nehmen.Mit der Anlage am Fürther Hafen wollte die Firma Siemens das von ihr entwickelte Schwel-Brenn-Verfahren erstmals im großtechnischen Maßstab verwirklichen. Bis dahin war diese Technik nur in einer Pilot-Anlage in Ulm-Wiblingen erprobt worden.Der Ausstiegsbeschluss des Zweckverbandes erfolgte wegen Störfällen beim Probebetrieb der Anlage, bei denen Schwelgas austrat.Die folgenschwerste Panne ereignete sich am 12. August 1998, als zahlreiche Anwohner über Augen- und Hautreizungen klagten und die Anlage vorläufig stillgelegt werden musste.

PKA-Verfahren [Bearbeiten]

Beim PKA-Verfahren werden die Pyrolysegase nicht direkt verbrannt, sondern einem Crackprozess unterworfen. Derartige Anlagen wurden in Aalen (Baden-Württemberg), Freiberg (Sachsen) und Kawasaki (Japan) errichtet. Die Hausmüllpyrolyseanlage Aalen wurde nach Insolvenz des Betreibers zunächst weiterbetrieben, jedoch 2002 stillgelegt und anschließend demontiert. Die Industriemüllpyrolyseanlage Freiberg wurde nach Insolvenz des Betreibers an die Pyral AG verkauft, umgebaut und ist heute nach einem anderen Verfahrenskonzept in Betrieb. Die Anlage in Kawasaki wurde nach dem ursprünglichen PKA-Konzept betrieben, d. h. aus den gecrackten Pyrolysegas wird in Gasmotoren Strom erzeugt. Die Anlage wurde 2007 aus betriebswirtschaftlichen Gründen stillgelegt. Die Firma PKA selbst ging 2002 in Insolvenz. (Quellen: Schwäbische Post, Aalen; Freie Presse Freiberg; Yamanaka AG, Japan; Handelsregister Aalen)

Pyrolyse in Wirbelschichtanlagen [Bearbeiten]

Wirbelschicht-Pyrolyse wird zum Kunststoffrecycling nach dem Hamburger Verfahren eingesetzt.

Pyrolyse von Biomasse [Bearbeiten]

Holzvergasung Holzverflüssigung, auch

Schnellpyrolyse oder Flashpyrolyse genannt, bei der Holz zu 80% zu Öl, (Rest: Kohle und Gas) verarbeitet wird.

Flash-Pyrolyse [Bearbeiten]

Flash-Pyrolyse ist ein Mitteltemperatur-Prozess (ca. 475 °C), in dem Biomasse unter Sauerstoffausschluß sehr schnell erhitzt wird. Die entstehenden Pyrolyseprodukte werden schnell abgekühlt und kondensieren zu einer rötlich-braunen Flüssigkeit, die etwa die Hälfte des Heizwertes eines konventionellen Heizöles besitzt. Flash-Pyrolyse ist im Gegensatz zur Holzverkohlung ein Verfahren, dessen spezielle Verfahrensparameter hohe Flüssigausbeuten ermöglichen. Die wesentlichen Merkmale der Flash-Pyrolyse sind:

sehr hohe Aufheiz- und Wärmeübertragungsraten, die eine kleine Partikelgröße (2-5 mm) erfordern

Temperaturkontrolle im Bereich von ca. 475 °C · schnelles Abkühlen und Abscheiden der Produkte zur Erzielung hoher Flüssigausbeuten

Das Hauptprodukt - Bio-Öl - wird in Ausbeuten von ca. 75 % (bezogen auf trockenen Rohstoff) gewonnen. Zusätzlich entstehen als wertvolle Nebenprodukte Holzkohle (10-15 %) und Gas (15-20 %), die zur Erzeugung von Prozessenergie eingesetzt werden können, so dass - außer Asche - kein Abfall

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anfällt. Von den zahlreich entwickelten Reaktorkonfigurationen haben sich stationäre und zirkulierende Sandwirbelbett-Reaktoren durchgesetzt, da sie relativ leicht beherrschbar sind und ihr Up-scaling problemlos ist.

Die Verfahren für Holz können auch für andere organische Stoffe angewendet werden (Energiepflanzen, getrockneter Biomüll) und spielen eine zunehmende Rolle bei der Etablierung nachhaltiger Energieerzeugung.

Sonstige Pyrolyseverfahren [Bearbeiten]

Acetylengewinnung durch das HTP-Verfahren.

das Cracken als Verfahren der Petrochemie zur Herstellung von aromatenreichem Benzin, das sich durch gute Klopffestigkeit auszeichnet (Pyrolysebenzin).

Rußherstellung Wasserstoffgewinnung aus Wasser

unter Verwendung von Plasmabrennern.

Holzkohle-Herstellung Kokerei (Koks-Herstellung aus

Braun- oder Steinkohle)

Weblinks [Bearbeiten]

Holzverflüssigung durch Flash-Pyrolyse

Homepage zum Projekt "Pyrum Innovations"

Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Pyrolyse“Kategorie: Chemische Reaktion