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Visuelle Medien / Design Gestaltung und Produktion von Druckmedien Sommersemester 2007 Dozenten: Jackel / Lohoff Text-Bild-Bezüge Ausarbeitung: Lubosz Podeszwa Jens Eraßmy

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Visuelle Medien / DesignGestaltung und Produktion von Druckmedien

Sommersemester 2007

Dozenten: Jackel / Lohoff

Text-Bild-Bezüge

Ausarbeitung:

Lubosz PodeszwaJens Eraßmy

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 52 Begriffe 5 2.1 Text (Sprache) 2.1.1 Textfunktion 2.2 Bilder 2.2.1 Bildfunktionen3 Text-Bild-Verhältnis 10 3.1 Textfunktionen im Bild-Text-Verhältnis 3.2 Vorteile von Bildern und Texten4 Psychologische Prozesse 17 4.1 Vorwissen 4.2 Organisation des Vorwissens 4.3 Kognitive Verarbeitung von Texten 4.4 Kognitive Verarbeitung von Bildern 4.5 Kognitive Integration von Text und Bild5 Visualisierung in Printmedien 21 5.1 Zeitung 5.1.1 Die Tageszeitung und das Visuelle 5.1.2 Bilder und Fotos 5.1.3 Qualitätskriterien der Zeitungsgestaltung 5.1.4 Tendenzen der modernen Zeitungsgestaltung 5.1.5 Basis für Optimierung der Kommunikation 5.1.6 Prinzipien zur Beurteilung der Qualität 5.2 Werbung 5.2.1 Das Bild in der Werbung 5.2.2 Der Text in der Werbung 5.2.3 Der Bild-Text Bezug in der Werbung6 Fazit 317 Literaturverzeichnis 328 Abbildungsverzeichnis 32

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1 Einleitung

Text und Bild wurden in Psycholo-gie und Sprachwissenschaft lange unabhängig voneinander als zwei verschiedenartige Medien betrach-tet. Bild und Text stehen in einem sehr engen Verflechtungsverhält-nis zueinander, wurden bisher aber in der Psychologie und Sprachwis-senschaft lange unabhängig vonei-nander als zwei verschiedene, von einander unabhängige Medien be-trachtet.

In der neueren Forschung wurde erkannt, dass nonverbale Elemen-te (wie z.B. Bilder, Diagramme) von gleicher Bedeutung für das konsti-tuieren eines Kommunikatonszu-sammenhanges sind wie die verba-len Elemente, die eben nur einen Teilbereich unserer heutigen Kom-munikation ausmachen.

Bei Bild und Text (Sprache) han-delt es sich unumstritten um zwei Symbolsysteme, mit denen Infor-mationen übermittelt werden. Diese Arbeit befasst sich mit diesen zwei

Systemen, ihren Begrifflichkeiten, Funktionsweisen und ihrem Verhält-nis zueinader, bzw. ihrem Zusam-menspiel um danach die psycho-logischen Prozesse der Rezeption und Verarbeitung von Bildern und Texten zu betrachten. Zum Schluss wurden noch das Verhältnis von Bild und Text in den Printmedien unter-sucht.

Aber um zu analysieren wie das Ver-hältnis von Bildern und Texten zuei-nander ist, sollte zuerst einmal erör-tert werden wie die Begriffe „Text“ und „Bild“ überhaupt definiert sind und welche Funktionen Texte und Bilder erfüllen können.

2Begriffe

2.1 Text(Sprache)Das Wort Text stammt von dem la-teinischen Wort „textus“ ab und be-deutet in etwa Gewebe, Geflecht, was auch ganz treffend die Hauptei-genschaft eines Textes beschreibt: das verflechten von einzelnen Teilen zu einem großen Ganzen.

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Ein Text bezeichnet im engeren Sin-ne einen zusammenhängenden Be-reich geschriebener Sprache, der eine in sich geschlossene, themati-sche und sprachliche Einheit bildet. Im weiteren Sinne bezeichnet ein Text aber auch die nicht geschrie-bene, aber aufschreibbare Sprach-information (beispielsweise eines Liedes, Films oder einer improvi-sierten Theateraufführung).

Durch die verschiedenen Eigen-schaften der Textualität, durch die ein Text charakterisiert wird, lässt sich eine Texttiefenstruktur erken-nen, die auf eine kommunikative Situation, eine thematische Entfal-tung und eine Kommunikationsab-sicht schließen lässt.

Die Struktur eines Textes kann ein-fach oder komplex sein, wobei ein unstrukturierter Text oft schwerer zu verstehen ist als ein strukturier-ter. Text benötigt zu seiner Darstel-lung eine Schrift, deren Zeichen die Elemente des Textes (i.A. Wörter) sequentiell in Zeichenketten ko-diert.

2.1.1 TextfunktionDas wichtigste und zentrale Merk-mal eines Textes ist die Textfunk-tion, da sie das verständnisleitende Zentrum des Textes ist. Unter dem Begriff Textfunktion versteht man die Absichten des Textes im Sinne einer Situationslenkung. Also wie der Text zu verstehen ist, bzw. die Kommunikationsabsicht des Autors.

Der Linguist Klaus Brinker bezeich-net den Begriff „Textunktion“ als die „... im Text mit bestimmten, konventionell geltenden, d.h. in der Kommunikationsgemeinschaft ver-bindlich festgelegten Mitteln ausge-drückte Kommunikationsabsicht des Emittenten. Es handelt sich also um die Absicht des Emittenten, die der Rezipient erkennen soll, sozusagen um die Anweisung des Emittenten an den Rezipienten, als was dieser den Text insgesamt auffassen soll, z.B. als informativen oder als ap-pellativen Text. Die Textfunktion ist von der Wirkung abzugrenzen, die der Text auf den Rezipienten aus-übt. Wie der perlokutionäre Akt bei

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einfachen sprachlichen Handlun-gen, so ist auch die Textwirkung im Unterschied zur Textfunktion nicht konventionalisiert, sei sie nun be-absichtigt oder nicht beabsichtigt.“ Hierbei sei betont, dass die tatsäch-lich erzielte Textwirkung durchaus von der beabsichtigten Textfunktion abweichen kann. Im wesentlichen kann man zwischen fünf Grundfunk-tionen unterscheiden:

-Informationsfunktion

Wissensübermittlung, z. B. durch Sachbuch, Nachricht, Bericht, Be-schreibung)

-Appellfunktion

Meinungsbeeinflussung, z. B. durch Werbeanzeige, Kommentar, Antrag, Bittschrift

-Obligationsfunktion

Verpflichtung zum Vollzug von Hand-lungen, z. B. durch Vertrag, Gelöb-nis, Garantieschein

-Kontaktfunktion

Herstellen und Aufrechterhalten von persönlichen Beziehungen, z. B. durch Beileids- und Glückwunsch-schreiben, Ansichtskarten

-Deklarationsfunktion

explizite Einführung eines Tatbe-standes, z. B. durch Bevollmächti-gung, Schuldspruch, Testament, Er-nennungsurkunde

Wenn ein Text im Rahmen eines Sprache-Bild-Textes steht, kommen noch folgende Funktionen hinzu:

-Erklären mehrdeutiger Bilder

-Akzentuieren komplexer Bilder

-Erläuterung logischer Bilder

-Steuerung von Bilddetailselektion, die nur bildlich zu schwierig dar-stellbar sind

- Erleichterung des Bildverstehens durch Lenken der Aufmerksamkeit auf wesentliche Informationen des Bildes

-Organisations- bzw. Steuerungs-funktion durch Legenden, Über-schriften, Kommentare

Diese Funktionen lassen sich in drei große Kategorien (kommentieren, selektieren, struckturieren) unter-teilen und werden später im Ab-

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schnitt Bild-Text-Verhältnis genauer beschrieben.

2.2 BilderBilder lassen sich in realistische Bil-der bzw. Abbilder und logische / ana-lytische Bilder bzw. Visualisierungen unterscheiden. Zu Abbildungen zäh-len Fotos, Zeichnungen und Gemäl-de, sowie Filme und Videos. Zu Vi-sualisierungen zählen schematische Darstellungen, Notationssysteme in Technik und Naturwissenschaft und Diagramme. Das Bild wird als Kom-munikat, das nicht gelesen, sondern wie Schaubilder, Schriftbilder und textbilder angeschaut wird, gese-hen.

2.2.1 BildfunktionenFür Bilder lassen sich zunächst, analog zu den Textfunktionen, all-gemein gesehen folgende Funktio-nen bzw. Eigenschaften des Bildes feststellen.

Bilder können auf einen Blick räum-liche und zeitliche Tatsachen in funktionaler und hierarchischer Art darstellen. Sie ermöglichen es, um-ständlich verbalisierbare Sachver-

halte ökonomisch darzustellen. Sie sind eine imaginäre Komponente für den Aufbau geistiger Abbilder der Umwelt und ziehen Aufmerksam-keit auf sich. Eine ihrer typischsten Eigenschaften ist, dass sie emotio-nal ansprechen. Mit Bildern lassen sich Sachverhalte beschreiben, die wiederum sprachlich nur schwierig auszudrücken sind. Dazu zählen das Aussehen von Objekten, räumliche Konstellationen und gleichzeitige Veränderungen mehrerer Kompo-nenten eines Systems.

Levin unterscheidet die folgenden fünf, aus psychologischem Blickwin-kel betrachteten, Funktionen eines Bildes:

- Darstellungsfunktion

Hier handelt es sich um Veranschau-lichung. In Bezug auf einen Text werden bestimmte Inhalte wieder-holt (Redundanz)

- Organisationsfunktion

Das Bild liefert eine gliedernde Mak-rostruktur von Textinhalten

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- Interpretationsfunktion

Das Bild veranschaulicht schwer verständliche Inhalte des Textes mittels visuellen Metaphern

- Transformationsfunktion

Das Bild bietet eine Umkodierung zur leichteren Einprägung. Dies wird auch „visuelle Eselsbrücke“ genannt

- Dekorationsfunktion

Hier dient das Bild ausschließlich der Illustration und hat somit eine motivationale Bedeutung

Im Hinblick auf den Lernprozess und die Wissensstrukturen des Lernen-den unterscheidet Weidenmann die folgenden vier Funktionen, die sich, je nach Wissenstand des Betrach-ters, voneinander unterscheiden:

- Aktivierungsfunktion

Diese wird erfüllt, wenn die Wis-sensstrukturen des Lernenden be-reits komplett sind. Er erfährt nichts Neues.

- Konstruktionsfunktion

Diese wird von Bildern erfüllt, wenn ein Skript oder mentales Modell aus

bereits bekannten Elementen auf-gebaut wird. Diese Funktion erfüllen vor allem tätigkeitsleitende Texte (Gebrauchsanleitungen etc.).

- Fokusfunktion

Die Fokusfunktion besteht darin, ein Schema, Skript oder mentales Modell teilweise zu korrigieren bzw. zu differenzieren. Voraussetzung ist auch hier, dass bereits eine gewisse Wissensstruktur aufgebaut wurde.

- Ersatzfunktion

Hat der Lernende kein Vorwissen auf einem bestimmten Gebiet, erfüllen Bilder eine Ersatzfunktion. Das Bild stellt ein mentales Modell über das

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Abb.1

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entsprechende Sachgebiet zur Ver-fügung.

3 Text-Bild-Verhält-nis

Lange Zeit wurde in der Textanaly-se das Bild komplett ignoriert. Doch inzwischen hat man in der Linguis-tik erkannt, dass, wenn man Text ganzheitlich beschreiben will, auch die Symbolisierungsleistungen des Bildes braucht. Die Beziehungen zwischen Bild und Text sind kom-plex und zunehmend ästhetisch ge-prägt.

Beide Symbolsysteme Sprache und Bild sind durch eine spezifische Struktur gekennzeichnet.

Die Sprache verfügt über eindeuti-ge Zeichen mit sequentiellen Code, d.h. dass eine bestimmte Reihenfol-ge der Darstellung vorgeschrieben ist.

Bilder hingegen sind ein vieldeuti-ges Symbolsystem, das weder über eindeutig unterscheidbare Einzel-zeichen, noch über klar definierte Zeichenregeln verfügt.

Die Zeichen werden gleichzeitig prä-sentiert, wobei die Reihenfolge der Betrachtung völlig beliebig ist.

Bild und Text können in verschiede-nen Beziehungsverhältnissen zuein-ander stehen, die hier im folgenden erläutert werden:

-Diskrepanz

Hier überschneiden sich Informatio-nen in Text und Bild nicht, da es sich um verschiedene Konzepte handelt.

-Redundanz

Die Informationen überschneiden sich völlig. Beide Medien stellen den selben Sachverhalt dar.

-Ergänzung

Es ergänzen sich Text- und Bildinfor-mation gegenseitig, ohne sich dabei zu überschneiden. Die Gesamtbe-deutung ist nur durch die wechsel-seitige Rezeption erschließbar.

Auch die semantischen Bezüge von Bild und Text kann man unterschei-den:

-textintegrierende Beziehung

Der Inhalt eines Textes wird mittels

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des speziellen Codes des Bildes ver-anschaulicht. Diese Beziehung ent-spricht der oben genannten Dimen-sion der Redundanz.

-textdominierende Beziehung

Die Bilder bieten mehr Informatio-nen als der Text.

-textergänzende Beziehung:

Hier haben Bilder nur eine schmü-ckende Funktion und sind für das Textverstehen unwichtig. In der Wis-sensvermittlung dominiert klar die Sprache. Bilder sind ihr als „Helfer“ untergeordnet um Aufmerksamkeit zu wecken, das Einprägen eines Textes zu erleichtern oder kompli-zierte Sachverhalte zu erläutern.

3.1 Textfunktionen im Bild-Text-VerhältnisWenn Bild und Text zusammen ver-wendet werden kann jedes für sich in der Kommunikation unterschied-liche Funktionen haben und Ver-schiedenes leisten. Die Sprache legt in der Bild-Text-Kommunikation den Kontext fest, in dem das Bild steht und gibt diesem einen Sinn. Sie kommentiert, selegiert und struk-

turiert die visuelle Wahrnehmung.

Allgemein gilt : Eine Bildaussage ist wegen der prinzipiellen bedeutungs-mäßigen Offenheit stets textabhän-giger als umgekehrt. Denn: „Das Bild sagt alleine nichts aus. Es muss, um eine Botschaft übermitteln zu kön-nen, in einen Kommunikationszu-sammenhang gestellt werden, Die Aufgabe der Klärung des jeweilig benötigten, spezifischen Kommu-

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Abb.2

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nikationszusammenhanges kann in einer werblichen Botschaft der Text übernehmen. Das Bild als solches ist offen.“ (nach Schierl)

(1) Kommentierung des Bildes durch die Sprache

Bildliche Informationen, wie z.B. die Fotografie eines Ereignisses, sind oft auf Text angewiesen, da dieser den Zusammenhang angibt und durch seine kommentierende Funktion das Bild erst verständlich macht. Wie sehr der kommentierende Text die Wahrnehmung eines Bildes verän-dern kann, zeigen Untersuchungen, bei denen Porträts von Personen, die ohne Text bei ihren Betrachtern einen sympathischen Eindruck hin-terlassen haben, nach der Hinzufü-gung eines die Person abwertenden Kommentars für unsympathisch ge-halten wurden.

Dies ist auch der Grund warum in der Werbung der Text (meistens die Headline) dazu eingesetzt, die Rele-vanz des Bildes bzw. der gesamten Werbebotschaft zu verdeutlichen.

(2) Selektion bei der visuellen Wahrnehmung durch die Spra-che

Durch die Offenheit und Mehrdeu-tigkeit von Bildern, in Bezug auf ihre Bedeutung, ist oft auch ihre Wahr-nehmung offen und nicht besonders gut organisiert. Aufgrund dessen, schweift auch für gewöhnlich der Blick des Betrachters über ein Bild. Seine individuell verschiedene Be-wegungsrichtung bliebe weitgehend „chaotisch“, zumindest willkürlich, und könnte sicher nicht so einfach auf einen Punkt gelenkt werden.

Auch natürlich kulturell spezifische Gewohnheiten, wie z.B. bei uns das Lesen eines Textes von links oben nach rechts unten, können nicht viel daran ändern. Und natürlich lässt sich die Wahrnehmung und daher auch die Blickrichtung durch den Einsatz psychischer und physischer Reize mit einem starken Aktivie-rungspotential (externe und inter-ne Reize, natürliche Schlüsselreize wie bei erotischen Darstellungen als Blickfang) bis zu einem gewissen Punkt beeinflussen.

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Trotzdem gilt: Wenn Werbung die Aufmerksamkeit ihres Betrachter auf eine bestimmte bildliche Infor-mation lenken soll, wird diese Funk-tion am besten von Text übernom-men.

(3) Strukturierung der visuellen Wahrnehmung durch die Spra-che

Visuelle Wahrnehmung kann in ei-nem ganz erheblichen Umfang durch Sprache strukturiert werden. Jede Wahrnehmung stellt einen aktiven, dynamischen und zielgerichteten Prozess dar - eine Handlung, auf die aktiv Einfluss genommen wer-den kann. Dabei beginnt der aktive Wahrnehmungsprozess nicht erst in der Verarbeitung der sensorischen Reize, sondern fängt schon bei der Selektion der zu verarbeitenden In-formationen und der Steuerung der Aufmerksamkeit an. Ausgehend von einer bestimmten Wahrnehmungs-hypothese überprüfen wir nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum, ob das konkrete Objekt unserer Wahr-nehmung mit dem hypothetischen Objekt und den ihm zugeordneten

Eigenschaften übereinstimmt.

Besonders gut verdeutlichen lassen sich diese Überlegungen mit den so genannten Umspring- oder Kippbil-dern.

Kippbilder sind nach Brühlmeier „zeichnerische Gebilde, welche be-wusst so gestaltet sind, dass die optische Reizkonfiguration zwei ver-schiedene Deutungen zulässt.“ So kann man z. B. in derselben Figur entweder eine alte oder eine jun-ge Frau sehen, ein Gefäß oder zwei gegeneinander gerichtete Gesichts-Profile, eine Maus oder einen Män-nerkopf usw. . Diese Bilder machen uns bewusst, dass beim Wahrneh-men nicht einfach Reize auf unserer Netzhaut abgebildet und mecha-nisch ins Gehirn geleitet werden, sondern dass wir gar nicht anders wahrnehmen können, ohne Gestal-ten zu bilden und diese zu deuten. Dieser Sachverhalt wird besonders eindrücklich dadurch belegt, dass wir im selben Augenblick stets nur eine Figur sehen können und dass, wenn die andere Figur gesehen

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werden soll, die Deutung schlagar-tig umkippt. Dasselbe erleben wir beim Betrachten von ‚Vexierbildern‘. In diesen Zeichnungen, welche früher fast zwingend auf die Un-terhaltungsseite von Zeitschriften und Zeitungen gehörten, werden bewusst irgendwelche Figuren auf raffinierte Weise versteckt, so dass man oft sehr lange suchen muss, bis sich einem alle möglichen Bestand-teile von Bäumen, Wolken, Gerät-schaften usw., sowie die bewusst so gestalteten Zwischenräume zur gesuchten Gestalt zusammenfügen wollen. Auch hier geht es darum, in einem bewusst diffus gehaltenen Reizangebot Gestalten zu bilden. In vielen Kippfiguren und Vexierbildern beruhen die überraschenden Effekte auf einer Umdeutung von Figur und Grund. Der Augenblick, in welchem sich in unserem Bewusstsein die gesuchte Gestalt oder – bei Kippbil-dern – die neue Deutung einstellt, ist gekennzeichnet und erfüllt durch das Erlebnis der freudigen Überra-schung, das die meisten Menschen durch einen unverwechselbaren Ge-

sichtsausdruck und durch Ausrufe wie ‚Ah‘ oder ‚Aha‘ zum Ausdruck bringen („Aha-Erlebnis“).

Wenn man einem Betrachter das Kippbild „Rubinsche Vase“ (Abb. 3) zeigt und ihm sprachlich mitteilt, es handle sich um die zwei gegen-einander gerichteten Gesichtspro-file, wird er daher zunächst seine Wahrnehmung nach dieser Aussage ausrichten und nach entsprechen-den Merkmalen suchen. Wird ihm gesagt, dass es sich um eine wei-ße Vase vor schwarzem Hintergrund handelt, dann wird er seine Wahr-nehmung so strukturieren, dass er nach Anhaltspunkten sucht, die die-se Wahrnehmungshypothese bestä-tigen können.

Versuche mit Blickaufzeichnungs-geräten, bei denen Versuchsperso-nen ein Bild bis zu sieben Mal hin-tereinander mit anderen sprachlich gegebenen Aufgaben präsentiert wurde, haben gezeigt, dass die Blickverläufe, je nach vorangegan-gener sprachlicher Instruktion ganz unterschiedlich ausgefallen sind. Es

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wurden dabei nämlich solche Reize fixiert, „die durch die sprachliche Konstituierung eines Verstehens-kontextes relevant gemacht wor-den waren und in dem Zusammen-hang mit den im Versuch gestellten Fragen die meiste Information für eine mögliche Beantwortung geben konnten.“ (Schierl)

3.2 Vorteile von Bildern und Texten1

Bilder und Texte haben, abhängig von der jeweiligen Kommunikations-absicht, verschiene Vorteile im Hin-blick auf ihre Wirkung und Verständ-lichkeit. Da Bilder und Texte häufig zusammen verwendet werden, z.B. in der Werbung, werden ihre unter-schidlichen Vorteile so ausgenutzt,

1 vgl. http://www.teachsam.de (Mai 2007)

dass sich Bild und Text gegenseitig eindeutiger und verständlicher ma-chen.

Nach Schierl haben Bild und Text in der Werbung folgende Vorteile:

Vorteile des Bildes

hohe Kommunikationsgeschwin-• digkeit

fast automatische Aufnahme • ohne größere gedankliche An-strengung

wird in der Regel zuerst fixiert •

bildliche Informationsverarbei-• tung besonders effizient

Einstellungen und Gefühle kön-• nen subtiler übermittelt werden

höhere Glaubwürdigkeit •

höhere Anschaulichkeit (dadurch • a. bessere Verstehbarkeit und b. einem Primärerlebnis ähnlicher)

Platz sparende Information (viel • spezifische Information auf we-nig Raum)

allgemeine Verständlichkeit (auch • für Lese- und Sprachunkundige)

räumliche Vorstellungen lassen • sich gut vermitteln

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Abb.3

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Vorteile des Textes

eindeutiger als Bild (kann sich • selbst Zusammenhang schaffen)

kann den Leser ansprechen •

kann argumentieren [...] •

kann Schwerpunkte setzen und • Einzelaspekte betonen

verfügt über Imperativ (Möglich-• keit zum Auffordern)

kann Argumente (u. U. in ande-• rer Form) in einer Botschaft wie-derholen

zeitliche Vorstellungen sind gut • zu vermitteln

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4 Psychologische Prozesse

Für die Rezeption und das Verste-hen der Integration von Texten und Bildern spielt das individuelle Vor-wissen eine wichtige Rolle.

Im Folgenden soll dazu der Ablauf psychologischer Prozesse bei der Aufnahme und Verarbeitung von Texten und Bildern, sowie ihrer In-tegration näher erläutert werden.

4.1 VorwissenFür das Verstehen und Verarbei-ten von Texten und Bildern ist ne-ben Motivation und Interesse auch das Vorwissen des Rezipienten ent-scheidend. Entsprechend unter-schiedlicher Bereiche in denen der Rezipient über Vorwissen verfügt, kann zwischen darstellungs- und themenspezifischem Vorwissen, als auch „Alltagswissen“ unterschieden

werden:

Darstellungsspezifisches Vorwissen umfasst die Vertrautheit im Umgang mit unterschiedlichen Kodierungen. Darunter ist das Wiedererkennen von Mustern, Zeichen und Symbo-

len zu verstehen.

Themen- und bereichsspezifisches Vorwissen umfasst die Kenntnisse des Rezipienten zu einem bestimm-ten Themengebiet. Zum „Erkann-ten“ kann so ein Bezugsrahmen entwickelt werden, der als weitere Informationsbasis dient.

Alltagswissen umfasst das individu-elle Erfahrungs- beziehungsweise Handlungswissen des Rezipienten.

4.2 Organisation des Vorwissens2

Texte und Bilder sind ohne organi-siertes Vorwissen nicht verständ-lich.

In der Psyschologie findet man fol-gende unterschiedliche Typen der Wissensorganisation:

a) Schema

Schemata umfassen das Wissen über die typischen Merkmale von Dingen. Ein Schema enthält die Vorstellung über ein Objekt, das in unserem Erfahrungsbereich häufig auftritt. Es wird sukzessive durch kennzeichnende Merkmale eines

2 vgl. Weidenmann (1994c)

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Objekts aufgebaut. Nebensächliche Eigenschaften werden dabei nicht beachtet. Basierend auf existieren-den Schemata kann ein Vergleich und eine Kategorisierung, bezie-hungsweise Klassifizierung von Be-griffen und Erkanntem erfolgen.

Als Beispiel dafür soll der Begriff „Haus“ in ein Schema aufgegliedert werden:

Ein Haus kann in die Kategorie Ge-bäude eingeordnet werden. Es be-steht grob aus Räumen, Fenstern, Türen, Wänden und einem Dach. Es funktioniert als menschliche Be-hausung. Die Form eines Hauses ist rechteckig. So wird das Schema „Haus“ erfüllt, wenn die typischen Merkmale erkannt wurden. Ist nun dem Rezipient dieses Schema von „Haus“ unbekannt, wird er den Be-griff in diesem Kontext nicht verste-hen können.

Dabei beschreibt die Encodierung die Integration neuer Informationen in ein existierendes Schema. Hier wirkt ein bestehendes Schema bei der Auswahl richtiger Wortbedeu-tung bei Mehrdeutigkeiten unter-

stützend. Auch Erwartungen und Annahmen können durch passende existierende Schemata an ein Ob-jekt gestellt werden.

b) Skripte

Skripte umfassen das Wissen über typische Handlungsabläu-fe aus dem Alltag. Das Vorwis-sen ist hierbei als drehbucharti-ger Handlungsplan organisiert.

Bei dem Besuch eines Restaurants, ist beispielsweise das Bestellen, Speisen und Bezahlen ein typischer Handlungsstrang.

Skripte können, ähnlich wie Sche-mata, fest oder flexibel sein. So-lange uns ein Skript eine Situtation vertraut erscheinen lässt, kann es auf die Umgebung angewandt wer-den. So ist das Skript „Restaurant-besuch“ ebenso bei Cafés, Bars oder Kneipen einsetzbar.

c) Mentale Modelle

Mentale Modelle umfassen die in-ternen Vorstellungen zu komplexen Abläufen und Zusammenhängen. Diese können gedanklich durchge-spielt werden. In dieser Simulation

kann man sich die Folgen von Ein-gaben vorstellen.

Beispiele dafür sind die Auffassung über die Funktionsweise eines Vi-deorecorders, die Wirkung von Me-dikamenten oder wie ein Schaltkreis funktioniert.

4.3 Kognitive Verarbeitung von Texten3

Das Erkennen und Verstehen von Texten liegt einem Wechselspiel von auf- und absteigenden Schemaak-tivationen (Vorwissen) zugrunde. Dabei werden zielrelevante Infor-mationen selektiert und sukzessive ein Schema herausgebildet. Wäh-renddessen wird die Sprachinfor-mation von verbalen Organisations-prozessen nach Satzstruktur und Wortzusammensetzung verarbeitet. Daraufhin entsteht eine mentale Repräsentation der Textoberfäche, die wiederholt durch Organisations-prozesse strukturiert wird. Diese Strukturierung führt zu organisier-tem Wissen über den Inhalt in Form eines mentalen Modells.

3 vgl. Schnotz und Bannert (1999), In: Schnotz (2002)

4.4 Kognitive Verarbeitung von Bildern4

Beim Verstehen von Bildern kann man zwischen perzeptiver und se-mantischer Encodierung diffenzie-ren:

Bei der perzeptiven Encodierung können die verarbeitenden Prozes-se parallel und automatisch verlau-fen. Dabei ist der Vorgang generell von den Daten geleitet und relativ unabhängig vom Vorwissen des Re-zipienten. Es geht hier um die reine Aufnahme des Bildes, ohne die Be-deutung zu entziffern.

In Ergänzung dazu versteht man un-ter semantischer Encodierung den Prozess des Bildverstehens. Um der Repräsentation Informationen zu entnehmen erfordert es bestimm-te Ablese- und Untersuchungspro-zesse. Wie bei der kognitiven Ver-arbeitung von Texten, kommt es zu auf- und absteigender Aktivierung von Schemata. Also wird auch das Verstehen von Bildern vom indivi-duellen Vorwissen beeinflusst. Au-ßerdem kann auch eine kognitive 4 vgl. Schnotz (2002)

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Verfälschung durch Vorurteile („et-was sehen wollen“) entstehen.

4.5 Kognitive Integration von Text und BildIn der bisherigen Forschung wurden die Prozesse des Bildverstehens we-nig beachtet und separat von den Prozessen des Textverstehens be-handelt.

Heutzutage hat man erkannt das Bilder einprägsamer als Texte sind. Somit geht das Interesse deutlich mehr in die Richtung des Bildlichen, sowie beider Informationsmedien im Zusammenspiel.

Anhand des Integrationsmodells von Ballstaedt5 soll eine Theorie der Text-Bild-Interaktion erläutert wer-den:

Auf der ersten Ebene stehen Bild und Text getrennt. Es werden ledig-lich Satzbau und Wörter erkannt re-spektive Farben und Formen wahr-genommen.

Die zweite Ebene umfasst die Fest-stellung von Informationen von Bild

5 vgl. Ballstaedt (1988), In: Steinmetz (1998)

und Text. Hierbei werden auch Zu-sammenhänge geknüpft. Begrif-fe werden zu Vorstellungen bezie-hungsweise Bildern und umgekehrt können Bilder und Bildmerkmale in Begriffe transformiert werden.

Schließlich ergibt sich eine zusam-menhängende Bild-Text-Bedeutung. (3.Ebene)

3. Ebene

2. Ebene

1. Ebene

Abb.4

5 Visualisierung in Printmedien

5.1 Zeitung6

5.1.1 Die Tageszeitung und das VisuelleBeim Kauf einer Zeitung zählt haupt-sächlich der erste Eindruck. Aus die-sem Grund ist es Aufgabe der Verlage die Titelseite möglichst ansprechend zu gestalten. Außerdem sollte diese Auskunft über die unterschiedlichen Unterhaltungsfunktionen geben. Die Titelseite funktioniert so als op-tischer Anziehungspunkt. Da jedes Blatt eine andere Leserschaft anzie-hen will, spielt dabei das Gestaltungs-muster eine große Rolle. Beispielswei-se zieht die Bild-Zeitung, als Vertreter der typischen Boule-vard-Presse, die Blicke durch große Schlagzeilen und Fotos auf sich.

6 vgl. Bucher (1998)

Verschiedenartige Gestaltungsele-mente, wie Text, Bilder und Fotos, Format, sowie die Art und Weise der Seitengestaltung spielen bei allen Tageszeitungen eine wesentliche Rolle.5.1.2 Bilder und FotosBilder und Fotos übernehmen im heutigen Zeitungsjournalimus eini-ge wichtige Funtkionen:

Bilder wecken die Aufmerksamkeit, sie dienen also als Blickfänger. Da-bei können und sollten sie eine Vor-schau darauf anbieten, welche In-formationen im Text zu erwarten sind. Die sorgfältige Auswahl ist da-bei sehr bedeutend, da ein Bild oder Foto ein frühes Entscheidungskri-terum darstellt, den dazugehörigen Text weiterzulesen. Gleichzeitig be-steht auch die Gefahr, dass zu viele Bilder den Leser verwirren und ihn vom Text ablenken können.

Bilder können auch Informationen vermitteln, die schwer in Worte zu fassen sind oder den Text ergänzen. Sie wirken unterstützend indem sie Sachverhalte, Personen, Begriffe und Situationen visualisieren. Ein

Abb.5

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Beispiel dafür stellt das Foto eines Interviewpartners neben einem Be-richt dar. Auch ein indirekter Ver-weis auf ein Thema ist möglich. Eine Abbildung vom weißen Haus, neben der Nachricht, lässt beispielsweise darauf schließen, dass im Artikel die amerikanische Regierung eine Rolle spielt.

In vielen Fällen übernehmen Bil-der die Rolle des Zeugen. Durch ein Foto kann der Text bestätigt werden und ihm Authentizität verleihen. Ein Foto vermittelt eine höhere Glaub-würdigkeit als der geschriebene Text: Was auf einem Foto zu sehen ist, muss sich irgendwann irgendwo ereignet haben. Jedoch besteht hier die Gefahr, dass Fotos manipuliert sein können und sie außerdem im-mer nur einen Ausschnitt der Reali-tät darstellen.

Auch das Bild selbst kann zur Nach-richt werden, wenn es das entschei-dende Ereignis genau einfängt. Des weiteren können Bilder eine narra-tive Funktion haben, da eine Rei-he von Bildern eine Geschichte er-zählen oder einen Ablauf darstellen

kann. Dynamik und Spannung kann so leichter dargestellt werden als in einer Erzählung.

Andere Möglichkeiten bieten Dia-gramme und Infografiken. Diese können Prozesse und Daten über-sichtlich veranschaulichen. Die Sitz-verteilung in einem Parlament kann so auf einen Blick erfasst werden. In einem Text wäre diese Informa-tionsvermittlung nur schrittweise möglich.5.1.3 Qualitätskriterien der ZeitungsgestaltungZu den wichtigsten Kriterien bei der Gestaltung einer Tagezeitung zäh-len Übersichtlichkeit und Ordnung. Die dadurch erreichte bessere Ori-entierung wirkt sich zu Gunsten der Selektivität und Zeitökonomie bei der Medienbenutzung aus.

Um dies zu erzielen sollte eine ein-heitliche Gliederung und ein über-schaubares Schema eingehalten werden. So wird außerdem eine Aufsplittung in verschiedene Berei-che, wie zum Beispiel Information, Meinung, Service und Unterhaltung, möglich. Der Leser kann sich also

seine individuelle Zeitung aus dem universellen Angebot zusammen-stellen, da er einen direkten Über-blick über den Inhalt erhält.

Die pressehistorische Entwicklung geht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. Aus einer damals linera-ren Berichterstattung ist heute ein nicht-lineares Medium entstanden.

Diese Art der segmentierten und selektiven Lektüre entspricht nun eher einem Hypertext und findet seine Fortsetzung in der Online-Zei-tung.

Textdesign ist dabei die grundlegen-de Gestaltungslehre für die Form, den Inhalt und die Funktion von nicht-linearen Medien.5.1.4 Tendenzen der modernen ZeitungsgestaltungMehr Einsatz von Bildern, Farbe, For-matgröße, kürzeren Texten, Visuali-sierungen, Farbleitsystemen, Logos, verschiedenen Schrifttypen und vielen anderen Gestaltungsmitteln erzielten deutlich höhere Auflagen bei den Verlagen. Gleichzeitig aber

kam viel Kritik an der neuen Gestal-tung der Printmedien auf. Presse-kritiker beschwerten sich über eine Verflachungswelle der Printmedien: „Zerfall in Puzzleteile“, „Gedrucktes Fernsehen“, „Lego-Journalismus“, „fast food for slow readers“ waren Äußerungen, die auf eine Reduktion des Inhalts auf Kosten des Erschei-nungsbildes aufmerksam machen sollten. Es war die Meinung Vieler, dass der investigative Journalismus aufgrund von Leserfreundlichkeit und „Infotainment“ zunehmend an Bedeutung verliert.

Neben der Kritik wird aber die Frage verdrängt, wie die Kommunikation mit dem Leser unter Verwendung der neuen visuellen Gestaltungs-möglichkeiten verbessert werden kann.5.1.5 Basis für Optimierung der KommunikationDie Entwicklung vom einkanaligen Textmedium zur Mehrkanaligkeit erfordert eine systematische Prä-sentation von Grafiken und Bildern. Die Gestaltung soll dem selektiven Leser und Anleser entgegen kom-

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men. Komplexe Berichte werden in segmentierter Form erstattet. Es entsteht ein „modulares Cluster“, in dem jedes Informationsmodul selbstständig und kohärent ist.

Der Informationsjournalismus der textuellen Berichterstattung hat sich zunehmend zum Bedeutungs-journalismus gewandelt. Die Ein-ordnung, Kommentierung und per-spektivische Aufbereitung steht nun im Vordergrund der Printmedien. Im Gegensatz dazu gesteht man die reine Faktenvermittlung den schnel-len Medien, wie Rundfunk und Fern-sehen zu.

Des weiteren wird die Zeitung durch additive Boulevardisierung ergänzt. Diese Unterhaltungs- und Service-funktion bietet eine vielfältige Aus-wahl an Themen und Rubriken, wie Kino, Fernsehen, Marktberichte und Veranstaltungshinweise. Hierbei fin-den außerdem eine attraktivere Textgestaltung und zugespitzte For-mulierungen Verwendung.

5.1.6 Prinzipien zur Beurteilung der QualitätGrundsätze, die der qualitativen Beurteilung der Zeitungsgestaltung dienen, stützen sich auf elementare kommunikative Prinzipien:

Um Verständlichkeit zu gewährleis-ten benötigt man klare Formulie-rungen und sollte Mehrdeutigkeiten vermeiden.

Relevanz erfordert eine sachgemäß korrekte Informationsvermittlung.

Wahrheit beziehungsweise Wahr-haftigkeit bedeutet, nichts zu nen-nen, was falsch oder möglicherwei-se falsch ist.

Informativität beinhaltet die Ver-wendung nur notwendiger Informa-tionen.

In der Anwendung ergeben sich da-raus verschiedene Kriterien:

Kohärenz und Zusammenhalt des Beitragclusters ist ausschlagge-bend für die Verständlichkeit. Es ist wichtig zu erkennen, dass Beiträge zusammenhängen und wie sie zu-sammenhängen. Dieses erfordert

weitere Prinzipien, wie Kontinuiät, Nähe, Ähnlichkeit und Abgeschlos-senheit, die den sprachlichen und visuellen Teil umfassen sollen.

Der Inhalt soll für die individuelle und selektive Lektüre erschließbar sein. In Ergänzung dazu ist eine über-sichtliche und grafisch anschauliche Seitengestaltung erforderlich.

5.2 Werbung

5.2.1 Das Bild in der Werbung7

Wie bereits erwähnt ist ein Bild we-sentlich schneller erfasst als ein Text und bereitet weniger Mühe als die Lektüre. Also steht in der Werbung die Aufgabe, die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zu ziehen, klar im Vordergrund.

Im Folgenden ist es wichtig, inhalt-lich die Kommunikation anzutreiben. Dies wird häufig durch die Darstel-lung von Menschen, vor allem Kinder und Babys, sowie Tieren erreicht, die ihren Blick direkt in die Kamera richten. Ein „Blickkontakt“ mit dem 7 vgl. Schierl (2001)

Betrachter wird er-zielt (siehe Abb. 3).

Formal sol-len durch B i l d e r Emotionen g e w e c k t w e r d e n und sich in der Anzeige von der Konkurrenz abheben. Steht das Bild im Vordergrund sollte die Verbin-dung zum Produkt erkennbar sein und keine negativen Assoziationen auslösen.5.2.2 Der Text in der Werbung8

Der Text in der Werbung lässt sich in zwei Gruppen unterteilen: Headline und Fließtext. Während die Headline ähnliche Aufgaben wie das Bild hat – also das Wecken von Interesse und die Übermittlung einer kurzen Botschaft – muss der Fließtext, den einmal interessierten Leser, über-zeugen.

Die Headline ist also eine erste Vor-

8 vgl. Schierl (2001)

Abb.6

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ab-Information über den Inhalt des Textes – informativ, relevant und kurz. Als „Hingucker“ wird sie zuerst gelesen und es entscheidet sich ob dem Text weitere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Eine verständliche und prägnanate Formulierung lassen die Headline attraktiv erscheinen. Das Thema soll mit wenigen Worten auf den Punkt gebracht werden.

Der Fließtext beschreibt die positi-ven Seiten des Produkts. Er soll den Leser von diesem überzeugen. Hier werden beispielsweise Anwengung und Nutzen erläutert. Da sich Pro-dukte in Herstellung und Preis nur noch selten untersscheiden, ist ein rein argumentativer Fließtext nur selten optimal. Deshalb ist die Ge-fühlswelt der Worte sehr bedeutend. Auch die Verwendung von Fremd- und Fachwörtern lässt den Text „gut klingen“ und vermittelt ihm eine ge-wisse Wissenschaftlichkeit. So kann die Seriösität des beworbenen Pro-dukts unterstrichen werden.

5.2.3 Der Bild-Text Bezug in der Werbung9

Das Verhältnis von Text- und Bild-informationen in Werbeanzeigen ist grundsätzlich auf drei verschiedene Arten gestaltet. Anhand der folgen-den Beispiele sollen diese näher er-läutert werden:

(1) Textdominante Werbung

Der Text steht im Vordergrund, wäh-rend das Bild Stimmung und Emoti-onen anregt. Diese haben allerdings keine weitere Bedeutung für den In-halt.

Abbildung 4 zeigt ein Beispiel für textdominante Werbung. Mit der An-zeige möchte die bekannte Schnell-imbisskette McDonald‘s den Leser mit einer neuen „Gesundheits“-Strategie, der Veröffentlicung von Nährwerttabellen, überzeugen. Im gesamten oberen Teil der Anzei-ge wird ein Teil einer Nährwertta-belle gezeigt, die aber teilweise verschwommen erscheint und in dem leicht grauen Hintergrund ver-blasst.9 vgl. http://www.teachsam.de (Mai 2007)

Darunter befindet sich die Head-line, die in Bezug auf den folgenden Fließtext überdimensional groß er-scheint.

Durch die ausschließlich in grauen Farbtönen gehaltene Anzeige und den klaren Schrifttyp wirkt die-se sehr seriös. Sie bildet so einen starken Kontrast zur sonst gewohnt bunten und lebendigen McDonald‘s

Werbung. Die Headline besteht nur aus dem kurzen Wort „offen“, wel-ches im vollkommen Gegensatz zur grauen und fast langweiligen Atmo-sphäre steht. Hierdurch wird aber eine gewisse Spannung aufgebaut und reizt den Leser den, in wesent-licher kleinerer Schrift, gedruckten Fließtext zu lesen. Dieser soll nun dem Leser den Sinn und die Vorteile der Nährwerttabellen erläutern und betont damit gleichzeitig die Offen-heit des Fastfoodrestaurants.

Die teilweise abgebildete Tabelle dient nur der emotionalen Unter-stützung und der Steigerung der Seriösität.

(2) Bilddominante Werbung

Im Gegensatz zu textdominater Werbung steht das Bild im Mittel-punkt und vermittelt die Botschaft. Der Text dient lediglich der Nennung des Produktnamens, der Marke oder des Slogans.

Auch in dieser Werbeanzeige von Hasseröder (Abbildung 5) steht das Bild eindeutig im Mittelpunkt.

Der Hintergrund zeigt einen Bach

Abb.7

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der durch einen Wald fließt. Im obe-ren Teil steht der Slogan der be-worbenen Biersorte. Darunter hebt sich ein von grünem Gewächs um-schlungene Bierflasche in den Vor-dergrund. Des weiteren befindet sich rechts unten das Logo des Her-stellers.

Der klare Waldbach symbolisiert die Frische und Naturbelassenheit des Bieres. Im Slogan „Harzhaft fri-scher Biergenuß“ wird mit einem

Wortspiel außerdem das Gefühl für die Ursprünglichkeit des Bieres ge-weckt.

Durch das Bild wird sofort klar wel-ches Produkt hier beworben wird und es bedarf keiner weiteren tex-tuellen Erläuterung.

(3) Gleichwertiges Verhältnis

Stehen Bild und Text in annähernd gleichwertigen Verhältnis zueinan-der lässt sich nochmal zwischen un-terschiedlichen Bedeutungen unter-scheiden:

- Textzentrierte Werbung

Text und Bild sind inhaltlich gleich-wertig. Zusätzlich aber verdeutlicht das Bild den Textinhalt. Eine Pro-duktabbildung mit Aufzählung der Eigenschaften wäre ein solcher Fall.

- Bildzentrierte Werbung

Auch hier sind Text und Bild inhaltlich äquivalent. Der Text erläutert dabei das Bild. Der Übergang zu bilddomi-nater Gestaltung ist fließend.

In der Anzeige der Firma Sony für eine neue Speicherkarte (Abb.6)

Abb.8

stehen Bild und Text in einem gleich-wertigen Verhältnis. Die Abbildung besteht aus zwei Teilen. Im Oberen wird eine Ameisenstraße darge-stellt, die Blätter transportiert. Die mittlere Ameise trägt jedoch die beworbene Speicherkarte. Darüber befindet sich die textuelle Beschrei-bung des Produkts. Am oberen lin-ken Bildrand steht das Firmenlogo.

Der untere Teil zeigt alle Mobilfunk-

geräte die mit der Speicherkarte ausgestattet sind.

Der Blick wird zunächst auf den Speicherchip gelenkt. Ansich wird hier schon klar worum es geht, da auf dem Chip bereits die Speicher-größe beschrieben ist und der Ver-gleich mit der Ameise die geringe Größe der Speicherkarte andeutet. Der untere Bildteil lässt dann dar-auf schließen, dass es sich um eine Handyspeicherkarte handelt. Die Headline ist der nächste Blickfang. Der Begriff Micropower verdeutlicht das vorher Erkannte. Daraufhin wird erstmalig der Name des Produkts genannt. Im folgenden Fließtext werden die Produkteigenschaften nochmals hervorgehoben.

- Gegenseitig vereindeutigende Werbung

In diesem Fall ist der Text ohne das Bild nicht verständlich und um-gekehrt. So werden beispielswei-se Wortspiele in der Headline erst durch das Bild verstanden oder der Text macht das Bild erst eindeutig.

Ein Beispiel dafür ist die Anzeige von

Abb.9

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Volkswagen in Abbildung 7.

Das Bild zeigt einen Hund der aus irgendeinem Grund zwischen Sitz und Rückenlehne festklemmt. Nur der Kopf und die Beine des Hundes ragen heraus.

Erst die Bildunterschrift erklärt die Ursache dafür, was den Hund in die-se missliche Lage gebracht hat und unterstreicht damit eine positive

Eigenschaft des Produkts.

Gegenüber diesen Gestaltungsopti-onen existiert noch die Möglichkeit des Bildbruchs. Diesbezüglich er-scheinen Bild und Text zusammen-hangslos und die Beziehung muss vom Rezipienten selbst interpretiert werden.

Abb.10

6FazitIm Bereich Text-Bild-Bezug

wurde lange Zeit nur wenig ge-forscht, da eine Analyse von Bildern für den sprachwissenschaftlichen Gebrauch nicht in Frage kam.

Wenn man aber die Sprache der Werbung analysieren und interpre-tieren möchte, kann man die Bilder nicht außen vor lassen.

In Bezug auf die Wissensvermittlung hat sich gezeigt, dass im Durch-schnitt das Lernen mit Sprache und Bild effektiver ist, als das Lernen mit nur einem Medium.

Außerdem bietet der technische Fortschritt, durch eine Vielzahl an möglichen Einsatzgebieten visueller Faktoren, den (Print-)Medien große Vorteile bei der Informationsver-mittlung.

Gleichzeitig muss man den Ge-brauch von Bildern in Medien aber auch kritisch betrachten. Bilder werden nicht global gleich verstan-den und können international unter-schiedliche Bedeutungen und Sym-bolik besitzen. Des weiteren sind

Bilder nicht immer hundertprozent wahrheitsgemäß. Fotos werden oft zu leichtfertig als Informations- und Beweisfunktion gewertet, da diese zum Beispiel Tatsachen auch in fal-schem Licht beleuchten können.

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7 LiteraturverzeichnisWeidenmann, Bernd (1994c): Lernen mit Bildmedien. Psychologische • und didaktische Grundlagen. (Mit den Augen lernen; Bd.1), Weinheim / Basel: Beltz

Bucher, Hans-Jürgen (1998): Vom Textdesign zum Hypertext. In: • Medien im Wandel. Hrsg. von Werner Holly und Ulrich Biere, Opladen: Westdeutscher Verlag, S.63-102

Schnotz, Wolfgang (2002): Wissenserwerb mit Texten, Bildern und • Diagrammen. In: Information und Lernen mit Multimedia und Inter-net, Hrsg. von Issing, L.J., Weinheim: Beltz

Steinmetz, Ines (1998): Das Text-Bild-Verhältnis in tätigkeitsleitenden • Texten: Wissensdarstellung und Anforderungsanalyse

Schierl, Thomas (2001) : Text und Bild in der Werbung. Bedingungen, • Wirkungen und Anwendungen bei Anzeigen und Plakaten, Herbert von Halem Verlag

http://www.teachsam.de/arb/bild/bildkom/bildkom_4htm.htm•

http://www.teachsam.de/pro/pro_werbung/werbesprache/anzeigen-• werbung/pro_werbung_spr_anz_3_3_2_3_2.htm (Mai 2007)

8 AbbildungsverzeichnisAbb. 1: Bildfunktionen Weidenmann (Quelle: Weidenmann, Bernd • (1994c) , s. Literaturverzeichnis, S.27)

Abb. 2: Funktionene der Sprache im Bild-Text-Verhältnis (Quelle: • http://www.teachsam.de/pro/pro_werbung/werbesprache/anzeigen-werbung/pro_werbung_spr_anz_3_3_2_3_3.htm)

Abb. 3: Rubinsche Vase (Quelle: http://www.inklusion-online.net/• images/1_Kippbild.jpg)

Abb. 4: Integrationsmodell nach Ballstaedt (Quelle: • Steinmetz,1998,S.30)

Abb. 5: Titelbild Bildzeitung, 8. April 2006 (Quelle: http://www.lehrer-• freund.de/medien/deutschunterricht/alliteration/alliteration-kingkahn.jpg (Aug 2007))

Abb. 6: Werbung für das Jane Goodall Institut Deutschland (Quelle: • National Geographic, August 2007, S.8)

Abb. 7: McDonald‘s Werbung (Quelle: Vanity Fair, Nr. 23, Mai 2007, S. • 29)

Abb. 8: Hasseröder Printwerbung (Quelle: http://www.uni-koblenz.• de/~odsbcg/baeume97/bier.jpg (Mai 2007))

Abb. 9: Memory Stick Micro Printwerbung (Quelle: Mobile News, Nr.6, • Januar 2007, S.15)

Abb. 10: VW Printwerbung (Quelle: http://www.rh-home.de/gti/img/• vw_werbung_01.jpg (August 2007))