theorie der schneidentöne

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1920. . @ 16. ANNALEN DER PHYSIK VIEBTE FOLGIE. BAND 62. 1. Theorlle der SchnddentClme; vm P. Er4hger. (Hler6U Tnfel 1.) ____ Die Entstehungsweise der Schneidentone ist trotz erheb- licher Fortschritte in ihrer Erkenntnis noch keineswegs vbllig geklart. R. Wachsmuth') faBt das Resultat seiner und seiner Schuler a) Arbeiten iiber Schneidenwne folgenderma6en zu- sammen : ,,Nach alledem waren also die Schneidentone T h e , welche am der Sttirung des Qleichgewichts einer frei aus- stramenden Luftlamelle durch eine Einlage entstehen. Durch Stauung des Luftstromes an der (stumpfen) Kante, welche dem- selben entgegensteht, wird eine Pendelung um die Gleich- gewichtslage eingeleitet, bei welcher die Lamelle ihrer gapzen Liinge nach um die Einlage hin- und herpendelt oder - bei gro6erem Abstande - in Unterabteilungen (einzelne Biinde) zerbllt und sich in diesen gegen die Einlage bewe&" Wie schon W. Kbnigs) betont, ist hiennit-ein klarer Einblick in den Mechanismus dieser Tonerzeugung noch nicht gewonnen : Die Ursache der Pendelung ist nicht aufgeklllrt, ferner steht die Deutung der empirisch gefundenen Tatsache der Konstanz des Produktes aus der Tonhahe und Schneidenabstand noch , aus, ebenso die des mehrfachen plbtslichen Springens der Ton-. hohe in die hahere Oktave bei VergraSerung des Schneiden- abstandes. Konigs) selbst hat dann eine Theorie dieser letz- teren Erscheinung zu entwickeln gesucht, die anf der Riick- wirkung der Stauung der Lamelle an der Schneide auf den Austritt der FlIissigkeit aus dem Spalt bernht; aber er gibt selhst zu, da6 diese Theorie die Tatsache nicht erkllrt, daS 1) R. Wachsmuth, Ann. d. Phye. (4) 14. S. 489. 1904. '2) Literatur vgl. R. Q o l l e r , Diseertstion Qieflen 1912, nnd bei 3) W. Kiinig, Physikal. Zeitschr. 13. S. 1053.. 1912. J. R i e h t , Dissertation Qieflen 1917. Annrlen der Physik. IV. Folge. 63. 45 *

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Page 1: Theorie der Schneidentöne

1920. .@ 16.

ANNALEN DER PHYSIK VIEBTE FOLGIE. BAND 62.

1. Theorlle der SchnddentClme; v m P. Er4hger.

(Hler6U Tnfel 1.)

____

Die Entstehungsweise der Schneidentone ist trotz erheb- licher Fortschritte in ihrer Erkenntnis noch keineswegs vbllig geklart. R. Wachsmuth ' ) faBt das Resultat seiner und seiner Schuler a) Arbeiten iiber Schneidenwne folgenderma6en zu- sammen : ,,Nach alledem waren also die Schneidentone T h e , welche am der Sttirung des Qleichgewichts einer frei aus- stramenden Luftlamelle durch eine Einlage entstehen. Durch Stauung des Luftstromes an der (stumpfen) Kante, welche dem- selben entgegensteht, wird eine Pendelung um die Gleich- gewichtslage eingeleitet, bei welcher die Lamelle ihrer gapzen Liinge nach um die Einlage hin- und herpendelt oder - bei gro6erem Abstande - in Unterabteilungen (einzelne Biinde) zerbllt und sich in diesen gegen die Einlage bewe&" Wie schon W. Kbnigs) betont, ist hiennit-ein klarer Einblick in den Mechanismus dieser Tonerzeugung noch nicht gewonnen : Die Ursache der Pendelung ist nicht aufgeklllrt, ferner steht die Deutung der empirisch gefundenen Tatsache der Konstanz des Produktes aus der Tonhahe und Schneidenabstand noch ,

aus, ebenso die des mehrfachen plbtslichen Springens der Ton-. hohe in die hahere Oktave bei VergraSerung des Schneiden- abstandes. Konigs) selbst hat dann eine Theorie dieser letz- teren Erscheinung zu entwickeln gesucht, die anf der Riick- wirkung der Stauung der Lamelle an der Schneide auf den Austritt der FlIissigkeit aus dem Spalt bernht; aber er gibt selhst zu, da6 diese Theorie die Tatsache nicht erkllrt, daS

1) R. Wachsmuth, Ann. d. Phye. (4) 14. S. 489. 1904. '2) Literatur vgl. R. Qol ler , Diseertstion Qieflen 1912, nnd bei

3) W. Kiinig, Physikal. Zeitschr. 13. S. 1053.. 1912. J. R i e h t , Dissertation Qieflen 1917.

Annrlen der Physik. IV. Folge. 63. 45 *

Page 2: Theorie der Schneidentöne

Aniaalen der Physik, I V. FoIge, Band 62.

Fig. 1.

Fig. 2.

Tafel I.

Fig. 3.

F. Kriigcr.

Page 3: Theorie der Schneidentöne

671 F. Kriiyer.

die Tonbildung erst von eiuem bestimmten, nicht zu kleiuen Schneidenabstande an erfolgt, und ferner die Ursache der Ol&,avenspriinge im Duukeln la&. Der Erklarung der Schneiden- tone durch Wirbelbildung, die schon durch die photographischen Schlierenaufnahmen der Schneidenttine durch W ac hsmu th nahegelegt war und auf die in der Diskussion zu dem K6nig- schen Vortrage mehrfach hingewiesen wurde, glaubte sich Kijnig unter Hinweis auf die Schwierigkeiten der Deutung der Ge- setzma0igkeiten der Schueidentone auf dieser Grundlage niaht anschlie6en zu kijnnen.

Die von E. Schmidtke’ ) im hiesigen Institut an einer ausstromenden Wasserlamelle angestellten Messungen haben die vollige Analogie der Pendelungen der Wasserlamelle beim Auf- treffen auf eine Schueide mit den Schneidentonen einer Luft- lamelle erwiesen und den Zusammenhang der Pendelungen mit der Wirbelablosung sichergestellt. I m folgenden sol1 gezeigt werden, da6 sich auf dieser Basis eine klare Theorie -der Schneidentone yeben liilt.

Wie fruher 2, gezeigt wurde, besi tzt eine frei ausstromende Flii3igkeitslamelle infolge der abwechselnd rechts uud links am Spalt erfolgenden Wirbelablosung eine pendelnde Bewegung, die die Ursache der sogenannten Spalttijne bildet. Die von W. Kohlrausch3) gemessene Tonhohe der Spalttiine lie6 sich aus den Konstanten der an der Waseerlemelle beobachteten Wirbelbildung berechnen.

Bezeichnet u die Wauderungsgeschwindigkeit des Wirbel- systems, 1 den Abstand zweier aufeinander folgender W irbel, so gilt fur die Tonhohe iV, falls sie eben der Anzahl der in der Zeiteinheit abgeliisten Wirbel gleichgesetzt wird,

N = 1 ’

eine Formel, die iibrigens formal mit der bekannten Wellen-

gleichung N = I (A = Wellenlange, Fortpflanzungsgeechwin- digkeit) iibereinstimmt. Da das Verhaltnis der Wirbelgeschwin-

1) E. Schmidtke, Ann. d. Phys. 60. S. 715. 1919. 2) F. Kriiger u. E. S c h m i d t k e , Ann.d. Phye. 60. S. 701. 1919. 3) W. Kohlrausch , Pogg. Ann. d. Pby8.u. Chem. 13. S.545. 1681.

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Theorie der Schneidentiine. 675

digkeit u zur Stromungsgeschwindigkeit U konetant ist und sich experimentell zu 0,23 ergab, da ferner das ebenfalls konstante Verhaltnis des Abstandes I zweier aufeinander folgender Wirbel zu der Spaltbreite D gleich 4,9 beatimmt wurde, so ergab sich in guter Ubereinstimmung mit den akustisch bestimmten Werten

N . D U __ - 0,05 oder N 0,05 . --I. TJ - D

Wird der frei ausstromenden Fltissigkeitslamelle eiii Keil oder eine Schneide gegentibergestellt, so erfolgt , falls der Schneidenabstand nicht zu klein ist, ein Pendeln der Lamelle von der einen auf die andere Seite der Schneide, wobei die, wie bei der freien Lamelle, abwechselnd rechts und links am Spalt abgelosten, wenn such erst in einiger Entfernung vom Spalt, meistens erst nahe an der Schneide deutlkh sichtbar werdenden rechts- bzw. linksdrehenden Wirbel sich durch dies eben dnrch sie bewirkte Pendeln an dar Schneide so teilen, dafl alle rechts drehenden Wirbel an d e r rechten Seite der Schneide, alle links drehenden Wirbel an der linken Seite der Schneide entlang wandern, wie das in der Arbeit von E. Schmid tke eingehend bemhrieben ist. Bei diesem Vorbei- pendeln der Lamelle an der Sohneide werden aber, wie in der genannten Arbeit weitergefunden ist, an der Ychneide neue Wirbel gebildet, ganz analog wie die Wirbel an einem Stab- hindernis und bei den sog. HiebtiSnen gebildet werden. Diese Wirbel haben jeweils entgegengesetzten Drehungssinn wie die vor der Schneide durch die Wirkung des Spalts entstandenen. Sie erganzen die einseitig drehenden Spaltwirbet auf jeder Seite der Schneide zu einem dem v. KBrmZtnschen ahnlichen Wirbel- system abwechselnd rechts- und linksdrehender Wirbel. Treten diese an der Schneide entstandenen Wirbel wegen der Reibung an de; Keilfiache auch schwlcher in Erscheinung, so sind sie doch bei stilrkerem Stramen der Lamelle deutlich zu erkennen.

Die Rilckwirkung dieser init dem Auftreffen eines Spalt- wirbels auf die Schneide verbundenen Stauung fUhrt nun zu einer resonanzartigen Beeinflussung der Frequenz der Xirbel- ablosung. Ein Anla8 zur B:ldung eines neuen Wirbelkeimes am Spalt wird jedesmal gegeben sein, wenn die Stauung des vorhergebenden Spaltwirbels mit gleichem Drehungssinn an der

45 *

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676 3 Kruger.

Schneide riicklaufend am Spalt angelangt ist, eine Stauung, die j a auch init einer Seitwktsablenkung der Fliissigkeits- lamelle und also einer Knickung derselben am Spalt verbunden ist. Die Dauer der Periode dieses erregenden Vorganges oder der damit identischen Periode der erzwungenen Schwingnng ist durch die Summe der Laufzeiten gegeben, welche einer- seits ein Wirbel braucht, urn die Strecke vom Spalt zur Schneide zu durcheilen, und welche audererseits die Stauungswelle zum Durchlaufen derselben Strecke, aber in umgekehrter Richtung, von der Schneide zum Spalt, benotigt. Die Ausbreitungs- geschwindigkeit der Stauungswelle erfolgt mit der far die je- weilige Fliissigkeit charakteristischen Schallgeschwindigkeit c, welche natilrlich gro6 gegeniiber der Wanderungsgeschwindig- keit u des Wirbelsystems ist. Bedeutet also f den Schneiden- abstand, so ist die Dauer T der genannten Periode

f f . U + C f' l ' = - + - = f . = - c 24 u . c 2 4 )

da u, wie erwhhnt, gegen c zu vernachliissigen ist. Die Fre- quenz N der Wirbelablasung oder die damit identische Hohe des Schneidentones ist also durch die Beziehung

gegeben. Der Abstand zweier aufeinanderfoigender Spaltwirbel mit

gleichem Drehungssinn ist hiernach also stets einfach gleich dem Schneidenabstand f ; er ist unabhangig sowohl von der Wirbelgeschwindigkeit u wie von der Spaltbreite B. Bei der frei ausstromenden Lamelle ohne entgegenstehende Schneide ist der Abstand 1 zweier aufeinander folgender Wirbel mit gleichem Drehungssinn zwar auch unabhangig von der Wirbel- geschwindigkeit u, aber abhangig von der Spaltbreite B, und zwar dieser direkt proportional (1 = 4,9 U). Hier aber ist der Wirbelabstand von der Spaltbreite unabhiingig und wird durch den Schneidenabstand bedingt; hier ist also 1 - f . Zu be- merken ist noch, da6, damit die Frequenz N eines Schneide- tones und eines Spalttones gleich ist, nicht nur der Bohneiden- abstand gleich dern a'irbelabstad ~ bei der frei ausstramenden Lamelle (I = 4,9 D), sondern da6 auch die Wirbelgeschwindig- keit in beiden Fiillen dieselbe sein mu6. Dies bedeutet aber

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l'hheorie der Schneidentone. 67 7

nicht etwa auch Gleichheit der Ausstromungsgeschwindigkeit U, da das Verhaltnis der Wirbelgeschwindigkeit tt zur Ausstro- mungsgeschwindigkeit U, wie noch des weiteren besprochen werden wird, nicht dasselbe ist, sondern im ersten Falle etwa gleich 0,4, im letzteren etwa gleich 0,2 ist.

Die Vorstellung einer ahnlichen RUckwirkung der Stauung auf den Ausstriimnngsvorgang am Spalt ist wohl zuerst bei Lord Rayleigh') angedeutet. Unabhangig davon und in quantitativer Form ist sie jedoch von W. E 6 n i g entwickelt.

Der wesentliche Unterschied der hier gegebenen Analgse des Vorgangs gegentiber der von K a n i g und Lord Rayle igh besteht jedoch einmal darin, daB hier die Wirbelgeschwindig- keit u als maBgebender Faktor auftritt, wiihrend bei jenen die Stramungsgeschwindigkeit 6 der Lamelie selbst an deren Stelle steht ; diese beiden Qeschwindigkeiten sind aber durchaus ver- schieden, die Wirbelgeschwindigkeit ist immer sehr viel Meiner als die Stromungsgeachwindigkeit und betrilgt, wie unten ge- zeigt, weniger als die Halfte der letzteren.

Der zweite, ebenso wichtige Unterschied ist darin zu er- blicken, daS nach der hier gegebenen Theorie der durch die Laufzeiten bedingte Wirbelabstand f' sich nach Analogie des Vor- ganges der erzwungenen Schwingungen an die Stelle des nattir- lichen Wirbelabstandes 1 der frei ausstramenden Lamelle setzt, dieser also ihren eigenen Wirbelabstand aufiwingt. Der Fall der Resonanz oder des sarksten Pendelns wird also vorhanden sein, wenn der natiirliche Wirbelabstand I gleich dem Schneiden- abstand f ist. Wegen der starken Dampfung der Eigen- schwingung der frei ausstromenden Lamelle wird die Resonanz- kurve jedoch sehr flach und breit sein, also auch bei erheb- licher Differenz von I und f wird noch ein starkes Mitschwingen Stattfinden. Mit zunehmender Differenz von beiden wird die erzwungene Schwingung schwacher und schwaoher. Wird mit wachsenden Schneidenabstand f' der Wirbelabstand der er- zwungeuen Pendelung immer grijSer und ni5hert sich dem Doppelten des Wirbelabstandes bei der frei stromenden La- melle, so wird der ,,Zwang" fur den erzwungenen Wirbelabstand viel geringer, wenn dieser Wirbelabstand dadnrch auf die Hillfte

1 ) Lord Ray le igh , Theory of eound, vol. 11, p. 412. London 1896.

_ _ _ - _ _

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678 F. Kriiger.

und damit wieder nahe auf den Y-ert des Wirbelabstandes der frei pendelnden Lamelle gebracht wird, da0 in der Mitte zwischen dem Wirbel an der Schneide und dem Spalt ein neuer Spaltwirbel auftritt, SO da6 jetzt I = af wird undsomit

N = - . it. Die Tonhohe ist damit plotzlich urn eine Oktave gesprungen. I n UPereinstimmung mit dieser Resonanztheorie des Oktavensprunges steht die Tatsache, daB der Schneidenton nach dem Oktavensprunge erheblich lauter ist als vor dem- selben, eben wegen der besseren Resonanz mit dem Spaltton, und mit wachsendem Schnkidenabstand und sinkender Tonhahe stetig in seiner Intensitat abnimmt. Mit zunehmendem Schneiden- abstand tritt dann wiedor eine ..erzwungene" VergroBerung des Wirbelabstandes und damit umgekehrt proportional ein Sinken der Tonhohe ein. Wegen der erwahnten starken Dampfung der Eigenschwingung der frei ausstromenden Lamelle und der damit verbundenen flachen Resonanzkurve findet trber ein teil- weises Uberdecken der Ychwingungsintervalle I und II statt; d. h. es gibt gewisse Werte des Schneidenabstandes, in denen sowohl der Orundton wie seine Oktave auftreten, dies Inter- vall des Schneidenabstandes erstreckte sich z. B. bei einem Versuch von R. H. Go l l e r (a. a. 0.) von 0,554 bis 0,616 cm (Spaltdicke D : 1 mm). Man erhalt den einen oder den anderen Ton, je nachdem mail die Tonhohe durch VelgroBerung im I. Intervall oder durch Verkleinerung des Schneidenabstandes irn 11. Interval1 andert. Dieser Oktavensprung wird sich wieder- holen. SO oft ein ganzzahliger Bruchteil des Schneidenabstandes angenahert gleich dem Wirbelabstand bei der frei ausstromenden Lamelle geworden ist. Die Erklarung der Oktavenspriinge er- gibt sich hier also als unmittelbnre Konsequenz der theore- tischen Grundvorstellungen.

ES ist hiernach ferner verstilndlich, weshalb der Schneided- abstand nicht unter einen gewissen Minimalwert I , , sinken d d , damit noch ein Ton entstehen kann. Der natiirlicbe Wirbel- abstand der frei ausstrijmenden Lamelle E6 t sich eben durch den Zwang der regulierenden Wirkung der Stauung der Schneide nicht unter einen gewissen Wert herabdrticken, d a m verssgt die Wirbelbilclung. Wie Versuche von Gol le r (a. a. 0.) lehren,

2

f .. \

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"heorie der Schneidentone. 879

ist diese untere Grenze des Scheideaabstandes etwa gleich dem halben Abstand zweier mfeinander folgender Wirbel mit gleichem Drehungssinn bei der frei ausstromenden Lamelle, also etwa f,' = y ' i fiir einen Spalt von der Breite 1 mm findet Gol le r

namlich diesen Minimalwert zu 2,86 mm, wiihrendT = - 4,9 U

= 2,45mm ist. Aus den Vereuchen von J. R i e t h ergibt aich jedoch, da% der Minimalabstand f I , fiir den Beginn der Ton- entatehung naher bei I , dem Wirbelabstand der frei aus- striimendeii Lamelle selbst liegt. Wegen der Staunngsriick- wirkung der Schneide kann der fiir die Ausbildung der ersten Wirbel erforderliche Raum bei der freien Lamelle nur ein an- genahertes MaS fur dep f b die Wirbelbildung erforderlichen Minimalraum bei den Schneidenttinen bilden.

wiirde sich nun sogleich die f

Abhhgigkeit der Tonhohe N der Schneideotone oder der h e - quenz der Wirbelablosung von der Stromungsgesohwindigkeit U ergeben, wenn die Beziehung z wischen der Wirbelgeschwindig- keit II und der Stromungsgeschwindigkeit U bekannt ware. Fur die Wirbelablosung hinter stabformigen Rindernissen ist nach den Beobachtungen von Bbnard ' ) und nach den theoretischen

Betrachtungen von v. KArmhn2) das Verhaltnis = a-eine Konstante; dasselbe gilt mit einem etwas anderen Wert der Konstanten fiir die Wirbelbildnng an Spa1ten.Y) Es erscheint

daher berechtigt, die Konstanz des Verhaltnisses auch hie: fur die Scbneidentone anzunehmen; die unten folgenden direkten Messungen von u und U werden diese Annahme experimentell besthtigen. Wir setzen daher u t a'. U. So ergibt sich fiir die F'requenz der Schneidentbne

1 1

Aus der Gleichung N m

U

oder

1) A. BBnard, Compt. Rend, 147. S. 899. 1908. 2) Th. v. KArmAn, GGttinger Nachricht. S. 541. 1912; Th. v. KBr-

31 F. Kri iger u. E. Schmidtke , Ann. d. Phys. 60. S. 701. 1920. mAn u. A. Rubech, Phys.Zeitschr. 11. S.49. 1912.

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680 I? Kriiger.

Diese Konstsnte a' hat also physikalisch die Bedeutung des Verhaltnisses der Wirbelgeschwindigkeit zur Stromungs- geschwindigkeit, sie ist nach den Beobachtungen ungefilhr gleich 0,4. Der genaue Wert 0,50, wie ihn die Konigsche Theorie verlangt, ist hiernach fur die Konstante a' jedenfalls nicht zu erwarten.

I m zweiteo Interval1 ist analog

entsprechend ergibt sich fur das dritte Intervall zf = a' usw.

ober den Wert der Konstanten a' = -$ la& sich theore- tisch zurzeit nichts irgendwie Sicheres voraussagen. Experi- mentell findet sich ein Wert, der etwa bei 0,4 liegt; er ist ungefahr das Doppelte des entsprechenden Wertes, der bei freier Stromung an einer Platte zu 0,20, an einem Stabe zu 0,14, an einem Spalt zu 0,23 bestimmt ist. D a d man die

3u

1 v. KBrmAnsche Formel I / = (I = Wirbelstiirke), aucb

hier heranziehen, so liegt die Deutung nahe, daS die Ver- doppelung von fi durch eine Verminderung des. 1 auf seinen

hslben Wert verursacht wird. 1)enn infolge der geschilderten Neubildung von Wirbeln am Keil wird die Gesamtzahl der Wirbel pro Langeneinheit verdoppelt. Ubrigens betriZgt in der noch nicht aufgerollten Grenzschicht, in welcher sich ein kon- tinuierliches System linearer Elementarwirbel mit der Geschwin- digkeit u fortbewegt, der Wert von rj 0,5.

I v-i

U

U

Von der Veranderung des W irbelabstandes durch Ande- rung des Schneidenabstandes darf jedoch das Verhaltnis 2- U nicht abhhngen, wenn man annehmen darf, dab bei sonst un- geanderten Verhaltnissen pro Langeneinheit der Trennungs- fiiiche der Lamelle und ruhender Fliissigkeit dieselbe Wirbel- e tkke gebildet wird. Dann wachst eben die Wirbelstarke 1" in demselben Verhaltnis wie der Wirbelabstand 2, und die Ge-

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Theorie der Schneidentone. 68 1

r I V S

schwindigkeit des Wirbelsystems u = - -- bleibt konstant, also

auch das Verhaltnis $. Die Messungen, die natiirlich auch hier letzten Endes allein entscheidend sein konnen, beetatigen in der Tat die Unabhiingigkeit dee Verhilltnisses von dem

Wirbelabstand 1 bei den Schneidentonen. Dies gilt auch noch, wenn bei dem Oktavensprung pli5tzlich pro Langeneinheit doppelt so vie1 Wirbel gebildet werden. Dann bleibt das Ver-

haltnis konstant. da mit dem Wirbelabstand 1 auch die Wirbelstiirke I' auf die H&lfte sinkt, so da6 wieder die Kirbel-

.Z' und damit das Verhaltnis -; kon- geschwindigkeit u =

stant bleibt. Dieee Konstanz des Verhlltnisees beim Oktaven- sprung, aho beim Ubergang vom I. in das 11. Interyall ist auch durch direkte , unten wiedergegebene Messuagen fest- gestellt.

Die Richtigkeit dieser Theorie ist zuerst durch den Nach- weis zu erbringen, daS im 1. Interval1 der Wirbelabstand gleich dem Schneidenabstand, im zweiten gleich der Halfte des Schneidenabstandes ist usw. Es wurden zu diesem Zweck mit dem in der Arbeit von E. Schmid tke beschriebenen Stro- mungsapparat neue Aufnahmen gemacht, urn recht deutliche Wirbelbilder des Vorganges zu erhalteu. Nach mehrfachen Versuchen gelang es, gegenliber den fruheren wesentlich schonere Wirbelbilder zu erhalten dadurch, daS zunachst statt Lyko- podiumpulver gewohnliche, nicht entfettete, also auf der Ober- t lbhe schwimmende Aluminiumbronze verwandt wurde. Ferner wurde das Wasser mit Kaliumpermanganat tief rot gefiirbt ; a d diesem dunklen Untergrund hebt sich das glinzende Alu- miniumpulver leichter ab' und h 6 t die Wirbel mit groSer Deutlichkeit hervortreten. Man streut das Pulver entweder in den Ausstromungskasten oder in die Nilhe des Spaltes in das Wasser im groSen Reservoir, es braucht dann lange Zeit nicht erneuert zu werden. Der Spalt und der Keil wurden dann soweit abgeschnitten, da6 sie nur wenige Millimeter aus dem Wasser herausragten, so da6 ihre Umrisee in der Photo- graphic sehr scharf wurden. Eine so far das 1. Interval1 er-

l f i

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682 li: Kniger.

haltene Photographie, die mit deln gleichen Apparat in der- selben Weise durch Belichtung mit Blitzlichtpulver in der Arbeit von E S c h m i d t k e aufgenommen wurde, zeigt Fig. 1 (vgl. Taf. I).

Man sieht auf beiden Seiten des Keils, der einen Winkel von 52O und eine Seitenlange von 7 cm hat, je drei Wirbel. Der Abstand je zweier dieser Wirbel ist gleich 13,8, 13,1, 11,5 und (10,l) mm, im Mittel also, wenn man den letzten oiTenbar infolge einer Stiirung herausfalleqden Wert fortla&, gleich 12,s mm. Der Schneidenabstand der Figur ist gleich 13 mm; also ist in der Tat recht genau der Wirbelabstand gleich dem Schneidenabstand. Die erst an der Schneide ge- bildeten neuen Wirbel sind in der Figur kaum zu sehen, sie sind, wie schon erwiihnt. natiirlich durch die Reibung an der Wand stark gedampft. Man kann sie jedoch bei direkter Beobachtung mit dem Auge gut erkennen, wenn man die Fliissigkeit mit groBer Geschwindigkeit ausstramen la& so dab starke Wirbelbildung auftritt ; fiir die Photographie ist aber solche schnelle Stromung weniger geeignet.

Fig. 2 und 3 (vgl. Taf. 1) zeigen die analogen Aufnahmen fiir das 11. Strornungsintervall. Man sieht, besonders gut bei der direkten Beobachtung mit dem Auge, aber auch recht gut auf der Aufuahme 2, daB hier ein Wirbel schon in der Mitte zwischen Spalt und Schneide vorhanden iet. Die Wirbel er- halten sich riicht lange, doch sind auf jeder der beiden Auf- nahmen wenigstens zwei tleutlich erkennbar , deren Abstand gelnessen werden liann. EY ergibt .sich so fur den Wirbel- abstand nuf der Fig. 2 (vgl. Taf. I) der Wert 10 mm, auf der Fig. 3 (vgl. Taf. I) der Wert 9,2 mm, im Mittel also 9,6 mm. Der Schneidenabstand betriigt 20 mm. Hier ist also in der Tat der Wirbelabstand sehr nahe glaich dem halben Schneiden- abstand.

Zur weiteren Besttltigun:! der Theorie mussen nun die oben abgeleiteten Beziehungen zwischen der Wirbelfrequenz (Tonhiihe) N, dern Schneidenabstand f und der Wirbelgeschwin- digkeit 71 bzw. der Stromungsgeschwindigkeit U abgeleiteten Beziehungen gepriift werden; d. h. also, die Gleichungen N . f = u

1 V . f I u und -- = a = - c [. .

Page 12: Theorie der Schneidentöne

l'heorie der Schneidentihe. 683

Zur Messung der in diesen Gleichungen vorkommenden QroBen diente die schon von E. S c h m i d t k e benutzte und be- schriebene Apparatur. Die Pendelungsfrequenz N der Fliissig- keitslamelle wurde mit der Stoppuhr gemeesen, indem etwa sechsmal oder ofters die Zeit fur 20 Pendelungen bestimmt wurde. Zur Messung der Wirbelgeschwindigkeit u waren an der einen Seite des als Schneide dienenden Keils iiber der Wasser- oberfltiche fn etwa 1 cm Abstand voneinander zwei Drtihte be- festigt, fiber. die quer in Abstanden von je 1 cm diinne Drahte gelotet waren. Dann wurde die Zeit, bei diesem Versuch zu- nachst mit der Stoppuhr, gemessen, die ein Wirbel zum Durch- laufen der durch diese Querdrahte fixierten Strecke von 5 cm gebrauchte. Die Spaltbreite des wie bei Schmid tke aus zwei Blechen unter einer Neigung von 70° bestehenden Spaltes be- trug 1,9 mm; der hier benutzte Eeil hatte, wie schon erwahnt, einen Winkel von 52O und eine Seitenlange von 7 cm.

Die Stromungsgeschwindigkeit wurde zunachst wie bei E;. Schmid tke indirekt bestimmt, indem die Geschwindigkeit U im Ausstromungskasten gemessen wurde, au8 der sich durch Multiplikation mit dem Verhaltnis der Kastenbreite zur Spalt- breite die Ausetromungsgeschwindigkeit U im Spalt selbst be- rechnet. Es war jedoch sehr schwierig und unsicher, u' durch Messen der Geschwindigkeit suspendierter Aluminiumteilchen zu bestimmen, da diese Teilchen doch ziemlich schnell zu Boden sanken. Messungen an auf der Flussigkeitsoberflache schwimmenden Teilchen etwa von Lykopodium oder nicht ent- fettetem Alumiiiiumpulver waren, wie schon S c h m i d t k e be- tont, ganz unmoglich, da die Oberfliichenschicht in dem Kasten bisweilen vollig stagniert. Es wurden daher besondere Schwim- mer konstruiert, zunachst aus einer kleinen Qluhlampe, wie sie fur Taschenlampenbatterien dienen, dann aus einer groBeren geblasenen Glaskugel von etwa 2 cm Durchmesser. Sie wurden durch unten angehiingte Qewichte Bus diinnen Draht beschwert, so da6 sie moglichst ganz unter Wasser schwammen. Es ge- lang jedoch bei der geringen Wassertiefe von etwa 7 cm nicht, sie gerade ganz unter Wasser zum Schwimmen zu bringen. Um aber den storenden Einflu6 der Wasseroberflache auf ein Minimum zu bringen, wurden auf der oberen Seite der Schwim- mer ganz diinne Driihte von 0,l mm Durchmesser und etwa

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684 F. Kriiger.

1 cm Lange befestigt; diese berlihrten dann mit ihrer Spitze eben die Wasseroberflache und hielten den Schwimmer selbst in stabiler Lage ganz unter Wasser. So wurde aus 19 Einzel- messungen der Zeit die der Schwimmer gebrauchte urn 2, bzw. 1 cm zurtickzulegen, das Mittel genommen. Es ergab sich U' = 11,7 cm/sec fur die Stromungsgeschwindigkeit i m Kasten.

Durch Mnltiplikation mit :r;: , dem Verhaltnis der Kastenbreite zur Spaltbreite, ergab sich hieraus die Ausstromungsgeschwin- digkeit im Spalt zu U = 5,80 cmlsec. Beim Schneidenabstand f ' = 2,2 cm ergab sich die Pendelungsfrequenz zu N = 1,075. Das Produkt aus Pendelungsfrequenz ma1 Schneidenabstand betragt hier also AT. f ' = 2,37. Fiir die Wirbelgeschwindig- keit ergab sich als Mittel aus 43 Einzelmessungen der Wert 2,41 cmlsec. Die oben abgeleitete Beziehung N - f ' = u ist hier in der Tat gut erfullt. Aus dem eben angegebenen Werte von U belschnet sich

N f

1

-- 77 - a = 0,41.

Die Konstante a' ist nun in der Tat gleich dem Verhlltnis der Wirbelgeschwindigkeit zur Stromungsgeschwindigkeit, denn hier- f i r berechnet sich in sehr guter Ubereinstimmung &o = 0,42.

Diese Gleichung muB natiirlich erfullt sein, da j a schon die vorhergehende Gleichung N . f ' = u durch die Versuche be- statigt ist.

stimmt nun zwar gut mit dem von 0611er (a. a. 0.) erhaltenh, der als Mittel von funf bei verschiedenen Schneidenabstlnden ge- fundenen Zahlen den Wert 0,42 angibt, weniger gut jedoch mit den Zahlen von J. Rie th , der als Mittelwert 0,50 findet, und mit den an der Wasserlamelle erhaltenen Zahlen von Schmid tke , der im Mittelauch etwa 0,60 erhielt. Um nun meine Beobacbtungen mit denen Schmid tkes besser ver- gleichen zu konnen, wurde der von letzterem benutzte Keil von 3,'l cm Seitenlange und einem Schneidenwinkel von 52 O anstelle des oben benutzten eingesetzt. Da ferner bei den Sprtlttonen die Proportionalitat der Tonhahe mit der Ausstramungsgeschwin- digkeit nur fiir nicht zu enge Spdten gilt, so wurde die Spalt-

2 41

Der hier gefundene Wert 0,41 fur den Ausdruck

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Ttieorie der Schneidentone. 685

breite aus Vorsicht auf 1 mm erweitert. SchlieSlich wurde die Messung der Wirbelgeschwindigkeit erhoht, indem statt der einfachen Stoppuhr zur Messung der Zeiten ein Chronograph benutzt wurde. Dieser') war eine Kopie dea nach den An- gaben von A. v. Brunna ) fur die Sternwarte der Naturforschen- den Geselkchaft in Danzig konstruierten. Bei der angewandten Belastung von 50 kg betrug die vom Papierstreifen wlihrend einer Sekunde durchlaufene Strecke 2,55 cm. Bei den hier zu messenden Zeiten von etwa 0,3 Sekunden wilre eine Stopp- uhr ganz unzureichend gewesen, wlihrend die Messung mit Hilfe des Chronographen gut gelang.

Vor allem wurde aber auch noch die Genauigkeit der Messung der Ausstromungsgeschwindigkeit U erhoht. Dies ge- qchah einfach in der Weise, da0 die aus dem Bassin pro Se- kunde auafliebende Wasaermenge gemessen wurde. In der Regel wurde die in 15 Sekunden ausfliebende Menge mit einem MeBzylinder gemessen. So lieb sich die AusfluSgeschwindig- keit genau und sicher bestimmen ohne die Bedenken, denen die oben geschilderte indirekte Methode immerhin noch aus- gesetzt ist. Eswrgab sich, da6 die mit dem oben beschriebenen grofien Schwimmer bei sehr sorgfiiltigem Messen erhaltenen Werte mit den sichereren aus der AusfluSmenge bestimmten in hinreichender tfbereinstimmung wrtren.

So ergab sich in dem folgenden Versuch die Ausfld- menge zu

280 cm3 273 ,I

275 1,

270 1,

275 11

im Mittel also zu 274,ti cmy. Da die Spaltbreite 0,40 cm und die Wasserhohe im Spalt 6,5 cm betrug, so ergibt aich

274'6 = 7,04 cmlsec. a= 15 6,5 - 0,40

1) FIir die liebenewtirdige Oberlaesung des Chronographen epreche ich Hm. Prof. Dr. Eggert auch an dieeer Stelle meinen verbindlichsten Dank Bus.

2) A. v. Brunn, Schriften der Naturforsch. Gee. en Danzig, N. F. 12 4. Heft. 1910.

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686 F. K ~ i i y t ~ .

Die Messung nach der indirekten Methode mit dem Schwimmer ergab in diesem Fall 7;26 cm/sec; es sol1 jedoch hier mit dem sichereren ersten We$e gerechnet werden. In der Regel waren die nach &r*+direkten Methode mit Hilfe eines Schwimmers bestimmten. Werte zu klein.

Zuniichst wurde nun die Konstanz des Produktes N . f bei verscbiedenen Schneidenabsttinden f' gepriift ; die Pendelungs- frequenz N wurde wie oben aus der Zeit fiir 20 Pendelungen bestimmt. So ergab sich die folgende Tabelle.

1135 cm 1192 2,6 0137 1,50 71 1,82 2,7 ' 0,39 1590 1 , 1,40 2,66 I 0138

Das Produkt N f ' ist also in der Tat gut konstant. Es ist das vor allem ein sicheres Kriterium dafiir, dab keine Eigen- schwingung des Wassers im Bassin storend eingewirkt hat, eine Storung, auf die schon E. Schmid tke in dem zuerst von ihm benutzten GefaBe gestof3en war, die ich aber auch i n dem in den spilteren Versuchen von Schmid tke und hier benutzten gro8em Bassin gelegentlich wiederfand, wenn gerade die Aus- stromungsgeschwindigkeit U ungliicklich gewahlt war. In solchem Falle war die Pendelungsfrequenz weitgehend unabhtingig vom Schneidenabstand; man erkennt diesen Zustand leicht daran, da8 dann in dem ganzen Bassin die Wassermasse in deutlicher Schwingung, wenn auch nur mit kleiner Amplitude begriffen ist, was man an den auf der Oberfliiche schwimmenden Kon- glomeraten von Aluminiumpulver leicht konstatiert. Diese Re- sonanz entspricht also ganz der Resonanzwirkung der Pfeifen- rohre, deren Wirkung schon von R. W a c h s m u t h (a. a. 0.) eingehend auseinandergesetzt ist.

Die Wirbelgeschwindigkeit u wurde hier gemessen, indem mit dem Chronographen die Zeit beetimmt wurde, in der die Wirbel den Weg von 1 cm zuriicklegten; die Wirbel warm bei

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Il'heorie der Scfineidentone. 687

Verwendung des kurzen Keiles nicht gut auf langeren Strecken zu beobachten. Die Messungen waren infolgedessen recht schwierig und anstrengend. Es wurden so fiir die Zeiten, die ein Wirbel xum Durchlaufeu einer Strecke gebrauchte, folgende Werte erhalten :

0,36 0,32 0,24 0,26 0,34 0,42 0,42 0,30

0,42

0,30 0,36 0,32 0,30 0,40

O,S6 0,32 0,31 0,32 0,38 0,29 0,32 0,32

I

Das Mittel aus diesen Zahlen ist 0,336, folglich wird 1 CUl

0,336 Bec z -- = 2,94 ~- .

Dieser Wert stimmt mit dem Mittelwert 2,65 aus den obigen Werten fiir N . f in Anbetracht der Schwierigkeit der Be- stimmung von u hinreichend iiberein.

Der natlirliche Wirbelabstand bei frei ausstromender La- melle ohne gegeniibei-stehende Schneide, d= ja gleich dem 4,gfachen der Spaltbreite (0,19 cm) ist, wlire also hier gleich 0,93 cm; die resonanaartige Wirkung der Stauung an der Schneide hat also den Wirbelabsttwd his auf 1,9 cm, also auf mehr als das Doppelte vergr86ert. Bei einer geringeren weiteren VergroBerung des Schneidenabstandes tritt deshalb der Oktaven- sprung und damit die Verringerung des Wirbelabstandes auf die Hklfte ein; nach dem unten angegebenen Versuch ist dies bei einem Schneidenabstand von 2,4 cm bereits eingetreten. Da- durch wird der erzwungene Wirbelabstand, der dann 1,2 cm betragt, dem natilrlichen Wirbelabstand von 0,93 cm in der Tat stark genahert, der ,,Zwang" wird also durch den Oktaven- sprung stark herabgesetzt.

Durch VergroSerung des Schneidenabstandes wurde nun- das zweite Schwingungsintervall erhalten, in dem, wie oben auseinandergesetzt, der Wirbelabstand gleich dem halben Schneidenabstand ist. Es ist dies also der Zustand nach dem ersten Oktavensprung oder der Verdoppelung der Pendelungs- frequenz. Hier, ergaben sich folgende Werte:

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688 .b'. Kriiger.

Tabe l l e 2.

W a f - N - f U

f 1 N

2,4 cm 2,40 1 5,76 0,82

hat also den Wert 0,41, stimmt 1 s . 1 Der Ausdruck 3- . __

also' mit den fuicritts erste Intervall gefundenen Weiten f ~ r N f / U gut iiberein.

1.

Fur dies Intervall muB nach dem obigen U 1 N = - oder 71 = - A T . f f 2 2 -

sein.. Fur 21 ergab sich a19 Mittel aus 12 Einzelniessungen der

Wert 3,02, der init + N f '= 2,88 hinreichend fibereinstimmt Das Verhaltnis u/U ist also in der Tat im zweiten Intervall dasselbe wie im ersten.

Der hier wie in den Schmidtkeschen Messungen benutzte Spalt unterscheidet sich von den in den akustischen Persuchen von Gol le r und R i e t h benutzten dadurch, daf3 hier dunne dpaltwande unter einem Winkel von 70° aufeinander treffen,

wiihrend dort ein mehrere Zenti- meter tiefer Spalt aus parallelen Wanden benutzt wurde. Um zu sehen , ob hierdurch vielleicht eine Verknderung der Konstante N . f 7 Ubedingt sein kbnte , seidte ich in den bisherigen Spalt einen ebenfalls ails 'la mm dickem Blech

bestehenden, 3,9 cm langen und 0,3 cm breiten Spalt ein, so da6 nun der Spalt die Form der Fig. 4 besab.

Bei dem hiermit angestellten Versuche ergab sich ale Mittel fur die in 15 Sekunden ausgeflossene Waseermenge 270 cm3; daraus berechnet sich, da die Wasserhahe in dem 0,s cm breiten Spalte 6.55 cni betrug, die Ausstromungsgeschwin- ndigkeit zu

1 1 Fig. 4.

cm - - - 9,23 - * 210 11 = 15 6,35 0,W Be(:

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'I'heorie der Schneidentiine. 689

Die bei dieser Stromungsgeschwindigkeit bei z wei ver- schiedenen Schneidenabstinden f * erhaltenen Werte fiir N, N . f und i \ - . f lU im ersten Pendelungsintervall sind in der folgenden Tab. 3 wiedergegeben.

Tabe l l e 3. ~

f !

1,60 cm 2,SO 3968 1 y; 1,85 ,, 1 1190 , 3,52

Also auch hier ergibt sich fur den Aiisdruck A i . f l U wieder nahezu der X e r t 0,40, die Form der Austrittsoffnung der La- melle hat also offenbar recht wenig Einflu6 auf den Wert dieser Konstanten. Der Giiher von Schmid tke an Fllissigkeits- lamellen gefundene Wert 0,50 ist jedenfalls zu groB, die Ab- weichung diirfte in der sehr schwierigen und nicht sehr zu- verlissigen indirekten Bestimmung der AusfiuBgeschwindigkeit 17 mit Hilfe suspendierter Aluminiumteilchen begrtindet sein. Hier- nach ware auch wohl fir die akustisch bestimmten Werte des Ausdrucks N . f / U anzunehmen, da6 der von Gol le r gefundene Wert 0,42 richtiger ist, als der spater von R i e t h gefundene Werth 0,50.

Die von Gol le r sowohl wie von R i e t h gefundene geringe Zunahme des Ausdrucks N . f l U . i, worin fur i jeweils die Zahl des betreffenden Intervalls einzusetzen ist, durfte wohl in den hoheren Intervallen nach R ie th durch die Abnahme der Stroplungsgeschwindigkeit infolge des Energieverlustes durch Reibung zu erkliiren sein.

Die hier gegebene Wirbeltheorie der Schneidentine wird also durch die ,Versuche durchaus bestatigt.

Uber den Zusammenhang der Schneidentone mit den Pfeifentonen l i B t sich kurz noch folgendes sagen: Durch ein angesetztes Resonanzrohr werden die Schneidentone zu Pfeifen- tonen. Bei ihnen regelt, wie das R. W a c h s m u t h (a. 0.) ein- gehend und klar dargelegt hat, die Eigenfrequenz des Resonanz- rohres in weiten Grenzen die Prequenz des Schneidentones. Der Vorgang der Schwingungserregung in einer Pfeife entspricht also einem doppelt gekoppelten Systeme, bei dem zunachst die

Annalen der Phyaik. 1V. Folge. 62. 46

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690 F. Kruqer, Theorie dcr Schneidentone.

Frequenz der Spalttone d m h den Schneidenabstand bzw. die Manlweite, die Frequenz der Schneidenthe wiederum durch den Ein%u% des Pfeifenrohres resonanzartig beein%uSt wird. Beiden Resonanzvorgangen aind Grenzen gezogen, au0erhalb deren das Mitschwingen versagt. Zu einem maximalen hfit- schwingen bzw. Ansprechen der Pfeife musen also Spaltbreite, Maulweite und Resonanzrohr anfeinander abgeetimmt sein; Immer aber ist zu berlicksichtigen, daS wegen der starken Dampfung weder der erate, noch der zweite resonanzartige Schwingungsvorgang eine genaue Abstimmung enfordert , dafl vielmehr die zuliissigen Grenzen, innerhalb deren noch ein Mitschwingen stattfir '.& sehr weite sind.

Der Vorgang der Schwingungserregung in Pfeifen kann hiernsch wohl im wesentlichen ale aufgekllrt betrachtet werden.

Danz ig -Langfuhr , Physik. Inetitut d. Techn. Rochschule.

(Eingegangen 5. Jsnusr 1920.)