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Technische Universität Dortmund Sommersemester 2016 Seminar Förderschwerpunkt körperli- che und motorische Entwicklung: Begleitveranstaltung Praxissemester Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester Eingereicht von: Annika Lühn Erarbeitet im: 2. Semester Praktikumsschule: XXX Praktikumszeitraum: XXX Studiengang: Master Lehramt für sonderpädagogische Förderung Abgabedatum: XXX

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Page 1: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

Technische Universität Dortmund

Sommersemester 2016

Seminar Förderschwerpunkt körperli-

che und motorische Entwicklung:

Begleitveranstaltung Praxissemester

Theorie-Praxis-Bericht

im Praxissemester

Eingereicht von: Annika Lühn

Erarbeitet im: 2. Semester

Praktikumsschule: XXX

Praktikumszeitraum: XXX

Studiengang: Master Lehramt für sonderpädagogische Förderung

Abgabedatum: XXX

Page 2: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

Inhaltsverzeichnis II

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis .............................................................................................................. II

I Rahmende Einleitung .................................................................................................... 4

III Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung:

Unterrichtsvorhaben ........................................................................................................ 7

Inhaltsverzeichnis .............................................................................................................. 7

1 Einleitung ........................................................................................................................ 9

2 Planung und Durchführung des Unterrichtsvorhabens .................................................. 10

3 Themenwahl und Begründung ...................................................................................... 11

4 Begründung der Unterrichtseinheit ................................................................................ 12

5 Beschreibung der Planung ............................................................................................ 13

5.1 Lernausgangslage ................................................................................................. 13

5.2 Sachanalyse und didaktische Reduktion ............................................................... 15

6 Didaktisches Modell ...................................................................................................... 16

7 Geplanter Stundenverlauf ............................................................................................. 19

8 Tatsächlicher Stundenverlauf ........................................................................................ 21

9 Reflexion der Unterrichtseinheit .................................................................................... 21

10 Reflexion des Unterrichtsvorhabens............................................................................ 22

11 Reflexion der Erfahrungen im Praxissemester ............................................................ 23

V Rahmende Gesamtreflexion ...................................................................................... 25

VI Literaturverzeichnis .................................................................................................. IV

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Inhaltsverzeichnis III

Rahmende Einleitung....................................................................................................... IV

Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichtsvorhaben ......... IV

Rahmende Gesamtreflexion ............................................................................................. V

VII Tabellenverzeichnis ................................................................................................ VII

Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichtsvorhaben ........ VII

VIII Anhang ................................................................................................................... VIII

Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichtsvorhaben ....... VIII

Page 4: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

I Rahmende Einleitung 4

I Rahmende Einleitung

Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-

schrieben und analysiert werden sollen, wurde an XXX-Schule, einer Förderschule mit

dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung in XXX absolviert. Die

Schule wird mit 64 Lehrkräften, drei Referendar_innen, zehn Freiwilligendienstleistenden

sowie Krankenpfleger_innen und Therapeut_innen ihrem Anspruch gerecht „ein Ort [zu]

sein, an dem alle Mitglieder der Schulgemeinschaft in ihrer Verschiedenartigkeit und Un-

terschiedlichkeit als wertvolle und einzigartige Menschen angenommen werden.“ (Schul-

programm XXX-Schule, 2013, 3)1, sodass eine optimale Förderung der rund 220 Schü-

ler_innen erfolgen kann. Die Schüler_innen werden in Jahrgangsstufen unterrichtet und

durchlaufen dabei die Primarstufe (Klasse E‒4), die Orientierungsstufe (Klasse 5‒7) und

die Abschlussstufe (Klasse 8‒10). Nach Beendigung der elfjährigen Schulpflicht haben

die Schüler_innen die Möglichkeit, einen Hauptschulabschluss zu absolvieren. Ein Groß-

teil der Schüler_innen der Helen-Keller-Schule wird nach den Bildungsgängen „Lernen“

und „Geistige Entwicklung“ beschult, sodass ihnen alternativ ein Abschluss des Bil-

dungsganges im jeweiligen Förderschwerpunkt angeboten wird. Die Bildungsgänge wer-

den ab der ersten Klasse jährlich überprüft und bieten somit die Basis für individuelle För-

derpläne, die sich je nach Bedarf an den Lehrplänen der Grundschule oder der anderen

Förderschulen orientieren (vgl. Schulprogramm XXX-Schule, 2013, 8).

Das Praxissemester ist eine Institution des Landes NRW, in dem „im Rahmen des univer-

sitären Masterstudiums Theorie und Praxis professionsorientiert“ (MSW NRW, 2010, 4)

miteinander verbunden werden, um die Studierenden auf die Praxisanforderungen der

Schule und des Vorbereitungsdienstes vorzubereiten (vgl. ebd.). Nach § 8 der Lehramts-

zugangsverordnung hat das Praxissemester die Ziele, dass die Studierenden (vgl. ebd.)

1. grundlegende Elemente schulischen Lehrens und Lernens auf der Basis von Fachwissen-schaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaften planen, durchführen und reflektieren,

2. Konzepte und Verfahren von Leistungsbeurteilung, pädagogischer Diagnostik und indivi-dueller Förderung anwenden und reflektieren,

3. den Erziehungsauftrag der Schule wahrnehmen und sich an der Umsetzung beteiligen, 4. theoriegeleitete Erkundungen im Handlungsfeld Schule planen, durchführen und auswer-

ten sowie aus Erfahrungen in der Praxis Fragestellungen an Theorien entwickeln und 5. ein eigenes professionelles Selbstkonzept entwickeln.

Das Praxissemester wurde im Vorfeld mit Vorbereitungsseminaren im Fach Mathematik

und dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung und in Bildungswis-

senschaften an der Universität angebahnt, sodass die Studierenden ihre Ziele und Anfor-

derungen für das Praxissemester klären konnten. Auch während des Praxissemesters

1 Die Zitation orientiert sich an dem Leitfaden zum wissenschaftlichen Arbeiten von Anne Pferdekämper-

Schmidt aus dem Fachgebiet Rehabilitationswissenschaften der TU Dortmund.

Page 5: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

I Rahmende Einleitung 5

bestand eine enge Begleitung durch die Universität in den Fächern und Bildungswissen-

schaften und den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL), in denen den Stu-

dierenden „wechselseitige Einblicke in Ausbildungsinhalte und -methoden“ (MSW 2010, 5)

gewährleistet wurden und beide Ausbildungsphasen – universitäre und schulpraktische –

miteinander verbunden werden konnten. Insbesondere die Universität vermittelte theorie-

geleitete Einblicke in den Schulalltag und die Herausforderungen der Unterrichtsvorberei-

tung. Um diese anfänglich maximalen Herausforderungen zu minimieren wurden Unter-

richtsstunden von ihrer ersten Planung bis zur tatsächlichen Durchführung im Seminar

simuliert und mit der entsprechenden Fachliteratur begründet, sodass die reale Planung,

Durchführung und Reflexion während des Praxissemesters erleichtert werden konnten.

Ich absolvierte mein Praxissemester in einem dritten Schulbesuchsjahr. Die Entscheidung

fiel dabei bewusst auf die Primarstufe, da insbesondere Schulanfänger mit Förderbedarf

im Bereich der körperlichen und motorischen Entwicklung unterschiedlichste Vorausset-

zungen mitbringen und enge individuelle Betreuung benötigen, sodass die universitär

vermittelten Theorien über individuelle Förderung und heterogene Lerngruppen praxisnah

überprüft werden konnten. Generell wurde mir die Helen-Keller-Schule von ehemaligen

Praxissemesterstudierenden und Lehramtsanwärter_innen empfohlen, da diese an der

XXX-Schule einen integralen Bestandteil des Schullebens darstellen und als eine Berei-

cherung angesehen werden. So wurde ich von Beginn an in das Kollegium integriert und

begleitete die Klasse während des fünfmonatigen Praxissemesters bei Ausflügen ins

Theater und auf eine dreitägige Klassenfahrt nach Essen-Kettwig. Zusätzlich nahm ich an

Primarstufen-, Schwerstbehinderten- und Gesamtkonferenzen sowie einem Fortbildungs-

tag zum Thema „Familienklassen“ teil.

Um die gewonnenen Einblicke und Erfahrungen während des Praxissemester zu spezifi-

zieren, soll im Folgenden zunächst das Studienprojekt dargestellt werden, in dem mittels

eines Beobachtungsbogens die Verwendung unterschiedlicher individueller Fördermaß-

nahmen aufgezeigt und in einer vergleichenden Analyse zur Brückenschule (BS) Maria

Veen in Reken faktorengeleitet dargestellt wird. Dabei wird sich insbesondere auf Hilbert

Meyers Kriterien guten Unterrichts (2010) und Annedore Prengels Pädagogik der Vielfalt

(2006) bezogen.

Der zweite Teil dieser Arbeit bezieht sich auf den förderschwerpunktspezifischen Aspekt.

Bei der Beschreibung des durchgeführten Unterrichtsvorhabens wird der Fokus auf die

förderspezifische Zielvorstellung gelegt. Das Vorhaben fand in der Schwerstbehinderten-

förderung statt und befasste sich mit der taktil-haptischen Diskriminationsfähigkeit warmer

und kalter Objekte, die eine Förderung der Körper- und Selbstwahrnehmung implizierte.

Dabei wurde sich insbesondere auf die Richtlinien für die Förderung schwerstbehinderter

Page 6: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

I Rahmende Einleitung 6

Schüler (2014) und Andreas Fröhlichs Ausführungen zur basalen Stimulation (2008) be-

zogen.

Im dritten Teil der Arbeit wird ein durchgeführtes Unterrichtsvorhaben in Mathematik vor-

gestellt. Das Vorhaben befasste sich mit dem Thema „Zahlenmauern“. In der dargestell-

ten Unterrichtseinheit haben die Schüler_innen mittels eines Zahlenmauerübungsheftes

eine Ausbildung zum Zahlenmaurer absolviert. Zentrale Literatur sind hierbei der Lehrplan

der Grundschule des Landes NRW (2008), sowie Selters (1997) und Steiners (2013) Aus-

führungen zu ergiebigen Aufgabenformaten.

Abschließend wird in einer rahmenden Gesamtreflexion das Praxissemester resümiert

und der Kompetenzzuwachs anhand der Lehrerkompetenzen beschrieben. Zusätzlich

werden Entwicklungspotenziale in den einzelnen Kompetenzen aufgezeigt.

Einen Einblick in die behandelte Literatur bieten die Studien- und Unterrichtsprojekte, de-

ren Literaturlisten sich nach Fächern sortiert auf Seite V bis XI befinden.

Page 7: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

III Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichtsvorhaben 7

III Förderschwerpunkt körperliche und motori-

sche Entwicklung: Unterrichtsvorhaben

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis .............................................................................................................. II

I Rahmende Einleitung .................................................................................................... 4

III Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung:

Unterrichtsvorhaben ........................................................................................................ 7

Inhaltsverzeichnis .............................................................................................................. 7

1 Einleitung ........................................................................................................................ 9

2 Planung und Durchführung des Unterrichtsvorhabens .................................................. 10

3 Themenwahl und Begründung ...................................................................................... 11

4 Begründung der Unterrichtseinheit ................................................................................ 12

5 Beschreibung der Planung ............................................................................................ 13

5.1 Lernausgangslage ................................................................................................. 13

5.2 Sachanalyse und didaktische Reduktion ............................................................... 15

6 Didaktisches Modell ...................................................................................................... 16

7 Geplanter Stundenverlauf ............................................................................................. 19

8 Tatsächlicher Stundenverlauf ........................................................................................ 21

9 Reflexion der Unterrichtseinheit .................................................................................... 21

10 Reflexion des Unterrichtsvorhabens............................................................................ 22

11 Reflexion der Erfahrungen im Praxissemester ............................................................ 23

V Rahmende Gesamtreflexion ...................................................................................... 25

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III Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichtsvorhaben 8

VI Literaturverzeichnis .................................................................................................. IV

Rahmende Einleitung....................................................................................................... IV

Förderschwerpunkt: körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichtsvorhaben ........ IV

Rahmende Gesamtreflexion ............................................................................................. V

VIII Tabellenverzeichnis ............................................................................................... VII

Förderschwerpunkt: körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichtsvorhaben ....... VII

IX Anhang ..................................................................................................................... VIII

Förderschwerpunkt: körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichtsvorhaben ...... VIII

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1 Einleitung 9

1 Einleitung

Das Praxissemester wurde an XXX-Schule in XXX, einer Förderschule mit dem Förder-

schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung, absolviert. Die sechs Schülerinnen

und vier Schüler der Praktikumsklasse XXX befanden sich zu diesem Zeitpunkt im dritten

Schulbesuchsjahr und waren zwischen sieben und neun Jahre alt. Unter den sechs Schü-

lerinnen befanden sich drei Schülerinnen, die aufgrund einer komplexen Beeinträchtigung

halbtags beschult wurden. Während ihres vierstündigen Schultages wurden sie von je

einer Integrationskraft bzw. einer Freiwilligendienstleistenden betreut. Die Klassenleitung

teilten sich seit der E-Klasse Herr W. und Frau B., die zusätzlich durch Frau M. im Fach-

unterricht Kunst unterstützt wurden, sodass eine permanente Doppelbesetzung gewähr-

leistet war.

Das im Vorbereitungsseminar geplante Unterrichtsvorhaben zum Thema „Wir erlernen

den Umgang mit Geld“ (siehe Anhang 12) konnte aufgrund des hohen Anteils an Schü-

ler_innen mit besonderem Unterstützungsbedarf nicht durchgeführt werden. Somit wurde

ein neues, an die Bedarfe der Lernenden der Klasse S3a angepasstes, Unterrichtsvorha-

ben konzipiert. Diese lagen nicht primär im Erlernen des Umgangs mit Geld, sondern

vielmehr in der Selbstwahrnehmung und -bestimmung. So stellte das durchgeführte Un-

terrichtsvorhaben „Wir werden Wärme- und Kälteforscher“ ein Angebot in der Schwerst-

behindertenförderung dar, die einmal wöchentlich von Frau W. für die drei komplex beein-

trächtigten Schülerinnen aus der S3a und die zwei komplex beeinträchtigten Schüler aus

der Parallelklasse im Raum für Schwerstbehindertenförderung („Schwebi-Raum“) vorbe-

reitet wurde. Während der Schwerstbehindertenförderung wurden alle Schüler_innen von

ihren Integrationskräften begleitet.

Der „Schwebi-Raum“ bietet viel Platz und ausreichend Materialien, wie Stillkissen, Matten,

Sitzsäcke und Keilkissen, um die Schüler_innen bequem zu lagern. Zusätzlich bietet ein

Baldachin die Möglichkeit, den Raum zu verkleinern und so eine angenehme Atmosphäre

auch für kleinere Gruppen zu schaffen (siehe Anhang 2). Weiter gibt es eine kleine Kü-

chenzeile mit Waschbecken, Mikrowelle und Wasserkocher sowie einen Schrank, in dem

Materialien thematisch sortiert (taktil-haptisch, olfaktorisch, gustatorisch, visuell, auditiv,

vestibulär, vibratorisch) aufbewahrt werden und für alle Lehrkräfte als Anregung für ihren

Unterricht dienen können.

Inhaltlich stand das Thema „Ich entscheide mich …“ in diesem Schulhalbjahr im Vorder-

grund. Dieses wurde in der von mir durchgeführten Unterrichtsreihe durch die Anbahnung

2 Alle weiteren Angaben zum Anhang beziehen sich auf die digitalen Formate der beigefügten CD (An-

hang_körperliche und motorische Entwicklung).

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2 Planung und Durchführung des Unterrichtsvorhabens 10

erster Präferenzbildung für Wärme oder Kälte aufgegriffen und mit dem Fach Sachunter-

richt inhaltlich verknüpft. In dieser Arbeit wird der förderspezifische Aspekt der Unterrichts-

reihe im Fokus stehen.

2 Planung und Durchführung des Unterrichtsvorhabens

Das Entwicklungsanliegen des Unterrichtsvorhabens mit dem Thema „Wir werden Wär-

me- und Kälteforscher“ liegt im Bereich der Wahrnehmung und lautet: „Die Schüler_innen

sollen ihre Fähigkeit erweitern, die Haut als Wahrnehmungsorgan zu erleben, indem sie

wechselnde Temperaturunterschiede bewusst wahrnehmen und erste Präferenzen bil-

den.“ Das fachliche Ziel des Unterrichtsvorhabens „Die Schüler_innen sollen Temperatur-

unterschiede wahrnehmen und vergleichen, indem sie verschiedene Wärme- und Kälte-

quellen erleben und sie nach angenehm und unangenehm unterscheiden.“ spielt im Wei-

teren eine sekundäre Rolle, da das Entwicklungsanliegen genauer betrachtet werden soll.

Im Folgenden werden die Entwicklungsanliegen und die Fachziele der einzelnen Einhei-

ten separat aufgeführt:

Tabelle 1: Aufbau des Unterrichtsvorhabens in tabellarischer Form

UNTERRICHTS-EINHEIT

THEMA ENTWICKLUNGSANLIEGEN FACHZIEL

1. U-Einheit (Orientierungs-stunde)

Wir fühlen Wärme und Kälte

Die SuS sollen Besonderhei-ten von Gegenständen erfah-ren, indem sie Gegenstände mit gegensätzlicher Tempera-tur ergreifen.

Die SuS sollen Materia-lien und deren Eigen-schaften (Temperatur) vergleichen und unter-suchen, indem sie Ähn-lichkeiten und Unter-schiede erfahren.

2. U-Einheit Das mag ich am liebsten – das mag ich gar nicht

Die SuS sollen beim wieder-holten wechselnden Ergreifen von Gegenständen gegensätz-licher Temperatur (aus U-Einheit 1) erste Präferenzen für bestimmte Temperaturen bilden, indem sie durch Signa-le zu erkennen geben, welche sie bevorzugen.

Die SuS sollen Materia-lien und deren Eigen-schaften (Temperatur) wahrnehmen und ver-gleichen, indem sie Ähnlichkeiten und Un-terschiede erfahren sowie sie nach ange-nehm und unangenehm unterscheiden.

3. U-Einheit Wir erle-ben war-mes und kaltes Essen

Die SuS sollen durch die wechselnde Aufnahme warmer und kalter Speisen Tempera-turunterschiede oral bewusst erfahren und erste Präferen-zen bilden, indem sie durch Signale zu erkennen geben, welche sie bevorzugen.

Die SuS sollen die Be-deutung der eigenen Sinne erfahren, indem sie angenehme und unangenehme Tempe-ratureigenschaften oral entdecken.

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3 Themenwahl und Begründung 11

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll die dritte Unterrichtseinheit mit dem Thema „Wir

erleben warmes und kaltes Essen“ genauer betrachtet werden.

3 Themenwahl und Begründung

Forschungsergebnisse der Neurowissenschaften zeigen, dass es für die psychische und

körperliche Entwicklung eines Individuums von grundlegender Bedeutung ist, seinen Kör-

per als Reaktions- und Ausdrucksorgan sowie als Wahrnehmungs- und Kommunikations-

organ zu erfahren (vgl. Büker, 2014, 15, 91). Diese empirischen Belege verdeutlichen die

Relevanz der durchgeführten Unterrichtseinheit, da sie konstatieren, dass Störungen in

der Körperwahrnehmung weitreichende Folgen für das Erlernen weiterer Fähigkeiten ha-

ben können (ebd.). Diesen Störungen früh entgegenzuwirken, war Hauptziel der durchge-

führten Unterrichtseinheit, indem die Schüler_innen ihren Körper als Reaktions- und Aus-

drucks- sowie Wahrnehmungs- und Kommunikationsorgan erlebten. So sollten sie insbe-

sondere ihre taktil-haptische Sinneswahrnehmung schulen und ihre Körperwahrnehmung

ausbauen. Dafür bietet sich insbesondere das von Andreas Fröhlich entwickelte Konzept

der Basalen Stimulation an (vgl. Kapitel 6). Dabei wird der Versuch unternommen, dem

betreffenden Menschen „durch einfachste, gewissermaßen „voraussetzungslose“ sensori-

sche Angebote […] zu helfen, sich selbst und den eigenen Körper zu entdecken.“ (Fröh-

lich, 2008, 178).

Darüber hinaus werden schwerstbehinderte Menschen in ihrem Alltag häufig in ihrer

Selbstbestimmung eingeschränkt, sodass insbesondere Ausdrücken des Miss- und Gefal-

lens von Situationen, Personen oder Objekten nicht ernsthaft nachgegangen wird. „Ihre

Art zu Verweigern wird nicht als Ausdruck von Willen und Selbstbestimmung gewertet,

sondern der „Pathologie“ zugerechnet.“ (Fröhlich, 2008, 31).

Da das Bedürfnis nach Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und Selbstbestimmung (vgl.

ebd., 30) jedoch grundlegend in menschlicher Existenz ist, galt es dieses in dem durchge-

führten Unterrichtsvorhaben indirekt durch bewusste Körperwahrnehmung und Reaktion

auf wahrgenommene Sinneseindrücke mit zu fördern. Insbesondere die hier fokussierte

Unterrichtseinheit drei sollte dabei durch das Wählen erster taktil-haptischer Präferenzen

die Selbstbestimmung fördern und den Schüler_innen die Möglichkeit geben, sich in ihren

Entscheidungen und Verhaltensweisen ernstgenommen zu fühlen.

4. U-Einheit (Abschluss-stunde)

Wir spü-ren die natürliche Wärme und Kühle

Die SuS sollen die Sonne als natürliche Wärmequelle erle-ben, indem sie bei einem Spa-ziergang im Sommer die Wär-me der Sonne auf ihrer Haut und die gegensätzliche Kühle im Schatten spüren.

Die SuS sollen jahres-zeitlich bedingte Verän-derungen in der Natur entdecken, indem sie die Sonne als natürliche Wärmequelle erfahren.

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4 Begründung der Unterrichtseinheit 12

Auf Grundlage des bereits vor Beginn des Praxissemesters von Frau W. angebahnten

Themenkomplexes „Ich entscheide mich …“ wurde für die Schwerstbehindertenförderung

die Unterrichtseinheit zum Thema „Wir erleben warmes und kaltes Essen“ mit vier oralen

Wahrnehmungsangeboten konzipiert. So konnten diese initiierten Entscheidungsprozesse

weiter gefördert werden und es konnte den Schüler_innen in ihren Willenskundgebungen

nachgekommen werden, sodass ihnen erste Erfolge in den Handlungs-Wirkungs-

Zusammenhängen aufgezeigt werden konnten. Darüber hinaus sollten die Schüler_innen

in dieser Unterrichtseinheit durch die Wahrnehmung von „warm“ und „kalt“ erste Möglich-

keiten, die Umwelt zu erfahren und sie aktiv zu verändern (Selbstbestimmung und -

wirksamkeit), erkennen und ergreifen. Diese Veränderung kann in der Ablehnung von

oder Hinwendung zu bestimmten oralen Temperaturangeboten bestehen und die Erfah-

rung bieten, dass eine deutliche verbale, nonverbale, mimische oder gestische Willensbe-

kundung die Umwelt und das Handeln der Mitmenschen beeinflussen kann.

Die orale Art der Stimulation wurde für diese Unterrichtseinheit bewusst gewählt, da sich

alle fünf teilnehmenden Schüler_innen noch in der oralen Phase befanden und die „oral

gesteuerte Hand-Mund-Koordination“ (Fröhlich, 2008, 248) bei allen zu erkennen war.

Dabei werden über den Mund die meisten Sinneseindrücke wahrgenommen (vgl.

Malchleidt et al., 1999, 85). So mussten sie sich neben einer neuen Bezugsperson nicht

zugleich auf neue Handlungsweisen einlassen, sondern konnten dem gewohnten Verhal-

ten in weiten Teilen nachgehen, sodass eine optimale Förderung der Selbstwahrnehmung

und -bestimmung stattfinden konnte.

4 Begründung der Unterrichtseinheit

Die Schaffung von vielfältigen Wahrnehmungs- und Bewegungsmöglichkeiten sowie die

Entwicklung von Wahrnehmung und Selbstbestimmung sind laut den KMK-Empfehlungen

des Landes NRW (1998) grundlegende Aufgaben sonderpädagogischer Förderung. Diese

gilt es durch vorbeugende Maßnahmen zu fördern. Die Förderung soll dabei stets auf die

Gesamtpersönlichkeit abzielen und in kooperativen Bündnissen zwischen Schüler_in und

Pädagoge_in nach dem Prinzip das Lernen durch Handeln (vgl. Kapitel 6) erfolgen (vgl.

KMK NRW, 1998, 14).

Auch die Richtlinien zur Förderung schwerstbehinderter Schüler_innen in Sonderschulen

von NRW messen der Wahrnehmung eine große Rolle bei. Hierbei geht es basierend auf

den Forschungsergebnissen der Neurowissenschaften um die „Fähigkeit, die Haut als

Wahrnehmungsorgan zu erleben“ (MSW NRW, 2014, 12). Der übergeordnete Bereich,

dem diese Fähigkeit zugeordnet ist, ist die „Fähigkeit, über den Körper die eigene Person

zu erfahren“ (ebd., 11). Zentraler Inhalt hierbei ist, dass die Schüler_innen sich selbst

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5 Beschreibung der Planung 13

durch körperliche Beeinflussung als Person erfahren. Diese körperliche Beeinflussung

kann mittels exemplarischer Unterrichts- und Erziehungsziele, wie „Hautstimulation ein-

zelner Körperteile erfahren, empfinden und wahrnehmen“ (ebd.) und „auf Hautstimulation

Körperreaktion zeigen“ (ebd.), erreicht werden. Dazu schlägt das MSW vor, „Temperatu-

ren [zu] verändern“ (ebd.). Denn insbesondere jene Veränderung von Temperaturen eig-

net sich dazu, „Reaktionen […] anzubahnen“ (ebd., 8) sowie „Wirkungen zu erzeugen“

(ebd.) und körperliche Beeinflussung wahrzunehmen.

Neben diesen landesweiten gesetzlichen Vorgaben ergibt sich auf schulinterner Ebene

die Forderung, die Schüler_innen mit einer komplexen Beeinträchtigung durch zusätzliche

zeitliche und personelle Ressourcen individuell in entsprechenden Fachräumen zu fördern

(vgl. Schulprogramm XXX-Schule, 2013, 15). Dabei soll die Förderung insbesondere

durch Anschauungsmöglichkeiten, Handlungsorientierung und Lernen über alle Sinne

(vgl. ebd., 8) definiert werden. Diese Prinzipien, insbesondere jenes des Lernens über alle

Sinne, werden mittels der durchgeführten Unterrichtseinheit angesprochen. Zusätzlich

schlägt das schulinterne Curriculum der XXX-Schule im Bereich Wahrnehmung vor, mit-

tels Zahnbürsten den Mund zu stimulieren und warme und kalte Speisen fühlen zu lassen

(Schulinternes Curriculum XXX-Schule, o. J., 9), sodass die Unterrichtseinheit Forderun-

gen beider grundlegenden Richtlinien (KMK-Empfehlungen und Schulinternes Curriculum)

erfüllt.

Auch das in dieser Ausarbeitung sekundäre fachliche Anliegen lässt sich mittels des

Grundschullehrplans des Landes NRW im Fach Sachunterricht begründen. Hier heißt es

im Bereich Natur und Leben im Schwerpunkt Körper, Sinne, Ernährung und Gemein-

schaft: „Die Schülerinnen und Schüler untersuchen und beschreiben die Bedeutung der

eigenen Sinne […] und ermitteln […] Leistungen […] einzelner Sinnesorgane.“ (MSW

NRW, 2012, 44). So wird in der durchgeführten Unterrichtseinheit insbesondere dem Sin-

nesorgan Haut eine besondere Bedeutung zugesprochen, deren Erkundung in der aktiven

Entdeckung und Wahrnehmung durch die Schüler_innen liegt.

5 Beschreibung der Planung

5.1 Lernausgangslage

Die drei Schülerinnen (T., V. und A.) sowie die zwei Schüler (Fy. und Fe.) werden alle im

Bildungsgang „Geistige Entwicklung“ beschult. Durch ihre schwerstmehrfache Behinde-

rung ergeben sich äußerst differente Lernausgangslagen, die in der folgenden Tabelle

anhand allgemeiner und förderschwerpunktspezifischer Aspekte abgrenzend dargestellt

werden (vgl. Tabelle 6). Dabei beziehen sich die förderschwerpunktspezifischen Fähigkei-

Page 14: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

5.1 Lernausgangslage 14

ten auf die für den zu fördernden Entwicklungsbereich „Wahrnehmung“ relevanten Aspek-

te; alle weiteren werden hier als allgemeine Fähigkeiten aufgefasst. Der eventuelle Unter-

stützungsbedarf in den Fähigkeiten soll durch die angegebenen erforderlichen Maßnah-

men weitestgehend kompensiert werden, sodass alle Schüler_innen gleichermaßen am

Unterrichtsgeschehen teilnehmen können.

Tabelle 2: Lernausgangslagen der Schüler_innen

Lernausgangslage Schüler_in

Allgemeine Fähigkeit, A. V. T. Fy. Fe. Erforderliche Maßnahmen

sich auf Unterrichtsangebote einzulassen

+ + + + +

dem Unterrichtsgeschehen über 30 Minuten zu folgen

O O + + + Temporäre „Auszeit“ für A. und V. (kurzes Verlassen des Raumes mit I-Kraft)

Arbeitsanweisungen zu befol-gen

‒ ‒ ‒ ‒ + Engmaschige Begleitung durch I-Kräfte, PSS und Lehrkräfte bei der Durch-führung der Angebote

zwischen zwei Objekten aus-wählen zu können

O O + + + Beobachtung durch I-Kräfte, PSS und Lehrkräfte notwendig, um Auswahl anhand von Körperreaktio-nen zu erkennen

Objekte selbstständig zu hal-ten

‒ ‒ + + + Unterstützung durch I-Kräfte, PSS und Lehrkräfte

Objekte zielgerichtet zum Mund zu führen

‒ ‒ O + + Unterstützung durch I-Kräfte, PSS und Lehrkräfte; für T.: Möglichkeit, Nahrung mit Händen aufzunehmen

Speisen oral aufzunehmen und zu schlucken

O O + + + A. und V. haben ein rituali-siertes Lied zur Nahrungs-aufnahme; dieses kann bei Bedarf abge-spielt/gesungen werden

Förderschwerpunktspezifische Fähigkeit,

körperliche Nähe zuzulassen + + + O + Fy.s I-Helfer übernimmt Durchführung des Ange-bots starke Bindung

Wärme und Kälte als Gegen-sätze zu empfinden

+ + + + +

orale Stimulation zuzulassen + + + + O Fe. lässt zur oralen Stimu-lation nur die eigenen Fin-ger zu Essen wird ihm ggf. auf seinen Fingern angereicht

wahrgenommene Reize in angenehm und unangenehm zu unterscheiden

+ + + + +

Präferenzen gestisch, mi-misch, (non)verbal mitzuteilen

+ + + + +

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5.2 Sachanalyse und didaktische Reduktion 15

Legende: + vorhanden; O teilweise vorhanden; ‒ nicht vorhanden

5.2 Sachanalyse und didaktische Reduktion

Wie in Kapitel 2 erörtert, liegt das primäre Entwicklungsanliegen der Unterrichtseinheit im

Bereich der Wahrnehmung. Spezifiziert bedeutet dies, dass die Schüler_innen ihre

Selbst- und Körperwahrnehmung sowie die taktil-haptische Sinneswahrnehmung ausbau-

en sollen. Dieser Entwicklungsbereich ist nach Flott-Tönjes et al. (2010, 85) einer neben

sieben weiteren, die sich stets wechselseitig beeinflussen. So ergibt sich, dass insbeson-

dere jener Bereich der Lebensgestaltung und Selbstverwirklichung, der zuvor im Aspekt

der Selbstbestimmung aufgegriffen wurde, aus der Förderung des Bereiches der Wahr-

nehmung resultiert und somit in stetiger Korrelation zu ihm steht (vgl. ebd.).

Als Konsequenz des Konzepts der Basalen Stimulation ergibt sich die zwingende Not-

wendigkeit einer didaktischen Reduktion, um „die verwirrende Überfülle für den

schwer(st)behinderten Menschen strukturierter und weniger ängstigend werden zu las-

sen.“ (Fröhlich, 2008, 178). So soll die konkrete Förderung der Wahrnehmung als primä-

res Ziel erachtet und das der Lebensgestaltung und Selbstverwirklichung nicht direkt zeit-

gleich mit gefördert werden. Innerhalb der Förderung der Wahrnehmung wird sich wiede-

rum nur auf die Sinneswahrnehmung oraler Temperaturunterschiede fokussiert, sodass

die nach Fröhlich „verwirrende Überfülle“ (ebd.) an Reizen vermieden wird.

Um die in Kapitel 3 erwähnten angebahnten Entscheidungs- und Wahrnehmungsprozes-

se weiter zu fördern, wurde sich bewusst für die Arbeit mit Wärme und Kälte entschieden,

da der Körper gegenüber verschiedenen Temperaturverhältnissen sensibler reagiert als

gegenüber anderen konträren Sinneseindrücken, wie beispielsweise Geräuschen oder

Geschmäcken. Kälte und Wärme werden so bereits bei einer geringen Über- oder Unter-

schreitung der körpereigenen Temperatur von 30 – 36 °C wahrgenommen (vgl. Hagendorf

et al., 2011, 143) – Kältesensoren sind dabei sogar bis zu zehnmal sensibler als Wärme-

sensoren (Pickenhain, 2000, 81).

Insbesondere in der dritten Unterrichtseinheit wurde diese ohnehin hohe Empfindlichkeit

der Haut weiter sondiert, indem eine orale Stimulation gegensätzlicher Temperaturunter-

schiede durchgeführt wurde. Denn orale Kälte- und Wärmesensoren weisen die größte

Dichte auf, sodass die Mundregion – und insbesondere die Lippen – als besonders tem-

peraturempfindlich gilt (ebd.). Das Besondere an den oralen Temperatursensoren ist,

dass sie direkt unter der Haut liegen und Informationen unmittelbar an den Hypothalamus

weiterleiten. So lösen sie „kognitive Handlungen aus, die das Ziel haben, den Wärmever-

lust einzudämmen oder zu erhöhen“ (ebd., 82). Dies verdeutlicht die hohe Korrelation von

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6 Didaktisches Modell 16

oraler Kälte- und Wärmestimulation als eine Form der taktil-haptischen Sinneswahrneh-

mung und der Selbstbestimmung durch Eindämmen oder Erhöhen des Wärmeverlustes.

Um diese Ab- bzw. Hinwendung zur Wärme- oder Kältequelle zielgerichtet signalisieren

zu können, sind neben den Wahrnehmungsprozessen auch Entscheidungsprozesse sei-

tens der Schüler_innen zentral. Diese liegen hier in der einfachsten Art vor, nämlich in der

Wahl zwischen zwei entgegengesetzten Alternativen (vgl. Trimmel, o. J., 1). Hierfür sind

vier Informationsverarbeitungsschritte zentral (ebd., 2 f.): (1) Die selektive Aufmerksam-

keit: Dies betrifft die Auswahl, welche der auf die Sensoren treffenden Umweltreize man

weiterverfolgt. (2) Die Diagnose: Hierbei werden die ausgewählten Umweltreize wahrge-

nommen und bilden die Basis für das Einschätzen der „Situation“. (3) Die Auswahl einer

Aktion bzw. Reaktion: Hierbei trifft das Individuum Entscheidungen auf Grundlage seines

Langzeitgedächtnisses, um gewünschte Konsequenzen zu erreichen. (4) Feedback:

Feedback meint im Fall der Entscheidungsprozesse eine Lernerfahrung, die die Qualität

zukünftiger Handlungen beeinflussen kann.

Diese Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozesse wurden in der durchgeführten Unter-

richtseinheit in ihrer elementarsten Form angesprochen und sollten den Schüler_innen als

Primärerfahrungen dienen, um sie in weiteren Situationen zu nuancieren.

6 Didaktisches Modell

„Die Welt schwerstbehinderter Menschen ist nach unserem derzeitigen Kenntnisstand reduziert oder konzentriert auf die unmittelbare Körpersphäre und ein ganzheitliches körperlich-seelisches

Erleben.“ (Fröhlich, 2008, 16)

Diese bei Fröhlich beschriebene Reduktion auf die unmittelbare Körpersphäre bildet die

Grundlage des Konzeptes der Basalen Stimulation, auf der die durchgeführte Unterrichts-

einheit basiert. Zentrales Ziel dieser ist es, „einem schwerstbehinderten Menschen dabei

zu helfen, den eigenen Körper […] und dessen Möglichkeiten, neu zu entdecken.“ (ebd.,

179). So ist es von grundlegender Bedeutung, dass schwerstbehinderte Schüler_innen

körperliche Nähe erfahren, um direkte Erfahrungen mit sich selbst machen und andere

Menschen wahrnehmen zu können (vgl. ebd.). Dieses in der Basalen Stimulation grund-

legende Angewiesensein auf andere Menschen zeigt sich besonders deutlich in der Erfül-

lung der „menschlichen Grundbedürfnisse“ (ebd. 24), da die Behinderung an sich die Be-

dürfnislage oftmals erhöht, ihre adäquate Befriedigung jedoch häufig verhindert. Neben

fünf weiteren gehört zu ihnen das in Kapitel 3 genannte Bedürfnis nach Unabhängigkeit,

Selbstständigkeit und Selbstbestimmung (vgl. ebd.).

Da jeder Mensch ein Recht auf die Befriedigung dieser Bedürfnisse hat und es ferner eine

innere Notwendigkeit gibt, diese zu befriedigen, ist es für die durchgeführte Unterrichts-

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6 Didaktisches Modell 17

einheit von grundlegender Bedeutung gewesen, das Bedürfnis nach Unabhängigkeit,

Selbstständigkeit und Selbstbestimmung zu achten und zu erfüllen (vgl. Kapitel 3).

Dieses Ziel der Selbstbestimmung bildet seit den 1990er Jahren auch eine zentrale Leit-

idee der Sonderpädagogik (vgl. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung,

2010, 14 f.) und ist insbesondere bei der Erziehung schwerstmehrfachbehinderter Schü-

ler_innen elementar. Denn „durch das Eingehen auf das, was ich am anderen wahrnehme

[…], wird die Bereitschaft gefördert, sich auch an meiner Person und der unmittelbaren

Umgebung zu orientieren.“ (ebd., 16). Dieses Interesse an der dinglichen und personalen

Umwelt wurde in der Unterrichtseinheit durch exaktes Beobachten und nuanciertes Ein-

gehen auf minimale Reaktionen der Schüler_innen angebahnt.

Darüber hinaus wurde das „Handelnde Lernen“ nach Mühl (2004, 68) durch die Unter-

richtseinheit angebahnt. Denn insbesondere das Wahrnehmen als „das Erfassen von Be-

deutungen sinnlich gegebener Informationen“ (ebd.) ist ein überwiegend kognitiver Pro-

zess und in der Handlungsplanung zwingend erforderlich. Erst durch die Wahrnehmung

körpereigener und -fremder Reize können die Schüler_innen Handlungsziele (das ist mir

zu warm/kalt; das möchte ich nicht länger spüren) und Planausführungen (ich schiebe es

weg / spucke es aus) realisieren.

Ferner fanden Elemente des Konzepts der „Subjektorientierten Didaktik“ nach Fischer

(2004, 30) Einzug in die Unterrichtseinheit, nach der den Schüler_innen stets Handlungs-

und Beweggründe unterstellt werden. Dies war für die durchgeführte Unterrichtseinheit

zentral, da die dem Handeln der Schüler_innen zugrunde liegenden Interessen (orale

Phase) ernstgenommen und in die Planung mit aufgenommen wurden. Denn „Schüler

lernen dann erfolgreich, wenn sie Anregungen vorfinden, die ihre Erwartungen und Be-

dürfnisse aufgreifen und die selbstbestimmte Aktivität zulassen.“ (Staatsinstitut für Schul-

qualität und Bildungsforschung München, 2003, 11). Diese „selbstbestimmte Aktivität“

zeigte sich in der Unterrichtseinheit an verschiedenen Stellen. Zum einen konnten die

Schüler_innen direkt zu Beginn eigenständig mittels einer Zahnbürste ihre Aufmerksam-

keit auf die in dieser Einheit zentrale Körperregion (Mund) fokussieren, zum anderen

konnten sie an den vier Angeboten jeweils selbstständig entscheiden, mit welcher Tempe-

ratur sie begannen. Dies geschah mittels Blickkontakt auf die rote (warm) oder blaue (kalt)

Karte (siehe Anhang 3). Überdies waren die Präferenzbildung und die klare Kundgebung

dieser für die Unterrichtseinheit zentral. Damit die Reaktionen der Schüler_innen auf die

Darbietung unterschiedlicher oraler Temperaturangebote richtig gedeutet werden konn-

ten, war es elementar, dass sich die Speisen bei jedem Angebot lediglich in der Tempera-

tur, nicht aber im Geschmack unterschieden, sodass eine Präferenzbildung aufgrund

gustatorischer Vorlieben ausgeschlossen werden konnte. Zusätzlich war die Beobach-

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6 Didaktisches Modell 18

tungs- und Deutungsfähigkeit der Integrations- und Lehrkräfte für eine korrekte Schluss-

folgerung von Verhaltensweisen notwendig. Nur so konnte auf Abneigung mit Minimieren

und auf Hinwendung mit Maximieren des dargebotenen Reizes reagiert werden und die

Schüler_innen erlebten ein Gefühl der Selbstbestimmung und -wirksamkeit und entwickel-

ten zunehmendes Interesse an sich und ihrer Umwelt.

Um dieses nuancierte Vorgehen realisieren zu können, wurde sich dafür entschieden,

nicht alle vier Angebote zeitgleich zu offerieren, sondern immer nur zwei zugleich anzu-

bieten (vgl. Tabelle 7). So konnte durch die anwesende Lehrkraft und die Praxissemester-

studierende eine optimale Betreuung an den Angeboten gewährleistet werden und die

Beobachtung der Reaktionen auf dargebotene Reize von drei verschiedenen Positionen

aus (Praxissemesterstudierende, Integrations- und Lehrkräfte) durchgeführt und reflektiert

werden.

Daher soll im geplanten Stundenverlauf (Kapitel 7) und in der Reflexion (Kapitel 9/10)

insbesondere auf die Reaktionen der Schüler_innen und die Reflexion der wahrgenom-

menen Präferenzen eingegangen werden.

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7 Geplanter Stundenverlauf 19

7 Geplanter Stundenverlauf

Tabelle 3: Geplanter Stundenverlauf

Phase Zeit Schüler-Lehrer-Aktivität Sozialform / Me-dien

Methodisch-didaktischer Kommentar

Sonderpädagogische Maßnahmen

Einstieg Hinwendung Reaktivierung des Wissens

ca. 10 Minuten

‒ Die SuS, I-Kräfte, Lehrkräfte und PSS versammeln sich im Kreis

‒ PSS singt mit den SuS das Be-

grüßungslied ‒ SuS wählen nacheinander zwi-

schen 2 Karten aus, um zu be-stimmen, wer als nächstes be-grüßt wird

‒ PSS erinnert an vorherige Stunde, in der warme und kalte Gegen-stände erfahren wurden

‒ PSS lässt SuS Wärmflasche und Kühlpack als Beispiel fühlen

‒ PSS legt Wärmflasche auf rotes Feld und Kühlpack auf blaues Feld (Zuordnung aus vorheriger Stunde bekannt)

‒ PSS erklärt das heutige Stunden-thema

‒ PSS und I-Kräfte stimulieren bei SuS den Mund mit einer Zahn-bürste (SuS stimulieren selbst)

‒ PSS gibt I-Kräften und SuS den Auftrag darauf zu achten, ob die SuS warme oder kalte Temperatu-ren im/am Mund bevorzugen

‒ Mattenkreis ‒ Schellenband ‒ Bildkarten

‒ Wärmflasche

und Kühlpack ‒ Rotes und

blaues Feld ‒ Zahnbürsten

‒ Ritualisierter Unter-richtseinstieg zeitliche und räumliche Orientie-rung der SuS

‒ Durch Karten wählen Förderung der Selbst-wirksamkeit und Wahl-entscheidungen zu tref-fen

‒ Mehrkanaliges Reakti-vieren vorheriger Erfah-rungen visuell, taktil-haptisch

‒ Anbahnung an Arbeits-

phase, Schaffung von Motivation

‒ SuS werden auf zentra-le Körperregion fokus-siert

‒ Beobachtungen durch I-Kräfte, Lehrkraft und PSS, um Erreichen des Förderziels zu überprü-fen

‒ Gruppeneinteilung auf-

GENERELL: ‒ Alle SuS werden

von ihren I-Kräften begleitet und indi-viduell unterstützt

‒ F. beginnt, bei der Auswahl eines SoS, da er das Schellenband ei-genaktiv zu ei-nem_r Mitschü-ler_in bringen kann

‒ Fehlende verbale

Fähigkeiten der SuS Beobach-tung durch die I-Kräfte notwendig

‒ A. und V. begin-

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7 Geplanter Stundenverlauf 20

‒ PSS teilt je 2 (T., Fy.), bzw. 3 (A., V., Fe.) SuS einem Angebot zu an dem sie beginnen

grund unterschiedlicher motorischer Fähigkeiten und Ruhebedürfnisse

nen bei Babygläs-chen gewohnte Nahrung zuerst Sicherheit

Arbeitsphase

ca. 15 Minuten

‒ SuS laufen mit ihren I-Kräften die Angebote ab (zunächst Baby-gläschen und Kartoffelpüree; da-nach Banane und Pudding)

‒ T., Fe. und Fy. laufen die Ange-

bote ab, so lange es ihnen mög-lich ist (danach evtl. Rollstuhl)

‒ Die SuS zeigen durch Reaktionen auf die warme und kalte orale Stimulation ihre Präferenzen

‒ Materialen an den Ange-botsständen (rotes und blaues Feld, war-mer/kalter Pud-ding, war-mes/kaltes Bana-nen-Apfel-Püree, warmer/kalter Tomaten-Couscous, war-mes/kaltes Kar-toffelpüree, Kü-chenrolle, Schäl-chen, Löffel)

‒ An jedem Angebot be-findet sich eine Speise in warmer und kalter Form, sodass die SuS die Temperaturunter-schiede oral erfahren können

‒ Die Haut soll durch die

Stimulation einzelner Körperteile als Wahr-nehmungsorgan erlebt werden durch Körper-reaktionen Präferenzen zeigen

‒ Vorläufige Reduk-tion auf 2 Angebo-tejedes von ei-ner Lehrkraft be-treut optimale Förderung

‒ Fe., Fy. und T. laufen kurze Stre-cken mit Hilfestel-lung möglichst häufig in Schulall-tag integrieren

‒ I-Kräfte verbalisie-ren wahrgenom-mene Reaktionen

Reflexion Rückmeldung Abschluss

ca. 5 Minuten

‒ PSS lobt SuS für Mitarbeit ‒ PSS bittet die I-Kräfte mit den

SuS an die „Lieblingsstation“ zu gehen wurde warme oder kalte Stimulation bevorzugt? (auf rote oder blaue Seite stellen)

‒ Fe. geht in Begleitung seiner I-Kraft selbstständig zu seiner „Lieblingsstation“

‒ Die SuS bekommen Wärme- bzw. Kältekarte

‒ PSS singt mit den SuS das Ab-schiedslied

‒ Kreis ‒ Karten mit

Flamme und Schneeflocke

‒ Wertschätzung der Mit-arbeit

‒ Überprüfung des För-derziels der SuS

‒ Förderung der Selbst-

ständigkeit und der Mo-torik ( Laufen)

‒ SuS erhalten Karten zur Stundenreflexion und -erinnerung

‒ Ritualisierter Unter-richtsabschluss

‒ I-Kräfte geben

Auskunft über ihre Beobachtungen

‒ Fe. kann sich

zielgerichtet fort-bewegen und Wahlentscheidun-gen treffen

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8 Tatsächlicher Stundenverlauf 21

8 Tatsächlicher Stundenverlauf

Der tatsächliche Stundenverlauf zeigte keine großen Abweichungen vom geplanten Stun-

denverlauf. Lediglich die Fokussierung auf den Mund als zentrale Körperregion für die

Unterrichtseinheit wurde länger zugelassen als geplant. Die Schüler_innen nahmen diese

Art der Stimulation gut an. Denn insbesondere sehr weiche Zahnbürsten bieten sich an,

um „auch den inneren Mundraum gegenüber neuen Berührungsreizen „aufgeschlossener“

werden zu lassen.“ (Fröhlich, 2008, 143). Da alle Schüler_innen – auch A. und V., die

zuvor Schwierigkeiten zeigten Objekte selbstständig zu halten und zum Mund zu führen

(vgl. Tabelle 6) – dieses Angebot eigenständig durchführten, wurde die Phase verlängert.

Darüber hinaus positionierten sich die Schüler_innen in der Reflexionsphase nicht wie

geplant an ihrer „Lieblingsstation“, da alle sehr erschöpft waren. Die Schüler_innen signa-

lisierten bzw. die Integrationskräfte verbalisierten mithilfe der blauen und roten Entschei-

dungskarten (siehe Anhang 3) die oral erlebten bzw. wahrgenommenen Temperaturpräfe-

renzen.

9 Reflexion der Unterrichtseinheit

Das Ziel, die Schüler_innen durch die wechselnde Aufnahme warmer und kalter Speisen

Temperaturunterschiede oral bewusst erfahren zu lassen, erste Präferenzen zu bilden

und diese durch Signale zu erkennen zu geben (vgl. Tabelle 5), konnte mit der durchge-

führten Unterrichtseinheit erreicht werden. Insbesondere die bewusste Wahrnehmung und

das Kundtun der Präferenzen durch Signale konnte gut beobachtet werden. Diese Signale

waren deutlicher als zuvor erwartet, da alle Schüler_innen durch beispielsweise Stirnrun-

zeln, Ausspucken oder Wegschieben des Löffels ihre Abneigung und durch Vorbeugen

zur Wärme- bzw. Kältequelle und Schmatzen ihre Präferenz anzeigten.

Besonders erstaunlich war dabei, dass jede_r Schüler_in an jedem Angebot stets die

gleiche Temperatur bevorzugte. So präferierten A., V. und Fe. die warme orale Stimulati-

on, während Fy. und T. die kalte favorisierten. Eine mögliche Erklärung dafür liegt in Fy.s

und T.s Verhaltens- und Wahrnehmungsformen. So fallen beide durch autoaggressives

und -stimulierendes Verhalten auf (Beißen, Schlagen, Kratzen), was vermuten lässt, dass

sie starke gegenüber schwachen Reizen bevorzugen. Wie Kapitel 5.2 erläutert, sind die

Kältesensoren der Haut bis zu zehnmal sensibler als die Wärmesensoren, sodass die

kalte orale Stimulation für Fy. und T. die angenehmere bzw. besser wahrnehmbar darzu-

stellen schien.

Auch die Arbeit an verschiedenen Angebotsstationen erwies sich als äußerst sinnvoll, da

sich die Schüler_innen durch den Aufbau ebendieser in den vier Ecken des Raumes nicht

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10 Reflexion des Unterrichtsvorhabens 22

voneinander ablenken ließen. Ferner konnten Fe., Fy. und T. die in den Ecken positionier-

ten Angebote besser ablaufen, da sie sich mithilfe der Wand stabilisieren und fortbewe-

gen konnten und weniger auf die Hilfe der Integrationskräfte angewiesen waren. So konn-

ten sie sich größtenteils selbstständig fortbewegen und ihre Autonomie weiter ausbauen.

Die Schüler_innen verhielten sich in dieser Einheit insgesamt ruhiger und schienen inte-

ressierter zu sein als in den vorangegangenen Einheiten. Dies zeigte sich dadurch, dass

keiner eine „Auszeit“ benötigte und nur wenig Begleitung durch die Integrationskräfte not-

wendig war. Lediglich Fe. verweigerte an einem Angebot die orale Stimulation und be-

gann zu schreien und zu weinen. An dieser Stelle mussten die Praxissemesterstudieren-

de und die Integrationshelferin ihn durch beschwichtigende Worte beruhigen und ihm er-

lauben, das zuvor durchgeführte Angebot erneut zu absolvieren. Dieses hatte ihm so gut

gefallen, dass er über sein Verlassen verärgert war. Nachdem er es erneut durchgeführt

hatte, war er bereit, die restlichen drei Angebote anzunehmen.

Generell nahmen die Praxissemesterstudierende und die Lehrkraft während der Unter-

richtseinheit eine beobachtende Rolle ein, um Signale der Schüler_innen richtig zu deu-

ten. Darüber hinaus ist es insbesondere für schwerstbehinderte Schüler_innen zentral,

dass jemand (Integrationskraft, Lehrkraft, Praxissemesterstudierende etc.) die wahrge-

nommenen Reaktionen und Signale verbalisiert und so ihr Sprachrohr sein kann (vgl.

Bews, 1992, 91). Diese Rolle des „Sprachrohrs“ kam den unterstützenden Personen

demnach zuteil und war während der gesamten Einheit und insbesondere in der Reflexi-

onsphase zentraler Bestandteil des Unterrichtsgeschehens.

10 Reflexion des Unterrichtsvorhabens

Das Unterrichtsvorhaben zum Thema „Wir werden Wärme- und Kälteforscher“ ist allge-

mein gut verlaufen. Das Thema weckte das Interesse der Schüler_innen und sie waren

motiviert, an den verschiedenen Angeboten teilzunehmen.

Dadurch, dass die Schwerstbehindertenförderung jedoch nur einmal wöchentlich (don-

nerstags) stattfand, war es zu Beginn schwierig, eine Beziehung zu den Schüler_innen

der Parallelklasse aufzubauen und eine Kontinuität in den Ablauf einfließen zu lassen.

Insbesondere die curriculare Lage an einem Donnerstagmorgen erschwerte die Planung

extrem, da die Förderung im Mai so aufgrund von Feiertagen nur einmal stattfinden konn-

te. Erfahrungen zeigen, dass „positive Körpererfahrungen möglichst täglich erlebt werden“

(Büker, 2014, 86) sollten, um nachhaltige und langfristige Lerneffekte zu erzielen (vgl.

ebd.).

Page 23: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

11 Reflexion der Erfahrungen im Praxissemester 23

Es zeigte sich jedoch, dass die Schüler_innen aufgrund zuvor gemachter Erfahrungen in

der Schwerstbehindertenförderung bereits grundlegende Fähigkeiten der Entscheidungs-

findung besaßen und das Vorhaben so auf einer tragfähigen Grundlage aufgebaut werden

konnte. Darüber hinaus erwarben sie während des Unterrichtsvorhabens neue Fähigkei-

ten. So war es allen Schüler_innen am Ende der Reihe möglich, durch eindeutige Signale

(Zeigen oder Anschauen der Karten) ihre Entscheidung anzuzeigen. Da dies als ein

enormer Kompetenzzuwachs einzuordnen ist, fand es bei allen Schüler_innen Berück-

sichtigung im Zeugnis.

Alleinig die vierte Unterrichtseinheit zum Thema „Wir spüren die natürliche Wärme und

Kühle“, in der das Spüren der wärmenden Sonne und des kühlenden Schattens zentrales

Ziel war, erwies sich als schwer durchführbar, da die Temperaturen während der

Schwerstbehindertenförderung (8:00–9:15 Uhr) selten über 20°C stiegen, sodass keine

extrem gegensätzliche Wärme und Kühle gespürt werden konnte. Daher musste diese

Einheit in eine vierte Stunde (11:05–11:50 Uhr) verlegt werden. Etwaige Überlegungen

wären bei dem nächsten Unterrichtsvorhaben im Voraus zu treffen.

11 Reflexion der Erfahrungen im Praxissemester

Im Rahmen des Praxissemesters konnte ich einen guten Einblick in die Arbeit sonderpä-

dagogischer Lehrkräfte bekommen. Durch die Begleitung einer Klassenfahrt und die re-

gelmäßige Betreuung eines Schülers in der Pause lernte ich meine Stärken und Schwä-

chen primär in Bezug auf die Erziehungskompetenz (vgl. KMK, 2004, 9 f.) kennen. So

konnte ich durch die regelmäßige Rückmeldung meiner Mentor_innen viele zentrale

Kompetenzen des Lehrerberufs ausbauen und spezifizieren.

Insbesondere soll an dieser Stelle Standard 2 des Portfolios reflektiert werden:

„Die Absolventinnen und Absolventen des Praxissemesters verfügen über die Fähigkeit, Konzepte und Verfahren […] pädagogischer Diagnostik und individueller Förderung anzu-wenden und zu reflektieren.“ (MSW NRW, 2012, 10)

Dabei geht es speziell in der Sonderpädagogik um die Fähigkeit, die Schüler_innen in den

vorrangigen Entwicklungsbereichen zu fördern und mittels stärken- und ressourcenorien-

tierter Unterrichtsplanung ihre Lernbereitschaft zu wecken (vgl. ebd.).

Hinsichtlich dieser Fähigkeit konnte ich während des Praxissemesters eine Entwicklung

auf zwei Ebenen beobachten. Zu Beginn des Praxissemester fiel es mir schwer, für die

Schüler_innen mit komplexer Beeinträchtigung ein adäquates Unterrichtsangebot vorzu-

bereiten, da hierfür Diagnose- und Beobachtungskompetenzen erforderlich waren, die mir

zwar theoretisch aus universitären Lehrveranstaltungen bekannt waren, deren Praktikabi-

lität ich in der Praxis jedoch noch nicht erprobt hatte. So schätzte ich die Fähigkeiten der

Schüler_innen anfangs zu hoch ein und bereitete ein auf Feinmotorik basierendes Unter-

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11 Reflexion der Erfahrungen im Praxissemester 24

richtsvorhaben (Filzen) vor, das so nicht durchführbar war. Nach einer Stunde, in der ich

auf Rat meiner Mentorin die Position einer außenstehenden Beobachterin einnahm und

mir Notizen zu lediglich eindeutig objektiv feststellbaren Kompetenzen machte, gelang es

mir zunehmend besser, die Unterrichtsangebote auf die Bedarfe und Kompetenzen der

Schüler_innen zuzuschneiden, sodass ich am Ende des Praxissemesters viel Lob von

meiner Mentorin für die Feinfühligkeit bezüglich minimaler Verhaltensänderungen der

Schüler_innen und die damit einhergehende Flexibilität im Unterrichtsablauf bekam.

Mit dieser Entwicklung korreliert die Entwicklung auf der zweiten Ebene der Schü-

ler_innenmotivation. Durch die anfängliche Überforderung der Schüler_innen zeigten sie

sich in den ersten Stunden der Schwerstbehindertenförderung wenig motiviert, sodass

große Unruhe und Unaufmerksamkeit entstand. Nach der zuvor beschriebenen Beobach-

tungsstunde ersetzte ich das Unterrichtsangebot des Filzens durch das in Kapitel 2 tabel-

larisch dargelegte Vorhaben zur Förderung der temperatursensiblen Wahrnehmung. So

konnten die Schüler_innen motiviert und auf ihrem jeweiligen Kompetenzniveau gefördert

werden, sodass ihre Lernmotivation geweckt und der Unterricht planmäßig durchgeführt

werden konnte.

Grundsätzlich zeigte sich, dass die Freude am Unterrichten maßgeblich von der Motivati-

on und Lernbereitschaft der Schüler_innen abhängig ist, sodass ich für zukünftige Unter-

richtsvorhaben immer zuerst eine objektive Beobachtungsstunde durchführen werde.

Denn nur durch gezielte Beobachtung und Diagnostik kann der Unterricht auf die Bedarfe

der Lernenden zugeschnitten und können langfristige Lernerfolge erzielt und neben der

Schüler_innen- auch die Lehrer_innenmotivation hochgehalten werden.

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V Rahmende Gesamtreflexion 25

V Rahmende Gesamtreflexion

Nach § 8 der Lehramtszugangsverordnung dient das Praxissemester dem Ausbau fünf

grundlegender Fähigkeiten (vgl. MSW NRW, 2010, 4). Der Kompetenzzuwachs in diesen

fünf Bereichen soll im Folgenden selbstkritisch reflektiert und analysiert werden.

1. Grundlegende Elemente schulischen Lehrens und Lernens auf der Basis von

Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaften planen, durchfüh-

ren und reflektieren.

In diesem Bereich konnte ich bereits nach wenigen Wochen einen Kompetenzzuwachs

wahrnehmen, da während des Praxissemesters viele Unterrichtsstunden geplant werden

mussten. So gelang es mir zunehmend besser, Unterrichtsstunden sachkorrekt vorzube-

reiten. Durch Reflexionsgespräche mit meinem Mentor gelang es mir mit der Zeit besser,

für den individuellen Entwicklungsstand der Schüler_innen geeignete Unterrichtsmetho-

den und Vorgehensweisen auszuwählen. Dabei halfen insbesondere im Fach Mathematik

und in der Schwerstbehindertenförderung didaktische Theorien, die die Planung und

Durchführung des Unterrichts erleichterten und absicherten.

2. Konzepte und Verfahren von Leistungsbeurteilung, pädagogischer Diagnostik

und individueller Förderung anwenden und reflektieren.

Diese Fähigkeit konnte ich während des Praxissemesters auf drei Ebenen ausbauen.

Zum einen führte ich für das Unterrichtsvorhaben in Mathematik eine Eingangs- und Ab-

schlussstandortbestimmung durch, um die Lernausgangslage vor und den Lernzuwachs

nach Durchführung der Unterrichtsreihe zu erheben. Dabei zeigte sich in der Eingangs-

standortbestimmung, dass scheinbare Belanglosigkeiten, wie das Aufschreiben des Na-

mens, zu Verzerrungen im Ergebnis führen können. Bei einigen Schüler_innen nahm dies

mehr als fünf Minuten in Anspruch, sodass ihnen weniger Zeit zur Bearbeitung der eigent-

lichen Aufgaben zur Verfügung stand. Dies wurde in der Abschlussstandortbestimmung

dahingehend optimiert, dass die Zettel bereits mit Namen versehen verteilt wurden.

Weiterhin eröffnete sich mir die Möglichkeit, ein AOSF-Verfahren zu begleiten und so den

theoretischen Ablauf mit der Praxis zu vergleichen. Als besonders herausfordernd erwies

sich dabei die organisatorische Ebene, da es bereits mehr als zwei Wochen in Anspruch

nahm, einen „Kennenlerntermin“ mit dem Kindergarten, dem Kind, den Eltern und dem in

diesem Fall benötigten Dolmetscher zu vereinbaren. Bei diesem Termin zeigte sich, dass

der Beziehungsaufbau zwischen dem zu testenden Kind und der den Test durchführen-

den Person eine enorme Bedeutung für das Testergebnis hat. Durch eine offensichtliche

Antipathie des Kindes gegenüber dem Tester verweigerte es die Mitarbeit und das Treffen

musste nach vorherigem Sympathieaufbau wiederholt werden.

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V Rahmende Gesamtreflexion 26

Letztlich konnte ich während des Praxissemesters mit meiner Praktikumsklasse einen

allgemeinen Intelligenztest (CFT-1) durchführen. Da dieser in seiner Grundkonzeption für

Regelschüler ausgelegt ist, erwies er sich an einer Förderschule mit dem Förderschwer-

punkt körperliche und motorische Entwicklung als schwer durchführbar. Insbesondere die

Aufgaben zur Feinmotorik und Schnelligkeit konnten viele der Schüler_innen nicht lösen,

sodass die Ergebnisse wenig Aussagekraft bezüglich der kognitiven Fähigkeiten besa-

ßen.

3. Den Erziehungsauftrag der Schule wahrnehmen und sich an der Umsetzung be-

teiligen.

Insbesondere in der Primarstufe an einer Förderschule spielt der Erziehungsauftrag eine

große Rolle und steht oftmals sogar über dem Lehrauftrag der Schule. Während des Pra-

xissemesters ergaben sich immer wieder Situationen, in denen die Schüler_innen von

Problemen und Streitigkeiten mit Mitschüler_innen, Eltern oder Geschwistern erzählten

und an Verhaltensnormen und -konventionen herangeführt werden mussten.

Für die Vorbeugung von Konflikten im Schulalltag bestehen an der XXX-Schule Schulre-

geln, die alle Schüler_innen einhalten müssen. Verstoßen sie gegen eine dieser Regeln,

greift das Trainingsraumkonzept, in dem die Schüler_innen dazu angeleitet werden, ihr

Fehlverhalten zu verbalisieren und alternative Handlungsmöglichkeiten für vergleichbare

Situationen zu entwickeln. Der Trainingsraum ist jede Stunde von einer Lehrkraft besetzt.

So hatte auch ich die Möglichkeit, eine Lehrerin einmal wöchentlich in den Trainingsraum

zu begleiten. Hier zeigte sich einmal mehr die übergeordnete Erziehungsaufgabe der Leh-

rer_innen, indem den Schüler_innen stets ihre inkorrekten Verhaltensweisen aufgeführt,

Alternativen aufgezeigt und mit ihnen Entschuldigungen ausgearbeitet wurden. Nicht sel-

ten kam es vor, dass die Lehrkraft als Trostspender und Vertrauensperson fungierte und

gerade jüngere Schüler_innen ihre körperliche Nähe suchten.

4. Theoriegeleitete Erkundungen im Handlungsfeld Schule planen, durchführen

und auswerten sowie aus Erfahrungen in der Praxis Fragestellungen an Theorien

entwickeln.

Der Ausbau dieser Fähigkeit konnte insbesondere mit dem durchgeführten Studienprojekt

in Bildungswissenschaften gefördert werden. Während des Praxissemesters wurde eine

kleine Untersuchung mit der Fragestellung „Mit welchen Maßnahmen wird an der Helen-

Keller-Schule und an der Brückenschule in Mathematik und Deutsch individuelle Förde-

rung betrieben? – Eine vergleichende Analyse individueller Fördermaßnahmen zweier

Schulen“ durchgeführt. Die Auswertung der Ergebnisse der Studie hat gezeigt, dass ins-

besondere substitutive Reaktionsformen (vgl. Weinert, 1997), wie Modi der äußeren Diffe-

renzierung, nach wie vor als individuelles Förderinstrument eingesetzt werden. Darüber

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V Rahmende Gesamtreflexion 27

hinaus bestätigte die Untersuchung die Ergebnisse der Allensbach-Studie (2012), indem

sich zeigte, dass Lehrkräfte mit geringer Berufserfahrung mehr Maßnahmen zur individu-

ellen Förderung anbieten als jene mit längerer Berufserfahrung. Zusätzlich wurden neben

qualitativen, quantitativen und temporalen Differenzierungsmaßnahmen auch weitere Dif-

ferenzierungen in Form von Igelbällen zur Entspannung oder speziellen Stiftehalterungen

zur Erleichterung des Schreibens angeboten. Diese erweisen sich insbesondere an einer

Förderschule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung als

zwingend erforderlich, um den Unterricht für alle Schüler_innen realisierbar zu gestalten.

Die Erkenntnisse, die aus dieser Studie gezogen werden konnten, sind hilfreich für meine

weitere Laufbahn als angehende Lehrerin, da sich mir viele neue Möglichkeiten offenbart

haben, um mit wenig zeitlichem, räumlichem, personellem und finanziellem Aufwand Dif-

ferenzierungsmaßnahmen zu realisieren.

5. Ein eigenes professionelles Selbstkonzept entwickeln.

Während des Praxissemesters konnte ich mein professionelles Selbstkonzept in vielen

Belangen weiterentwickeln. So wurde mir vielfach bestätigt, dass ich die Schüler_innen

motivieren kann und mit meiner Freude am Lehren auch die Freude der Schüler_innen

am Lernen wecke. Neben der positiven Rückmeldung des Mentors und der Fachleiter des

ZfsL bestätigten mich insbesondere die Begeisterung und Freude der Schüler_innen am

Unterricht teilzunehmen.

Im Bereich des Einbezugs der schwerstmehrfachbehinderten Schüler_innen habe ich mir

als Ziel für meine kommende Berufslaufbahn gesetzt, sie soweit es geht in jeden Unter-

richt zu integrieren und ihnen so die Möglichkeit zu eröffnen als vollwertiges Mitglied am

Schullalltag teilzunehmen. Denn die Schule sollte „ein Ort sein, an dem alle Mitglieder der

Schulgemeinschaft in ihrer Verschiedenartigkeit und Unterschiedlichkeit als wertvolle und

einzigartige Menschen angenommen werden.“ (Schulprogramm XXX-Schule, 2013, 2).

Page 28: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

VI Literaturverzeichnis IV

VI Literaturverzeichnis

Rahmende Einleitung

MSW NRW (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen)

(2010). Rahmenkonzeption zur strukturellen und inhaltlichen Ausgestaltung des

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Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichts-

vorhaben

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Thamm, Jürgen, Widlak, Christian, Witt, Helma & Albers, Stefanie (2010). Fördern

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VI Literaturverzeichnis V

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Rahmende Gesamtreflexion

MSW NRW (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen)

(2010). Rahmenkonzeption zur strukturellen und inhaltlichen Ausgestaltung des

Praxissemesters im lehramtsbezogenen Masterstudiengang.

Schulprogramm der XXX-Schule (2013).

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VI Literaturverzeichnis VI

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50-52.

Page 31: Theorie-Praxis-Bericht im Praxissemester · I Rahmende Einleitung 4 I Rahmende Einleitung Das Praxissemester, aus dem ausgewählte Aspekte und Inhalte in diesem Bericht be-schrieben

VII Tabellenverzeichnis VII

VII Tabellenverzeichnis

Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichts-

vorhaben

Tabelle 5: Aufbau des Unterrichtsvorhabens in tabellarischer Form .................................10

Tabelle 6: Lernausgangslagen der Schüler_innen ...........................................................14

Tabelle 7: Geplanter Stundenverlauf ................................................................................19

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VIII Anhang VIII

VIII Anhang3

Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung: Unterrichts-

vorhaben

Anhang 1: Unterrichtsskizze

Anhang 2: Baldachin im Schwebi-Raum

Anhang 3: Karten an Angeboten

3 Die Anhänge liegen in elektronischer Form auf der beigefügten CD vor.