tskr - uni-trier.de · bürgerbeteiligung wird aktuell jedoch eine hohe bedeutung beigemessen und...

180
Master-Thesis TSKR Trierer Studien zur Kommunal- und Regionalpolitik Bd. 9 Februar 2016 Fabian Backes/ Jonas Nickels Empowerment und Bürgerbeteiligung als Mittel gegen soziale Polarisierung

Upload: vuongnhi

Post on 18-Sep-2018

215 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Master-Thesis

TSKR Trierer Studien zur Kommunal- und Regionalpolitik

Bd. 9

Februar 2016

Fabian Backes/

Jonas Nickels

Empowerment und Bürgerbeteiligung als Mittel

gegen soziale Polarisierung

UNIVERSITÄT TRIER Fachbereich III – Politikwissenschaft Prof. Dr. Wolfgang H. Lorig

Herausgeber (V.i.S.d.P.) Redaktion

Prof. Dr. Wolfgang H. Lorig Stefan Henn, M.A. Universität Trier Universitätsring 15 Universitätsring 15 54286 Trier 54286 Trier Tel.: +49 (0) 651 / 201 – 2138 Fax: +49 (0) 562 / 201 – 3917 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Trierer Studien zur Kommunal- und Regionalpolitik

© Trier, Bd. 9, Februar 2016

Fabian Backes und Jonas Nickels haben Politikwissenschaft an der Universität Trier studiert.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ............................................................................................................................................. 1

1 Die Krise der lokalen Demokratie ............................................................................................... 5

1.1 Die Auswirkungen von Armut und sozialer Ungleichheit ................................................ 6

1.2 Die Krise der repräsentativen Demokratie ........................................................................ 9

1.3 Die Auswirkungen aktueller Herausforderungen deutscher Städte ............................. 11

1.4 Das Ausmaß des Vertrauens in Parteien und politische Vertreter auf lokaler Ebene 14

1.5 Wege aus der Krise? .......................................................................................................... 15

2 Theorieteil ..................................................................................................................................... 17

2.1 Die theoretische Begründung einer starken Einbeziehung der Bürger auf lokaler Ebene ….. .......................................................................................................................................... 17

2.1.1. Der Kommunitarismus ............................................................................................. 17

2.1.2. Die deliberative Demokratie nach Jürgen Habermas ............................................ 23

2.1.3. Schlussfolgerung ........................................................................................................ 27

2.2 Die Darstellung der Begriffe Direkte Demokratie, Partizipation und Bürgerbeteiligung 28

2.2.1 Direkte Demokratie .......................................................................................................... 28

2.2.2 Partizipation...................................................................................................................... 30

2.2.3 Bürgerbeteiligung ............................................................................................................. 34

2.3 Empowerment für eine stärkere Selbstbestimmung der Bürger ................................... 38

3 Stadt im Wandel: Theorie und Praxis ........................................................................................ 43

3.1 Die Entwicklung der Stadt und der Stadtgesellschaft .................................................... 43

3.2 Soziale Polarisierung in deutschen Städten ..................................................................... 48

3.3 Das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ ................................................................ 50

3.4 Die Bedeutung der Bewohner für die Stadtentwicklung ................................................ 52

4 Methodik ....................................................................................................................................... 56

5 Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile ...................... 63

5.1 Ein Überblick über die westlichen Stadtteile Triers ...................................................... 63

5.1.1 Ehrang-Quint .................................................................................................................... 63

5.1.2 Biewer ................................................................................................................................ 65

5.1.3 Trier-West/Pallien ............................................................................................................ 67

5.1.4 Pfalzel ................................................................................................................................ 72

5.1.5 Euren ................................................................................................................................. 73

5.1.6 Zewen ................................................................................................................................. 75

5.2 Auswertung der Experteninterviews ................................................................................ 76

5.3 Auswertung sozioökonomischer und struktureller Daten.............................................. 83

5.4 Zwischenfazit ...................................................................................................................... 91

6 Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier .................................................................. 93

6.1 Die Entstehung von Polarisierungsprozessen durch den historischen Verlauf einer Stadtentwicklung ........................................................................................................................... 93

6.2 Auswirkungen des Wohnungsmarktes und Milieus eines Stadtteils .................................. 94

6.3 Wirtschaftlicher Strukturwandel als Polarisierungsursache .............................................. 97

6.4 Der Bildungsstand der Bevölkerung in sozial schwachen Stadtteilen ................................ 99

7 Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung gegen die Ursachen der Polarisierung in Trier ................................................................................................................. 102

7.1 Anforderungen an die kommunale Verwaltung ................................................................. 102

7.2 Empowerment als Mittel gegen geringe Bildung ................................................................ 105

7.3 Empowerment durch soziale Arbeit .................................................................................... 108

8 Fazit ............................................................................................................................................. 112

Literatur – und Quellenverzeichnis .................................................................................................... I

Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................... XXIV

Anhang ............................................................................................................................................ XXVI

I. Die Experteninterviews ............................................................................................... XXVI

II. Sozioökonomische Daten und Wahlergebnisse .............................................................. LV

Zusammenfassung

Zusammenfassung

Die Entwicklung der Städte, der dortige gesellschaftliche Wandel und die

kommunalpolitischen Prozesse bilden ein enges Geflecht von Zusammenhängen. Daraus

ergibt sich heute vor allem eine gegenseitige Beeinflussung aktueller Probleme und

Herausforderungen. Prominente Beispiele sind der Zustand kommunaler Haushalte, die

soziale Polarisierung und eine niedrige politische Partizipation, die unter anderem zu einem

Legitimationsproblem führen. In dieser Situation verlieren traditionelle Lösungsansätze an

Bedeutung.

Die deliberative Demokratietheorie und der Kommunitarismus fordern die stärkere

Einbeziehung der Bürger, ihr Empowerment und die Nutzung ihrer ungenutzten Ressourcen.

Dies stellt angesichts der aktueller Probleme und Herausforderungen einen alternativen Weg

dar. Es existieren bereits Programme, die dies zu berücksichtigen versuchen, doch

Evaluationen zeigen, dass die Erfolge gering sind.

Unter den Stadtteilen Triers, die westlich der Mosel liegen, stellt Trier-West/Pallien den

Stadtteil dar, der am deutlichsten die Auswirkungen sozialer Polarisierung zeigt. Betroffen

ist hierbei in erster Linie der Stadtbezirk Trier-West. Dies lässt sich sowohl anhand

verschiedener Datensätze sowie des Wahlverhaltens der Bewohner nachweisen. Gleichzeitig

ist Trier-West/Pallien auch der Stadtteil, der im städtischen Problemdiskurs bezüglich der

politischen Partizipation der Bewohner am schlechtesten bewertet wird. Hier wird auch die

größte Notwendigkeit für ein Empowerment der Menschen gesehen.

Konkrete Ansätze müssen in weiteren Forschungen passend zu der festgestellten

Problematik, den örtlichen Ressourcen und weiteren Gegebenheiten gestaltet werden. Diese

können aus einem Anreizsystem zur Steigerung der Motivation, einer Strukturerneuerung

der lokalen Politik und Verwaltung, der Dezentralisierung sowie Veränderungen in der

Bildung und der sozialen Arbeit bestehen.

Einleitung

1

Einleitung Die Bürger in Deutschland können in ihrem Alltag erleben, welche Bedeutung die lokale

Ebene des Staatsaufbaus hat. Egal, ob wir mit dem Bus in der Stadt fahren, einen Reisepass

beantragen, ein Bauvorhaben anmelden oder unser Trinkwasser aus dem Wasserhahn

beziehen. Meist treten wir dabei in deutschen Städten und Gemeinden mit der Verwaltung

dieser Ebene in Kontakt oder werden durch deren Handeln und die Entscheidungen des

Stadt- oder Gemeinderates beeinflusst.

Gerade in den Städten treten jedoch auch Veränderungen unserer Gesellschaft immer

besonders deutlich zutage. So sind zum Beispiel wirtschaftliche und kulturelle

Veränderungen hier genauso als erstes zu beobachten wie Protestbewegungen. Der

Soziologe Hartmut Häußermann und sein Kollege Walter Siebel bezeichnen die Stadt

deshalb auch „(…) als Katalysator, Filter und Kompressor gesellschaftlicher

Entwicklungen.“1 Eine der gesellschaftlichen Entwicklungen, die sich in Städten deutlich

zeigt, ist die zunehmende soziale Ungleichheit. Sozial schwache Menschen werden in

deutschen Städten ausgegrenzt und sind weiteren Folgen ihrer Situation ausgesetzt.2

Dazu gehört, dass sich auch die lokale Politik den Belangen dieser Menschen nicht

anzunehmen scheint.3 Gleichzeitig sind es vor allem sozial schwache Bürger, die den

Wahlurnen fernbleiben und sich auch nicht in anderer Form politisch beteiligen.4

Bürgerbeteiligung wird aktuell jedoch eine hohe Bedeutung beigemessen und es wird

angenommen, dass sie Einfluss auf soziale Polarisierungsprozesse haben kann.5 Doch was

ist, wenn sich die Bürger nicht beteiligen, weil sie nicht über die nötigen Ressourcen

verfügen oder die Notwendigkeit zur Vertretung der eigenen Interessen nicht erkennen?

Hierbei stellt Empowerment einen Ansatz dar, der es Menschen ermöglichen will, ihre

Belange selbst zu bestimmen.

1 Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2004): Stadtsoziologie. Eine Einführung, Campus Verlag, Frankfurt

Main/New York, S.100. 2 Vgl. Kronauer, Martin (2010): Die neue soziale Frage: Ausgrenzung in der Großstadt heute. In: Kneupp,

Heiner u.a. (Hrsg.): Armut und Exklusion. Gemeindepsychologische Analysen und Gegenstrategien, dgvt-Verlag, Tübingen, S.15-26, S.15f.

3 Vgl. Linden, Markus (2013): Die politische Repräsentation schwacher Interessen. In: Diez, Alexander; Gillich, Stefan (Hrsg.): Barmherzigkeit drängt auf Gerechtigkeit. Anwaltschaft, Parteilichkeit und Lobbyarbeit als Herausforderung für Soziale Arbeit und Verbände, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig, S.89-108, S.97

4 Vgl. Vehrkamp, Robert (2015): Politische Ungleichheit. Neue Schätzungen zeigen die soziale Spaltung der Wahlbeteiligung. Im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung: Einwurf. Zukunft der Demokratie, (2/2015), Gütersloh, S.1.

5 Vgl. Embacher, Serge/Lang Susanne (2008): Bürgergesellschaft. Eine Einführung in zentrale bürgergesellschaftliche Gegenwarts- und Zukunftsfragen, Dietz Verlag, Bonn, S.59ff.

Einleitung

2

In diesem Kontext beschäftigt sich die vorliegende Masterarbeit mit der Forschungsfrage, ob

Auswirkungen sozialer Polarisierungsprozesse in Trier festzustellen sind und welche

Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und des Empowerment sich in den betroffenen

Stadtteilen als Mittel gegen diese Prozesse eignen. Dabei wird nicht die gesamte Stadt Trier

untersucht, sondern alle Stadtteile, die westlich der Mosel liegen: Zewen, Euren, Trier-

West/Pallien, Pfalzel, Biewer und Ehrang-Quint. Damit knüpft die vorliegende Arbeite an

politikwissenschaftliche Studien an, die mit dem Blick auf die sozialen und politischen

Verhältnisse in den westlichen Stadtteilen durchgeführt wurde.6

Mit ihrer Fragestellung befindet sich die Masterarbeit in einem besonderen Bereich der in

Deutschland betriebenen Politikwissenschaft, der lokalen Politikforschung. Diese

thematisiert in Deutschland ein breites Spektrum an Inhalten und unterliegt noch stärker als

andere Gebiete der Politikwissenschaft thematischen Konjunkturen.7 Dabei ist lokale

Politikforschung die Betrachtung der gesellschaftlichen Entscheidungsfindung im

ortsgebundenen und sozialraumbezogenen System der Interaktion.8 Sie beschäftigt sich auch

mit Stadtpolitik in einer Art und Weise, die über die reine Betrachtung der Kommunalpolitik

weit hinausgeht.9 Dadurch hat die lokale Politikforschung eine „pluri-disziplinäre

Orientierung“ und bezieht Diskussionen aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen mit

ein.10 So greift etwa die vorliegende Masterarbeit auf Erkenntnisse und Debatten der

Verwaltungswissenschaft und verschiedener Bereiche der Soziologie zurück und nutzt

gleichzeitig Analysen der Stadtgeographie. Auch aufgrund dieser Offenheit der lokalen

Politikforschung in Deutschland blieb es nicht aus, dass sich bisher keine allgemein

anerkannten Analysen, Methoden und Theorien durchgesetzt haben.11 Dies führte dazu, dass

dieser Zweig der Politikwissenschaft bis heute von keinem Ansatz bestimmt wird und

6 Vgl. Lorig, Wolfgang/Henn, Stefan/Regolot, Sascha (o.J.): Westtrasse Trier. Gute Bürgerbeteiligung in

westlichen Stadtteilen? Und Vgl. Vogelgesang, Waldemar u.a. (o.J.): Leben in den westlichen Stadtteilen. 7 Vgl. Heinelt, Hubert/Mayer, Margit (2001): Lokale Politikforschung in Deutschland – Entwicklungen und

Besonderheiten im internationalen Vergleich. In: Schröter, Eckhard (Hrsg.): Empirische Policy- und Verwaltungsforschung. Lokale, nationale und internationale Perspektiven, Westdeutscher Verlag, Opladen, S.63-76, 65f.

8 Vgl. Heinelt, Hubert/Wollmann, Hellmut (1991): Lokale Politikforschung in den 80er und 90er Jahren – Vorwort. In: Heinelt, Hubert/Wollmann, Hellmut (Hrsg.): Brennpunkt Stadt. Stadtpolitik in den 80er und 90er Jahren, Basel/Boston/Berlin, S.7-13, S.9f.

9 Vgl. Blanke, Bernhard/Benzler, Susanne (1991): Horizonte der lokalen Politikforschung. Einleitung. In: Blanke, Bernhard (Hrsg.): Staat und Stadt – Systematische, vergleichende und problemorientierte Analysen „dezentraler“ Politik, Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 22, Opladen, S.9-34, S.10f.

10 Heinelt, Hubert/Vetter, Angelika (2008): Einleitung. In: Heinelt, Hubert/Vetter, Angelika (Hrsg.): Lokale Politikforschung heute, VS Verlag, Wiesbaden, S.7-18, S.9.

11 Vgl. Henning, Eike (2000): Rezension von Oscar W. Gabriel; Breitschneider, Frank/Vetter, Angelika (Hrsg.): Politische Kultur und Wahlverhalten in einer Großstadt. In: Politische Vierteljahresschrift, 41Jg., Nr.1, S.182-183, S.182.

Einleitung

3

Forschung offen betrieben werden kann.12 Diese Erkenntnis bedeutet für diese Arbeit, dass

Forschungsergebnisse der lokalen Politikforschung besonders stark vor dem Hintergrund

ihrer Basisannahmen betrachtet werden müssen. In der Lektüre und der Datenerhebung führt

dies zu einer intensiven Selektion und Hinterfragung der Literatur und der Quellen sowie zu

einer arbeitsintensiven Erstellung des Forschungsdesigns.

Im 1.Kapitel wird ausführlich dargestellt, welche Zusammenhänge zu sozialer Ungleichheit

und politischer Benachteiligung führen. Außerdem wird angeführt, dass beide Teil der Krise

der Demokratie auf lokaler Ebene sind. Daraus wird sich das Bild einer Situation ergeben,

die nach Auswegen ruft, welche in Bürgerbeteiligung und Empowerment bestehen können.

Im 2. Kapitel werden die Beteiligung der Bürger und ihr Empowerment theoretisch

motiviert, indem der Kommunitarismus und die deliberative Demokratietheorie betrachtet

werden. Daran anknüpfend werden Direkte Demokratie, Bürgerbeteiligung und Partizipation

sowie Empowerment definiert und erläutert. Sie stellen zentrale Begriffe dar, die die

Grundlage für die folgenden Betrachtungen und Analysen legen.

Zuvor wird im 3. Kapitel noch ausführlich auf die Stadt, die Stadtentwicklung und

stadtsoziologische Betrachtungen eingegangen, wobei das besondere Augenmerk auf der

Erläuterung der sozialen Polarisierung liegt. Somit kann im 4. Kapitel, dem Methodik-Teil,

geschildert werden, wie Daten erhoben wurden und wie diese für die vorliegende

Masterarbeit ausgewertet werden. Hier wird die auch die Eingrenzung des

Forschungsgegenstandes auf die westlichen Stadtteile gerechtfertigt, sowie die Auswahl der

Interviewpartner begründet. Der Forschungsprozess bestand vor allem aus der Anfertigung

von 12 Experteninterviews und der Auswertung verschiedener sozioökonomischer und

struktureller Daten.

Im 5. Kapitel werden die Ergebnisse der Experteninterviews vorgestellt und erläutert,

welche Aussagen sich vor dem theoretischen Hintergrund aus den sozioökonomischen Daten

ergeben. Damit wird feststehen, ob Polarisierungsprozesse in Trier existieren und in welchen

Stadtteilen sich dadurch sozial schwache Bürger konzentrieren. Außerdem lassen die

Interviews einen Abgleich mit dem städtischen Problemdiskurs zu. Wird die politische

Beteiligung dort schwach eingeschätzt, wo sich negative Auswirkungen sozialer

Polarisierung zeigen? Die Gründe für die geringe Beteiligung und die Polarisierung werden

im 5. Kapitel ausführlich betrachtet, bevor im 12 Vgl. Heinelt, Hubert/Vetter, Angelika (2008): S.9.

Einleitung

4

6. Kapitel ein Konzept im Sinne der Fragestellung vorgestellt wird. Also, welche

Möglichkeiten des Empowerment und der Bürgerbeteiligung sich als Mittel gegen die

festgestellte Polarisierung in den betroffenen Stadtteilen eignen. Die zentralen Elemente

dieses Konzepts und alle anderen Erkenntnisse der vorliegenden Masterarbeit werden im

Fazit zusammengefasst.

In der vorliegenden Masterarbeit werden aufgrund der besseren Lesbarkeit sämtliche

personenbezogenen Bezeichnungen in der männlichen Form dargestellt. Wortpaare wie

Bürgerinnen und Bürger oder die Schreibweise BürgerInnen werden daher vermieden. An

dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass die alleinige Verwendung der männlichen

Wortform keinesfalls als diskriminierend verstanden werden soll, sondern als

geschlechtsunabhängig zu verstehen ist.

„Politik kann verkümmern und den Bezug zur gesellschaftlichen Wirklichkeit verlieren. In

Selbstinszenierung kreist sie dann oft nur noch um sich selbst, Machtbehauptung und

Machterwerb im Sinn. Verdrossenheit, ja Zynismus gegenüber aller Politik stellen sich dann

bei den Bürgern ein. Eine Politik, die Menschen verdummt, verdummt sich selbst.

Politik kann sich aber auch als wichtiges, viele Menschen motivierendes Medium

gesellschaftlichen Lernens erweisen. Dann dient sie kritischer Realitätsprüfung im Sinne von

wirklichkeitsgerechter Problemerfassung und innovativer Problemlösung.“13

13 Senghaas, Dieter (2003): Politik mit wachen Sinnen! Eine Erinnerung an Karl W. Deutsch (1912-1992). In:

WZB-Vorlesungen 4, Berlin, S.11-25, S.21f.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

5

1 Die Krise der lokalen Demokratie

Dieses Kapitel erläutert die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge und

Wechselwirkungen, die zu der Annahme führen, dass sich die Demokratie in Deutschland im

Allgemeinen und auf der lokalen Ebene im speziellen in einer Krise befindet. Hierbei wird

auf mehrere Entwicklungen eingegangen, wobei der Fokus dieser Analyse auf der

Ausbreitung sozialer Ungleichheit in Deutschland liegt. Eine solche zusammenhängende

Beschreibung der Rahmenbedingungen ist für die vorliegende Arbeit auch notwendig, denn

„Stadtforschung muss (…) immer eingebunden sein in die Analyse gesamtgesellschaftlicher

Entwicklungen.“14

Lokale Demokratie basiert auf Einrichtungen wie Stadträten, die die Bürger repräsentieren.

Diese werden ergänzt durch Zusammenschlüsse wie Verbände und Bürgerinitiativen, die es

ebenfalls ermöglichen, die Interessen der Bürger zu transportieren. Stärker als auf anderen

Ebenen ist es der lokalen Ebene zusätzlich möglich, den Interessen der Bürger durch

direktdemokratische Elemente Ausdruck zu verleihen.15 Daran anknüpfend beschreibt lokale

Politik „ortsbezogene politische Interaktionen, deren Träger unterschiedliche Ebenen und

Sektoren sowie die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Bereich überschreiten

können.“16

Die Stellung der lokalen Politik im Staatsaufbau ist in Deutschland durch die Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung, durch das Grundgesetz und die Landesgesetze bestimmt.17

Die Bedeutung der lokalen Ebene für die Politik wurde auch durch die

Kommunalverfassungsreformen in den 90er Jahren betont. Die Möglichkeiten zur

Beteiligung für die Bürger wurden weiter ausgebaut. Mit der Zielsetzung, die Legitimität der

lokalen Amtsträger zu steigern.18 Der tatsächliche Spielraum auf lokaler Ebene wird in der

Gesetzgebung durch vielfältige Bundesgesetze und durch Programme wie dem Bund-

14 Kronauer, Martin/Siebel, Walter (2013): Einleitung: Die Aktualität der Polarisierungsthese. In: Kronauer,

Martin/Siebel, Walter (Hrsg.): Polarisierte Städte. Soziale Ungleichheit als Herausforderung für die Stadtpolitik, Campus Verlag, Frankfurt Main/New York, S.9-26, S.10.

15 Vgl. Bogumil, Jörg/Kißler, Leo (1997): Risiken und Chancen eines Neuen Steuerungsmodells für die lokale Demokratie. In: Bogumil, Jörg/Kißler, Leo (Hrsg.): Verwaltungsmodernisierung und lokale Demokratie. Risiken und Chancen einer neuen Steuerungsmodells für die lokale Demokratie, Nomos-Verlag, Baden-Baden, S.9-22, S.9.

16 Haus, Michael/Kuhlmann, Sabine (2013): Lokale Politik und Verwaltung im Zeichen der Krise, VS Verlag, Wiesbaden, S.10.

17 Vgl. Art. 28, GG. 18 Vgl. Pähle, Katja (2008): Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene. Eine Herausforderung für die

Legitimation lokaler Mandatsträger? In: Heinelt, Hubert/Vetter, Angelika (Hrsg.): Lokale Politikforschung heute, VS Verlag, Wiesbaden, S.249-269, S.249.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

6

Länder-Programm ‚Soziale Stadt‘ beeinflusst.19 Zudem werden die Ressourcen der Städte

und Gemeinden in Deutschland durch eine große Fülle an Aufgaben gebunden, sodass sie

ihren Gestaltungsraum nicht nutzen können.20

Trotzdem verfügt die lokale Ebene über eine hohe Bedeutung für die Bürger. So stellt sie die

direkteste Verbindung zwischen ihnen und der Politik sowie der Verwaltung dar.21 Dadurch

ist sie der Ort des direkten Aufeinandertreffens sozialer Interessen. Um trotzdem zu einer

produktiven Konfliktaustragung zu kommen, ist es notwendig diese zu kanalisieren. Dabei

muss es jedem Akteur möglich sein oder möglich gemacht werden, sich zu artikulieren.22

Dies stellt eine schwierige Aufgabe dar. Denn lokale Politik findet auch auf der Ebene statt,

auf der die verschiedenen Herausforderungen, vor denen moderne Gesellschaften heute

stehen, ihre Auswirkungen zeigen. Dabei werden sie vor allem für Menschen, die in Städten

leben, schnell spürbar.23 Die hohe Bedeutung der lokalen Ebene ergibt sich aber auch aus

ihrer Funktion als „Schule der Demokratie“.24 Hier wird Solidarität erfahren, Verantwortung

übernommen und Engagement ausgeübt. Insofern wundert es nicht, dass die lokale Ebene in

den letzten Jahren wieder vermehrt im Fokus der Forschung steht. Weitere Gründe dafür

sind sowohl die Möglichkeiten zu direktdemokratischen Innovationen und der Beteiligung

der Bürger sowie verschiedene Probleme, die im Folgenden erläutert werden.25

1.1 Die Auswirkungen von Armut und sozialer Ungleichheit

Soziale Ungleichheit liegt dann vor, wenn Menschen aufgrund ihrer Stellung in sozialen

Beziehungsgefügen von den ‚wertvollen Gütern‘ einer Gesellschaft regelmäßig mehr

erhalten, als andere.“26 Zu solchen „wertvollen Gütern“ gehören vor allem Bildung, Macht

und Einkommen. Unumstritten ist sie in Deutschland heute auf einem Stand, der über dem

19 Vgl. Haus, Michael/Kuhlmann, Sabine (2013), S.11. 20 Vgl. Schieren, Stefan (2010): Einleitung. In: Schieren, Stefan (Hrsg.): Kommunalpolitik, Wochenschau-

Verlag, Schwalbach S.5-8, S.5. 21 Vgl. Vetter, Angelika (2010): Kommunale Reformen und die Einstellungen der Bürger zur Demokratie. In:

Schuster, Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt, Kohlhammer Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart, S.248-264, S.248.

22 Vgl. Haus, Michael/Kuhlmann, Sabine (2013), S.12. 23 Vgl. Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014): Soziale Stadtentwicklung und

Gemeinwesensarbeit in der Sozialen Arbeit, W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart, S.110. 24 Bogumil, Jörg/Holtkamp, Lars (2006): Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung. Eine policyorientierte

Einführung, VS Verlag, Wiesbaden, S.9. 25 Vgl. ebd., S.9. 26 Hradil, Stefan (2005): Ungleichheit in Deutschland, 8. Aufl., VS Verlag, Wiesbaden, S.30.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

7

Niveau vergangener Jahrzehnte liegt27. In den Medien ist immer wieder die Formulierung zu

finden, dass in Deutschland die Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen wächst.

Gleichzeitig verfügen wenige Menschen über immer größere Vermögen, während viele

andere immer weniger besitzen.28 So kontrollierte das oberste Dezil, also die vermögendsten

10 Prozent der deutschen Bevölkerung, 2008 mehr als 50 Prozent des Privatvermögens,

während die untere Hälfte der Bevölkerung nur circa 1 Prozent besaß.29 Als zugespitzte

Anlehnung an die Vermögenskonzentration in mittelalterlichen Feudalgesellschaften spricht

Anthony Giddens von „neuer Mittelalterlichkeit“.30 Martin Kronauer beschreibt in diesem

Kontext eine „neue sozialen Frage“, die ganz Westeuropa unter Druck setze,31 und ein „(…)

Band zwischen Erwerbsarbeit und sozialen Bürgerrechten (, dass) an entscheidenden Stellen

bereits gerissen“ sei.32 Denn die „neue soziale Frage“ zeichnet sich vor allem durch

Arbeitslosigkeit und eine verfestigte Armut aus, die sich am drängendsten in Städten zeigen,

wo sie sich „(w)ie in einem Brennglas bündeln“.33

Die Ursachen von Arbeitslosigkeit und Armut sind ein veränderter Arbeitsmarkt, die

Auflösung traditioneller Milieus und die abnehmende Leistungsfähigkeit des Sozialstaats.34

Weitere Ursachen sind die Globalisierung mit ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft und

ein Wandel der Strukturen der Städte.35 Butterwegge erläutert explizit die Auswirkungen der

Finanzwirtschaft.36 Es gibt eine Vielzahl von Veröffentlichungen die beschreiben, wie diese

dazu führt, dass der Besitz vermögender Bürger weiter wächst, während dieses System

27 Mit Blick auf die Einkommenspolarisierung in Deutschland: Vgl. Faik, Jürgen/Becker, Jens (2009):

Wohnstandpolarisierung, Verteilungskonflikte und Ungleichheitswahrnehmung in Deutschland. In: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.): SOEPpapers on Multidisciplinary Panel Data Research, Berlin, S.7.

28 Vgl. Kronauer, Martin/Siebel, Walter (2013), S.12f. 29 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales Lebenslagen in Deutschland (2013): Der vierte Armuts- und

Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin, S.XII. 30 Giddens, Anthony (1994): Schöne neue Welt. Der neue Kontext von Politik. In: Berliner Journal für

Soziologie 4, S.449-462, S.454. 31 Vgl. Kronauer, Martin (2010), S.15. 32 Ebd., S.16. 33 Gestring, Norbert u.a. (1997): Ökologie und urbane Lebensweise: Untersuchungen zu einem anscheinend

unauflöslichen Wiederspruch, Viehweg Verlag, Braunschweig/Wiesbaden, S.7. 34 Vgl. Kronauer, Martin (2010), S.16. 35 Häußermann, Hartmut/Kronauer, Martin/Siebel, Walter (2004): Stadt am Rand: Armut und Ausgrenzung. In:

Häußermann, Hartmut/Kronauer, Martin/Siebel, Walter (Hrsg.): An den Rändern der Städte, Suhrkamp, Frankfurt Main, S.7-42, S.11f.

36 Vgl. Butterwegge, Christoph (2002): „Globalisierung, Standortsicherung und Sozialstaat“ als Thema der politischen Bildung. In: Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.): Politische Bildung und Globalisierung, leske+budrich, Opladen, S.73-108, S.78.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

8

gleichzeitig für Krisen und Probleme in den modernen Demokratien, also auch in

Deutschland, verantwortlich gemacht wird.37

Betroffen von Armut oder von dieser gefährdet sind vor allem Arbeitslose, Erwerbsunfähige,

Kranke und Rentner, die unter Altersarmut leiden. Im gleichen Atemzug sind die

Erwerbstätigen zu nennen, die in Teilzeit arbeiten oder nur einen Niedriglohn erhalten und

dadurch nicht von ihrem Einkommen leben können.38 In Trier sind nach Angaben des DGB

24 Prozent der Vollbeschäftigten betroffen.39 Bedroht von Armut sind zusätzlich

Gesellschaftsgruppen wie Alleinerziehende und Migranten.40 Die direkten Folgen von

Armut, sozialer Ungleichheit und Ausgrenzung sind gravierend. Die Betroffenen leiden

selbst in Deutschland oft unter Hunger, sind wesentlich öfter krank („Man sieht die Armut

wieder an den Zähnen.“41), besitzen schlechte Zukunftschancen, haben nur ein geringes

Selbstvertrauen und leben oft isoliert.42 So stellen Armut, die in Deutschland vor allem eine

Einkommensarmut ist, und soziale Ungleichheit in der Tat eine Gefährdung des sozialen

Zusammenhalts in unserer Gesellschaft und der Akzeptanz ihrer Institutionen dar.43 Eine

aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt etwa, dass die Wahlbeteiligung sozial

schwacher Milieus um bis zu 40 Prozent unter der, der sozialen Oberschicht liegt.44 Denn

soziale Benachteiligung führt zu einem Ausschluss aus der Gesellschaft, der gleichzeitig mit

einem Rückzug aus derselben einhergeht.45 Dies ist wiederum verbunden mit einer

ausbleibenden Teilhabe an der Gesellschaft. Denn zur Teilhabe braucht es in jeder

Gesellschaft ein bestimmtes Mindestmaß an Ressourcen, wie den Zugang zu Bildung,

soziale Sicherung und der Vertretung politischer Interessen.46 Diejenigen, die nicht über

solche Ressourcen verfügen, ziehen sich schließlich ins Private zurück. „Im Alltag erfahrene

Ohnmacht unterhöhlt die Substanz politischer Rechte, auch wenn diese formal nicht infrage

37 Vgl. z.B. Windolf, Paul (Hrsg.) (2005): Finanzmarkt-Kapitalismus. Analysen zum Wandel von

Produktionsregimen, Wiesbaden (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 45). 38Vgl. Graffe, Friedrich (2010): Armut als kommunalpolitische Aufgabe. In: Kneupp, Heiner u.a. (Hrsg.): Armut

und Exklusion. Gemeindepsychologische Analysen und Gegenstrategien, dgvt-Verlag, Tübingen, S.145-154, S.145.

39 Vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund Rheinland-Pfalz/Saarland (04.07.2013):Rentenkürzung und Niedriglohn: DGB Trier warnt vor Altersarmut.

40 Vgl. Graffe, Friedrich (2010), S.145. 41 Ebd., S.146. 42 Vgl. ebd., S.146f. 43 Vgl. Kronauer, Martin (2010): S.15. 44 Vgl. Vehrkamp, Robert (2015): Politische Ungleichheit. Neue Schätzungen zeigen die soziale Spaltung der

Wahlbeteiligung. Im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung: Einwurf. Zukunft der Demokratie, (2/2015), Gütersloh, S.1.

45 Vgl. Graffe, Friedrich (2010), S.149. 46 Vgl. Kronauer, Martin (2010), S.19.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

9

stehen.“47 In der deutschen Realität bedeutet dies, „dass Arme und sozial Benachteiligte (…)

hierzulande (…) in den seltensten Fällen über adäquate Möglichkeiten zur Partizipation

(verfügen), was die demokratische Legitimation der politischen Willensbildungs- und

Entscheidungsprozesse schwächt.“48 Gleichzeitig haben besser gestellte Bürger eine Vielzahl

an Möglichkeiten, um Einfluss auf politische Prozesse zu nehmen. Diese starken

Unterschiede führen zu Gleichgültigkeit, Misstrauen und Hass unter den Bewohnern

deutscher Städte und Gemeinden.49 Die Beziehung der Menschen zur Politik prägen dann

Desinteresse und Ferne sowie die Ablehnung der Demokratie oder die Weigerung der

Teilnahme an derselben.50

1.2 Die Krise der repräsentativen Demokratie

Dabei zählt Gleichheit zu den beiden großen Versprechen der Demokratie. Es wird

klassischerweise davon ausgegangen, dass diese Regierungsform den Menschen aus der

Mitte und der unteren Hälfte der Gesellschaft nutzt, weil nun die Mehrheit entscheidet und

nicht mehr die Besitzenden und Mächtigen wie in der Feudalgesellschaft.51 Ob die

Demokratie dieses Versprechen auf den Grundwert der Gleichheit erfüllt, wird heute in

Bezug auf die repräsentative Demokratie wieder stärker diskutiert. Denn seine Erfüllung

erscheint nicht mehr als sicher. Es gibt sogar starke Zweifel und diese werden immer lauter.

Dabei sind nach der Meinung einiger Autoren die letzten zwei Jahrhunderte eine

fortschreitende Verwirklichung von Gleichheit durch die Demokratie gewesen. Damit wird

eigentlich eine Analyse gegeben, die sich gegen den postmodernen Skeptizismus richten

soll.52 Diese Analyse mag zutreffen, schließlich haben in diesem Zeitraum die Menschen in

den modernen Demokratien ungeahnte politische Rechte erhalten, es wurde ein Sozialstaat

aufgebaut und der allgemeine Lebensstandard wurde auf ein ungekanntes Niveau gehoben.

Dies waren in der Geschichte der Menschheit revolutionäre Entwicklungen. Doch in den

47 Kronauer, Martin (2010), S.23. 48 Butterwegge, Christoph (2014): Die politische Repräsentation von Armen und Reichen. Ein Problem für die

Legitimation der Demokratie? In: Linden, Markus/Thaa, Winfried (Hrsg.): Ungleichheit und Repräsentation, Nomos Verlag, Baden-Baden, S.27-52, S.27.

49 Vgl. Häußermann, Hartmut (1997): Stadt und Fremdheit. In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Zusammenleben im Stadtteil, ILS-118, Dortmund, S.38-43, S.38ff.

50 Vgl. Butterwegge, Christoph (2002), S.78. 51 Vgl. Linden, Markus (2013), S.91. 52 Vgl. Benhabib, Seyla (1993): Demokratie und Differenz. In: Brumlik Micha/Brunkhorst, Hauke (Hrsg.):

Gemeinschaft und Gerechtigkeit, Fischer-Taschenbuchverlag, Frankfurt Main, S.97-116, S.106f.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

10

letzten Jahrzehnten hat sich dieser Prozess teilweise umgekehrt.53 Wie oben ausführlich

beschrieben wurde, hat sich die Spanne zwischen niedrigen und hohen Einkommen und

Vermögen vergrößert und es leiden immer mehr Menschen unter Armut und

Benachteiligung.54

Aber wie kann es zu diesem Widerspruch kommen? Als eine der Ursachen in den westlichen

Demokratien wird das Repräsentationsprinzip selbst angesehen.55 Dabei sind Partizipation

und politische Repräsentation zentrale Begriffe jeder modernen Theorie zur Demokratie.56

Diese Form wurde früh als bestes Modell angesehen, um den Bedürfnissen der

Allgemeinheit nachzukommen, so etwa in den Federalist Paper.57 Dies galt bis weit in das

20.Jahrhundert hinein. So formulierte Hanna Pitkin 1967: „But in fact, one of the most

important features of representative government is its capability for resolving the conflict

claims of the parts, on the basis of their common interest in the welfare of the whole.”58

Damit kommt zum Ausdruck, dass durch die gewählten Vertreter die Möglichkeit gegeben

ist, Politik zum Wohle aller zu machen, auch wenn dies zu einzelnen Zeitpunkten den

Interessen einiger Gruppen widerspricht. Dann aber kommt dieselbe Autorin 2004 zu der

Erkenntnis: „Despite repeated efforts to democratize the representative system, the

predominant result has been that representation has supplanted democracy instead of serving

it“.59 So vertreten politische Parteien nicht die Interessen sozial schwacher Menschen, weil

sie darin beispielsweise keinen Nutzen im Kampf um Macht sehen.60. „Was sich für die

Bedürfnisse derer einsetzen, die ohne Lobby und ohne Machtressource bedeutungslos für

politische Entscheidungsprozesse sind?“61 Sie orientieren sich daran, welche Themen

Erfolge versprechen und welche Wählergruppen sich aktivieren lassen.62 Dabei scheuen sie

53 Vgl. Rosanvallon, Pierre (2013): Die Gesellschaft der Gleichen, HIS-Verlags-Gesell., Hamburg, S.197. 54 Vgl. Thaa, Winfried/Linden, Markus (2011): Armut im demokratischen Wohlfahrtsstaat. In: Uerlings,

Herbert/Trauth, Nina/Clemens, Lukas (Hrsg.): Armut. Perspektiven in Kunst und Gesellschaft, Primus-Verlag, Darmstadt, S.140-149, S.142f.

55 Barber, Benjamin (1984): Strong Democracy, University of California Press, Berkeley/Los Angeles, S.146. 56 Vgl. Butterwegge, Christoph (2014), S.27. 57 Vgl. Mailton, Alexander/Madison, James/Jay, John (1787/1788): The Federalist Papers. A Collection of

Essays, New York. 58 Pitkin, Hanna (1967): The Concept of Representation, University of California Press, Berkeley/Los Angeles,

S.217. 59 Pitkin, Hanna (2004): Representation and Democracy: Uneasy Alliance. In: Scandinavian Political Studies

27 (3), S.335-342, S.339. 60 Vgl. Holtkamp, Lars (2000): Kommunale Haushaltspolitik in NRW – Haushaltslage –

Konsolidierungspotentiale – Sparstrategien, Diss., leske+budrich, Opladen, S.211. 61 Alisch, Monika (2002): Soziale Stadtentwicklung. Widersprüche, Kausalitäten und Lösungen, leske+budrich,

Opladen, S.40. 62 Vgl. Linden, Markus (2013), S.97

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

11

die „Identifikation mit »selbstverschuldeten Verlierern«“,63 denen kein gutes Image anhängt.

Eine Partei, die mehrheits- oder regierungsfähig ist und gleichzeitig einen Bezug zum Milieu

der benachteiligten Bürger hat, existiert nicht mehr.64 Erschwert wird die Vertretung dieser

Interessen auch durch eine Angleichung der politischen Positionen, die sich seit der

Jahrtausendwende verstärkt hat.65 „Das Eigengewicht der politischen Maschine hat die

Menschen gefühlsmäßig und faktisch von ihrem Staat getrennt.“66 So lässt sich insgesamt

feststellen, dass es zum einen neue Formen sozialer und politischer Ungleichheit gibt und

zum anderen eine Wandlungs- und Krisentendenz der repräsentativen Demokratie auch auf

lokaler Ebene existiert.67 Auf dieser Ebene werden die dargestellten Zusammenhänge

zusätzlich durch die aktuellen Herausforderungen beeinflusst, vor denen deutsche Städte

stehen.

1.3 Die Auswirkungen aktueller Herausforderungen deutscher Städte

Zu den Herausforderungen zählt beispielsweise, dass die Globalisierung zu einem starken

Wettbewerb zwischen den Städten führt und Anpassungen erfordert.68 Zudem birgt die

europäische Integration für Städte und Gemeinden in Deutschland sowohl Chancen als auch

Pobleme.69

Am präsentesten in der medialen Berichterstattung ist aber immer wieder die finanzielle

Notlage vieler Städte und Gemeinden. So titelte beispielsweise FOCUS-Online: „Bis zum

Hals in Schulden: So pumpen sich die Kommunen mit Giftkrediten voll“.70 Der Volksfreund

Trier titelte: „Trier ist die ärmste Stadt im Land“.71 Schon seit dem Beginn der 1990er Jahre

sprechen die kommunalen Spitzenverbänden in Deutschland von einer Krise der

63 Linden, Markus (2013), S.103f. 64 Vgl. ebd., S.103f. 65 Ebd., S.101. 66 Dienel, Peter C.(1991): Die Planungszelle. Eine Alternative zur Establishment-Demokratie, 2.Aufl.,

Westdeutscher Verlag, Opladen, S.10. 67 Linden, Markus/Thaa, Winfried (2014): Einleitung. In: Linden, Markus/Thaa Winfried (Hrsg.): Ungleichheit

und Repräsentation, Nomos Verlag, Baden-Baden, S.9-24, S.13. 68 Vgl. Schuster, Wolfgang (2010): Kommunalpolitik in Zeiten der Globalisierung: Global competition, local

leadership. In: Schuster, Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt, Kohlhammer Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart, S.1-21, S.1f.

69 Vgl. Burgi, Martin (2010): Europa und die Kommunen: Herausforderungen und Chancen. In: Schuster, Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt, Kohlhammer Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart, S.22-37, S.22f.

70 Szarek, Danuta (20.08.2013): Bis zum Hals in Schulden: So pumpen sich die Kommunen mit Giftkrediten voll. In: Focus-Online.

71 Volksfreund.de. (02.02.2009): „Trier ist die ärmste Stadt im Land“.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

12

kommunalen Haushalte. Mittlerweile sind fast alle deutschen Großstädte betroffen72

Dementsprechend ist die Haushaltslage das zentrale Thema in der lokalen Politik.73 Dabei ist

es ihr Ziel, die eigenen Ausgaben zu senken, um die Haushalte zu konsolidieren, ohne dabei

die Pflichtaufgaben einer Stadt zu vernachlässigen.74 Aber die Lage der Städte und

Gemeinden hat sich bereits soweit zugespitzt, dass selbst diese Pflichtaufgaben nicht immer

erfüllt werden können. Die Daseinsvorsorge können sie nicht mehr alleine gewährleisten.75

Immer größere Schuldenberge werden angehäuft und die Finanzierung der Haushalte über

Kassenkredite nimmt zu. Allein der Gesamtbetrag der Kassenkredite hat sich in den Jahren

von 1999 bis 2006 vervierfacht und ist danach weiter leicht angestiegen.76 2014 betrugen sie

in Deutschland 130 Milliarden Euro.77 Rheinland-Pfalz ist eines der Bundesländer, die von

dieser Entwicklung stark betroffen sind.78 Großstädte wie Trier haben Schulden und

unausgeglichene Haushalte vorzuweisen, weil sie stärker durch eine große Zahl von

Arbeitslosen und weitere Faktoren belastet sind.79 So tragen die sozialen Leistungen einen

großen Teil zu den Ausgaben und damit zu der Lage der kommunalen Haushalte bei. 2009

betrugen die Ausgaben aller deutschen Kommunen für soziale Leistungen bereits 40

Milliarden Euro und der Trend zeigt eine weitere Steigerung.80 „Kommunalhaushalte haben

sich zu Sozialhaushalten entwickelt.“81 Gleichzeitig sind wichtige Einnahmen

weggebrochen, wie durch die Einkommens- und Gewerbesteuer. Die Einnahmen aus

letzterer sind seit der Jahrtausendwende rückläufig.82 Allein 2009 war ein Rückgang von 15

Prozent zu verzeichnen.83 Dabei sieht es im Moment nicht so aus, als könnten die deutschen

Städte und Gemeinden ihre Situation aus eigener Kraft verbessern und in den Grenzen ihres

Gestaltungsspielraumes einen Ausweg aus ihrer Misere finden.84 Zur Verbesserung ihrer

Finanzlage versuchen sie unter anderem die städtischen Wohnungen, die vor allem zum

sozialen Wohnungsbau gehören, zu veräußern oder kommen einer Instandhaltung dieser 72 Vgl. Holtkamp, Lars (2010a): Zur aktuellen Lage der kommunalen Selbstverwaltung. In: Schieren, Stefan

(Hrsg.): Kommunalpolitik, Wochenschau-Verlag, Schwalbach, S.80-102, S.85. 73 Vgl. Bogumil, Jörg/Holtkamp, Lars (2006), S.131. 74 Vgl. Diemert, Dörte (2013): „Aktuelle Dimensionen der kommunalen Haushaltskrise. In: Haus,

Michael/Kuhlmann, Sabine (Hrsg.): Lokale Politik und Verwaltung im Zeichen der Krise, VS Verlag, Wiesbaden, S.84-118, S.84.

75 Vgl. Schieren, Stefan (2010), S.6. 76 Vgl. Holtkamp, Lars (2010a), S.85f. 77 Vgl. Deutscher Städte- und Gemeindetag (2014): Gemeindefinanzbericht 2014, Köln, S.1. 78 Vgl. Holtkamp, Lars (2010a), S.85f. 79 Vgl. ebd., S.86f. 80 Vgl. Diemert, Dörte (2013), S.93. 81 Deutscher Städte- und Gemeindetag (2014), S.1. 82 Vgl. Karrenberg, Hanns/Münstermann, Engelbert (2004): Stadtfinanzen: Rekorddefizite und Verfall der

Investitionen, Der Städtetag 1/2004, Köln, S.20. 83 Vgl. Holtkamp, Lars (2010a), S.98. 84 Vgl. Bogumil, Jörg/Holtkamp, Lars (2006), S.133.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

13

Wohnungen nicht ausreichend nach.85 Dies konnte in Trier in der Berichterstattung durch die

Medien mehrfach verfolgt werden.86 87 Eine weitere Reaktion der deutschen Kommunen

waren in der Vergangenheit vielfach Privatisierungen. Dadurch verschaffen sie sich in vielen

Fällen Vorteile bezüglich der Entlastung der Haushalte und der Steigerung öffentlicher

Leistungen, aber es ergeben sich auch Probleme der Steuerung. Lokale Parlamente verlieren

an Macht, demokratischer Mitbestimmung und Steuerungsfähigkeit, ohne dass die Bürger im

Gegenzug direkten Einfluss gewinnen.88 Die kommunale Selbstverwaltung verliert an

Gewicht.89 Es wird von „finanzieller Auszehrung“ und dem „Ausverkauf kommunaler

Interessen“ gesprochen.90 In der Situation geringer finanzieller Spielräume wird die Rolle

der gewählten Vertreter im Entscheidungsprozess also immer unwichtiger und die

Verwaltungsakteure werden bedeutsamer. Von den Fraktionen des Stadtrats oder der

Gemeindevertretung, die den Bürgermeister stützen, werden die Vorschläge der Verwaltung

den Bürgern dann als Sachzwänge vermittelt. In den Positionen der Parteien scheint es kaum

Unterschiede zu geben.91 Denn Sachzwänge lassen sich bei der nächsten Wahl leicht

verteidigen.92 Die tatsächliche Situation der kommunalen Haushalte und die sich daraus

ergebenden Auswirkungen werden den Bürgern nicht kommuniziert. Zum Teil wird durch

„Haushaltskosmetik sogar ein falsches Bild der Realität gezeichnet.93 Ausführliche Studien

zu der politischen Praxis in der Haushaltspolitik auf lokaler Ebene liefert Lars Holtkamp.94

Auf viele Anforderungen, wie etwa soziale Benachteiligung, können Städten und Gemeinden

in dieser Situation nicht mehr ausreichend reagieren.95 Obwohl die schlechte Haushaltslage

sehr oft mit höheren Anforderungen an den lokalen Sozialstaat einhergeht, wird er in der

85 Vgl. Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2000): Soziologie des Wohnens. Eine Einführung in Wandel und

Ausdifferenzierung des Wohnens. 2. Aufl. Juventa Verlag, Weinheim/München, S.17ff. 86 Vgl. SWR – Landesschau Rheinland-Pfalz Aktuell (20.5.2014): Ärger wegen Schimmel in Trier. Städtische

Wohnungen in der Kritik. 87 Vgl. Volksfreund.de (27.04.2010): Trierer Baudezernentin schlägt Alarm: Schimmel und andere Mängel in

kommunalen Wohnungen. 88 Vgl. Bogumil, Jörg/Holtkamp, Lars (2006), S.133f. 89 Vgl. Schieren, Stefan (2010), S.7 90 Ebd., S.7. 91 Vgl. Bogumil, Jörg/Holtkamp, Lars (2006), S.138. 92 Vgl. ebd., S.136. 93 Vgl. Holtkamp, Lars (2010a): Zur aktuellen Lage der kommunalen Selbstverwaltung. Demokratischen

Potenziale, einschneidende Haushaltkrisen und symbolische Politikangebote. In: Schieren, Stefan (Hrsg.): Kommunalpolitik, Wochenschau-Verlag, Schwalbach, S.99f.

94 Vgl. Holtkamp, Lars (2000): Kommunale Haushaltspolitik in NRW – Haushaltslage – Konsolidierungspotentiale – Sparstrategien, Diss., leske+budrich, Opladen, S.211.

95 Vgl. ebd., S.211.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

14

Folge gerade hier beschnitten.96 Die Politik schafft es nicht, die Situation der sozial

benachteiligten Menschen zu verbessern. So wächst die „Kluft“,97 die sich längst nicht nur

zwischen sozial benachteiligten Bürger und der Politik auftut. Die Wahlbeteiligung wird

niedriger, die Unzufriedenheit steigt und das Vertrauen in Politiker und Parteien nimmt ab.98

Dabei ist Vertrauen eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Legitimität der Politiker

von den Bürgern positiv bewertet wird.99

1.4 Das Ausmaß des Vertrauens in Parteien und politische Vertreter auf lokaler Ebene

Gabriel beschreibt, dass sich die Unterstützung der Demokratie anhand des Vertrauens der

Bürger in die Institutionen der betrachteten Ebene bemessen lässt.100 Dabei muss zwischen

verschiedenen Institutionen wie den Gerichten, der Polizei, den Regierungen und politischen

Parteien unterschieden werden.101 Hierbei schneiden die deutschen politischen Parteien und

Politiker besonders schlecht ab, unabhängig davon, ob die EU-Ebene, die Bundes-, die

Landes- oder die lokale Ebene betrachtet wird.102 Trotzdem gibt es zwischen den Ebenen

Unterschiede. So schildert Angelika Vetter unter Bezugnahme auf verschiedene Studien,

dass es Unterschiede im Ausmaß des Vertrauens der Bürger in Deutschland gibt, je nachdem

um welche Ebene es sich handelt. Demnach vertrauen die Menschen den Institutionen auf

lokaler Ebene mehr, als jenen auf nationaler oder europäischer Ebene.103

Ähnlich verhält es sich bei der Untersuchung des Vertrauens der Bürger in die Demokratie.

Auch hier wir der lokalen Ebene am meisten Vertrauen geschenkt. So sind 80 Prozent der

Befragten in Deutschland mit der lokalen Demokratie sehr zufrieden oder eher zufrieden,

während die Demokratie auf Bundesebene nur mit 70 Prozent positiv bewertet wird und das

96 Holtkamp, Lars (2011): Der lokale Sozialstaat im Lichte kommunaler Governance-Trends. In: Hanesch,

Walter (Hrsg.): Die Zukunft der „Sozialen Stadt“. Strategien gegen soziale Spaltung und Armut in den Kommunen, VS Verlag, Wiesbaden, S.157-180, S.177.

97 Klages, Helmut/Vetter, Angelika (2013): Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene, edition sigma, Berlin, S.7.

98 Vgl. ebd., S.7. 99 Vgl. Pähle, Katja (2008), S.265.

100 Vgl. Gabriel, Oscar W. (2008): Politische Einstellung und politische Kultur. In: Gabriel, Oscar W./Kropp, Sabine (Hrsg.): Die EU-Staaten im Vergleich. Strukturen, Prozesse, Politikinhalte, Springer Verlag, Wiesbaden, S.181-214, S.194ff.

101 Vgl. Gabriel, Oscar W. (2005): Politische Einstellungen und politische Kultur. In: Gabriel, Oscar W./Holtmann, Everhard (Hrsg.): Handbuch politisches System der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., Oldenbourg Verlag, München/Wien, S.457-522, S.498ff.

102 Vgl. Vetter, Angelika (2010), S.255. 103 Vgl. ebd., S.256.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

15

Urteil über die Demokratie auf EU-Ebene noch schlechter ausfällt.104 Die Gründe dafür sind

empirisch nicht belegt, aber es scheint mehrere zu geben. So sind die Kommunen sehr

wichtig für die Sozialisation, sie zeigen bei politischen Themen eine geringere Komplexität

und verfügen natürlich über eine größere Nähe zu den Bürgern als die anderen Ebenen.105

Dadurch verfügt die lokale Ebene über die höchste Responsivität zwischen den Bürgern und

der Politik.106 Wie bereits beschrieben wurde, zeigen die Bürger auch aufgrund der

Berichterstattung nur ein niedrigeres Interesse für die kommunale Politik als für die Politik

auf nationaler Ebene.107

Da es die lokale Ebene ist, auf der die Bürger den demokratischen Institutionen am meisten

Vertrauen schenken, sind hier die besten Voraussetzungen gegeben, um die

vertrauensbildenden Maßnahmen zu implementieren.108 Denn es zeigt sich, dass das

Vertrauen in die Demokratie auf nationaler Ebene höher ist, wenn es ein hohes Vertrauen in

die Demokratie auf lokaler Ebene gibt.109

1.5 Wege aus der Krise?

Damit befinden sich die Menschen, die in Deutschland soziale benachteiligt sind, in der

schwierigen Situation, dass sich die wirtschaften Ursachen dafür in nationalen oder sogar

internationalen Zusammenhängen verorten lassen. Sie sind die Verlierer dieser Entwicklung.

Wie in diesem Kapitel aufgezeigt wurde, beteiligen sich sozial schwache Menschen

wesentliche geringer an politischen Prozessen als ihre Mitbürger. Dies geht einher mit einer

schwachen Repräsentation ihrer Interessen, die sich vor allem aus der Lösung der Parteien

von sozialen Milieus, den Handlungslogiken der Parteien und den scheinbaren

Handlungszwängen lokaler Politik und Verwaltungen ergeben. Diese Entwicklungen wurden

als Teil einer Krise der Demokratie auf der lokalen Ebene dargestellt. Im Vergleich zu

anderen Ebenen ist nach diesen Ausführungen vor allem eine Krise ableitbar, weil die

Gemeinden und besonders die Städte in Deutschland ebenso wie die Bürger durch die

Auswirkungen nationaler und sogar internationaler Veränderungen beeinflusst werden. Wie

104 Vgl. Vetter, Angelika (2010), S.257f. 105 Vgl. ebd., S.258f. 106 Vgl. Gabriel, Oscar W. (1992): Wertewandel, kommunale Lebensbedingungen und die Aufgaben der

Kommunen am Beginn der 90er Jahre. Eine empirische Analyse politischer Einstellungen kommunaler Mandatsträger in 14 Städten. In: Schuster, Franz/Dill, Günter W. (Hrsg.): Kommunale Aufgaben im Wandel, Kohlhammer Deutscher Gemeindeverlag, Köln, S.149-235, S.153.

107 Vgl. Vetter, Angelika (2010), S.259. 108 Vgl. Klages, Helmut/Vetter, Angelika (2013), S.31. 109 Vgl. ebd., S.31.

Kapitel 1: Die Krise der lokalen Demokratie

16

erläutert wurde, führt vor allem die Haushaltslage der Städte zu Entwicklungen der

Entdemokratisierung auf lokaler Ebene.

Im Gegenzug ist nach Angelika Vetter und Helmut Klages jedoch auch festzustellen, dass

den demokratischen Institutionen auf lokaler Ebene am meisten Vertrauen geschenkt wird.

Daraus folgt, dass sich die lokale Ebene besser als alle anderen Ebenen eignet, um dort

Bürgerbeteiligung zu betreiben. Auch aus diesem Grund fordern mehrere Ansätze die

Reform der lokalen Ebene durch eine größere Einbeziehung der Bürger.110

Die Demokratie auf lokaler Ebene steht also unter den Zugkräften aktueller

Herausforderungen und Reformansätzen im Sinne einer stärkeren Beteiligung der Bürger. Im

Hinblick auf die soziale Ungleichheit in deutschen Städten und die Distanz zwischen der

sozial schwachen Bevölkerung und der Politik stellt sich die Frage, ob Angebote der

Bürgerbeteiligung alleine ausreichen, um diese Menschen an der Politik zu beteiligen. Dies

scheint vor dem Hintergrund der erläuterten Zusammenhänge unwahrscheinlich. Im

Folgenden wird die Notwendigkeit der Bürgerbeteiligung und des Empowerment der Bürger

aus politikphilosophischer Sicht dargestellt und ihre Bedeutung erläutert.

110 Vgl. Klages, Helmut/Vetter, Angelika (2013), S.28f.

Kapitel 2: Theorieteil

17

2 Theorieteil

Warum ist die weitreichende Einbeziehung der Bürger aus theoretischer Sicht in etablierten

Demokratien die geeignete Antwort auf die soeben beschrieben Problemzusammenhänge?

Weshalb ist die lokale Ebene hierzu der geeignete Ort?

2.1 Die theoretische Begründung einer starken Einbeziehung der Bürger auf lokaler Ebene

Diese Fragen werden im Folgenden durch die Vorstellung zweier Theorien beantwortet, die

die Beteiligung der Bürger fordern und dabei die lokale Ebene als den zentralen Ort zur

Umsetzung beschreiben, der Kommunitarismus nach Michael Walzer und die deliberative

Demokratie nach Jürgen Habermas. Anschließend werden die Begriffe der Direkten

Demokratie, Bürgerbeteiligung und Partizipation in Abgrenzung voneinander definiert, die

für die Betrachtungen und empirischen Untersuchungen der folgenden Kapitel die Grundlage

darstellen. Abschließend wird Empowerment als weiterer zentraler Begriff der vorliegenden

Arbeit erläutert. Am Ende des 1. Kapitels wurde bereits die Notwendigkeit angesprochen,

Bürger zur Artikulation und Vertretung ihrer politischen Interessen zu befähigen. Dieses

Vorhaben taucht auch in den Ansätzen des Kommunitarismus auf.

2.1.1. Der Kommunitarismus

Als wichtiger Vordenker des Kommunitarismus gilt Alexis de Tocqueville durch seine

Beschreibung der amerikanischen Gesellschaft.111 Kulturhistorisch liegen die Wurzeln des

Kommunitarismus im Puritanismus der dortigen Siedler begründet. Dieser geht davon aus,

dass die individuelle Verantwortung für das Allgemeine auch den sozialen Zusammenhalt in

einer Gesellschaft garantieren kann, die sich aus Siedlern vieler Nationalitäten

zusammensetzt.112 Der Kommunitarismus in seiner heutigen Form entstand zunächst als

Antwort auf die Streitschrift ‚Eine Theorie der Gerechtigkeit‘ von John Rawls113 und als

Reaktion auf die parallel dazu aufkommende wirtschaftsliberale Politik. So entwickelte er

sich bald zu einer gesellschaftlichen Grundsatzdebatte um die Frage, wie auf die modernen

111 Vgl. Reese-Schäfer, Walter (1999): Die praktische Bedeutung des kommunitaristischen Denkens in

Deutschland. Ein Überblick. In: Gegenwartskunde. Zeitschrift für Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Bildung, Nr. 3/1999, S.297-310, S.303.

112 Meier, Bernd (2000): Kommunitarismus. Politische Idee, Programmatik und empirische Befunde, Deutscher Instituts-Verlag, Köln, S.11.

113 Vgl. Rawls, John (1975): Ein Theorie der Gerechtigkeit, Suhrkamp, Frankfurt Main.

Kapitel 2: Theorieteil

18

Veränderungen der Gesellschaft reagiert werden kann.114 Diese Diskussion fand vor dem

Hintergrund dreier Annahmen statt: 1) So existiert keine ernsthafte Konkurrenz zum

kapitalistisch ausgerichteten Gesellschaftstyp. 2) Trotzdem ist die immer wieder

aufkommende Kritik, vor allem an einer zu großen Marktgläubigkeit, berechtigt. 3)

Angesichts wachsender Bürokratie und fehlender finanzieller Mittel ist eine Beschränkung

des Wohlfahrtstaates festzustellen.115

Im Kapitel 1 wurde ausführlich beschrieben, mit welchen Veränderungen sich die

Gesellschaften in den westlichen Industrienationen und damit auch Deutschland konfrontiert

sehen. Dabei rücken nun das Individuum und seine Haltung gegenüber seiner Umgebung in

den Fokus. Dabei wird allgemein angenommen, dass sich die Menschen immer mehr als

unabhängige Individuen begreifen und dieser „Triumphzug der Individualisierung“116 zu

einem Verlust des sozialen Wesens führt, dass der gemeinschaftliche Zusammenhalt

zunehmend schwindet und sich Privatinteressen und Egoismus in der Gesellschaft

durchsetzen, ja dass sich die Gesellschaft selbst auflöst. Inwiefern auch soziale Ungleichheit

zu einem Problem für den sozialen Zusammenhalt geworden ist, wurde ebenfalls im

vorhergehenden Kapitel geschildert.

Kommunitarismus als Antwort auf schwindenden sozialen Zusammenhalt

Diese republikanische Sorge brachte auch der amerikanische Soziologe Richard Sennett zum

Ausdruck: „Ein Regime, das den Menschen keinen Grund gibt, sich umeinander zu

kümmern, kann seine Legitimität nicht lange aufrechterhalten.“117 In dieser Situation wird

danach gesuchte, auf welchen Wegen es möglich ist, den Einzelnen und ganze

Gruppierungen, wie zum Beispiel sozial benachteiligte Menschen, stärker an der Politik zu

beteiligen. Gleichzeitig soll dadurch der bereits beschriebene Rückzug des Staates

ausgeglichen werden.118

114 Vgl. Embacher, Serge/Lang, Susanne (2008), S.147. 115 Vgl. Frankenberg, Günther (1994): Auf der Suche nach der gerechten Gesellschaft. Bemerkung zur

Fortsetzung der Kommunitarismus-Debatte. In: Frankenberg, Günther/Bernstein, Richard (Hrsg.): Auf der Suche nach der gerechten Gesellschaft, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt Main, S.7-24, S.10.

116 Meier, Bernd (2000): Kommunitarismus – Politische Idee, Programmatik und empirische Befunde, Deutscher Instituts-Verlag, Köln, S.14.

117 Sennett, Richard (1998): Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berlin-Verlag, Berlin, S.203

118 Vgl. Meier, Bernd (2000), S.8.

Kapitel 2: Theorieteil

19

Der Kommunitarismus ist eine politiktheoretische und philosophische Antwort auf diese

Frage und die Grundlage für Begriffe wie Zivilgesellschaft und Bürgergesellschaft.119 Die

Bezeichnung leitet sich vom englischen community ab120 und bringt das Anliegen zum

Ausdruck, Gemeinschaften zu fördern und wieder entstehen zu lassen.121 Gleichzeitig ist der

Kommunitarismus eine kapitalismus- und liberalismuskritische Strömung, die sich auch

gegen die Theorie der Gerechtigkeit von Rawls richtete.122 Dieser geht von Mitgliedern einer

Gesellschaft aus, die ihre Rechte selbstbewusst wahrnehmen können, ohne zu beachten, dass

in einer liberalen Ordnung die Menschen zunehmend weniger gemeinwohlorientiert sind.123

Der erste moderne Autor, der eine Kritik des Liberalismus nach John Rawls formulierte war

Michael Sanders mit seinem Buch ‚Liberalism and the limits of the justice‘.124 Er brachte

damit vor allem seine Kritik an dem von Rawls vertretenen Menschenbild zum Ausdruck

sowie an dessen Vorstellung eines fiktiven „Schleiers des Nichtwissens“.125 Als weitere

wichtige Vertreter des Kommunitarismus in der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit sind

vor allem Amitai Etzioni von der George-Washington-Universität und Michael Walzer aus

Princeton zu nennen. Heute steht der Kommunitarismus jedoch nicht nur für eine

amerikanische Bewegung, sondern auch für eine gemeinwesensorientierte Bestrebung in

Europa. In Deutschland reklamieren heute nahezu alle Parteien die

Gemeinwesensorientierung für sich.126

Die kommunitaristische Vorstellung von Gerechtigkeit

In diesem Kontext lohnt die Betrachtung der Gerechtigkeitsvorstellung des

Kommunitarismus, wie sie durch Michael Walzer formuliert wurde. Im Gegensatz zum

Liberalismus nach Rawls denkt Walzer, dass es keine allgemeingültige Gerechtigkeit gibt,

sondern Vorstellungen einer gerechten Ordnung in der Kultur jeder einzelnen

119 Vgl. Meier, Bernd (2000), S.9. 120 Haus, Michael (2003): Kommunitarismus – Einführung und Analyse, Westdeutscher Verlag, Wiesbaden,

S.11. 121 Vgl. Meier, Bernd (2000), S.15. 122 Vgl. Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005), S.142. 123 Vgl. Ladwig, Bernd (2013): Moderne politische Theorie, Wochenschau-Verlag, Schwalbach, S.259. 124 Vgl. Sandel, Michael (1982): Liberalism and the limits of justice, Cambridge University Press, Cambridge. 125 Embacher, Serge/Lang, Susanne (2008), S.150. 126 Vgl. Reese-Schäfer, Walter (1999), S.303.

Kapitel 2: Theorieteil

20

Gesellschaft.127 Eine solche Gesellschaft ist dann gerecht, wenn ihre Mitglieder auf eine

Weise zusammenleben, die den gemeinsamen Vorstellungen der Mitglieder entspricht.128

„Wenn sich die Mitglieder einer Gesellschaft über die Bedeutung von sozialen

Gütern uneins, wenn ihre Vorstellungen kontrovers sind, dann muß die

Gesellschaft, um gerecht zu sein, diesen Differenzen Rechnung tragen, indem sie

einerseits institutionelle Kanäle für ihre Artikulation schafft und andererseits

Adjukativtechniken (…) entwickelt.“129

In einer hochkomplexen Gesellschaft wiederum müssen laut Walzer einzelne Sphären der

Gesellschaft betrachtet werden, um für diese jeweils Gerechtigkeitsprinzipien festzustellen.

Beispiele solcher Sphären sind Politik, Wirtschaft und Bildung.130 Walzer will zwar nicht

alle Ungleichheiten in einer Gesellschaft beseitigen, aber die gegenseitige automatische

Bedingung von Ungleichheiten in verschiedenen Sphären muss vermieden werden.131 Dies

bedeutet zum Beispiel, dass eine Ungleichheit in der Bildung nicht zu einer Ungleichheit in

der Sphäre der Politik führen darf. So ist es ungerecht, wenn eine schlechtere Bildung eines

Bürgers zu einer schlechteren Vertretung seiner Interessen in der Politik einer Gesellschaft

führt. Im ersten Kapitel wurde jedoch dargestellt, dass die soziale Ungleichheit zu einer

politischen Ungleichheit führt. Der Zustand der Gesellschaft in vielen deutschen Städten

verstößt also gegen diese Gerechtigkeitsvorstellung.

Die zentralen Aussagen des Kommunitarismus

Was zeichnet den heutigen Kommunitarismus aus und worum geht es ihm? Es wurde bereits

seine Kritik des Liberalismus und die Betonung der Gemeinschaft angesprochen. Bei der

ausführlichen Beantwortung dieser Frage muss jedoch beachtet werden, dass sich die Ziele

und Vorstellungen je nach Autor unterscheiden. So beschreibt Etzioni die Idee der Theorie

wie folgt: „Wir Kommunitarier wollen mit unseren Mitbürgern den Wandel in den Werten,

Sitten und politischen Strategien herbeiführen, der uns im gesellschaftlichen Bereich das zu

tun erlaubt, was die ökologische Bewegung im Bereich der Natur anstrebt: unsere Zukunft

zu sichern und zu stärken.“132 Dabei kommt zum Ausdruck, dass die Kommunitaristen die

127 Vgl. Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005), S.142. 128 Vgl. Walzer, Michael (1992): Sphären der Gerechtigkeit. Ein Plädoyer für Pluralismus und Gleichheit,

Campus Verlag, Frankfurt Main, S.440f. 129 Ebd., S.440f. 130 Vgl. Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005), S.144. 131 Vgl. ebd., S.144. 132 Walzer, Michael (1992), S.441

Kapitel 2: Theorieteil

21

Hoffnung haben, den guten Staatsbürger zu schaffen, der sich vernünftig und moralisch

korrekt verhält.133 Der Staat soll gleichzeitig Aktivitäten unterstützen, die der Etablierung

gemeinsamer Ziele und Werte dienen.134

„Mindestens ebenso wichtig ist aber der moralische Impuls des

Kommunitarismus. Kommunitarier meinen, es sei gut, wenn Menschen sich mit

ihrer Bürgerrolle identifizieren. Nur wer die Mitgliedschaft in seinem

Gemeinwesen als in sich wertvoll empfindet, wird bereit sein, für dessen

Verteidigung und Verbesserung die nötigen Opfer zu bringen.“135

Die verschiedenen Spielarten des Kommunitarismus, wie den praktisch-reformerischen, den

theoretischen oder den philosophischen Kommunitarismus, sollen an dieser Stelle nicht

betrachtet einzeln werden.136 Stattdessen sollen die zentralen Aussagen als Schnittmenge

aller Strömungen des Kommunitarismus dargestellt werden. Walter Reese-Schäfer hat sich

dieser Aufgabe angenommen und zentrale fünf Punkte des Kommunitarismus

festgehalten:137

1) Es wird von einer konkreten Vorstellung von Gerechtigkeit ausgegangen, die sich in der

Gesellschaft praktisch umsetzen ließe. Dabei müssen verschiedene Faktoren, wie die Kultur,

die Sozialgeschichte, die Demografie oder die Staatsform beachtet werden.

2) Eng damit zusammen hängt die Sichtweise aller Kommunitaristen, dass der Mensch ein

soziales Wesen ist. Dies bedeutet, dass der Mensch immer in konkreten sozialen Kontexten

zu sehen ist.

3) Daher muss auch jede Gesellschaft für sich eine eigene Vorstellung entwickeln, worin das

„gute Leben“ besteht. Also welche materiellen, politischen und sozialen Verhältnisse für

diese eine Gesellschaft anzustreben sind. Diese theoretische Vorstellung des guten Lebens

soll laut den Kommunitaristen die Grundlage zum Erreichen einer wünschenswerten

Gesellschaft sein.

133 Vgl. Walzer, Michael (1996): Zivile Gesellschaft und amerikanische Demokratie, Suhrkamp, Frankfurt Main,

S.67. 134 Vgl. Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005), S.142. 135 Ladwig, Bernd (2013), S.262f. 136 Eine Beschreibung der verschiedenen Varianten findet sich z.B. bei Meyer, Thomas (1999): Sozialdemokratie

und Kommunitarismus. Impulse für die politische Erneuerung. In: Alemann, Ulrich von/Heinz, Rolf G./Wehrhöfer, Ulrich (Hrsg.): Bürgergesellschaft und Gemeinwohl, leske+budrich, Opladen, S.60-73.

137 Ganzer Abschnitt: Vgl. Reese-Schäfer, Walter (2001): Communitarism: Political Theory. In: International Ecyclopedia of the Social & Behavioral Sciences, Elsevier Verlag, Amsterdam, S.2334-2336.

Kapitel 2: Theorieteil

22

4) Ein weiterer gemeinsamer Punkt des Kommunitarismus ist der Begriff der Tugend. Dies

wird vor allem am Beispiel von Verträgen deutlich, die ohne die Tugend der Vertragstreue

keine Sicherheit der Einhaltung hätten.

5) Diese bisherigen Punkte führen zu einer weiteren Annahme des Kommunitarismus: Der

Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Gemeinschaft. Die Kommunitaristen wollen

letztere auch unter den modernen gesellschaftlichen Bedingungen erhalten und fördern.

Denn nur ein emotionales Zusammengehörigkeitsgefühl kann die Mitglieder einer

Gesellschaft dazu bewegen, sich verantwortungsvoll und solidarisch gegenüber bestimmten

Menschen zu verhalten. Nämlich den Mitgliedern der Gesellschaft, mit denen sie dieses

Zusammengehörigkeitsgefühl teilen, mit denen sie eine Gemeinschaft bilden.

Der Kommunitarismus kritisiert auch die in Städten stattfindende Ausgrenzung sozial

schwacher Bürger. Diese Menschen würden sich aus Furcht davor, sich in der Anonymität

der Stadt zu verlieren, ins Private und in vertraute Gemeinschaften zurückziehen. Die

negative Folge dieser Reaktion ist jedoch, dass diese Menschen ihre Chancen senken, im

öffentlichen Raum der Stadt zu lernen, für ihre Interessen einzustehen und politisch zu

agieren.138 Etzioni kritisiert in diesem Kontext eine „Unsensibilität der Welt gegenüber dem

Handelnden, die ihn Zwängen unterwirft, die er weder verstehen noch steuern kann.“139

Daher gehört zu den Forderungen des Kommunitarismus sowohl ein aktivierender Staat, als

auch eine aktive Gesellschaft. „Aktiv zu sein bedeutet zur Überwindung von Entfremdung

beitragen: Aktivität macht eine Gesellschaft sensibler gegenüber den Bedürfnissen ihrer

Mitglieder.“140 Dies entspricht den Vorstellungen des Empowerment.

Kritik am Kommunitarismus bezieht sich vor allem auf die Frage nach dem guten Leben und

die Forderung nach moralischen Werten für eine Gemeinschaft. Diese konservative Idee

steht im Gegensatz zu dem liberalen Anspruch auf eine solidarische Gemeinschaft. Dies

könne dazu führen, dass der Kommunitarismus zu einer Strömung entwickelt, die sich

generell gegen Modernisierung richtet.141 Da solidarische Gemeinschaften seiner Ansicht

nach nur kleine Gruppen umfassen können steht der Kommunitarismus zum Teil im

Gegensatz zum sozialstaatlichen Ziel der Annäherung von Lebensverhältnissen innerhalb

138 Vgl. Etzioni, Amitai (1998): Die Entdeckung des Gemeinwesens. Ansprüche, Verantwortlichkeiten und das

Programm des Kommunitarismus, Fischer Verlag, Frankfurt Main, S.277f und Becker, Martin (2014): Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesensarbeit in der Sozialen Arbeit, W. Kohlhammer, Stuttgart, S.49.

139 Etzioni, Amitai (1975): Die aktive Gesellschaft, Westdeutscher Verlag, Opladen, S.625. 140 Ebd., S.625. 141 Vgl. Honneth, Axel (1992): Individualisiserung und Gemeinschaft. In: Zahlmann, Christel (Hrsg.):

Kommunismus in der Diskussion, Rotbuch Verlag, Berlin, S.118-124, S.118.

Kapitel 2: Theorieteil

23

einer ganzen Gesellschaft.142 Damit kommt durch den Kommunitarismus auch die Forderung

nach der Dezentralisierung politischer Macht zum Ausdruck.143

Auch wenn die Hochzeit des Kommunitarismus als Gegenstand wissenschaftlicher Debatten

vergangen ist,144 bedeutet dies keinesfalls eine Widerlegung oder geringere Aktualität seiner

Aussagen. Daher werden sich die weiteren Aussagen immer wieder auf diesen Denkansatz

berufen, der als politiktheoretische Grundlage für eine neue Politik und für Projekte sozialen

Engagements verstanden werden kann.

2.1.2. Die deliberative Demokratie nach Jürgen Habermas

Die Benachteiligung von kleinen, überschaubaren Diskursgemeinschaften der

Zivilgesellschaft gegenüber Parteien, Behörden und Verbänden wirkenden Mächte, war Teil

der Motivation von Jürgen Habermas zur Formulierung seiner Theorie der deliberativen

Demokratie.145 Sie lässt sich auch als Beantwortung der Frage sehen, wie es der Gesellschaft

gelingen kann, mit ihren politischen Repräsentanten so zu kommunizieren, dass diese das

Ergebnis diskursiver Prozesse auch beherzigen.146 Der deliberative Ansatz soll eine Lösung,

für die Krise der Repräsentation und für viele weitere Herausforderungen wie „jene

aufgestauten Probleme andernorts versagenden funktionalen, moralischen oder ethischen

Integration der Gesellschaft“ darstellen.147 Wie der Kommunitarismus, geht auch Habermas

von negativen Folgen einer zunehmenden Individualisierung aus.

„Der heute feststellbare Pluralismus der Gesellschaft erschwert die in einem

demokratisch organisierten Gemeinwesen unerlässliche Verständigung zwischen

den unterschiedlichen Geltungsansprüchen der beteiligten Individuen und

gesellschaftlichen Fraktionen.“148

142 Vgl. Haus, Michael (2002): Theoretische Überlegungen zum Verhältnis von Bürgergesellschaft und lokaler

Politik – zwischen deliberativer Demokratie und kommunitärer Solidarität. In: Haus, Michael (Hrsg.): Bürgergesellschaft, soziales Kapital und lokale Politik. Theoretische Analysen und empirische Befunde, leske+budrich, Opladen, S.76-101, S.90

143 Vgl. ebd., S.89. 144 Vgl. Haus, Michael (2003), S.11. 145 Vgl. Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005), S.205. 146 Vgl. Ebd., S.206. 147 Habermas, Jürgen (1994): Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des

demokratischen Rechtsstaates, 4. Aufl., Suhrkamp, Frankfurt Main, S.388f. 148 Habermas, Jürgen (1995): Struktur der Öffentlichkeit: Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen

Gesellschaft, 4.Aufl. der Neuauflage von 1990, Suhrkamp, Frankfurt Main, S.35.

Kapitel 2: Theorieteil

24

Seiner Ansicht nach existiert in der heutigen „Posttraditionalen Gesellschaften“ keine

„Homogenität der Hintergrundüberzeugungen“.149 Stattdessen fänden wir einen

unübersichtlichen Pluralismus gleichberechtigter und gleichzeitig konkurrierender

Lebensformen. Auch diese Herausforderung rechtfertigt seinen kommunikationstheoretisch

basierten Ansatz, denn „nur eine kommunikationstheoretisch begriffene Demokratie ist auch

unter Bedingungen komplexer Gesellschaften möglich.“150 So entsteht deliberative Politik

laut Habermas in „einem Netzwerk von Diskursen und Verhandlungen“.151 Die Grundlage

deliberativer Politik sind dabei diskursive Formen politischer Entscheidungen.

„Die deliberative Politik gewinnt ihre legitimierende Kraft aus der diskursiven

Struktur einer Meinungs- und Willensbildung, die ihre sozialintegrative Funktion

nur dank der Erwartung einer vernünftigen Qualität ihre Ergebnisse erfüllen

kann. Deshalb bildet das diskursive Niveau der öffentlichen Debatte die

wichtigste Variable.“152

Deliberative Politik oder deliberative Demokratie wird in ‚Fakultät und Geltung‘ zum

zentralen Begriff, mit welchem Jürgen Habermas das anzustrebende Ziel eines

diskurstheoretisch fundierten Politik- und Demokratieverständnisses bezeichnet.153 Auf der

Grundlage der Kommunikationstheorie und der Psychoanalyse hat Habermas seine Theorie

entwickelt. Beide Wurzeln fordern die machtfreien Sprechsituationen, die es jedem

ermöglichen die eigenen Bedürfnisse auszudrücken und damit Gründe für den eigenen

Standpunkt zu reklamieren. Das Ziel ist es, dass sich die Teilnehmer auf einen gemeinsamen

Konsens verständigen. Allein Argumente bestimmen diesen Diskurs, der als herrschaftsfreier

Diskurs bezeichnet wird.154 Dies bedeutet, dass auch zwischen unvereinbar scheinenden

Positionen, die sich in unserer komplexen, pluralistischen Gesellschaft ergeben,

Kompromisse gefunden werden sollen.155 Diese Kompromisse sollen vernünftige Resultate

darstellen, die nachvollziehbar und anschlussfähig sind. Um dies zu erreichen ist es von

zentraler Bedeutung, dass Verfahrensregeln eingehalten werden. Dazu zählt, dass die

149 Habermas, Jürgen (1995), S.35. 150 Habermas Jürgen (1995a): Fragen der politischen Theorien, Suhrkamp, Frankfurt Main, S.137 151 Habermas, Jürgen (1994), S.369. 152 Ebd., S.369. 153 Vgl. Scheyli, Martin (2000): Politische Öffentlichkeit und deliberative Demokratie nach Habermas.

Institutionelle Gestaltung durch direktdemokratische Beteiligungsformen?, Nomos Verlag, Baden-Baden, S.37.

154 Vgl. Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005): Einführung in die politischen Theorien der Gegenwart, VS Verlag, Wiesbaden, S.201.

155 Vgl. Embacher, Serge/Lang, Susanne (2008), S.178.

Kapitel 2: Theorieteil

25

Verfahren fair und gerecht gestaltet werden und dass kein Teilnehmer a priori beansprucht,

allein die richtige Lösung für ein Problem zu kennen, sondern offen für Einwände ist.156 Es

soll also ein gerechtes Allgemeinwesen und die durch den Kommunitarismus kritisierten

Erscheinungen einer zunehmenden Individualisierung mit einander vereinbart werden,

indem man sie in diesen politischen Prozess der Meinungsbildung einbezieht.157 Daher

verlangt Habermas „die intellektuelle Rekonstruktion der aufklärerischen bürgerlichen

Öffentlichkeit unter den Bedingungen der Demokratie.“158

In diesem Prozess soll mit dem Mittel der Etablierung bestimmter Verfahren, das Ziel einer

größeren Wahrscheinlichkeit vernünftiger politischer Entscheidungen erreicht werden.159 Die

Fairness und die Akzeptanz dieser Verfahren durch alle Teilnehmer hängen von

Kompromissen über die Kommunikationsbedingungen und Verfahren ab, unter denen im

politischen Prozess immer noch vernünftige Resultate entstehen können.160

„Legitim sind letzten Endes im demokratischen Prozess nur solche politischen

Entscheidungen, welche aus der kommunikativ erzeugten politischen Macht der

Staatsbürgerinnen und Staatsbürger hervorgehen. Wesentlich ist dabei in erster

Linie, dass in der kommunikativ erzeugten Macht eine Selbstbestimmungspraxis

der beteiligten Bürgerinnen und Bürger zum Ausdruck kommt, die bestimmte

qualitative Ansprüche erfüllt.“161

Damit ist die Ausgestaltung von Kommunikationsvoraussetzungen das entscheidende

qualitative Merkmal von Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen. Eine

Institutionalisierung der Verfahren und Kommunikationsvoraussetzungen ist der wichtigste

Schritt von der Ebene theoretischer Grundlegungen zur Ebene praktischer Umsetzung.162

Auf diesem Weg soll die politische Öffentlichkeit zu einer „Arena für die Wahrnehmung,

Identifizierung und Behandlung gesamtgesellschaftlicher Probleme“ werden.163 Konkret

156 Vgl. Embacher, Serge/Lang, Susanne (2008), S.179. 157 Vgl. ebd., S.178. 158 Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005), S.205. 159 Vgl. Scheyli, Martin (2000), S.39. 160 Vgl. Habermas, Jürgen (1996): Drei normative Modelle der Demokratie. In: Habermas, Jürgen (Hrsg.): Die

Einbeziehung des Anderen – Studien zur politischen Theorie, Suhrkamp, Frankfurt Main, S.277-S.292, S.285.

161 Scheyli, Martin (2000), S.58. 162 Vgl. ebd., S.41. 163Habermas, Jürgen (1994), S.365.

Kapitel 2: Theorieteil

26

empfiehlt Habermas diskursive Verfahren, da diese sich besonders eignen um einem

Machtmissbrauch vorzubeugen.164

„Die Diskurstheorie macht das Gedeihen deliberativer Politik nicht von einer

kollektiv handlungsfähigen Bürgerschaft abhängig, sondern von der

Institutionalisierung entsprechender Verfahren und

Kommunikationsvoraussetzungen, sowie vom Zusammenspiel der

institutionalisierten Beratung mit informell gebildeten öffentlichen

Meinungen.“165

Auf diesem Weg kann laut Habermas auch ein Gleichgewicht zwischen Geld,

administrativer Macht, und Solidarität hergestellt werden. Also jener drei Ressourcen, die

der Befriedigung des Integrations- und Steuerungsbedarfs moderner Gesellschaften dienen.

In diesem Sinn funktionieren „(…)Verfahren und Kommunikationsvoraussetzungen der

demokratischen Meinungs- und Willensbildung (…) als wichtigste Schleuse für die

diskursive Rationalisierung der Entscheidungen einer an Recht und Gesetz gebundene

Regierung und Verwaltung.“166

Nun stellt sich die Frage, ob die lokale Ebene in Bezug auf die Institutionalisierung dieser

Verfahren geeignet ist. Dabei wird argumentiert, dass sich durch die heutigen

Interdependenzen die supranationale Ebene der Ort ist, an dem weitreichende

Entscheidungen getroffen werden und wo Deliberation präsent sein sollte.167 Aber

gleichzeitig bietet die lokale Ebene den besten Rahmen zur Deliberation. „Die

Dialogfähigkeit und die Verständigungsbereitschaft der Akteure dürften (…) mit steigendem

Lokalbezug der Problemlagen wachsen.“168 Zudem können sich „kommunalpolitische

Akteure einem politischen Handlungsdruck weniger leicht entziehen, als politische Akeure

auf der Bundes- und Landesebene. Sie können von der öffentlichen Debatte ‚vor Ort‘

und/oder von Initiativen gegen Arbeitslosigkeit, die teilweise von Organisationen der

Betroffenen selbst getragen werden, teilweise aber auch von ‚Sozialadvokaten‘

164 Vgl. Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005), S.204. 165 Habermas, Jürgen (1994), S.361. 166 Ebd., S.361. 167 Haus, Michael (2002), S.83. 168 Lamping, Wolfram/Schridde, Henning (2002): Umweltpolitische Steuerung in der Neuorientierung – Agenda

21 als Herausforderung für lokale Politik. In: Heinelt, Hubert/Mühlich, Eberhardt (Hrsg.): Lokale „Agenda 21“ Prozesse, leske+budrich, Opladen, S.80-100, S.91.

Kapitel 2: Theorieteil

27

(Wohlfahrtsverbände/Kirchen) ausgehen, in die Pflicht genommen werden“169 Weiterhin

wird angenommen, dass „sich die öffentlichen Kommunikationsprozesse umso unverzerrter

vollziehen können, je mehr sie der Eigendynamik einer aus der Lebenswelt hervorgehenden

Zivilgesellschaft überlassen bleiben.“170 Damit teilt die deliberative Demokratie mit dem

Kommunitarismus die Einschätzung, dass eine Dezentralisierung politischer Entscheidungen

anzustreben ist.

2.1.3. Schlussfolgerung

Damit fordern sowohl der Kommunitarismus als auch das deliberative Modell die stärkere

Einbeziehung der Bürger, um Lösungen auf mehrfach angesprochene, aktuelle Probleme und

Herausforderungen zu finden. Insbesondere betonen beide die Problematik sozialer

Benachteiligung. Diese Einschätzungen werden von einer Vielzahl weiterer Autoren geteilt,

wie zum Beispiel Robert Dahl.171 Der Kommunitarismus fordert besonders, dass es nötig ist,

die Bürger und die ganze Gesellschaft zu aktivieren. Damit sei auch eine größere

„Sensibilität“ zu erreichen.172 Und die deliberative Demokratietheorie kann als eine Antwort

auf die Krise der repräsentativen Demokratie gesehen werden, welche bereits im letzten

Kapitel beschrieben wurde.

Die geeignetste Ebene zur Beteiligung der Bürger ist nach Vorstellungen der deliberative

Demokratie die lokale Ebene. Diese sei die vorrangige Ebene zur Institutionalisierung von

diskursiven Verfahren. Der Kommunitarismus betont die Bedeutung der lokalen Ebene noch

stärker. Dies kommt auch in der mehrfach erwähnten Forderung des Kommunitarismus nach

Dezentralisierung zum Ausdruck.173 Gleichzeitig wird immer wieder die Benachteiligung

einzelner Gruppen kritisiert und vor allem durch die deliberative Demokratietheorie die

Möglichkeit vorgegeben, die Belange dieser Menschen in den politischen Diskurs zu

integrieren. Es soll möglich werden, die Distanz zwischen den Bürger, vor allem den

passiven Bürger, und den professionellen Akteuren der lokalen Politik und Verwaltung

aufzuheben.174 In diesem Sinne sollen Politik und insbesondere Entscheidungen mit sozialen

169 Heinelt, Hubert (1998): Kommunale Arbeitsmarktpolitik. In: Wollmann, Helmut/Roth, Roland (Hrsg.):

Kommunalpolitik. Politisches Handeln in den Gemeinden, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, S.633-644, S.635.

170 Habermas, Jürgen (1992), S.453. 171 Vgl. Dahl, Robert (1967): The City in the Future of Democracy. In: American Political Science Review, Nr.

61, S.953-970, S.953ff. 172 Etzioni, Amitai (1975), S.625. 173 Vgl. Haus, Michael (2002), S.91 174 Vgl. ebd., S.79.

Kapitel 2: Theorieteil

28

Auswirkungen einer „Vergesellschaftung“ unterliegen.175 Damit werden Bürgerbeteiligung

und Empowerment im Kontext sozialer Ungleichheit durch beide Theorien motiviert.

2.2 Die Darstellung der Begriffe Direkte Demokratie, Partizipation und Bürgerbeteiligung

Im Folgenden werden drei wesentliche Begriffe der vorliegenden Masterarbeit beschrieben.

Dabei soll eine gemeinsame Wissensbasis geschaffen werden, welche als Grundlage zur

Analyse der Fragestellung dient. Ferner sollen auch die Berührungspunkte dieser drei

inhaltlich sehr nah beieinanderliegenden Termini aufgezeigt werden.

2.2.1 Direkte Demokratie

Um die Wortbedeutung des Begriffes der direkten Demokratie besser verstehen zu können,

ist es in einem ersten Schritt notwendig, die unmittelbare Herkunft sowie die

Zusammensetzung dieses Terminus kurz darzulegen. Unter Demokratie versteht man im

Allgemeinen die „(…) Herrschaft oder Machtausübung des Volkes oder Herrschaft der

Vielen“176. Die ersten Vorläufer der Demokratie entstanden vor ungefähr 2500 Jahren im

antiken Griechenland.177 Aus diesem Zusammenhang heraus ist es sinnvoll die

Wortbedeutung aus dem Griechischen herzuleiten: ‚demos‘ ist das griechische Wort für

‚Volk‘ und ‚kratein‘ der Ausdruck für ‚herrschen‘.178 Der Terminus Demokratie ist eine

Zusammensetzung dieser beiden Begriffe und folglich mit der Formulierung ‚Herrschaft des

Volkes‘ zu übersetzen.179 Unter einer direkten Demokratie wird heute die „(…) unmittelbare

Einwirkung von Bürgern einem in der Regel demokratisch-legitimierten Gemeinwesen

beziehungsweise politischen System auf eine bestimmte Entscheidung“180 verstanden.

Wird anschließend der Begriff der direkten Demokratie näher betrachtet, so tauchen schnell

zwei unterschiedliche Verständnisse auf, zwischen welchen klar getrennt werden muss. Zum

175 Walzer, Michael (1988): Socializing the Welfare State. In: Gutmann, Amy (Hrsg.): Democracy and the

Welfare State, Princeton University Press, Princeton, S.13-26, S.21. 176 Schmidt, Manfred Gustav (2010): Demokratietheorien. Eine Einführung, VS Verlag, Bonn, S. 17. 177 Vgl. Kost, Andreas (2008): Direkte Demokratie, VS Verlag, Wiesbaden, S. 17. 178 Vgl. ebd., S.17. 179 Vgl. ebd., S.17. 180 Kost, Andreas (2005): Direkte Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung. In: Kost,

Andreas (Hrsg.): Direkte Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, VS Verlag, Wiesbaden, S.7-13, S.8.

Kapitel 2: Theorieteil

29

einen wird direkte Demokratie als eine eigene Form politischer Herrschaft verstanden.181

Hier existieren keine frei gewählten Repräsentanten, welche den Willen des Volkes vertreten

sollen, wie es beispielsweise bei der repräsentativen Demokratie der Fall ist. Die politische

Macht wird direkt und ausschließlich durch die abstimmungsberechtigten Bürger

ausgeübt.182 Schon Jean-Jacques Rousseau hat diese Form der politischen Herrschaft

favorisiert: „Jedes Gesetz, dass das Volk nicht selbst beschlossen hat, ist nichtig; es ist

überhaupt kein Gesetz.“183

Zum anderen wird unter dem Begriff der direkten Demokratie ein politisches

Entscheidungsverfahren verstanden. Binnen dieses Entscheidungsverfahrens können Bürger

in sogenannten Volksabstimmungen über politische Inhalte abstimmen. Dies geschieht

unabhängig von den Wahlen der Repräsentanten. Innerhalb dieses Verständnisses wird die

direkte Demokratie nicht als Gegenpol zur repräsentativen Demokratie definiert, sondern sie

bildet ein erweiterndes Element einer solchen. Die direktdemokratischen

Entscheidungsverfahren werden als ergänzendes Instrument politischer Beteiligung im

System der repräsentativen Demokratie verstanden.184

In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff direkte Demokratie nicht mit dem Verständnis

einer eigenen unabhängigen politischen Herrschaftsform verwendet, sondern als

„(…) ein Zusammenspiel von unterschiedlichen in den jeweiligen Verfassungen

und Gesetzen festgeschriebenen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten der

Bürgerinnen und Bürger und (…) die unmittelbare Einwirkung in einem

politischen System auf eine bestimmte Entscheidung.“185

Das politische System der Bundesrepublik Deutschland beruht laut Verfassung auf einer

repräsentativen Demokratie.186 Allerdings sind auf Länder- sowie Kommunalebene einige

direktdemokratische Elemente vorhanden, welche im Sinne des zweiten

Begriffsverständnisses für ein Mehr an Bürgerbeteiligung sorgen sollen.187 Hierzu zählen

zum Beispiel die Direktwahl des Landrates und des Bürgermeisters sowie Volksbegehren

181 Vgl. Blatt, Helge (2006): Direktdemokratie im internationalen Vergleich. In: Bundeszentrale für politische

Bildung: APuZ. 182 Vgl. ebd. 183 Rousseau, Jean-Jacque (2001): Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts. Herausgegeben

von Brockard, Hans, Reclam Verlag, Ditzingen, S.103. 184 Vgl. Blatt, Helge (2006). 185 Kost, Andreas (2008), S. 25. 186 Vgl. Marschall, Stefan (2007): Das politische System Deutschlands, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz,

S.45ff. 187 Vgl. Kost, Andreas (2008), S.35ff, 56ff, 66ff.

Kapitel 2: Theorieteil

30

und die unter Umständen daraus resultierenden Volksentscheide.188 In diesen Verfahren

haben die Bürger die Möglichkeit ihre Interessen selbstständig zu vertreten und wirken somit

am politischen Entscheidungsprozess mit, sodass ein kleiner Teil der Volkssouveränität,

ganz nach dem Gedankengut von Jean-Jacques Rousseau, erhalten bleibt.189

2.2.2 Partizipation

Die Bedeutung des Wortes Partizipation lässt sich leicht anhand des lateinischen Begriffes

‚particeps‘ ableiten. Es bedeutet so viel wie ‚an etwas teilnehmen‘ oder ‚sich an etwas

beteiligen‘.190 Damit ist Partizipation ein wesentlicher Bestandteil einer jeden Demokratie,

denn ohne ein bestimmtes Mindestmaß an Beteiligung seitens der Bürger kann kein

demokratisch geprägtes Gemeinwesen existieren.191 Wenn in dieser Arbeit von Partizipation

gesprochen wird, so ist dessen Bedeutung im politischen oder sozialen Kontext gemeint.

Eine prägnante Definition dieses Begriffes gibt Wilhelm Kux in seiner Abhandlung über

Effektivierungsmöglichkeiten politischer Partizipation durch Dezentralisierung von

Entscheidungsstrukturen. Er beschreibt Partizipation als

„(…) Einbringung konkreter Interessen an politischen Entscheidungen in Phasen

des Entscheidungsprozesses zur Erhöhung der Chancen: für die Interessenten, in

der Entscheidungsselektion des politischen Systems berücksichtigt zu werden,

für das System, seine Umwelt-Informationen zu erhöhen.“192

Hier wird davon ausgegangen, dass es sich bei Partizipation um die „Einbringung konkreter

Interessen“193, also um die Einbringung sichtbarer Verhaltensweisen, handelt. In Bezug auf

diesen Aspekt gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten in der Wissenschaft. So

bezeichnet der Politikwissenschaftler Günter Radtke schon die gedankliche

Auseinandersetzung mit Politik als eine Form der politischen Partizipation.194 In der

188 Vgl. Kost, Andreas (2005), S.7-13, S.8f. 189 Vgl. Marschall, Stefan (2007), S.45f. 190 Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.J.): Partizipation. In:

Lexikon der Entwicklungspolitik. 191 Vgl. Steinbrecher, Markus (2009): Politische Partizipation in Deutschland, Nomos Verlag, Baden-Baden,

S.15. 192 Kux, Wilhelm (1980): Effektivierungsmöglichkeiten politischer Partizipation durch Dezentralisierung von

Entscheidungsstrukturen. In: Nelles, Wilfried/Oppermann, Reinhard (Hrsg.): Partizipation und Politik, Verlag Otto Schwartz und Co, Göttingen, S.113-150, S.116.

193 Ebd., S.116. 194 Vgl. Radtke, Günter (1976): Teilnahme an der Politik. Bestimmungsgründe der Bereitschaft zur politischen

Partizipation. Ein empirischer Beitrag, Heggen Verlag, Leverkusen, S.16.

Kapitel 2: Theorieteil

31

Literatur lässt sich noch eine Vielzahl von weiteren Definitionen des Begriffes ausmachen,

welche alle auf den einen oder anderen Bereich der Partizipation mehr oder weniger viel

Gewicht legen. Aus diesem Grund soll in dieser Arbeit der Partizipationsbegriff von

Professorin Dorothée de Nève und Tina Olteanu zu Grunde liegen, welcher die Vielfalt

dieses Begriffes einzufangen weiß:

„Partizipation werden im Folgenden Handlungen und Verhaltensweisen von

BürgerInnen, Gruppen und/oder Institutionen beschrieben, mit denen diese

gesellschaftspolitische Prozesse anregen, initiieren, gestalten und/oder

beeinflussen bzw. über bereits bestehende Strukturen und Entscheidungen

reflektieren.“195

Unter Berücksichtigung der Forschungsfrage dieser Arbeit, spielt Partizipation in Bezug auf

die Integration von Menschen und Bezirken im städtischen Bereich eine wesentliche Rolle.

Die Möglichkeit Bürger sowie abgegrenzte Stadtteile in ein gegebenes Stadtbild zu

integrieren, stellt Partizipation als einer der zentralen Gesichtspunkte im Themenbereich der

Integration von Gesellschaften dar.196 In der Regel tauchen Partizipationsforderungen dort

auf, wo Angehörige der politischen Eliten sowie Regierungsmitglieder beobachten, dass die

Gesellschaft oder ein Teil der Gesellschaft ihre Interessen nicht vertritt, was sich unter

anderem in einer niedrigen Wahlbeteiligung wiederspiegelt.197 Da ein solcher Aufruf der

politischen Eliten oft zu keinen wahrnehmbaren beziehungsweise nur sehr geringen

Fortschritten führt, stellt sich die Frage nach einer Aktivierung der Bevölkerung von innen

heraus.198 Hierbei spielen Empowerment-Prozesse eine zentrale Rolle, denn sie versuchen

eine intrinsische Motivation in den nicht partizipierenden Bürgern zu wecken.199 Damit es

möglich ist, die vorhandenen Partizipationsprozesse zu bewerten und Fortschritte oder

Verschlechterungen im Laufe der Zeit aufzuzeigen, ist es notwendig eine qualitative

Bewertungsskala für diese Prozesse zu finden. Ein solches Bewertungssystem wird im

Folgenden vorgestellt.

195 de Nève, Dorothée/Olteanu, Tina (2013): Politische Partizipation jenseits der Konventionen. In: de Nève,

Dorothée/Olteanu, Tina (Hrsg.): Politische Partizipation jenseits der Konventionen, Barbara Budrich Verlag, Berlin, S.11-28, S.14.

196 Vgl. Bora, Alfons (2005): ‚Partizipation‘ als politische Inklusionsformel. In: Gusy, Christoph/Haupt, Heinz-Gerhard (Hrsg.): Inklusion und Partizipation. Politische Kommunikation im historischen Wandel, Campus Verlag, Frankfurt, S.15-34, S.15.

197 Vgl. ebd., S.15f. 198 Vgl. ebd., S.15f. 199 Vgl. Kapitel 2.3 - Empowerment für eine stärkere Selbstbestimmung der Bürger.

Kapitel 2: Theorieteil

32

In der Literatur gibt es

unzählige

Beteiligungsverfahren – ob

formell oder informell –

durch welche sich Bürger

augenscheinlich aktiv an der

Gestaltung ihrer

Lebensumgebung beteiligen

können.200 Ob diese

Beteiligungsverfahren aber

eine echte Partizipation, im

Sinne von Mitbestimmung

und Mitgestalten oder nur

eine sogenannte ‚Schein-

Partizipation‘ darstellen, ist

oft fraglich. Aufgrund dieser

Problematik hat Sherry

Arnstein im Jahr 1969 ein

Stufenmodell – die Ladder of Citizen Participation – entwickelt, in welchem die

verschiedenen Partizipationsstufen eindeutig bestimmbar sind.201 Die Aufteilung dieses

Modells geschieht in acht Stufen, welche den Grad an Partizipation wiederspiegeln. In den

untersten beiden Stufen ‚Manipulation‘ und ‚Therapy‘ besteht nach Arnstein kein echter

Partizipationsanspruch, weshalb sie diese mit ‚Nonparticipation‘ tituliert.202 „Their real

objective is not to enable people to participate in planning or conducting programs, but to

enable powerholders to ‚educate‘ or ‚cure‘ the participants.“203 Die dritte bis fünfte Stufe

führt Sherry Arnstein unter dem Begriff ‚Degrees of tokenism‘.204 Dieser Begriff bedeutet

übersetzt etwa so viel wie ‚Schein-Partizipation‘. Erst auf den Stufen sechs bis acht spricht

200 Vgl. Kapitel 2.2.3 - Bürgerbeteiligung. 201 Vgl. Arnstein, Sherry (1969): A Ladder of Citizen Participation, S.216f. 202 Vgl. Abbildung 2.1. 203 Vgl. Arnstein, Sherry (1969), S.217. 204 Vgl. Abbildung 2.1.

Abbildung 2.1: Eight Rungs on a Ladder of Citizen Participation.

Quelle: Arnstein, Sherry (1969), S.217.

Kapitel 2: Theorieteil

33

Arnstein von einer ‚echten Beteiligung‘ der Bürger: „Further up the ladder are levels of

citizen power with increasing degrees of decision-making clout.“205

Die ‚Eight Rungs on a Ladder of Citizen Participation‘ machen deutlich, welche

Unterschiede in Bezug auf die Qualität von Partizipationsmöglichkeiten bestehen.

Ausgehend von diesem Modell hat Professor Klaus Selle in seinem Buch ‚Über

Bürgerbeteiligung hinaus: Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe?‘ vier Schichten der

Mitwirkung beziehungsweise Beteiligung an Stadtentwicklungsprozessen ausgemacht,

welche er unter Berücksichtigung des Kommunikationsbegriffes ableitet:

„Information: Ein- oder wechselseitiges In-Kenntnis-Setzen zwischen Akteuren über

Ziele, Absichten, Inhalte, Rahmenbedingungen etc. von Plänen und Projekten;

Partizipation: wechselseitige Kommunikation, Mitwirkung an Meinungsbildungs-

und Entscheidungsprozessen jeweils dominierender bzw. letztverantwortlicher

Akteure;

Koordination: Bezugnahme auf das Handeln andere Akteure, ggf. Abstimmung von

Aktivitäten;

Kooperation: Auf gemeinsame Angelegenheiten bezogene (häufig temporäre)

Zusammenarbeit selbstständiger Akteure.“206

Diese vier Schichten sind im Unterschied zum Modell von Sherry Arnstein jedoch nicht als

qualitativ ansteigend zu betrachten, sondern bieten die Möglichkeit jede Form von

Kommunikation im Stadtentwicklungsprozess auf ihren Gehalt hin zu prüfen.207 Der

Partizipationsbegriff bildet in dieser Arbeit eine Basis, mit der es möglich ist gegen

Fehlentwicklungen im Stadtentwicklungsprozess vorzugehen. Ebenso ist Partizipation eine

Grundvoraussetzung für Bürgerbeteiligung, mit welcher sich das nächste Kapitel befassen

wird.

205 Vgl. Arnstein, Sherry (1969), S.217. 206 Selle, Klaus (2013): Über Bürgerbeteiligung hinaus: Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe? Analysen

und Konzepte, Verlag Dorothea Rohn, Detmold, S.72. 207 Vgl. ebd., S.72.

Kapitel 2: Theorieteil

34

2.2.3 Bürgerbeteiligung

Wie schon angesprochen fußt die Bürgerbeteiligung auf dem Beteiligungs- und

Teilnahmeprozess. Die Sozialpädagogin Dr. Maria Lüttringhaus gibt eine sehr detaillierte

Definition der Bürgerbeteiligung. Nach ihr kann Bürgerbeteiligung

„(…) als rein passiver Akt verstanden werden, bei dem lediglich reaktiver

Einfluss gewährt wird (Teilnahmegewährung). In dem hier zugrundeliegenden

Konzept wird dieser Akt jedoch als aktiv gestalteter Prozess verstanden, der

deshalb als Teilnahmestärkung bezeichnet wird. Es geht bei dieser Klasse von

Handlungen nicht nur um die strukturellen Möglichkeiten der Teilnahme (z.B.

durch gesetzliche Festschreibung der Bürgerbeteiligung in der Bauleitplanung),

sondern immer auch darum, mit welchen Standards diese »Hülle« gefüllt wird,

d.h. wie Bürgerbeteiligung qualifiziert wird.“208

Die Integration der Bürger in den Stadtentwicklungsprozess ist von grundsätzlicher

Bedeutung. Dies ermöglicht ihnen ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen bezüglich ihrer

Lebenswelt mit einzubringen, was wiederum zu einer starken Identifikation mit der Stadt

führt.209 Um dies zu verwirklichen ist es essentiell, dass „(…) Bürgerbeteiligungen zukünftig

frühzeitig und kontinuierlich auf allen Verfahrensebenen durchgeführt werden.“210 Bei

diesen Beteiligungsverfahren muss darauf geachtet werden, dass eine ‚echte Partizipation‘

der Bürger stattfindet.211

Historisch gesehen zeichnete sich eine erste Entwicklung der Bürgerbeteiligung zu Beginn

der 1970er Jahre ab, welche vom damaligen Bundeskanzler Willy Brandt initiiert wurde.

Brandt hat sich unmissverständlich für ein ‚Mehr‘ an Demokratie eingesetzt. Rückblickend

auf die letzten 40 Jahre hat sich diesbezüglich viel getan. Die Beteiligungsmöglichkeiten der

Bürger wurden stetig ausgebaut, sodass heute in allen 16 Bundesländern Bürgerentscheide

sowie Volksentscheide auf Länderebene durchführbar sind.212

208 Lüttringhaus, Maria (2000): Stadtentwicklung und Partizipation, A&B Druck, Bonn, S.22. 209 Vgl. Renner, Mechthild (2007): Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an der Stadtentwicklung. Ein

Überblick mit Beispielen aus Projekten. In: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.): Bürgermitwirkung in Stadtentwicklungsprozessen, Heft 1, S.1-15, S.3.

210 Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2014): Handbuch für eine gute Bürgerbeteiligung, S.11.

211 Vgl. Kapitel 2.2.2 – Partizipation. 212 Vgl. Kumpf, Ute (2011): Mehr direkte Demokratie wagen! In: Beck, Kurt/Ziekow, Jan (Hrsg.): Mehr

Bürgerbeteiligung wagen. Wege zur Vitalisierung der Demokratie, VS Verlag, Wiesbaden, S.15-20, S.15f.

Kapitel 2: Theorieteil

35

Es gibt unterschiedliche Formen von Bürgerbeteiligung, welche sich konkret in formelle und

informelle Beteiligungsformen aufteilen. Formelle Beteiligungsverfahren zeichnen sich in

erster Linie dadurch aus, dass sie in der Gemeindeordnung des jeweiligen Landes gesetzlich

festgeschrieben sind. Es besteht also ein direktes Recht der Bürger sich in die von den

Kommunen geplanten Projekte miteinzubringen. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass die

repräsentative Demokratie durch den Zuwachs an direktdemokratischen Verfahren

ausgehöhlt wird. Die formellen Beteiligungsverfahren werden eher als Möglichkeit gesehen,

den Menschen mehr Transparenz und Bürgernähe zu bieten.213

Zu den bekanntesten formalen Instrumenten auf kommunaler Ebene gehören zweifelsohne

das Bürgerbegehren und der Bürgerentscheid. Baden-Württemberg beschloss als erstes

Bundesland die Einführung dieser direktdemokratischen Partizipationsinstrumente und

manifestierte sie 1955 in der Gemeindeordnung.214

Bürgerbegehren:

Bevor ein Bürgerentscheid abgehalten werden kann, müssen die Bürger zuvor ein

Bürgerbegehren durchsetzen. Dabei ist es verpflichtend gewisse Verfahrensregeln

und Fristen einzuhalten, welche sich stark von Bundesland zu Bundesland

unterscheiden. Es wird von einem gelungenen Bürgerbegehren gesprochen, wenn in

der gesetzten Frist eine gewisse Anzahl von Unterschriften gesammelt wurde, sodass

das in der Gemeindeordnung festgeschriebene Quorum erreicht wurde.215 Die Quoren

sind von den Einwohnerzahlen der Städte oder Gemeinden in einem Bundesland

abhängig, wobei jedes Bundesland ihre Quoren individuell festgelegt hat. Hierdurch

kommt es zu großen Unterschieden zwischen den einzelnen Bundesländern, was die

Erreichung eines positiven Bürgerbegehrens betrifft. So müssen in manchen Städten

Deutschlands (München und Köln) nur drei Prozent der Bürger unterschreiben, um

den Bürgerentscheid zu veranlassen, wohingegen in anderen Bundesländern

(Rheinland-Pfalz und Sachsen) mindestens 15 Prozent benötigt werden.216

213 Vgl. DStGB Dokumentation (2013): Bürgerbeteiligung bei kommunalen Vorhaben und in der

Stadtentwicklung, Verlag Winkler und Stenze, Burgwedel, S.6. 214 Vgl. Kost, Andreas (2006): Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Deutschland. In: Bundeszentrale für

politische Bildung (Hrsg.): APuZ, 56. Jahrgang, Heft 10, S.25-31, S.26. 215 Vgl. DStGB Dokumentation (2013), S.7. 216 Vgl. Kost, Andreas (2006), S.27f.

Kapitel 2: Theorieteil

36

Bürgerentscheid:

Kommt es anschließend nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren zu einem

Bürgerentscheid, so haben die Bürger die Chance auf die zum Votum gestellte Frage

mit ‚Nein‘ oder ‚Ja‘ zu antworten. Damit die Abstimmung rechtskräftig wird, gibt es

in jedem Bundesland, bis auf Hamburg, ein Mindestquorum an Wahlberechtigten,

welches erfüllt werden muss. Dieses bewegt sich zwischen zehn Prozent (Bayern und

Nordrhein-Westfalen) und 25 Prozent (Baden-Württemberg und Niedersachsen).217

Wurde das Quorum erfüllt, so ist der Bürgerentscheid verbindlich und muss von der

Kommune umgesetzt werden. Durch die zum Teil sehr hohen Quoren des

Bürgerbegehrens kommt es in vielen Bundesländern zu so gut wie keinem

Bürgerentscheid. Beispielsweise im Saarland gab es in der Vergangenheit nahezu

keine Bürgerentscheide, wohingegen in Bayern und Nordrhein-Westfalen diese

direktdemokratischen Partizipationsinstrumente auf der Tagesordnung stehen.218

Aufgrund dieser Gegebenheiten rückten in den letzten Jahren die informellen

Beteiligungsverfahren immer mehr in den Vordergrund.

Informelle Beteiligungsmöglichkeiten sind gesetzlich nicht vorgeschrieben, gewinnen aber

im kommunalen Entscheidungsprozess zunehmend an Bedeutung. Die Rahmenbedingungen

einer solchen informellen Veranstaltung sind nicht an starre Strukturen gebunden, wie zum

Beispiel bei formellen Formen.219 Sie bieten einen großen Gestaltungs- beziehungsweise

Mitgestaltungsspielraum für die Beteiligten. Es wird häufig ganz bewusst auf starre

Rahmenbedingungen verzichtet, um keine Hierarchie innerhalb der Beteiligungsform

aufzubauen und um eine größere Flexibilität zu erhalten.220 Die Bürger sollen miteinander

ins Gespräch kommen und auf ‚Augenhöhe‘ über Probleme diskutieren, sodass anschließend

eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann. Hierzu gibt es eine Vielzahl von

verschiedenen informellen Beteiligungsformen. Um einen groben Überblick zu erhalten,

werden im Folgenden zwei der bekanntesten Verfahren kurz vorgestellt:221

217 Vgl. DStGB Dokumentation (2013), S.7. 218 Vgl. Kost, Andreas (2006), S.27. 219 Vgl. DStGB Dokumentation (2013), S.8. 220 Vgl. Enquete-Kommission (2002): Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements, S.49. 221 Vgl. Embacher, Serge/Lang, Susanne (2008), S.8f.

Kapitel 2: Theorieteil

37

Die Zukunftswerkstatt:

Eine Zukunftswerkstatt besteht aus circa 15-25 Teilnehmern und ein bis zwei

Moderatoren. Der Durchführungszeitraum beträgt üblicherweise zwischen zwei und

drei Tagen. Das Verfahren hat sich über mehrere Jahrzehnte hin als sehr erfolgreich

behaupten können. Es besteht aus drei Phasen: die Kritikphase, die Fantasiephase

und die Realisierungsphase. In der ersten Phase diskutieren die Beteiligten kritisch

über das Problem und tauschen ihre Erfahrungen miteinander aus. Anschließend

sollen in der zweiten Phase kreative Lösungsansätze und Wünsche im Plenum

hervorgebracht werden. Die einzelnen Lösungskonzepte sollen nun auf die

Realisierbarkeit hin geprüft werden. Dies bildet die Grundlage der letzten Phase. In

der Realisierungsphase soll auch versucht werden die erarbeiteten Lösungsansätze so

weit wie möglich in die Realität umzusetzen. Um später Bilanz über die

Verwirklichung der erarbeiteten Lösungsansätze ziehen zu können, geht der

Moderator noch einmal auf die Teilnehmer zu und vereinbart ein gemeinsames

Treffen, in dem über den weitere Fortgang beraten wird.222

Bürgerpanel:

Bei diesem Verfahren wird eine repräsentative Anzahl – meist zwischen 500 und

1000 Personen – von Bürgern zufällig aus dem Melderegister ausgewählt, um an

einer Befragung bezüglich kommunaler Themen teilzunehmen.223 Außerdem besteht

die Möglichkeit sich freiwillig an einem Bürgerpanel zu beteiligen, indem man sich

bei der Verwaltung in die Befragungsliste eintragen lässt. Um ein möglichst großes

Teilnehmerspektrum abzudecken, werden die potenziellen Teilnehmer über Briefe,

Aushänge oder per Telefon angesprochen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass

auch soziale Randgruppen und schwer erreichbare Personen mit in die Umfrage

einbezogen werden können.224 Über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren werden

jährlich zwei bis drei Umfragen durchgeführt. Zu Beginn eines Bürgerpanels werden

verschiedene Themen und Umfrageziele von der jeweiligen Kommune erarbeitet.

Diese werden im Anschluss daran im Internet und in der Presse publiziert, sodass

jeder die Chance hat sich über die Thematik zu informieren.225 In der nächsten Phase

222 Vgl. Embacher, Serge/Lang, Susanne (2008), S.8f. 223 Vgl. Wegweiser bürgergesellschaft.de (o.J.): Das Bürgerpanel - eine repräsentative Methode der

Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung. 224 Vgl. Involve UK (29.05.2013): Bürgerpanel. In: Beteiligungskompass.org. 225 Vgl. DStGB Dokumentation (2013), S.9f.

Kapitel 2: Theorieteil

38

werden die potentiellen Teilnehmer kontaktiert. Freiwillige haben jetzt auch die

Chance sich an der Befragung zu beteiligen. Der nächste Schritt stellt die

Umfragephase über mehrere Jahre hin weg dar. Nach drei bis vier Jahren kommt es

dann zu einer Auswertung der Befragungsergebnisse durch den Rat und die

Verwaltung. Anschließend werden die Ergebnisse in den Medien präsentiert.226 Ziel

eines Bürgerpanels ist es die vorherrschende Meinung der Bürger in einer Kommune

zu bestimmten politischen Fragestellungen einzuholen. Des Weiteren soll dieses

Verfahren dazu beitragen, dass das bürgerschaftliche Engagement der Teilnehmer

aktiviert und gefördert wird.227

Abschließend muss jedoch noch auf ein Problem in Bezug auf Bürgerbeteiligung

hingewiesen werden. Dieses Problem besteht darin, dass sich mehrheitlich sozial starke und

politisch engagierte Menschen in formellen und informellen Beteiligungsverfahren

miteinbringen.228 Bürgerbeteiligung ist allerdings am effektivsten, wenn sich eine möglichst

heterogene Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Milieus

beteiligen. Aus diesem Grund ist es notwendig die sozial schwachen Menschen zu

unterstützen, sodass diese ihr Leben wieder selbstbestimmt führen können und fähig sind, an

solchen Partizipationsprozessen aktiv teilzunehmen. Um eine solche Aktivierung zu

erreichen, sind Empowerment-Prozesse notwendig. Diese werden im folgenden Kapitel

beschrieben.

2.3 Empowerment für eine stärkere Selbstbestimmung der Bürger

„Man hilft den Menschen nicht,

wenn man für sie tut,

was sie selbst tun können“229

(Abraham Lincoln)

Der Begriff Empowerment stammt ursprünglich aus dem amerikanischen Sprachraum und

entwickelt sich in seiner Bedeutung bis heute stetig weiter.230 Der Sozialwissenschaftler

Prof. Dr. Tilo Klöck erläutert Empowerment als

226 Vgl. DStGB Dokumentation (2013), S.10. 227 Vgl. Involve UK (29.05.2013). 228 Vgl. Daramus, Carmen/Klages, Helmut/Masser, Kai (o.J.): Das Bürgerpanel – eine repräsentative Methode

der Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung. In: Bürgergesellschaft.de. 229 Herriger, Norbert (2014): Empowerment in der sozialen Arbeit. Eine Einführung, Verlag W. Kohlhammer,

Stuttgart, S.7.

Kapitel 2: Theorieteil

39

„(…) ein Konzept, in dem bestehende Machtverhältnisse kritisch, d.h. mit der

Perspektive der Veränderung aufgenommen werden; es ist ein Konzept von

systematischer Selbstbemächtigung durch gute Organisation und geschickte

Kooperation, ein Konzept mit dem eigene Machtquellen zu nutzen und Wege aus

der Machtunterworfenheit heraus für mehr Selbstbestimmung und

Eigenkontrolle zu finden sind.“231

Demnach zielt Empowerment darauf ab, das Selbstbewusstsein und die Persönlichkeit von

Bürgern zu stärken, sodass diese befähigt werden, sich an Partizipationsprozessen aktiv zu

beteiligen. In der Literatur wird auch oft von Hilfe zur Selbsthilfe gesprochen, wobei mit

Empowerment immer der Prozess hin zu dieser Selbsthilfe gemein ist.232

Das Wort Empowerment besitzt im deutschen Sprachgebrauch keine unmittelbare

Wortentsprechung. Es kann jedoch in mehrere englische Begriffe aufgeteilt werden, welche

alle in ihrer Bedeutung helfen, den Terminus besser zu verstehen. Das Substantiv ‚power‘

bildet die Basis des Begriffes und verdeutlicht den wesentlichen Bedeutungsaspekt: die

Macht / Kraft / Energie. Das Verb ‚to empower‘ drückt aus, dass eine Person bemächtigt

oder befähigt wird etwas zu tun.233 In der Fachliteratur findet man den Empowerment-

Begriff aufgrund seiner Unschärfe in vielen verschiedenen Formen wieder: Empowerment

umfasst demnach

„(…) ein Begriffsregal, das mit unterschiedlichen Grundüberzeugungen,

Werthaltungen und moralischen Positionen aufgefüllt werden kann.

Zukunftsträume von einer radikalen Umverteilung der Macht lassen sich ebenso

in dieses Begriffsregal stapeln wie auch rückwärtsgewandte Heilserwartungen,

die auf die Rückkehr zu den Glücksversprechungen traditioneller Werte

(Familie; Gemeinschaft; Religion; Nationalismus usw.) bauen.“234

230 Vgl. Pankofer, Sabine (2000): Empowerment. Eine Einführung. In: Miller, Tilly/Pankofer, Sabine (Hrsg.):

Empowerment konkret. Handlungsentwürfe und Reflexionen aus der psychosozialen Praxis, Lucius und Lucius Verlagsgesellschaft, Stuttgart, S.7-22, S.9.

231 Klöck, Tilo (04.02.2002): Was ist "Empowerment"? In: Stadtteilarbeit.de. 232 Vgl. Herriger, Norbert (2005): Sozialräumliche Arbeit und Empowerment - Plädoyer für eine

Ressourcenperspektive. In: Deinet, Ulrich/Gilles, Christoph/Knopp, Reinhold (Hrsg.): Neue Perspektiven in der Sozialraumorientierung. Dimension – Planung – Gestaltung, Frank und Timme Verlag, Berlin, S.64-77, S.64f.

233 Vgl. Pankofer, Sabine (2000), S.8. 234 Herriger, Norbert (2014), S.13.

Kapitel 2: Theorieteil

40

Der Soziologieprofessor Norbert Herriger geht in seinem Werk ‚Empowerment in der

Sozialen Arbeit‘ gegen die Weitläufigkeit dieses Terminus vor, indem er vier verschiedene

Zugänge zu dessen Verständnis unterscheidet:235

Politisch betrachtet:

Wird der Fokus auf das politische Verständnis von Empowerment gelegt, so steht die

strukturell ungleichmäßige Zuteilung von politischer Macht und Einflussnahme im

Vordergrund. In diesem Kontext wird Empowerment als ein Prozess verstanden, in

welchem Menschen sich aus einer machtunterlegenen Position heraus befreien und

durch einen Zuwachs an politischer Einflussnahme sowie einem gesteigerten

Partizipationsvermögen in ihre Lebenswelt einbringen.236

Lebensweltlich betrachtet:

Hier wird der Blick auf die menschliche Fähigkeit gelenkt aufkommende

Schwierigkeiten im Lebensalltag sowie tagtägliche Belastungen in der Arbeitswelt

durch die eigene Stärke zu meistern und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Innerhalb dieses Kontextes wird der Fokus von Empowerment also nicht in Richtung

politischer Entscheidungsmacht ausgelegt. Es steht der Alltag des Menschen im

Vordergrund sowie die erfolgreiche Bewältigung und Selbstorganisation des eigenen

Lebens.237

Reflexiv betrachtet:

Der Fokus des reflexiven Wortsinns liegt auf der selbständigen Aneignung von

Macht und Kraft, welche mit der Überwindung der eigenen Machtlosigkeit durch die

betroffene Person selbst stattfindet. Im Vordergrund steht also ein Prozess der

Selbstbemächtigung, mit welchem ein Wechsel des Lebensweges des betroffenen

Menschen verbunden wird. Die Bedeutung von Empowerment wird hier als eine Art

Freiheitsschlag gegen die eigene Ohnmacht verstanden und führt bei der Person zu

einer Wiederherstellung der Lebenssouveränität auf der Alltagsebene sowie der

Ebene der politischen Partizipation.238

235 Vgl. Herriger, Norbert (2014), S.14ff. 236 Vgl. ebd., S.14f. 237 Vgl. Herriger, Norbert (2014), S.15f. 238 Vgl. ebd., S.16f.

Kapitel 2: Theorieteil

41

Transitiv betrachtet:

Im transitiven Wortsinn rücken die Menschen in den Vordergrund, welche eine

Förderung der Selbstbestimmung bei anderen Menschen initiieren. Diese Initiatoren

arbeiten meist in psychosozialen Handlungsfeldern und kennen sich bestens mit dem

‚empowern‘ von Menschen aus. Dabei steht das Anregen von

Selbstgestaltungskräften im Mittelpunkt, sodass Bürger bei Bedarf Starthilfe zur

Selbsthilfe erhalten, um selbstständig ihre Kompetenz zur Gestaltung der eigenen

Lebenswelt zurückzugewinnen.239

Geschichtlich gesehen hat sich der Bedarf eines Empowerment-Konzepts vor allem in

Regionen entwickelt, in denen es benachteiligte Gruppen gibt beziehungsweise gab. Ein

geringes bis hin zu keinem Mitspracherecht führte in dieses Gebieten dazu, dass diese

Gruppen ein Empowerment-Konzept zur Förderung ihres Mitspracherechts und ihrer

Interessen eingefordert haben.240 Historisch betrachtet können erste Empowerment-Ansätze

in den 1960er Jahren mit dem Einsetzen der Bürgerrechtsbewegung in den USA, aber auch

mit den aufkommenden Emanzipationsbewegungen der Frauen festgestellt werden. In beiden

Fällen stand die Entwicklung hin zur Befreiung aus einer Unterdrückung im Vordergrund.

Erreicht wurde diese Emanzipation durch einen Prozess, welcher darin bestand, unterdrückte

Kompetenzen und Stärken zu fördern, sodass eine Selbstermächtigung und somit eine

Unabhängigkeit angestrebt werden konnten.241

Um die Komplexität des Empowerment-Konzeptes erfassen zu können, hat der Soziologe

Prof. Dr. Albert Lenz die von der amerikanischen Selbsthilfebewegung formulierten

Empowerment-Dimensionen in inhaltliche Bausteine umgewandelt. Demzufolge ist

Empowerment durch die folgenden Aspekte gekennzeichnet:

„die Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen,

über einen Zugang zu Informationen und Ressourcen zu verfügen,

über verschiedene Handlungsalternativen und Wahlmöglichkeiten zu verfügen,

das Gefühl zu haben, als Individuum etwas bewegen zu können,

kritisch denken zu lernen und Konditionierungen zu durchschauen,

Wut erkennen und äußern zu lernen,

239 Vgl. Herriger, Norbert (2014), S.17f. 240 Vgl. Pankofer, Sabine (2000), S.9. 241 Vgl. Lenz, Albert (2011): Die Empowermentperspektive in der psychosozialen Praxis. In: Lenz, Albert

(Hrsg.): Empowerment – Handbuch für ressourcenorientierte Praxis, dgvt-Verlag, Tübingen, S.13-38, S.13.

Kapitel 2: Theorieteil

42

sich nicht allein zu fühlen, sondern als Teil einer Gruppe oder eines sozialen

Netzwerkes,

zu der Einsicht zu gelangen, dass jeder Mensch Rechte hat,

Veränderungen im eigenen Leben und im sozialen Umfeld zu bewirken,

neue Fähigkeiten zu erlernen, die man selbst für wichtig hält,

die Wahrnehmung anderer bezüglich der eigenen Handlungskompetenzen und -

fähigkeit zu korrigieren,

das innere Wachstum und die innere Entwicklung als einen niemals abgeschlossenen,

selbst beeinflussbaren und steuerbaren Prozess zu begreifen,

sich ein positives Selbstbild zu erarbeiten und Stigmatisierungen zu überwinden.“ 242

Das Empowerment-Konzept stellt in der vorliegenden Masterarbeit ein wichtiges Instrument

dar, um städtischen Polarisierungsprozessen entgegenzuwirken. Dazu werden in Kapitel 7

Ansätze vorgestellt, die auf dem Empowerment-Konzept beruhen. Diese sollen dazu

beitragen Polarisierung in Städten entgegenzuwirken sowie deren Ursachen zu bekämpfen.

Im nächsten Kapitel wird dargestellt, wie eng Politik, Gesellschaft und die Entwicklung der

Städte miteinander verbunden sind. Mit dem Verständnis für dieses Gefüge werden sich zum

einen Einsichten in die bestehenden Problemzusammenhänge ergeben. Dabei wird auch die

nähere Betrachtung sozialer Polarisierung von Städten behandelt. Zum anderen wird es auch

aufgrund dieses Wissens im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit möglich sein,

Lösungsansätze zu entwickeln, die auf Empowerment und Bürgerbeteiligung basieren.

242 Lenz, Albert (2011), S.14.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

43

3 Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

„Neben der Sprache ist die Stadt die wichtigste Kulturschöpfung; mit ihrer

Entstehung vor ca. sechstausend Jahren betrat die Menschheit eine völlig neue

Stufe ihrer sozialen und kulturellen Evolution. Seither spiegeln die Phasen der

Stadtentwicklung die grundlegenden Veränderungen der Kultur und Technik, der

Ökonomie sowie der Gesellschafts- und Staatsordnung.“243

Dieses Zitat zeigt, welch große Bedeutung die Stadt als „Laboratorium der Moderne“244 für

Entwicklungen und Umbrüche der Vergangenheit und Gegenwart des Menschen hat. In

Städten wurden Revolutionen entfacht, politische Ideen konzipiert und Entscheidungen

getroffen, die Nationen geprägt haben. So konnten die Menschen in der Stadt im Mittelalter

erste Bürgerrechte erstreiten und auf diesem Weg die Grundlage für unsere heutigen

Gesellschaften legen.245

3.1 Die Entwicklung der Stadt und der Stadtgesellschaft

Es stellt sich zunächst die Frage, wie eine Stadt zu definieren ist. Eine Antwort darauf zu

geben, ist nicht einfach und es kann keine Definition geben, die alle Aspekte umfasst.

Schließlich existieren große Unterschiede, die sich im Vergleich von Städten feststellen

lassen. Diese beruhen auf den verschiedenen Umständen der Gründung und verstärken sich

durch die unterschiedliche Entwicklung der Städte.246

Trotzdem unternahmen mehrere Autoren den Versuch einer Definition, die sich an

räumlichen und sozioökonomischen Merkmalen orientiert. Für Alois Wirth ist eine Stadt

„eine relativ große, dicht besiedelte und dauerhafte Niederlassung gesellschaftlich

heterogener Individuen.“247 Eine andere Definition, die eine Vereinfachung der Realität

darstellt, hat Bernhard Schäfer vorgenommen. „Stadt ist ein Siedlungsgebiet, das erstmalig

in der Jungsteinzeit (Neolithikum) vor ca. sechstausend Jahren auftaucht und gegenüber

243 Schäfers, Bernhard (2010): Stadtsoziologie. Stadtentwicklung und Theorien. Grundlagen und Praxisfelder,

VS Verlag, Wiesbaden, S.5. 244 Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2004), S.11. 245 Vgl. ebd., S.160. 246 Vgl. ebd., S.16. 247 Wirth, Alois (1974): Urbanität als Lebensform. In: Herlyn, Ulfert (Hrsg.): Stadt- und Sozialstruktur,

Nymphenburger Verlag, München, S.42-66, S.48.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

44

bisherigen Siedlungsformen, zumal dem Dorf in seinen vielfältigen Ausprägungen, völlig

neue Charakteristika aufweist.“248

Zu diesen Charakteristika zählen die Bevölkerungsdichte, eine spezifische Bebauung mit

höheren und größeren Gebäuden, die im Fall von Palästen und Tempeln oder den

Hochhäusern neue Aufgaben übernehmen. Diese stehen im direkten Zusammenhang zur

Bedeutung der Stadt als Zentrum der Religion, der weltlichen Herrschaft, des Militärs sowie

der Kultur und Wirtschaft.249

Anhand dieser Definitionen wird deutlich, dass sich Städte durch ihre Unterscheidbarkeit zu

anderen Siedlungsformen auszeichnen und ein Ergebnis des Wandels sind, der sich in engem

Zusammenhang mit der Entwicklung der menschlichen Gesellschaften vollzog.

Die Entstehung und Entwicklung europäischer Städte war in der Antike und dem frühen

Mittelalter vor allem durch griechische und römische Siedlungs- und Städtegründungen

beeinflusst. So gehen auch in Deutschland viele Städte auf Gründungen durch die Römer

zurück.250 Nach der antiken Blüte bedeutete das Mittelalter für die europäischen Städte

entweder Aufstieg oder Niedergang. Viele Städte konnten nur noch als „Stadthülsen“

bezeichnet werden.251 Dies traf auch auf Trier zu. Nach der Gründung durch die Römer und

einer antiken Blüte wurde die Stadt gerade am Ende des fünften Jahrhunderts mehrfach

erobert und erheblich zerstört. Erst die Gründung des Frankenreiches sorgte für Stabilität

und diente als Basis für eine positive Entwicklung der Städte. 252

Im Mittelalter unterschied sich das Leben in europäischen Städten bereits deutlich von

demjenigen auf dem Land. Im Gegensatz zu dem dort herrschenden Feudalismus mit

Leibeigenschaft und Ständegesellschaft entwickelte sich in einigen Städten eine Markt- und

Handelswirtschaft, welche politische Selbstbestimmung, Selbstverteidigung und die

Entstehung einer Bürgergesellschaft ermöglichten.253 In Trier kam es seit Mitte des 12.

Jahrhunderts zu einem Machtkampf zwischen Bischof und Stiftsvogt, in den auch die

248 Vgl. Schäfers, Bernhard (2010), S.16. 249 Vgl. ebd., S.16. 250 Vgl. ebd., S.25. 251 Ebd., S.36f. 252 Vgl. Anton, Hans H. (1996): Trier in den germanischen Invasionen und sein Übergang in fränkische

Herrschaft. In: Anton, Hans H./Haverkamp, Alfred (Hrsg.): 2000 Jahre Trier. Trier im Mittelalter, Bd. 2, Spee-Verlag, Trier, S.3-21, S.6f.

253 Vgl. Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014), S.46.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

45

Bewohner der Stadt eingriffen.254 Zu späteren Zeiten kam es zu direkten Konflikten

zwischen dem Erzbischof und der Stadtgemeinde.255

Damit wird noch einmal die Bedeutung der Stadt für die Entwicklung der modernen

Gesellschaft deutlich. Ein radikaler Umbruch in den Städten wurde durch die

Industrialisierung ausgelöst. In Trier kam es nur langsam zur Gründung größerer

Unternehmen. Dazu zählten neben den Lederfabriken auch die Tabakproduktion und erste

Fabriken im Metallsektor, wie eine Gießerei und Unternehmen, die Baukonstruktionen für

die Eisenbahn anfertigten. Zudem gab es früh eine Wachsfabrik und seit 1862 eine

chemische Fabrik.256 Im Zuge der Industrialisierung hat sich die Gestalt der Städte verändert.

Bis heute finden sich dort Fabriken, aber auch moderne Versorgungstechniken und neu

entstandenen städtische Räume, wie etwa Galerien, Großkaufhäuser, Museen und

Grünanlagen. Denn Städte zogen nun noch mehr Menschen aus der nahen Umgebung und

fernen Regionen an, die Arbeit in der industriellen Produktion fanden. Die Anzahl, die

Dichte und die Vielfalt der Bevölkerung stiegen auf ein sehr hohes Niveau. Die Städte

wurden endgültig zu den Zentren der Gesellschaft.257 In Trier spielten dabei neben dem

Gewerbe auch die Kirche und das Militär immer eine große Rolle.258

Das gleichzeitige Wachstum der Wirtschaft und der Bevölkerung brachte kulturellen und

ökonomischen Fortschritt. Individuelle Lebensstile wurden vor allem hier möglich, weil es

in der Stadt schon früh verschiedene Arbeitsmöglichkeiten und Angebote des Konsums

gab.259 Dies hatte große Auswirkungen auf das soziale Zusammenleben, die den bereits

beschriebenen Vorstellungen des Kommunitarismus wiedersprechen. Gemeinschaften mit

Zusammengehörigkeitsgefühl und gemeinsamen Werten spielten eine immer geringere

Rolle. Das Bevölkerungswachstum führte zu einer Anonymisierung in den

Sozialbeziehungen der Stadtbewohner und zur ihrer Säkularisierung, aber auch zu neuen

254 Vgl. Pundt, Marianne (1996): Erzbischof und Stadtgemeinde vom Ende des Investiturstreites bis zum

Amtsantritt Baldiuns. In: Anton, Hans H./Haverkamp, Alfred (Hrsg.): 2000 Jahre Trier. Trier im Mittelalter, Bd. 2, Spee-Verlag, Trier, S.239-294, S.253ff.

255 Burgard, Friedhelm (1996): Auseinandersetzungen zwischen Stadtgemeinde und Erzbischof (1307-1500). In: Anton, Hans Hubert/Haverkamp, Alfred (Hrsg.): 2000 Jahre Trier. Trier im Mittelalter, Bd. 2, Spee-Verlag, Trier, S.295-391, S.298ff.

256 Vgl. Kocher, Alice (1988): Trier zwischen Revolution und Reichsgründung. In: Düwell, Kurt/Irsigler, Franz (Hrsg.): Trier in der Neuzeit, Spee-Verlag, Trier, S.421-436, S.428.

257 Vgl. Siebel, Walter (1998): Urbanität. In: Häußermann, Hartmut (Hrsg.): Großstadt. Soziologische Stichworte, leske+budrich, Opladen, S.262-269, S.266.

258 Reck, Hans-Herrmann (1988): Bautätigkeit und Stadterweiterung in der Kaiserzeit. In: Düwell, Kurt/Irsigler, Franz (Hrsg.): Trier in der Neuzeit, Spee-Verlag, Trier, S.467-494, S.488ff.

259 Vgl. Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014), S.47f..

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

46

Zusammenschlüssen.260 Durch diese Entwicklungen „(…) wird das gemeinschaftliche Leben

vermindert und ein anderes neues aus den Bedürfnissen, Interessen, Wünschen, Entschlüssen

von handelnden Personen hervorgehendes Zusammenwirken entwickelt sich (…)“.261

Nach dem zweiten Weltkrieg und in der gesamten zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

erfolgten tiefgreifende politische, technologische und wirtschaftliche Veränderungen, die

auch die Städte stark prägten. So hat sich die Ausbreitung der Stadtflächen seit den 1960er

Jahren beschleunigt, weil große Teile der Bevölkerung über Autos verfügen. Sie

ermöglichen es ihren Nutzern, auch den suburbanen Raum zu bewohnen. Dies nutzten

zunächst vor allem die Mitglieder der Mittelschicht. Zurück blieben in den Zentren die sozial

Schwachen.262 Wirtschaftlich hat der globale Wettbewerb für die Unternehmen einer Stadt

internationale Arbeitsteilung, Produktivitätssteigerungen, Kostensenkungen,

Produktionsverlagerungen und Rationalisierungen notwendig gemacht. Dadurch gingen

Arbeitsplätze verloren. Dies traf vor allem gering- und unqualifizierte Arbeitskräfte.

Hochqualifizierte Bürger werden dagegen von den Arbeitgebern immer stärker nachgefragt

und es bieten sich ihnen größere Chancen.263 Direkt damit verbunden ist, dass die

Globalisierung zur Tertiarisierung der Wirtschaft in Deutschland führte. Diese

Entwicklungen und das Aufkommen moderner Kommunikations- und Produktionstechniken

bedingten einem anhaltenden und nicht vorhergesehenen Wandel der Städte.264 Das

Verkehrsaufkommen steigt bis heute, weil die Arbeitnehmer mobiler sein müssen und oft

keine Anstellung an ihrem Wohnort finden. Im Kampf um diese Bewohner und

Konsumenten stehen die Städte miteinander in Konkurrenz, die sie unter Druck setzt, ihre

Stadtzentren attraktiv zu gestalten.265 Die Gestalt der Stadt hat sich verändert. Viele

Geschäfte verschwinden aufgrund des Preisdrucks aus den Innenstädten und damit geht die

Vielfalt des Angebots in vielen Teilen der Stadt verloren. Im romantischen Gedenken

kritisieren die Bewohner eines Stadtteils zwar den Verlust des Tante-Emma-Ladens an der

Ecke, aber ihre Einkäufe erledigen sie trotzdem lieber außerhalb in den großen

Supermärkten. 266 Damit droht zu verschwinden, was die Städte lange ausgezeichnet hat: das

gleichzeitige Vorhandensein einer lebendigen Vielfalt aus Möglichkeiten zum Arbeiten,

260 Vgl. Schäfers, Bernhard (2010), S.17. 261 Tönnies, Ferdinand (1931): Gemeinschaft und Gesellschaft. In: Vierkant, Alfred (Hrsg.): Wörterbuch der

Soziologie, Enke Verlag, Stuttgart, S.163-207, S.180ff. 262 Vgl. Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014), 65f. 263 Vgl. ebd., S.66f. 264 Vgl. Schäfers, Bernhard (2010), S.18. 265 Vgl. Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014), S.71. 266 Vgl. Schuster, Wolfgang (2010), S.14.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

47

Einkaufen und Wohnen im Stadtgebiet.267 Die Leidtragenden sind die älteren Bewohner, die

nicht auf die veränderten Verhältnisse reagieren können.268 Dadurch werden in vielen

Großstädten die Zentren zu Bereichen der Dienstleistung und sind nur während den

Arbeitszeiten belebt.

Der Wettbewerb und die neuen Produktionsweisen der Unternehmen haben für die Städte

Ausfälle bei den Gewerbesteuereinnahmen zur Folge. Denn die ortsansässigen Firmen

stehen im Wettbewerb. Um die Unternehmen zu unterstützen, kommt es in den Städten zu

Deregulierungen. Dies geschieht freiwillig oder auf Druck der Firmen.269 Die Auswirkungen

auf die Funktionsweisen der Stadt sind vielfältig. Städte versuchen ihre Verwaltungen

effizienter zu gestalten und an der Logik von Unternehmen zu orientieren. Städtische

Betriebe und Aufgaben werden privatisiert oder mit Unternehmen zu sogenannten Public-

Private-Partnerships zusammengeführt. Dadurch sind viele Bereiche betroffen, die die

Bewohner der Städte direkt betreffen. Dies gilt sowohl für die Nutzung von Parkhäusern, als

auch für die Wasserwerke und den sozialen Wohnungsbau. 270 Im internationalen Vergleich

führt der fortschreitende Rückzug der öffentlichen Hand in den Städten zu Phänomenen wie

Gated Communitites. Dieser Trend deutet auf keine positive Entwicklung des sozialen

Miteinanders in den Städten hin.271

Somit ist der städtische Raum heute ein Ergebnis ökonomischer und sozialer Prozesse, in

dem neue „Lebensformen […] neue Institutionen, Verhaltensmuster und Formen der

Kulturtradierung“ entstehen konnten und bis heute können.272

Zu den Entwicklungen der Stadtgesellschaft, dem Zusammenleben der Menschen und den

Haltungen des Einzelnen gab es schon früh soziologische Studien, wie etwa von Georg

Simmel (1903), Ferdinand Tönnies (1931) und Louis Wirth (1938). So schilderte Simmel am

Anfang des 20. Jahrhunderts das Herausbilden von „Reserviertheit“ und „Blasiertheit“.273 In

den folgenden Jahrzehnten analysierten neue Forschungen einen Rückzug ins Private,

während Öffentlichkeit, Politik und der städtische Raum an Bedeutung verloren. Es bildeten

sich individuelle Lebensstile heraus und die Integrationskraft der Städte nahm ab.274 Bis in

267 Vgl. Schuster, Wolfgang (2010), S.14. 268 Vgl. ebd., S.14f. 269 Vgl. Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014), S.68f. 270 Vgl. ebd., S.68f. 271 Vgl. Schuster, Wolfgang (2010), S.15. 272 Schäfers, Bernhard (2010), S.17. 273 Simmel, Georg (1903): Die Grossstädte und das Geistesleben. In: Rammstedt, Otthein (Hrsg.) (1995): Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908, Suhrkamp, Frankfurt Main, S. 116-131, S.120. 274 Vgl. Häußermann, Hartmut (1997), S.39f.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

48

die 70er Jahren wurden diese Städte dagegen noch als „Integrationsmaschinen“

bezeichnet,275 weil sie das Potenzial hatten, soziale Unterschiede unter den Bewohnern zu

beschränken. Die Instrumente dazu waren für die Städte die Versorgung mit öffentlichen

Gütern und sozialen Dienstleistungen sowie dem Bau sozialen Wohnraums.276 Dies änderte

sich mit dem bereits beschriebenen Anstieg der Arbeitslosigkeit, der Armut und steigender

Bevölkerungsdichte sowie dem gleichzeitigen Auftreten der mehrfach erwähnten

Schieflagen städtischer Haushalte.277 Diese Feststellung passt zu der Annahme von Norbert

Elias, dass Menschen in Figurationen leben, die Interdependenzen zwischen den Menschen

darstellen. Dadurch werden Abhängigkeiten und Machtbalancen beschrieben, die konkrete

Chancen, Risiken und Sicherheiten für den Einzelnen beinhalten.278 Es zeigt sich also ein

direkter Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Städte und der Entwicklung sozialer

Ungleichheit. Wie es dazu kommt, dass sich diese in den Städten räumlich konzentriert, wird

im nächsten Unterkapitel erläutert.

3.2 Soziale Polarisierung in deutschen Städten

Soziale Polarisierung ist ein Prozess, in dem sich die Verteilung der Bevölkerungsgruppen in

einer Stadt und in einem bestimmten Zeitraum verändert und sich von einer

Normalverteilung der Bürger entfernt. Die betroffenen Bevölkerungsgruppen zeichnen sich

meist durch ein gemeinsames Merkmal aus. So bedeutet Polarisierung in der Praxis häufig

die Konzentration von sozial schwachen Bürgern oder von Menschen mit

Migrationshintergrund in einem bestimmten Teil einer Stadt.279 In vielen Städten verstärkte

sich die Polarisierung durch eine steigende Arbeitslosigkeit, von der die Bewohner von

Stadtteilen, in denen bereits viele Arbeitslose oder Arme Menschen leben, besonders stark

betroffen sind. Entsprechend steigt die Arbeitslosenquote in diesen Stadtteilen besonders

stark und es kommt dort in der Folge zu einer Konzentration der Armut. Dies bedeutet auch,

dass es zu selektiven Migrationsprozessen im Austausch mit anderen Stadtteilen und einem

Anstieg der ausländischen Bevölkerung kommt. Die Situation in den polarisierten Stadtteilen

zeichnet sich bundesweit durch einige Merkmale wie Arbeitslosigkeit, Armut, soziale

275 Häußermann, Hartmut (2006a): Stadt – Land. In: Lessenich, Stephan/Nullmeier, Frank (Hrsg.): Deutschland

– eine gespaltene Gesellschaft, Frankfurt Main, S.256-272, S.257. 276 Vgl. Kronauer, Martin/Siebel, Walter (2013), S.10. 277 Vgl. ebd., S.11. 278 Vgl. Baumgartl, Ralf/Eichener, Volker (1991): Norbert Elias zur Einführung, Junius Verlag, Hamburg,

S.102. 279Vgl. Friedrichs, Jürgen/Triemer, Sascha (2008): Gespaltene Städte? - Soziale und ethnische Segregation in

deutschen Großstädten, VS Verlag, Wiesbaden, S.18f.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

49

Erosion und fehlende soziale Netze, eine unzureichende soziale und kulturelle Infrastruktur

sowie vernachlässigten Wohnraum und eine schlechte Bausubstanz aus. Zusätzlich ist oft

eine hohe Emissionsbelastung vorzufinden.280

Eng verbunden mit dem Begriff der Polarisierung in Städten ist der Begriff der Segregation.

Während Polarisierung einen Prozess beschreibt, stellt Segregation vielmehr einen Zustand

dar, der durch ein Missverhältnis in der Verteilung sozialer Ungleichheit in der Bevölkerung

und über die verschiedenen Teile einer Stadt gekennzeichnet ist.281 In der Stadtsoziologie

wird die These vertreten, nach der die Sozialstruktur in einem Stadtteil oder Quartier

Auswirkungen auf die Bewohner hat. In diesem Kontext stellen sowohl die Nachbarschaft

als auch die Infrastruktur Ressourcen dar, die das Leben der Bewohner beeinflussen.282

Wissenschaftler der Chicagoer Schule wie Park, Burgess und McKenzie erkennen durch den

sozialen und ökonomischen Wettbewerb in modernen Gesellschaften eine

Konkurrenzsituation, in der es zur Segregation ethnisch, sozial oder kulturell homogener

Gruppen kommt. Diesen bietet die homogene Gemeinschaft einen Ersatz traditioneller

dörflicher Lebensumfelder.283 Die Bedeutung solcher Gemeinschaften wurde bereits durch

die Ausführungen zum Kommunitarismus dargelegt. Da Städte und vor allem polarisierte

Städte jedoch heterogene Gebilde sind, treten diese Gemeinschaften miteinander in

Konkurrenz.284 In der Stadtsoziologie wird immer wieder beschrieben, dass die Situation der

Segregation den Interessen starker sozialer Gruppen in der Stadt entspräche. Sie erlangen

laut Norbert Elias und John Scotson Zugang zu Macht und Ressourcen und schließen

gleichzeitig andere Gruppen davon aus. Dabei wird die schwache durch die starke Gruppe

stigmatisiert und es werden Vorurteile erzeugt.285

In den 60er und 70er Jahren wurden mit Segregation und sozialer Polarisierung positive

Auswirkungen in Verbindung gebracht. So gingen beispielsweise Autoren wie Simmel,

Wirth oder Bahrdt davon aus, dass durch diesen Prozess jeder Bürger die Chance zu größerer

Freiheit erhält.286 Aus soziologischer Sicht stelle die Einteilung und Abgrenzung der

280 Vgl. Krummacher, Michael/Kulbach, Roderich/Walz, Viktoria/Wohlfahrt, Norbert (2013): Soziale Stadt -

Sozialraumorientierung –Quartiersmanagement. Herausforderungen für Politik, Raumplanung und Soziale Arbeit, leske+budrich, Opladen, S.81.

281 Vgl. Friedrichs, Jürgen/Triemer, Sascha (2008), S.16f. 282 Vgl. ebd., S.17. 283 Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014), S.48. 284 Vgl.ebd., S.48. 285 Vgl. Elias, Norbert/Scotson, John L. (1993): Etablierte und Außenseiter, Suhrkamp, Frankfurt Main, S.9f. 286 Vgl. Becker, Martin /Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014), S.49.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

50

Stadtgesellschaft in homogene Gruppen eine Voraussetzung zur Integration dar.287 Die

neuere Forschung widerspricht dem. Demnach muss beachtet werden, welche Auswirkungen

der zunehmende wirtschaftliche Wettbewerb auf die Ursachen und das Ausmaß von sozialer

Ungleichheit hat.288 So bestehen Nachbarschaftseffekte, die beschreiben, wie in sozial

schwachen Stadtteilen die Konzentration von Arbeitslosigkeit und Armut die

Benachteiligung der Bewohner steigert.289 Dies bedeutet, dass eine Einteilung der

Stadtgesellschaft in homogene Gruppen nicht zu einer Integration in die Stadtgesellschaft,

sondern zu einer verstärkten Polarisierung innerhalb der Stadtgesellschaft führt. Hartmut

Häußermann beschreibt, dass gerade die städtischen Gesellschaften immer heterogener

werden und parallel dazu die Integrationskräfte abgenommen haben. Die Ergebnisse sind

zum einen Gleichgültigkeit der Betroffenen gegenüber ihren Mitbürgern und zum anderen

Hass auf das Fremde und Gewalttaten.290 Im Ergebnis der sozialen Polarisierung wird der

Stadtteil durch eine negative, sich selbst verstärkende Entwicklung geprägt, die von einem

„Klima der Verunsicherung, der Angst vor sozialem Abstieg, zunehmender Gewalt und

einem massiven Imageverlust von Stadtgebieten begleitet“ ist.291 In Deutschland sind Thesen

der Polarisierung zum Beispiel von Dangschat (1999) sowie von Häußermann und Siebel

(1991) vertreten worden.292

3.3 Das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“

Die Notwendigkeit zur Minderung sozialer Polarisierung und Ausgrenzung wurde auch von

staatlichen Akteuren auf Bundes- und Landesebene erkannt. Dies zeigt sich in dem Bund-

Länder Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die Soziale Stadt“,293

das 1999 aufgestellt wurde.294 Das Ziel des Programms ist es, die Infrastruktur und

Bausubstanz in Stadtteilen, die einen Entwicklungsbedarf und die Auswirkungen sozialer

Polarisierung zeigen, zu verbessern. Dabei soll auch die Aktivierung und Beteiligung der

287 Vgl. ebd., S.49. 288 Vgl. ebd., S.49. 289 Vgl. Kronauer, Martin/Siebel, Walter (2013), S.14. 290 Vgl. Häußermann, Hartmut (1997): S.39f. 291 Werner, Stefan (2012): Steuerung von Kooperation in der integrierten und sozialen Stadtentwicklung -

Machtverhältnisse und Beteiligung im Prozessraum, Springer-Verlag, Wiesbaden, S.28. 292 Vgl. Friedrichs, Jürgen/Triemer, Sascha (2008), S.19. 293 Im Weiteren geführt als „Soziale Stadt“. 294 Vgl. Deutsches Institut für Urbanistik (1999): Vorbereitungspapiere zum Bund-Länder-Programm „Stadtteile

mit besonderem Entwicklungsbedarf – Die soziale Stadt“, Berlin, S.1f.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

51

Bewohner eine besondere Rolle spielen.295 Somit soll die Fähigkeit der Bürger zur

Selbstbestimmung verbessert und das negative Image von Stadtteilen abgebaut werden.296

Um diese Verbesserung der sozialen Situation zu erreichen, soll eine Kombination von

sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und ökologischen Maßnahmen sowie einer baulichen

Aufwertung der Quartiere erfolgen. Zudem sollen für die Bewohner der betroffenen

Stadtgebiete Selbsthilfestrukturen aufgebaut werden und insgesamt eine Aktivierung der

Bürger erfolgen.297 Damit wird eine größere Legitimität der Maßnahmen angestrebt.298

Aus Evaluationen des Programms geht hervor, dass es viele positive Effekte gibt wie

beispielsweise die Imageverbesserung von Stadtteilen, die bauliche Aufwertung sowie die

Verbesserung der sozialen Infrastruktur.299 Gleichzeitig ist es bisher aber nicht ausreichend

gelungen, sozial marginalisierte Haushalte in Projekte zu integrieren. Ansätze zur

Aktivierung der Bevölkerung, wie die Schaffung von Selbsthilfestrukturen, sind nicht

gelungen oder spielen eine zu geringe Rolle. 300 Dementsprechend ist es in der Praxis

schwierig, die Dominanz einzelner Akteure zu vermeiden und eine breite Beteiligung zu

erreichen erzielt.301 Bisher sind vor allem Akteure aus Verbänden präsent und viele

Bemühungen bleiben „mittelschichtsorientierte Veranstaltungen“.302

Die Gründe für die Ergebnisse der Evaluierungen sind vielfältig. Zu ihnen gehört die

Grundannahme, dass die Stadt immer noch eine „Integrationsmaschine“ sei.303 Dass dies

nicht mehr zutrifft, wurde bereits aufgezeigt. Ein anderes Problem ist, dass die Bewohner

nicht aktiviert werden sollen, um ihre Situation selbst zu bestimmen und ihren Interessen in

295 Vgl. Becker, Heidede u.a. (2002): Drei Jahre Programm Soziale Stadt –eine ermutigende Zwischenbilanz. In:

Difu (Hrsg.): Die Soziale Stadt. Eine Bilanz des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf –Soziale Stadt, Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau-und Wohnungswesen, Berlin, S.12-53, S.32f.

296 Vgl. Holm, Andrej/Lebuhn, Henrik (2013): Die Stadt politisieren – Fragmentierung, Kohärenz und soziale Bewegung in der „Sozialen Stadt“. In: Kronauer, Martin/Siebel, Walter (Hrsg.): Polarisierte Städte, Campus Verlag, Frankfurt Main/New York, S.196.

297 Vgl. Ausschuss für Bauwesen und Städtebau und Ausschuss für Wohnungswesen (2000): Leitfaden zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative ”Soziale Stadt”, 2. Fassung vom 1. Februar 2000, S.5ff.

298 Vgl. Holtkamp, Lars (2010): Politiknetzwerke und Partizipation aus der Governance-Perspektive. In: Schuster, Wolfgang; Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt, 2.Aufl. Deutscher Gemeindeverlag und Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, S.195-215, S.208f.

299 Vgl. Häußermann, Hartmut (2006): Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Die soziale Stadt. In: Selle, Klaus (Hrsg.): Praxis der Stadt- und Regionalentwicklung. Analysen, 285-301, S.285ff.

300 Vgl. Deutsches Institut für Urbanistik (2007): Dritte bundesweite Befragung in den Programmgebieten der Sozialen Stadt. Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen. Arbeitspapiere zum Programm Soziale Stadt, Band 12, S.27.

301 Vgl. Deutsches Institut für Urbanistik (2005): Zweiter fachpolitischer Dialog zur Sozialen Stadt. Ergebnisse der bundesweiten Zwischenevaluierung und Empfehlungen zum Ergebnistransfer.

302 Becker, Heidede u.a. (2002), S.47. 303 Holm, Andrej/Lebuhn, Henrik (2013), S.207f.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

52

der lokalen Politik Ausdruck zu verleihen. Vielmehr wird in ihnen ein Potenzial gesehen, um

gesellschaftliche Kohäsion zu erreichen. Dem liegt die Einschätzung zugrunde, nach der

soziale Benachteilung und Polarisierung nicht politisch behandelt werden, da die Armut und

Benachteiligung der Menschen erkannt wird, sondern weil Anstoß daran genommen wird.304

Dazu passen die Evaluierungen, laut denen dass das Programm „Soziale Stadt“ eine „Arbeit

an den Symptomen“ ist.305 Wenn die grundlegenden strukturellen Probleme aber erst gar

nicht angegangen werden, bedeutet dies gleichzeitig, dass entweder eine Politisierung der

Sphäre der Stadt nicht direkt erreicht wird oder sogar das Gegenteil erfolgt.306 So wird durch

das Programm ebenfalls die Identifikation der Bewohner mit ihrem Stadtteil angestrebt.

Dabei wird aber die Vermutung geäußert, dass die Identifikation mit einem Stadtteil, der

Auswirkungen der Polarisierung zeigt, zu Kritiklosigkeit gegenüber sozialer Ungleichheit

führt.307 Die Protestbewegungen von Mietern gegen ihre Wohnsituation oder Entwicklungen

auf dem Wohnungsmarkt scheinen in Programmgebieten der „Sozialen Stadt“ seltener zu

werden oder gar nicht mehr aufzutreten.308 Damit kann geschlussfolgert werden, dass das

Programm „Soziale Stadt“ viele positive Ergebnisse vorzuweisen hat, aber hinsichtlich der

Beteiligung und der Aktivierung der Bürger eine schlechte Bilanz gezogen werden muss.

Auch wenn die Erfolge des Programms sehr unterschiedlich zu bewerten sind, so gilt es für

die weiteren Betrachtungen der vorliegenden Arbeit festzuhalten, dass staatliche Akteure

sowohl die Notwendigkeit zur Beschränkung der Polarisierung als auch zur Ausweitung von

Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung erkannt haben. Damit ist die Beteiligung der Bürger

zum ersten Mal zu einem Ziel der Städtebauförderung in Deutschland gemacht worden.309

3.4 Die Bedeutung der Bewohner für die Stadtentwicklung

Schon die Darstellung des historischen Wandels der Städte hat gezeigt, dass das Handeln der

Bewohner einen direkten Einfluss auf die Stadt hat. Klaus Selle beschreibt, dass die

Bewohner das Bild einer Stadt auf vielfältige Weise beeinflussen. So treten sie als Akteure

auf dem Wohnungsmarkt auf oder sind einfache Konsumente. Parallel dazu beteiligen sich

einige Bürger auch an kommunalen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen.

304 Vgl. Holm, Andrej/Lebuhn, Henrik (2013), S.210. 305 Ebd., S.196. 306 Vgl. ebd., S.197. 307 Vgl. ebd., S.198. 308 Vgl. Holm, Andrej/Lebuhn, Henrik (2013), S.209. 309 Vgl. Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik (IfS) (2004): Die Soziale Stadt Ergebnisse der

Zwischenevaluierung, Im Auftrag des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.), Berlin, S.121.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

53

Zusätzlich sind sie etwa in Vereinen aktiv und engagieren sich dort als Jugendtrainer oder

Mäzen. Daraus schließt Klaus Selle, dass die lokale Politik versuchen muss, die

Stadtentwicklung zur Sache der Bürger zu machen.310 Am Anfang dieses Kapitels wurde die

schwierige Suche nach einer Definition für Stadt beschrieben. Eine einfache Antwort wäre

gewesen „Wer also ist »die Stadt«, wenn nicht wir?“311 Aufgrund dieser Erkenntnis muss

den Bürgern einer Stadt eine besondere Rolle in der Stadtentwicklung zukommen und diese

ein „Gemeinschaftswerk“ werden.312

Gemeinschaftswerk meint aber nicht nur eine Beteiligung der Bürger, da es eine Vielzahl

von Akteuren gibt, die die Stadt prägen. Dazu zählen Bauunternehmer, Immobilienfirmen,

Verkehrsbetrieb, Unternehmen der Ver- und Entsorgung sowie weitere Akteure in den

Städten und Gemeinden und ihren Verwaltungen.313 Lokale Politik muss diese Vielfalt der

Akteure berücksichtigen.314

So sei „(…) politische Steuerungshandeln nur ein sozialer Teilprozess, der mit

vielen anderen Teilprozessen interferiert und so zum sozialen Wandel beiträgt,

ohne ihn lenken zu können. Auf der Ebene des Gesamtsystems findet keine

Steuerung statt, sondern lediglich Strukturbildung und Strukturwandel. Das

bedeutet, dass es zwar Steuerung in der funktionell differenzierten Gesellschaft

gibt, aber keine politische Steuerung der Gesellschaft.“315

Für die Stadtentwicklung bedeutet dies, dass die Aktivitäten der Verwaltung und die

Entscheidungen der lokalen Politik nur ein Faktor von vielen Einflussgrößen sind, die die

Stadtentwicklung bestimmen. Es gibt wohl eine Steuerung dieser Entwicklung, aber sie wird

nicht zentral von einem Akteur gesteuert.

Aber werden diese Erkenntnisse auch umgesetzt? In der Beschreibung der Entwicklung von

Leitbildern der Stadtentwicklung kam zum Ausdruck, dass sich die Stadtentwicklung

zunehmend für die Ansichten der Bürger interessiert und versucht, diese in Verfahren zu

integrieren. Dies scheint sich zunächst auch in der Praxis zu zeigen. Zumindest ändert sich

die Ansicht der Verantwortlichen der Stadtplanung insofern, als dass sich Entscheidungen

310 Vgl. Selle, Klaus (2013), S.42f. 311 Ebd., S.25. 312 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2005): Nachhaltige Stadtentwicklung – ein

Gemeinschaftswerk. Städtebaubericht der Bundesregierung 2004. Berlin, S.1ff. 313 Vgl. Selle, Klaus (2013), S.53. 314 Ebd., S.41f. 315 Mayntz, Renate (1997): Soziale Dynamik und politische Steuerung: theoretische und methodologische

Überlegungen, Campus Verlag, Frankfurt Main, S.73.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

54

weniger stark auf die Aussagen von Experten und Fachleuten stützen und an Theorien

orientieren.316 Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass in vielen Städten und Gemeinden

Entscheidungen durch Sachzwänge und Partikularinteressen bestimmt werden. Dagegen

bleiben positive Beispiele, die die Meinungen aller Beteiligten einfließen lassen, eher die

Ausnahme als die Regel.317 Die Aktivitäten und das Interesse der Bürger stimmen

größtenteils nicht mit den Vorstellungen und Projekten der Planer überein.318 Das Handeln

der Bürger wird vor allem im Kontext der Vorhaben öffentlicher Akteure immer noch nicht

als eine eigenständige Größe in der Stadtentwicklung gesehen.319

Wohin eine Stadtentwicklung führen kann, die die Bürger nicht einbezieht, versinnbildlichen

immer wieder Großprojekte. In ihrer Planung und Umsetzung dominiert bei den

Verantwortlichen scheinbar noch die Ansicht, dass Bauvorhaben von kritischen Bürgern

bedroht werden. Damit dies zutreffe, müsse laut Klaus Selle zunächst angenommen werden,

dass diese Großprojekte alternativlos sind. Da dies jedoch selten der Fall ist, sei die Angst

vor den Bürgern falsch. Im Gegenteil: Die Beteiligung der Bürger könne sogar dazu dienen,

alternative Wege zu entdecken. Schließlich könne Bürgerbeteiligung nie der eigentliche

Grund für das Scheitern eines Großprojekts sein.320

Proteste gegen die Umsetzung von Großprojekten entstehen aus einer Vielzahl von Gründen.

Einer der Sachverhalte, der den Unmut der Bevölkerung hervorruft, ist die

Kostenüberschreitung, die bei vielen Großprojekten auftritt. Es wurde festgestellt, dass sich

eine Kostenüberschreitung leider nicht nur durch schlechte Planung erklären lässt, sondern

sich oft aus dem strategischen Handeln der Beteiligten ergibt. Zu Protesten der Bürger

führen zudem Versprechungen, die sich im Verlauf oder nach Abschluss eines Großprojekts

als falsch erweisen.321

Es wurde bereits im 1. Kapitel beschrieben, dass das Interesse der Bürger an der lokalen

Politik und der Demokratie auf lokaler Ebene insgesamt gering ist. Daher erscheint es als ein

Widerspruch, dass sich die Menschen in der Stadtentwicklung und vor allem bei der

Umsetzung von Großprojekten stark engagieren. Dies geht auf Wechselwirkungen in der

Gesellschaft zurück, die sich durch die Kommunikation im öffentlichen Raum ergeben. Hier

316 Selle, Klaus (2013),S.53. 317 Vgl. ebd., S.47. 318 Vgl. ebd., S.46. 319 Vgl. ebd., S.114. 320 Vgl. ebd., S.254f. 321 Vgl. ebd., S.257ff.

Kapitel 3: Stadt im Wandel: Theorie und Praxis

55

spielen beispielsweise eine wachsende Skepsis und Vorurteile in der Bevölkerung eine große

Rolle.322

So hat sich durch diesen Blick auf die Stadtentwicklung die Notwendigkeit zu einer

Beteiligung der Bürger gezeigt, da sich die Entwicklung der Städte auch sehr direkt auf die

Bürger auswirkt und soziale Polarisierung eines der Probleme unserer heutigen Gesellschaft

ist. Soziale Polarisierung steht in einem engen Zusammenhang mit den Ausführungen der

vorherigen Kapitel, welche gezeigt haben, wie soziale Ungleichheit zu einer Krise der

Demokratie auf lokaler Ebene beiträgt. Aus empirischen Forschungen ergibt sich ein Bild

der heutigen Gesellschaft und normative Theorien bieten einen Ansatz, um sie zu deuten.

Daraus hat sich in der vorliegenden Arbeit der Ruf nach der Beteiligung der Bürger und dem

Empowerment sozial benachteiligten Menschen ergeben.

Um die Darstellungen von der Ebene allgemeiner und theoretischer Betrachtungen zu holen,

wird im zweiten Teil der vorliegenden Masterarbeit als Anwendungsbeispiel die Stadt Trier

untersucht. Dabei wird zunächst das methodische Vorgehen beschrieben.

322 Vgl. Selle, Klaus(2013), S.267f.

Kapitel 4: Methodenteil

56

4 Methodik

In der Einleitung wurde bereits beschrieben, dass die zentrale Fragestellung der vorliegenden

Arbeit darin besteht herauszufinden, ob in westlichen Stadtteilen von Trier gleichzeitig die

negativen Auswirkungen sozialer Polarisierung und eine sehr geringe politische Beteiligung

festzustellen sind. Um Antworten auf diese Forschungsfrage zu erhalten, besteht das

Forschungsdesign aus einer Analyse sozioökonomischer Daten und dem Vergleich von

Expertenaussagen. Sowohl deren Aussagen der Experten als auch die sozioökonomischen

Daten beziehen sich auf die fünf westlichen Stadtteile von Trier. Wie die Daten gewonnen

und ausgewertet wurden, wird im Folgenden erläutert.

Auswahl der Stadtteile

Für die Analyse der Polarisierung fiel die Entscheidung auf die Ebene der Stadtteile.

Darunter gibt es noch die Ebene der Stadtbezirke. Dabei beschränkt sich die Betrachtung aus

mehreren Gründen auf die westlichen Stadtteile Triers. Zentral für diese Auswahl waren

Studien, die bereits zu früheren Zeitpunkten durchgeführt wurden und Trier-West/Pallien als

sozial schwachen Stadtteil323 und als Ort defizitärer Bürgerbeteiligung324 ausgewiesen haben.

Ein Vergleich von Trier-West-Pallien mit den anderen westlichen Stadtteilen ist

aussichtsreich, weil die Stadtteile sich zum einen in ihrer sozioökonomischen Struktur stark

unterscheiden und gleichzeitig Gemeinsamkeiten besitzen. Dabei sind vor allem die

Abgrenzung vom Rest der Stadt und die starke Verkehrsbelastung zu nennen.

Weiterführende Beschreibungen der einzelnen Stadtteile und ihrer Gemeinsamkeiten werden

im 5. Kapitel erfolgen. Somit ergibt sich eine sinnvolle Reduktion des

Untersuchungsgegenstandes.

Die Experteninterviews

Um Daten für die Analyse zu erhalten, fiel die Entscheidung auf eine qualitative

Interviewreihe. Dies ist zu begründen durch die komplexe Thematik und die Betrachtung

von einzelnen Fällen, die von den Interviewten aus mehreren Perspektiven beschrieben

werden sollen.325 In der qualitativen Forschung bietet sich das narrative Interview oder das

323 Vgl. Vogelgesang, Waldemar u.a. (o.J.). 324 Vgl. Lorig, Wolfgang/Henn, Stefan/Regolot, Sascha (o.J.). 325 Vgl. Blatter, Joachim/Janning, Frank/Wagemann, Claudius (2007): Qualitative Politikanalyse – Eine

Einführung und Forschungsansätze und Methoden, VS Verlag, Wiesbaden, S.60.

Kapitel 4: Methodenteil

57

Leitfadeninterview an.326 Das narrative Interview ist vor allem geeignet, um die breite

Darstellung eines Falls zu erfassen. Da wir mit im Rahmen der von uns geführten Interviews

konkrete Aussagen erhalten wollten, haben wir uns für das Experteninterview als Form des

Leitfadeninterviews entschieden.327

Der Leitfaden wurde in Anlehnung an die, in der Literatur zu findende Vorgehensweise

unter Beachtung verschiedener Schritte wie Ideensammlung, Spezifikation der Themen,

Festlegung des Gesprächsbeginns und Gestaltung des Layouts erstellt.328 Er ist

ausschließlich in offenen Fragen gehalten und thematisch strukturiert.

In der Literatur wird an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass eine thematische

Strukturierung zu vermeiden ist. Es wird aber auch zurecht darauf hingewiesen, dass dies

eine schlechte Wirkung auf den Interviewpartner hat. Aus diesem Grund ist eine

Strukturierung am verwendeten Fragebogen vorgenommen worden.329 So wird zunächst

erfasst, wie der Interviewpartner die Beteiligung und das politische Interesse in den

westlichen Stadtteilen Triers allgemein und im Einzelnen beurteilt. Von Interesse ist auch,

ob es Unterschiede in der Repräsentation der Stadtteile durch die kommunale Politik gibt.

Darauf folgt die Frage, welche Gründe es laut Meinung des Interviewpartners für seine

Einschätzung gibt, bevor zwei Fragen zum Thema Empowerment folgen. Hierdurch soll

ermittelt werden, welche in Trier bereits durchgeführten Maßnahmen bekannt sind und in

welchen Stadtteilen Maßnahmen laut Meinung des Interviewten besonders angebracht sind.

„Der Leitfaden schneidet die interessierenden Themen aus dem Horizont möglicher

Gesprächsthemen heraus und dient dazu, das Interview auf diese Themen zu fokussieren.“330

Der erste Teil des Leitfadens dient vor allem dazu, den Interviewpartner für die Thematik zu

sensibilisieren und ihn mit dem Problem zu konfrontieren.331 Daher werden hier die bereits

genannten Fragen zur Beteiligung und politischem Interesse der Bürger gestellt. In der

Beantwortung wird die Problematik aus Sicht des Interviewten formuliert.

326 Vgl. Meuser, Michael/Nagel, Ulrike (1997): Das Experteninterview – Wissenssoziologische Voraussetzungen

und methodische Durchführung. In: Friebertshäuser, Barbara (Hrsg.): Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft, Juventa-Verlag, Weinheim/München, S.481-491, S.486.

327 Vgl. ebd., S.486. 328 Vgl. Behnke, Joachim/Baur, Nina/Behnke, Nathalie (2012): Empirische Methoden der Politikwissenschaft,

UTB Verlag, Stuttgart, S.252. 329 Vgl. Meuser, Michael/Nagel, Ulrike (1997): S.486. 330 Ebd., S.488. 331 Vgl. Mayer, Horst O. (2013): Interview und schriftliche Befragung – Grundlagen und Methoden empirischer

Sozialforschung, 6. Aufl., Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, S.43.

Kapitel 4: Methodenteil

58

Abbildung 4.1: Der Leitfaden der Experteninterviews

Kapitel 4: Methodenteil

59

Da in der vorliegenden Arbeit ein Weg zum Empowerment benachteiligter Bürger und ihrer

stärkeren Bürgerbeteiligung aufgezeigt werden soll. Sind auch die Ursachen von Interesse,

die aus Sicht der interviewten Personen die politische Beteiligung beeinflussen. Denn auf

diesen Ursachen aufbauend wird es erst möglich sein, Ansätze des Empowerment

vorzustellen, eine stärkere politische Beteiligung herbeiführen können.

Alle Interviews wurden direkt mit den ausgewählten Personen und nicht per Telefon

durchgeführt. Da sich die Interviewpartner gegen eine Tonaufnahme des Interviews

ausgesprochen haben, wurden von beiden Interviewern Gesprächsnotizen angefertigt. Die

Gesprächsnotizen sind die Basis der im Anhang befindlichen Transkriptionen. Bei der

Auswertung der Interviews wurden sie ergänzend hinzugezogen. Sie stehen für spätere

Kontrollen oder Revisionen zur Verfügung.

Der Status von Gesprächsnotizen wird ambivalent betrachtet. Im Rahmen der vorliegenden

Arbeit ist ihre Verwendung jedoch praktikabel, da das Interesse, wie in der

Politikwissenschaft üblich, vor allem im faktischen Gehalt und nicht in sprachlicher

Ausdrucksweise liegt.332 Natürlich ist diese Weise der Protokollierung weniger vollständig

als eine Tonbandaufnahme, doch ergeben sich auch Vorteile für die Gesprächssituation. Sie

wirkt für den Interviewten vertrauenserweckender und betont nicht so stark die Künstlichkeit

der Situation.333

Die Auswahl der Interviewpartner

Die Wahl der Interviewpartner erfolgte nicht willkürlich, wie bei vielen quantitativen

Erhebungen. Stattdessen wurden sie gezielt anhand ihrer Funktionen und Tätigkeiten in den

Stadtteilen ausgewählt, da sie dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit relevante Aussagen

über Stadtteile und ihre Bewohner treffen können. Die gezielte Auswahl ergab sich aufgrund

der kleinen Strichprobe von insgesamt zwölf Gesprächen. Zudem war sie im Rahmen der

Erhebung für die vorliegende Arbeit aus Zeit- und Kostengründen notwendig.

Im Einzelnen wurden die Interviewpartner ausgewählt, wie dies Barbehön u.a. vorschlagen

um einen städtischen Problemdiskurs zu erfassen. So stellt sich die Stichprobe aus den

Ortsvorstehern (beziehungsweise Stellvertretern) der westlichen Stadtteile Triers, dem

Redakteur des Trierischen Volksfreunds, Rainer Neubert und den Quartiersmanagerinnen

von Trier-West und Ehrang zusammen. Zusätzlich wurde der Vorsitzende der

332 Vgl. Behnke, Joachim/Baur, Nina/Behnke, Nathalie (2012), S.319ff. 333 Vgl. ebd., S.253.

Kapitel 4: Methodenteil

60

Bürgerinitiative Trier-West/Pallien, eine Mitarbeiterin des Jobcenters Trier, der Pfarrer

Aloys Hülskamp und der Bürgerkoordinator der Stadt Trier befragt. Alle Akteure kennen

sich zweifellos sehr gut mit der Thematik der Bürgerbeteiligung aus, aber es muss deren

geringe Distanz zur Thematik beachtet werden. Im Unterschied zum narrativen Interview

sind hier jedoch die persönlichen Interessen der Interviewten nicht so stark zu

berücksichtigen.334

Beschreibung der qualitativen und quantitativen Auswertung der Interviews

Zur intersubjektiven Nachvollziehbarkeit der erzielten Forschungsergebnisse, werden die zu

gewährleisten Schritte der Auswertung und Interpretation detailliert offengelegt. Diese

Schritte sind nicht unabhängig von den vorhergegangenen Forschungsphasen. Dies ist

dadurch begründet, dass die Formulierung der Forschungsfrage, die Auswahl der Stadtteile,

der Interviewpartner und die Operationalisierung von Begriffen bereits Annahmen

beinhaltet.335 Bereits bei der Beschreibung der Durchführung der Experteninterviews und

ihrer Transkription wurde erläutert, dass das Interesse ausschließlich auf dem

Kommunikationsinhalt liegt. Daher wird die Analyse zunächst in Form einer qualitativen

Inhaltsanalyse durchgeführt und später durch eine quantitative Auswertung ergänzt.336 Bei

der Durchführung dieser qualitativen Inhaltanalyse müssen die Inhalte nicht mehr

komprimiert werden, weil sie sich durch die Protokolle ergeben, die anhand der

Gesprächsnotizen erstellt wurden. Somit ist der erste Schritt der Analyse bereits die

induktive Kategorienbildung. In der Explikation werden die einzelnen Aussagen der

Protokolle in Verbindung zur Funktion des Interviewpartners und den städtischen

Rahmenbedingungen gesetzt. Abschließend werden die Aussagen der Protokolle zu

Themenbereichen strukturiert und danach abschließend betrachtet.

Da es sich bei den Interviews um leitfadengestütze Experteninterviews handelt, ist durch den

Leitfaden bereits ein Teil der Kategorien vorbestimmt.337 Die ersten beiden Fragen ergeben

somit die Kategorien der positiven oder negativen Beurteilung der politischen Beteiligung

und des politischen Interesses in den einzelnen Stadtteilen. Durch die dritte Frage, die nach

den Gründen für diese Einschätzungen fragt, ergeben sich die Kategorien durch die

wiederkehrenden Antworten der interviewten Personen. Hier kommt es zur Bildung der

Kategorien „Politische Bildung“, „Lebensweltbezug“, „Enttäuschung über die Politik in der

334 Vgl. Behnke, Joachim/Baur, Nina/Behnke, Nathalie (2012), S.249. 335 Vgl. ebd., S.335. 336 Vgl. ebd., S.252f. 337 Vgl. ebd., S.359.

Kapitel 4: Methodenteil

61

Vergangenheit“, „Direkte Betroffenheit“, „Faulheit“, „Desinteresse“, „Schlechte

Kommunikation“ und „Zufriedenheit“. Auch bei der Verarbeitung der Antworten zu der

Frage nach Maßnahmen des Empowerment, die von der Stadt durchgeführt werden, bilden

sich vor allem die Kategorien „keine Maßnahme bekannt“, Bürgerhaushalt“ und „Runder

Tisch“. Die letzten beiden Fragen wiederrum geben die Kategorien vor: „unterschiedliche

Repräsentation“ und „Mosel als trennendes Element. Hier werden die Antworten

entsprechend ihrer allgemeinen Zustimmung oder Verneinung der Thesen einer Trennung

der Stadt durch die Mosel und der unterschiedlichen Repräsentation der Stadtteile

zugeordnet.

Die Durchführung der qualitativen Auswertung der Interviews anhand dieser Kategorien

findet sich in Kapitel 5. Daran anschließend erfolgt eine quantitative Auswertung. Diese

orientiert sich an den gebildeten Kategorien. Aus ihnen ergeben sich Variablen, deren

Ausprägungen festgestellt und anschließend gezählt werden.338 So kommt es zu

quantitativen Häufigkeiten, die beispielsweise zur Bewertung der Bedeutung der einzelnen

Ursachen im städtischen Diskurs dienen.

Die Analyse der sozialen Polarisierung

Zur Analyse der sozialen Polarisierung sind in der Literatur mehrere Ansätze zu finden.

Martin Gornig und Jan Goebel schlagen beispielsweise ein Verfahren vor. Dabei teilen sie

die Bevölkerung zwischen 18 und 65 anhand unterschiedlicher Stufen, die sich als Anteil des

Medians der Einkommen ergeben. Die Polarisierung ergibt sich dann beispielsweise aus der

Personenzahl unterhalb der untersten Stufe.339

Ein ähnliches Vorgehen schlagen Martina Koll-Schretzenmayr, Frank Ritterhoff und Walter

Siebel vor.340 Diese erscheinen im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch ungeeignet, da

sie soziale Polarisierung nur anhand eines Indikators messen. Dagegen wurde im Kapitel 3

soziale Polarisierung als multidimensionaler Prozess beschrieben. Aus diesem Grund bezieht

sich die durchgeführte Analyse auf das Vorgehen des Gesundheitsamts Bremen bei der

338 Vgl. Behnke, Joachim/Baur, Nina/Behnke, Nathalie (2012): S.370ff. 339 Vgl. Gornig, Martin/Goebel, Jan (2013): Ökonomischer Strukturwandel und Polarisierungstendenzen. In:

Kronauer, Martin/Siebel, Walter (Hrsg.): Polarisierte Städte. Soziale Ungleichheit als Herausforderung für die Stadtpolitik, Campus Verlag, Frankfurt/New York, S.51-68, S.59.

340 Vgl. Koll-Schretzenmayr, Martina/Ritterhoff, Frank/Siebel, Walter (2005): Wie global ist die Weltstadthypothese? Soziale und räumliche Polarisierung in der europäischen Stadt. Das Beispiel Zürich. In: disP-The Planning Review (4/2005), S.50-73, S.62f.

Kapitel 4: Methodenteil

62

Erstellung seines Berichts ‚Die Auswirkungen sozialer Polarisierung‘.341 Dort betrachten die

Autoren die Bevölkerungsentwicklung, die Erwerbstätigkeit, die Armut, die

Bildungsbeteiligung und das Wahlverhalten der Bürger.342 Dabei wird eine insgesamt

sinkende Bevölkerung in einem Stadtteil als eine mögliche Folge sozialer Polarisierung in

einer Stadt gesehen: Dies gilt laut dem Bremer Modell insbesondere, wenn gleichzeitig der

ausländische Bevölkerungsanteil in einem Stadtteil steigt.343 Denn bereits im ersten Kapitel

wurde beschrieben, dass Migranten besonders stark von sozialer Benachteiligung betroffen

sind.344 Aus demselben Grund werden auch eine hohe Arbeitslosigkeit im Stadtteil und eine

hohe Zahl von Leistungsempfängern als mögliche Folgen sozialer Polarisierung gesehen.345

Hierzu wurden die notwendigen Daten vom Trierer Amt für Statistik und Stadtentwicklung

zu Verfügung gestellt. Zusätzliche Unterstützung fand die vorliegende Masterarbeit durch

das kommunale Bildungsmanagement der Stadt Trier. Dieses stelle Daten zu den

Übergängen von Grundschulkindern an weiterführende Schulen bereit. Denn eine geringe

Zahl von Kindern eines Stadtteils, die auf Gymnasien wechseln, ist ebenfalls ein Hinweis auf

soziale Polarisierung in einer Stadt.346 Außerdem werden auch die Ergebnisse der letzten

Wahlen analysiert, um festzustellen, wie zum einen die Wahlbeteiligung und zum anderen

die Zustimmung für rechtsradikale Parteien ausgeprägt sind. Dem folgend werden wir dies

im 6. Kapitel auch für die von uns untersuchten Stadtteile tun.

341 Vgl. Tempel, Günter (2006): Die Auswirkungen sozialer Polarisierung – Zur Entwicklung der

Lebenserwartung und Sterblichkeit in ausgewählten Bremer Wohngebieten, Gesundheitsamt Bremen (Hrsg.). 342 Vgl. Tempel, Günter (2006): S.36ff. 343 Vgl. ebd.,S.36. 344 Vgl. Graffe, Friedrich (2010), S.145. 345 Vgl. Tempel, Günter (2006): S.38f. 346 Vgl. ebd., S.42.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

63

5 Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Analyse und dem Vergleich der westlichen Stadtteile

von Trier. Dabei wird in einem ersten Schritt ein Überblick über die sechs Bezirke

Ehrang/Quint, Biewer, Trier-West/Pallien, Pfalzel, Euren und Zewen gegeben. Die

Reihenfolge ergibt sich aus der Lage der einzelnen Stadtteile, beginnend im Nord-Westen

(Ehrang/Quint) bis hin zum Süd-Westen (Zewen). Des Weiteren werden in diesem Kapitel

die sozioökonomischen Daten der einzelnen Bezirke untersucht sowie die Ergebnisse der

Analyse der geführten Experteninterviews miteingebracht. Zum Schluss wird in einem Fazit

die Frage beantwortet, in welchem Stadtteil Empowerment-Konzepte am sinnvollsten

erscheinen.

5.1 Ein Überblick über die westlichen Stadtteile Triers

Im Folgenden werden die sechs westlichen Stadtteile vorgestellt. Dabei fließen statistische

Daten wie Flächengröße, Einwohnerzahl sowie Altersstruktur der Bezirke in die Analyse mit

ein. Institutionen, Spielplätze und Vereine liegen ebenfalls im Bereich der Untersuchung,

wobei, soweit Informationen verfügbar waren, auch auf die geschichtliche Entwicklung des

Stadtteils eingegangen wird. Die kommunalpolitischen Vertreter der Stadtteile sowie

aktuelle Probleme – falls vorhanden – werden kurz vorgestellt.

5.1.1 Ehrang-Quint

Ehrang-Quint erstreckt sich westlich der Mosel auf

einer Gesamtfläche von 2522,9 Hektar und ist somit

der flächenmäßig größte Stadtteil Triers.347 Die Fläche

entfaltet sich auf über 7 Kilometer in der Länge, was

geografisch gesehenen einen langgezogenen Stadtteil

zur Folge hat.348 Die Einwohnerzahl des Bezirks

beläuft sich auf 9133 (Stand: 31.12.2013). Die

Altersstruktur ist sehr ausgewogen, was in Zahlen

einem Anteil von 33,8 Prozent der unter

347 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Statistik Ehrang/Quint. 348 Vgl. Schuhn, Werner (1989): Ehrang. Landschaft, Geschichte, Gegenwart, Band 1, Verlag: Vereinigung

Ehranger Heimat, Trier, S.51.

Abbildung 5.1: Stadtteil Ehrang-Quint

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

64

Dreißigjährigen und 24 Prozent der über Sechzigjährigen bedeutet.349 Angrenzende Bezirke

sind Pfalzel und Biewer in südlicher Richtung. Ehrang-Quint ist einer der äußeren

Stadtbezirke und grenzt im Norden an keinen weiteren Stadtteil von Trier an. Er liegt relativ

weit abgeschieden vom Stadtmittelpunkt.

Historisch betrachtet gehörte Ehrang-Quint seit 1815 zur Bürgermeisterei Pfalzel.350 Eine für

den Stadtteil heute noch prägende Entwicklung war der 1870 entstandene

Eisenbahnknotenpunkt, welcher die Zuglinien Köln-Trier und Koblenz-Perl miteinander

verband.351 Eine echte Großgemeinde wurden Ehrang-Quint und Pfalzel aber erst nach dem

zweiten Weltkrieg im Jahr 1968. Diese Großgemeinde hielt jedoch nur ein Jahr und so

wurden 1969 Ehrang-Quint und Pfalzel jeweils ein Ortsbezirk der Stadt Trier.352

Als der flächenmäßig größte Bezirk in Trier, finden sich in Ehrang-Quint zahlreiche

Einrichtungen. Zum einen befindet sich in Ehrang das Marienkrankenhaus, welches 1902

gegründet wurde und zum anderen gibt es vier Schulen im Stadtteil.353 In Ehrang befindet

sich die Grundschule St. Peter und in Quint die Grundschule Quint. Die weiterführenden

Schulen sind beide in Ehrang gelegen. Es handelt sich hierbei um eine Realschule plus – die

Realschule plus Trier-Ehrang – und um das Friedrich-Spee-Gymnasium.354 Auch die Anzahl

der Spielplätze ist proportional zur großen Fläche des Stadtteils sehr hoch. Ehrang-Quint hat

zehn normale Spielplätze sowie einen Naturspielplatz mit einer Seilbahn und einer

Wasserpumpe und einen Abenteuerspielplatz, welcher nahe am Wald gelegen ist.355

Zusätzlich zu dieser großen Anzahl an Spielplätzen gibt es für Jugendliche zwei Bolzplätze,

wobei auf einem dieser Bolzplätze auch eine Basketballanlage zu finden ist.356 In Sachen

Kinder- und Jugendbetreuung findet man in Ehrang-Quint zwei Anlaufstationen. Dazu

gehört zum einen der Jugendtreff Ehrang/Quint. Hier können sich Kinder und Jugendliche

treffen um gemeinsam ihre Freizeit zu gestalten. Es wird eine Hausaufgabenhilfe angeboten,

verschiedene Projektarbeiten sowie Ferienfreizeiten in den Sommerferien.357 Zum anderen

betreut die Mobile Jugendeinrichtung ‚Blue‘ feste Cliquen und Gruppen. Hier werden

kulturelle Vielfalt und Akzeptanz groß geschrieben. Das Angebot reicht von verschiedenen

349 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Statistik Ehrang/Quint. 350 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Geschichte von Ehrang/Quint. 351 Vgl. ebd. 352 Vgl. ebd. 353 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Ehrang/Quint. 354 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Leben in Ehrang/Quint. 355 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Spielplätze in Ehrang/Quint. 356 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Bolzplätze in Ehrang/Quint. 357 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Leben in Ehrang/Quint.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

65

Spielen über Unterstützung bei Schulstress bis hin zu Gemeinwesenarbeit und Motivation

zur Erzielung eines Schul- oder Berufsabschlusses.358 Wer sich in Ehrang-Quint in einem

Verein engagieren will, findet hier eine große Auswahl. Fast 40 Vereine sprechen für ein

starkes und vielfältiges Angebot in Ehrang-Quint.359 Dass bei dieser Anzahl von Vereinen

ein breitgefächertes Spektrum von Musik-, Sport- und Kulturvereinen abgedeckt ist, muss

nicht noch einmal im Detail beschrieben werden. Da Ehrang-Quint im Programmgebiet

‚Soziale Stadt‘ liegt, befindet sich auch ein Quartiersmanagement in diesem Stadtteil. Die

Quartiersmanagerin Vera Endres koordiniert die sozial- und stadtplanerischen

Entwicklungen bezüglich des Förderprogramms.360 Thiébaut Puel (SPD) wurde im Juni 2014

mit 53% der Stimmen zum Ortsvorsteher von Ehrang-Quint gewählt.361 Die Wahlbeteiligung

lag nur bei 38,1% und ist somit nicht nur allgemein gesehen, sondern auch im Vergleich zu

den anderen Stadtteilen, unterdurchschnittlich niedrig.362

5.1.2 Biewer

Der Stadtteil Biewer liegt westlich der Mosel und

erstreckt sich über 515,6 Hektar Fläche.363

Gemessen an der Einwohnerzahl ist Biewer mit

1860 Bürgern (Stand: 31.12.2013) einer der

kleinsten Bezirke in Trier.364 Die Altersstruktur teilt

sich folgendermaßen auf:

30,1 Prozent sind unter 30 Jahren,

26,1 Prozent sind zwischen 30-49 Jahren,

27,1 Prozent sind zwischen 50-69 Jahren und

16,7 Prozent sind älter als 70 Jahre.365

Damit ergibt sich eine recht ausgewogene

Altersstruktur, welche auch mit derjenigen von

358 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Mobile Jugendeinrichtung Blue. 359 Vgl. Jondral, Leah/Filzen, Anna (22.06.2012): Freie Auswahl: Ehranger Vereine bieten für jeden etwas. In:

Volksfreund.de. 360 Vgl. Palais e.V. (o.J.): Quartiersmanagement. 361 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Endergebnis Ortsvorsteherwahl Ehrang-Quint 2014. 362 Vgl. ebd. 363 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Statistik Biewer. 364 Vgl. ebd. 365 Vgl. ebd.

Abbildung 5.2: Stadtteil Biewer

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

66

Ehrang-Quint verglichen werden kann. Am südlichen Ende des Stadtteils grenzt Biewer an

Trier-West/Pallien und am nördlichen Ende wird der Bezirk durch Ehrang-Quint begrenzt.

Östlich von Biewer befindet sich der Bezirk Pfalzel, welcher bis 1930 zusammen mit Biewer

die Gemeinde Pfalzel-Biewer bildete. 1930 wurde Biewer von Pfalzel abgetrennt und als

eigenständiger Stadtteil von Trier eingemeindet.366

Das Leben in Biewer ist eher dörflich geprägt. Es gibt eine Grundschule – die Grundschule

am Biewerbach – welche sich als Schwerpunktschule sowie durch den Ganztagsunterricht

auszeichnet. Hier werden Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf

gemeinsam in einer Schulklasse unterrichtet.367 Die Schule ist seit 2012 eine Modellschule

für Partizipation und Demokratie und beschäftigt sich mit der Frage, wie Schüler in stark

heterogenen Klassen individuell gefördert werden können.368 In ihrer Freizeit bietet der

Bezirk den Kindern und Jugendlichen an, sich auf drei Spielplätzen und einem Bolzplatz

auszutoben.369 Gemessen an der Flächengröße des Stadtteils und der Einwohnergröße ist im

Vergleich zu den anderen Bezirken ein analoges Angebot für die Heranwachsenden gegeben.

Natürlich besitzt Biewer auch eine Freiwillige Feuerwehr sowie verschiedene Vereine. Diese

bieten für die Bürger Beteiligungsmöglichkeiten in den Richtungen Musik, Sport und

Kultur.370 Andreas Kratz (CDU) ist seit 2014 Ortsvorsteher in Biewer. Bei seiner

Ortsvorsteherwahl gab es keine weiteren Gegenkandidaten, sodass die Menschen in Biewer

lediglich für oder gegen Herrn Kratz stimmen konnten. Er gewann die Wahl mit 76,6

Prozent (478 Stimmen) bei einer Wahlbeteiligung von 43,2 Prozent.371 Anhand dieser Wahl

wird schnell deutlich, dass es in Biewer kein großes Interesse an der Ausführung

kommunaler politischer Ämter gibt. Unterstrichen wird diese Tatsache durch die

vorherrschende Situation im Ortsbeirat. Der Ortsbeirat Biewer verfügt gewöhnlich über elf

Sitze, von denen momentan jedoch nur sieben Sitze besetzt sind.372 Das Interesse der Bürger

ein politisches Amt in Biewer zu übernehmen scheint sich auf einem geringen Niveau zu

befinden. Bis 2006 war die Hauptstraße der Ortsdurchfahrt noch ein Teilstück der

Bundesstraße, was einen sehr starken Durchgangsverkehr mit sich brachte. Dieses Problem

hat sich mit der Instandnahme der Umgehungsstraße 2006 allerdings aufgelöst, sodass in

Biewer aktuell keine großen ortsbezogene Probleme mehr bestehen.

366 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Geschichte von Biewer. 367 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Grundschule am Biewerbach. 368 Vgl. ebd. 369 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Leben in Biewer. 370 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Vereine. 371 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Ergebnis der Ortsvorsteherwahl in Biewer 2014. 372 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 3

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

67

5.1.3 Trier-West/Pallien

Der Stadtteil Trier-West/Pallien liegt auf der linken

Moselseite und erstreckt sich auf über 841,2

Hektar.373 Hier leben 7053 Einwohner (Stand:

31.12.2013). Über 40 Prozent der Bürger sind unter

30 Jahre alt, was Trier-West/Pallien zu einem recht

jungen Stadtteil macht.374 Im Süden schließt sich

der Stadtteil Euren und im Norden der Stadtteil

Biewer an den Bezirk an. Begrenzt wird Trier-

West/Pallien in östlicher Richtung durch die Mosel

und im Westen durch die roten Sandsteinfelsen.375

Die Mariensäule ist eines der Trierer Wahrzeichen

und steht auf eben diesen Sandsteinen.

Geschichtlich betrachtet entstand der Bezirk 1913

durch den Zusammenschluss des vorstädtischen Trier-Wests und des Dorfes Pallien. Die für

den Stadtteil bekannten städtischen Kasernen – Hornkaserne und Jägerkaserne – entstanden

zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit galt Trier-West/Pallien als militärischer

Stadtteil.376 Dies änderte sich schlagartig mit dem Ende des ersten Weltkrieges. Die

französische Besatzungsmacht brauchte Unterkünfte für ihre Offiziere und deren Familien.

Des Weiteren gab es große Flüchtlingsströme aus Elsass-Lothringen nach Trier-West und

die Eisenbahndirektion wurde aus dem Saarland nach Trier verlegt.377 Diese Ereignisse

führten zu einer akuten Wohnungsknappheit in Trier-West und so wurde in den 1930er

Jahren damit begonnen, die alten Kasernengebäude vorübergehend in Wohnraum

umzugestalten. Die Wohnungsnot zog sich bis weit nach dem zweiten Weltkrieg fort und so

gab es 1957 immer noch sechs Prozent Obdachlose in Trier, welche notdürftig in den

Kasernengebäuden untergebracht wurden.378 Trier-West/Pallien entwickelte sich zu einem

Ort, an dem sozial schwache Menschen ohne Arbeit und Bildung untergebracht wurden.

Diese Gegebenheit war ausschlaggebend für den schlechten Ruf des Stadtteils, welcher ihn

373 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Statistik Trier-West/Pallien. 374 Vgl. ebd. 375 Vgl. ebd. 376 Vgl. Quartiersmanagement Trier-West (Hrsg.): Überbrücken, Ausgabe 10/2014, S.8. 377 Vgl. ebd., S.8. 378 Vgl. ebd., S.8.

Abbildung 5.3: Stadtteil Trier-West/Pallien

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

68

bis heute noch zu verfolgen scheint.379 Einen Wendepunkt erreichte der Bezirk in den 1960er

Jahren. Mit dem einsetzenden Engagement der Caritas, Don Bosco und dem Jugendamt

entstehen Kindertagesstätten und Anlaufstellen für die Bürger. Neuer Wohnraum wird

geschaffen und Trier-West/Pallien beginnt sich weiterzuentwickeln.380 2003 wird Trier-West

in das Bund-Länder-Programm ‚Soziale Stadt‘ aufgenommen, welches sich als Ziel gesetzt

hat, die Lebensbedingungen von Bürgern in benachteiligten Bezirken nachhaltig

aufzubessern. Es geht einerseits um die Schaffung eines besseren Wohnumfeldes, welches

durch neue bauliche Maßnahmen erreicht werden soll und andererseits um die Stärkung der

wirtschaftlichen Situation.381 Damit einhergehend soll das Image des Stadtteils eine

Aufwertung erfahren. Heute steht der Stadtteil Trier-West/Pallien vor neuen, zusätzlichen

Herausforderungen. Auch wenn die Bauarbeiten des ‚Soziale Stadt-Programms‘ langsam ins

Rollen kommen, bringt die Unterbringung von jährlich 350-500 Flüchtlingen in der Stadt

Trier neue Probleme mit sich.382 Die Flüchtlinge sollen anfangs im Erstauffanglager der

Jägerkaserne untergebracht werden.383 Diese Notunterbringung erinnert historisch gesehen

an die Zeit nach dem ersten Weltkrieg, in welcher die Kasernengebäude ebenfalls als

Wohnraum genutzt werden mussten. War Trier-West/Pallien in den letzten Jahren auf einem

guten Weg seinen schlechten Ruf immer mehr abzulegen, so gilt es jetzt, die neuen

Herausforderungen zu meistern, um nicht wieder in ein schlechtes Licht gerückt zu werden.

Das Leben in Trier-West/Pallien hat einiges zu bieten. Der Bezirk besitzt zwei Grundschulen

– die Grundschule Pallien und die Grundschule Reichertsberg – sowie eine weiterführende

Schule, die Kurfürst-Balduin-Realschule plus. Das Jugendwerk Don Bosco bietet

berufstätigen Eltern Tagesbetreuungsmöglichkeiten sowie schulische Betreuung für ihre

Kinder. Für Heranwachsende zwischen zwei und zwölf Jahren gibt es außerdem sechs

Spielplätze, welche sich gut über den gesamten Bezirk verteilen. Jugendliche können ihre

Freizeit in der ‚Soccerhalle‘ verbringen, welche in der Don-Bosco-Halle an der Christ-

König-Kirche untergebracht ist.384 Das Quartiersmanagement bezüglich des ‚Soziale Stadt-

Programms‘ ist innerhalb des Gneisenauberings untergebracht und erledigt eine Vielzahl

von Aufgaben. Es ist einerseits für den Aufbau von Vernetzungsstrukturen zuständig und

fördert andererseits die Bewohneraktivierung. Ferner hat die im Dechant-Engel-Haus

379 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 6. 380 Vgl. Quartiersmanagement Trier-West (Hrsg.): Überbrücken, Ausgabe 10/2014, S.8. 381 Vgl. ebd., S.13. 382 Vgl. Stadt Trier (05.05.2015): OB: "Ganz konkret helfen". 383 Vgl. Neubert, Rainer (05.05.2015): Flüchtlinge ziehen noch 2015 ein: Stadt stellt Pläne für Nutzung der

Jägerkaserne vor – Auch andere Stadtteile sind gefordert. In: Volksfreund.de. 384 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Leben in Trier-West/Pallien.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

69

befindliche Caritas mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit und dem Aufbau von

Informationsstrukturen eine wichtige Funktion im Stadtteil inne.385 Wer sich in Trier-

West/Pallien in Vereinen engagieren möchte, findet hier ein Angebot, welches sich von

Sportvereinen – Fußballverein, Ruderverein, Angelclub, etc. – über Kulturvereine –

Musikverein, Stadtgarde, Gesangsverein, etc. – bis hin zur Karnevalsgesellschaft und dem

Kleingärtnerverein auffächert.386 Auch wenn der Bezirk oft als sozialer Brennpunkt tituliert

wird, so besitzt er mit der Europäischen Kunstakademie und der Fachhochschule auch

kulturell und akademisch ansprechende Charakterzüge.387 Der wiedergewählte Ortsvorsteher

von Trier-West/Pallien – Horst Erasmy – setzt sich mit überparteilichem Engagement für

seinen Stadtteil ein.388 Er möchte mit Hilfe seiner beiden Stellvertreter Bernhard Hügle

(Grüne) und Johannes Schölch-Mundorf (SPD) parteiübergreifend Probleme des Stadtteils

angehen und lösen. Hierzu zählen einerseits die Unterbringung der stetig steigenden Anzahl

von Asylbewerber, aber auch das erhöhte Verkehrsaufkommen und die damit verbundenen

Probleme, wie Lärm, Erschütterungen und Luftverschmutzung.389

Im Folgenden werden einige Impressionen in Form von Fotos präsentiert, welche die

jahrelange Vernachlässigung Trier-Wests deutlich machen:

385 Vgl. Trier-West (o.J.): Stadtteilmanagement. 386 Vgl. Trier-West (o.J.): Vereine. 387 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Trier-West/Pallien. 388 Vgl. Volksfreund.de (16.07.2014): Ratsmitglieder im Westen kämpfen an vielen Fronten. In: Volksfreund.de. 389 Vgl. Morgen, Roland (05.05.2009): Trier-West/Pallien: Der Verkehr fällt aus dem Rahmen. In:

Volksfreund.de.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

70

Der sogenannte ‚rosa Wohnblock‘ im Gneisenaubering. In diesem renovierungsbedürftigen

Gebäude befinden sich Sozialwohnungen in direkter Nachbarschaft zum aufwendig

renovierten Haus des Jugendrechts.

Auf diesem Bild ist der dritte Kasernenblock in der Gneisenaustraße zu sehen. Fast alle

Fenster sind eingeschlagen oder mit Brettern provisorisch verschlossen. Kletterpflanzen

wuchern an der Gebäudefront und der Putz löst sich ab. Die Türen wurden durch dicke

Stahltüren ersetzt, um die Bürger davon abzuhalten in das wahrscheinlich baufällige

Gebäude hineinzugehen. Der langsam in sich zerfallene Kasernenblock spiegelt die

Vernachlässigung von Trier-West über Jahrzehnte hinweg wieder.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

71

Ein Gebäude am Irminenwingert. Laut Trier-Reporter steht in diesem Gebäude schon seit

Jahren der Schimmel.390 Trotz der schlechten Bausubstanz und des Schimmels ist dieses

Gebäude teilweise noch bewohnt.

390 Vgl. Thielen, Eric (06.05.2014): Geheiligt werde die Planung. In: Trier-Reporter.de.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

72

5.1.4 Pfalzel

Der Stadtteil Pfalzel liegt am linken Moselufer und

erstreckt sich auch einer Fläche von 238,5 Hektar,

was ihn zu einem der kleinsten Bezirke in Trier

macht.391 Der Bezirk hat bis heute seinen eher

dörflichen Charakter behalten. Die Einwohnerzahl

von 3543 (Stand: 31.12.2013) fächert sich sehr

ausgeglichen über die verschiedenen

Altersintervalle auf. Lediglich der Prozentsatz der

Menschen ab 70 Lebensjahren beträgt 17,8% und

liegt somit leicht höher als der Anteil der restlichen

Altersintervalle.392 Verlässt man Pfalzel in

nördlicher Richtung, so gelangt man nach Ehrang-

Quint. In süd-westlicher Richtung schließt sich

Biewer an Pfalzel an.

Geschichtlich gesehen gehörten Biewer und Ehrang in der preußischen Zeit ab 1815 zur

Bürgermeisterei Pfalzel. Selbst als Biewer im Jahr 1930 von Zewen abgetrennt und in Trier

eingemeindet wurde, blieb Pfalzel eigenständig.393 Weitere 38 Jahre später bildete sich die

Großgemeinde Ehrang-Pfalzel, welche sich jedoch nur ein Jahr hielt. 1969 wurde Pfalzel als

Stadtteil in Trier eingemeindet.394

Selbst als einer der kleinsten Stadtteile in Trier kann Pfalzel mit einer eigenen Grundschule,

der Gregor-von-Pfalzel-Grundschule, auftrumpfen.395 Spielplätze gibt es zur Genüge, an der

Zahl sind es vier Stück. Selbst einen 5500m² großen Bolzplatz kann Pfalzel seinen

Heranwachsenden bieten.396 Die Freiwillige Feuerwehr in Pfalzel erfüllt weit mehr

Aufgaben, als die eines Löschzuges. Sie hilft überall da, wo im Ort Hilfe benötigt wird. Sei

es bei Renovierungsarbeiten von öffentlichen Gebäuden oder bei Festen; die Freiwillige

Feuerwehr in Pfalzel ist sehr engagiert.397 An Vereinen mangelt es auch in Pfalzel nicht. Es

391 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Statistik Pfalzel. 392 Vgl. ebd. 393 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Geschichte von Pfalzel. 394 Vgl. ebd. 395 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Leben in Pfalzel. 396 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Bolzplätze in Pfalzel. 397 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Löschzug Pfalzel.

Abbildung 5.4: Stadtteil Pfalzel

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

73

gibt zwei Bürgervereine, einen Musikverein, einen Theater- und Karnevalsverein, einen

Fußballverein und viele mehr.398

Margret Pfeiffer-Erdel (FWG) ist Ortsvorsteherin und Dietmar Mattes (SPD) der

Stellvertreter in Pfalzel. Frau Pfeiffer-Erdel ist eine sehr engagierte Ortsvorsteherin, welche

auf so gut wie jede Beschwerde der Bürger eingeht und zur Lösung des Problems verhilft.399

5.1.5 Euren

Der Stadtteil Euren ist auf der westlichen

Moselseite, zwischen der Luxemburger Straße und

dem Hospitienwald, gelegen und besitzt eine

Gesamtfläche von 1271,5 Hektar.400 Das kleine

Dorf Herresthal, welches auf der Hochfläche

oberhalb des Hospitienwaldes liegt, gehört auch

zum Bezirk Euren.401 Es leben 4271 Einwohner

(Stand: 31.12.2013) in Euren, wobei die

Altersstruktur ein sehr ausgeglichenes Bild

darstellt: 31,4% sind unter 30 Jahren, 29,6% sind

im Alter zwischen 30 und 49 Jahren, 25,1%

zwischen 50 und 69 Jahren und 13,9% sind älter als

70 Jahre.402 In nördlicher Richtung schließt Trier-

West/Pallien an Euren an. Folgt man der Luxemburger Straße hingegen Richtung Süden, so

gelangt man nach Zewen. Bevor man nach Zewen gelangt, durchfährt man auf der Eurener

Flur das flächenmäßig größte Industriegebiet in ganz Trier. Es entstand in den 1960er Jahren

aus dem früheren Flugplatzgelände.403

Geschichtlich gesehen wurde Euren erst 1930 als Stadtteil in Trier eingegliedert.404 Der

Bezirk war damals noch eher ländlich geprägt. Mit dem Bau des

Reichsbahnausbesserungswerkes 1911 wuchs die Einwohnerzahl in Euren um das Zweifache

398 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 6. 399 Vgl. ebd. 400 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Statistik Euren. 401 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Euren. 402 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Statistik Euren. 403 Vgl. ebd. 404 Vgl. Reuter, Thomas Peter (o.J.): Euren.

Abbildung 5.5: Stadtteil Euren

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

74

an.405 Im Zweiten Weltkrieg wurde die Eurener Kirche stark beschädigt, was 1948 zu

Wiederaufbaumaßnahmen führte. Im weiteren Verlauf der 1950er Jahre verlor Euren immer

mehr seinen dörflichen Charakter und überschritt 1955 die 4000-Einwohner-Grenze.406

Auch wenn Euren durch sein großes Industriegebiet als finanziell wichtiger Stadtteil für

Trier bekannt ist, so besitzt der Bezirk ebenfalls noch andere Seiten. Euren hat eine

Grundschule – die Johann-Hermann-Grundschule407 – und zum August 2015 öffnete eine

neue Kindertagesstätte, welche im Gewerbegebiet an der Diedenhofenerstraße angesiedelt

wurde.408 Der Stadtteil besitzt gleich zwei Löschzüge der Freiwilligen Feuerwehr, der eine in

Euren und der andere in Herresthal. Kinder und Jugendliche können sich in ihrer Freizeit auf

den vier Spielplätzen und den zwei Bolzplätzen, davon einer sogar mit Basketballanlage,

nach Belieben austoben.409 In Euren findet sich auch eine große Vielfalt an unterschiedlichen

Vereinen. Über Kulturvereine, wie dem Karnevals- oder Musikverein, bis hin zu

Sportvereinen haben die Bürger in Euren die Möglichkeit sich entsprechend ihrer Interessen

zu beteiligen.410 Der Ortsvorsteher Hans-Alwin Schmitz, der der Freien Wählergemeinschaft

angehört, ist treibende Kraft in seinem Stadtteil und weiß die Bürger zu aktivieren.411 So

formierte er im Dezember 2014 fast 300 Menschen aus Euren und den umliegenden

Stadtteilen für eine Gegendemonstration gegen eine NPD-Kundgebung. Die Kundgebung

durch Euren wurde von der NPD initiiert, um gegen die dort in einer Aufnahmeeinrichtung

lebenden Flüchtlinge zu protestieren.412 Dieser Aspekt stellt auch gleichzeitig eine der

großen Herausforderungen des Bezirks dar. Wie in Trier-West/Pallien, sind auch in Euren

Flüchtlinge untergebracht. Da die Unterkünfte in Trier nicht ausreichen, um alle Flüchtlinge

zu versorgen, wurde im Juli 2015 kurzfristig beschlossen 100 bis 150 Asylbegehrende

zusätzlich in der General-von-Seidel-Kaserne, welche an der Luxemburger Straße in Euren

gelegen ist, unterzubringen.413 Demnach ist Euren genau wie Trier-West/Pallien einer der

Bezirke in Trier, welcher ein großes Kontingent an Flüchtlingen aufgenommen hat. Die

damit aufkommenden Probleme müssen von den Bürgern als Herausforderung angesehen

und gemeistert werden. Ein anderes Problem stellt der erhöhte Lärm des Zugverkehrs auf der

405 Vgl. Plein, Josef (2010): Chronik. 406 Vgl. ebd. 407 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Leben in Euren. 408 Vgl. Stadt Trier (11.03.2015): Neue Kita im Eurener Gewerbegebiet ab August. 409 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Leben in Euren. 410 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Vereine Euren. 411 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 12. 412 Vgl. Neubert, Rainer (19.12.2014): Trier macht gegen Rechts mobil - 300 Menschen protestieren gegen NPD-

Kundgebung. 413 Vgl. Stadt Trier (14.07.2015.): Kasernenturnhalle und Flughafenzelt.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

75

Abbildung 5.6: Stadtteil Zewen

Westtrasse dar. Dieser bereitet „(…) den Menschen in Zewen, Euren und Trier-West/Pallien

zunehmend schlaflose Nächte“.414 Auch die sehr stark befahrene Luxemburger Straße macht

Lärm und Luftverschmutzung in Euren zu einer Herausforderung. Ein Grund dafür sind die

über 30.000 Pendler, die täglich ins Großherzogtum zu ihrem Arbeitsplatz fahren.415

5.1.6 Zewen

Der Stadtteil Zewen liegt auf der linken Moselseite

und ist der südlichste Bezirk in Triers Westen. Mit

einer Fläche von 783,6 Hektar ist er der

flächenmäßig fünftgrößte Stadtteil.416 Dies kann

anhand der Einwohnerzahlen nicht behauptet

werden. Mit 3564 Einwohnern liegt Zewen im

Mittelfeld. Die Altersstruktur kann als sehr

ausgeglichen bezeichnet werden: 29,1% sind unter

30 Jahren, 28,9% sind zwischen 30-49 Jahren,

25,4% zwischen 50-69 Jahren und 16,6% sind 70

Jahre oder älter.417 Folgt man der Luxemburger

Straße Richtung Norden, so schließt sich der

Stadtteil Euren an Zewen an. Südlich des Bezirks

liegt kein weiterer Stadtteil mehr und somit bildet Zewen einen Randbezirk in Trier.

Historisch gesehen gehörte Zewen schon im Mittelalter zum Kurstaat Trier. Der ‚Zewener

Turm‘ ist ein Zeitzeuge dieser frühen Bindung. Dieser diente als Zoll- und Grenzturm des

Kurfürstentums.418 Verglichen mit anderen Stadtteilen erfolgte die endgültige

Eingemeindung von Zewen in die Stadt Trier erst sehr spät. Seit 1969 gehört der Stadtteil

offiziell zu Trier.419

414 Trier Reporter (28.04.2015): Werner fordert Lärmschutz an Westtrasse. In: Trier-Reporter.de. 415 Vgl. Thielen, Eric (29.07.2014): Stadtumfahrung – “Giftgrüne Politik” – “Totales Desaster”. In: Trier-

Reporter.de. 416 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Statistik Trier-West/Pallien. 417 Vgl. ebd. 418 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Geschichte von Zewen. 419 Vgl. ebd.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

76

Auch Zewen hat, wie viele andere Stadtteile, eine eigene Grundschule. Mit drei Spielplätzen

ist der Bezirk seiner Größe entsprechend gut ausgestattet.420 Nach der Schule haben die

Jugendlichen die Möglichkeit sich auf einem Bolzplatz auszutoben. Das durchaus dörflich

geprägte Zewen besitzt ein reges Vereinsleben. Die Bürger können sich im Karnevalsverein,

Radfahrer-Verein, Musikverein, DLRG, Schachklub und vielen weiteren

Zusammenschlüssen engagieren.421 Aktuell ist Zewen auch von der Reaktivierung der

Westtrasse betroffen. Durch das zweijährige Planfeststellungsverfahren, welches die

Inbetriebnahme voraussichtlich bis 2020 verschiebt, sollen nun auch die Interessen der

Anwohner berücksichtig werden.422 Hier stehen vor allem Lärmschutzmaßnahmen im

Vordergrund, welche vor dem Planfeststellungsverfahren nicht eingeplant waren.423

Der 2014 mit 62,9% der Stimmen gewählte Ortsvorsteher Christoph Schnorpfeil (CDU)

initiierte im Juli 2015 die Beilegung des Streits über den Flächennutzungsplan, in welchem

ein 50 Hektar großes Wohngebiet entlang der Westtrasse entstehen soll.424 Der Ortsvorsteher

von Euren, Hans-Alwin Schmitz, und Herr Schnorpfeil machten in einer gemeinsamen

Sitzung der Ortsbeiräte den Vorschlag, Zewen und Euren durch ein neues Wohngebiet zu

verbinden. Anschließend stimmten die beiden Ortsbeiräte einstimmig für die Durchführung

dieses Flächennutzungsplans.425

5.2 Auswertung der Experteninterviews Im Methodenteil wurde erwähnt, mit welchen Interviewpartnern Gespräche geführt wurden

und auf welchem Weg die Auswertung erfolgt.426 Hier sei noch einmal daran erinnert, dass

die Interviewpartner Funktionen in den sechs, westlich der Mosel gelegenen Stadtteilen

Triers innehaben oder aufgrund ihrer Tätigkeit Aussagen über diese Stadtteile und ihre

Bewohner treffen können. Die Experteninterviews werden anhand der erstellten

Gesprächsnotizen qualitativ ausgewertet. Dabei werden die Aussagen in Bezug auf die

Themen Beurteilung der politischen Beteiligung, Empowerment in Trier, die Repräsentation

der Stadtteile und die Mosel als trennendes Element betrachtet. Jedem Thema lassen sich

420 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Vereine Zewen. 421 Vgl. ebd. 422 Vgl. Stadt Trier (22.05.2015.): Gemeinsame Erklärung der DB AG und der Stadt Trier zur Westtrasse. 423 Vgl. ebd. 424 Vgl. Stadt Trier (2014): Endergebnis Ortsvorsteherwahl Zewen 2014. 425 Vgl. Neubert, Rainer (02.07.2015): Euren und Zewen begraben herzliche Rivalität - 50 Hektar an der

Westtrasse für ein neues Wohngebiet. In: Volsfreund.de. 426 Die Protokolle der geführten Interviews sind im Anhang zu finden.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

77

eine oder mehrere Fragen des Leitfadens zuordnen, anhand dessen die Gespräche geführt

wurden.

Zunächst wird das Thema „Beurteilung der politischen Beteiligung“ betrachtet. Die

Befragten beantworteten dazu die Fragen zur politischen Beteiligung und zum politischen

Interesse der Bürger mit sehr großer Übereinstimmung. Sie kommen ohne Ausnahme zu

einem negativen Urteil: Die Beteiligung und das politische Interesse gehe in allen

Stadtteilen, ebenso wie in der gesamten Gesellschaft zurück. Differenzierter wird die

Bewertung zu einzelnen Stadtteilen. Einige Interviewpartner meinen, keinen Unterschied in

der politischen Beteiligung und dem Interesse zwischen den Stadtteilen feststellen zu

können. Andere Interviewpartner wie Interviewpartner 1 können dagegen darauf verweisen,

dass im Trierer Stadtteil Pfalzel die Bürger sehr aktiv sind. Dies beziehe sich nicht nur auf

das Engagement in den Vereinen, sondern auch auf die gesamte politische Beteiligung. Die

Bürger von Pfalzel würden auch bei solchen lokalpolitischen Fragen gemeinsam reagieren,

bei denen die Bewohner anderer Stadtteile nichts unternehmen. Als Beispiel hierfür nennt sie

die Schulschließung in Ehrang-Quint, die von den dortigen Bewohnern unkommentiert

blieb.

Die Einschätzung, dass Pfalzel zu einem der westlichen Stadtteile mit einer höheren

Bürgerbeteiligung und einem höherem politischen Interesse gehört, teilen sieben der zwölf

Gesprächspartner. Zur Gruppe der aktiveren Stadtteile gehören nach Angaben einer

geringeren Zahl von Interviewpartner auch Euren und Zewen. Als Stadtteile mit einem

niedrigen Engagement der Bewohner werden von drei Gesprächspartnern Biewer, von vier

Experten Ehrang-Quint und von neun der Interviewten Trier-West/Pallien genannt. Somit

stimmt die Mehrheit der befragten Personen in ihrer Einschätzung überein. Demnach sind

die politische Beteiligung und das politische Interesse in Trier-West/Pallien als besonders

niedrig einschätzen. Durch den Vergleich mit Zeitungsartikeln zur Beteiligung427 und

Wahlergebnissen428 lässt sich schließen, dass im Diskurs in der Stadt Trier Trier-

West/Pallien als Stadtteil mit einer problematischen, weil besonders niedrigen politischen,

Beteiligung betrachtet wird.

Die Gründe für die Einschätzungen sind nach Aussagen der befragten Experten vielfältig. So

nennt jeder von ihnen mehr als drei Gründe für eine niedrige oder hohe Beteiligung. Die

427 Vgl. Volksfreund.de (o.J.): Extrem niedrige Wahlbeteiligung in Trier. 428 Vgl. Stadt Trier (o.J.): Abstimmungen und Wahlen.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

78

Argumentation ist dabei unterschiedlich. Interviewpartner 3, Interviewpartner 1 und

Interviewpartner 4 begründen die allgemein niedrige Beteiligung damit, dass die Menschen

zufrieden seien. Laut Interviewpartner 3 denken die Bürger: „Mir geht es doch gut.“. Warum

solle man sich also politische beteiligen? Zusätzlich seien die Menschen in der

Vergangenheit idealistischer gewesen und junge Bürger würden sich nicht mehr so stark für

Politik interessieren, wie dies ältere Generationen noch getan hätten.

Interviewpartner 2 beschreibt hingegen, dass die Menschen in politischer Beteiligung und

politischem Interesse keinen Sinn sähen. Die Menschen würden denken: „Es passiert ja eh

nix.“ Viele Gesprächspartner geben an, dass dieser Gedanke der Menschen aus negativen

Erfahrungen mit politischen Entscheidungen der Vergangenheit resultiere. Hierzu gehöre

etwa die Umsetzung der Stadtteilrahmenplanung, an der sich die Bürger in einigen

Stadtteilen rege beteiligt hatten.429 Aufgrund der Umsetzung nur weniger Ergebnisse, denken

die Bürger laut Interviewpartner 6: „Die (Politiker) machen doch eh, was sie wollen.“430

Daraus ergibt sich nach dem Eindruck von Interviewpartner 2 bei vielen Bürgern ein

„Gefühl der Bedeutungslosigkeit“.431 Zusammen mit Interviewpartner 8 und

Interviewpartner 9 bringt er dies auch mit einer schlechten Kommunikation zwischen

Stadtverwaltung und Politik auf der einen Seite und den Bürgern auf der anderen Seite in

Verbindung. Dabei spielt für Interviewpartner 2 auch die Gestaltung von

Beteiligungsangeboten eine Rolle. Diese seien oft zu „akademisch“ und daher nicht für alle

Bürger zugänglich. Voraussetzung für eine politische Beteiligung ist dieser Aussage zufolge

auch die politische Bildung. Diese Einschätzung teilen viele Gesprächspartner.

Interviewpartner 9 meint daher es sei notwendig die Schulen stärker einzubeziehen, um eine

höhere politische Beteiligung der Menschen zu erreichen.

Um die Bedeutung dieser Zusammenhänge und Ursachen für das Ausmaß der politischen

Beteiligung und das politische Interesse der Bürger zu ermitteln, wird die Häufigkeit des

Auftretens gezählt. Mit gleicher Häufigkeit werden in insgesamt neun Interviews

enttäuschende Erfahrungen in der Vergangenheit und die geringe politische Bildung als

Ursache für geringe Beteiligung und geringes politisches Interesse genannt. Politisches

Interesse und politische Beteiligung kann laut den Aussagen von sieben der zwölf Experten

durch direkte Betroffenheit hervorgerufen werden. Damit kann aber nicht erklärt werden,

429 Vgl. Volksfreund.de (16.10.2009) : Schlaglöscher und Staus im Fokus. 430 Vgl. Protokoll des Interviews mit Interviewpartner 6. 431 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 2.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

79

warum die Beteiligung und das Interesse in manchen Stadtteilen niedriger oder höher sind.

Denn in der Auswahl der Stadtteile wurde als Kriterium genannt, dass sich diese Stadtteile

wegen gemeinsamer Probleme zum Vergleich eignen. Wenn die Betroffenheit in allen

Stadtteilen ähnlich groß ist, müssten also auch die Beteiligung und das Interesse ähnlich

groß sein. Wie die bisherige Auswertung der Gespräche und der Blick auf die

Wahlergebnisse zeigt, ist dem jedoch nicht so.

Aufschluss können die anderen genannten Gründe liefern. So wurde in sechs der zwölf

Gespräche der Lebensweltbezug der Bewohner als Grund genannt. Der Bezug zur

Lebenswelt meint, dass Politik keine Bedeutung im Leben mancher Bürger spielt. Dies sei

eine Folge davon, dass diese Menschen im Alltag zu sehr mit der Bewältigung alltäglicher

Herausforderungen beschäftigt seien, um politische Beteiligung oder Interesse für selbige zu

entwickeln.432 In den Gesprächen, in denen diese Ursache genannt wurde, war diese Aussage

stets auf den Stadtteil Trier-West/Pallien bezogen. Andere Gründe werden nur in deutlich

geringerer Zahl genannt. Erwähnenswert ist, dass Interviewpartner 11 ergänzend darauf

hinweist, dass die Wohnkosten in Trier-West/Pallien gering seien und diese einige Bürger

zum Leben in diesem Stadtteil veranlassen. Interviewpartner 9 fügt dieser Aussage hinzu,

dass Haus- oder Wohnungsbesitzer und Mieter unterschiedlich auf Probleme in der

Umgebung auf andere Weise reagieren würden. In Trier-West/Pallien wohnen seinen

Angaben nach vor allem Mieter, während beispielsweise in Euren oder Zewen Haus- und

Wohnungsbesitzer in größerer Zahl zu finden seien. Diese Aussagen stimmen mit der

Theorie sozialer Polarisierung überein.

Nach der Auswertung der Experteninterviews ergibt sich somit zum Themenbereich

„Beurteilung der Bürgerbeteiligung“ ein einheitliches Bild. Im städtischen Problemdiskurs

der westlichen Stadtteile zur politischen Beteiligung der Bürger dominiert die Meinung, dass

Trier-West/Pallien als Stadtteil mit der geringsten politischen Beteiligung und dem

geringsten politischen Interesse der dortigen Bewohner betrachtet wird. Gleichzeitig werden

als wichtigste Gründe für geringe politische Beteiligung und geringes politisches Interesse

enttäuschende Erfahrungen in der Vergangenheit, geringe politische Bildung und der

Lebensweltbezug der Bewohner genannt. Diese Erkenntnisse beruhen vor allem auf den

Aussagen der interviewten Experten. Sie konnten durch Presseartikel und die Betrachtung

der Beteiligung an Wahlen gestützt werden. Zudem lassen sich auch Überstimmungen

432 Vgl. Protokolle der Gespräche mit Interviewpartner 5/ Interviewpartner 7 Interviewpartner

11/Interviewpartner 4

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

80

zwischen dieser Auswertung der Interviewergebnisse und den vorangegangen

Beschreibungen der Stadtteile feststellen.

Somit bleibt die Analyse der Experteninterviews im Hinblick auf die Themenbereiche

„Empowerment in Trier“, „die Mosel als trennendes Element“ und „die unterschiedliche

Repräsentation der Stadtteile“. Zu „Empowerment in Trier“ gehören die Fragen des

Leitfadens, ob bisherige Empowerment-Maßnahmen der Stadt Trier bekannt sind und in

welchen Stadtteilen Empowerment-Maßnahmen notwendig erscheinen. Aus dem Vergleich

der Aussagen geht hervor, dass keine solchen Maßnahmen von Seiten der Stadtverwaltung

durchgeführt werden. Es wäre auch möglich, dass solche Maßnahmen im städtischen

Diskurs nicht präsent sind und den interviewten Experten in ihrem Alltag nicht begegnen.

Dies ist jedoch auszuschließen, da beispielsweise Interviewpartner 2, Interviewpartner 8 oder

Interviewpartner 7 durch ihre Tätigkeiten als Koordinator für Bürgerbeteiligung und als

Quartiersmanagerinnen direkt mit solchen Maßnahmen in Berührung kämen.

Die zwölf Experten nennen auf die Frage nach bekannten städtischen Formen des

Empowerment zwar verschiedene Verfahren, aber diese können nur vereinzelt als Ansätze

zum Empowerment bezeichnet werden. So nennen beispielsweise fünf der Interviewten den

Bürgerhaushalt der Stadt Trier, doch dieser ist eine Form der Bürgerbeteiligung und kein

Empowerment.433 Drei Gesprächspartner weisen auf den Runden Tisch im Quartier in Trier-

West hin. Aber auch diese Maßnahme zählt nicht zum Empowerment, sondern ist ebenfalls

eine Form der Bürgerbeteiligung.434 Zudem wurde dieser Runde Tisch nicht von der Stadt

Trier, sondern von der Gemeinwesensarbeit in Trier-West ins Leben gerufen.435

In den Interviews werden weitere Maßnahmen genannt, die nicht von der Stadtverwaltung

initiiert und durchgeführt werden und die lediglich zum Teil zum Empowerment zählen. So

nennt Interviewpartner 4 beispielsweise die Anstellung von zwei Langzeitarbeitlosen durch

den Ortsbeirat in Trier-West/Pallien. Diese beiden Männer erhalten neben ihrer staatlichen

Unterstützung zusätzlich eine Entschädigung für die Tätigkeit als Hausmeister einiger

Gebäude. Entsprechend der Vorstellungen des Empowerment können die Männer durch ihre

Anstellung sowohl eine größere Selbstbestimmung ihres Alltags erfahren als auch

Verantwortung für ihr Umfeld im Quartier entwickeln. Dieses Vorgehen hat das Potenzial,

433 Vgl. Nanz, Patrizia/Fritsche, Miriam (2012): Handbuch Bürgerbeteiligung. Verfahren und Akteure, Chancen

und Grenzen, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, S.46. 434 Vgl. ebd., S.53ff. 435 Vgl. Überbrücken Trier-West/Pallien (o.J.): Runder Tisch Trier-West/Pallien.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

81

den beiden Männern schrittweise über ihre Wirksamkeit in ihrem Umfeld auch die

Bedeutung politischer Beteiligung erkenntlich zu machen.436 Interviewpartner 7,

Interviewpartner 2 und Interviewpartner 11 weisen darauf hin, dass solche Maßnahmen von

nichtstaatlichen Trägern und Organisationen wie etwa von Don Bosco oder der Caritas

durchgeführt werden. Obwohl diese in ihrer Arbeit von der Stadt Trier unterstützt werden,

bleibt der Eindruck, dass es keine direkten Bestrebungen zu einem Empowerment der

Bevölkerung durch die Stadt gibt. Interviewpartner 6 meint dazu: „Da ist die Stadt zu

schwerfällig.“437

In sieben der zwölf Interviews ist ebenfalls zu erfahren, dass die Gesprächspartner das

Potenzial zum Empowerment der Bevölkerung skeptisch betrachten. Interviewpartner 5

bezeichnet es als „ein schweres Stück Arbeit“ und „Man müsste bei null anfangen“.438

Interviewpartner 11 wird noch deutlicher. Er meint, „Das kann man knicken“.439

Interviewpartner 3 schließt sich dem an und sagt: „Fruchtet nicht.“440 Dagegen fordern

andere Interviewpartner trotz ihrer Skepsis den Versuch, die Menschen durch Empowerment

zu erreichen. „Wie sind alle Bürger dieses Landes und sollten die Möglichkeit haben, uns an

seinem demokratischen System zu beteiligen.“, fordert Interviewpartner 8. Und auch

Interviewpartner 4 denkt, dass etwas getan werden kann: „Politische Beteiligung muss

wachsen.“

Damit gilt es noch auszuwerten, in welchem Stadtteil die Interviewpartner die größte

Notwendigkeit zu Empowerment-Maßnahmen sehen. In acht der zwölf Gespräche wurde

dabei Trier-West/Pallien genannt. Zwei der Experten sehen gleichzeitig auch in Ehrang die

Notwendigkeit zu solchen Maßnahmen. Interviewpartner 8 meint, es sei in allen Stadtteilen

Handlungsbedarf. Interviewpartner 11, Interviewpartner 2 und Interviewpartner 1 wollen

sich nicht auf einen oder mehrere Stadtteile festlegen. Damit ist zum Themenbereich

„Empowerment in Trier“ zusammenfassend festzuhalten, dass es bisher nach Aussagen der

Experten keine Empowerment-Maßnahmen der Stadt Trier gibt. Dies kann daran liegen, dass

diesem Thema im Diskurs der Stadt Trier keine hohen Erfolgsaussichten beigemessen

436 Vergleichbarer Ansätze des Empowerment beschreibt Lüttringhaus, Maria (2000): Empowerment und

Stadtteilarbeit. In: Miller, Tilly/Pankofer, Sabine (Hrsg.): Empowerment konkret. Handlungsentwürfe und Reflexionen aus der psychosozialen Praxis, Lucius und Lucius Verlag, Stuttgart, S.79-98. Die politische Bedeutung der Maßnahmen erläutert auch Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014), S.11.

437 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 6. 438 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 5. 439 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 11. 440 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 3.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

82

werden. Aufgrund der hier gerade festgestellten Skepsis in den westlichen Stadtteilen, ist

dies zumindest anzunehmen. Wenn Empowerment-Maßnahmen trotzdem durchgeführt

würden, wären diese nach Aussage der Interviewten vor allem im Stadtteil Trier-

West/Pallien angebracht.

Auf die Frage, ob die Mosel eine Trennlinie zwischen westlichen und östlichen den

Stadtteilen darstellt, die sich nicht nur räumlich, sondern auch anhand der

Bevölkerungsentwicklung, der Infrastruktur und anderen Indikatoren messen lässt, zeigen

die Aussagen große Übereinstimmungen. Die grundsätzliche Frage nach einer strukturellen

Trennung durch die Mosel wird von zehn der zwölf interviewten Personen bejaht. Laut den

in den Interviews gemachten Aussagen, existiert diese Trennung vor allem im Bewusstsein

der Bürger. Zu einem späteren Zeitpunkt wird in diesem Kapitel anhand von

sozioökonomischen Daten gezeigt, dass die Situation in mehreren westlichen Stadtteilen

nicht schlechter ist, als in den östlichen Stadtteilen. Deshalb verortet auch Interviewpartner 5

die Trennung in der Wahrnehmung der Menschen, die die Lebensqualität in den östlichen

Stadtteilen höher einschätzen. Interviewpartner 1 erwähnt eine „gedankliche Grenze“441 und

Interviewpartner 6 spricht von „festgefahrenen Bildern“. Es wird dabei in mehreren

Gesprächen gesagt, dass die Trennung und damit der Unterschied zwischen den westlichen

und östlichen Stadtteilen abgenommen haben. Die Mosel stellt ohne Frage eine räumliche

Grenze dar, aber laut Interviewpartner 12 führt auch die Uferstraße zu einer räumlichen

Trennung. Nach der Meinung von Interviewpartner 2 ist diese Trennung dadurch bedingt,

dass das Stadtzentrum Triers nicht an der Mosel, sondern davon entfernt liegt. Deshalb

müssten große finanzielle Mittel aufgebracht werden, um Impulse für eine Entwicklung der

Stadt zum Fluss hin zu geben. Über diese Mittel verfüge die Stadt Trier jedoch nicht. Dass

die Moselufer ein positives Potenzial für die Stadtentwicklung links und rechts des Flusses

haben, wird vor allem von Interviewpartner 4 betont.

Damit bleibt noch auszuwerten, wie im Diskurs der Stadt Trier die Repräsentation der

Stadtteile empfunden wird und ob sich dadurch eine Benachteiligung einzelner Stadtteile

ergibt. Diese These wird von den Gesprächspartnern in den Interviews nur schwach

bestätigt. Vier der zwölf Interviews enthalten Aussagen, die dem zustimmen. Gleichzeitig

sagen vier der interviewten Experten, dass die Repräsentation von den einzelnen „Köpfen“,

also einzelnen Stadträten, Ortsbeiräten oder dem Ortsvorsteher abhängt und davon, ob sie

441 Vgl. Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 1

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

83

sich aktiv für die Belange ihres Stadtteils einsetzen. Interviewpartner 3 weist jedoch darauf

hin, dass einige Stadtteile gemessen an der Einwohnerzahl weniger Stadträte entsenden als

die anderen. Interviewpartner 4 stimmt dem zu. Darin kämen auch immer die aktuellen

Interessen der Parteien zum Ausdruck. So sei „Trier-West/Pallien lange vergessen

worden“.442 Der Stadtteil habe in der Vergangenheit keinen oder nur einen Sitz im Stadtrat

besetzt.443 Diese Situation habe sich jedoch grundlegend zugunsten von Trier-West/Pallien

gewandelt. Nach der Auswertung dieser Aussagen kann nicht davon gesprochen werden,

dass heute ein Stadtteil in Trier ständig schlechter repräsentiert wird als andere Stadtteile. In

der Vergangenheit scheint dies jedoch im Fall von Trier-West/Pallien tatsächlich so gewesen

zu sein. Dies passt zu dem Bild, dass sich durch die Auswertung der anderen

Themenbereiche ebenfalls ergeben hat: Trier-West/Pallien ist der Stadtteil, der im

Stadtdiskurs der westlichen Stadtteile bezüglich der angesprochenen Themen am negativsten

beurteilt wird.

Die Ergebnisse der Interviewauswertung werden zusammen mit dem Ergebnis der folgenden

Auswertung verschiedener Datensätze am Ende des aktuellen Kapitels in einem

Zwischenfazit zusammengefasst.

5.3 Auswertung sozioökonomischer und struktureller Daten

Wie im Methodenteil bereits beschrieben, wird die Polarisierung in Trier in der vorliegenden

Arbeit anhand von verschiedenen Indikatoren gemessen, der Arbeitslosenquote, der Zahl der

Sozialgeldempfänger, der Bevölkerungsentwicklung, der Bildungsbeteiligung und dem

Wahlverhalten.

Das Wahlverhalten wird anhand der Wahlbeteiligung und dem Stimmenanteil

rechtsradikaler Parteien bewertet. Dabei werden Wahlen der letzten 20 Jahre betrachtet. Es

wäre aufschlussreich gewesen, einen längeren Zeitraum analysieren zu können, aber die

Wahlergebnisse dazu wurden von der Stadtverwaltung Trier leider nicht zur Verfügung

gestellt. Zu den verfügbaren Daten gehören sowohl die Ergebnisse von Bundestags- und

Kommunalwahlen, als auch von Landtagswahlen.444 Zunächst wird die Beteiligung der

442 Vgl. Protokoll mit Interviewpartner 4. 443 Vgl. Monz, Heinz (1969): Die Stadtratswahl vom 8. Juni 1969 und die Bundestagswahl vom 28. September

1969 in der Stadt Trier, Statistisches Amt der Stadt Trier, Trier, S.6ff. 444 Die Ergebnisse der einzelnen Wahlen sind im Anhang zu finden.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

84

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

40,00%

45,00%

50,00%

55,00%

60,00%

65,00%

1999 2004 2009 2014

Zewen

Euren

Trier-West/Pallien

Pfalzel

Biewer

Ehrang-Quint

Wahlbeteiligung an Kommunalwahlen

trierischen Bevölkerung an den Bundestagswahlen seit 1998 verglichen. Für die gesamte

Stadt ist dabei eine abnehmende Wahlbeteiligung zu beobachten.

Dies gilt auch für den Durchschnitt der westlichen Stadtteile und für Trier-West/Pallien im

Besonderen. Die Wahlbeteiligung an der Bundestagswahl 2013 lag hier nur bei 42,2 Prozent

und war auch bei den vorhergehenden Urnengängen niedriger, als der Durchschnitt gesamt

Triers und sogar geringer als in jedem anderen Stadtteil. Abgesehen von der Bundestagswahl

2005 ist bei allen Wahlen ein stetiger Rückgang der Beteiligung zu beobachten. Sowohl bei

den Kommunalwahlen seit 1999 als auch bei den Landtagswahlen seit 1996 lässt sich dies

verfolgen. Bei der Kommunalwahl 2014 gaben in Trier-West/Pallien nur 30,6 Prozent der

Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung sinkt dabei immer langsamer. Im

Vergleich zur Kommunalwahl 2009 ist lediglich ein Rückgang um 0,2 Prozent zu

verzeichnen. Dies deutet auf eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau hin.

Eine unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung ist damit vor allem in Trier-West/Pallien zu

konstatieren. Diese Beobachtung ist jedoch nicht in allen westlichen Stadtteilen Triers zu

machen. Neben Trier-West/Pallien trifft dies nur auf Ehrang-Quint zu. Auch hier lag der

Anteil der Bürger, die ihre Stimme abgaben, stets unter der Wahlbeteiligung in der gesamten

Stadt. Doch in Ehrang-Quint war diese bei weitem nicht so niedrig, wie in Trier-

Abbildung 5.7: Eigene Darstellung der Wahlbeteiligung an Kommunalwahlen in Trier nach Zahlen des Bürgeramts der Stadt Trier.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

85

West/Pallien. Wie der Abbildung 5.1 zu entnehmen ist, fiel die Wahlbeteiligung dort im

Durchschnitt 10 Prozent geringer aus, als in Ehrang-Quint. Auch in allen anderen westlichen

Stadtteilen waren in den letzten Jahren sinkende Wahlbeteiligungen festzustellen. Diese

Rückgänge waren zum Teil sogar stärker, als in Trier-West/Pallien. Trotzdem lag die

Beteiligung in Zewen, Euren, Pfalzel und Biewer bei allen Wahlen knapp unter dem

Durchschnitt gesamt Triers oder sogar darüber.445

Nach dieser Analyse der Wahlbeteiligung folgt die Beschreibung der Zustimmung zu

rechtsradikalen Parteien bei den betrachteten Wahlen. Die Operationalisierung als

Stimmenanteil extremer Parteien führt dazu, dass bei den Bundestagswahlen nur die

Zweitstimmenergebnisse herangezogen werden. Die Stimmenergebnisse der rechtsradikalen

Parteien werden in der Summe betrachtet. Dabei sind DVU, NPD und REP die einzigen

rechtsradikalen Parteien,446 die zu einzelnen Wahlen antraten. Sie wurden in den westlichen

Stadtteilen bei allen betrachteten Bundestags- und Kommunalwahlen stärker gewählt, als im

Durchschnitt aller Stadtteile Triers. Es kann bei den Bundestagswahlen jedoch kein

westlicher Stadtteil herausgestellt werden, in dem besonders stark DVU, NPD oder REP

gewählt wurden. Aber bei den Kommunalwahlen ist dies möglich. Bei allen Urnengängen

Kommunalwahlen seit 1996 haben die Bewohner von Trier-West/Pallien den rechtsradikalen

Parteien mehr Stimmen gegeben als die anderen westlichen Stadtteile. Der Unterschied

betrug jedoch immer nur wenige Zehntel-Prozent.

Im Anschluss an die gerade erfolgte Analyse der Wahlbeteiligung wird die Entwicklung von

Zahlen der Arbeitslosen und Sozialgeldempfänger seit 2006 betrachtet. In diesem Zeitraum

schwankt die Zahl der Arbeitslosen in ganz Trier leicht. Seit 2006 hat die Arbeitslosigkeit

jedoch sowohl im Durchschnitt der Stadt Trier als auch in allen westlichen Stadtteilen

geringfügig abgenommen. Dabei gibt es sehr starke Unterschiede zwischen den

Ausgangsniveaus, die auch heute noch zu starken Differenzen zwischen den

Arbeitslosenquoten in den einzelnen westlichen Stadtteilen führen. So lag das Verhältnis der

Arbeitslosen zur gesamten Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren in Trier-West/Pallien

2006 bei 9,56 Prozent, während es in Euren nur 4,33 Prozent, in Biewer nur 4,21 Prozent

und in Zewen sogar nur 3,36 Prozent betrug. Aufgrund des geringen Rückgangs in allen

Stadtteilen lag die Arbeitslosenquote somit 2014 in Trier-West/Pallien noch bei 8,25

445 Vgl. Abbildung 5.7. 446 DVU: „Deutsche Volkunion“, NPD: „Nationaldemokratische Partei“, REP: „Republikaner“. Vgl. Pfahl-

Traughber, Armin (4.9.2006): Rechtsextremistische Parteien in der Bundesrepublik Deutschland. In: Bundeszentrale für politische Bildung.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

86

Prozent, während sie in Zewen beispielsweise nur noch 3,12 Prozent beträgt. Somit ist auch

bei der Betrachtung dieses Indikators die wiederkehrende Erkenntnis festzuhalten, dass

Trier-West/Pallien der westliche Stadtteil mit der schlechtesten Bilanz ist.

Dies zeigt sich ebenfalls in der Betrachtung des Anteils der Sozialgeldempfänger an der

Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren. 2006 betrug die Quote in Trier-West/Pallien 2,31

Prozent, während sie in allen anderen westlichen Stadtteilen zum Teil deutlich unter 1,1

Prozent oder sogar 0,5 Prozent lag. Obwohl die Zahl der Sozialgeldempfänger in Trier-

West/Pallien in den Jahren dazwischen am deutlichsten abgenommen hatte, lag diese auch

2011 noch deutlich über der der anderen westlichen Stadtteile. Vor allem Euren, Zewen,

Biewer und Pfalzel zeigten dabei Werte, die deutlich unter dem Durchschnitt von ganz Trier

lagen.

Da die Zahlen der Arbeitslosigkeit und Sozialgeldempfängern auch für einzelne Stadtbezirke

zur Verfügung stehen, kann auch hier die Problematik räumlich weiter eingegrenzt werden.

Dabei zeigt sich, dass im Stadtteil Trier-West/Pallien der Stadtbezirk Trier-West für die

schlechte Bilanz des Stadtteils verantwortlich ist, während der zweite Stadtbezirk, Pallien,

moderate Werte ausweist. Trier-West/Pallien und besonders Trier-West zeigen damit auch

bezüglich dieses Indikators deutliche Anzeichen einer sozialen Polarisierung in Trier. Dass

0,00%

2,00%

4,00%

6,00%

8,00%

10,00%

12,00%

2006 2007 2008 2009 2010 2011

Zewen

Euren

Trier-West/Pallien

Trier-West

Pfalzel

Biewer

Ehrang-Quint

Arbeitslosenquote in den westlichen Stadtteilen

Abbildung 5.8: Eigene Darstellung der Arbeitslosenquote in den westlichen Stadtteilen nach Zahlen des Amts für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

87

die Zahl der Arbeitslosen und Sozialgeldempfänger nicht zunimmt, sondern zum Teil sinkt,

deutet darauf hin, dass sich der Prozess der Polarisierung vor allem vor 2006 vollzogen hat.

Wie bei der bereits erfolgten Betrachtung anderer Indikatoren, muss dem schlechten Ruf der

westlichen Stadtteile widersprochen werden. Vor allem Zewen, Euren, Biewer und Pfalzel

zeigen Arbeitslosenquoten und Zahlen von Sozialgeldempfängern, die zum Teil deutlich

unter dem Durchschnitt der gesamten Stadt liegen. Ehrang-Quint ist im Mittelfeld der Werte

zu finden, die sich aber deutlich von denen in Trier-West/Pallien und besonders Trier-West

unterscheiden. Das Bremer Gesundheitsamt betrachtet zur Analyse der Polarisierung

zusätzlich die Bevölkerungsentwicklung. In Trier ist die Bevölkerungszahl seit den 1970ern

weitestgehend konstant geblieben und unterlag nur geringen Schwankungen. So betrug die

Bevölkerungszahl 1970 in ganz Trier 110.981 Bewohner und 2014 108.041 Bewohner.

In der Summe ist die Bevölkerungszahl der westlichen Stadtteile dagegen zurückgegangen.

1970 lebten westlich der Mosel noch 43.649 wohnberechtigte Bürger, während es 2014 nur

noch 34.587 waren. Das ist ein Rückgang von circa 21 Prozent. Wie auch bei der

Betrachtung der anderen Indikatoren, lassen sich hier Unterschiede zwischen den einzelnen

westlichen Stadtteilen feststellen. In Ehrang-Quint ist die Zahl der Bewohner im gleichen

Zeitraum sogar gestiegen, während sie in Euren um circa 6 Prozent und in Zewen um circa 8

Prozent leicht zurückging. Der insgesamt starke Rückgang in der Stadthälfte westlich der

Mosel muss sich daher in einzelnen Stadtteilen konzentrieren. In Pfalzel betrug der

0,00%

0,50%

1,00%

1,50%

2,00%

2,50%

3,00%

2006 2007 2008 2009 2010 2011

Ehrang-Quint

Stadt Trier

Zewen

Euren

Trier-West/Pallien

Trier-West

Pfalzel

Biewer

Anteil der Sozialgeldempfänger an der Bevölkerung

Abbildung 5.9: Eigene Darstellung des Anteils der Sozialgeldempfänger an der Bevölkerung nach Zahlen des Amts für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

88

Rückgang zwischen 1970 und 2014 circa 13 Prozent und in Biewer circa 17 Prozent. Diese

Veränderungen liegen aber auch unter dem durchschnittlichen Rückgang der Bevölkerung

von 21 Prozent.

Dies führt zu dem logischen Schluss, dass Trier-West/Pallien bezüglich der

Bevölkerungsentwicklung eine sehr schlechte Bilanz aufweisen muss. Betrug die

Bewohnerzahl des Stadtteils 1970 noch 11.026, so lebten dort 2014 nur noch 6.931

Menschen. Dies entspricht einem Rückgang von circa 35 Prozent. Im Stadtbezirk Trier-West

waren es sogar etwa 38 Prozent. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass sich die negativen

Folgen eines Polarisierungsprozesses insbesondere in Trier-West erkennen lassen. Der

Prozess der Polarisierung scheint sich dabei verlangsamt zu haben, da die

Bevölkerungszahlen in Trier-West, wie auch in den anderen Stadtteilen, seit den 90er Jahren

annähernd konstant geblieben ist. Der Eindruck einer stattfindenden Polarisierung würde

noch durch eine Zunahme ausländischer Bevölkerung verstärkt werden. Eine solche

Beobachtung lässt sich jedoch weder für den Durchschnitt der westlichen Stadtteile noch für

Trier-West machen. Nur in Euren hat die Zahl der ausländischen Bewohner zwischen 2005

und 2014 stärker zugenommen, als im Trend der gesamten Stadt Trier.

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

1970

1980

1985

1990

1995

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Zewen

Euren

Trier-West/Pallien

Pfalzel

Biewer

Ehrang-Quint

Trier-West

Bevölkerungsentwicklung in Trier

Abbildung 5.10: Eigene Darstellung der Bevölkerungsentwicklung in den westlichen Stadtteilen nach Daten des Amtes für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier.

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

89

In der Reihe der angekündigten Analysen fehlt somit noch die Betrachtung der

Bildungsbeteiligung in Trier. Hierzu wurde im Methodenteil bereits erläutert, dass dieser

Indikator anhand der Verteilung der Schüler der Sekundarstufe I eines Stadtteils auf die

verschiedenen Schulformen und dem Anteil ausländischer Schüler erfasst wird. Hierzu

liegen lediglich Daten vor, aus denen die Zahl der Übergänge von Kindern eines Stadtteils

auf ein Gymnasium folgt. Gleichzeitig liegen zwar Daten vor, die die Zahl ausländischer

Schüler an den verschiedenen weiterführenden Schulen anzeigen. Es fehlt jedoch ein

Datensatz, der aufzeigt, zu welchen Schulen genau die Kinder eines Stadtteils nach der

Grundschule wechseln. Daher ist der einzige Datensatz, der Aussagen über die

Bildungsbeteiligung ermöglicht, die Auflistung von Übergängen der Kinder eines Stadtteils

an ein Gymnasium. Betrachtet wird der Zeitraum von 2010 bis 2014.

Abbildung 5.11: Eigene Darstellung der ausländischen Bevölkerungsentwicklung in den westlichen Stadtteilen nach Daten des Amtes für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier.

Der Tabelle und der Abbildung ist zu entnehmen, dass Trier-West/Pallien der Stadtteil ist,

der 2010, 2011 und 2012 die wenigsten Übergänge auf Gymnasien im Vergleich mit den

anderen westlichen Stadtteilen und dem Durchschnitt der Stadt Trier aufweist. Die Situation

in Trier-West/Pallien unterscheidet sich also nicht nur vom Durchschnitt aller Stadtteile,

sondern auch von dem der anderen westlichen Stadtteile. Damit zeigt auch die Auswertung

der Bildungsbeteiligung, dass nicht alle westlichen Stadtteile unter den Anzeichen sozialer

Polarisierung leiden. Für die westlichen Stadtteile, mit Ausnahme Trier-West/Pallien, gilt

0,00%

2,00%

4,00%

6,00%

8,00%

10,00%

12,00%

14,00%

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Zewen

Euren

Trier-West/Pallien

Trier-West

Pfalzel

Biewer

Ehrang-Quint

Entwicklung des Anteils der ausländischen Bevölkerung

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

90

Abbildung 5.12: Eigene Darstellung der Übergänge auf Gymnasien nach Zahlen des kommunalen Bildungsmanagements.

bezüglich der Bildungsbeteiligung sogar das Gegenteil. In mehreren Jahren war der Anteil

der Übergänge auf Gymnasien hier höher als im Durchschnitt der gesamten Stadt. In Trier-

West/Pallien dagegen, war es in den Jahre 2010 bis 2012 durchschnittlich nicht einmal jedes

fünfte Kind, das auf ein Gymnasium wechselte. Auch 2013 und 2014 gehörte Trier-

West/Pallien im selben Vergleich in gesamt Trier zu den Stadtteilen mit den wenigsten

Übergängen. Damit stellt der Stadtteil Trier-West/Pallien in dieser Statistik im Zeitraum von

2010 bis 2014 das Schlusslicht aller Stadtteile Triers dar. Gleichzeitig bedeutet dies eine

große Bildungsbenachteiligung für die Bewohner dieses Stadtteils.447 Da die Daten nach

Stadtbezirken aufgeschlüsselt sind, der Untereinheit zu den Stadtteilen, ist es auch bezüglich

des Indikators der Bildungsbeteiligung möglich, diese Problematik räumlich enger

einzugrenzen. Es zeigt sich, dass Trier-West ohne den Stadtbezirk Pallien noch schlechtere

Zahlen aufweist.448 Die Werte von Trier-West sind in der Graphik als Verlaufslinie

dargestellt. Es kann also festgehalten werden, dass Trier-West/Pallien als Stadtteil und

insbesondere Trier-West als Stadtbezirk gemessen an der Bildungsbeteiligung die Folgen

einer sozialen Polarisierung zeigen.

447Vgl. Jurczok, Anne/Lauterbach, Wolfgang (2014): Schulwahl von Eltern: Zur Geografie von Bildungschancen

in benachteiligten städtischen Bildungsräumen. In: Berger, Peter/Keller, Carsten /Klärner, Andreas/Neff, Rainer (Hrsg.): Urbane Ungleichheiten. Neue Entwicklungen zwischen Zentrum und Peripherie, Springer Verlag, Wiesbaden, S.135-156, S.135ff.

448 Vgl. Abbildung 5.12.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

2010 2011 2012 2013 2014

Übergange auf Gymnasien

Biewer

Pfalzel

Euren

Trier-West/Pallien

Zewen

Ehrang-Quint

Trier-West

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

91

5.4 Zwischenfazit

Zunächst haben die Experteninterviews gezeigt, dass im Problemdiskurs der Stadt Trier

unter den westlichen Stadtteilen die politische Beteiligung insbesondere in Trier-

West/Pallien sehr gering eingeschätzt wird. Laut der Mehrzahl der Gespräche liegt dies vor

allem an der Enttäuschung der Menschen über politische Erfahrungen der Vergangenheit,

einer geringen politischen Bildung und dem Lebensweltbezug der Menschen, in dem Politik

keine Rolle spiele. Passend zu dieser Einschätzung geht die Mehrheit der interviewten

Personen davon aus, dass Empowerment-Maßnahmen vor allem in Trier-West/Pallien

notwendig sind. Bisher seien jedoch noch keine Maßnahmen von der Stadt durchgeführt

worden. Dies kann an der skeptischen Beurteilung der Erfolgsaussichten liegen, die auch die

Experten in den geführten Gesprächen gezeigt haben. Im städtischen Problemdiskurs wird

weiterhin angenommen, dass eine Trennung zwischen den westlichen und östlichen

Stadtteilen besteht, die sich auch anhand sozioökonomischer Kriterien nachvollziehen lässt.

Die in der Bevölkerung von Trier weit verbreitete Annahme, dass die Lebensqualität auf der

westlichen Seite der Mosel generell schlechter sei, existiere jedoch eher in den „Köpfen der

Menschen“ als dass sie belegbar sei. Diese spiegelt sich nicht in einer schlechteren

Repräsentation der westlichen Stadtteile, noch in der Auswertung sozioökonomischer Daten

wieder.

Durch die Auswertung von Daten zur Arbeitslosigkeit, der Bevölkerungsentwicklung, der

Bildungsbeteiligung und zum Wahlverhalten im Hinblick auf eine soziale Polarisierung in

Trier ergibt sich ein eindeutiges Bild. Abgesehen von Trier-West/Pallien unterscheiden sich

die westlichen Stadtteile nicht von der durchschnittlichen Situation in der Stadt Trier.

Lediglich Ehrang-Quint zeigt bei der Betrachtung der Wahlbeteiligung ebenfalls

unterdurchschnittliche Werte. Trier-West/Pallien und vor allem der Stadtbezirk Trier-West

zeigen jedoch sehr deutlich die Auswirkungen einer sozialen Polarisierung in Trier. Alle

Indikatoren weisen darauf hin und wiedersprechen dieser Diagnose in keinem Punkt. Zwar

ist die Zustimmung bei Wahlen für rechtsradikale Parteien nicht auffällig und es gibt keinen

auffälligen Zuwachs an ausländischer Bevölkerung. Aber Trier-West/Pallien und vor allem

Trier-West verzeichnen den größten Anteil an Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern, die

geringsten Übergänge an Gymnasien, den höchsten Bevölkerungsrückgang in der

Vergangenheit und eine sehr niedrige Wahlbeteiligung. Dabei zeigen die betrachteten Daten,

Kapitel 5: Analyse der Situation in Trier mit dem Fokus auf seine westlichen Stadtteile

92

dass die negative Entwicklung und damit die Zunahme der Polarisierung in der jüngeren

Vergangenheit nicht zugenommen haben. Die Polarisierung scheint ihre stärkste Ausprägung

bis in die 90er Jahre gehabt zu haben. Der entstandene Zustand stagniert jedoch auf dem

niedrigen Niveau, nur die sinkende Zahl der Sozialhilfeempfänger weist auf eine positive

Entwicklung hin.

Kurz zusammengefasst, zeigen die Auswertungen der Experteninterviews und der

sozioökonomischen Daten eine klare Schnittmenge. Es wird im städtischen Problemdiskurs

angenommen, dass die Bewohner von Trier-West/Pallien eine besonders geringe politische

Beteiligung sowie kein politisches Interesse zeigen und der Stadtteile einen Bedarf an

Empowerment-Maßnahmen hat. Gleichzeitig sind in Trier-West/Pallien und insbesondere in

Trier-West sehr deutlich die Auswirkungen sozialer Polarisierung zu beobachten. Dies

belegt, dass die theoretischen Annahmen und allgemeinen Forschungsergebnisse zutreffen,

die in den ersten Kapiteln einen Zusammenhang zwischen politischer Beteiligung und

sozialer Benachteiligung und Ausgrenzung hergestellt hatten.

Nach diesen Analysen werden die Ursachen für diese Entwicklungen im folgenden Kapitel

beleuchtet, bevor anschließend die Wege zu einer Verbesserung der politischen Beteiligung

aufgezeigt werden.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

93

6 Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

Im diesem Kapitel geht es um konkrete Ursachen von städtischen Polarisierungsprozessen.

Dabei werden in einem ersten Schritt die Ursachen allgemein beschrieben, um diese dann in

einem zweiten Schritt an der Stadt Trier aufzuzeigen. Ferner wird auch auf die Entwicklung

und die Indikatoren des Polarisierungsprozesses eingegangen.

6.1 Die Entstehung von Polarisierungsprozessen durch den historischen Verlauf einer Stadtentwicklung

Manche Ursachen der städtischen Polarisierung haben sich über Generationen hinweg

entwickelt, sodass ihre Wurzeln mehrere Jahrzehnte und oft sogar Jahrhunderte in der

Vergangenheit liegen. Speziell in der städtischen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts gab es

eine strenge räumliche Trennung zwischen den verschiedenen Bürgergruppen.449 Getrennt

wurde meist nach Berufen und deren entsprechendem Ansehen. So gab es einerseits

Stadtteile, in denen nur Kaufleute wohnten und andererseits Stadtteile, in denen Handwerker

lebten.450 Innerhalb dieser Bezirke gab es wiederum weitere räumliche Trennungen, je nach

Zunft und Herkunft der Bürger. Diese Verhältnisse wurden mit der wachsenden

Industrialisierung der Städte noch verschärft.451 Die Bezirke des städtischen Bürgertums und

der Industriellen waren großzügig bemessen und gepflegt, wohingegen die einfache

Arbeiterklasse meist in weniger angenehmen Stadtteilen in der Nähe von Fabrikgeländen

leben musste, welche den Menschen dort eine vergleichsweise niedrige Lebensqualität

boten.452 Im weiteren Verlauf der Industrialisierung wurden die hygienischen und sozialen

Zustände in den Arbeitervierteln immer prekärer, bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts in

manchen Städten eine Besserung spürbar war.453 Es wurde eine Verringerung der

Klassenunterschiede angestrebt, welche mit Hilfe von Bildung erreicht werden sollte.454

449 Vgl. Farwick, Andreas (2007): Die räumliche Polarisierung von Armut in der Stadt - Ursachen,

Ausprägungen und soziale Folgen. In: Arbeitnehmerkammer Bremen (Hrsg.): Armutsbericht 2007, Bremen, S.38-53, S.29f.

450 Vgl. Schäfers, Bernhard (2000): Historische Entwicklung der Sozialstruktur in Städten. In: Harth, Annette/Scheller, Gitta/Tessin, Wulf (Hrsg.): Stadt und soziale Ungleichheit, VS Verlag, Wiesbaden, S.64–78, S.67ff.

451 Vgl. Farwick, Andreas (2007), S.29. 452 Vgl. von Saldern, Adelheid (2000): Soziale Ungleichheit in historischer Perspektive. In: Harth,

Annette/Scheller, Gitta/Tessin, Wulf (Hrsg.): Stadt und soziale Ungleichheit, VS Verlag, Wiesbaden, S.79-102, S.81f.

453 Vgl. Farwick, Andreas (2007), S.29. 454 Vgl. ebd., S.29.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

94

Allerdings gab es auch Städte, in denen vernachlässigte Stadtteile weiterhin als schlecht

eingestuft wurden und in welchen keine großen Verbesserungen auszumachen waren. Wurde

die strikte Trennung der Bevölkerungsgruppen nicht im Laufe des

Stadtentwicklungsprozesses aufgelöst, so ergibt sich hieraus eine historisch gewachsene

Ursache für die heutige soziale Polarisierung.

Ein solcher Verlauf kann heute im Stadtteil Trier-West/Pallien nachgewiesen werden. Nach

dem Ende des ersten Weltkrieges kam es zu großen Flüchtlingsströmen aus Elsass-

Lothringen nach Trier.455 Der Wohnraum in Trier war auch vor dem Eintreffen der

Flüchtlingsströme schon knapp bemessen und so wurden die Flüchtlinge in den alten

Kasernengebäuden in Trier-West untergebracht.456 Die anschließende Verlegung der

Eisenbahndirektion aus dem Saarland nach Trier spitzte die Lage weiter zu, sodass es zu

einer noch stärkeren Verknappung des Wohnraums kam.457 Die Situation konnte in den

darauf folgenden Jahrzehnten nicht wesentlich verbessert werden, sodass es 1957 noch sechs

Prozent Obdachlose in Trier gab, welche alle in und um die Kasernengebäude in Trier-West

lebten.458 So entwickelte sich Trier-West im Laufe der Geschichte zu einem Ort, an dem

vermehrt Flüchtlinge, Obdachlose und sozial schwache Menschen untergebracht wurden.459

Ein Grund für jene bedauernswerte Entwicklung dieses Stadtteils sind sicherlich die vielen

alten Kasernengebäude, welche nach dem Abzug der Soldaten nicht mehr gebraucht wurden.

Unter den beschriebenen Verhältnissen ist es leicht nachvollziehbar, dass durch diese

Entwicklung über Jahrzehnte hinweg Polarisierungsprozesse gefördert wurden. Das

Aufbrechen dieser Prozesse, welche sich über einen sehr langen Zeitraum entwickelt haben,

kann nicht von heute auf morgen geschehen. Es braucht Zeit, Engagement und gute

Konzepte um die Polarisierung zu stoppen und auf eine Entpolarisierung hinzuwirken.

6.2 Auswirkungen des Wohnungsmarktes und Milieus eines Stadtteils

Wie schon im Kapitel über die Entstehung von Polarisierungsprozessen durch den

historischen Verlauf einer Stadtentwicklung festgestellt wurde, ist es sehr schwierig, Bezirke

in welchen fast ausschließlich sozial schwache Bürger leben, zum Positiven zu verändern.

Hieraus erwächst für die von der Gesellschaft diskriminierten Menschen eine große Gefahr.

455 Vgl. Quartiersmanagement Trier-West (Hrsg.): Überbrücken, Ausgabe 10/2014, S.8. 456 Vgl. ebd., S.8. 457 Vgl. ebd., S.8. 458 Vgl. ebd., S.8. 459 Vgl. ebd., S.8.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

95

Denn diese Orte der ‚Ausgegrenzten‘ können für die darin Lebenden zu einer Art Gefängnis

werden, welches ihnen jegliche Art von sozialem Aufstieg blockiert.460 Der Grund dafür

stellt die Perspektivlosigkeit dar, welche innerhalb dieser Quartiere herrscht und tagtäglich

vorgelebt wird. Die häufig arbeitslosen Menschen verlassen ihre Wohnung sehr selten und

kommen auch außerhalb ihrer Wohnung nur mit Menschen in Kontakt, die mit den gleichen

Problemen zu kämpfen haben.461 Es gibt nur wenige Berührungspunkte zwischen Menschen

mit einem geregelten Tagesablauf und denen, dessen Alltag von Arbeitslosigkeit bestimmt

ist. Besonders bei Langzeitarbeitslosen ohne familiären Rückhalt ist der Alltag von sozialer

Isolation geprägt.462

Eine weitere Ursache von sozialer Polarisierung sowie deren Folgen stellen wirtschaftliche

Faktoren in Bezug auf den Wohnraum dar, welche von der Lage und Wohnqualität

beeinflusst werden.463 So spielen Angebot und Nachfrage auf Wohnungen in bestimmten

Stadtteilen eine große Rolle, was die Entstehung von sozial schwachen Bezirken betrifft.

Demnach sind Wohnungspreise in beliebten und ‚wohnenswerten‘ Stadtteilen deutlich

höher, als in ‚schwachen‘ Bezirken.464 Hinzu kommt die Tatsache, dass einkommensstarke

Haushalte sich absichtlich in einer segregierten Wohngegend ansiedeln, in welcher sich fast

ausschließlich andere einkommensstarke Haushalte niedergelassen haben.465 Aufgrund ihres

hohen Einkommens können diese Bürger durch ein solches Verhalten das Stadtbild stark

beeinflussen. Sozial schwache Bevölkerungsgruppen können sich aufgrund der hohen

Kosten keine Mietwohnungen in den ‚privilegierten‘ Stadtteilen leisten und müssen auf

günstige Mietwohnungen ausweichen.466 Diese befinden sich allerdings meist in Stadtteilen,

welche keine hohe Wohnqualität bieten, woraus sich auch der niedrige Mietpreis erklären

lässt.

Eine solche Entwicklung lässt sich in Trier mit Hilfe der Bevölkerungsentwicklung der

einzelnen Stadtteile sowie mit dem Mietpreisspiegel belegen. Dazu werden die Daten aus

dem Kapitel 5.3 herangezogen. In der dort befindlichen Abbildung kann der Verlauf der

460 Vgl. Kronauer, Martin (2005): Ausgrenzung und physisch-sozialer Raum. In: Anhorn, Roland/Bettinger,

Frank/Stehr, Johannes (Hrsg.): Sozialer Ausschluss und soziale Arbeit. Positionsbestimmungen einer kritischen Theorie und Praxis Sozialer Arbeit, VS-Verlag, Wiesbaden, S.167-184, S.176.

461 Vgl. Tempel, Günter (2006): Die Auswirkungen sozialer Polarisierung. Zur Entwicklung der Lebenserwartung und Sterblichkeit in ausgewählten Bremer Wohngebieten. In: Gesundheitsamt Bremen (Hrsg.): Gesundheit und Umwelt. Kommunale Gesundheitsberichterstattung, S.35.

462 Vgl. ebd., S.35. 463 Vgl. Farwick, Andreas (2007), S.42f. 464 Vgl. ebd., S.42f. 465 Vgl. ebd., S.42f. 466 Vgl. ebd., S.42f.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

96

Bevölkerungsentwicklung von 1970 bis einschließlich 2014 für jeden einzelnen Stadtteil

westlich der Mosel abgelesen werden. Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Bevölkerung in

allen betrachteten Bezirken, außer in Trier-West/Pallien, seit 1979 nahezu gleich geblieben

oder nur minimal gefallen ist. In Trier-West/Pallien dagegen ereignete sich in der Zeitspanne

von 1970 bis 2001 ein starker Bevölkerungsrückgang von 11028 Einwohnern im Jahr 1970

auf nur noch 7281 Einwohner im Jahr 2001. Dies stellt einen Bevölkerungsschwund von fast

34 Prozent dar, was als ein starkes Anzeichen für die Bildung von segregierten Stadtvierteln

gesehen werden kann. Noch deutlicher wird der Bevölkerungsrückgang wiederum bei der

getrennten Betrachtung von Trier-West und Pallien. Leben im Jahr 1970 noch 8854

Einwohner in Trier-West, sind es im Jahr 2012 noch lediglich 5352.467 In Prozent

ausgedrückt handelt es sich um eine Verringerung von fast 40 Prozent, was von allen

untersuchten Bezirken den mit Abstand größten Rückgang darstellt. Des Weiteren können

anhand der stark unterschiedlichen Mietpreise in den verschiedenen Stadtteilen

Segregationstendenzen abgelesen werden, welche einen Polarisierungsprozess vorantreiben.

Dabei zeigt sich am aktuellen Mietspiegel (September 2015) von Trier, dass auch hier Trier-

West mit 7,91 Euro pro m² im unteren Bereich liegt.468 Wird dieser Preis mit den beiden

angrenzenden Vierteln Euren (9,13 Euro pro m²) und Pallien (9,43 Euro pro m²) verglichen,

so wird der preisliche Unterschied schnell deutlich.469 Hieraus kann geschlossen werden,

dass die Auswirkungen des Wohnungsmarktes und des Milieus, welche in Trier in Form des

Bevölkerungsschwundes sowie der niedrigen Mietpreise auszumachen sind, eine Ursache für

den städtischen Polarisierungsprozess in Trier darstellen.

467 Vgl. Kapitel 5.3 - Auswertung von sozioökonomischen und strukturellen Daten. 468 Vgl. Abbildung 6.1. 469 Vgl. Abbildung 6.1.

Abbildung 6.1: Mietpreise für Wohnungen in den verschiedenen Stadtteilen von Trier (Stand: September 2015)

Quelle: http://www.wohnungsboerse.net/mietspiegel-Trier/6971.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

97

6.3 Wirtschaftlicher Strukturwandel als Polarisierungsursache Der immer stärker fortschreitende Strukturwandel von einer Industriegesellschaft hin zu

einer Dienstleistungsgesellschaft stellt eine zentrale Ursache des städtischen

Polarisierungsprozesses dar.470 Dies ist mit dem damit einhergehenden Abbau von

Arbeitsplätzen zu begründen. Dabei sind vor allem Arbeitsplätze in der Produktion

betroffen, welche geringe Qualifikationsanforderungen aufweisen. Ein weiterer Aspekt stellt

die Verschiebung der Arbeitskraft vom industriellen Beruf in eine dienstleistungsorientierte

Tätigkeit dar, welche sich in der Praxis oft als schwierig erweist.471 Die

Qualifikationskriterien der beiden Berufsgruppen unterscheiden sich häufig zu stark, da im

Dienstleistungssektor andere Fähigkeiten gebraucht werden als in der Industrie. Die damit

aufkommende strukturelle Arbeitslosigkeit lässt sich also einerseits mit dem Wegfall

industrieller Arbeitsplätze und andererseits mit der geringeren Anzahl an neuen

Arbeitsplätzen in Dienstleistungsberufen sowie der zu niedrigen Qualifikation der Arbeiter

begründen.472

Die Folgen dieser fortwährenden Entwicklung können auch anhand der steigenden

Unterschiede zwischen den Einkommen ausgemacht werden.473 Während das Einkommen

der Geringverdiener seit den 90er-Jahren stetig fällt, verzeichnen die Menschen mit hohen

Einkommen einen weiteren Anstieg ihres Gehaltes.474 Durch den stetig geringer werdenden

Verdienst rücken viele Haushalte trotz Erwerbstätigkeit unter die Armutsgrenze und sind

zusätzlich auf staatliche Hilfeleistungen angewiesen.475 So kommt es durch den

Tertiarisierungsprozess zu einer Zuspitzung der Lage, welche einen Anstieg der strukturellen

Arbeitslosigkeit in den betroffenen Stadtteilen auslöst.476 Traditionelle Arbeiterviertel

können sich so in kürzester Zeit in Arbeitslosenviertel verwandeln, was zu einer

Konzentration sozialer Probleme und als Reaktion darauf zu einer Abwanderung der

sozialen Mittelschicht führt.477 Professor Häußermann und Professor Siebel sprechen in

470 Vgl. Tempel, Günter (2006), S.29f. 471 Vgl. Farwick, Andreas (2007), S.41. 472 Vgl. ebd., S.41f. 473 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (2005): Lebenslagen in Deutschland. Der 2. Armuts-

und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin, S.16ff und Goebel, Jan/Habich, Roland/Krause, Peter (2006): Einkommen – Verteilung, Angleichung, Armut und Dynamik. In: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Datenreport 2006, Bonn, S.607–624, S.609.

474 Vgl. Alber, Jens/Fliegner, Florian (2006): Eine merkwürdige Debatte. In: Allmendinger, Jutta (Hrsg.): WZB-Mitteilungen, Heft 114, S.22-24, S.23.

475 Vgl. Farwick, Andreas (2007), S.41. 476 Vgl. ebd., S.41. 477 Vgl. Häußermann, Hartmut (26.05.2002): Die Krise der „sozialen Stadt“. In: Bundeszentrale für politische

Bildung (Hrsg.): APuZ.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

98

ihrem Gutachten über die ‚Zusammenhänge zwischen räumlicher und sozialer Integration‘

von einem „Fahrstuhleffekt nach unten“478, welcher einen Teufelskreis in Gang setzt, der

wiederum zugleich Ursache und Folge eines Polarisierungsprozesses ist. Angesichts der hier

erläuterten Aspekte scheint die Arbeitslosigkeit ein Indikator für aufkommende oder bereits

bestehende städtische Polarisierung zu sein, was im Folgenden für die Stadt Trier überprüft

werden soll.

Um zu belegen, dass in Trier deutliche Polarisierungsprozesse zu verorten sind, werden auch

in diesem Anschnitt wieder die Zahlen und Ergebnisse des Kapitels 5.3 herangezogen. Hier

wurde festgestellt, dass der Anteil der arbeitslosen Bürger in Trier-West/Pallien mit 9,56

Prozent (im Jahr 2006) deutlich über dem der anderen Stadtteile westlich der Mosel lag.

Werden Trier-West und Pallien noch einmal separat betrachtet, so steigt die

Arbeitslosenquote von Trier-West auf über 10 Prozent an. Wie auch schon in Kapitel 5.3

angesprochen, gehen die Arbeitslosenzahlen zwischen 2006 und 2011 leicht zurück, wonach

Trier-West/Pallien 2011 aber immer noch eine sehr hohe Quote von 8,25 Prozent aufweist.

Im Vergleich mit dem Stadtteil Ehrang-Quint, welcher die zweithöchste Arbeitslosenquote

(mit 4,85 Prozent) der westlichen Bezirke aufweist, heben sich Trier-West/Pallien und

insbesondere Trier-West sehr stark von den anderen Stadtteilen ab.

Einen weiteren Indikator für diesen Prozess stellt die Quote der Sozialhilfeempfänger dar.

Dabei wurde im Kapitel 5.3 der Anteil von Sozialhilfeempfängern im Alter von 18 bis 65

Jahren in einem Zeitraum von 2006 bis 2011 untersucht. Die Ergebnisse dieser Analyse

bestätigen, was sich im vorangegangen Abschnitt anhand der Arbeitslosenquote schon

abgezeichnet hat. Im Jahr 2006 betrug der Anteil von Sozialhilfeempfängern in Trier-

West/Pallien 2,31 Prozent (Trier-West sogar 2,4 Prozent), wobei sich die Quote der anderen

Stadtteile westlich der Mosel zwischen 1,1-0,5 Prozent bewegte. Obwohl die Zahl der

Sozialhilfeempfänger in Trier-West/Pallien bis zum Jahr 2011 abgenommen hat, liegt diese

noch deutlich über der Quote der anderen Bezirke. Schlussendlich kann mit Hilfe dieser

Fakten festgestellt werden, dass der wirtschaftliche Strukturwandel und die damit

einhergehenden Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Lebenswelt der Menschen

eine Ursache des Polarisierungsprozesses in Trier darstellen.

478 Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2001): Soziale Integration und ethnische Schichtung -

Zusammenhänge zwischen räumlicher und sozialer Integration, S.61.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

99

Ein Beispiel aus Trier ist das damalige Eisenbahn-Ausbesserungswerk in Trier-West. Dieses

wurde im Jahre 1911 eröffnet und bot anfangs 378 Bürgern eine Arbeitsstelle.479 Die

Hauptarbeit bestand, wie der Name schon sagt, darin Lokomotiven und Güterwagen

jeglicher Art auszubessern. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bot das Werk über 1500

Menschen einen Arbeitsplatz und bildete so für viele Familien in Trier eine

Lebensgrundlage.480 Mit voranschreitendem Tertiarisierungsprozess wurde das

Ausbesserungswerk nicht mehr gebraucht und musste 1986 seine Tore schließen.481 Dabei

verloren viele Menschen ihren Arbeitsplatz, was zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote

führte. Anhand dieses Fallbeispiels kann der wirtschaftliche Strukturwandel als Ursache für

den Polarisierungsprozess in Trier verdeutlicht werden.

6.4 Der Bildungsstand der Bevölkerung in sozial schwachen Stadtteilen In diesem Kapitel wird darauf eingegangen, wie ein allgemein geringes Bildungsniveau

eines Stadtteils den Polarisierungsprozess begünstigt. Dazu ist es erst einmal erforderlich,

den Wert von Bildung kurz zu umreißen, um anschließend geringe Bildung als Ursache eines

städtischen Polarisierungsprozesses ausmachen zu können. Der oft schon zitierte Satz: ‚Man

lernt nicht für die Schule, sondern für das Leben‘ - bringt den Inhalt der Problematik auf den

Punkt. Denn wie schon im Kapitel über den ‚wirtschaftlichen Strukturwandel als Ursache

für Polarisierung‘ beschrieben, spielen schulische Qualifikationen bei der Berufssuche im

späteren Leben eine entscheidende Rolle.482 In der heutigen Dienstleistungsgesellschaft sind

andere Fähigkeiten gefragt als in der Industriegesellschaft.483 Diese Fähigkeiten und

Qualifikationen können jedoch meist nur durch einen höheren Schulabschluss oder durch

eine universitäre Laufbahn erreicht werden. In einem Bildungsbericht über die Wirkung und

Erträge von Bildung heißt es: „Das erreichte Bildungsniveau beeinflusst die Chance, einen

Arbeitsplatz zu finden, das Risiko, arbeitslos zu werden, sowie die Erwerbsbereitschaft.“484

Dabei darf Bildung aber nicht nur von der schulischen Seite aus betrachtet werden. Auch ein

beruflicher Abschluss stellt eine Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt dar. Des Weiteren heißt

479 Vgl. Kreckler, Martin (o.J.): Das Eisenbahn-Ausbesserungswerk Trier. Eines der letzten Ausbesserungswerke

der Deutschen Bundesbahn. 480 Vgl. ebd. 481 Vgl. ebd. 482 Vgl. Anger, Christina/Plünnecke, Axel/Seyda,Susanne (29.06.2007): Bildungsarmut - Auswirkungen,

Ursachen, Maßnahmen. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): APuZ. 483 Vgl. Kapitel 6.3 - Wirtschaftlicher Strukturwandel als Polarisierungsursache. 484 Avenarius, Hermann u.a. (2006): Ein indikatorgestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration.

In: Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung u.a. (Hrsg.): Bildung in Deutschland, W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld, S.182.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

100

es im aktuellen Bildungsbericht 2014, dass es Menschen ohne beruflichen Abschluss eine

sehr niedrige Erwerbstätigenquote haben und gegenläufig die Arbeitslosenquote bei

hochqualifizierten Menschen sehr gering ist.485 Ausgehend von diesen Fakten spielt Bildung

also eine große Rolle, wenn es darum geht, ob eine Person erwerbstätig ist oder nicht. Gibt

es Stadtteile, in welchen die Menschen durchschnittlich ein sehr niedriges Bildungsniveau

und damit verbunden auch ein niedriges Qualifikationspotenzial aufweisen, so kann daraus,

unter Beachtung der eben genannten Aspekte, auf eine höhere Arbeitslosenquote

geschlossen werden. Die Folgen dieses Zustandes sind identisch mit denen, die schon im

Kapitel über den ‚wirtschaftlichen Strukturwandel als Ursache für Polarisierungsprozesse‘

erläutert wurden. Somit stellt eine durchgängig geringe Bildung in einem Stadtteil einen

Indikator und eine Ursache für einen städtischen Polarisierungsprozess dar.

Anschließend an diese kurze Erläuterung bezüglich der Auswirkungen von geringer Bildung

soll im Folgenden überprüft werden, inwieweit es in Trier Stadtteile gibt, welche im Bereich

der Bildung als sehr schwach gekennzeichnet werden können und somit eine Ursache für

Polarisierung darstellen. Dazu werden die im Kapitel 5.3 ausgewerteten Daten

herangezogen, welche den Anteil von Schülern aus den verschiedenen Stadtteilen angeben,

die den Übergang auf ein Gymnasium vollzogen haben. Mit Blick auf die Abbildung486,

welche die Übergänge auf Gymnasien darstellt, wird sofort deutlich, dass Trier-West/Pallien

in den Jahren 2010, 2011 und 2012 im Vergleich zu den anderen Stadtteilen westlich der

Mosel die geringste Übergangsquote aufweist. Diese ist nicht nur geringfügig kleiner,

sondern in manchen Jahren sogar um ein Vielfaches. Ein Beispiel aus dem Jahr 2012: 81

Prozent der Schüler aus Pfalzel haben den Übergang zum Gymnasium geschafft, während es

in Trier-West/Pallien nur 30,76 Prozent waren. Auch in den Jahren 2013 und 2014 bewegt

sich die Quote um die 30 Prozent, was als gering zu verzeichnen ist. Bei einer separaten

Betrachtung von Trier-West und Pallien wird deutlich, dass der Bezirk Trier-West eine noch

viel geringere Übergangsquote aufweist. Diese liegt im betrachteten Zeitverlauf zusätzlich

noch 5-10 Prozent unter dem schon niedrigen Prozentsatz von ganz Trier-West/Pallien.487

Somit kann für Trier-West ein starker Polarisierungsprozess nachgewiesen werden.

485 Vgl. Hasselhorn, Marcus u.a. (2014): Bildung in Deutschland 2014. Ein indikatorgestützter Bericht mit einer

Analyse zur Bildung von Menschen mit Behinderungen, W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld, S.206f. 486 Vgl. Abbildung 5.12. 487 Das Jahr 2011 stellt in diesem Fall eine Ausnahme dar. Hier lag die Übergangsquote von Trier-West leicht

über der von Trier-West/Pallien.

Kapitel 6: Die Ursachen des Polarisierungsprozesses in Trier

101

Allerdings muss auch die positive Entwicklung in den vergangenen Jahren anerkannt

werden. Im Verlauf der letzten Jahre ist eine positive Tendenz zu erkennen, welche sich in

einem Anstieg der Übergänge auf Gymnasien von 18,52 Prozent im Jahr 2011 auf 35

Prozent im Jahr 2014 ausdrückt. Eine ähnlich positive Entwicklung konnte auch mit dem

Rückgang des Anteils von Sozialhilfeempfängern in Trier-West/Pallien in den letzten Jahren

festgestellt werden.488 Diese positiven Entwicklungen können dahingehend gedeutet werden,

dass der Gipfel des Polarisierungseffektes in den vergangenen Jahren erreicht wurde und

langsam ein Weg gegen diesen Prozess eingeschlagen wird. Allerdings wird es eine Zeit lang

dauern, um die Polarisierungseffekte, welche sich über mehrere Jahrzehnte entwickelt haben,

wieder auszugleichen.

.

488 Vgl. Kapitel 6.3 - Wirtschaftlicher Strukturwandel als Polarisierungsursache.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

102

7 Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung gegen die Ursachen der Polarisierung in Trier

In diesem Kapitel werden verschiedene Konzepte vorgestellt, welche den Ursachen der

Polarisierung entgegenwirken sollen. Dabei wird in einem ersten Schritt allgemein dargelegt,

welche präventiven Maßnahmen gegen Polarisierung sich anbieten, um diese dann in einem

zweiten Schritt auf die Stadt Trier zu beziehen.

7.1 Anforderungen an die kommunale Verwaltung Um eine nachhaltige Aktivierung der Bürger erreichen zu können, ist es notwendig, dass

einige grundlegende Umgestaltungsmaßnahmen im Bereich der Politik und Verwaltung

berücksichtigt werden. Mit Aktivierung ist hier weder ein neues

Haushaltssanierungsprogramm noch eine Ausweitung von sogenannten sozialen

Ehrenämtern gemeint. Stattdessen meint Aktivierung in diesem Fall das engagierte

Mitgestalten des Lebensumfeldes und der lokalen Umgebung durch die Bürger selbst. Sie

sind Konsument und Produzent ihrer eigenen Lebenswelt zugleich und können diese

bezüglich eigener Wünsche und Bedürfnisse gestalten und nutzen.489

Um den Weg zu einer derartigen Bürgerbeteiligung zu ebnen, ist es von Seiten der Politik

und Verwaltung nötig, strukturelle Veränderungen vorzunehmen, die den Bewohnern mehr

Mitsprache- und Mitgestaltungsrechte in ihrer Kommune einräumen. Hierbei spielen die

folgenden Faktoren eine entscheidende Rolle:

Dezentralisierung

Ein erster Ansatz wäre hier zum Beispiel eine stärkere Dezentralisierung. Kleinere,

dezentrale Lebensumstände helfen dabei, den Überblick nicht zu verlieren. Als

positive Auswirkungen können ein stärkeres Zugehörigkeits- und

Verantwortungsgefühl verzeichnet werden, welches wiederum zu einer stärkeren

Selbstentfaltung der betroffenen Bürger führt.490 Dieser Prozess soll bei den

betroffenen Akteuren die aktive Teilnahme an Stadtgestaltungsprozessen und ein

mehr Bürgerbeteiligung ermöglichen. Ein weiterer positiver Aspekt von

489 Vgl. Vogel, Hans-Josef (2000): Die bürgerorientierte Kommune: Neue Wege der Demokratie. In: Töpfer,

Armin (Hrsg.): Die erfolgreiche Steuerung öffentlicher Verwaltungen – Von der Reform zur kontinuierlichen Verbesserung, Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden, S.137-153, S.137f.

490 Vgl. ebd., S.144.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

103

Dezentralisierungsmaßnahmen findet sich in der kommunalen Leistungserbringung.

Diese gestaltet sich dank der stärkeren Ausrichtung auf Partikularinteressen

wesentlich effizienter. Die zu erbringenden Leistungen können genau den

vorherrschenden Gegebenheiten angepasst werden, was zu einer höheren Akzeptanz

seitens der Bürger führen wird.491

Anreizsystem zur Steigerung der Motivation

Eine weitere Möglichkeit, die Motivation der Bürger in Bezug auf ein stärkeres

bürgerschaftliches Engagement zu heben, stellen Anreizsysteme dar. Die kommunale

Verwaltung und Politik müssten dazu gemeinsam mit der Bürgerschaft über die

konkrete Umsetzung eines solchen ‚Belohnungssystems‘ diskutieren.492 Es können

materielle sowie immaterielle Anreize geschaffen werden. Ein Beispiel für

immaterielle Belohnungen stellen kostenlose Fortbildungen in verschiedenen

Bereichen oder eine hohe Anerkennung seitens des lokalen Umfelds dar. Materielle

Anreize können beispielsweise in Form von Steuervergünstigungen gegeben werden.

Eine Begründung für diese materiellen oder immateriellen Anreize besteht in der

finanziellen Entlastung öffentlicher Haushalte, welche durch erhöhtes

bürgerschaftliches Engagement erreicht werden.493

Strukturerneuerung der lokalen Politik und Verwaltung

Eine grundlegende Veränderung, welche als Basis der zuvor genannten Aspekte gilt,

besteht in der Erneuerung der lokalen Politik und Verwaltung. Damit ist konkret

gemeint, dass Strukturen aufgebaut werden, welche es den Bürgern ermöglichen, sich

selbst zu organisieren. Diese Selbstorganisation darf keinesfalls durch eine Art

Bevormundung seitens der Politik und Verwaltung geprägt sein, da dies genau das

Gegenteil bewirken würde. Ein Beispiel für diesen Reformvorschlag stellt eine

direktdemokratisch orientierte kommunale Selbstverwaltung dar, auf welche im

nächsten Abschnitt eingegangen wird.494

491 Vgl. Bogumil, Jörg (2008): Kommunale Selbstverwaltung am Ende? In: Stadt Essen u.a. (Hrsg.): 200 Jahre

kommunale Selbstverwaltung – Quo Vadis? Dokumentation zur Veranstaltungsreihe 2008. Informationen und Berichte zur Stadtentwicklung Nr.109, S.23-40, S.27.

492 Vgl. Vogel, Hans-Josef (2000), S.144f. 493 Vgl. Vogel, Hans-Josef (1998): Die Aktivierung der Bürger für ihre ureigenen Belange und die notwendige

Erneuerung von Politik und Verwaltung, S.12. 494 Vgl. ebd., S.18f.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

104

Eine weitere Möglichkeit zur Förderung der städtischen Bürgerbeteiligung besteht in einer

Stärkung der partizipativen Aspekte der kommunalen Selbstverwaltung. Der

Entwicklungsgrundgedanke dieses Verwaltungstyps kann bis zum Beginn des 19.

Jahrhunderts zurückverfolgt werden.495 Das Bundesverfassungsgericht beschreibt die

Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung folgendermaßen:

„Kommunale Selbstverwaltung – wie sie heute verstanden wird – bedeutet ihrem Wesen

und ihrer Intention nach Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten,

die die in der örtlichen Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur

eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat

zusammenschließt mit dem Ziel, das Wohl der Einwohner zu fördern und die

geschichtliche und heimatliche Eigenart zu wahren.“496

Diese Definition beschreibt allerdings nur eine Seite der Medaille, denn eigentlich wurde die

kommunale Selbstverwaltung von Anfang an mit der Vorstellung verbunden, dass die

Kommunen mit einem repräsentativ-demokratisch verfassten Gemeinwesenscharakter zu

verstehen sind.497 Aber selbst wenn von Anfang an der repräsentative

Gemeinwesenscharakter im Vordergrund dieses Verwaltungstyps stehen sollte, gibt es

andererseits Befürworter, welche der kommunalen Selbstverwaltung eher einen

direktdemokratisch geprägten Charakter zuschreiben. So äußert sich Hans-Josef Vogel,

Stadtdirektor von Arnsberg, folgendermaßen über diesen Verwaltungstyp: „Kommunale

Selbstverwaltung bedeutet die Aktivierung der Bürger für ihre eigenen Belange, nicht die

Aktivierung politischer Parteien als Fremdsorger.“498 In der schon so oft beklagten

schlechten Beziehung zwischen den Bürgern und der Stadt kann die kommunale

Selbstverwaltung helfen ein besseres Verhältnis zu schaffen. Dies geschieht mit dem eben

schon angesprochenen stärkeren Einbeziehen der Bürger in den Stadtentwicklungsprozess

sowie der daraus resultierenden größeren Bürgernähe.499

Werden die Umgestaltungsmaßnahmen, welche in diesem Kapitel angesprochen wurden,

noch einmal kurz auf den Punkt gebracht, so spielen einerseits eine stärkere Einbeziehung

der Menschen und andererseits eine Zunahme von transparenten Prozessen seitens der

495 Vgl. Wollmann, Hellmut (2006): Kommunale Selbstverwaltung und direkte Demokratie in der

Bundesrepublik Deutschland. Ein Überblick. In: Hatzfeld, Ullrich/Pesch, Franz (Hrsg.): Stadt und Bürger, Rohn Verlag, Darmstadt, S.107-111, S.107.

496 BVerfGE 11, 266/275f. 497 Vgl. Wollmann, Hellmut (2006), S.107. 498 Vogel, Hans-Josef (1998), S.18. 499 Vgl. Articus, Stephan (2013): Demokratie, Demokratie-Defekte und Bürgerbeteiligung. Betrachtet aus der

Sicht der kommunalen Selbstverwaltung, S.9f.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

105

Politik und Verwaltung eine Rolle. Um Menschen dahingehend zu bewegen an

Stadtentwicklungsprozessen aktiv teilzuhaben, müssen zuallererst einmal die grundlegenden

Strukturen für eine solche Beteiligung gegeben sein.500

7.2 Empowerment als Mittel gegen geringe Bildung Vor dem Hintergrund, dass Bürger aus sozial schwachen Schichten meist auch zu den

bildungsfernen Familien gehören, stellt sich die Frage nach Empowerment-Prozessen,

welche diesen Entwicklungen entgegenwirken können. Eine Möglichkeit, um

Empowerment-Prozesse auf den Weg zu bringen, stellt die Stärkung der Kompetenzen im

Bereich Bildung und Erziehung dar. Es ist in einem ersten Schritt notwendig, die Eltern mit

einem solchen Empowerment-Prozess in Verbindung zu bringen. Können bei den Eltern

erste Erfolge erzielt werden, so wirkt sich dies auch positiv auf die Kinder in den Familien

aus.501

In den Medien tauchen dazu immer wieder Ideen wie der ‚Elternführerschein‘ oder

‚Elternschule‘ auf, welche darauf abzielen, Eltern den richtigen Umgang sowie die richtige

Erziehung ihrer Kinder näherzubringen.502 Vereinzelt plädieren pädagogische Experten

sogar schon für ein Elterntraining als allgemeine Pflichtveranstaltung.503 Im Allgemeinen

werden die verschiedenen Elternkurse von Müttern und Vätern auch genutzt, allerdings

vornehmlich von Eltern aus der sozialen Mittelschicht. Diese sind daran interessiert, ihre

Erziehungskompetenzen weiter zu optimieren.504 Das Verhalten dieser Elterngruppe spricht

allerdings schon für eine erfolgreiche Aktivierung im Sinne des Empowerment und bedarf

keiner weiteren Unterstützung. In sozial schwachen Milieus hingegen ist diese Motivation

der Elternschaft, an einem Elternkurs teilzunehmen, auf einem sehr geringen Niveau.505

Oftmals kommen Eltern aus dem sozial schwachen Milieu erst mit erziehungsberatenden

Maßnahmen in Kontakt, wenn ihre Kinder schon mehrmals in Kindergarten und Schule

auffällig geworden sind und die Eltern vom Jugendamt zur Teilnahme an einem

500 Vgl. Articus, Stephan (2013), S. 10ff. 501 Vgl. Quindel, Ralf (2010): Empowerment in der Erziehungsberatung mit Eltern aus bildungsfernen Milieus.

In: Keupp, Heiner u.a. (Hrsg.): Armut und Exklusion. Gemeindepsychologische Analysen und Gegenstrategien, dgvt-Verlag, Tübingen, S.109-118, S.112.

502 Vgl. Otto, Jeannette (06.08.2009): Die Elternschule. In: Zeit Online. und Brüggemeier, Mathias (12.08.2009): Eltern bilden sich weiter. In: Focus Online.

503 Vgl. Thimm, Katja (18.07.2005): Abends in die Elternschule. In: Der Spiegel. 504 Vgl. Quindel, Ralf (2010), S.112. 505 Vgl. Kardorff, Ernst von (1998): Klinische Psychologie und „Deklassierte“. In: Hörmann, Georg/Körner,

Wilhelm (Hrsg.): Klinische Psychologie. Ein kritisches Handbuch, Verlag Dietmar Klotz, Eschborn, S.352-375, S.358ff.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

106

Erziehungsseminar gedrängt werden.506 Es gestaltet sich als äußerst schwierig, dieser Gruppe

von sozial schwachen Eltern ein Verständnis für die Notwendigkeit eines solchen Kurses zu

vermitteln. Der Psychologe und Professor Ralf Quindel rät in einem seiner Aufsätze, dass

man

„(…) alle KlientInnen tatsächlich als ‚ExpertInnen in eigener Sache‘ anerkennt. Das

bedeutet, sich erst einmal eines wertenden Urteils über die Entscheidungen und

Handlungen des Gegenübers zu enthalten und sich stattdessen um ein Verständnis der

jeweils subjektiven Perspektiven und Begründungen zu bemühen.“507

Er begründet seine Empfehlung damit, dass zuallererst einmal das Problem der

Perspektivübernahme überwunden werden muss, um sich gegenseitig helfen zu können.508

Nach Erreichen jenes ersten Schrittes eröffnet sich ein großes Potenzial, welches nicht

ausschließlich von den Leitern solcher Elternkurse ausgeht, sondern durch die

Synergieeffekte zwischen den einzelnen Teilnehmern selbst gespeist wird. Diese Effekte

spielen auf der sozialen Ebene dieses Empowerment-Konzeptes eine entscheidende Rolle

und wirken sich positiv auf das Lernen von Erziehungsmaßnahmen aus.509

Um anschließend eine Brücke zur Verbesserung der Bildung von Menschen aus sozial

schwachen Milieus zu schlagen, kann angeführt werden, dass es durch diese Elternkurse zu

einer verbesserten Erziehung der Kinder kommt. Mit einer besseren kindlichen Erziehung

können die Probleme in den Kindergärten und Schulen reduziert werden, was sich wiederum

in einer besseren Lernatmosphäre und damit auch in einer höheren Bildung niederschlägt.510

Des Weiteren können Kinder und Jugendliche bildungstechnisch nur davon profitieren,

wenn ihre Eltern gelernt haben, sie stärker zu unterstützen, schulisch sowie außerschulisch.

Nicht zuletzt lernen auch die Eltern untereinander im gegenseitigen Austausch, warum

Bildung für sie und ihre Kinder so wichtig ist. Wenn Empowerment-Prozesse in den

Elternkursen dieses Verständnis bei den Teilnehmern fördern können, so wird hierdurch die

Grundlage für eine Verbesserung der bildungstechnischen Situation von Eltern und Kindern

gelegt.511

506 Vgl. Kardorff, Ernst von (1998), S.358ff. 507 Vgl. Quindel, Ralf (2010), S.112. 508 Vgl. ebd., S.112f. 509 Vgl. ebd., S.116f. 510 Vgl. ebd., S.116f. 511 Vgl. ebd., S.116f.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

107

Dass die mangelnde Bildung der Menschen in einem segregierten Stadtteil eine Ursache für

Polarisierungsprozesse darstellt, wurde schon im vorangegangenen Kapitel erläutert. Und

genau an dieser Stelle knüpft das Empowerment-Konzept an und versucht, sowohl Eltern als

auch Kinder davon zu überzeugen, dass sie ihr Leben erfolgreich selbstbestimmt führen

können. Dabei darf nie vergessen werden, dass solche Prozesse auf der kleinsten möglichen

Ebene angreifen.512 Die Menschen müssen an allererster Stelle ihr Selbstbewusstsein und das

Vertrauen in ihre Stärken zurückgewinnen, bevor die Förderung von Bildung angegangen

werden kann.513 Es handelt sich um einen Prozess, welcher weiter fortschreiten muss, um als

Maßnahme gegen Polarisierungsprozesse gelten zu können.

Wird fortan der Fokus wieder auf Trier gelegt, so sind jetzt konkrete

Realisierungsmöglichkeiten gefragt, welche sich in sozial schwachen Stadtteilen wie

beispielsweise in Trier-West umsetzen lassen. Als Vorbild für die Umsetzung in Trier kann

sich an dem Projekt ‚Wie gelingt Empowerment? Projekt Stadtteilmütter in Berlin-

Kreuzberg‘ orientiert werden.514 In diesem Projekt wurden sogenannte ‚Stadtteilmütter‘

(Frauen aus dem gleichen Sozialraum) ausgebildet und anschließend in sozial schwachen

Bezirke eingesetzt, um den dort ansässigen Menschen im täglichen Leben zur Seite zu

stehen.515 Die Aufgaben dieser Frauen sind sehr vielfältig und vergleichbar mit denen eines

Sozialarbeiters. Angefangen mit der Begleitung zu Behördengängen bis hin zur

erzieherischen Unterstützung stehen die Stadtteilmütter den Menschen zur Seite.516 Das Ziel

dieses Projektes besteht darin, sozial schwache Menschen dahingehend zu empowern, dass

diese dazu gebracht werden, ihr Leben wieder selbstständig zu führen.517 Des Weiteren wird

großen Wert auf „die Stärkung der Erziehungskompetenzen und die Teilnahme der Eltern

am Bildungs- und Entwicklungsprozess ihrer Kinder“ gelegt.518 Die Evaluierungsergebnisse

des Projekts wurden auf dem ‚17. Kongress Armut und Gesundheit – Frühe Hilfen:

Prävention wirkt‘ vorgestellt und sprechen für sich. Die Wirkung des Empowerments auf die

sozial schwachen Eltern wird in der Evaluation beschrieben als einen „Gewinn an Wissen,

512 Vgl. Kapitel 2.3 - Empowerment für eine stärkere Selbstbestimmung der Bürger. 513 Vgl. Armbruster, Meinrad/Thiemann, Janet (31.07.2012): ELTERN-AG: Anleitung zur Selbsthilfe – Ein

Präventionsprogramm der frühen Elternbildung für sozial Benachteiligte. In: Marks, Erich/Steffen, Wiebke (Hrsg.): Bildung – Prävention – Zukunft, S.147-154, S.149f.

514 Vgl. Stolzenberg, Regina/Berg, Giselind/Maschewsky-Schneider, Ulrike (2012): Wie gelingt Empowerment? Ergebnisse der Evaluation des Projekts Stadtteilmütter in Berlin-Kreuzberg, S.1.

515 Vgl. ebd., S.2 und Kneist, Sigrid (03.02.2014): Jetzt haben auch die Stadtteilmütter richtige Stellen. In: Der Tagesspiegel.

516 Vgl. Kneist, Sigrid (2014). 517 Vgl. Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration (o.J.): Integrationslotsinnen im Projekt

der Stadtteilmütter in Kreuzberg. 518 Vgl. ebd.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

108

Selbstbewusstsein, Erziehungskompetenz, verbesserte Beziehung zu den Kindern, Status in

der Familie, Aufhebung von Isolation, Zugang zum Versorgungssystem“.519 Die Erfolge,

welche in diesem Projekt erzielt wurden, entsprechen genau den Maßnahmen, die ergriffen

werden müssen, um der städtischen Polarisierung entgegenzuwirken. Abschließend kann

festgehalten werden, dass ein solches Projekt in Trier auch zum Erfolg führen könnte. Bei

der Umsetzung wäre es sicherlich von Vorteil, soziale Träger wie Caritas und Don Bosco

miteinzubeziehen.

7.3 Empowerment durch soziale Arbeit

Empowerment-Prozesse haben in den letzten zwanzig Jahren auch in Deutschland zu vielen

sozialwissenschaftlichen Problemlösungsansätzen beigetragen. In der Sozialen Arbeit ist das

Empowerment-Konzept heute kaum wegzudenken. Es wird gefordert, sich weitestgehend

von der Bevormundung von Professionellen loszulösen und selbst aktiv in Prozesse der

eigenen Lebenswelt gestaltend einzugreifen.520 Damit das Empowerment-Konzept in

Verbindung mit sozialer Arbeit auch zu Lösungsansätzen gegen Segregation und

Polarisation in Städten beitragen kann, ist es grundlegend, die folgenden Prinzipien der

stadtteilbezogenen sozialen Arbeit zu beachten:

Bedürfnisorientierung:

Bedürfnisorientierung wurde schon oft in der Literatur angesprochen und gilt als eine

der wichtigsten Aspekte bezüglich des Empowerments. Es ist grundlegend, die

Menschen selbst entscheiden zu lassen, was sie benötigen und nicht, von oben herab,

eine Top-down-Haltung einzunehmen. Die Einbringung der eigenen Vorstellungen

und Stärken wirkt aktivierend und führt die Bürger dahin, ihre Anliegen selbst in die

Hand zu nehmen. Es wird ein Empowerment-Prozess gefördert, welcher bei einer

Bestimmung von oben herab nicht vollzogen werden kann.521

Aktivierung:

Ein weiterer essentieller Gesichtspunkt stellt die Aktivierung der Bürger dar. Auch

hier spielt die unter Bedürfnisorientierung angesprochene Haltung der Politik und

Verwaltung eine große Rolle. Es ist nicht Sinn der Sache, die Bürger zu fragen, wie

519 Stolzenberg, Regina/Berg, Giselind/Maschewsky-Schneider, Ulrike (2012), S.12. 520 Vgl. Herriger, Norbert (2014), S.11. 521 Vgl. Lüttringhaus, Maria (2000), S.86f.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

109

sie etwas gerne umgesetzt haben wollen, um es dann anschließend für sie zu

erledigen. Es geht darum, herauszufinden, was diese selbst zu der Umsetzung ihrer

Vorschläge beitragen können. Dabei sollen sie von der Politik und Verwaltung

unterstützt werden, jedoch soll keine sogenannte ‚Wohlfahrtsmentalität‘ gefördert

werden. Diese ist für die Aktivierung der Menschen kontraproduktiv.522

Nutzung der im Stadtteil vorhandenen Ressourcen:

Bevor Ressourcen von außerhalb in stadtteilbezogene soziale Arbeit und

Empowerment-Prozesse miteinbezogen werden, ist es sinnvoll, die im Stadtteil

gegebenen Ressourcen soweit wie möglich zu verwenden. Ressourcen können z.B.

Räume oder Kleinbusse sein, die zur Verfügung gestellt werden, aber auch Bänke,

Tische und Spiele. Betrachtet man die Arbeitskraft eines Menschen ebenfalls als

Ressource, so ist es in diesem Zusammenhang von Vorteil, wenn Menschen aus dem

betroffenen Stadtteil miteinbezogen werden.523

Bereichsübergreifendes integriertes Handeln:

Auch der Arbeitsplatz ist eng mit dem sozialen und kulturellen Leben der Menschen

verbunden. Er spielt in Bezug auf kooperatives Arbeiten und Handeln eine wichtige

Rolle. Dies geschieht unter anderem durch die Vernetzung der einzelnen Akteure.

Durch eine funktionierende Vernetzung ist das Problem allerdings noch nicht gelöst.

Häufig kommt es dazu, dass einzelne Akteure die Probleme einfach weiterschieben

und das Netzwerk so zu einem ‚Verschiebungsbahnhof‘, aber nicht zu einem Ort der

gemeinsamen Problembearbeitung verkommt. Bei einer Vernetzung, in welcher

Empowerment-Prozesse und kooperatives Handeln umgesetzt werden, steht die

Frage nach dem Erreichen des Ziel und der Verbesserung der Lebensverhältnisse im

Vordergrund.524

Verbesserung der Investitionen:

Investitionen sind in jeglicher Hinsicht wünschenswert. Sie können den Prozess stark

beschleunigen und schneller voranbringen. Solche Fortschritte stellen z.B.

522 Vgl. Lüttringhaus, Maria (2000), S.87. 523 Vgl. ebd., S.87. 524 Vgl. ebd., S.87.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

110

infrastrukturelle Verbesserungen im jeweiligen Stadtteil sowie eine Verbesserung der

gegebenen Wohnverhältnisse und des Wohnumfeldes dar.525

Um den Ursachen des städtischen Polarisationsprozesses entgegenzuwirken, ist es

entscheidend, dass auf der kleinsten Ebene Verbesserungen in Gang gebracht werden.526

Solche Fortschritte werden bei der Anwendung der vorgestellten Prinzipien

stadtteilbezogener sozialer Arbeit erreicht. Um dies konkret zu verdeutlichen, wird im

Folgenden ein Projekt aus dem Essener Stadtteil Bergmannsfeld vorgestellt. Das Projekt

zielt vor allem auf die Aktivierung der sozial schwachen Bürger ab.527

Bei diesem Projekt handelt es sich um einen Kurs, in dem die Teilnehmer die Kompetenzen

erlernen, selbstständig eine Zeitung zu erstellen. Zu Beginn wurden den Teilnehmern

wesentliche Computerkenntnisse näher gebracht, welche eine Grundvoraussetzung für die

Erstellung einer Zeitung darstellen. Dies wurde in verschiedenen Kursen direkt im Stadtteil

durchgeführt. Durch das gesteigerte Wissen bezüglich der Funktionen von verschiedenen

Computerprogrammen wuchs bei den Teilnehmern nach und nach der Wunsch, diese auch

praktisch anzuwenden. Aus diesem Wunsch heraus entstand dann die Idee, eine

Stadtteilzeitung herauszugeben. Die neu gegründete Redaktionsgruppe konnte mit Hilfe des

Projektes ihr Selbstbewusstsein zurückgewinnen, indem sie durch das Erlernen neuer

Kompetenzen dazu ermutigt wurden. Die Stadtteilzeitung berichtet nun seit über fünf Jahren

über die Belange ihres Bezirks. Die anfängliche Unterstützung beim Erlernen neuer

Kompetenzen konnte in den Teilnehmern neue Tatkraft wecken und stellt somit ein

gelungenes Beispiel für einen Empowerment-Prozess dar.528

Wird dieses Projekt anschließend auf die oben genannten Prinzipien der stadtteilbezogenen

sozialen Arbeit hin untersucht, so werden einige der genannten Aspekte miteinbezogen.

Bedürfnisorientierung und Aktivierung waren beide vorhanden. Die Bürger wollten ihre

Kompetenzen im Bereich Computer erweitern und konnten anschließend eigenständig

kreativ werden, indem sie eine Stadtteilzeitung erstellt haben. Auch die im Stadtteil

vorhandenen Ressourcen wurden genutzt, denn der Kurs fand nicht etwa an einer Universität

statt, sondern im Bezirk selbst.529 Diese Art von Projekten, zu denen auch das Projekt

525 Vgl. Lüttringhaus, Maria (2000), S.88. 526 Vgl. Kapitel 2.3 - Empowerment für eine stärkere Selbstbestimmung der Bürger. 527 Vgl. Lüttringhaus, Maria (2000), S.88. 528 Vgl. ebd., S.88f. 529 Vgl. ebd., S.88.

Kapitel 7: Ein Konzept für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung

111

Stadtteilmütter530 gehört, legen den Grundstein für eine Verbesserung der Lage in sozial

schwachen Stadtteilen. Dabei wird Ursachen, welche für die Polarisierung in Städten

verantwortlich sind, entgegengewirkt. Zwei der im vorangegangenen Kapitel genannten

Ursachen sind der wirtschaftliche Strukturwandel und die geringe Bildung. Es wurde auf den

Mangel an Qualifikation und Bildung hingewiesen. Dabei bietet diese Art von Projekten die

Lösung an, um die Bürger aus ihrer Lage zu befreien.531 Damit Empowerment in diesen

Stadtteilen funktionieren kann, ist es wichtig, dass genau auf die Anliegen und Interessen der

Menschen eingegangen wird sowie ihnen eine Motivation zu bieten.532 Eine Umsetzung

dieser Art von Projekten kann auch in Trier helfen, den Ursachen des

Polarisierungsprozesses entgegenzuwirken. Dazu wäre es sinnvoll, auf die Interessen und

Wünsche der Menschen angepasste Projekte anzubieten, welche die Kompetenzen und

Selbstständigkeit der Teilnehmer erhöhen. Dies könnte in Zusammenarbeit mit sozialen

Trägern wie Don Bosco und Caritas durchgeführt werden. Der Erfolg in anderen Städten

spricht für die Umsetzung solcher Konzepte und würde auch in Trier einen ersten Schritt im

Kampf gegen Polarisierung und Segregation darstellen.

530 Vgl. Kapitel 7.2 - Empowerment als Mittel gegen geringe Bildung. 531 Vgl. Bergo, Christina u.a. (2008): Bildungspolitische Erfordernisse zum Empowerment von sozial

Benachteiligten. In: Zentrum für empirische pädagogische Forschung: PRO-SKILLS. Basic skills for lifelong learning, S.2f.

532 Vgl. Lüttringhaus, Maria (2000): ebd., S.89.

Fazit

112

8 Fazit In dieser Arbeit ist deutlich dargestellt geworden, wie eng in Deutschland die Entwicklung

der Städte mit lokaler Politik und dem Wandel der Gesellschaft verbunden ist. So wurde

beispielsweise erläutert, wie sich in diesem Gefüge soziale Benachteiligung, lokale Politik

und die finanzielle Lage der Städte gegenseitig beeinflussen. Dabei wurde auch beschrieben,

wie zum Beispiel arbeitslose Bürger zu Verlierern der Gesellschaft werden, die nur über

wenige Ressourcen verfügen und politisch kaum repräsentiert werden.533 In diesem Kontext

wurden Bürgerbeteiligung und Empowerment als Lösungsansätze im Sinne einer politischen

Selbstbestimmungen und Selbstbefähigung der betroffenen Bürger präsentiert. Dieser

Lösungsansatz konnte durch die Betrachtung des Kommunitarismus und der deliberativen

Demokratietheorie untermauert werden.

Für Trier hat die vorliegende Masterarbeit den Zusammenhang von sozialer Polarisierung

und schwacher politischer Beteiligung nachgewiesen: Im Stadtteil Trier-West/Pallien und

insbesondere im Stadtbezirk Trier-West zeigen sich deutlich die negativen Auswirkungen

sozialer Polarisierung. Dies konnte anhand verschiedener Indikatoren belegt. Dabei zeigen

die Stadtteile Zewen, Euren, Pfalzel und Biewer keine solchen Anzeichen. Bei der

Betrachtung der verschiedenen Indikatoren liegen die knapp unter dem Durchschnitt aller

Stadtteile in Trier oder sogar darüber. Leidglich Ehrang-Quint zeigt bei der Betrachtung

einzelner Indikatoren vereinzelt Anzeichen eines Polarisierungsprozesses.

Im Rahmen dieser Analyse wurden vor allem die Stadtteile westlich der Mosel miteinander

und dann mit dem Durchschnitt aller Stadtteile Triers verglichen. Neben der Polarisierung

konnte in der vorliegenden Masterarbeit durch die Analyse des städtischen Problemdiskurses

belegt werden, dass die politische Beteiligung in Trier-West/Pallien besonders schwach ist.

Die Gründe dafür sind laut den interviewten Experten vor allem die Enttäuschung über

politische Entscheidungen, die geringe politische Bildung und der Lebensweltbezug der

Menschen, der keine politische Beteiligung und kein politisches Interesse zulässt.

In der wechselvollen Geschichte der Städte waren diese immer auch „Laboratorien für

sozialpolitische Innovationen“.534 Warum soll dies heute nicht auch so sein? Die

Herausforderungen, vor denen deutsche Städte heute stehen, schränken ihren

Handlungsspielraum ein. Aber es gibt trotzdem Möglichkeiten alle Bürger, auch die sozial

533 Alisch, Monika (2002), S.40. 534 Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2004), S.11.

Fazit

113

schwachen, stärker zu beteiligen. Diese Masterarbeit hat für Trier-West/Pallien einige

Ansätze vorgestellt.

„Das politische Denken wird seine Inspirationskraft nur wiedererlangen, wenn es

weder bloß reagiert noch sich auf das Alltägliche und allzu Naheliegende

beschränkt. Ohne Ideale ist keine Politik zu machen, aber Ideale sind leer, wenn

sie sich nicht auf realisierbare Möglichkeiten beziehen. Wir müssen also beides

bestimmen: in welcher Gesellschaft wir gerne leben möchten und mit welchen

konkreten Mitteln wir auf sie hinarbeiten können.“535

Im Sinne dieser Aussage von Anthony Giddens wurde beschrieben, welche konkreten

Maßnahmen sich im Stadtteil Trier-West/Pallien eignen, um die politische Beteiligung der

Bewohner dieses Stadtteils zu erhöhen. Die präsentierten Maßnahmen stellen dabei mögliche

Ansätze dar, die Einfluss auf die Ursachen von sozialer Polarisierung und geringer

politischer Beteiligung haben können. Daneben sind viele weitere Ansätze möglich. Um ein

geschlossenes Konzept für Trier-West/Pallien entwickeln zu können, ist es notwendig, in

folgenden Forschungsschritten die Potenziale der beteiligten Akteure und die bisherige

Arbeit von Trägern wie der Caritas oder von Don Bosco zu analysieren. Dies konnte in der

vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden.

Zu den im siebten Kapitel präsentierten Ansätzen zählen zunächst Veränderungen der

Entscheidungsstrukturen in der Verwaltung und der lokalen Politik. Dies kann nach den

gemachten Ausführungen etwa durch Dezentralisierung und die Schaffung von

Selbsthilfestrukturen erfolgen, die den Bürgern in den Stadtteilen Kompetenzen der

Verwaltung und des Stadtrates übertragen.

Es wurde auch ein Ansatz für Empowerment erläutert, der die Erhöhung des allgemeinen

Bildungsniveaus in Trier-West/Pallien vorsieht. Dieser Weg setzt bei den Eltern an, deren

Bildung und Fähigkeit zur Erziehung gesteigert werden sollen und dadurch zu positiven

Effekten für deren Kinder führen können. Dieser Ansatz wäre eine mögliche Reaktion auf

das Ergebnis der Experteninterviews, in denen geringe politische Bildung als Grund für eine

niedrige politische Beteiligung dargestellt wird.

535 Giddens, Anthony (1999): Der dritte Weg. Die Erneuerung der sozialen Demokratie, Suhrkamp, Frankfurt

Main, S.12

Fazit

114

Zusätzlich ist es möglich, ein Empowerment in Trier-West/Pallien zu erreichen, wenn die im

Stadtteil vorhandenen Ressourcen genutzt werden. Zudem könnten hier weitreichende

Netzwerke der verschiedenen Akteure geschaffen werden, die sich gemeinsam dem Ziel der

Verbesserung der Lebensverhältnisse und der Beteiligung der Bürger widmen.

Mit der Vorstellung dieser Ansätze für Empowerment und mehr Bürgerbeteiligung auf der

lokalen Ebene wird den Bürgern eine größere Bedeutung zugemessen. Dabei soll jedoch

nicht der Eindruck erweckt werden, dass Repräsentation, Wahlen und Parteien auf der

lokalen Ebene abzulehnen sind. Dies geschieht in Veröffentlichungen zu Bürgerbeteiligung

und Direkter Demokratie häufig.536 In der Praxis sind die Bürger, die die Vielfalt moderner

Beteiligungsmöglichkeiten nutzen, oft auch parteipolitisch organisiert oder waren es

einmal.537 Insofern ist die vorliegende Arbeit kein Beitrag zur Einschränkung der

repräsentativen Parteiendemokratie. Vielmehr ist hoffentlich deutlich geworden, wie das

Engagement der Bürger bestehende Strukturen ergänzen kann, ohne sie zu ersetzen.

Das Potenzial der Bürgerbeteiligung wird oft überschätzt. So argumentieren einige Vertreter

beispielsweise, dass durch Bürgerbeteiligung Konflikte in der Gesellschaft eher beigelegt

werden. Aber diese Argumentation ist nicht logisch, da Interessenkonflikte in der

Demokratie der Normalfall sind und auch bleiben sollen.538 Auch wird durch

Bürgerbeteiligung nicht eher ein Konsens errungen als durch die Repräsentation in Gremien.

Die Entscheidung der Mehrheit ist und bleibt daher der beste Weg, um in unserem

demokratischen System zu Entscheidungen zu kommen. Deshalb wird die repräsentative

Demokratie nach dem heutigen Stand weiterhin das Modell sein, das unsere Gesellschaft

lenkt. Wer ehrliche Bürgerbeteiligung betreiben will, sollte daher den Bürgern auch immer

die Bedeutung und die Vorteile der repräsentativen Demokratie aufzeigen und nicht

versuchen, Bürgerbeteiligung unter falschen Annahmen als uneingeschränkt erstrebenswerte

und alternativlose Lösung auszugeben.539 In diesem Sinne sollten alle Akteure versuchen,

die öffentliche Wahrnehmung von Politiker und Parteien zu verbessern, da diese in der

deutschen Tradition untrennbar mit der repräsentativen Demokratie verbunden sind. Diese

Richtlinie ergibt sich aber nicht nur aus der historischen Praxis, sondern ebenfalls aus der

536 Vgl. Gabriel, Oscar W. (2010): Bürgergemeinde als neues Leitbild der Kommunalpolitik. In: Schuster,

Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt, W. Kohlhammer Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart, S.164-194, S.190f.

537 Vgl. ebd., S.190f. 538 Vgl. Klages, Helmut/Vetter, Angelika (2013), Berlin, S.120. 539 Vgl. ebd., S.124.

Fazit

115

Leistung, die die Parteien bei der Integration der Bürger in das politische System leisten.540

Klages und Vetter setzen zudem Parteien und Bürgerbeteiligung in einen direkten Bezug:

„Parteien müssen angesichts ihrer gesamtgesellschaftlichen Integrationsfunktion

auch im Rahmen einer verstetigten, von Dauer und Systematik geprägten

Bürgerbeteiligung eine feste Rolle finden, um langfristig die Legitimation von

Politik in modernen Demokratien zu stützen.“541

Damit kommt zum Ausdruck, dass entscheidende Akteure, wie Politiker,

Verwaltungsmitarbeiter und Unternehmer Bürgerbeteiligung und damit nach dem

Verständnis der vorliegenden Arbeit auch Empowerment unterstützen sollten. Soziale

Ungleichheit, Ausgrenzung und Distanz zur Politik haben sich weit ausgebildet. Laut

Richard Sennet, einem Vertreter des Kommunitarismus, besteht die Gefahr, dass

ausgegrenzte Gemeinschaften verstärkt ihre Vorstellungen von Nationalität, Religion und

Familie betonen.542 Dies ist aktuell sehr problematisch und kann weitreichende Folgen für

die Gesellschaft haben. Heute sind Hilfsbereitschaft, Offenheit und Toleranz gefragt. Denn

seit dem Frühjahr 2015 kommen immer mehr Flüchtlinge aus Krisenregionen wie Syrien

nach Deutschland. Im gesamten Jahr werden es ungefähr 800.000 sein.543 Viele von ihnen

werden dauerhaft in Deutschland bleiben. Es wird von einer „Jahrhundertaufgabe“544

gesprochen, die darin bestehen wird, diese Menschen aufzunehmen und zu integrieren. Dabei

gehören Migranten zu der Bevölkerungsgruppe, die in besonderem Maß sozialer

Ungleichheit ausgesetzt sind.545

Dies birgt die Gefahr, dass in Zukunft soziale Polarisierung in deutschen Städten zunimmt.

Insofern ist es wichtig, Ansätze, wie sie auch die vorliegende Arbeit vorgestellt hat, zu

berücksichtigen. Eine aktive Gesellschaft in der Empowerment und Bürgerbeteiligung auf

der Tagesordnung stehen, können im Sinne des Kommunitarismus sensibler auf solche

Entwicklungen reagieren.

540 Vgl. Klages, Helmut/Vetter, Angelika (2013), S.124. 541 Ebd., S.125. 542 Vgl. Sennet, Richard (1983): Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität, BvT,

Berlin, S.333. 543 Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (20.08.2015):Prognoseschreiben zur Zahl der im

Verteilsystem EASY registrierten Personen nach § 44 Abs. 2 AsylVfG, Nürnberg. 544 Astheimer, Sven/Pennekamp, Johannes (19.09.2015): Die Jahrhundertaufgabe. In: Frankfurter Allgemeine. 545 Vgl. Préteceille, Edmond (2013): Die Europäische Stadt in Gefahr. In: Kronauer, Martin/Siebel, Walter

(Hrsg.): Polarisierte Städte. Soziale Ungleichheit als Herausforderung für die Stadtpolitik, Campus Verlag, Frankfurt Main/New York, S.37-50, S.39.

Literatur- und Quellenverzeichnis

I

Literatur – und Quellenverzeichnis Alber, Jens/Fliegner, Florian (2006): Eine merkwürdige Debatte. In: Allmendinger, Jutta

(Hrsg.): WZB-Mitteilungen, Heft 114, S. 22-24.

Alisch, Monika (2002): Soziale Stadtentwicklung. Widersprüche, Kausalitäten und

Lösungen, leske+budrich, Opladen.

Anger, Christina/Plünnecke, Axel/Seyda, Susanne (29.06.2007): Bildungsarmut -

Auswirkungen, Ursachen, Maßnahmen. In: Bundeszentrale für politische Bildung

(Hrsg.): APuZ. Online unter: http://www.bpb.de/apuz/30383/bildungsarmut-

auswirkungen-ursachen-massnahmen?p=all [15.09.2015].

Anton, Hans H. (1996): Trier in den germanischen Invasionen und sein Übergang in

fränkische Herrschaft. In: Anton, Hans Hubert/Haverkamp, Alfred (Hrsg.): 2000

Jahre Trier. Trier im Mittelalter, Bd. 2, Spee-Verlag, Trier, S.3-21.

Arnstein, Sherry (1969): A Ladder of Citizen Participation. Online unter:

https://www.planning.org/pas/memo/2007/mar/pdf/JAPA35No4.pdf [12.09.2015].

Armbruster, Meinrad/Thiemann, Janet (31.07.2012): ELTERN-AG: Anleitung zur Selbsthilfe

– Ein Präventionsprogramm der frühen Elternbildung für sozial Benachteiligte. In:

Marks, Erich/Steffen, Wiebke (Hrsg.): Bildung – Prävention – Zukunft, S.147-154.

Online unter:

http://www.praeventionstag.de/dokumentation/download.cms?id=1123

[15.09.2015].

Articus, Stephan (2013): Demokratie, Demokratie-Defekte und Bürgerbeteiligung.

Betrachtet aus der Sicht der kommunalen Selbstverwaltung. Online unter:

http://www.staedtetag.de/imperia/md/content/dst/fachinformationen/hv2013/hv2013

_rede_hgf_stand_27_mai.pdf [15.09.2015].

Astheimer, Sven/Pennekamp, Johannes (19.09.2015): Die Jahrhundertaufgabe. In:

Frankfurter Allgemeine. Online unter:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/integration-von-

fluechtlingen-eine-jahrhundertaufgabe-fuer-deutschland-13810973.html

[20.09.2015].

Literatur- und Quellenverzeichnis

II

Ausschuss für Bauwesen und Städtebau und Ausschuss für Wohnungswesen (2000):

Leitfaden zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative ”Soziale Stadt”, 2.

Fassung vom 1. Februar 2000, S.5ff. Online unter:

http://www.staedtebaufoerderung.info/StBauF/SharedDocs/Publikationen/StBauF/S

ozialeStadt/Arbeitspapiere/AP_Band3.pdf?__blob=publicationFile&v=1

[19.08.2015].

Avenarius, Hermann u.a. (2006): Ein indikatorgestützter Bericht mit einer Analyse zu

Bildung und Migration. In: Deutsches Institut für Internationale Pädagogische

Forschung u.a. (Hrsg.): Bildung in Deutschland, W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld.

Online unter: http://www.bildungsbericht.de/daten/gesamtbericht.pdf [15.09.2015].

Barber, Benjamin (1984): Strong Democracy, University of California Press, Berkeley/Los

Angeles.

Baumgartl, Ralf/Eichener, Volker (1991): Norbert Elias zur Einführung, Junius Verlag,

Hamburg.

Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration (o.J.): Integrationslotsinnen

im Projekt der Stadtteilmütter in Kreuzberg. Online unter:

http://www.berlin.de/lb/intmig/themen/integrationslots-innen/traeger/friedrichshain-

kreuzberg/ [15.09.2015].

Becker, Heidede u.a. (2002): Drei Jahre Programm Soziale Stadt –eine ermutigende

Zwischenbilanz. In: Difu (Hrsg.): Die Soziale Stadt. Eine Bilanz des Bund-Länder-

Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf –Soziale Stadt, Im

Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau-und Wohnungswesen, Berlin,

S.12-53.

Becker, Martin/Kricheldorff, Cornelia/Schwab, Jürgen (2014): Soziale Stadtentwicklung und

Gemeinwesensarbeit in der Sozialen Arbeit, W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart.

Behnke, Joachim/Baur, Nina/Behnke, Nathalie (2012): Empirische Methoden der

Politikwissenschaft, UTB Verlag, Stuttgart.

Benhabib, Seyla (1993): Demokratie und Differenz. In: Brumlik Micha/Brunkhorst, Hauke

(Hrsg.): Gemeinschaft und Gerechtigkeit, Fischer-Taschenbuchverlag, Frankfurt

Main, S.97-116.

Bergo, Christina u.a. (2008): Bildungspolitische Erfordernisse zum Empowerment von sozial

Benachteiligten. In: Zentrum für empirische pädagogische Forschung: PRO-

SKILLS. Basic skills for lifelong learning. Online unter: http://www.pro-

skills.eu/documents/sensitization_german.pdf [15.09.2015].

Literatur- und Quellenverzeichnis

III

Blanke, Bernhard/Benzler, Susanne (1991): Horizonte der lokalen Politikforschung.

Einleitung. In: Blanke, Bernhard (Hrsg.): Staat und Stadt – Systematische,

vergleichende und problemorientierte Analysen „dezentraler“ Politik, Politische

Vierteljahresschrift, Sonderheft 22, Opladen, S.9-34.

Blatt, Helge (2006): Direktdemokratie im internationalen Vergleich. In: Bundeszentrale für

politische Bildung: APuZ. Online unter:

http://www.bpb.de/apuz/29886/direktdemokratie-im-internationalen-

vergleich?p=all [12.09.2015].

Blatter, Joachim/Janning, Frank/Wagemann, Claudius (2007): Qualitative Politikanalyse.

Eine Einführung und Forschungsansätze und Methoden, VS Verlag, Wiesbaden.

Bogumil, Jörg/Kißler, Leo (1997): Risiken und Chancen eines Neuen Steuerungsmodells für

die lokale Demokratie. In: Bogumil, Jörg/Kißler, Leo (Hrsg.):

Verwaltungsmodernisierung und lokale Demokratie. Risiken und Chancen einer

neuen Steuerungsmodells für die lokale Demokratie, Nomos-Verlag, Baden-Baden,

S.9-22.

Bogumil, Jörg/Holtkamp, Lars (2006): Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung. Eine

policyorientierte Einführung, VS Verlag, Wiesbaden.

Bogumil, Jörg (2008): Kommunale Selbstverwaltung am Ende? In: Stadt Essen u.a. (Hrsg.):

200 Jahre kommunale Selbstverwaltung – Quo Vadis? Dokumentation zur

Veranstaltungsreihe 2008. Informationen und Berichte zur Stadtentwicklung

Nr.109, S.23-40. Online unter:

https://media.essen.de/media/wwwessende/aemter/0116/200905_broschuere_200_ja

hre_komm_selbstverwaltung.pdf [12.09.2015].

Bora, Alfons (2005): ‚Partizipation‘ als politische Inklusionsformel. In: Gusy,

Christoph/Haupt, Heinz-Gerhard (Hrsg.): Inklusion und Partizipation. Politische

Kommunikation im historischen Wandel, Campus Verlag, Frankfurt, S.15-34.

Brüggemeier, Mathias (12.08.2009): Eltern bilden sich weiter. In: Focus Online. Online

unter: http://www.focus.de/familie/erziehung/eltern/eltern-bilden-sich-weiter-

erziehung_id_1796442.html [15.09.2015].

Bundesministerium für Arbeit und Soziales Lebenslagen in Deutschland (2013): Der vierte

Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin.

Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (2005): Lebenslagen in Deutschland. Der

2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin.

Literatur- und Quellenverzeichnis

IV

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (20.08.2015): Prognoseschreiben zur

Zahl der im Verteilsystem EASY registrierten Personen nach § 44 Abs. 2 AsylVfG,

Nürnberg. Online unter:

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/DasBAMF/201

5-08-20-prognoseschreiben-

asylantraege.pdf;jsessionid=B267F4883C258247AD58BCD8FBE96414.1_cid286?

__blob=publicationFile [20.09.2015].

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2005): Nachhaltige

Stadtentwicklung – ein Gemeinschaftswerk. Städtebaubericht der Bundesregierung

2004, Berlin.

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2014): Handbuch für eine gute

Bürgerbeteiligung. Online unter:

http://www.bmvi.de//SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/handbuch-

buergerbeteiligung.pdf?__blob=publicationFile [12.09.2015].

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.J.):

Partizipation. In: Lexikon der Entwicklungspolitik. Online unter:

http://www.bmz.de/de/service/glossar/P/partizipation.html [12.09.2015].

Burgard, Friedhelm (1996): Auseinandersetzungen zwischen Stadtgemeinde und Erzbischof

(1307-1500). In: Anton, Hans Hubert/Haverkamp, Alfred (Hrsg.): 2000 Jahre Trier.

Trier im Mittelalter, Bd. 2, Spee-Verlag, Trier, S.295-391.

Burgi, Martin (2010): Europa und die Kommunen: Herausforderungen und Chancen. In:

Schuster, Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt,

Kohlhammer Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart, S.22-37.

Butterwegge, Christoph (2002): „Globalisierung, Standortsicherung und Sozialstaat“ als Thema der politischen Bildung. In: Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun

(Hrsg.): Politische Bildung und Globalisierung, leske+budrich, Opladen, S.73-108.

Butterwegge, Christoph (2014): Die politische Repräsentation von Armen und Reichen. Ein

Problem für die Legitimation der Demokratie? In: Linden, Markus/Thaa, Winfried

(Hrsg.): Ungleichheit und Repräsentation, Nomos Verlag, Baden-Baden, S.27-52.

Dahl, Robert (1967): The City in the Future of Democracy. In: American Political Science

Review, Nr. 61, S.953-970.

Literatur- und Quellenverzeichnis

V

Daramus, Carmen/Klages, Helmut/Masser, Kai (o.J.): Das Bürgerpanel – eine

repräsentative Methode der Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung. In:

Bürgergesellschaft.de. Online unter: http://www.buergergesellschaft.de/testing-

sandbox/alte-seiten-archiv/tipps-fuer-politische-beteiligung-anders/modelle-und-

methoden-der-buergerbeteiligung-alt/meinungen-einholen-buergerinnen-und-

buerger-aktivieren/das-buergerpanel/106179/ [19.09.2015].

de Nève, Dorothée/Olteanu, Tina (2013): Politische Partizipation jenseits der Konventionen.

In: de Nève, Dorothée/Olteanu, Tina (Hrsg.): Politische Partizipation jenseits der

Konventionen, Barbara Budrich Verlag, Berlin, S.11-28.

Deutscher Gewerkschaftsbund Rheinland-Pfalz/Saarland (04.07.2013): Rentenkürzung und

Niedriglohn: DGB Trier warnt vor Altersarmut. Online unter: http://rheinland-

pfalz-saarland.dgb.de/trier/presse/++co++cbf06d48-e492-11e2-b027-00188b4dc422

[18.09.2015].

Deutsches Institut für Urbanistik (2005): Zweiter fachpolitischer Dialog zur Sozialen Stadt.

Ergebnisse der bundesweiten Zwischenevaluierung und Empfehlungen zum

Ergebnistransfer. Online unter: http.//www.sozialestadt.de/veroeffentlichungen/

[22.06.2015].

Deutsches Institut für Urbanistik (2007): Dritte bundesweite Befragung in den

Programmgebieten der Sozialen Stadt. Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen.

Arbeitspapiere zum Programm Soziale Stadt, Band 12. Online unter:

http://www.sozialestadt.de/veroeffentlichungen/ [22.06.2015].

Deutscher Städte- und Gemeindetag (2014): Gemeindefinanzbericht 2014, Köln.

Diemert, Dörte (2013): Aktuelle Dimensionen der kommunalen Haushaltskrise. In: Haus,

Michael/Kuhlmann, Sabine (Hrsg.): Lokale Politik und Verwaltung im Zeichen der

Krise, VS Verlag, Wiesbaden, S.84-118.

Dienel, Peter C.(1991): Die Planungszelle. Eine Alternative zur Establishment-Demokratie,

2.Aufl., Westdeutscher Verlag, Opladen.

DStGB Dokumentation (2013): Bürgerbeteiligung bei kommunalen Vorhaben und in der

Stadtentwicklung, Verlag Winkler und Stenze, Burgwedel. Online unter: http://viu-

portal.de/files/2013/05/Doku117_Bu%CC%88rgerbeteiligung.pdf [12.09.2015].

Elias, Norbert/Scotson, John L. (1993): Etablierte und Außenseiter, Suhrkamp, Frankfurt

Main.

Embacher, Serge/Lang, Susanne (2008): Bürgergesellschaft. Eine Einführung in zentrale

bürgergesellschaftliche Gegenwarts- und Zukunftsfragen, Dietz-Verlag, Bonn.

Literatur- und Quellenverzeichnis

VI

Enquete-Kommission (2002): Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements. Online unter:

http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Politik_Gesellschaft/

GeselZusammenhalt/enquete_be.pdf?__blob=publicationFile [21.08.2015].

Etzioni, Amitai (1975): Die aktive Gesellschaft, Westdeutscher Verlag, Opladen.

Etzioni, Amitai (1998): Die Entdeckung des Gemeinwesens. Ansprüche,

Verantwortlichkeiten und das Programm des Kommunitarismus, Fischer Verlag,

Frankfurt Main.

Faik, Jürgen/Becker, Jens (2009): Wohnstandpolarisierung, Verteilungskonflikte und

Ungleichheitswahrnehmung in Deutschland. In: Deutsches Institut für

Wirtschaftsforschung (Hrsg.): SOEPpapers on Multidisciplinary Panel Data

Research, Berlin.

Farwick, Andreas (2007): Die räumliche Polarisierung von Armut in der Stadt - Ursachen,

Ausprägungen und soziale Folgen. In: Arbeitnehmerkammer Bremen (Hrsg.):

Armutsbericht 2007, Bremen, S.38-53. Online unter: http://hamburg-

stadtfueralle.de/wp-content/uploads/Farwick_2007_raeumliche_Polarisierung.pdf

[15.09.2015].

Frankenberg, Günther (1994): Auf der Suche nach der gerechten Gesellschaft – Bemerkung

zur Fortsetzung der Kommunitarismus-Debatte. In: Frankenberg,

Günther/Bernstein, Richard (Hrsg.): Auf der Suche nach der gerechten Gesellschaft,

Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt Main, S.7-24.

Friedrichs, Jürgen/Triemer, Sascha (2008): Gespaltene Städte? Soziale und ethnische

Segregation in deutschen Großstädten, VS Verlag, Wiesbaden.

Gabriel, Oscar W. (1992): Wertewandel, kommunale Lebensbedingungen und die Aufgaben

der Kommunen am Beginn der 90er Jahre. Eine empirische Analyse politischer

Einstellungen kommunaler Mandatsträger in 14 Städten. In: Schuster, Franz/Dill,

Günter W. (Hrsg.): Kommunale Aufgaben im Wandel, W. Kohlhammer Deutscher

Gemeindeverlag, Köln, S.149-235.

Gabriel, Oscar W. (2005): Politische Einstellungen und politische Kultur. In: Gabriel, Oscar

W./Holtmann, Everhard (Hrsg.): Handbuch politisches System der Bundesrepublik

Deutschland, 3. Aufl., Oldenbourg Verlag, München/Wien, S.457-522.

Gabriel, Oscar W. (2008): Politische Einstellung und politische Kultur. In: Gabriel, Oscar

W./Kropp, Sabine (Hrsg.): Die EU-Staaten im Vergleich. Strukturen, Prozesse,

Politikinhalte, Springer Verlag, Wiesbaden, S.181-214.

Literatur- und Quellenverzeichnis

VII

Gabriel, Oscar W. (2010): Bürgergemeinde als neues Leitbild der Kommunalpolitik. In:

Schuster, Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt, W.

Kohlhammer Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart, S.164-194.

Gestring, Norbert u.a. (1997): Ökologie und urbane Lebensweise: Untersuchungen zu einem

anscheinend unauflöslichen Wiederspruch, Viehweg Verlag,

Braunschweig/Wiesbaden.

Giddens, Anthony (1999): Der dritte Weg. Die Erneuerung der sozialen Demokratie,

Suhrkamp, Frankfurt Main.

Goebel, Jan/Habich, Roland/Krause, Peter (2006): Einkommen – Verteilung, Angleichung,

Armut und Dynamik. In: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Datenreport 2006. Zahlen

und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland, Bonn, S.607–624.

Gornig, Martin/Goebel, Jan (2013): Ökonomischer Strukturwandel und

Polarisierungstendenzen. In: Kronauer, Martin/Siebel, Walter (Hrsg.): Polarisierte

Städte. Soziale Ungleichheit als Herausforderung für die Stadtpolitik, Campus

Verlag, Frankfurt/New York, S.51-68.

Graffe, Friedrich (2010): Armut als kommunalpolitische Aufgabe. In: Kneupp, Heiner u.a.

(Hrsg.): Armut und Exklusion. Gemeindepsychologische Analysen und

Gegenstrategien, dgvt-Verlag, Tübingen, S.145-154.

Habermas, Jürgen (1994): Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts

und des demokratischen Rechtsstaates, 4. Aufl., Suhrkamp, Frankfurt Main.

Habermas, Jürgen (1995): Struktur der Öffentlichkeit: Untersuchungen zu einer Kategorie

der bürgerlichen Gesellschaft, 4.Aufl. der Neuauflage von 1990, Suhrkamp,

Frankfurt Main.

Habermas Jürgen (1995a): Fragen der politischen Theorien, Suhrkamp, Frankfurt Main.

Habermas, Jürgen (1996): Drei normative Modelle der Demokratie. In: Habermas, Jürgen

(Hrsg.): Die Einbeziehung des Anderen – Studien zur politischen Theorie,

Suhrkamp, Frankfurt Main, S.277-S.292.

Hasselhorn, Marcus u.a. (2014): Bildung in Deutschland 2014. Ein indikatorgestützter

Bericht mit einer Analyse zur Bildung von Menschen mit Behinderungen, W.

Bertelsmann Verlag, Bielefeld. Online unter:

http://www.bildungsbericht.de/daten2014/bb_2014.pdf [15.09.2015].

Literatur- und Quellenverzeichnis

VIII

Häußermann, Hartmut (1997): Stadt und Fremdheit. In: Institut für Landes- und

Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.):

Zusammenleben im Stadtteil, ILS-118, Dortmund, S.38-43.

Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2000): Soziologie des Wohnens. Eine Einführung in

Wandel und Ausdifferenzierung des Wohnens. 2. Aufl., Juventa Verlag,

Weinheim/München.

Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2001): Soziale Integration und ethnische Schichtung -

Zusammenhänge zwischen räumlicher und sozialer Integration. Online unter:

http://archiv.schader-stiftung.de/docs/haeussermann_siebel_gutachten.pdf

[15.09.2015].

Häußermann, Hartmut (26.05.2002): Die Krise der „sozialen Stadt“. In: Bundeszentrale für

politische Bildung (Hrsg.): APuZ. Online unter: http://www.bpb.de/apuz/25698/die-

krise-der-sozialen-stadt?p=all [15.09.2015].

Häußermann, Hartmut/Kronauer, Martin/Siebel, Walter (2004): Stadt am Rand: Armut und

Ausgrenzung. In: Häußermann, Hartmut/Kronauer, Martin/Siebel, Walter (Hrsg.):

An den Rändern der Städte, Suhrkamp, Frankfurt Main, S.7-42.

Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2004): Stadtsoziologie. Eine Einführung, Campus

Verlag, Frankfurt Main/New York.

Häußermann, Hartmut (2006): Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf. Die soziale

Stadt. In: Selle, Klaus (Hrsg.): Praxis der Stadt- und Regionalentwicklung.

Analysen, 285-301.

Häußermann, Hartmut (2006a): Stadt – Land. In: Lessenich, Stephan/Nullmeier, Frank

(Hrsg.): Deutschland – eine gespaltene Gesellschaft, Frankfurt Main, S.256-272.

Hartmann, Jürgen/Meyer, Bernd (2005): Einführung in die politischen Theorien der

Gegenwart, VS Verlag, Wiesbaden.

Hartmann, Martin/Offe, Claus (2011): Politische Theorie und politische Philosophie, Verlag

C.H. Beck, München.

Haus, Michael (2002): Theoretische Überlegungen zum Verhältnis von Bürgergesellschaft

und lokaler Politik – zwischen deliberativer Demokratie und kommunitärer

Solidarität. In: Haus, Michael (Hrsg.): Bürgergesellschaft, soziales Kapital und

lokale Politik. Theoretische Analysen und empirische Befunde, leske+budrich,

Opladen, S.76-101.

Literatur- und Quellenverzeichnis

IX

Haus, Michael (2003): Kommunitarismus. Einführung und Analyse, Westdeutscher Verlag,

Wiesbaden.

Haus, Michael/Kuhlmann, Sabine (2013): Lokale Politik und Verwaltung im Zeichen der

Krise, VS Verlag, Wiesbaden.

Heinelt, Hubert/Wollmann, Hellmut (1991): Lokale Politikforschung in den 80er und 90er

Jahren – Vorwort. In: Heinelt, Hubert/Wollmann, Hellmut (Hrsg.): Brennpunkt

Stadt. Stadtpolitik in den 80er und 90er Jahren, Basel/Boston/Berlin, S.7-13.

Heinelt, Hubert (1998): Kommunale Arbeitsmarktpolitik. In: Wollmann, Helmut/Roth,

Roland (Hrsg.): Kommunalpolitik. Politisches Handeln in den Gemeinden,

Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, S.633-644.

Heinelt, Hubert/Mayer, Margit (2001): Lokale Politikforschung in Deutschland –

Entwicklungen und Besonderheiten im internationalen Vergleich. In: Schröter,

Eckhard (Hrsg.): Empirische Policy- und Verwaltungsforschung. Lokale, nationale

und internationale Perspektiven, Westdeutscher Verlag, Opladen, S.63-76.

Heinelt, Hubert/Vetter, Angelika (2008): Einleitung. In: Heinelt, Hubert/Vetter, Angelika

(Hrsg.): Lokale Politikforschung heute, VS Verlag, Wiesbaden, S.7-18.

Henning, Eike (2000): Rezension von Oscar W. Gabriel; Breitschneider, Frank/Vetter,

Angelika (Hrsg.): Politische Kultur und Wahlverhalten in einer Großstadt. In:

Politische Vierteljahresschrift, 41Jg., Nr.1, S.182-183.

Herriger, Norbert (2005): Sozialräumliche Arbeit und Empowerment - Plädoyer für eine

Ressourcenperspektive. In: Deinet, Ulrich/Gilles, Christoph/Knopp, Reinhold

(Hrsg.): Neue Perspektiven in der Sozialraumorientierung. Dimension – Planung –

Gestaltung, Frank und Timme Verlag, Berlin, S.64-77.

Herriger, Norbert (2014): Empowerment in der sozialen Arbeit. Eine Einführung, Verlag W.

Kohlhammer, Stuttgart.

Holtkamp, Lars (2000): Kommunale Haushaltspolitik in NRW – Haushaltslage –

Konsolidierungspotentiale – Sparstrategien, Diss., leske+budrich, Opladen.

Holtkamp, Lars (2010): Politiknetzwerke und Partizipation aus der Governance-Perspektive.

In: Schuster, Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt,

2.Aufl. Deutscher Gemeindeverlag und Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, S.195-

215.

Literatur- und Quellenverzeichnis

X

Holtkamp, Lars (2010a): Zur aktuellen Lage der kommunalen Selbstverwaltung. In:

Schieren, Stefan (Hrsg.): Kommunalpolitik, Wochenschau-Verlag, Schwalbach,

S.80-102, S.85.

Holm, Andrej/Lebuhn, Henrik (2013): Die Stadt politisieren – Fragmentierung, Kohärenz

und soziale Bewegung in der „Sozialen Stadt“. In: Kronauer, Martin/Siebel, Walter

(Hrsg.): Polarisierte Städte. Soziale Ungleichheit als Herausforderung für die

Stadtpolitik, Campus Verlag, Frankfurt Main/New York, S.194-218.

Honneth, Axel (1992): Individualisiserung und Gemeinschaft. In: Zahlmann, Christel

(Hrsg.): Kommunismus in der Diskussion, Rotbuch Verlag, Berlin, S.118-124.

Hradil, Stefan (2005): Ungleichheit in Deutschland, 8. Aufl., VS Verlag, Wiesbaden.

Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik (IfS) (2004): Die Soziale Stadt Ergebnisse der

Zwischenevaluierung, Im Auftrag des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung

des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.), Berlin.

Online unter:

http://www.bbr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BMVBS/Sonderveroeffent

lichungen/2005undaelter/DL_ErgebnisseZwischenevaluierung.pdf;jsessionid=521D

372CB51944E24DB9671F80944080.live2053?__blob=publication-File&v=3

[21.08.2015].

Involve UK (29.05.2013): Bürgerpanel. In: Beteiligungskompass.org. Online unter:

http://www.beteiligungskompass.org/article/show/131 [12.09.2015].

Jondral, Leah/Filzen, Anna (22.06.2012): Freie Auswahl: Ehranger Vereine bieten für jeden

etwas. In: Volksfreund.de. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-

Freie-Auswahl-Ehranger-Vereine-bieten-fuer-jeden-etwas;art754,3198218

[18.09.2015].

Kardorff, Ernst von (1998): Klinische Psychologie und „Deklassierte“. In: Hörmann,

Georg/Körner, Wilhelm (Hrsg.): Klinische Psychologie. Ein kritisches Handbuch,

Verlag Dietmar Klotz, Eschborn, S. S.352-375.

Karrenberg, Hanns/Münstermann, Engelbert (2004): Stadtfinanzen: Rekorddefizite und

Verfall der Investitionen, Der Städtetag 1/2004, Köln.

Klages, Helmut/Vetter, Angelika (2013): Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene, edition

sigma, Berlin.

Literatur- und Quellenverzeichnis

XI

Klöck, Tilo (04.02.2002): Was ist "Empowerment"? In: Stadtteilarbeit.de. Online unter:

http://www.stadtteilarbeit.de/themen-bb/aktivierung-empowerment/220-

empowerment.html [12.09.2015].

Kneist, Sigrid (03.02.2014): Jetzt haben auch die Stadtteilmütter richtige Stellen. In: Der

Tagesspiegel. Online unter: http://www.tagesspiegel.de/berlin/wege-zur-integration-

jetzt-haben-auch-die-stadtteilmuetter-richtige-stellen/9421778.html [15.09.2015].

Kocher, Alice (1988): Trier zwischen Revolution und Reichsgründung. In: Düwell,

Kurt/Irsigler, Franz (Hrsg.): Trier in der Neuzeit, Spee-Verlag, Trier, S.421-436.

Koll-Schretzenmayr, Martina/Ritterhoff, Frank/Siebel, Walter (2005): Wie global ist die

Weltstadthypothese? In: disP-The Planning Review (4/2005), S.50-73, S.62f.

Online unter: http://e-collection.library.ethz.ch/eserv/eth:22383/eth-22383-

39.pdf?pid=eth:22383&dsID=eth-22383-39.pdf#page=49 [19.09.2015].

Kreckler, Martin (o.J.): Das Eisenbahn-Ausbesserungswerk Trier. Eines der letzten

Ausbesserungswerke der Deutschen Bundesbahn. Online unter:

http://www.eisenbahnmuseum-juenkerath.de/html/aw_trier.html [19.09.2015].

Kronauer, Martin (2005): Ausgrenzung und physisch-sozialer Raum. In: Anhorn,

Roland/Bettinger, Frank/Stehr, Johannes (Hrsg.): Sozialer Ausschluss und soziale

Arbeit. Positionsbestimmungen einer kritischen Theorie und Praxis Sozialer Arbeit,

VS-Verlag, Wiesbaden, S. 167-184.

Kronauer, Martin (2010): Die neue soziale Frage: Ausgrenzung in der Großstadt heute. In:

Kneupp, Heiner u.a. (Hrsg.): Armut und Exklusion. Gemeindepsychologische

Analysen und Gegenstrategien, dgvt-Verlag, Tübingen, S.15-26.

Kronauer, Martin/Siebel, Walter (2013): Einleitung: Die Aktualität der Polarisierungsthese.

In: Kronauer, Martin/Siebel, Walter (Hrsg.): Polarisierte Städte. Soziale

Ungleichheit als Herausforderung für die Stadtpolitik, Campus Verlag, Frankfurt

Main/New York, S.9-26.

Krummacher, Michael/Kulbach, Roderich/Walz, Viktoria/Wohlfahrt, Norbert (2013):

Soziale Stadt - Sozialraumorientierung –Quartiersmanagement. Herausforderungen

für Politik, Raumplanung und Soziale Arbeit, leske+budrich, Opladen.

Kost, Andreas (2005): Direkte Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Eine

Einführung. In: Kost, Andreas (Hrsg.): Direkte Demokratie in der Bundesrepublik

Deutschland. Eine Einführung, VS Verlag, Wiesbaden, S. 7-13

Literatur- und Quellenverzeichnis

XII

Kost, Andreas (2006): Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Deutschland. In:

Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): APuZ. 56. Jahrgang, Heft 10. S. 25-

31.

Kost, Andreas (2008): Direkte Demokratie, VS Verlag, Wiesbaden.

Kumpf, Ute (2011): Mehr direkte Demokratie wagen! In: Beck, Kurt/Ziekow, Jan (Hrsg.):

Mehr Bürgerbeteiligung wagen. Wege zur Vitalisierung der Demokratie, VS

Verlag, Wiesbaden, S.15-20.

Kux, Wilhelm (1980): Effektivierungsmöglichkeiten politischer Partizipation durch

Dezentralisierung von Entscheidungsstrukturen. In: Nelles, Wilfried/Oppermann,

Reinhard (Hrsg.): Partizipation und Politik, Verlag Otto Schwartz und Co,

Göttingen, S.113-150.

Lenz, Albert (2011): Die Empowermentperspektive in der psychosozialen Praxis. In: Lenz,

Albert (Hrsg.): Empowerment – Handbuch für ressourcenorientierte Praxis, dgvt-

Verlag, Tübingen, S.13-38.

Ladwig, Bernd (2013): Moderne politische Theorie, Wochenschau-Verlag, Schwalbach.

Lamping, Wolfram/Schridde, Henning (2002): Umweltpolitische Steuerung in der

Neuorientierung – Agenda 21 als Herausforderung für lokale Politik. In: Heinelt,

Hubert/Mühlich, Eberhardt (Hrsg.): Lokale „Agenda 21“ Prozesse, leske+budrich,

Opladen, S.80-100.

Linden, Markus (2013): Die politische Repräsentation schwacher Interessen. In: Diez,

Alexander; Gillich, Stefan (Hrsg.): Barmherzigkeit drängt auf Gerechtigkeit.

Anwaltschaft, Parteilichkeit und Lobbyarbeit als Herausforderung für Soziale

Arbeit und Verbände, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig, S.89-108.

Linden, Markus/Thaa, Winfried (2014): Einleitung. In: Linden, Markus/Thaa Winfried

(Hrsg.): Ungleichheit und Repräsentation, Nomos Verlag, Baden-Baden, S.9-24.

Lorig, Wolfgang/Henn, Stefan/Regolot, Sascha (o.J.): Westtrasse Trier – Gute

Bürgerbeteiligung in westlichen Stadtteilen? Online unter: https://www.uni-

trier.de/fileadmin/fb3/POL/Mitarbeiter/Lorig__Wolfgang/TSKR/Westtrasse_Trier.p

df [18.09.2015].

Lüttringhaus, Maria (2000): Empowerment und Stadtteilarbeit. In: Miller, Tilly/Pankofer,

Sabine (Hrsg.): Empwerment konkret. Handlungsentwürfe und Reflexionen aus der

psychosozialen Praxis, Lucius und Lucius Verlag, Stuttgart, S.79-98.

Lüttringhaus, Maria (2000): Stadtentwicklung und Partizipation, A&B Druck, Bonn.

Literatur- und Quellenverzeichnis

XIII

Mailton, Alexander/Madison, James/Jay, John (1787/1788): The Federalist Papers. A

Collection of Essays, New York.

Marschall, Stefan (2007): Das politische System Deutschlands, UVK Verlagsgesellschaft,

Konstanz.

Mayer, Horst O. (2013): Interview und schriftliche Befragung – Grundlagen und Methoden

empirischer Sozialforschung, 6. Aufl., Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München.

Mayntz, Renate (1997): Soziale Dynamik und politische Steuerung: theoretische und

methodologische Überlegungen, Campus Verlag, Frankfurt Main.

Meier, Bernd (2000): Kommunitarismus – Politische Idee, Programmatik und empirische

Befunde, Deutscher Instituts-Verlag, Köln.

Meuser, Michael/Nagel, Ulrike (1997): Das Experteninterview – Wissenssoziologische

Voraussetzungen und methodische Durchführung. In: Friebertshäuser, Barbara

(Hrsg.): Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der

Erziehungswissenschaft, Juventa-Verlag, Weinheim/München, S.481-491.

Meyer, Thomas (1999): Sozialdemokratie und Kommunitarismus. Impulse für die politische

Erneuerung. In: Alemann, Ulrich von/Heinz, Rolf G./Wehrhöfer, Ulrich (Hrsg.):

Bürgergesellschaft und Gemeinwohl, leske+budrich, Opladen, S.60-73.

Monz, Heinz (1969): Die Stadtratswahl vom 8. Juni 1969 und die Bundestagswahl vom 28.

September 1969 in der Stadt Trier, Statistisches Amt der Stadt, Trier.

Morgen, Roland (05.05.2009): Trier-West/Pallien: Der Verkehr fällt aus dem Rahmen. In:

Volksfreund.de. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-

Trier-West-Pallien-Der-Verkehr-f-228-llt-aus-dem-Rahmen;art754,2066146

[19.08.2015].

Nanz, Patrizia/Fritsche, Miriam (2012): Handbuch Bürgerbeteiligung. Verfahren und

Akteure, Chancen und Grenzen. In: Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn.

Neubert, Rainer (02.07.2015): Euren und Zewen begraben herzliche Rivalität - 50 Hektar an

der Westtrasse für ein neues Wohngebiet. In: Volksfreund.de. Online unter:

http://mobil.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-

Euren-und-Zewen-begraben-herzliche-Rivalitaet-50-Hektar-an-der-Westtrasse-fuer-

ein-neues-Wohngebiet;art754,4255868 [18.09.2015].

Literatur- und Quellenverzeichnis

XIV

Neubert, Rainer (05.05.2015): Flüchtlinge ziehen noch 2015 ein: Stadt stellt Pläne für

Nutzung der Jägerkaserne vor – Auch andere Stadtteile sind gefordert. In:

Volksfreund.de. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-

Fluechtlinge-ziehen-noch-2015-ein-Stadt-stellt-Plaene-fuer-Nutzung-der-

Jaegerkaserne-vor-Auch-andere-Stadtteile-sind-gefordert;art754,4204268

[19.09.2015].

Neubert, Rainer (19.12.2014): Trier macht gegen Rechts mobil - 300 Menschen protestieren

gegen NPD-Kundgebung. In: Volksfreund.de. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-

Trier-macht-gegen-Rechts-mobil-300-Menschen-protestieren-gegen-NPD-

Kundgebung;art754,4086915 [19.09.2015].

Otto, Jeannette (06.08.2009): Die Elternschule. In: Zeit Online. Online unter:

http://www.zeit.de/2009/33/C-Elternseminar/komplettansicht [15.09.2015].

Pähle, Katja (2008): Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene. Eine Herausforderung für

die Legitimation lokaler Mandatsträger? In: Heinelt, Hubert/Vetter, Angelika

(Hrsg.): Lokale Politikforschung heute, VS Verlag, Wiesbaden, S.249-269.

Palais e.V. (o.J.): Quartiersmanagement. Online unter: http://www.palais-ev.de/unsere-

angebote/quartiersmanagement/ [18.09.2015].

Pankofer, Sabine (2000): Empowerment. Eine Einführung. In: Miller, Tilly/Pankofer, Sabine

(Hrsg.): Empowerment konkret. Handlungsentwürfe und Reflexionen aus der

psychosozialen Praxis, Lucius und Lucius Verlagsgesellschaft, Stuttgart, S.7-22.

Pitkin, Hanna (1967): The Concept of Representation, University of California Press,

Berkeley/Los Angeles.

Pitkin, Hanna (2004): Representation and Democracy: Uneasy Alliance. In: Scandinavian

Political Studies 27 (3), S.335-342.

Plein, Josef (2010): Chronik. Online unter: http://www.pg-euren.de/de/helena/chronik

[19.09.2015].

Préteceille, Edmond (2013): Die Europäische Stadt in Gefahr. In: Kronauer, Martin/Siebel,

Walter (Hrsg.): Polarisierte Städte. Soziale Ungleichheit als Herausforderung für

die Stadtpolitik, Campus Verlag, Frankfurt Main/New York, S.37-50.

Pundt, Marianne (1996): Erzbischof und Stadtgemeinde vom Ende des Investiturstreites bis

zum Amtsantritt Baldiuns. In: Anton, Hans Hubert/Haverkamp, Alfred (Hrsg.):

2000 Jahre Trier. Trier im Mittelalter, Bd. 2, Spee-Verlag, Trier, S.239-294.

Literatur- und Quellenverzeichnis

XV

Quartiersmanagement Trier-West (Hrsg.): Überbrücken, Ausgabe 10/2014.

Quindel, Ralf (2010): Empowerment in der Erziehungsberatung mit Eltern aus

bildungsfernen Milieus. In: Keupp, Heiner u.a. (Hrsg.): Armut und Exklusion.

Gemeindepsychologische Analysen und Gegenstrategien, dgvt-Verlag, Tübingen,

S.109-118.

Radtke, Günter (1976): Teilnahme an der Politik. Bestimmungsgründe der Bereitschaft zur

politischen Partizipation. Ein empirischer Beitrag, Heggen Verlag, Leverkusen.

Rawls, John (1975): Ein Theorie der Gerechtigkeit, Suhrkamp, Frankfurt Main.

Reck, Hans-Herrmann (1988): Bautätigkeit und Stadterweiterung in der Kaiserzeit. In:

Düwell, Kurt/Irsigler, Franz (Hrsg.): Trier in der Neuzeit, Spee-Verlag, Trier,

S.467-494.

Reese-Schäfer, Walter (1999): Die praktische Bedeutung des kommunitaristischen Denkens

in Deutschland. Ein Überblick. In: Gegenwartskunde. Zeitschrift für Gesellschaft,

Wirtschaft, Politik und Bildung, Nr. 3/1999, S.297-310.

Reese-Schäfer, Walter (2001): Communitarism: Political Theory. In: International

Ecyclopedia of the Social & Behavioral Sciences, Elsevier, Amsterdam, S.2334-

2336.

Renner, Mechthild (2007): Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an der

Stadtentwicklung. Ein Überblick mit Beispielen aus Projekten. In: Bundesamt für

Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.): Bürgermitwirkung in

Stadtentwicklungsprozessen, Heft 1, S.1-15.

Reuter, Thomas Peter (o.J.): Euren. Online unter: http://www.euren.de/euren/euren.htm

[19.09.2015].

Rosanvallon, Pierre (2013): Die Gesellschaft der Gleichen, HIS-Verlags-Gesell., Hamburg. Rousseau, Jean-Jacque (2001): Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts.

Herausgegeben von Brockard, Hans, Reclam Verlag, Ditzingen.

Schäfers, Bernhard (2000): Historische Entwicklung der Sozialstruktur in Städten. In: Harth,

Annette/Scheller, Gitta/Tessin, Wulf (Hrsg.): Stadt und soziale Ungleichheit, VS

Verlag, Wiesbaden, S.64–78.

Schäfers, Bernhard (2010): Stadtsoziologie – Stadtentwicklung und Theorien – Grund-lagen

und Praxisfelder, VS VErlag, Wiesbaden.

Literatur- und Quellenverzeichnis

XVI

Scheyli, Martin (2000): Politische Öffentlichkeit und deliberative Demokratie nach

Habermas. Institutionelle Gestaltung durch direktdemokratische

Beteiligungsformen?, Nomos Verlag, Baden-Baden.

Schieren, Stefan (2010): Einleitung. In: Schieren, Stefan (Hrsg.): Kommunalpolitik,

Wochenschau-Verlag, Schwalbach, S.5-8.

Schmidt, Manfred Gustav (2010): Demokratietheorien. Eine Einführung, VS Verlag, Bonn.

Schuhn, Werner (1989): Ehrang. Landschaft, Geschichte, Gegenwart, Band 1, Verlag:

Vereinigung Ehranger Heimat, Trier.

Schuster, Wolfgang (2010): Kommunalpolitik in Zeiten der Globalisierung. In: Schuster,

Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt, 2.Aufl., Deutscher

Gemeindeverlag, Stuttgart, S.1-21.

Selle, Klaus (2013): Über Bürgerbeteiligung hinaus: Stadtentwicklung als

Gemeinschaftsaufgabe? – Analysen und Konzepte, Rohn Verlag, Detmold.

Senghaas, Dieter (2003): Politik mit wachen Sinnen! Eine Erinnerung an Karl W. Deutsch

(1912-1992). In: WZB-Vorlesungen 4, Berlin, S.11-25.

Sennet, Richard (1983): Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der

Intimität, BvT, Berlin.

Sennett, Richard (1998): Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berlin-

Verlag, Berlin.

Siebel, Walter (1998): Urbanität. In: Häußermann, Hartmut (Hrsg.): Großstadt.

Soziologische Stichworte, leske+budrich, Opladen, S.262-269.

Simmel, Georg (1903): Die Grossstädte und das Geistesleben. In: Rammstedt, Otthein

(Hrsg.)(1995): Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908, Suhrkamp, Frankfurt Main,

S. 116-131.

Stadt Trier (o.J.): Abstimmungen und Wahlen. Online unter: http://www.trier.de/Rathaus-

Buerger-in/Wahlen/ [14.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Bolzplätze in Ehrang/Quint. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Ehrang-Quint/broker.jsp?uCon=66170db6-f644-6e31-bba5-

7ac63d761716&uBasVariant=11111111-1111-1111-1111-111111111111

[18.09.2015].

Literatur- und Quellenverzeichnis

XVII

Stadt Trier (o.J.): Bolzplätze in Pfalzel. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Pfalzel/broker.jsp?uCon=d0170db6-f644-6e31-bba5-

7ac63d761716&uBasVariant=11111111-1111-1111-1111-111111111111

[18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Ehrang/Quint. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Ehrang-Quint/ [18.09.2015].

Stadt Trier (2014): Endergebnis Ortsvorsteherwahl Ehrang-Quint 2014. Online unter:

http://www.stadtbibliothek-

walderdorff.de/systemstatic/Wahlen/kw2014/OV33Zewen2014.html [18.09.2015].

Stadt Trier (2014): Endergebnis Ortsvorsteherwahl Zewen 2014. Online unter:

http://www.trier.de/Leben-in-Trier/Ortsbezirke/Ehrang-

Quint/binarywriterservlet?imgUid=d0b60252-2ac8-c641-5440-

3ab40a348b02&uBasVariant=11111111-1111-1111-1111-111111111111

[18.09.2015].

Stadt Trier (2014): Ergebnis der Ortsvorsteherwahl in Biewer 2014. Online unter:

http://www.trier.de/systemstatic/Wahlen/kw2014/OV23Biewer2014.html

[18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Euren. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/broker.jsp?uMen=a5d70644-b3c8-6e31-ac03-00753d761716

[18.09.2015].

Stadt Trier (22.05.2015.): Gemeinsame Erklärung der DB AG und der Stadt Trier zur

Westtrasse. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Zewen/broker.jsp?uMen=f9a30087-3ef9-c041-e4fe-

cad1a348b027&uCon=3f320951-92da-7d41-210c-

9bc4a348b027&uTem=63f7089a-29fc-6c31-e777-d8b132ead2aa [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Geschichte von Ehrang/Quint. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Ehrang-Quint/broker.jsp?uMen=c5d70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Geschichte von Biewer. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Biewer/broker.jsp?uMen=46d70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Geschichte von Pfalzel. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Pfalzel/broker.jsp?uMen=50d70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Literatur- und Quellenverzeichnis

XVIII

Stadt Trier (o.J.): Geschichte von Zewen. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Zewen/broker.jsp?uMen=bdc70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Grundschule am Biewerbach. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Biewer/broker.jsp?uMen=a1020ff3-7dfb-5f31-9db8-

99d6a348b027 [18.09.2015].

Stadt Trier (14.07.2015.): Kasernenturnhalle und Flughafenzelt. Online unter:

http://www.trier.de/Leben-in-Trier/Ortsbezirke/broker.jsp?uMen=42770087-3ef9-

c041-e4fe-cad1a348b027&uCon=cce60d68-ce5c-8e41-210c-

9bc4a348b027&uTem=63f7089a-29fc-6c31-e777-d8b132ead2aa [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Leben in Biewer. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Biewer/broker.jsp?uMen=f164e76d-f7ed-041e-4fec-

ad1a348b027a [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Leben in Ehrang/Quint. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Ehrang-Quint/broker.jsp?uMen=5036e76d-f7ed-041e-4fec-

ad1a348b027a [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Leben in Pfalzel. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Pfalzel/broker.jsp?uMen=d973009b-e0c2-f041-e4fe-

cad1a348b027 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Leben in Euren. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/broker.jsp?uMen=f7e7035e-a94f-d041-e4fe-cad1a348b027

[18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Leben in Trier-West/Pallien. Online unter:

http://www.trier.de/icc/c/Leben-in-Trier/Ortsbezirke/Trier-West-

Pallien/broker.jsp?uMen=4fa509be-0c2f-041e-4fec-ad1a348b027a [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Löschzug Pfalzel. Online unter: http://feuerwehr.trier.de/icc/c/Freiwillige-

Feuerwehr/LZ-Pfalzel/ [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Mobile Jugendeinrichtung Blue. Online unter: http://www.trier.de/Leben-

in-Trier/Ortsbezirke/Ehrang-Quint/broker.jsp?uMen=3c87064a-0b7a-9f31-4578-

93210a348b02 [18.09.2015].

Stadt Trier (11.03.2015): Neue Kita im Eurener Gewerbegebiet ab August. Online unter:

http://www.trier.de/Leben-in-Trier/Ortsbezirke/broker.jsp?uMen=42770087-3ef9-

c041-e4fe-cad1a348b027&uCon=fb610e67-9698-0c41-176f-

7874a348b027&uTem=63f7089a-29fc-6c31-e777-d8b132ead2aa [18.09.2015].

Literatur- und Quellenverzeichnis

XIX

Stadt Trier (05.05.2015): OB: "Ganz konkret helfen". Online unter:

http://www.trier.de/broker.jsp?uMen=dbd309d6-0de6-ad31-c0fb-

Stadt Trier (o.J.): Spielplätze in Ehrang/Quint. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Ehrang-Quint/broker.jsp?uCon=fb270db6-f644-6e31-bba5-

7ac63d761716&uBasVariant=11111111-1111-1111-1111-111111111111

[18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Statistik Biewer. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Biewer/broker.jsp?uMen=76d70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Statistik Ehrang/Quint. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Ehrang-Quint/broker.jsp?uMen=06d70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Statistik Euren. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Euren/broker.jsp?uMen=85d70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Statistik Pfalzel. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Pfalzel/broker.jsp?uMen=b0d70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Statistik Trier-West/Pallien. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Zewen/broker.jsp?uMen=1ec70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Statistik Zewen. Online unter: http://www.trier.de/icc/c/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Trier-West-Pallien/broker.jsp?uMen=7ec70644-b3c8-6e31-ac03-

00753d761716 [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Trier-West/Pallien. Online unter: http://www.trier.de/Leben-in-

Trier/Ortsbezirke/Trier-West-Pallien/ [19.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Vereine Biewer. Online unter: http://www.trier.de/Kultur-

Freizeit/Vereine/broker.jsp?iMaxLevelMen=max&uMen=92e70644-b3c8-6e31-

ac03-00753d761716&uTem=09239d60-de6a-d31c-0fb4-

7a2032ead2aa&uCon=123&class=net.icteam.cms.utils.search.IndexManager;curren

tsize=1;pagesize=10&class_cms1=branchenbuch&class_text=biewer [18.09.2015].

Literatur- und Quellenverzeichnis

XX

Stadt Trier (o.J.): Vereine Euren. Online unter: http://www.trier.de/Kultur-

Freizeit/Vereine/broker.jsp?iMaxLevelMen=max&uMen=92e70644-b3c8-6e31-

ac03-00753d761716&uTem=09239d60-de6a-d31c-0fb4-

7a2032ead2aa&uCon=123&class=net.icteam.cms.utils.search.IndexManager;curren

tsize=1;pagesize=10&class_cms1=branchenbuch&class_text=euren [18.09.2015].

Stadt Trier (o.J.): Vereine Zewen. Online unter: http://www.trier.de/Kultur-

Freizeit/Vereine/broker.jsp?iMaxLevelMen=max&uMen=92e70644-b3c8-6e31-

ac03-00753d761716&uTem=09239d60-de6a-d31c-0fb4-

7a2032ead2aa&uCon=123&class=net.icteam.cms.utils.search.IndexManager;curren

tsize=1;pagesize=10&class_cms1=branchenbuch&class_text=zewen [18.09.2015].

Stark, Wolfgang (1996): Empowerment. Neue Handlungskompetenzen in der psychosozialen Praxis, Lambertus-Verlag, Freiburg.

Steinbrecher, Markus (2009): Politische Partizipation in Deutschland, Nomos Verlag,

Baden-Baden.

Stolzenberg, Regina/Berg, Giselind/Maschewsky-Schneider, Ulrike (2012): Wie gelingt

Empowerment? Ergebnisse der Evaluation des Projekts Stadtteilmütter in Berlin-

Kreuzberg. Online unter:

http://www.fruehehilfen.de/fileadmin/user_upload/fruehehilfen.de/downloads/Vortr

ag_Stolzenberg_KongressAG2012.pdf [15.09.2015].

SWR – Landesschau Rheinland-Pfalz Aktuell (20.5.2014): Ärger wegen Schimmel in Trier. Städtische Wohnungen in der Kritik. Online unter: http://www.swr.de/landesschau-aktuell/rp/trier/aerger-wegen-schimmel-in-trier-staedtische-wohnungen-in-der-kritik/-/id=1672/did=13420172/nid=1672/2a29fj/index.html [14.08.2015]

Szarek, Danuta (20.08.2013): Bis zum Hals in Schulden: So pumpen sich die Kommunen mit Giftkrediten voll. In: Focus-Online. Online unter: http://www.focus.de/finanzen/steuern/tid-33025/staedte-und-gemeinden-in-dramatischen-finanznoeten-bis-zum-hals-im-schuldensumpf-so-pumpen-sich-die-kommunen-mit-gift-krediten-voll_aid_1075847.html [13.08.2015].

Tempel, Günter (2006): Die Auswirkungen sozialer Polarisierung. Zur Entwicklung der

Lebenserwartung und Sterblichkeit in ausgewählten Bremer Wohngebieten. In:

Gesundheitsamt Bremen (Hrsg.): Gesundheit und Umwelt. Kommunale

Gesundheitsberichterstattung. Online unter:

https://ssl.bremen.de/gesundheitsamt/sixcms/media.php/13/3_nb_GBE_Die+Auswi

rkungen+sozialer+Polarisierung.pdf [15.09.2015].

Thaa, Winfried/Linden, Markus (2011): Armut im demokratischen Wohlfahrtsstaat. In: Uerlings, Herbert/Trauth, Nina/Clemens, Lukas (Hrsg.): Armut. Perspektiven in Kunst und Gesellschaft, Primus-Verlag, Darmstadt, S.140-149.

Literatur- und Quellenverzeichnis

XXI

Thielen, Eric (06.05.2014): Geheiligt werde die Planung. In: Trier-Reporter.de. Online

unter: http://www.trier-reporter.de/geheiligt-werde-die-planung/ [19.09.2015].

Thielen, Eric (29.07.2014): Stadtumfahrung – “Giftgrüne Politik” – “Totales Desaster”. In:

Trier-Reporter.de. Online unter: http://www.trier-reporter.de/stadtumfahrung-

giftgruene-politik-totales-desaster/ [10.08.2015].

Thimm, Katja (18.07.2005): Abends in die Elternschule. In: Der Spiegel. Online unter:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41106209.html [15.09.2015].

Tönnies, Ferdinand (1931): Gemeinschaft und Gesellschaft. In: Vierkant, Alfred (Hrsg.): Wörterbuch der Soziologie, Enke Verlag, Stuttgart, S.163-207.

Trier Reporter (28.04.2015): Werner fordert Lärmschutz an Westtrasse. In: Trier-

Reporter.de. Online unter: http://www.trier-reporter.de/werner-fordert-laermschutz-

an-westtrasse/ [10.08.2015].

Trier-West (o.J.): Stadtteilmanagement. Online unter: http://www.trier-west.de/soziale-

stadt/soziale-stadt-trier-west/stadtteil-management/ [19.09.2015].

Trier-West (o.J.): Vereine. Online unter: http://www.trier-

west.de/stadtteilf%C3%BChrer/vereine/ [19.09.2015].

Vehrkamp, Robert (2015): Politische Ungleichheit. Neue Schätzungen zeigen die soziale Spaltung der Wahlbeteiligung. Im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung: Einwurf. Zukunft der Demokratie, (2/2015), Gütersloh. Online unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/einwurf-22015/ [08.09.2015].

Vetter, Angelika (2010): Kommunale Reformen und die Einstellungen der Bürger zur

Demokratie. In: Schuster, Wolfgang/Murawski, Klaus-Peter (Hrsg.): Die regierbare Stadt, Kohlhammer Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart, S.248-264.

Vogel, Hans-Josef (1998): Die Aktivierung der Bürger für ihre ureigenen Belange und die

notwendige Erneuerung von Politik und Verwaltung. Online unter:

http://www.arnsberg.de/buergermeister/veroeffentlichungen/vorigejahre/buergerakti

vierung.pdf [15.09.2015].

Vogel, Hans-Josef (2000): Die bürgerorientierte Kommune: Neue Wege der Demokratie. In:

Töpfer, Armin (Hrsg.): Die erfolgreiche Steuerung öffentlicher Verwaltungen. Von

der Reform zur kontinuierlichen Verbesserung, Verlag Dr. Th. Gabler GmbH,

Wiesbaden, S.137-153.

Literatur- und Quellenverzeichnis

XXII

Vogelgesang, Waldemar u.a. (o.J.): Leben in den westlichen Stadtteilen. Online unter:

http://www.waldemar-vogelgesang.de/pdf/LiwStadt052010.pdf [18.09.2015].

Volksfreund.de (o.J.): Extrem niedrige Wahlbeteiligung in Trier. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/wahlen/kommunalwahlen/trier/Trier-

wahlen-politik-wahlst-Regionalticker-Extrem-niedrige-Wahlbeteiligung-in-

Trier;art490857,3903110 [14.09.2015].

Volksfreund.de (02.02.2009): „Trier ist die ärmste Stadt im Land“. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/region/Region-Trier-ist-die-aermste-

Stadt-im-Land;art1129,1967384 [14.09.2015].

Volksfreund.de (16.10.2009): Schlaglöscher und Staus im Fokus. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-

Schlagloecher-und-Staus-im-Fokus;art754,2232786 [14.09.2915].

Volksfreund.de (27.04.2010): Trierer Baudezernentin schlägt Alarm: Schimmel und andere

Mängel in kommunalen Wohnungen. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/region/Region-Trierer-

Baudezernentin-schlaegt-Alarm-Schimmel-und-andere-Maengel-in-kommunalen-

Wohnungen;art1129,2426785 [14.08.2015].

Volksfreund.de (16.07.2014): Ratsmitglieder im Westen kämpfen an vielen Fronten. In:

Volksfreund.de. Online unter:

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-

Ratsmitglieder-im-Westen-kaempfen-an-vielen-Fronten;art754,3939814

[19.09.2015].

von Saldern, Adelheid (2000): Soziale Ungleichheit in historischer Perspektive. In: Harth,

Annette/Scheller, Gitta/Tessin, Wulf (Hrsg.): Stadt und soziale Ungleichheit, VS

Verlag, Wiesbaden, S.79-102.

Walzer, Michael (1988): Socializing the Welfare State. In: Gutmann, Amy (Hrsg.):

Democracy and the Welfare State, Princeton University Press, Princeton, S.13-26.

Walzer, Michael (1992): Sphären der Gerechtigkeit. Ein Plädoyer für Pluralismus und

Gleichheit, Campus Verlag, Frankfurt Main.

Walzer, Michael (1996): Zivile Gesellschaft und amerikanische Demokratie. Aus dem

Amerikanischen von Christine Goldmann, Suhrkamp, Frankfurt Main.

Werner, Stefan (2012): Steuerung von Kooperation in der integrierten und sozialen

Stadtentwicklung - Machtverhältnisse und Beteiligung im Prozessraum, Springer-

Verlag, Wiesbaden.

Literatur- und Quellenverzeichnis

XXIII

Windolf, Paul (Hrsg.) (2005): Finanzmarkt-Kapitalismus. Analysen zum Wandel von

Produktionsregimen, Wiesbaden (Kölner Zeitschrift für Soziologie und

Sozialpsychologie, Sonderheft 45).

Wirth, Louis (1938): Urbanism As A Way of Life. In: American Journal of Sociology, Heft

44, Nr.1 (Jul.1938), S. 1-24.

Wirth, Alois (1974): Urbanität als Lebensform. In: Herlyn, Ulfert (Hrsg.): Stadt- und

Sozialstruktur, Nymphenburger Verlag, München, S.42-66.

Wollmann, Hellmut (2006): Kommunale Selbstverwaltung und direkte Demokratie in der

Bundesrepublik Deutschland. Ein Überblick. In: Hatzfeld, Ullrich/Pesch, Franz

(Hrsg.): Stadt und Bürger, Rohn Verlag, Darmstadt, S.107-111.

.

Abbildungsverzeichnis

XXIV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1: Eight Rungs on a Ladder of Citizen Participation. ........ S.Fehler! Textmarke

nicht definiert.34

Abbildung 4.1: Der Leifaden der Experteninterviews ........................................................ S.60

Abbildung 5.1: Stadtteil Ehrang-Quint ............................................................................... S.65

Abbildung 5.2: Stadtteil Biewer .......................................................................................... S.67

Abbildung 5.3: Stadtteil Trier-West/Pallien ........................................................................ S.69

Abbildung 5.4: Stadtteil Pfalzel .......................................................................................... S.74

Abbildung 5.5: Stadtteil Euren ............................................................................................ S.75

Abbildung 5.6: Zewen ......................................................................................................... S.77

Abbildung 5.7: Eigene Darstellung der Wahlbeteiligung an Kommunalwahlen in Trier nach

Zahlen des Bürgeramts der Stadt Trier .......................................................... S.84

Abbildung 5.8: Eigene Darstellung der Arbeitslosenquote in den westlichen Stadtteilen nach

Zahlen des Amts für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier. ........... S.86

Abbildung 5.9: Eigene Darstellung des Anteils der Sozialgeldempfänger an der Bevölkerung

nach Zahlen des Amts für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier ... S.87

Abbildung 5.10: Eigene Darstellung der Bevölkerungsentwicklung in den westlichen

Stadtteilen nach Daten des Amtes für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt

Trier ............................................................................................................... S.90

Abbildung 5.11: Eigene Darstellung der ausländischen Bevölkerungsentwicklung in den

westlichen Stadtteilen nach Daten des Amtes für Statistik und

Stadtentwicklung der Stadt Trier ................................................................... S.91

Abbildung 5.12: Eigene Darstellung der Übergänge auf Gymnasien nach Zahlen von

"Lernen vor Ort" Trier ................................................................................... S.92

Abbildungsverzeichnis

XXV

Abbildung 6.1: Mietpreise für Wohnungen in den verschiedenen Stadtteilen von Trier

(Stand: September 2015) ............................................................................... S.96

Anhang

XXVI

Anhang

I. Die Experteninterviews

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 1

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

Zewen:

- In Zewen gibt es eine hohe Anzahl von Vereinen (an die 20 Vereine) in denen sich

viele Bürger im Stadtteil engagieren.

Trier-West:

- „In Trier-West sind bestimmte Brennpunkte“ in denen die politische Beteiligung,

wie die Teilnahme an Wahlen besonders niedrig ist.

- Ortsvorsteher Erasmy versucht die politische Beteiligung zu fördern. Eine

Verbesserung kann allerdings nicht von heute auf morgen geschehen.

- Dort gibt es eine eher heterogene Bürgerschaft und daher auch eine sehr

unterschiedliche Beteiligung.

Ehrang:

- Durch das langgezogene Stadtteilgebiet gibt es viele Probleme und eine geringe

politische Beteiligung.

Euren:

- Ortsvorsteher Schmitz fördert die politische Beteiligung

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

Zewen:

- Das politische Interesse der Bürger ist bei direkter Betroffenheit stark. So zum

Beispiel beim Thema des Flächennutzungsplans. Hierzu wurde eine eigene Sitzung

des Ortsbeirats abgehalten, die von sehr vielen Bürger besucht wurde.

- Wahlbeteiligung im Mittelfeld aller Stadtteile (circa 46%)

Trier-West/Pallien:

Anhang

XXVII

- Trier-West/Pallien ist ein problematischer Stadtteil. Hier ist die Beteiligung

niedriger als in anderen Stadtteilen.

Allgemein:

- Insgesamt ist die Beteiligung von Stadtteil zu Stadtteil verschieden groß.

- Es ist ein Problem für einen Stadtteil, wenn sich das Siedlungsgebiet entlang einer

Straße auf einem schmalen Raum erstreckt. Dies verringert Gemeinschaftsgefühl

und die Beteiligung der Bewohner.

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Wenn es den Leuten gut geht, ist die Wahlbeteiligung niedrig.

- Die direkte Betroffenheit durch ein Thema hat eine sehr große Wirkung auf die

politische Beteiligung und das politische Interesse der Bürger.

- Auch die politische Bildung spielt eine Rolle. So interessieren und beteiligen sich

Bürger mit einer hohen politischen Kenntnis eher.

- „Die Menschen haben den Wert der Demokratie vergessen, dabei ist es nicht

selbstverständlich, dass wir seit 60 Jahre im Frieden leben.“

- Eine niedrige Beteiligung und ein geringes Interesse sind nicht immer ein Ausdruck

der schlechten Beurteilung der Politiker. So wird die Arbeit von Horst Erasmy in

Trier-West/Pallien von den Anwohner sehr geschätzt.

- „Die Politiker machen doch eh was sie wollen.“ Wenn man nicht zur Wahl geht und

sich nicht engagiert, darf man auch nicht meckern.

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- Den Bürgerhaushalt

- (Haben Sie zu dieser Frage noch Ergänzungen?) Beim Bürgerhaushalt sind die

Leute doch sehr zurückhaltend.

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Empowerment-Maßnahmen, die zu mehr Bürgerbeteiligung führen sollen, sind sehr

schwierig.

Anhang

XXVIII

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch in der Stadtpolitik

vernachlässigt?

- Inwiefern ein Stadtteil gut repräsentiert wird, hängt vor allem von den Stadträten

aus dem Stadtteil ab.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- „Dies ist zwar nicht mehr so stark ausgeprägt, aber die Mosel ist immer noch eine

gedankliche Grenze.“ Durch den ‚Masterplan Trier-West‘, der politisch gefördert

wird, ist ein Fortschritt zu erkennen.

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 2

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

- Pfalzel:

o Starkes Engagement

o Beteiligung durch Bürgervereine (Bsp.: Initiative Pro Pfalzel) Viele Rentner

o Insgesamt sehr gute Beteiligung

- Trier-West:

o Sehr niedrige Beteiligung

o Mobilisierungsversuche der Stadt haben nur geringe Erfolge

- Zewen:

o Auch hier nur schwache Beteiligung

o Bürger aktiv bei der Umgestaltung des Schulhofs

- Euren:

o Mäßige Beteiligung und Aktivität der Bürger

o Bei der Flüchtlingsproblematik werden die Bürger geleitet durch das starke

Engagement des Ortsvorstehers.

Wirkt sich positiv verstärkend auf die Bürger aus.

o Beteiligung ist im Mittelfeld anzuordnen

Anhang

XXIX

- Biewer:

o Die Bürger waren aktiv bei der Stadtteilrahmenplanung.

o Hier kann die geringe Beteiligung ein Ergebnis der Enttäuschung über die

geringe Umsetzung des Bürgergutachtens sein.

- Ehrang:

o Schwer einzuschätzen

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

- Trier-West:

o Es ist sehr schwer das Interesse bei den Bürgern zu wecken.

o Sehr geringes Interesse trotz großer sozialer Unterstützung durch Caritas und

Don Bosco.

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Bürger sehen durch ihr Engagement oder Protest nur einen geringen Nutzen. („Es

passiert eh nichts“)

- Die Bürger haben das Gefühl bedeutungslos zu sein.

- Viele Stadtteile betrachten sich im Vergleich zu anderen Stadtteilen als

vernachlässigt.

Gefühl des „abgehängten Stadtteils“

o In Trier-West ist dieses Denken besonders ausgeprägt und auch begründet. Es

wurde über die Jahre hinweg sehr wenig in Trier-West investiert.

- Die Bürger kennen das Potenzial und die Einflussmöglichkeiten nicht, die sie

entfalten könnten.

- Beteiligungsworkshops sind sehr akademisch.

Beteiligung fällt niedrig Gebildeten / sozial Schwachen schwer (Beteiligung ist

Bildungsabhängig).

- Der Ortsbeirat als erste Repräsentationsstufe hat zu wenige Kompetenzen, als dass

er von den Bürgern als attraktives Instrument wahrgenommen wird.

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

Anhang

XXX

- Konkrete Empowerment-Maßnahmen von Seiten der Stadt sind mir nicht bekannt.

- Empowerment in den Stadtteilen, vor allem durch Partner der Stadt wie zum

Bespiel Don Bosco und Caritas.

- Bürgervereine wurden durch die Stadt im Rahmen der Stadtteilrahmenplanung in

Pfalzel und Ehrang initiiert, was allerdings nur in Pfalzel erfolgreich war.

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Grundsätzlich sind Empowerment-Maßnahmen in allen Stadtteilen wichtig, was

auch in der Stadtpolitik angekommen ist. Dies zeigt sich zum Beispiel dadurch, dass

als Ort für den Bürgerempfang des Obs die Kunstakademie in Trier-West gewählt

wurde.

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Ja, es ist schon abhängig davon, welchen Einfluss Stadtteilvertreter im Rat haben,

z.B. ob sie Mitglied einer großen Fraktion sind und ob sie eine aktive Rolle in der

Fraktionsspielen. Wenn Stadtteile durch mehrere Personen im Rat vertreten sind,

wirkt sich das positiv aus.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element dar, das dazu führt, dass sich die Stadtpolitik

auf die Ostseite konzentriert?

- Ja, Trier ist eine Stadt deren Zentrum nicht am Fluss liegt. In die Entwicklung der

Innenstadt fließen (zumindest in der Wahrnehmung vieler Bürger) mehr

Ressourcen, da davon die Gesamtstadt profitiert.

- Die Trennung der Stadt wird von der Stadt erkannt. Aus diesem Grund ist es ein

Ziel der neuen Brückenplanung, die Stadtteile miteinander zu verbinden.

- Trier-West wäre vermutlich nicht so vernachlässigt worden, wenn der Stadtteil ohne

Trennung durch den Fluss an die Innenstadt angrenzen würde.

- Die Trennung wird auch dadurch aufrechterhalten, dass es keine Aufenthaltsqualität

am Moselufer gibt. Versuche dies zu ändern (Stadt am Fluss) sind bisher an den

finanziellen Ressourcen gescheitert.

Anhang

XXXI

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 3

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

- Dies ist insgesamt schwer zu beurteilen.

- Es gibt scheinbar kaum Unterschiede zwischen der Beteiligung in den

verschiedenen Stadtteilen

- In Biewer: Eher geringe politische Beteiligung

Bsp.: Biewer könnte 11 Mitglieder im Ortsbeirat haben.

Es sind aber nur 7 Mitglieder, da sonst keiner in den Ortsbeirat möchte.

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

- Wie schon bei der ersten Frage gesagt wurde, ist es schwer einzuschätzen.

- Allgemein abnehmendes politisches Interesse in Trier. Früher war das politische

Interesse größer.

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Die Leute denken: „Mir geht es doch gut“. Daher scheint diesen Bürger ein

politisches Engagement oder ein gesteigertes Interesse an Politik nicht erforderlich.

- Es gab einmal ein stärkeres politisches Interesse in der Gesellschaft; „Früher war

man idealistischer.“

- Es müsste mehr Wettbewerb zwischen den Parteien um die Bürger geben. Auf

kommunaler Ebene treten heute zu den Wahlen kaum genug Kandidaten an.

- Trier West: Die Leute haben kein Interesse an Politik.

- Junge Menschen haben heutzutage kein Interesse mehr an Politik.

- Viele Menschen haben resigniert. Wahlen ändern deren Meinung nach nichts an der

Politik.

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- Den Bürgerhaushalt der Stadt Trier

Anhang

XXXII

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- In allen Stadtteilen gleich angebracht.

- Interviewpartner 3 ist skeptisch, ob solche Empowerment-Maßnahmen Erfolg

zeigen. („Fruchtet nicht“)

- „Je größer der Stadtteil, desto mehr Sinn machen Empowerment-Maßnahmen.“

- In den Stadtteilen in denen es vermehrt Probleme gibt, wie zum Beispiel in Trier-

West.

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Ja, so gibt es zum Beispiel aus einigen Stadtteilen weniger Stadtratsmitglieder

(gemessen auf die Einwohnerzahl).

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Kann man so nicht direkt sagen. Die West-Trasse ist ein Gegenbeispiel.

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 4

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

- Trier-West/Pallien:

o Das politische Interesse ist stark unterschiedlich. Man kann dies zum Teil an der

sozialen Schicht festmachen.

o Die Gleichgültigkeit gegenüber allem Politischen bei den Bürger im Stadtteil

nimmt zu.

o Die sozial Schwachen Menschen leben in ihrer eigenen Welt, in der es ihnen

nicht so schlecht geht, dass es ihnen notwendig erscheint, sich selbst politisch zu

organisieren. Zu bemerken ist, dass die Menschen des Quartierbereichs in Trier-

Anhang

XXXIII

West/Pallien dieses Gebiet nicht verlassen wollen. Diese beiden Erscheinungen

hängen zusammen.

o In Trier-West/Pallien leben viele zugezogene Berufspendler, die in Luxemburg

arbeiten und in Trier-West/Pallien wegen der günstigen Wohnkosten leben. Sie

haben jedoch keine Bestrebungen sich im Stadtteil politisch zu beteiligen.

- Euren, Zewen und Pfalzel:

o Hier ist ein größeres Engagement der Bürger in den Vereinen zu finden und

damit auch ein größeres Bewusstsein der Selbstbestimmung.

o Das politische Interesse geht in allen Stadtteilen zurück. Dies ist allerdings ein

gesamtgesellschaftlicher Trend.

o Insbesondere in Pfalzel existiert eine hohe Beteiligung der Menschen, was auch

durch den hohen Organisationsgrad in Vereinen zu erklären ist.

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

- Es gibt einen allgemeinen Trend zu geringerem politischem Interesse.

- Trier-West:

o Die Wahlergebnisse deuten darauf hin, dass die Beteiligung sehr niedrig ist.

o Am Workshop zur Gestaltung der Jägerkaserne gab es eine hohe Beteiligung

seitens der Bürger.

- Die Wahlbeteiligung ist ein guter Indikator für das politische Interesse der

Menschen.

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Den Menschen geht es zu gut, um sich mit Politik zu beschäftigen. Je größer der

Wohlstand der Bevölkerung ist, desto geringer sind politisches Interesse und

politische Beteiligung.

- Viele Menschen sind zu bequem um sich mit Politik zu befassen oder sich politisch

zu engagieren.

- Die Bürger werden größtenteils nur bei direkter Betroffenheit aktiv.

- Trier-West:

o Die sozial Schwachen Menschen leben in ihrer eigenen Welt, in der es ihnen

nicht so schlecht geht, dass sie sich selbst politisch organisieren.

Anhang

XXXIV

o Das geringe politische Interesse ist zusätzlich ein Ergebnis der erlebten

Enttäuschungen der Vergangenheit. So wurden die Menschen 2009 bei der

Gestaltung des Gneisenauberings nach Ideen gefragt. Die Ergebnisse davon

wurden jedoch nie umgesetzt. Folglich fragen sich die Leute, warum sie

politisches Interesse oder Engagement zeigen sollen.

o Trier-West/Pallien wurde sehr lange von der Stadtverwaltung vernachlässigt.

o Nach Trier-West ziehen Menschen, die dort wohnen wollen, um einen kurzen

Arbeitsweg nach Luxemburg und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum zu haben.

Diese Bürger beschäftigen sich jedoch kaum mit dem Stadtteil, seinen

Problemen und den dort lebenden Menschen.

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- Nein.

- Im Stadtteil gibt es Projekte wie den „Runden Tisch“ oder die Beschäftigung von

Anwohnern als Hausmeister. Dies führt zu einer größeren Selbstbestimmung und

Eigenverantwortung, die schließlich auch in politischer Beteiligung münden kann.

Diese Initiativen kamen aus dem Stadtteil.

- „Politische Beteiligung muss wachsen.“

- Empowerment-Maßnahmen sind sehr schwierig mit Erfolg umzusetzen. „Aber

natürlich sollte man das probieren.“

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Die Situation und die Wahlergebnisse weisen darauf hin, dass dies besonders in

Trier-West/Pallien angebracht wäre.

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- „Lange Zeit wurde der Stadtteil vergessen.“

- In der Vergangenheit wurde Trier-West/Pallien im Stadtrat nur sehr schwach

repräsentiert. So war der Stadtteil über viele Jahre nur durch einen oder sogar durch

gar kein Stadtratsmitglied vertreten. Darin kam zum Ausdruck, dass sich die

Anhang

XXXV

Parteien in diesen Jahren nicht für den Stadtteil interessierten und daher Politiker

aus diesem Stadtteil nicht auf aussichtsreiche Listenplätze setzten.

- Dies hat sich geändert. So stammen im aktuellen Stadtrat aus keinem Stadtteil mehr

Stadträte, als aus Trier-West/Pallien.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Die Mosel ist definitiv ein trennendes Element.

- Früher hat der Fluss stärker als heute eine Grenze dargestellt.

- In den Moselufern steckt viel Potenzial für eine gute Entwicklung der Stadt zum

Fluss hin, die auch verbindend wirken würde.

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 5

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen westlichen

Stadtteilen von Trier?

- Trier-West/Pallien:

Die politische Beteiligung lässt sich gut mit dem Verhalten vergleichen, dass die

Menschen aus Trier-West häufig im Kontakt mit dem Jobcenter zeigen:

o Die Menschen in Trier-West stellen so zum Teil keine Anträge, obwohl sie

Anspruch auf Unterstützung haben.

o Bei vielen Problemen, wie der Abstellung des Stroms durch den Stromversorger,

wenden sich einige Bewohner des Stadtteils formlos an das Jobcenter. In einigen

Fällen wird einfach die Benachrichtigung über die Abstellung des Stroms an das

Jobcenter weitergereicht, damit sich dessen Mitarbeiter darum kümmern.

o Die Passivität, die dort zu Ausdruck kommt, lässt erahnen, wie die politische

Beteiligung gestaltet ist. Es wird praktisch nicht partizipiert und wenn, dann nur

bei starker direkter Betroffenheit. So zum Beispiel, als im Quartier das

Generationenhaus und das Jobcenter entstanden.

o Insgesamt so gut wie keine politische Beteiligung.

Anhang

XXXVI

- Im Rahmen ihrer Tätigkeit bekommt Interviewpartner 5 keinen Eindruck von der

politischen Beteiligung der Bürger in den anderen Stadtteilen westlich der Mosel.

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

Trier-West

- Die Bürger aus Trier-West, die gleichzeitig dem sozial schwachen Milieu

angehören, haben in vielen Fällen wohl noch nicht einmal Kenntnis davon,

welche Parteien gerade die Regierungen stellen und welche Personen politische

Spitzenämter innehaben.

- Das politische Interesse ist insgesamt sehr niedrig in Trier-West.

- Die Menschen, die politisch interessiert sind, beziehen meist nur kurzfristig

Unterstützung durch das Jobcenter.

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Politisches Geschehen, egal ob auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene, gehört

nicht zur Lebenswelt der Bewohner von Trier-West. Daher wird dieses auch nicht

verfolgt. Sie haben andere Prioritäten und Probleme, die ihre Aufmerksamkeit

fordern.

- Die Bürger setzen sich wohl auch aufgrund mangelnder politischer Bildung mit

Politik nicht auseinander. Dies hängt auch mit der hohen Quote von

Schulabbrechern zusammen.

- In Trier-West wohnen vor allem Bürger, auf welche die gemachten Aussagen

zutreffen. Ein Grund dafür besteht darin, weil hier die Wohnkosten im Stadtgebiet

besonders niedrig sind.

- Eine Frage der Erziehung: „Wenn mir meine Eltern das [politische

Beteiligung/Interesse] nicht vorleben, kann ich das auch nicht lernen.“

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- Den Bürgerhaushalt.

- Empowerment, um die Bürger zu repolitisieren, wäre „ein schweres Stück Arbeit“.

„Man müsste bei Null anfangen.“

Anhang

XXXVII

- Im Ergebnis würde beispielsweise eine höhere Wahlbeteiligung zum

Stimmengewinn extremer Parteien führen.

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Vor allem in Trier-West

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Die Frage kann von Interviewpartner 5 nicht beantwortet werden.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Ja, alleine die Wahrnehmung der Stadtteile westlich der Mosel ist deutlich negativer

als die der Stadtteile östlich der Mosel.

- Die besseren Stadtteile Triers liegen auf der östlichen Moselseite.

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 6

Pfalzel ist ein Stadtteil, dessen Bewohner sich als Dorfgemeinschaft verstehen. Dies ist auch

an einer hohen Anzahl von Vereinen mit vielen Mitgliedern zu erkennen. Diese Vereine und

Verbände sind sehr aktiv und helfen bei der Gestaltung des Stadtteils. Aktuelle Probleme im

Stadtteil sind die Plastikreinigungsfabrik sowie die Unterbringung der KiTa und der

Grundschule.

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

Pfalzel:

- In Pfalzel ist eine hohe politische Beteiligung bei Betroffenheit der Bürger

vorzufinden (Bsp.: Gestank in Pfalzel führte zu einer Versammlung, zu welcher 500

Bürger kamen)

Anhang

XXXVIII

- Auch die Mitarbeit in den aktive Vereine und der Feuerwehr zeugt von der

Beteiligungsbereitschaft der Bürger in Pfalzel (Bsp.: Errichtung eines barrierefreien

Raums. Es war außerdem ein großes Engagement seitens der Feuerwehr vorhanden.

Allgemein: Starke Beteiligung durch die Feuerwehr

- Wie in Pfalzel, gibt es wohl in allen Stadtteilen eine Beteiligung der Bürger, wenn

diese durch ein Thema unmittelbar betroffen sind. Das Ausmaß der Beteiligung

unterscheidet sich jedoch von Stadtteil zu Stadtteil.

Trier-West:

- So findet sich in Trier-West nur eine geringe Beteiligung.

Ehrang-Quint:

- Auch in Ehrang-Quint zeigt sich nur eine geringe Beteiligung der dort lebenden

Bürger. Sogar bei der Schließung der Grundschule formierte sich kaum Protest.

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

Pfalzel und Euren:

- In Euren und Pfalzel sind die Menschen politische interessiert.

Trier-West und Biewer:

- In Trier-West/Pallien und Biewer gibt es nur ein geringes Interesse an

Kommunalpolitik (siehe Wahlbeteiligung).

Höhenstadtteile:

- Auch in den Höhenstadtteilen zeigen die Bürger ein verhältnismäßig geringes

Interesse.

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- In den Stadtteilen in denen ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl oder eine

lebendige Dorfgemeinschaft gibt, sind das politische Interesse und die politische

Beteiligung größer.

- In der Vergangenheit wurden Fehler gemacht. Viele Bürger haben sich mit Ideen

eingebracht und davon wurde am Ende nichts umgesetzt.

- Allgemein: Beteiligung/Interesse nur bei direkter Betroffenheit

- Es muss einen Lebensweltbezug geben, damit Beteiligung erfolgt.

Anhang

XXXIX

- Sozial Schwache haben andere Probleme

- „Die machen doch eh was sie wollen.“

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- Beteiligung der Bürger im Rahmen der Erarbeitung von Bebauungsplänen.

- Sonst keine Beteiligungsangebote

- „Die Stadt ist da zu schwerfällig.“

- Interviewpartner 6 ist skeptisch, ob es möglich ist, über Empowerment-Maßnahmen

eine höhere Beteiligung zu erreichen.

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Eine Einschätzung ist diesbezüglich nur schwer möglich. Es hängt sehr viel vom

jeweiligen Ortsvorsteher ab.

- Interviewpartner 6 ist skeptisch, ob es möglich ist, über Empowerment-Maßnahmen

eine höhere Beteiligung zu erreichen.

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Schwer einzuschätzen.

- Es hängt immer viel von einzelnen Köpfen ab, wie den Stadträten aus einem

Ortsteil oder dem Ortsvorsteher.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Ja, es gibt unterschiedliche Interessen auf den Uferseiten.

- Zudem gibt es festgefahrene Bilder in den Köpfen der Menschen, die sich diese

über die westlichen Stadtteile gemacht haben (geschichtlicher Hintergrund).

- Es hat sich vieles gewandelt im Verhältnis der Uferseiten.

- Die Stadtverwaltung hat in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, als sie die

westlichen Stadtteile zu wenig berücksichtigt hat.

Anhang

XL

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 7

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

- In Euren gab es eine kürzlich eine Veranstaltung zur Thematik der Westtrasse.

- In die Praxis der Bürgerbeteiligung der anderen Stadtteile, auf der westlichen

Moselseite, hat Interviewpartner 7 nur wenige Einblicke.

- In Trier-West ist der Beteiligungsworkshop von 2009 hervorzuheben. Die

Beteiligung an diesem Workshop war sehr gut. Von den Ergebnissen wurde jedoch

bislang nur wenig umgesetzt.

- Die Bürgerbeteiligung in allen Stadtteilen besteht vor allem aus

Informationsveranstaltungen, in denen über den Stand der Dinge eines Projekts

informiert wird.

Bei der Informationsveranstaltung zur Unterbringung von Flüchtlingen und baulichen

Maßnahmen in Trier-West (v.a. Horn- und Jägerkaserne) war die Beteiligung sehr gut.

Sie wurde jedoch nur von den Bürgern besucht, die sich auch sonst politisch beteiligen.

Damit war die Beteiligung nicht repräsentativ für die Bewohner des Stadtteils.

Diejenigen, die sich insgesamt wenig oder gar nicht beteiligen und sich über die

Unterbringung der Flüchtlinge beschweren, waren nicht anwesend. Dies sind vor allem

Bürger aus dem Umfeld des Gneisenaubering. Es gibt in Trier-West den „Runden

Tisch“. Dieser setzt sich zusammen aus Vertretern der Einrichtungen und Institutionen,

der Vereine, der Träger, der Verwaltung und der Bewohner. Der Runde Tisch wird

vom Quartiersmanagement einberufen und moderiert.

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

- In Trier-West ist das politische Interesse individuell sehr unterschiedlich. Stärker

als in anderen Stadtteilen zeigen viele Bürger kein politisches Interesse.

- Trier-West: Selbst total beschädigte Bürgersteige (nicht mehr mit dem Rollator zu

befahren) wurden erst nach Jahren von der Stadt ausgebessert, während die

Gehwege in unmittelbarer Nachbarschaft um die neuen Verwaltungsgebäude neu

gemacht wurden

Anhang

XLI

Dies führt zu Resignation: „Es wird sowieso nichts von den Politikern

unternommen“ / „Uns hört eh keiner zu.“

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Die Alltagsprobleme der Bewohner des Quartiers sind zu groß, um sich mit

politischen Problemen zu befassen.

- Insgesamt Mutlosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Resignation

- „Man hat sich eingerichtet.“ Man hat die eigenen Lebensverhältnisse akzeptiert. Der

Druck ist noch nicht hoch genug um zu handeln.

- Die Beteiligung der Bürger ist besser bei Veranstaltungen an etablierten

Anlaufpunkten (Elterncafé oder Kinderaufführungen). Daran werden z.B.

Beratungsangebote gekoppelt.

- Es gibt viel Ärger über die Stadt, den Staat, die Politik. Praktisches Beispiel:

Warum ist das Jobcenter in ein Gebäude eingezogen, dass teuer renoviert wurde,

während die Bewohner nebenan in einem Haus wohnen, dass verfällt? Die

Bordsteine sind uneben. Es wird sich scheinbar nicht um den Stadtteil und seine

Menschen gekümmert.

Es wird nichts für die Menschen im Stadtteil unternommen. Man wurde vom

Rest der Stadt vergessen.

- Die Menschen denken eher pragmatisch und verlieren sich nicht an Ideen und

politische Zielen.

- Zusammenhänge werden auch aufgrund der mangelnden politischen Bildung nicht

gesehen.

- Ob es eine Unterrepräsentation durch den Stadtrat gibt, lässt sich nur schwer sagen.

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- Interviewpartner 2 mit dem Bürgerhaushalt

- Sonst keine Empowerment-Maßnahmen, die von der Stadt durchgeführt werden.

- Die einzelnen Einrichtungen und Institutionen führen verschiedenen Maßnahmen

durch

- Frau H. plant Gespräche mit Bewohnern um Community-Organizing zu anzuregen.

Anhang

XLII

- Es wird insgesamt mehr informiert als beteiligt (beziehungsweise befähigt zur

Beteiligung).

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Vor allem in Trier-West. Hier auch gute Voraussetzungen, da das

Gemeinschaftsgefühl der Menschen sehr hoch ist und diese das Quartier nicht

verlassen wollen. In Teilen von Trier-West gibt es auch Formen der

Selbstorganisation (z.B. in Vereinen).

- In Ehrang haben die Menschen ähnliche Probleme und das Quartiersmanagement

steht vor ähnlichen Herausforderungen. Daher ist Empowerment auch hier

angebracht.

- In Zewen oder Euren organisieren die Menschen sich selbst. Im Falle politischer

Entscheidungen oder Fragen, die die Menschen betreffen, organisieren sie sich und

artikulieren ihre Anliegen.

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Die Frage konnte von Interviewpartner 7 nicht beantwortet werden.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Ja, die Mosel wirkt definitiv trennend zwischen den Stadtteilen links und rechts der

Mosel. Die innerstädtischen Bewohner halten Trier-West auch heute noch für eine

schlechte Wohngegend.

- Die Problematik in Trier-West ist jedoch vor allem historisch gewachsen, bedingt

durch eine lange Militärtradition und dadurch, dass die Kasernen in Trier-West nach

dem Krieg als Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte genutzt wurden, wo auf

sehr engem Raum sehr viele Menschen untergebracht waren.

Anhang

XLIII

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 8

Der historische Ortskern in Ehrang ist Programmgebiet Soziale Stadt. Das Programmgebiet

Soziale Stadt ist auch Sanierungsgebiet. Am Anfang standen vor allem die schlechte

Bausubstanz und fehlenden Freiflächen im Mittelpunkt. Die sozialen Probleme in der

Bevölkerung wurden gesehen, waren für die Ausweisung des Programmgebiets aber nicht

zentral. Die Bevölkerung des Stadtteils ist sehr heterogen.

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

- Es ist schwer die Situation in allen westlichen Stadtteilen zu beurteilen.

- In allen westlichen Stadtteilen ist die Wahlbeteiligung eher mäßig.

- Auch in Ehrang ist die Wahlbeteiligung niedrig.

- In Ehrang: Mittlere bis hohe Einkommensschicht zeigen mehr politische

Beteiligung bei individueller Betroffenheit (Bsp.: Umgehungsstraße der Baustelle).

- In Ehrang: Sozial schwache Schicht zeigt keine/wenig politische Beteiligung.

- Die Bürger im Stadtteil organisieren sich, zum Beispiel in verschiedenen Vereinen.

Für die Bürger der Unterschicht gilt dies eher weniger, wenn nur als Nutzer des

Vereinsangebotes, nicht als Organisator/Initiator.

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

- Hohes politisches Interesse bei eigener Betroffenheit durch ein Thema. So zum

Beispiel, wenn eine Baustelle die Lebensqualität einschränkt, werden die Bürger

aktiv.

- Bei Themen die „uninteressant“ sind folgt keine Beteiligung (Bsp. Soziale Stadt –

Tag der Städtebauförderung: Nur die Bürger kamen, deren Kinder auf dem Fest

gesungen haben)

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Politische Beteiligung erfolgt meist nach direkter Betroffenheit.

- Allgemeine Politikverdrossenheit

Anhang

XLIV

- Die Bevölkerung des Stadtteils gehört zum Teil zur sozialen Unterschicht.

Politische Beteiligung passt oft nicht in die Lebenswelt dieser Bürger. Sie haben

andere Probleme/Themen, die Ihren Alltag bestimmen und um welche sie sich

kümmern müssen.

- Viele der Bürger, die über die Ressourcen verfügen, um sich zu beteiligen, tun dies

aus Faulheit oder Desinteresse nicht.

- Unzureichende Informationen / Die Informationen sind für die Bürger nicht

verständlich genug.

- Mangelnde politische Bildung

- Kein Vertrauen in die Politik

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- Es gibt nicht viele Angebote der Stadt zur Beteiligung für die Bürger.

- Interviewpartner 8 sieht die Erfolgschancen von Empowerment persönlich eher

skeptisch. Hier müssten die Beteiligungsmöglichkeiten viel zielgruppenorientierter

gestaltet und damit für eine breite Masse zugänglich sein.

- Durch das Quartiersmanagement: Eine Jugendgruppe zur Verbesserung des eigenen

Umfelds erfüllt die Kriterien des Empowerments.

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- „Es sollten in allen westlichen Stadtteilen Empowerment-Maßnahmen ergriffen

werden.“

- „Wir sind alle Bürger dieses Landes und sollten die Möglichkeit haben, uns an

seinem demokratischen System zu beteiligen.“

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige vernachlässigt?

- Ich würde das nicht so pauschalisieren. Ich denke es spielt eine Rolle, was bei der

Stadt thematisch gerade „unter den Nägeln brennt“ beziehungsweise wo sich die

Bewohner/Ortsbeirat vor Ort gerade besonders engagiert für ihren Stadtteil stark

machen.

Anhang

XLV

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und östlich des Flusses bedingt?

- „Ich würde die Mosel nicht als trennendes Element bezeichnen. Viel mehr hängt es

ganz von der individuellen Mobilität der Bewohner ab, wie stark die Durchlässigkeit

ist.“

- Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: finanzielle Situation (kann ich mir

eine Busfahrt, ein Auto leisten), familiäre Situation (habe ich alle

Familienmitglieder/Freunde vor Ort oder auch nicht), Infrastruktur vor Ort

(Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, etc.).

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 9

Im Stadtteil Tier-West/Pallien gibt es einige Infrastrukturprojekte, in deren Rahmen die

Anliegen der Bürger nicht berücksichtig wurden: So zum Beispiel im Fall des Eisenbahn-

Ausbesserungswerks und der Maßnahmen rund um die Reaktivierung der Westtrasse.

Gleichzeitig gibt es einige Entwicklungen, wie die Entwicklung der Bonner Straße, die ein

stärkeres Engagement der Bürger dringend erfordern. Die politische Repräsentation allein

reicht nicht aus und so wurden in der Vergangenheit mehrfach Entscheidungen des

Ortsbeirats übergangen. Darüber hinaus einseitige Berichterstattung oder keine

Berichterstattung durch die lokale Presse mit ihrer Monopolstellung. So wurde über die

letzten drei Ortsbeiratssitzungen nichts berichtet, wie auch nichts über die Veranstaltung zur

Bürgerbeteiligung in der Kunstakademie.

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

- Über die Stadtteile hinweg schwer einzuschätzen. Insgesamt zu niedrig.

- Das Interesse der Bürger steigt bei direkter Betroffenheit.

Pallien:

- Einige Wenige versuchen sich politisch zu beteiligen, aber es passiert nichts.

Euren:

Anhang

XLVI

- Die Bürger beteiligen sich nur, wenn sie von einem Problem stark betroffen sind.

Zeichnet sich scheinbar eine Lösung ab, verebbt der Protest. (Bsp.: Güterzüge die

nachts durch Euren fuhren. Nach der Beseitigung des Problems engagierte sich

keiner mehr gegen den trotzdem noch vorhandenen Bahnlärm.)

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

- Der Vergleich der Stadtteile ist schwierig.

- Insgesamt beteiligen sich nur wenige Bürger

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Bei sehr starker Betroffenheit werden die Bürger aktiv.

- Selbst in Euren und Zewen nur bei direkter Betroffenheit.

- Missachtung der artikulierten Anliegen durch die Stadt.

- Maßnahmen der Stadtentwicklung werden nicht mit der Bevölkerung abgesprochen.

- Gleichzeitig „abgehobene“ Teile der Bevölkerung, die sich nicht politisch

engagieren wollen.

- Schlechte Kommunikation zwischen Verantwortlichen und der Bevölkerung

- Schulen müssten stärker eingebunden werden.

- Mieter sind anders betroffen als Eigentümer des eigenen Wohnsitzes.

Trier-West:

- „sehr einfache Bevölkerung“

schwer zu motivieren. In Trier-West wohnen fast ausschließlich Mieter und

keine Wohnungseigentümer

Keiner zeigt Interesse (da keinem eine Wohnung/Lebensraum persönlich gehört)

- Pallien hat wiederum eine andere Struktur und andere Geschichte.

Zewen/Euren/Biewer/Pfalzel:

- Größere Anzahl an Wohnungseigentümern

Mehr Bürger zeigen Interesse (da ihr Eigentum davon betroffen ist)

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

Anhang

XLVII

- Workshop zur Römerbrücke als Beispiel für Bürgerbeteiligung

- Workshop zur Gestaltung des Gneisenaubering 2009

Es wurde allerdings nichts davon umgesetzt. Erst jetzt im Mai 2015 wurden

Gelder bewilligt.

- Der Masterplan von 2010, der zu Gunsten von Investoren auf Kosten der

Lebensqualität verändert wurde und wird. (Dichte der Bebauung, Verkehrsführung,

Reduzierung von Grünflächen)

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Kann nicht eindeutig beurteilt werden.

- Aber die Stadt zeigt nicht genug Präsenz in Trier-West/Pallien. Die Bürger müssten

gerade in einer solchen Situation selbst etwas tun.

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Ja, manche Stadtteile haben eine deutlich bessere Lobby oder einen größeren

Zusammenhalt als andere und somit haben diese politischen Vertreter auch mehr

Einfluss.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Zum Teil. Natürlich fehlen der Irminensteg zur Anbindung an die Stadt und die

Nordbrücke, um die Römerbrücke entlasten zu können. Auf der Westseite gibt es

aber auch keine Touristen oder auswärtige Kunden.

Anhang

XLVIII

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 10

Es gibt zahlreiche Probleme in Euren. So zum Beispiel die Unterbringung und Integration

der Asylbewerber, verschiedene Baustellen im Straßenverkehr, die Beschädigung eines

Biotops und die Erhaltung von Lebensmittelmärkten.

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

1. Euren:

o Starkes Engagement gegen rechte Parolen (zuletzt Demonstration mit 450

Teilnehmern gegen einen Marsch der NPD; circa 50% der Menschen kam aus

Euren und die anderen 50% der Demonstranten aus den anderen Stadtteilen)

o Je stärker die Bürger direkt betroffen sind, umso größer das Engagement.

o Große Beteiligung bei einer Informationsveranstaltung über die Westtrasse.

(Über 200 Bürger)

2. Trier-West:

o Geringe Beteiligung

o „Da muss etwas sein, was die normale Ordnung aus den Fugen reißt.“

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

3. Interesse umso größer, je stärker die Bürger direkt betroffen sind.

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

4. Mangelnde politische Bildung

5. Zu wenig Informationen

6. Gleichgültigkeit

7. Politikverdrossenheit („Die machen ja sowieso, was die wollen.“)

8. Resignation

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

Anhang

XLIX

9. Ortsvorsteher organisiert Aktionen zur Beteiligung der Bürger. Ortsvorsteher und

Bürger besprechen gemeinsam aufkommende Probleme. (Zum Beispiel die

Organisation von Auschüssen)

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

10. Eher in Trier-West als in Euren oder Zewen.

11. Bzgl. Ehrang fällt die Einschätzung schwer.

12. Pfalzel/Zewen nicht, da sich die Bürger dort jetzt schon beteiligen (Bsp.:

Geruchsbelästigung)

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Konnte nicht beantwortet werden.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Konnte nicht beantwortet werden.

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 11

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

Trier-West/Pallien:

- Ist in Trier-West /Pallien gering. Daher gibt es auch nur eine niedrige Beteiligung

bei den Wahlen.

- Die Menschen beteiligen sich in Trier-West/Pallien meist nur punktuell, wenn sie

direkt angesprochen werden.

- Die Menschen lassen sich von Ideen mitziehen aber werden selbst nicht aktiv.

- Bürger können für einen kurzen Zeitraum (wenige Stunden) für eine Beteiligung

motiviert werden. Aber keine Beteiligung über einen längeren Zeitraum.

Anhang

L

Zewen / Ehrang / Pfalzel:

- Starkes Engagement der Bürger

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

- Der Stadtteil Trier-West/Pallien ist sehr heterogen. Es gibt auch Menschen, die sich

für Politik interessieren.

- Die Mehrheit der Menschen in Trier-West und vor allem im Quartier, sind nicht

politisch interessiert.

- Wahlbeteiligung als Indikator für politisches Interesse.

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Die Menschen im Quartier haben ihre eigene Lebenswelt, in welcher Politik keine

große Rolle spielt. Sie sind vor allem mit der Bewältigung ihres Alltags beschäftigt.

- Viele Menschen haben nur eine geringe politische Bildung.

- Die Bürger, die sich politische beteiligen könnten, sind wegen der schlechten

Ergebnisse der Politik enttäuscht und wenden sich ab.

- Den Menschen in Trier-West geht es nicht um Parteien, sondern um die Menschen

und wie man zusammen Probleme lösen kann.

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- „Runder Tisch“

- Stadtteilzeitung „Überbrücken“

- Die Stadt ist in Trier-West/Pallien sehr aktiv und unterstützt DonBosco und die

Caritas maßgeblich bei deren Arbeit.

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Es gibt nur geringe Erfolgsaussichten: „Das kann man knicken.“

- „Einige wird man nie erreichen.“

- Keine Festlegung auf einen Stadtteil.

Anhang

LI

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Nein, es gibt wahrscheinlich keine Unterschiede. Es gibt in jedem Stadtteil einfach

andere Themen und Aufgaben, welche die Stadt erfüllen muss. In Trier-

West/Pallien sind das andere Themen und Aufgaben als in Filsch oder Tarforst.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Ja. Aber es gibt keine realistischen Lösungsmöglichkeiten, die die Trennung

aufheben könnten.

- Es müssten so beispielsweise große Verkehrsprojekte angegangen werden, die nicht

zu verwirklichen sind.

Protokoll des Gesprächs mit Interviewpartner 12

1. Wie beurteilen Sie die politische Beteiligung der Bürger in den einzelnen Stadtteilen

von Trier?

- Ehrang:

o Hohe Organisation in Vereinen

o Starke Beteiligung bei Themen, die Betroffenheit verursachen

o Eigenständigkeitsgefühl im Stadtteil

o Stadtteil hat im Stadtvergleich auch hohe soziale Probleme

o Viele Spätaussiedlerfamilien (jedoch nicht so viele wie in Trier-West)

- Quint:

o Es gibt von keinen Ereignisse zu berichten, die Rückschlüsse auf die Beteiligung

zulassen.

- Pfalzel:

o Hohe Beteiligung bei Problemen, die die Bürger betreffen. (z.B.:

Plastikwaschanlage oder Stahlwerk.)

Anhang

LII

o Beteiligung hängt von einzelnen Köpfen ab. Ortsvorsteherin sehr aktiv.

o Aktive Bürgerbeteiligung durch Bürgerinitiativen und Bürgervereine.

- Pallien:

o Verkehrsproblematik insgesamt ruft politische Beteiligung der Bevölkerung

hervor. So z.B. die Bürgerinitiative von Interviewpartner 9.

Beteiligung durch Betroffenheit

- Trier-West:

o Beteiligung wird von „sozialen Vereinen“ (Caritas, Don Bosco) getragen und

weniger von den sozial Schwachen.

o Mobilisierung durch die Problematik der West-Trasse

o Starke soziale Problematik im Stadtteil

o Wenige Bürger, die sich artikulieren

o Allgemein geringe Beteiligung

- Euren:

o Mobilisierung durch die Westtrasse

o Zurückhaltung bei der Flüchtlingsunterbringung im Stadtteil

o Insgesamt schwer einzuschätzen

o Vereinzelte Beschwerden über die Asylbewerber/Flüchtlinge, vor allem an

Ortvorsteher Schmitz (auch ein Art Beteiligung)

o Beteiligung hängt von einzelnen Köpfen ab. Viel läuft durch den Ortvorsteher

Schmitz.

o Neubürger im Neubaugebiet von Euren sehr unauffällig bis hin zur Diskussion

um die Westtrasse.

o Verfahrene Situation in der Diskussion um die Westtrasse.

Deshalb Infoveranstaltung

- Zewen:

o Aktiv wegen Flächennutzungsplan

o Betroffenheit einzelner Personen: Bauern, Anwohner mit unverbauter Sicht

2. Wie beurteilen Sie das politische Interesse der Bürger in den einzelnen Stadtteilen von

Trier?

Anhang

LIII

- Allgemein kann man das politische Interesse anhand der Wahlbeteiligung in den

einzelnen Stadtteilen als Indikator sehen.

- Vor allem in Trier-West sehr schlecht

- In den westlichen Stadtteilen insgesamt nicht gut

3. Welche Gründe vermuten Sie für Ihre Einschätzung?

- Politikverdrossenheit; subjektiv von der Politik und der Verwaltung enttäuscht

- Enttäuschung über Entscheidungen der Kommunalpolitik/Verwaltung

- Mangelnde politische Bildung

- Bürger gerade in Trier-West „einfach gestrickt“; erkennen somit die Bedeutung

ihrer eigenen Benachteiligung nicht

- Eigenständigkeitsgefühl einzelner Stadtteile

- „Es hängt viel von den Köpfen ab.“; Stadtteile in denen aktive Stadtratsmitglieder

wohnen, die sich für ihr eigenes Wohnumfeld interessieren, werden besser

repräsentiert.

Trier-West:

Geschichtliche Gründe: Unterbringungen der Kriegsobdachlosen in der Kaserne

(„Ghettoisierung“)

Falsche Sozialpolitik

Diese Situation hat sich bis heute gehalten / Alte etablierte Strukturen

4. Kennen Sie Empowerment-Maßnahmen, welche die Stadt Trier in den westlichen

Stadtteilen durchführt?

- Projekte in Trier-Nord, die aber nicht von der Stadt organisiert wurden.

- „Bürgerhaushalt“ der Stadt Trier

5. In welchen westlichen Stadtteilen von Trier sehen Sie Empowerment-Maßnahmen als

wichtig an?

- Trier-West, wegen schwacher Wahlbeteiligung und anhaltender sozialer Problematik

o In diesem Stadtteil gab es eine große Beteiligung der Bürger bei der Erstellung

des Flächennutzungsplans. Es wurde damals eine große Chance zur langfristigen

Anhang

LIV

Politisierung der Bürger vertan, als man den Masterplan nicht umsetzte und

jahrelang nichts geschah. (Ergebnis: Resignation und geringe Beteiligung)

o In den aktuellen Plänen zur Gestaltung des Stadtteils steckt viel Potenzial, aber

man muss abwarten, wie diese umgesetzt werden.

6. Werden Stadtteile unterschiedlich stark repräsentiert und dadurch einige

vernachlässigt?

- Kann man so nicht direkt sagen.

- Einige Stadträte, setzen sich sehr engagiert im Stadtrat für ihr eigenes Wohnumfeld

ein.

- Trier-West z.B. hat eine gute Chance Einfluss zu nehmen, da der neue

Baudezernent in Trier-West wohnt.

7. Stellt die Mosel ein trennendes Element zwischen den westlichen und den östlichen

Stadtteilen dar, das eine unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile westlich und

östlich des Flusses bedingt?

- Ja, aber die Problematik in Trier-West ist eher historisch bedingt und nicht durch

die Entwicklung/Ausrichtung der Stadt zur Mosel insgesamt.

- Die Uferstraße ebenfalls ein trennendes Element dar.

Wörtliche Zitate:

„Das ist teilweise schon fast eine Ghettoisierung“ (bezogen auf Trier-West und Ehrang)

„Die Stadt kommt erst jetzt auf den Trichter sozial gemischte Stadtteile anzustreben.“

Anhang

LV

II. Sozio-ökonomische Daten und Wahlergebnisse

Eigene Zusammenstellung nach Daten des Amtes für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier

Bevölkerungsentwicklung in Trier:1970 1980 1985 1990 1995 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Zewen 3948 3916 3644 3681 3773 3805 3783 3797 3847 3858 3870 3695 3605 3617 3634 3618 3595 3594 3564 3531

Euren 4360 4278 4169 4075 4091 3999 4014 4034 4111 4156 4177 4116 4120 4109 4207 4070 4102 4238 4271 4201

Trier-West/Pallien 11026 8789 7967 7596 7593 7356 7281 7357 7410 7424 7304 7117 6987 7071 7005 7035 6954 6875 7053 6931Trier-West 8854 6993 6283 5946 5949 5728 5663 5765 5772 5747 5666 5571 5479 5512 5480 5492 5449 5352 5549 5524

Pfalzel 4122 4234 4165 4037 3900 3729 3713 3684 3700 3677 3685 3559 3515 3568 3514 3520 3508 3529 3542 3519

Biewer 2402 2428 2323 2182 2120 2069 2046 2041 2033 2036 2060 1986 1959 1996 1949 1922 1925 1882 1860 1842

Ehrang-Quint 8937 9044 8940 9512 9600 9827 9892 9754 9841 9877 9815 9400 9247 9221 9195 9187 9076 9134 9133 9039

Westl. Stadtt. 43649 39682 37491 37029 37026 36513 36392 36432 36714 36775 36577 35444 34912 35094 34984 34844 34609 34604 34972 34587Westl. Stadtt. ohne Trier-W 32623 30893 29524 29433 29433 29157 29111 29075 29304 29351 29273 28327 27925 28023 27979 27809 27655 27729 27919 27656

Trier insg. 110981 106180 104664 104485 106218 107391 108201 108811 109336 110884 111042 108125 105353 105380 105076 105602 105800 105998 106680 108041

Anhang

LVI

Eigene Zusammenstellung nach Zahlen des Amtes für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier

Eigene Zusammenstellung nach Zahlen des Amtes für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier

Ausländische Bevölkerungsentwicklung in Trier:2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Zewen 187 183 202 217 226 229 239 238 283 291

Euren 161 160 183 251 325 218 191 238 294 291

Trier-West/Pallien 566 551 513 561 537 580 599 608 781 828Trier-West 481 463 434 464 449 479 486 498 655 700

Pfalzel 231 212 204 192 169 183 180 187 191 204

Biewer 109 101 100 102 92 77 81 86 105 114

Ehrang-Quint 860 505 523 525 544 563 570 630 668 700

Westl. Stadtt. 2114 1712 1725 1848 1893 1850 1860 1987 2322 2428Trier insg. 8293 8483 8083 8369 8144 8389 8538 8858 9803 11640

Arbeitslose in der Stadt Trier 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014Zewen 84 85 75 99 87 68 73 68 70 83

Euren 134 121 120 107 114 103 117 101 110 120

Trier-West/Pallien 539 455 394 428 405 423 397 376 437 412Trier-West 447 378 317 351 333 357 339 310 373 350

Pfalzel 131 125 99 104 105 102 92 89 112 90

Biewer 60 58 54 57 51 64 51 49 45 57

Ehrang-Quint 436 392 352 357 330 337 291 359 342 317

Stadt Trier 4314 3858 * * 3165 * * 2876 * 3055

Anhang

LVII

Eigene Zusammenstellung nach Zahlen des Amtes für Statistik und Stadtentwicklung der Stadt Trier

Sozialgeldempfänger in Trier2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Zewen 12 5 10 11 12 11 7 8 6 9

Euren 15 10 8 6 4 9 9 14 13 16

Trier-West/Pallien 106 111 107 107 98 91 66 70 71 68Trier-West 87 88 88 91 82 76 57 58 62 63

Pfalzel 16 24 22 11 13 17 10 15 12 9

Biewer 4 7 6 4 4 4 * 4 4 8

Ehrang-Quint 66 67 70 55 58 49 51 39 52 53

Stadt Trier 621 653 612 549 571 514 433 410 412 443

Anhang

LVIII

Eigene Zusammenstellung nach Zahlen der Projektverwaltung von "Lernen vor Ort" Trier

Eigene Zusammenstellung nach Zahlen des Bürgeramts der Stadt Trier

2010 2011 2012 2013 2014Zewen 45,70% 53,30% 70% 37,50% 50%

Euren 42,30% 47,50% 50% 41,40% 44,40%

Trier-West/Pallien 24,44% 18,52% 30,76% 28,95% 35%Trier-West 17,60% 19,60% 20,90% 19,40% 27,3

Pfalzel 62,50% 90% 81% 52,60% 30%

Biewer 80% 82,40% 81,80% 50% 41,70%

Ehrang-Quint 77,78% 93,94% 91,11% 25% 41%

Westl. Stadtteile 51,89 61,23% 61,62% 35,12% 39,57%Westl. Stadtteile 59,60% 71,43% 73,94% 38,17% 42,21%

ohne Trier-West

Trier insg. 56,40% 56,70% 57% 50,70% 51,70%

Übergänge von GrundschülerInnen eines Stadtteils auf ein Gymnasium

Beteiligung an Kommunalwahlen 1999 2004 2009 2014

Zewen 53,20% 49,25% 47,80% 46,40%

Euren 52,80% 52,87% 47,10% 45,60%

Trier-West/Pallien 35,30% 31,26% 30,80% 30,60%

Pfalzel 58,70% 50,29% 51% 53,30%

Biewer 60,10% 44,97% 46,70% 42,70%

Ehrang-Qunit 48,50% 41,49% 38,80% 38,90%

Westl. Stadtt. 51,43% 45,02% 43,70% 42,92%

Trier insg. 49,30% 44,24% 45,40% 47%

Verhältnis der Stimmen zur Anzahl der Wahlberechtigten

Anhang

LIX

Eigene Zusammenstellung nach Zahlen des Bürgeramts der Stadt Trier

Eigene Zusammenstellung nach Zahlen des Bürgeramts der Stadt Trier

Abbildung 2Eigene Zusammenstellung nach Zahlen des Bürgeramts der Stadt Trier

Wahlergebnis rechtsradikaler Parteienbei Kommunanlwahlen

1999 2004 2009 2014

Zewen 2,20% * 1,50% 0,50%Euren 0,90% * 1,40% 0,90%Trier-West/Pallien 2,20% * 2,00% 1,90%Pfalzel 1,30% * 1,80% 1,30%Biewer 1,70% * 1,80% 1,00%Ehrang-Qunit 1,30% * 1,70% 1,50%Westl. Stadtt. 1,60% * 1,70% 1,18%Trier insg. 1,30% * 1,10% 0,70%2004: weder DVU, noch NPD oder REP traten zu dieser Wahl an

Beteiligung an Bundestagswahlen 1998 2002 2005 2009 2013

Zewen 72,50% 75,60% 75,50% 65,10% 63,40%

Euren 64,20% 69,50% 68,30% 57,70% 56,40%

Trier-West/Pallien 55,96% 47,19% 54,50% 44,80% 42,20%Pfalzel 71,50% 73,60% 72,20% 61,10% 62%

Biewer 67,90% 75,90% 72,30% 60,60% 62,10%

Ehrang-Qunit 67,52% 60,29% 67,80% 56,10% 56,40%

Trier insg. 78,80% 74,80% 72,40% 68% 61,30%Verhältnis der Stimmen zur Anzahl der Wahlberechtigten

Wahlergebnis rechtsradikaler Parteienbei Bundestagswahlen

1998 2002 2005 2009 2013Zewen 1,50% 1,20% 2,20% 1,60% 1%

Euren 2,20% 1,10% 1,90% 1,60% 1,10%

Trier-West/Pallien 1,27% 1,08% 2,50% 1,80% 2,00%Pfalzel 1,90% 1,60% 2,60% 2,20% 1,50%

Biewer 1,90% 1,10% 2,10% 1,80% 1,60%

Ehrang-Qunit 1,32% 0,94% 2,40% 1,60% 1,70%

Trier insg. 1,60% 0,80% 1,30% 1% 0,80%