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TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Ringvorlesung:
Teil: Forschungslogik V
Einführung in die Methoden der Empirischen Sozialforschung
TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. PatzeltTU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Gliederung des Teils ‚Forschungslogik‘
1. Einführendes: Organisatorisches, Grundgedanken und Geschichte von Sozialforschung
2. Forschung: Aufgaben von Wissenschaft, hierzu geeignete Methoden und der Forschungsprozess
3. Grundlagen: Wissenschaft und Wahrheit, wissenschaftliche Aussagen und die ihnen zugrunde liegenden Erkenntnisprozesse
4. Denkwerkzeug: Begriffe, Aussagen, Theorien und Modelle5. Theorie und Wirklichkeit: Theoriebildung und
Theorieprüfung; Ratschläge zu typischen Forschungsstilen und Interpretationsfehlern
6. Ergebnissicherung: Merkmalsräume, Typologien und Klassifikationen
In der Regel aus Zeitgründen nicht in der Vorlesung behandelt
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‚schulmäßiger‘ Aufbau einer empirischen Theorie
(empirische) Aussage I (e.) Aussage II Aussage III Aussage IV
Theorem IIITheorem I Theorem II
Theorie A
Theorie B
Theorie C
Paradigmaze
itspezif
ische
Alltagsth
eorien
empirischer Referent
wünschenswerte Emanzipation des wissenschaftlichen
theoretischen Denkens vom zeitspezifischen Alltagsdenken
theoriespezifischer, selektiver Blickwinkel auf den empirischen Referenten; NICHT ‚wahrheitsfähig‘, sondern rein perspektivisch!
Begriff 2Begriff 1 Begriff 3 Begriff 4 Begriff 5
wah
rheitsfäh
ig
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Arten von (empirischen) Theorien
gegenstandsspezifische Theorien (z.B. des Aufstiegs der NPD) decken mit großer Präzision und mit meistens sehr gut operationalisierbaren
Begriffen einen eng umgrenzten Gegenstandsbereich ab (z.B. Theorien des Wahlverhaltens)
brauchen meist andere Theorien als ‚Anschlusstheorien‘ oder ‚Rahmentheorien‘, um auch die zu berücksichtigenden größeren Zusammenhänge zu erfassen
Theorien ‚mittlerer Reichweite‘ (z.B. der Funktionsweise von Wahlsystemen) haben einen größeren Gegenstandsbereich als die gegenstandsspezifischen
Theorien (z.B. Theorien der Funktionslogik demokratischer Verfassungsstaaten) eignen sich gut als Ergebnis- oder Verständnisrahmen gegenstandsspezifischer
Theorien allgemeine Theorien (z.B. Evolutorischer Institutionalismus)
decken sehr große Wirklichkeitsbereiche mit oft sehr abstrakten und mitunter nur in vielen Schritten operationalisierbaren Begriffen ab (z.B. Theorien des Gesellschaftswandels)
stellen allgemeine Rahmentheorien auch für Theorien mittlerer Reichweite dar, erkaufen dies aber mitunter dadurch, dass sie eher eine geordnete Sammlung nützlicher analytischer Oberbegriffe anbieten als empirisch gehaltvolle Wenn/Dann-Aussagen (z.B. soziologische Systemtheorie)
‚taxonomische Theorien‘
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‚deduktiv‘
Wie bildet man Theorien?
‚indukti
v‘: H
IER
entsteht N
EUES!
‚deduktiv‘
‚deduktiv‘
zun
ehm
end
e E
man
zip
atio
n v
om
Allt
agsd
enke
n Reflexion und Systematisierung des eigenen Alltagsdenkens ganz so, wie das bei der Behandlung von Begriffen,
Aussagen und Modellbildung (vgl. Pfeilmodell) besprochen wurde!
‚Basteln‘ anhand von Denkfiguren und Einsichten schon verfügbarer Theorien Teile von verfügbaren Theorien (etwa einzelne Konzepte
oder Theoreme) werden so zusammengebaut, wie es fürjene theoretischen und empirischen Aufgaben nützlicherscheint, die man sich vornimmt ( Forschungsfrage).
gegenstandsbegründete Theoriebildung(‚grounded theory‘)
systematische Theorieforschung (Info)
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‚grounded theory‘ (Glaser & Strauss 1967)
1. Nützliche analytische Kategorien werden im Lauf der Auseinandersetzung mit dem Datenmaterial entdeckt (u.a. anhand der Alltagstheorien der Personen im Forschungsgegenstand); bzw. in der Auseinandersetzung mit dem Datenmaterial stellt man fest, welche bereits verfügbaren analytischen Kategorien nützlich sind.
2. Durch Vergleich verschiedener Gruppen von Untersuchungsfällen wird ausfindig gemacht, wie erkenntnisträchtig die entdeckten analytischen Kategorien wirklich sind; nötigenfalls werden sie verändert.
3. Es werden solange immer neue (Gruppen von) Untersuchungsfälle(n) betrachtet, bis man sicher ist, deren für die Fragestellung wichtigen Merkmale durch seine analytischen Kategorien richtig zu erfassen.
4. Anhand der entdeckten und für plausibel gehaltenen analytischen Kategorien werden Hypothesen über die für die Fragestellung wichtigen Zusammenhänge im interessierenden Gegenstandsbereich formuliert.
5. In der Arbeit am Datenmaterial wird ausfindig gemacht, welche Hypothesen wohl stimmen wie die einzelnen Hypothesen inhaltlich zusammenhängen wie sich die interessierenden Strukturen im Gegenstandsbereich in Gestalt von empirischen
Aussagen wohl bestmöglich wiedergeben lassen.6. Das Ergebnis der Arbeitsschritte 1 bis 5 stellt die gesuchte, „vom Gegenstand her
entwickelte“ Theorie dar.7. Eine einmal entwickelte ‚grounded theory‘ kann man, falls wünschenswert, auf
ähnliche Gegenstandsbereiche hypothetisch verallgemeinern sowie, falls vorteilhaft, vielleicht auch in eine ziemlich allgemeine und abstrakte Theorie umformulieren.
typisch für ‚qualitative Forschung‘ zentrale Rolle der Hermeneutik!
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systematische Theorieforschung
Kritik und Dekonstruktion verfügbarer Theorien zum Zweck, deren Blindstellen und Voreingenommenheiten, ungedeckte Behauptungen, empirisch zumindest zweifelhafte Annahmen und logische Unstimmigkeiten aufzudecken, um so Ansatzpunkte für deren Verbesserung zu identifizieren
Ausarbeitung verfügbarer Theorien mit dem Ziel, ihre impliziten Aussagen zu explizieren, ihre nur angelegten Argumentationsketten weiterzuführen und ihre Lücken zu schließen
kreative Weiterentwicklung verfügbarer Theorien im Dienste der eigenen Fragestellung nahtloser Übergang zum ‚Basteln‘ mit Theorien
topische Aufbereitung verfügbarer Theorien, d.h. Erstellung ‚kognitiver Landkarten‘ ihrer zentralen analytischen Kategorien und Aussagen, so dass man bei der Konzeptualisierung einer empirischen Studie oder bei der Interpretation von deren Befunden leicht auf sie zurückgreifen kann z.B. MINK- oder AGIL-Schema; dreidimensioneler Merkmalsraum zur Gliederung politischer
Systeme, Kataloge von Funktionen von Systemelementen, d.h.: Zusammenstellungen analytischer Kategorien
systematische Aufbereitung verfügbarer Theorien klare, möglichst auch modellartige und graphische, mitunter ebenfalls mathematische
Präsentation all ihrer wesentlichen Aussagen Ausarbeitung der begrifflichen Schnittstellen einander überlappender Theorien, um sie
wechselseitig ineinander ‚übersetzbar‘ zu machen explizite und systematische Vernetzung verfügbarer Theorien
Entwicklung ganz neuer Theorien auf der Basis der genannten (Vor-) Arbeiten
Inzwischen auf manchen Forschungsgebieten sehr wichtig: mathematische Formulierung substantieller Theorien (z.B. ‚positive political theory‘ im Bereich von Koalitionsbildungen oder des Abstimmungsverhaltens)
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Wie überprüft und korrigiert man Theorien?
1. Die zu überprüfende Theorie wird so klar formuliert, dass präzis erkennbar wird, was ihre konkreten empirischen Aussagen über die Beschaffenheit ihrer empirischen Referenten behaupten.
2. Sodann wird – durch geeignete Datenerhebung und Datenanalyse – festgestellt, wie diese empirischen Referenten tatsächlich beschaffen sind.
3. Durch Vergleich der Ergebnisse der Datenanalyse ( Schritt 2) mit den Aussagen der zu überprüfenden Theorie ( Schritt 1) lässt sich feststellen, welche dieser Aussagen bestätigt oder bekräftigt, welche anderen aber widerlegt wurden.
4. Anschließend wird festgestellt, von welchen allgemeineren Aussagen (‚Theoremen‘) der zu überprüfenden Theorie sich die als falsch nachgewiesenen empirischen Aussagen logisch korrekt ableiten lassen. Diese allgemeineren Aussagen (‚Theoreme‘) müssen auch ihrerseits falsch sein:
Wenn aus einer Prämisse logisch korrekt eine empirisch falsche Folgerung abgeleitet werden kann, muss diese Prämisse selbst schon empirisch falsch sein!
5. Alle in diesem zweistufigen Überprüfungsprozess ( Schritte 3 und 4) als falsch nachgewiesenen Aussagen werden dahingehend verändert, dass die dann neu formulierte Theorie mit den empirisch festgestellten Tatsachen übereinstimmt.
Grundgedanken
Th
eori
earb
eit
empirische Arbeit
dienende Rolle der Empirie!
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Wie vergleicht man eine theoretische Aussage mit einem empirischen Befund?
Die zu prüfende Aussage (= Hypothese) muss so deutlich formuliert werden, dass man sich klar vorstellen kann, was für Befunde zu erwarten sind, falls die Hypothese stimmt.
Die erhobenen Daten werden durch geeignete Methoden der Datenanalyse so aufbereitet und dargestellt, dass klar erkennbar ist, was sie – im Licht der zu prüfenden Hypothese – über ihren empirischen Referenten besagen, etwa durch ... thematische Zusammenstellungen qualitativer Text- oder Bilddaten Berechnung und Vergleich statistischer Maßzahlen
z.B: Mittelwerte, Zusammenhangsmaße usw. Verwendung von ‚bildgebenden‘ Modellen der multivariaten
Statistik z.B. Eiszapfendiagramme / Dendrogramme von Clusteranalysen,
Plots von multidimensionalen Skalierungen, Matrizen von Ladungszahlen / Faktorenplots von Faktorenanalysen usw.
Unter Anwendung der hermeneutischen Methode wird sodann festgestellt, ob die erhobenen und so aufbereiteten Daten die zu prüfende Hypothese widerlegen oder bekräftigen / bestätigen.
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Vergleich einer Hypothese mit qualitativen Interviewdaten
Hypothese: „Abgeordnete werden ihr Amt dahingehend auffassen, dass sie die Wünsche der Bürger immer dann nicht erfüllen sollten, wenn sie zum Urteil gelangt sind, eben dies läge im langfristigen Interesse der Bürger!“
erhobene Daten: frei formulierte Interviewantworten vieler Abgeordneter auf die Frage, wie sich ein Abgeordneter bei Entscheidungskonflikten zwischen eigenen Überzeugungen und Bürgerwünschen verhalten solle.
Erwartung an die Befunde: Es sollten sich ziemlich viele Interviewpassagen finden, in denen die Abgeordneten genau diese Position vertreten!
Datenaufbereitung / Datenanalyse: Zusammenstellung aller Interviewpassagen, in denen von den befragten
Abgeordneten diese Position vertreten wird Berechnung, wieviel Prozent aller inhaltsanalytisch segmentierten Textpassagen zu
Zügen des Amtsverständnisses der Abgeordneten auf genau diese Position entfallen Berechnung, wieviel Prozent aller nach ihrem Amtsverständnis befragten
Abgeordneten diese Position vertreten abschließender Vergleich der Erwartung mit den Befunden
Entscheidungsregel: „Falls sehr viele Abgeordnete in ihren Interviews diese Position vertreten und / oder falls diese Position in einem überzufällig großen Prozentanteil aller inhaltsanalytisch segmentierten Textpassagen zu den Zügen des Amtsverständnisses vertreten wird, wollen wir die zu überprüfende Hypothese als bekräftigt ansehen, andernfalls als widerlegt!“
Beispiel I
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Vergleich einer theoretischen Aussage mit Indikatoren zu ihrem empirischen Referenten
Theorem: „Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel steigert die gesellschaftliche Produktivität und vermehrt den gesellschaftlichen Reichtum über jenes Maß hinaus, das in Gesellschaften mit Privateigentum an Produktionsmitteln möglich ist, weil ...“
Abzuleitende empirische Aussage: „In einem Staat mit vergesellschafteten Produktionsmitteln wird man größeren gesellschaftlichen Reichtum vorfinden als in Staaten mit Privateigentum an Produktionsmitteln!“
Operationalisierung der zentralen Begriffe, z.B. ‚gesellschaftlicher Reichtum‘, anhand etwa folgender Indikatoren (erforderlich: Validität!): Höhe des frei verfügbaren und auch in reale Kaufkraft umsetzbares Einkommen der Bürger Grad des subjektiven Empfindens der Bürger, in einer reichen Gesellschaft zu leben Modernität und Leistungsfähigkeit der öffentlichen Infrastruktur (Verkehr, Gesundheit, Schulen
…) Finanzierungsspielräume im Staatshaushalt
Erhebung von Daten zu allen diesen Indikatoren einesteils in den realsozialistischen Staaten DDR und Sowjetunion, andernteils in den kapitalistischen Staaten BRD und USA
Berechnung geeigneter und vergleichbarer statistischer Kennziffern (= Indikatorwerte) zu Massenkaufkraft, subjektiver Reichtumsempfindung, Haushaltsspielräumen ...
Feststellung, ob die jeweiligen Indikatorwerte der realsozialistischen Untersuchungsfälle oberhalb jener der kapitalistischen Staaten liegen falls jeweils oder überwiegend ja: Bekräftigung der zu überprüfenden empirischen Aussage falls jeweils oder überwiegend nein: Widerlegung der zu überprüfenden empirischen Aussage
Logischer Schluss, ob das eingangs formulierte Theorem (und die es begründende Theorie) somit empirisch wahr oder empirisch falsch ist.
Beispiel II
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Vergleich einer komplexen theoretischen Kausalhypothese mit
einschlägigen empirischen Befunden
Theorie zur Erklärung von X
Var A
Var B
Var D
Var C
Var X
Var E
-.60
.40
.10
.30
-.25
.70
empirische Befunde zur Erklärung von X
Var A
Var B
Var D
Var C
Var X
Var E
-.22
.42
.30
.55
.60
.11
‚Pfadmodell‘
Ein ‚Pfadmodell‘ sieht aus wie ein Pfeilmodell. Die in ihm eingetragenen Ziffern zur
Quantifizierung von Richtung und Stärke eines Zusammenhang sind aber keine
hypothetischen Schätzungen, sondern empirische Befunde, die durch (partielle)
Regressionsanalysen gewonnen wurden.
Beispiel III
... usw. Ergebnis: einige
Ähnlichkeiten, doch auch wichtige
Unterschiede. Kausaltheorie teils
bestätigt, teils widerlegt!
‚Pfeilmodell‘
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Wie überprüft oder korrigiert man Theorien? Sehr oft wird tatsächlich gemäß den beschriebenen Leitgedanken
verfahren. Abweichungstyp I: ‚Pragmatik‘
Man baut nicht gleich eine ganze (komplexe) Theorie um, nurweil einzelne ihrer Bereiche nicht ganz stimmen!
‚Theoriekern‘ vs. ‚Gürteltheorien‘ (analog zu ‚abstrakte Begriffe‘ vs. ‚Beobachtungsbegriffe‘); Imre Lakatos
Es kann ja auch sein, dass jene empirischen Befunde, die der bislang für wahr gehaltenen Theorie widersprechen, nicht über alle Zweifel erhaben sind!
‚Beharrungskraft von Paradigmen‘; Thomas S. Kuhn Abweichungstyp II: ‚Schlamperei‘
keine sorgfältige empirische Prüfung keine sorgfältige fehlerkorrigierende Theoriearbeit
Abweichungstyp III: ‚Immunisierung‘ Man wünscht gar nicht, dass eine bestimmte Theorie
in Zweifel gezogen wird. Also ignoriert man sie in Zweifel ziehende Ergebnisse logischer
oder empirischer Theorieprüfung; falls man dazu die Macht hat, verhindert man vielleicht überhaupt die theoriekritische Forschung oder wenigstens die Veröffentlichung von deren Ergebnissen.
Praxis
Ursache: (Aus-) Bildungsmängel,
mangelnde kollegiale KontrolleUrsachen: Eitelkeit und
Ideologie in Verbindung
mit institutioneller Macht
Ursachen: Konservatismus,
Verlust von Neugier
abn
ehm
end
e A
kzep
tab
ilitä
tEinsicht: (Groß-) Theorien werden in der Regel nicht deshalb korrigiert oder auf-gegeben, weil sie als fehlerhaft oder falsch nachgewiesen wurden, sondern weil jene Leute ausscheiden, die sie vertreten!
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Probleme der Theorieprüfung
Der empirische Wahrheitsgehalt von Theorien wird grundsätzlich durch Überprüfung des empirischen Wahrheitsgehalts jener Aussagen festgestellt, die sich logisch korrekt aus der Theorie ableiten lassen.
vier Probleme: Problem I: Wie gut lässt sich eine komplexe Theorie tatsächlich
auf solche Aussagen zuspitzen, aus deren Wahrheit oder Falschheit sich ein triftiger Schluss auf die Wahrheit oder Falschheit der Theorie insgesamt ziehen lässt?
Problem II: Muss man wirklich eine ganze Theorie für falsch halten, nur weil sich einzelne aus ihr abgeleitete empirische Aussagen als falsch erwiesen haben?
Problem III: Stimmen denn die empirischen Befunde wirklich, angesichts welcher man aus der Theorie abgeleitete Aussagen für falsch hält?
Problem IV: Wer sagt uns denn, dass die anscheinend der Theorie widersprechenden Befunde wirklich der Theorie widersprechen?
hier: der Prüfung des empirischen Wahrheitsgehalts einer Theorie
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Problem I
schwerwiegendes Problem im Fall von schlecht ausgearbeiteten, von sehr abstrakten oder von oder sehr komplexen Theorien!
Lösung: Ausarbeitung der Theorie zu einem transparenten Gefüge
logisch konsistenter Aussagen (z.B. des Marxismus-Leninismus) umfassende Operationalisierung der theoretischen Begriffe und
Aussagen der Theorie dahingehend, dass man gut erkennen kann, welche Beobachtungen im empirischen Referenten von der Theorie vorhergesagt, welche anderen aber Beobachtungen aber ausgeschlossen werden
Überprüfung und Verbesserung wenigstens der teilweise empirisch interpretierbaren Konkretisierungen des Theoriekerns (‚Gürteltheorien‘), wenn schon der Theoriekern selbst zu abstrakt ist, um seinerseits empirisch überprüft zu werden
Wie gut lässt sich eine komplexe Theorie tatsächlich auf solche Aussagen zuspitzen, aus deren Wahrheit oder Falschheit sich ein triftiger Schluss auf die Wahrheit oder Falschheit der Theorie insgesamt ziehen lässt?
arbeitsteiliges Verhältnis von gegenstandspezifischen Theorien Theorien mittlerer Reichweite allgemeinen Theorien
Weg
zur
Pro
blem
lösu
ng: v
erbe
sser
te T
heor
iear
beit
!
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Problem II
schwerwiegendes Problem im Fall von schlecht ausgearbeiteten, von sehr abstrakten oder von oder sehr komplexen Theorien (z.B. der Systemtheorie Luhmanns)!
Lösung: Überprüfung, wie aussagekräftig jene Widerlegung dieser aus der Theorie
abgeleiteten Aussage wirklich ist. Liegt vielleicht (nur) ein Spezialfall der Theorie vor, dessen besondere
Bedingungen unzureichend berücksichtigt wurden? (z.B. eine Theorie parlamentarischer Regierungskontrolle, die nur bei Vorliegen freier Massenmedien stimmt?)
Überprüfung, ob im Bereich der widerlegten Aussage die Theorie nur an die Grenze ihres (perspektivischen) Anwendungsbereichs geriet (z.B. Anwendung der Theorie rationalen Wahlverhaltens auf die Wahl des Ehepartners).
Falls ja: ausdrückliche Einengung des empirischen Referenten der fraglichen Theorie!
‚Indizienkette‘: Wie viele (und welche Arten) von klar widerlegten Aussagen der Theorie müssen zusammenkommen, damit die Wahrscheinlichkeit allzu gering wird, diese Theorie könne trotzdem richtig sein?
z.B. Indizien zur Widerlegung der ‚Phlogiston‘-Theorie der Verbrennung
Muss man wirklich eine ganze Theorie für falsch halten, nur weil sich einzelne aus ihr abgeleitete empirische Aussagen als falsch erwiesen haben?
Weg zur Problemlösung: verbesserte Theoriearbeit –
samt Präzisierung ihrer empirischen Behauptungen!
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Problem III
Problem in jedem Fall der Überprüfung einer Theorie!
Lösung: Sorgfältige Anwendung aller Einsichten und praktischen Hinweise der Methodenlehre, um sicherzugehen, dass bei den folgenden Arbeitsschritten jenes Forschungsprozesses, der zur Widerlegung einer theoretischen Aussage führte, keine Fehler gemacht wurden:
Konzeptualisierung und Operationalisierung (nötig: ‚Validität‘) Stichprobenziehung (zu vermeiden: Stichprobenfehler) Datenerhebung (nötig u.a. Reliabilität) Datenanalyse (nötig u.a. statistische Kompetenz) Dateninterpretation
(nötig u.a.: methodische Kontrollevon Subjektivität)
Stimmen denn die empirischen Befunde wirklich, angesichts welcher man aus der Theorie abgeleitete Aussagen für falsch hält?
Zweck der Methodenlehre: sicherstellen, dass
Forschungsergebnisse so wenig wie möglich durch Fehler
bei der Forschungsarbeit problematisch gemacht werden!
Weg zur Problemlösung: verlässlich gute empirische Forschung!
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Problem IV Problem in jedem Fall der Überprüfung einer Theorie! Dieses Problem besteht in folgendem:
Ich will den Wahrheitsgehalt der Aussage X aus der Theorie A testen. Dazu verwende ich den Datensatz Z. Den Datensatz Z habe ich erhoben und ausgewertet anhand von Theorien, die mir sagten:
„Die empirischen Referenten meiner Begriffe / Aussagen beobachte ich, wenn ich die folgenden Dinge beobachte: …
Die beobachteten Dinge muss man wie folgt verstehen: … Also bedeuten die beobachteten Dinge folgendes: …“‚Sammelname‘ für diese Theorien: ‚Beobachtungstheorie‘ (B)
Die Aussage „Die am Datensatz Z gewonnenen Befunde widerlegen / bestätigen / bekräftigen die Aussage X der Theorie A“ setzt darum voraus: „Die Beobachtungstheorie B ist wahr!“
Ansonsten wäre nämlich nicht anzunehmen, dass die am Datensatz Z gewonnenen Befunde stimmen, weshalb sie die Aussage X weder widerlegen noch bestätigen oder bekräftigen könnten!
Also arbeitet man beim Überprüfen von empirischen Theorien stets mit zwei Theorien: mit der zu überprüfenden Theorie A mit der Beobachtungstheorie B,
wobei man die Richtigkeit der Beobachtungstheorie aufgrund vorhergehender Forschungsarbeit als gesichert annehmen können muss, bevor es sinnvoll sein kann, die Theorie A überhaupt anhand des Datensatzes Z zu überprüfen.
Lösung: Arbeit mit gesicherten Beobachtungstheorien … des erforschten Wirklichkeitsausschnitts der Methodenlehre
Wer sagt uns denn, dass die anscheinend der Theorie widersprechenden Befunde wirklich der Theorie widersprechen?
gelehrt im Lauf des Studiums oder kennengelernt bei der Einarbeitung in ein Forschungsgebiet
Weg zur Problemlösung: Erwerben von inhaltlicher und methodischer Kompetenz auf dem jeweiligen Forschungsgebiet!
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Struktur eines Datensatzes
Fall 1
Fall 3
Fall 2
Fall n
…
…
Variable 1 Variable 2 Variable k…
Beobachtung 3,1 Beobachtung 3,2 Beobachtung3,k…
Beobachtung 2,1 Beobachtung 2,2 Beobachtung 2,k…
Beobachtung 1,1 Beobachtung 1,2 Beobachtung 1,k…
… … … …
Beobachtung n,kBeobachtung n,1 Beobachtung n,2 …
… ………Die Antwort auf die Forschungsfrage wird erarbeitet,
indem eine solche ‚Datenmatrix‘ ausgewertet wird
‚Beobachtungen‘ = die anhand der jeweils verwendeten
Methode pro Variable und Fall erhobenen Daten,
ganz gleich in welcher Form sie vorliegen! beobachtet man auch das Richtige?
Sti
chp
rob
enu
mfa
ng
Es hängt die ganze Tragfähigkeit der Antwort auf die Forschungsfrage davon
ab, dass ‚die richtigen Beobachtungen‘ getätigt und festgehalten wurden!
( Validität)
InfoAntwort erteilt von ‚Beobachtungstheorie‘!
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Die ‚Beobachtungstheorie‘
Unter einer ‚Beobachtungstheorie‘ versteht man eine Theorie, die dem Forscher klarmacht, was genau er zum Zweck der Überprüfung einer Aussage beobachten muss und wie diese Beobachtungen zu deuten sind.
Beispiel 1: Man will als Archäologe wissen, ob ein gefundener Knochen wirklich älter als 10.000 Jahre ist. Man kennt die als wahr bekannte Theorie, dass man aus dem Zerfall eines bestimmten Kohlenstoff-Isotops
das Alter organischer Gewebe bestimmen kann (= Beobachtungstheorie) Darum wendet man die C14-Methode an und bestimmt anhand von deren Befunden das Alter des
Knochens.analog: Beobachtungstheorien bei Radioastronomie, Teilchenforschung, Bilderstellung aus Sonden im All …
Beispiel 2: Man will wissen, ob Abgeordnete ihr Amtsverständnis so auffassen, dass sie vor allen Dingen die Wünsche
ihrer Wähler in politische Entscheidungen umsetzen sollten. Man weiß aus der bisherigen Forschung, dass folgende Frage gut geeignet ist, das tatsächliche
Amtsverständnis der Abgeordneten herauszufinden: „Wie würden Sie die Aufgaben eines Abgeordneten beschreiben? Was sind die wichtigsten Dinge, die ein Abgeordneter tun sollte?“ (= Beobachtungstheorie)
Darum stellt man in Interviews Abgeordneten genau diese Frage und interpretiert die Antworten als Hinweise auf ihr Amtsverständnis.
Die Beobachtungstheorie B muss natürlich auch selbst und mit positivem Ergebnis auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft worden sein, bevor man sie für die Überprüfung der Theorie A verwenden kann.
Dafür muss ihrerseits eine weitere Beobachtungstheorie B´ herangezogen werden. Für diese gilt das gleiche wie für B, weswegen man scheinbar in einen infiniten Regress gerät: B´´, B´´´…
Lösung: In Wirklichkeit liegt ein ‚hermeneutischer Spiralprozess‘ vor, bei dem die eine Theorie die andere erhellt – ganz analog wie beim geometrischen Triangulationsprozess, bei dem man von drei variablen (!) Messpunkten aus jedes Gelände präzis vermessen kann.
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Falls das Ziel einer empirischen Forschungsarbeit über die Anfertigung einer Beschreibung hinausgeht, ist es auf jeden Fall eine Theorie, welche die zentralen Ergebnisse birgt: Wenn/Dann-Aussagen Erklärungen Prognosen
Schon am Anfang jeder Forschungsarbeit steht Theorie: im schlimmsten Fall: ohne dass man sich Gedanken über sie,
ihre Perspektive und Selektivität macht, so dass man gar nicht bemerkt, welche ‚Brille‘ oder ‚Scheuklappen‘ man trägt
im besten Fall: in Gestalt systematischer Theoriebildung, umsichtiger Konzeptualisierung und valider Operationalisierung
Fazit: Nur der wird ein besonders guter Empiriker
sein, der auch gut als Theoretiker arbeiten kann!
„Nichts ist praktischer als eine gute Theorie!“
nicht endender hermeneutischer
Kreislaufprozess aus Theorie und Empirie!Theorie und Empirie: Zusammenfassung
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zusammenfassende Ratschläge
zur ‚Entscheidung‘ zwischen qualitativer und quantitativer Forschung
zur ‚Entscheidung‘ zwischen fragengeleiteter und hypothesengeleiter Forschung
zu häufigen Fehlschlüssen beim Forschen
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Qualitative vs. quantitative Sozialforschung
Unterscheidungsdimensionen
Unbekanntes entdecken, neue Fragen beantworten
präzise Hypo-thesen prüfen
gering, schlecht groß, gut
klassifikatorische und komparative
metrische
nicht vorab erstellbar
standardisiertund getestet
erkundend, schrittweise
systematisch, geplant
intuitive oder theoretische Stichprobenbildung
systematisch gezogene Stichproben
Forschungsabsicht
Vorwissen, Forschungsstand
Erhebungsinstrument
Datenerhebung
Stichprobe
verwendbare Begriffe
viele Forschungsvorhaben liegen zwischen beiden ‚Extremformen‘!
Alles das hängt oft miteinander zusammen!
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Qualitative und quantitative Forschung
Forschungsstand ist …
dürftig gut
Art
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sin
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ts
ist nicht vorhanden
‚Leitfaden‘
ist standardisiert und erbringt metrische Daten
(rein) qualitative Forschung
(rein) quantitative Forschung
gegenstandsspezifische Grenze aktueller Quantifizierbarkeit
‚Fortschritt‘
Die Entscheidung, (eher) qualitativ oder
(eher) quantitativ zu forschen, muss nicht
nach Willkür oder Vorlieben fallen!
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Für Theorienpluralismus und Methodenmix!
Viele Forschungsfragen verlangen einen multiperspektivischen Blick auf ihren Gegenstandsbereich. Also sollte man grundsätzlich Theorienpluralismus
praktizieren. Jede Methode liefert nur eine bestimme Art von
Beobachtungen des zu erkundenden Gegenstandsbereichs. Also ist es oft ratsam, mehrere Methoden zu kombinieren.
Qualitative und quantitative Forschungsansätze schließen einander nicht aus, sondern ergänzen einander. Genau eine solche wechselseitige Ergänzung von qualitativem
und quantitativem Vorgehen ist auch ziemlich oft erforderlich, da selbst auf engeren Forschungsfeldern unterschiedliche Fragestellungen zu beantworten sind und oft sehr unterschiedliche Forschungsstände vorliegen.
Also sollte man sich Kompetenzen sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Forschung aneignen.
Diesen Ratschlägen nachzukommen ist um so plausibler, als jeglicher Ausprägung konkreter Forschung die völlig gleiche Logik der Forschung zugrunde liegt!
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Forschungsanleitung durch Fragen oder durch Hypothesen?
‚Forschungsorthodoxie‘ im Anschluss an Karl R. Popper: „Aufgabe von Forschung ist es, Hypothesen möglichst strengen Falsifikationsversuchen
zu unterziehen und dann auf den dabei bekräftigten Hypothesen weiter aufzubauen!“ Folgen:
Empirischen Arbeiten (zumal quantitativen) werden lange Listen von Hypothesen zugrunde gelegt, die im Lauf der Forschungsarbeit geeigneten (statistischen) Hypothesentests ( Signifikanztests) unterzogen werden.
Oft werden diese Hypothesen aus mehr oder minder plausiblen Theorien abgeleitet,nicht selten aber auch recht willkürlich ‚aufgestellt‘.
Letzteres geschieht nicht selten deshalb, weil man zwar gelernt hat, dass empirische Forschung ‚Hypothesen braucht‘, doch man keine für das eigene Forschungsvorhaben geeignete Theorien kennt (oder vorab entwickelt hat), aus denen sich fruchtbare Hypothesen ableiten ließen.
angemessene Verfahrensweise: Forschung dient der Beantwortung offener Fragen. Gibt es aus vorgängiger Forschung schon begründete Vermutungen, wie die offenen
Fragen zu beantworten wären, dann formuliert man diese Vermutungen als Hypothesen und überprüft anschließend deren Wahrheitsgehalt.
Gibt es noch nicht aus vorgängiger Forschung begründete Vermutungen, wie die offenen Fragen zu beantworten wären, oder kennt man diese wenigstens nicht, so ist es besser, den Forschungsprozess unmittelbar von den offenen Forschungsfragen anleiten zu lassen – und zwar genau so, wie das von Anfang dieses Vorlesungsteils an behandelt wurde!
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Fehlschlüsse, die man bei der Erarbeitung von Forschungsergebnissen besser vermeiden sollte
abstraktionistischer Fehlschluss Man glaubt, dass man auf abstrakte Weise etwas verstehen kann, was man im und am konkreten
Einzelfall noch gar nicht verstanden hat. Dialektik von Basis und Überbau konkretes Zusammenwirken von Technik und Kultur
ökologischer Fehlschluss Man glaubt, dass Zusammenhänge, die auf der Aggregatebene in einer Gruppe vorliegen, so auch auf
der Ebene jedes Gruppenmitgliedes bestünden. ‚Arbeiter wählen eher SPD‘ ‚Mein Vater ist Arbeiter; also wählt er SPD!‘
individualistischer Fehlschluss Man glaubt, dass Zusammenhänge, die auf der Ebene einzelner Gruppenmitglieder vorliegen, so auch
auf der Aggregatebene der Gruppe bestünden. ‚Student Maier schreibt ab‘ ‚Alle Studenten schreiben ab!‘
konsekutivistischer Fehlschluss Man glaubt, dass bei einer Folge von zwei auffälligen Ereignissen das erste Ereignis die Ursache des
zweiten sei. ‚Merkel verliert das TV-Duell und wird Kanzlerin‘ ‚Merkel wurde Kanzlerin, weil sie das TV-Duell verlor‘
naturalistischer Fehlschluss Man glaubt, dass sich aus dem, was ist, auch eine Aussage darüber ableiten lasse, was sein soll. ‚Ungeborene Kinder werden abgetrieben‘ ‚Ungeborene Kinder sollen abgetrieben werden!‘
normativistischer Fehlschluss Man glaubt, dass sich aus dem, was sein soll, auch eine Aussage darüber ableiten lasse, was wirklich
ist. ‚Du sollst nicht töten!‘ Menschen bringen einander nicht um
Alle diese Fehlschlüsse unterlaufen in der Praxis viel häufiger, als das eigentlich nötig wäre! Am besten fängt man mit deren Vermeidung bei sich selbst an ...
... wird besonders oft in Prüfungen sichtbar; tun Sie etwas dagegen: Suchen Sie stets nach konkreten Beispielen für ‚Theoretisches‘!
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Damit sollte klar sein … wie man Theorien bildet wie man den empirischen Wahrheitsgehalt von
Theorien überprüft welche Rolle ‚Beobachtungstheorien‘ spielen welche Probleme es bei der Prüfung des
empirischen Wahrheitsgehalts von Theorien gibt und wie man sie in den Griff bekommen kann
wie das Verhältnis von Theorie und Empirie beschaffen ist
wie das Verhältnis von qualitativer und quantitativer Sozialforschung beschaffen ist
Welche Fehlschlüsse man vermeiden sollte
Noch Fragen? – Bitte!
Ratschläge für die Vorbereitung auf die Klausur
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Ratschläge für die Vorbereitung auf die Klausur schlechtester Weg:
„Habe in der Vorlesung / auf den Folien mitbekommen, dass das alles recht einfach ist“ (was ja im Grunde richtig ist)
also: noch einmal kurz über die Folien blicken – und dann schauen wir mal ... etwas (nicht viel) besserer Weg:
„Da sich alle Klausurfragen auf den Inhalt einzelner (Gruppen von) Folien richten, lerne ich einfach die Folien“ (worauf das letzten Endes ja wirklich hinausläuft)
Folge: Wald/Bäume-Problem – samt Chaos im Kopf und auf dem Klausurblatt! bester Weg:
verstehen, worum es bei Wissenschaft geht (Emanzipation vom Alltagsdenken, Erarbeitung verschiedener Klassen von wahren Aussagen, Verbindung von theoretischer Vorprägung mit empirischen Befunden ...)
verstehen, warum jeder erfolgversprechende Forschungsprozess auf eine ganz bestimmte – und keine andere – Weise abläuft; zu diesem Zweck: gründliches Nacharbeiten des entsprechenden Beispiels aus dem Foliensatz Forschungslogik I.
Einfügen aller Details in diesen großen Verständnisrahmen (Begriffe und Messen; Validität und Reliabilität, Aussagen / Theorien und die Prüfung ihres Wahrheitsgehalts; qualitative und quantitative Forschung; Rolle der Statistik ...)