tumorförmige leukose bei einem feldhasen

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Z. ]agdwiss. 148 Mitteilungen Bd, 9 (1963), H. 4 Der Hits& war in der Feist- und BrunPczeit mit der abnormen Stange bekannt, vet- stand es aber, den J~igern, die ihn zur Stre&e bringen wollten, zu entgehen. Er fiel im darauffolgenden Jahr als Eissprossenzehner vom 13. Kopf mit absolut regelm~if~igem Geweih (s. Abb. 3). K. KAYSER Aus dem Veterinlir-Pathologischen Institut der Justus Liebig-Universitlit Gieflen, Direktor: Prof. Dr. G. Pallaske Tumorf6rmige Leukose bei einem Feldhasen Bei unseren Haustieren kommen Erkrankungen, die allgemein als Leukose bezeichnet werden, vor allem beim Rind, S&wein, Hund, bei Katze, etwas seltener beim S&af, Pferd und Kanin&en vor. Verh~iltnism~if~ig h~iufig tritt die Leukose au& beim Huhn auf. Im Gegensatz dazu ist das Schriflctum tiber diese Erkrankung bei wildlebenden Tieren bis heute noch sp~irli&. Na& DO13B~I~STEIN (1958) wurde Leukose beim Elch, Damhirs&, Reh, Fu&s, Murmeltier, Stor&, Bu&fink und der MSwe beoba&tet. v. SANOERSLEBEN (1954) beri&tet ausftihrli& tiber eine tumorf/Srmige Lymphadenose der KSrper-, Lungen- und Gekr6selymphknoten sowie der Leber, Nieren und des Dtinn- darms beim Rotfuchs. Einen Fall yon Leukose beim Reh teilt in neuerer Zeit SCHULZE (1960) mit. Dabei handelt es si& um einen einj~ihrigen Knopfbo& rnit starker S&wellung der Haut-, Bug-, Darm- und Nierenlymphknoten sowie ges&wulstartige Wu&erungen in den Nierenpartien. WEIDHCH (1959) beoba&tete einmal Leukose bei einem Fasan. fdber Leukose des Feldhasen beri&tet BURGISSER (1957) zum ersten Male. Er stellte in ftinf F~illen Leukose, wahrs&einli& myeloiden Chrakters, beim Hasen lest. Die wu&ernden Zellen batten rundti&e, ovale, nierenf6rmige, segmentierte oder gelappte Kerne mit verstreutem Chromatin und rei&li& Zytoplasma mit Granula- tionen. Die Oxydasereaktion war positiv. In drei FHlen traten au& Megakaryozyten auf. Weitere ftinf F~ille mit Leukoseverda&t beim Feldhasen teilt ~XVEIDLICH (1959) mit. Dabei fand er in vier F~illen neben Lymphknotenver~inderungen au& Milzs&wellung und andere Organver~inderungen; in einem Fall eine kinderfaustgroge, spe&ige Neu- bildung am linken Ovar, eine taubeneigrof~e in der Lendengegend und eine etwa glei&- grot~e am re&ten Ovar. Histologis& bestanden diese Neubildungen aus Lymphozyten und Zellen mit etwas hellerem rundli&em Kern. Bei zwei anderen histologis& unter- su&ten F~illen konnte er folgende Befunde erheben: 1. Lymphknoten: Hyperplasie des lymphatis&en Gewebes. Niere: Interstitielle Lymphozytenherd&en in der Nieren- rinde und ein uns&arfer Herd in der Marks&i&t. Leber: Erweiterte, mit Erythrozyten, Lymphozyten und monozy6iren Zellen angefiillte Kapillaren. Leberzellbalken ver- s&m~ilert, Balkenstruktur undeutli&, vereinzelte Lymphozytenherd&en. 2. Lymph- knoten: Sinuskatarrh mit Strukturverwis&ung. Lymphozyten dur& Lymphoidzellen verdr~ingt. Milz: Erweiterte mit Erythrozyten, Lymphoidzellen und Lymphozyten geftillte Sinus. Follikel z.T. ebenfalls aus Lymphoidzellen. Lunge: Lymphoidzell- m~intel um Gef~ige und Bron&ien; an mehreren Stellen Einbre&en der Infiltratzellen in die kleinen ven6sen Gef~itge.Leber: Im Stiitzgewebe und in erweiterten Kapillaren Lymphoidzellen neben Lymphozyten. Nieren: Zellen lymphoiden Charakters im lo&e- ten Bindegewebe der Grenzs&i&t. Die Infiltratzellen der Lunge, Leber und Nieren haben e&ige und gekerbte Kerne, die au& dunkler ers&einen. Di&darm: Diffuse Infil- tration der Submukosa mit vorwiegend Lymphozyten. v. BRAUNSCHWEIG (1960) stellte

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Z. ]agdwiss. 148 Mitteilungen Bd, 9 (1963), H. 4

Der Hits& war in der Feist- und BrunPczeit mit der abnormen Stange bekannt, vet- stand es aber, den J~igern, die ihn zur Stre&e bringen wollten, zu entgehen. Er fiel im darauffolgenden Jahr als Eissprossenzehner vom 13. Kopf mit absolut regelm~if~igem Geweih (s. Abb. 3). K. KAYSER

Aus dem Veterinlir-Pathologischen Institut der Justus Liebig-Universitlit Gieflen,

Direktor: Prof. Dr. G. Pallaske

Tumorf6rmige Leukose bei einem Feldhasen

Bei unseren Haustieren kommen Erkrankungen, die allgemein als Leukose bezeichnet werden, vor allem beim Rind, S&wein, Hund, bei Katze, etwas seltener beim S&af, Pferd und Kanin&en vor. Verh~iltnism~if~ig h~iufig tritt die Leukose au& beim Huhn auf. Im Gegensatz dazu ist das Schriflctum tiber diese Erkrankung bei wildlebenden Tieren bis heute noch sp~irli&. Na& DO13B~I~STEIN (1958) wurde Leukose beim Elch, Damhirs&, Reh, Fu&s, Murmeltier, Stor&, Bu&fink und der MSwe beoba&tet. v. SANOERSLEBEN (1954) beri&tet ausftihrli& tiber eine tumorf/Srmige Lymphadenose der KSrper-, Lungen- und Gekr6selymphknoten sowie der Leber, Nieren und des Dtinn- darms beim Rotfuchs. Einen Fall yon Leukose beim Reh teilt in neuerer Zeit SCHULZE (1960) mit. Dabei handelt es si& um einen einj~ihrigen Knopfbo& rnit starker S&wellung der Haut-, Bug-, Darm- und Nierenlymphknoten sowie ges&wulstartige Wu&erungen in den Nierenpartien. WEIDHCH (1959) beoba&tete einmal Leukose bei einem Fasan. fdber Leukose des Feldhasen beri&tet BURGISSER (1957) zum ersten Male. Er stellte in ftinf F~illen Leukose, wahrs&einli& myeloiden Chrakters, beim Hasen lest. Die wu&ernden Zellen batten rundti&e, ovale, nierenf6rmige, segmentierte oder gelappte Kerne mit verstreutem Chromatin und rei&li& Zytoplasma mit Granula- tionen. Die Oxydasereaktion war positiv. In drei FHlen traten au& Megakaryozyten auf. Weitere ftinf F~ille mit Leukoseverda&t beim Feldhasen teilt ~XVEIDLICH (1959) mit. Dabei fand er in vier F~illen neben Lymphknotenver~inderungen au& Milzs&wellung und andere Organver~inderungen; in einem Fall eine kinderfaustgroge, spe&ige Neu- bildung am linken Ovar, eine taubeneigrof~e in der Lendengegend und eine etwa glei&- grot~e am re&ten Ovar. Histologis& bestanden diese Neubildungen aus Lymphozyten und Zellen mit etwas hellerem rundli&em Kern. Bei zwei anderen histologis& unter- su&ten F~illen konnte er folgende Befunde erheben: 1. Lymphknoten: Hyperplasie des lymphatis&en Gewebes. Niere: Interstitielle Lymphozytenherd&en in der Nieren- rinde und ein uns&arfer Herd in der Marks&i&t. Leber: Erweiterte, mit Erythrozyten, Lymphozyten und monozy6iren Zellen angefiillte Kapillaren. Leberzellbalken ver- s&m~ilert, Balkenstruktur undeutli&, vereinzelte Lymphozytenherd&en. 2. Lymph- knoten: Sinuskatarrh mit Strukturverwis&ung. Lymphozyten dur& Lymphoidzellen verdr~ingt. Milz: Erweiterte mit Erythrozyten, Lymphoidzellen und Lymphozyten geftillte Sinus. Follikel z.T. ebenfalls aus Lymphoidzellen. Lunge: Lymphoidzell- m~intel um Gef~ige und Bron&ien; an mehreren Stellen Einbre&en der Infiltratzellen in die kleinen ven6sen Gef~itge. Leber: Im Stiitzgewebe und in erweiterten Kapillaren Lymphoidzellen neben Lymphozyten. Nieren: Zellen lymphoiden Charakters im lo&e- ten Bindegewebe der Grenzs&i&t. Die Infiltratzellen der Lunge, Leber und Nieren haben e&ige und gekerbte Kerne, die au& dunkler ers&einen. Di&darm: Diffuse Infil- tration der Submukosa mit vorwiegend Lymphozyten. v. BRAUNSCHWEIG (1960) stellte

Mitteilungen 149

bei einem Junghasenrammler eine Vergr6f~erung der Milz sowie sS.mtlicher Lymph- knoten der Brust- und Bauchh6he und der K6rperlymphkn0ten fest. Die histologische Untersuchung ergab das Bild der lymphatis&en Leukose. BI~UNK (1960) fand am hie- sigen Institut bei der Auswertung der Sektionsprotokolle jagdbarer Tiere yon nahezu 21 Jahren beim Feldhasen nur in einem einzigen Fall VerS.nderungen, wie sie bei der Leukose bekannt sin& Es handelte sich dabei um eine Lymphosarkomat0se. Auch die F~ille yon WEIDLICH (1959) verteilen sich am c eine Zeitspanne yon tiber zehn Jahren. Es s&eint do& so zu sein, daft die Leukose wie bei anderen wildlebenden Tieren au& beim Feldhasen seltener als bei unseren Haustieren ist. Aus diesem Grunde soll hier ein weiterer Fail einer leukotischen Erkrankung beim Feldhasen mitgeteilt werden.

Abb. 1 (links). a und b - Vergr6i~erte Kopf- und Halslymphknoten, c - Achsel- lymphknoten - Abb. 2 (rechts). a - Lymphknotenpakete am Zungengrund und in

der Kehlkopfgegend, b - Vergr6i~erte Bronchiallymphknoten

Es handelt sich um einen alten, gut gen~ihrten Feldhasen, der im Raume Laasphe/ Westf. erlegt wurde. Beim Abbalgen fanden sich an der ventralen Halsseite und kaudal vom Schulterblatt Verdi&ungen, weshalb das Tier zur Untersuchung eingesandt wurde. Wir konnten folgenden pathologisch-anatomis&en Befund erheben. Lymph- knoten: Parotislymphknoten haselnut~kern- bzw. kleinfingergliedgrot~, grauweii~ und markig. Die Mandibular-, Retropharyngeal- sowie Halslymphknoten bilden Pakete aus erbsen- bis pflaumengrot~en, grauweii~en, z. T. r6tlich marmorierten, markig wei- chen Einzelknoten (Abb. 1 und 2) mit ste&nadelkopfgrof~en, di&t gelagerten, grau- weif~en subkapsul~iren Herdchen. Brusteingangslymphknoten haselnut~grof~, weich. Schnittfl~iche graur6tlich. Achsellymphknoten beiderseits etwa kleinfingergliedgrof~; grauweii~e S&nittfl~iche, wei&e Konsistenz. Kniekehltymphknoten auf beiden Seiten daumengliedgrof~, grauweii~, markig. Die Bronchiallymphknoten stellen ein Paket yon bohnen- bis haselnul~groi~en, grauweigen Einzelknoten dar mit etwas festerer Konsi- stenz. Schnittfl~iche grauwei8 marmoriert, tro&en. Die Gekr~Sselymphknoten treten als erbsengrol~e Einzelkn6tchen yon grauweii~er Farbe und weicher Konsistenz, die paket- artig zusammengelagert sind, deutlich hervor. Darmbeinlymphknoten beiderseits gut erbsen- bis bohnengrof~, weich. Schnittfl~iche grauweifl mit einem rotbraunen Schimmer.

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Lunge: Herz- und Spitzenlappen lassen in Randn~ihe verdichtete Bezirke erkennen, ferner mehrere Blutunge n und Pleuraperforationen durch Schrote. Milz: Etwa zeige- fingergrog, dunkelrot mit gut stecknadelkopfgrof~en Follikeln (dutch Schui~ stark zer- triimmert). Leber: Hellbraunrot, briichig mit scharfen R~indern. Nieren: Prall, dunkel- rotbraun. Alle iibrigen Organe o. b. B.

Histologischer Befund~ Die Struktur der Lymphknoten ist dutch teilweise starke Rundzellinfiltrate mehr oder weniger verwischt. Die Infiltratzellen geben eine negative Oxydasereaktion. In Leber, Nieren und Lunge lassen sich keine Infiltratzellherde nach- w e l s e n .

Auf Grund der oben beschriebenen pathologis&-anatomis&en VerS.nderungen der Lymphknoten sowie des histologischen Befundes handelt es si& um einen Prozeg, der in die Gruppe der leukotis&en Erkrankungen (lymphatische Leukose) geh6rt. Auf- fallend dabei ist, dag in unserem Falle, im Gegensatz zu anderen Untersu&ern (WEID- LICH 1959, v. BRAUNSCI-IWEIG 1960) weder eine Milz- no& eine Lebervergr&%rung be- steht und das Tier gut gen~ihrt ist. Es ist aber andererseits yon unseren Haustieren her hinreichend bekannt, dag auch tumor/Sse Formen der Leukose, wenigstens im Anfangs- stadium, ohne auff~illige VergrtSflerung yon Milz und Leber vorkommen und datg das Tier nicht inamer abgemagert zu sein braucht.

Was die Atiologie der Leukose bei den verschiedenen Tieren angeht, so neigt man heute, nachdem beim Huhn und bei der Maus die 121bertragungsversuche gelungen sind, zu der Anschauung, dai~ es sich auch bei anderen Tieren, vor allem aber beim Rind, um eine ansteckende, in den meisten Eillen chronisch verlaufende Krankheit handelt, die h6chstwahrscheinlich durch ein Virus verursacht wird. Doch ist es noch nicht sicher ge- lungen, das Virus selbst nachzuweisen. Ebenfalls unklar ist die Frage, wie das infektitSse Agens iibertragen wird, ob schon eine intra uterine Ansteckung des Fetus m~Sglich ist, ob es sich um eine r3bertragung dutch die Muttermilch handelt, oder ob allein der bloge Konrakt zur Ansteckung geniigt.

Alle diese Fragen werden z. Z. noch an verschiedenen Veterin~ir- und Humanmedi- zinischen Forschungsstellen untersucht, und es ist zu hoffen, dag zumindest ein Tell davon bald gekl~irt werden kann.

Zusammenfassung

Es wird tiber einen weiteren Fall yon mmorf6rmiger Leukose, die vorwiegend auf die Lymph- knoten beschr~inkt ist, bei einem Feldhasen berichtet. Das Vorkommen dieser Erkrankung bei verschiedenen wildlebenden Tieren wird an Hand des Schriittums kurz er/Srtert.

Literatur

v. BRAUNSCHWrm, A.: B6sartige Geschwulst des lymphatischen Gewebes beim Hasen. Z. Jagd- wiss. 6, 67, 1960. - - BltuN~, R.: Beitrag zur Wildpathologie. Vet. Med. Diss. Gieflen 1960. - - BRUNet, R.: Wildpathologische Untersuchungen der Jahre 1939-1959. Z. Jagdwiss. 4, 121-185, 1960. - - BURGISSrR, A.: Sa leucose du lievre. Un sujet de pathologie comparee. Schweiz. Arch. Tierheilk. 99, 141-149, 1957. - - DO13BERSTEIN, J.: Uberblick fiber die Leukoseforschung beim Tier. Mh. Vet. Med. 13, 259-264, 1958. - - v. SANDERSLEBEN, J. : Tumorf~Srmige Lymphadenose bei einem Rotfuchs. Ein Beitrag zur Wildpathologie. Dtch. tier~irzt. Wschr. 61, 266-267, 1954. - - SCHULZE, H.: Leukose bei einem Rehbock. Z. Jagdwiss. 6, 68-69, 1960. - - WrlDLICH, N.: Ober Wildkrankheiten im Regierungsbezirk Arnsberg. Berl. Mtinch. Tieritrztl. Wschr. 72, 21-24, 1959. A. HERZOG