ueber feinere structur und architectur der zellen iii. theil: muskelgewebe

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76"2 Ueber feinere Structur und Archi~ctur der Zellen. III. Theil: Muskelgcwebe. Von Prof. J. Arnold in Heidelberg. Hierzu Tafel XXXII. Glattes Muskelgewebe. In der iilteren Literatur finden sich Mittheilungen tiber reihenweise gestelltc Piinktchcn und L~tngsstreifung der contractilen Faserzellen (M argo, W ag c n e r und J. Arnold). Sparer warden diese Zeichnungen als der Ausdruck einer iibrilli~ren Structur derselben angesehen (E n g'e 1- mann, KSlliker, Schiefferdecker). Von H s i t z m a n n 1)wird hcrvorgehoben, dass die Gram~la der glatten Muskclfassrn, namsntlich g'e~en dersn Endsn, clue Anordnung darbieten, derzufolgs sic sine Aehnlichkcit mit den sarcous elements der quergestreiften Musksln crhalten. B ti t s c h li 2) nimmt eine wabi~'s Structur der glatten Muskel- fasern an. Naeh P a ul S c h u 1 t z 3) enthi~lt sine jede Zelle ein dichtes Biindel yon Fibriilen, welchc gleichmassig in dsrsslben vertheilt sind. Eine einzelne Fibrills dutch die ganze Fassr zu verfolgen, ist S shultz nit gelungen. Gegen das Ende der Zellen nehmen die Fibrillen an Zahl ab, aber nieht in Folgs yon Vereini~ung, sondern stumpfer Endigung derselben. ~[ a r c h s s i n i und Ferrari 4) behaupten, dass die fflatten Muskelfasern des Katzendarmes aus vielen versehlungsnen Fiiden bestshen, in welchs sich das Zellprotoplasma aufgelOst habe. 1~ C. t t e i t z m a n n , Microscopic. Morphology. New York 1883. 2) B fit s chli, Verhandlungen d. naturhistor.-medicin. Vereins z. Heidelberg" 1896. 3) P a u 1 S c h u i t z, Die glatte Muskulatur d. Wirbclthiere. Arch. f. Anat. u. Physiologie, physiolog. Theil. 1895. 4) Marchesini u. Ferrari, Anatom. Anzeiger Bd. XI. 1896.

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76"2

U e b e r fe inere S t r u c t u r und A r c h i ~ c t u r der Zellen.

III. Theil: M u s k e l g c w e b e .

Von

Prof. J . A r n o l d in Heidelberg.

Hierzu Tafel XXXII.

G l a t t e s M u s k e l g e w e b e . In der iilteren Literatur finden sich Mittheilungen tiber reihenweise gestelltc Piinktchcn und L~tngsstreifung der contractilen Faserzellen (M a rg o , W ag c n e r und J. A r n o l d ) . Sparer warden diese Zeichnungen als der Ausdruck einer iibrilli~ren Structur derselben angesehen (E n g'e 1- m a n n , K S l l i k e r , S c h i e f f e r d e c k e r ) .

Von H s i t z m a n n 1 )wi rd hcrvorgehoben, dass die Gram~la der glatten Muskclfassrn, namsntlich g'e~en dersn Endsn, clue Anordnung darbieten, derzufolgs sic sine Aehnlichkcit mit den sarcous elements der quergestreiften Musksln crhalten. B ti t s c h l i 2) nimmt eine wabi~'s Structur der glatten Muskel- fasern an. Naeh P a ul S c h u 1 t z 3) enthi~lt sine jede Zelle ein dichtes Biindel yon Fibriilen, welchc gleichmassig in dsrsslben vertheilt sind. Eine einzelne Fibrills dutch die ganze Fassr zu verfolgen, ist S s h u l t z nit gelungen. Gegen das Ende der Zellen nehmen die Fibrillen an Zahl ab, aber nieht in Folgs yon Vereini~ung, sondern stumpfer Endigung derselben. ~[ a r c h s s i n i und F e r r a r i 4) behaupten, dass die fflatten Muskelfasern des Katzendarmes aus vielen versehlungsnen Fiiden bestshen, in welchs sich das Zellprotoplasma aufgelOst habe.

1~ C. t t e i t z m a n n , Microscopic. Morphology. New York 1883. 2) B fit s chli , Verhandlungen d. naturhistor.-medicin. Vereins z.

Heidelberg" 1896. 3) P a u 1 S c h u i t z, Die glatte Muskulatur d. Wirbclthiere. Arch.

f. Anat. u. Physiologie, physiolog. Theil. 1895. 4) Marches in i u. F e r r a r i , Anatom. Anzeiger Bd. XI. 1896.

Ueber feinere Structur und Architectur der Zellen. 763

Mittelst der Jod-Jodkalimethode lassen sich die glatten Muskeln sehr leicht isoliren, sei es, dass man Magen und Darm (Froseh) zuerst ft~r zwei bis drei Tagc in 10~ JodkalilSsung und dann ebenso lange in Jod-Jodkalil0sung (5 Tropfen dcr starken L0sung auf 10 cc. JodkalilSsung yon 10 ~ ) einlegt, sei es, dass die letztere Mischung yon Anfang an verwendet wird. In dem ersteren Fall isoliren sich die Zellen besser, in dem zweiten bcwahren sic vollkommener ihre Form. Sehr zu cm- pfehlen ist der Zusatz weniger Tropfen w~issriger Eosinl0sung zu der Isolirungsfltissigkeit.- Sehr deutlich tritt an solchen Prftpa- raten die LSngsstreiflmg hervor (Taft XXXII, Fig. 1); die sog. Fibrillen lassen sich abet meistens nieht yon dem einen Endc zu dem anderen verfolgen; vielmehr sind sie hSufig durch feinste K0rnehcn unterbroehen und zeigen eine mchr btindehveise Gruppi- rung und stellenweise Andeutung einer netzf6rmigen Anordnung (Fig. 2). Allerdings ist es sehr sehwierig, tiber diese Verh~ltnisse sieh Gcwissheit zu versehaffen, weil bei spiraliger Drehung der Fasern, wie sie bei solehen Isolirungen leicht erfolgt, solche Un- regelm",tssigkeiten im Verlauf und in der Anordnung der Fasern entstehen und insbesonderc der Ansehein einer bitndel- oder netzfSrmigen Archtiteetur erzeugt werden kSnntc. - - L~isst man die Muskelfasern t~,tngere Zeit in der Isolirungsfliissigkeit liegen, dann versehwindet die fibrill;~re Zeiehnung und wird dureh eine mehr k0rnige ersetzt. Es macht dann den Eindruek, als w~ren die Zellen aus feinen dureh kurze F~dchen unter einander ver- bundenen K6rnern aufgebaut (Fig. 3).

Der Kern wird yon einem deutlichen Gitterwerk durehzogen, dessen F~tden an die Kernwandsehichte inseriren, welche manch- real auch yon K6rnern durchsetzt erscheint (Fig. 1--3). Auf die K6rnerreihen an den Polen haben sehon K 1 e b s, F r a n k e n- h ~t u s e r , W a g e n e r uud ieh aufmerksam gemaeht. Zuweilen setzen sich diese K6rner in einfaeher oder mehrfaeher Reihe ziemlieh weit gegen die Enden der Zellen fort (Fig. 1), wie a u c h S c h w a l b e , R a n v i e r und S c h u l t z angeben. S c h w a l b e bezeichnet dieses Gebilde als Axenstrang; R a n v i e r meint, dass es in einem Ka.nal gelegen s e i . - - . Ausser diesen KSrnerreihen kommen noch andere mehr vereinzelt liegendc K0rner vor, welche durch ihrcn starkeren Glanz y o n d e n Myosomen, aus welchen die sog. Fibri]len sich zusammensetzen, unterscbieden sind. Ver-

764 J. A r n o l d :

muthlich stehen sic zur Erni~hrung in Beziehung und sind den interstitiellen Kih'nern der quergestreiftea Muskc l th se rn - den Sarcosomen - - gleichwerthig.

Schr h~iufig trifft man an den R~tndcrn der Zcllen aus Kih'nern bestehcnde Erhebungen (Fig. 2)~ wahrscheinlich die Reste dcr InterceUularbrficken, wie sic yon K u 1 t s c h i t z k y , B u s a c h i , B a r f u r t h , H c i d e n h a i n , N i c o l a s , E r i k M a l l e r , K l e c k i , de B r u y n e , B o h e m a n n , P a u l S c h u l t z u. A. beschrieben worden sind. Von manchen der genannten Autoren werden die Interccllularbrticken als Forts~ttzc de1" sog. Fibrillen g'edeutet.

Beziiglich dcr zwischen den Zellen in den Intcrceilularllickcn g'elegenen Substanz, welche fraher als eine Art Kittsubstanz auf- gefasst wurde, neuerdings als Ern~thrungsfiassigkeit angcsebcn wird, will ich noch bemerken, dass diese Anschauunff mit den yon mir am glatten ~Iuskclg'cwel)e beobachtetcn Abschcidnngen yon Indigkarmin nicht nut im bestcn Einklang steht, sondern dass del'en Berechtigung dm-ch diesen Naehwcis besser als dutch lnjectionsvel'suche begrtindet wird. Bei der Infusion yon Indig- karmin in das Blur l e b c n d c r Thicre konnte ich clue Ab- scheidung )'on FarbstoffkSrnchen zwischcn den Zellen dcr glatten 5Iuskulatur wahrnehmen und zog daraus den Schluss, dass sie in erster Linie zu den Ern:,thrungsvorg4tngen in Bczichun~ ge- braeht werdcn masse~). Dass der Zwisehensubstanz ausserdem nach eine Rolle bei der gegenseitig'en Verbindung und bei der in den verschiedencn Phasen dcr Zusammenzichung und Er- schlaffung erfolgenden Vcrschiebung" zukommen kann, wird man nicht ausser Acht lassen dtirfen.

1) J. Arnold , Ueber die Abscheidung" des indigschwefelsauren Natrons im Muskelgewebe. Bd. 71. 1877. Die Lehre yon den Inter- cellularlticken ist neuerdings yon den normalen Anatomen schr erfolg- reich g'efSrdert worden. Bei dieser Geleg'enheit miichte ich auf die Mittheilung'en yon Thoma und yon mir fiber die Abscheidun~ yon Indig'karmin in den Intercellularrilumen yon Epithelien und Endothe- lien, sowie in den Saftbahnen des Binde$ewebes, Knorpels und Knochens (Virehow's Archly Bd. 64, 1875; Bd. 66, 1876; Bd. 68, 1876; Bd. 71, 1877; Bd..73, 1878) aufmerksam machen, well sie meines Eraehtens bei der Eriirterung" der Erni~hrungs- und Zellwanderungsvorg~inge unter normalen und pathologischen Verh~ltnissen mehr Berficksichtigung verdienen, als ihnen bisher zu Theil geworden ist.

Ueber feinere Structur und Architectur der Zellen. 765

Q u e r g s s t r s i f t c M u s k e l f a s e r n . -- Die Beobachtung, dass dis quel'gestreiftsn Muskelfasern nicht nur in der Li~ngs- richtung', sondern auch dsr Quere nach zerfallsn, hat Bowman zur Aufstellung seiner ,,saerous elements" vsranlasst. K rause ' s ,Muskelk~tstchen ~ und M e r k s l's ,Muskelelemente" sollcn gleich- ialls nicht nur eins quere Gliederunff, sondern auch eine Zu- sammensetzun~ derselben aus verschiedenen Bestandthcilen an- zsiffcn. Dass die gsnannten Autoren die Abgrenzungen dieser Muskelelemsnte an verschiedene Stellen verlegten und der Zer- fall in Querscheiben an verschiedenen St~llsn erfolgen kann, schien einer Aufstellung solcher ,,Elemente" nicht gtinstig. - - Die meisten Histologen betrachten die ,,Fibrillc" als den wesent- lichsten Bestandtheil der quergestreiften Muskelfaser. Dis Vor- stellung, derzufolg'e dis Zwisehensubstanz die Hauptrolle bei der Contraction spielen solle, hat keinen Anklang gefunden. Ueber die Structur der Fibrillen sind die Meinungen in sofern ver- schieden, als die Meisten dicse, der verschiedenen Lichtbreehung ihrer Abschnitte ungeachtet, als histologische Einheiten betrachten, withrend Andere ftir eins Zusammensstzung aus verschiedsnen Bestandtheilen eintreten.

C. u. L. H e i t z m a n n 1) betoncn, dass der Bau der quer- gestreiften Muskelfaser identisch sei mit dem dsr Zellsubstanz. Sis unterscheiden ,sarcous elements" und die zwischen ihnen befindlichen KSrnerreihen, sowis eine Zwischensubstanz. Sitmmt- fiche Bildungen der erstgenannten Art, ob Si~ulchen oder K(irner, sind untereinandsr mittelst feiner Faden verbunden, die entweder yon dsm Centrum dsr Basalflliehe oder yon den Ri~ndern der S~tulchen abtrsten, um in benachbarts Si~ulchen und K(irner einzumtinden. - - R s t z i u s ~) betrachtet die Fibrillen als histolo- gisch einheitlich; die Existenz yon Seiten- und Quermembranen stellt er in Abrsde, besehreibt dagegen eine feine K(irnelung an der Zwisehenscheibe. Bti tsehli~), welcher gleich van B e n e d e n und S c h n e i d e r an den Fibrillen eins rsihenfSrmige Aufstellung yon K(irnern wahrgenommsn hatts, schreibt nicht nur dem Sarco-

1) C. Hei~zmann 1. c. u. L. Hei tzmann, Bau u. Entwicklun~ des quergestreiften Hautmuskels. Arch. f. Dermatologie Bd. 33. 1895.

2) Retzius , MuskelfibriHe u. Sarcoplasma. Biolog. Untersuch. N. F. I. 1880.

3) Biitschli, 1. c. u. Biolog. Centralblatt Bd. XI. 1891.

766 J. A r n o l d :

plasma, sondern auch der contractilen Substanz eine wabige Structur zu. Die chal'akteristische Eigenthtimlichkeit der quer- gestreiften h[uskelzellen besteht seiner Ansicht nach darin, dass das Wabenwerk der contractilen Elemente eine Differenzirung in der Langsrichtung" erfuhr. Die contractilen Etemente bestehen aus der Litnge nach abweehselnd hintereinander gereihtcn ver- sehiedenartigen Absehnitten: liing'eren, matteren und stitrker tingirbaren einerseits, ktirzeren, gliinzenderen und schwitcher tingirbaren andererseits, den anisotropen und isotropen Quer- seheiben. Allerdings beziehen sich diese Ang'aben auf die eon- traetilen Elemente yon Insekten und Crustaeeen; am Sehluss wird abet bemerkt, dass die quergestreiften Muskelzellen der Wirbel- thiere denselben Bau zeigen. - - A 1 t m a n n 1) schildert die neben der K r a u s e'schen Membran gelagerten Granula, welche in be- sonderer Beziehung" zu der ersteren stehen sollen, ferncr ausser mit Osmium gefiil'bten Granula feinere solehe Gebihle in der Zwisehensubstanz. Die Muskelfibril]e entstehe aus aneinander sieh reihenden Granula; sie seien die echten Bildner der Disdia- klasten, nicht die Granula tier Zwischensubstanz, welche erst spitter auftreten. - - G a I e o t t i-~) erw/~hnt fuehsinophile K6rn- chcn im Sareoplasma; er fasst sie als Stoffweehselproducte der Faser auf und will beobaehtet haben, dass sie cntsprcehcnd der Muskelarbeit zu und abnehmen. Mit der Entstehung der Fasern haben diese K0rner niehts zu thun. - - F u s a r i a) hat die quer- gestreiffen Muskelfasern nach der G olg ' i ' sehen Methode be- handelt und an solchen t)riiparaten die Existenz eines feinen aus F~tden und Knotenpunkten bestehenden Netzes in der Ebene des A m i e i ' s e h e n Streifens wahrgenommen. Die Netze der ver- schiedenen Streifen haben innige Beziehung zum Protoplasma des MuskelkSrperehens, yon dem sie eine Fortsetzung zu sein seheinen; sie stehen aueh unter sich mittelst Fiiden und l~tngliehen Lamellen in Verbindung. An jeder Grenze der doppelt breehenden Seheibe d. h. zwisehen ihnen und der einfach breehenden existirt ein anderes Netz. In der doppelt breehenden Seheibe sollen l~tng-

1) A 1 t m an n, Elementarorganismen. 1894. 2) Ga leo t t i , Ueber die Granulationen in den Zellen. Inter-

nationale Monatsschrift f. Anat. u. Physiol. Bd. XIL 1891. 3) F u s a r i , Sur le structure des fibres muscul, strides. Arch. ital.

d. biolog. Bd. _93. 1894 u. Atti del eong'resso reed. internat. XI. 1894.

Ueber feinere Structur und Architectur der Zellen. 767

liehe, prismatische und in dcr Mitte hellere K~irner enthalten sein, die manchmal aus 2 Theilen zu bestehen scheinen. Das Netz, welches die A m i c i ' s c h e n Streifen bedeckt, entspreche dem Sarcoplasma. Die isolirten Fibrillen seien nicht homogen, sondern enthalten dunkle doppeltbrechende und intensiver sich fitrbende Parthien. Jedcs Segment werde dureh eine dunkle Linie oder ein Granulum begrenzt. Auch die B o w m an 'sehe Scheibe sei nicht homogen, vielmehr enthalte sie 2 grosse sphiirische Granula.

Seit den Untersuehungen K 0 1 1 i k e r ' s , C o h n h e i m ' s , G e r l a c h ' s , R o l l e t ' s , R e t z i u s ' u. v. A. zweifelt wohl Nie- mand mehr an der Existenz einer Zwischensubstanz. Dass die- selbe K(irner - - Saerosomen - - enth~tlt, ist liingst bekannt; in welcher Beziehung diese zu einander und zu den Structur- elementen der sog. Muskelfibrillen stehen, dariiber finden sich, wie aus den obigen Literatarangaben hervorgeht, nur Andeutungen. Auch tiber die Bedeutung, welchc dem Sacroplasma zukommt, ist eine Versti~ndig'ung bisher nicht erzielt. W~thrend die Meisten dasselbe zur Erniihrung der Muskelfasern oder deren geg'enseitigen Verbindung bzw. zu beiden in Beziehung bringen, schreiben ihm Andere eine wichtige Rolle bei der Contraction zu, indem das Sarcoplasma als das eigentliehe contractile Element oder aber als bedeutungsvoll ftir diesen Vorgang' deshalb angesehen wird, well es bei diesem in innig'er Beziehung zu der doppelt- brechenden Substanz treten soll.

Ich hahe Muskelfasern yore Frosch und Mensehen nach den oben angegebenen Methoden behandelt. Es erfolgt dann an den- selben ein Zerfall des Inhalts der Sacrolemmaschli~uche zun~tchst in der Querrichtung, spiiter in der L/tngsrichtung~). Neben sehr gut erhaltenen Fasern trifft man solche, bei welehen die doppelt- brechenden Querscheiben unregelm~tssig'e Abstiinde yon einander darbieten, einen mehr welligen oder geschlangelten Verlauf an- nehmen, bis sic sich endlich als ktirzere und litngere Stiibe oder Scheiben yon einander abheben (Tafel XXXII, Fig. 13 und 14).

1) Beziiglich der Dauer der Einwirkung der Jodkali- und Jod- jodkaliltisung'en lassen sich allgemein g-iiltig'e Vorschriften nicht geben. Nicht nur bei den Muskeln verschiedener Thiere und den verschie- denen Muskelgruppen, sondern auch bei den Fasern des gleichea Muskels ist der Erfolg" ein wechseluder.

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Ausserdem verlieren die Querscheiben ihre seharfen und glatten Col~tom'en, welche durch kleine kSl'nige Unebenheiten unterbrochen wcrdcn und schliesslich in K(irner zerfallen. Im Anfang behalten diese noch die Aufstellung" in querer Richtung bei, nehmen aber sp:,iter eine mehr unrcgelmitssige Lagerung' an. 3Jan kann diesen kSrniffen Zerfall an den Querscheiben nicht nur in situ, sondcrn auch nach ihrer Isolirung. nachweisen, weshalb eine T/i, uschung. dutch zerfallene Theile der hellen isotropen Scheiben oder der Zwischensubstanz aus~eschlossen werden kann. Ist der kSrnig'e Zerfall ein vollstiindig.er, dann ist es allerdinffs nieht mehr m~ig'- lich, die einzelnen K/3rner yon einander zu unterscheiden. Eine solche Muskelfaser sieht dann wie ein mit k(irnig.er Masse g'c- ftillter Schlauch aus, dessert Inhalt mit der Substanz anderer Zellen wegen seiner Zusammensetzung. aus KSrnern und Fitdcn eine auffallende Uebereinstimmung" darbietet (Fig-. 14). Hat das Sarcolcmma sieh abg'ehoben oder ist dasselbe eing'erissen, dann treten die anisotropen Querseheiben zuweilen tiber den Rand w)r. - - Auch an der Stclle der isotl'open Querscheiben kommt sehr bald eine feine Kiirnelung" zum Vorschein. Die K6rner sind feiner wie die der anisotropen. An bciden K(irnerarten trifft man feine f:,tdig-e Forts~ttze und Verbindung'en.

Kommt es zur Isolirung" des Inhaltes des Sarcolemma- schlauches in der Langsriehtung., ehe ein Zerfall in Querseheiben eing.etreten ist, so namentlich an den Bruchfi~ichen~ dann sieht man die Muskels~ulehcn g'etrennt durch Zwischensubstanz; an der Stelle der doppeltbrechenden Substanz treten je naeh der Breite der Siiulchen mehrere g.l~inzende Kiirner auf, welche sowohl in der queren Riehtung als in der Lgng.sriehtung. der Faser durch Fiiden verbunden zu sein scheinen (Fig.. 15 u. 16). Erfolg.t namentlich an den Enden eine fibrilliire Auffaserung der 3[uskel- s~iulchen, so kann man die Zusammensetzung- der ,Fibrillen:' aus Langsreihen yon KSrnern, welehe durch Fiidchen untereinander verbunden sind, nachweisen; in den Verlauf der letzteren sind ausserdem noch feinere KSrner eing'ebettet, welche vermuthlich der isotropen Substanz angeh0ren, wlihrend die ersteren wohl als Bestandtheile der anisotropen ang.esehen werden miissen. Wenn die Fibrillen etwas auseinander rticken, dann sieht man f~tdig.e Vcr- bindungen zwischen den anisotropen K/irnern derselben. Zuweilen treten in den Saulehen ziemlieh complieirte netzfiirmig-e Zeichnung'en

Ueber feinere Structur und Architectur der Zellen. 769

auf, wenn sich die KSrner auf die Seite legen und so ihre gegcn- seitigen Verbindungen, so wit diejenigen mit den KSrnern und Faden der isotropen Zwischenschichte zum Vorschein kommen. An den Bruchfl'~chen 15sen sich manchmal kleine aus KOrnern zusammengesetzte Scheibchen ab, zwischen denen kleinere dutch Fadchen unter sich und mit den Seheiben verbundene KSrner gelegen sind. An Quersehnitten yon fi'isehen gefrorenen Muskeln kann man entsprechend den C o h n h ei m'schen Feldern eben: falls K~rner nachwcisen. Ueber die Zahl der in den anisotropen Querscheiben eines Muskels~,tulchens enthaltenen KSrner Gewiss- heit zu erhalten, ist sehr schwierig, weil sowohl an isolirten Fasern sowie an Querschnitten dutch Verschiebung sehr leicht eine Verlag'erung bedingt wird. Dass die anisotropen Quer- scheiben aus 2 Reihen yon K6rnern bestchen, ist mir mit Rtick: sicht auf die Existenz einer Mittelscheibe und die Trennung der- selben an dieser Stelle sehr wahrseheinlieh. Vielleicht ist abet diese Anordnung dutch eine eigenartige Structur der KSrner bcdingt.

Ueber die Existenz einer Zwisehensubstanz kann man an solchen Pr/~paraten auf das Bestimmteste sich tiberzeugen, nament- lich wenn die Muskelsaulehen anfangen auseinander zu weichen (Fig. 15 u. 17). Die Form dieser intercolumnaren R/iume ist eine etwas versehiedene; bald erscheinen sic als lange zwischen den Muskels~ulehen gelegene Streifen, bald als l~ng'ere und ktirzere, schlitz- und spaltf~rmige R~ume. In einer hyalinen Zwisehen- substanz sind g'rSssere und kleinere Ki~rner yon weehselnder Liehtbreehung eing'ebettet, die durch feine F~tdehen gitterartig zusammenhangen. Dieselben stehen aber nieht nur unter sieh sondern auch mit den K~rnern der isotropen Seheiben "in Ver- bindung; zwisehen den K~rnern des Sareoplasma den - - Sarco- s o m e n - und denjenigen der anisotropen Seheiben - - den Myo- somen - - konnte ieh eine Beziehung nieht mit Sieherheit naeh- weisen. Ausser zwisehen den Muskelsaulehen findet sieh hyaline Zwischensubstanz zwisehen den ~Fibrillen" und den versehiedenen KSrnerarten, aus denen diese aufgebaut sind; sie vermittelt die Verbindung der K~rner der anisotropen Sehieht zu einem homo- genen Gebilde und verdeckt die Zusammensetzung tier isotropen Schicht aus K5rnern und Faden. Ob die zwischen den K5rnern der anisotropen und isotropen Sehiehten gelegene homogene Substanz mit der interfibrillaren und intercolumn~ren identiseh

770 J. A r n o l d :

ist und yon ihr nur durch den Mangel an Sarcosomcn sich unterscheidet, kann ich nicht entschciden. Erw~thnen muss ich noch, dass auch unter dcm Sarcolemma Lagen yon Sarcoplasma sich finden.

H e r z m u s k e I. Beim Frosch erscheinen die Muskelfasern als spindelfSrmige und verastigte Zellen oder aber als g'r~ssere )iuskelplatten (Tafcl XXXII, Fig'. 5). Sehr deutlich ist an ihnen die Zusammensetzung' aus Siiulchen und Sarcoplasma (Fig. 6). Bci den einfacheren Formen ist dicses in der 5[itte g'eleffen umgeben yon Muskels/&ulchen Bei den complicirteren Muskel- platten ist die Zwischensubstanz in Raumen zwischen den auseinanderweichenden Muskels~tulchen cnthalten (Fig'. 5). Dic letzteren zeig'cn deutliche Querstreif,ng'; diesc Qucrstreifen zer- fallen cntsprechend der Theilun~ der Muskelsi~ulchen in Fibrillen und crscheinen dann als g'1/tnzende dutch Fiiden in der Litngs- richtung" verbundene K5rner. Auch dic zwischen den anisotropcn Schcibchcn gelcgene isotrope Substanz g'eht eincn Zerfall in KSrncr ein~ welche mit denjenigcn der Zwischensubstanz zu- sammcnh/ing'cn. In sp/ttercn Stadicn der Umwandlung' ist dic geg'liederte Zeichnung' der Zelle dutch eine feink~')rnige )[assc mit netzfc)rmiger Anordnung" ersetzt (Fig'. 6).

Beim Menschen stellen sich die Muskelfasern des Herzens mchr als verbundene Balkensysteme dar. Die fibrillrtre Zeich- nung. ist an ihnen auffallcnd deutlich (Fig'. 7). An den Bruch- enden sieht man sehr sch0n die Zusammensetzung" aus an der Stelle der anisotropen Schicht gelegenen und untereinander in der L/~ng'srichtung' verbundenen KSrnern (Fig'. 9 u. 16). Weichen die Muskelfibrillen auseinander~ dann kann man quere Verbin- dung'en zwischen diesen K~rncl'n wahrnehmen (Fig'. 10).

Ich darf nicht unterlassen zu erwahnen, dass F u s a r i (1. c.) den Herzmuskeln denselben Bau zuschreibt wie den anderen querg.estreiften Muskelfasern. Neuerding.s hat J o h n B ru ce M a c C a l lum eine sehr genaue Beschreibung. der Herzmuskulatur geliefert. Er betont die Geg'enwart yon FibrilIenbtindel, welche durch Sarcoplasma g'etrennt sind, sowie die Theilung des letzteren in Scheiben, deren horizontale Trennungslinien den Querstreifen der Fibrillenb[indel entsprechen. Er unterscheidet an diesen eine Querscheibe und eine Zwischenscheibe, welche zuln Sarco- plasma nnd den Fibrillen in Beziehung stehen soll.

Ueber feinerc Structur und Architectur der Zellen. 771

"Welehe Vorstellungen daft man sich auf Grund der mit- getheilteu Thhtsachen tiber den Aufbau der quergestreiften Muskelfaser m a c h c n ? - Es konnte nachgewiesen ~verden, dass dic als contractile Elemente und als histologisch einheitliche Gebilde aufgefassten ~Muskelfibrilleu ~ an der Stelle der aniso- tropen Querscheiben dutch F',tden verbundene KSrner enthalten und dass auch die zwischen diescn gelegene isotrope Substanz nut scheinbar homogen ist, weil sic gleichfalls dureh feine F~td- ehen zusammenhangendc KSrner enthalt. 0b die Theilung der anisotropen Querseheibe auf eine Zusammensetzung aus mehreren KSrnerreihen oder~ auf ein eigenartiges Structurverh~ltniss der K0rner zu beziehen ist~ liess sich nieht entscheiden; dagegeu hat es sich als wahrscheinlieh ergeben~ dass die sog. Zwisehen- seheiben in der isotropen Sehicht gelegeuen K0rnerreihen ent- sprechen.

Aus diesen Befunden muss geschlossen werden, dass die sog. Muskelfibrillen aus KSrnern und zwar verschiedenwerthigen, sowie aus Zwisehensubstanz auf~ebaut sind. Sic dtirfen somit auch yore histologischen Standpuakt aus nicht als einheitliche Gebilde, nicht als die Elemente der ~Iuskelfasern anfgefasst wcrden. Dasselbe gilt yon den anisotropen und isotropen Scheiben sowie yon den ,sarcous elements" uud yon den ihnen mehr oder weniger gleiehwerthigen Gebilden. Ich verzichte absichtlich vor- erst auf eine ausftihrlichere Er0rterung der an~,'eregten Frage und beschr~nke reich auf den Hinweis, dass ftir eine Versehieden- heit der isotropen und anisotropen Substauz yon ihrem differenten optischen Verhalten abgesehen auch ihre morphologischeu Eigen- schaften, sowie die Beziehung des ersteren zu den Bestandtheilen der intercolumn',tren Zwischensubstanz sprechen.

Was die Bedeutung des letzteren anbelangt~ so stimmen die meisten Beobachter dariu tlberein, dass sic der Ern~thrung dient. Ftir eine solche Auffassung sind ausser dem Vorkommen you Fett und Pig'ment ira Sarcoplasma die yon mir ~) an diesen Stelleu beobachteten Abscheidungen yon Indigkarmin geltend zu

1) J. Arnold, Ueber das Verhalten des Iudigkarmin in den lebenden Geweben. Centralbl. f. d. reed. Wissenschaft Nr. 51, 1875 und Ueber die Abscheiduno" des indigschwefelsauren Natrons im Muskel- g~ewebe. Virchow's Archly Bd. 71~ 1877; ferner Leo Gerlach, Ueber das Verhalten des Iudigkarmins im Knorpelgewebe. Erlangen 1876.

A r c h l y f. mikrosk . Anat. Bd, 52 50

"l'~2 J. A r n o l d :

machen. Ich habe naehgewiesen, dass bei der Infusion yon indig-schwefelsaurem Natron in das Blnt l e b e n d e r Thiere Farbstoffablag'erung'en unterhalb des Sarcolemma, in der Um- gebung' der Kerne und in der Richtung der Kernpole, sowie in den intercolumni~rcn Riiumen zu Stande kommen (Fig. 19). In anderen F~tllen erfolgte die Abscheidung night nut" in diesen Spalten; vielmehr war die Substanz der Muskelfasern yon zahl- reichen blauen KSrnern durchsetzt. Sehr auffallend war mir damals der Befund yon Farbstoffabscheidung zwischen den Quer- schcibcn (Tar. XXXII, Fig. 3 u. 5 c u. Fig. 19). Derselbe wird vcrstttndlich, wenn man berticksichtigt~ dass, wie oben ang'e- deutet wurde, vermuthlich zwischen dcn K6rncrn der isotropen Schicht und dcnjenigen des intercolumnaren Sarcoplasma Be- ziehungen bestehen. Sprechen diese Thatsachen fiir die nutri- tive Bedeutung des Sarcoplasma, so soil damit andererseits nicht in Abrede gestellt werden, (lass dieses mOfflicher Weise auch bci der ffegenseitigen Verbindung' uud bei der Contraction eine Rolle spielt. Man wird z .B. annehmen diirfcn, dass seine Anordnung und Vertheilung im ruhenden und contrahirten Mnskel eine verschiedene ist.

Mit Riicksicht auf diese eben er6rterten Vcrhiiltnisse ist ks wohl gerechtfertigt, zwei Arten yon K6rnern in den 3[uskel- fasern zu unterscheiden: (tie im Sarcoplasma e i n g e l a g e r t e n - die S a r c o s o m e n - und die 5Iyosomen; als solche waren zweifel- los die in der anisotropcn Schicht der Muskelfibrillen enthaltenen Ki)rner aufzufassen; zweifelhaft bliebe vorerst die Stcllung der KSl-ner, welche in den isotropen Scheiben gelegeu sind.

Welche Bedeutung den geschilderten Befunden yore Stand- punkt der ,,Protoplasmalehre" zukommt, die ErSrterung dieser Fragc muss ich mir vorbeimlten. Zuvor soil noch fiber die Morphologie dcr Zellmicrosomen bei Stoffwechselvorgitngen be- richtet werden.

Erkl[ i rung der Abbildungen auf Tafel XXXII .

Fig. 1--3. Glatte Muskelfasern aus dem Froschdarm. Fig. 4-6. Muskelfasern aus dem Froschherzen.

Ueber felnere ~tructur und ArcMtectur der Zeilen. 773

Fig. 7--19. Muskelfasern aus dem menschlichen Herzen. Fig. 12. Intercolumniire KSrnerreihe aus demselben Object. Fig'. 13--15. Muskelfasern vom Frosch in verschiedenen Phasen des

Zerfalls. Fig'. 16. Isolirtes Muskelsiiulchen, an dem einen Ende in KSrner zer-

fallend. Fig. 17. 2 Muskels:~tulchen mit intercolumn~tren KSrnern. Fig'. 18. Isolirter Inhalt einer zerfallenen Muskelfaser, aus f~tdig" ver-

bundenen KSrnern bestehend. Fig. 19. Abscbeidung yon indigschwefelsaurem Natron in einer Muskel-

faser (Frosch). (Vgl. Virchow's Archiv Bd. 71. 1877.)

Beitrag zur Anatomie des Pankreas und seiner Ausf t ihrungsgange .

Von

med. I K o n r a d l K o l o m a n ]lt[elly, Demonstrator an der I. anat. Lehrkanzel zu Wien.

Hierzu Tafel XXXIII, XXXIV und vier Textfiguren.

Von der Ansicht ausg'ehend, dass die Anatomie und Histo- logie des Pankreas und seiner Ausfithrung'sg~tnge trotz ihrer be- deutenden Ausarbeitung noch 'manche Lticken aufweise, ging ich daran, einem Auftrage meines Lehrers, des Herrn Professor Dr. Z u c k e r k a n d l, entsprechend, einen kleinen Beitrag" zur Frage der Mtindung des Duetus Santorini zu liefern. Gleichzeitig zog ich auch die topographische Lage des Duetus choledochus zum Pankreas in den Bereieh meiner Untersuchungen.

Die iibereinstimmenden Ang'aben siimmtlicher Anatomen lauten dahin, dass das Pankreas einen Hauptausfiihrungsgang besitze, Ductus pancreaticus (Wirsungianus) genannt, der die Drtise der Liinge nach durchsetzt und gemeinsehaftlich mit dem Ductus choledochus an der Spitze der Papilla maior (Vateri)