Über regulierung der augenstellung durch den ohrapparat

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( ber Regulierung der Augenstellung dutch den 0hrapparat. Von Dr. 5Iartiil Barrels in Strassbm'g i. Els. [Exioerimentell z. T. (Kap. II) in Oemeinschaft mit Dr. Ziba aus Tokio.] Nit Tar. I, Fig. 1--5, und 9 Figuren im Text. InhaZt: Vorbemerkungem I. Die experimenteI1 erforschten Wir- kungen des Ohrapparates anf die Augenstellung. A. Wirbellose. B. Wirbeltiere. 1. Fische. 2. VSgel. 3. Sgugetiere. a. Mit seitlich stehenden Angen. b. Mensch. 1. Kopfdrehungen an NormaIen. a. Erwaehsene. b. Sgug- liege und Friihgeburten. 2. Beobachtung bei nicht intaktem Labyrinth. 3. Gal- vaniseher Nystagmus. 4. Kompressionsnystagmus... 5. Kaloriseher Nystagmus. 6. Ein yore Ohrapparat ausgel6ster Lidreflex. II. Uber dauernden Ausfall yon kompensatorischee Augenbewegungen each einseitiger Aus- schaltung eines Ohrapparates. itI. Nerv6se Bahnen zwischen 0hr- apparatuedAuge. IV. ArtderReizwirkungimOhrapparat. V. Zweck der Augenb6wegung. In den folgenden Zeilen. soil kdne umfassende D~rstellung des obigen Themas gegeben werden. Es sotlen nut einige stritfige Pmlkte aus &m Gebiet der Beziehunge~l zwisc.hma 0hrapparat mad Augen- stellung in einzelnml Attfs~tzen erbr~ert Terden. Die Probleme sind dm~ Ophthalmologen im allgemeinen nieht ge- lttufig, Tie i& aUS Erfahrung weiss. Aus diesem @mmde hat viel- leieht au& die D~rstelhmg nnd kritisehe .Bespre&ung des bisher vor- liegenden Naterials aus der gm~zen Tierreihe eflfigen Wert. Die Be- obgchtungell shld im wesentlichetl sachlieh naeh den Tierklassen ned lfieht historisch (mu ° imlerhalb der ehlzehlen Tiergrt) geordnet. Auf diese Weise bekommg man einen besseren Vberbliek iiber das, was sehon geflmden ist. Meil~e wenigen eigenen Unterstmhungen habe i& ieweils an mxtsprechender Stelle eingefiigt. Da eine solehe Zusammellstellung des GesamtmateriMs bisher fehlte~ musste ieh mir sell)st in langweiliger Bibliotheksarbeit die ein- zelnen Datm~ sammehl, ehe i& ml die t~rage heranging. Ieh demke, die ange{iigten Tabellen werden aueh die Faehgenossen schnell orientieren fiber das, was wir wissen yon diesem Gebiete mid v. Graefe's Archiv Far Ophthalmologie. LXXVL t, 1

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Page 1: Über Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat

( ber Regulierung der Augenstellung dutch den 0hrapparat.

V o n

Dr. 5 Ia r t i i l B a r r e l s in Strassbm'g i. Els.

[Exioerimentell z. T. (Kap. II) in Oemeinschaft mit

Dr. Z i b a aus Tokio.]

Nit Tar. I, Fig. 1--5, und 9 Figuren im Text.

InhaZt: Vorbemerkungem I. Die experimenteI1 erforschten Wir- kungen des Ohrapparates anf die Augenstellung. A. Wirbellose. B. Wirbeltiere. 1. Fische. 2. VSgel. 3. Sgugetiere. a. Mit seitlich stehenden Angen. b. Mensch. 1. Kopfdrehungen an NormaIen. a. Erwaehsene. b. Sgug- liege und Friihgeburten. 2. Beobachtung bei nicht intaktem Labyrinth. 3. Gal- vaniseher Nystagmus. 4. Kompressionsnystagmus... 5. Kaloriseher Nystagmus. 6. Ein yore Ohrapparat ausgel6ster Lidreflex. II. Uber dauernden Ausfall yon kompensator ischee Augenbewegungen each einsei t iger Aus- schaltung eines Ohrapparates. itI. Nerv6se Bahnen zwischen 0hr- appara tuedAuge . IV. Ar tde rRe izwi rkung imOhrappara t . V. Zweck der Augenb6wegung.

In den folgenden Zeilen. soil kdne umfassende D~rstellung des obigen Themas gegeben werden. Es sotlen nut einige stritfige Pmlkte aus &m Gebiet der Beziehunge~l zwisc.hma 0hrapparat mad Augen- stellung in einzelnml Attfs~tzen erbr~ert Terden.

Die Probleme sind dm~ Ophthalmologen im allgemeinen nieht ge- lttufig, Tie i& aUS Erfahrung weiss. Aus diesem @mmde hat viel- leieht au& die D~rstelhmg nnd kritisehe .Bespre&ung des bisher vor- liegenden Naterials aus der gm~zen Tierreihe eflfigen Wert. Die Be- obgchtungell shld im wesentlichetl sachlieh naeh den Tierklassen ned lfieht historisch (mu ° imlerhalb der ehlzehlen Tiergrt) geordnet. Auf diese Weise bekommg man einen besseren Vberbliek iiber das, was sehon geflmden ist. Meil~e wenigen eigenen Unterstmhungen habe i& ieweils an mxtsprechender Stelle eingefiigt.

Da eine solehe Zusammellstellung des GesamtmateriMs bisher fehlte~ musste ieh mir sell)st in langweiliger Bibliotheksarbeit die ein- zelnen Datm~ sammehl, ehe i& ml die t~rage heranging.

Ieh demke, die ange{iigten Tabellen werden aueh die Faehgenossen schnell orientieren fiber das, was wir wissen yon diesem Gebiete mid

v. Graefe's Archiv Far Ophthalmologie. LXXVL t, 1

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2 M. Bartels

dat4iber, wie vieles wir leider noch nieht wissen. Au~ viele Fragen konnte Ifieht n~iher eingegangen werden. We r sieh orientieren will, dem seien das grosse ~'Verk yon v. S t e i n : die Arbeitsn yon 5;Inch, B r e u e r , E w a t d und K r e i d l , sowie die Sammelreferate ha Zentral- blatt fiir Ohrenhsilkm~de empfohlen.

Die Gesehiehte unsersr Kenntnis der vom 0 h r ausgelSstsn Augsn- bewegungen ist ja sshr eigentiimlieh. Ieh will nur kurz einige Daten

erwghnell.

Sehon 1797 besehrieb Hun te r , dass Augengegenrollungen bet Kopf- bewegungen stattfindsn. F lou rens bemerkte als Erster naeh Verletzung der Bogeng~nge Augenzuekungen. Ganz ~hnliehe ,konvulsivische" Bewegungen der Augen sail 1826 Pu rk in j e beim Studium des Drehsehwindsls, bzw. Augensehwindels am Mensehen. Er besehreibt sis ausfiihrlieh in einer hJehst lesenswerten Arbeit. Pu rk in j e kannte die Flourensschen Experiments. Er daehte abet niebt daran~ die yon ihm beobaehteten Angenbewegungen mit den Flourenssehen in Znsammenhang zu briagen. Eine grosse An- zahl yon Arbeiten ersehienen nun im Vsrlaufe des Jahrhunderts tiber die Augenbewegungen bei Kopfbewegungen. Sis blieben in ihrer Genese un- aufgekl~rt. So handelt die erste Arbeit Graefs 's im erstsn Band seines Archives hiertibe 5 ohne dass der Obrapparat in Betraeht kommt. Erst als Goltz 1870 ,das Wort des R~tsels gefunden" harts, wie Breue r sieh aus- driiokt~ n~mlieh als Goltz den 0hrapparat d. h. die Bogsnglinge Uls Gleich- gewichisorgan angesproehen harts, da fsnden gleiehzeitig 1873/74 Breuer , Math and Cure Brown, dass der beim Schwindel anftretende Nystagmns der Augen yon dem Ohrapparat d. h. yon den halbzirkelfJrmigen Kanalen ausgelSst wtirde. Nun brash sine Hochflnt yon Arbeiten ftir und wider diese Hypothese an. Expedmentell wies dann Ewald (i892) nael b (lass sine bestimmte Lymphbewegung in einsm Bogengang jedesmal sine be- stimmte Augenbewegung auslJse. In der letzten Zeit hat dana besonders Kubo 1906 unter Kreidl diese Fragen ansftihrlieh bearbeitet.

Es hafts geraume Zeit gedauert, ehe sieh die Arzte die physiologischen Ergebnisse zunutze maebten. Zun~chst die Otiater (Urbantsehi t ssh , A l e x a n d e r und Lasalle). 1897 verJffentliehte Jansen sine Statistik~ durch die er den Nystagmus ats wiehtiges Symptom der Labyrintherkram kung nachwies; Beobaehtungen, die nns hente sebon ganz selbstverstandlieh diinken. B,4r~iny hat in letzter Zeit speziell wieder die Aufmerksamkeit der Ohreniirzte auf den Nystagmus gelenkt.

Die Spezialisten des aadern Endes des Ohraugenapparates, namlieh die Ophthalmologen~ haben dieses Thema nur wenig beacbtet. In den Hand- biieimrn tier hugenheilkund% die z. B. die Gleichgewiehtslage der Augen behandeln, findet man die Existenz sines Ohrapparates, der die Augenstel- lung reguliert, mit keinem Worts erw~hnt. In den Lehrbiiehern steht da- yon aueh nieht viel~ zum Tell ist es falseh. Z.B. steht in einem der neuesten Lehrbileber, dass der Nystagmns bet Labyrintherkrankungen~ be- sonders bet BIiekbewegungen ,nach der kranken Seite bin" aufzutreten pflege~ wahrend es ,nach der gesunden Seite" heissen miisste.

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l~Tber Regulierung der Augenstellung din-oh den 0hrapparat. 3

Zungchst hat die Beschgftigmlg mit den Beziehmagen zwisehen Auge und 0hr flit den 0phth~lmologen mehr ein rein theoretisehes In- teresse. Das waltet roach in dieser Arbeit vor. Abet ich glaube~ auch praktisch werden niitzliche Gesichtspunkte gefunden werden, wenn wir die Wirkm~gen des Ohrapparates auf das Auge erst besser kennen werden. So glaube ich, wie ich in einer spgteren Arbeit zu zeigen hoffe, dass manche FNle yon Strabismus, die in friihester Jugend er- worben werden, teilweise auf eine 8tbh'ung der Beziehungen zwischen Ohr und Auge zurtiekzufiihren sin&

Wenu man das hierhin gehSrige 5in, aerial in der Literatur zu- samme~sucht, so ist es oft ausserordentlieh sehwer, festzustellen, was die einzelnen Autoren unter N y s t a g m u s verstanden haben. Es er- scheint uns deshalb nStig, dass wit uns (lie v e r s e h i e d e n e n Typen desselben klar maehen. In dieser Arbeit sol[ natiirlich nut yon dem ves t ibu lg ren d. h. dem yore Ohr ausgelSsten, nfelat yon dem op- tis&en Nyst~gmus die Rede sein.

Was verstehen wir aber unter Nystagmus der Augen? Am besten erseheint es mir, dass wir mit Nystagmus allein einfaeh nm" Augen- zuekungen bezeiehnen und jedesmal, falls es sieh nieht aus dem Zu- sammenhang ~on selbst ergibt, deutli& uns ausdrii&en, welehe Form des Nystagmus wir meinen. U h t h o f f unterseheidet zwisehen 1. ,,Ny- s t agmus" und 2. , , nys t agmusa r t i gen Z u e k u n g e n " ; ,,Nystagmus" sind nach ibm iortw~ihrende hin mad her sehwingende Bewegungen der Bulbi naeh beiden l%ichtungen yon einem 14~eptmkte aus; ,,Ny- stagmusa.rtige Zuckungen" sind ruekweise Bewegungen naeh einer tliehtung bin. I & mSehte vorsehlagen, das was U h t h o f f Nystag- mus nennt, als , ,Pendelnys t .agmus" zu bezei&nen. Jza eineln wgh- rend meiner Arbeit erschienenen Au{satz sehlagen Buys und Coppez dafiir ebenfalls den Namen N y s t a g m u s pendu l a i r e (ondulatoire) vor. Die englisehspreehellden Nationen nennen den Pendelnystagmus einfach ,,Nystagmus" und die oben genamaten nystagmusartigen Zuekun- gen bezeiehnen sie als ,,Nystagmoid". Fi~r diese letztere Form ist es s&wer, eine knappe deutsche Bezeiehnung zu finden, vidleicht nennt man ihn zweekmg.ssig l%ucknystagmus, da er ja, wie a~ach U h t h o f f hervorhebt, gus ruekartigen Zucknngen besteht; franz/3sis& wirder als N. (ryNmictue) 5 ressor t bezeichneg.

Der ,,Rueknystagmus" ist nun geMss die Nystagmusform, die am h~tfflgsten yore Ohr ausgel~st wird, aber es ist ein Irrtnm zu glauben, yore Labyrinth werde hie Pendelnystagmus verursa&t. Ich babe ihn bei heftigen Reizen sei es durch Drehen oder Ausspritzen beim Menschen

1"

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4 NL Barrels

hgnfig gesehen und vor allen'1 oft beim Experimentieren am Acusticus (siehe unten).

In dieser Arbeit wird ~Ilerdings der Ktirze wegen der Ruok- nystagmus htrz ~ls Nystagmus (odor einfaeh Ny.) bezeiehnet. Handelt es sieh ~m die andere Form, so bezeiohne ich sie atrsdrticklich als Pendelnysta.gmus. Die Riehtung z. B. Ny. nach links wird immer nach der sehnellen Zuekung angegeben. Der Ny. rotatorius, der im Sinne des Uhrzeigers sehl~gt bzw. dreh% wird abgektirzt als Ny. U ~; gegen den Uhrzeiger als Ny. U 1' Die Zei&en q- und - - , die l~{au- pe t i t fiir die ghrzeigerbewegung anwendet, verwandte ieh anfangs aueh. Ieh bin aber yon mathematiseh-physikMiseher Seite daratLf auf- merksam gemacht, dass das nieht riehtig ist, deshalb benutze i& den Pfeil.

Einen Ny., der ohno einen mmfitteNaren optisehen odor aknsti- s&en ~usseren R.eiz auftritt, nenne ieh S p o n t a n n y s t a g m u s . ~Viehtig w~re es besonders Nr alle ohrenSrztliehen Mitteihmgea, wenn man den Ny., der mittels Fixation z. B. des Finge~ geprtift wird, stets deutlich als , F i x a t i o n s n y s t a g m u s " bezeiehnete.

Ehle weitere Verwirrung herrseht tiber die Bezeichnung des Ny. beim Drehen. 3/[a~ muss dabei klar m~terscheiden den Ny., tier atff- tritt w~hrend des Drehens, und den Ny., der entsteh% na.ehdem ge- dreht worden ist. Den ersteren sollte man ,,prim'Xre~ D r e h n y s t a g - mus" odor kurzweg , D r e h n y s t ~ g m n s " nennen, den zweiten ,,se- kund~.ren D r e h n y s t a g m u s " odor , ,Nachnys tagmus" , wie os ja aueh moist, abet Mder nicht immer gesehieht. Die Riehtung des Ny. sollte alleh~ auss&laggebend fiir die Bezeielnmr~g des Ny. seN, nieht die Drehfich~ng. Also z. ]3. Naehnystagmus ha& rechts sollte immer bedeuten einen Nystagmus, der naeh reehts sehF~igt, nicht einen Na&- ny., der naeh Re&tsdrehtmg atfftritt; odor ,,Naehnystagmus U {" heisst immer ein Ny. rotatorius~ dot im Simte des Uhrzeigers sehl~igt~ ni&t ein Naehnystagmus, der auftrigt, wenn malt im Slime des Uhr- zeigers gedreht hat. In dieser Beziehung herrseht in den Publika- tionen no& eine grosse Unklarheit.

Unter ~R~ddrehung oder tlollung U ~ ist eine Drehung des Bnlbus im Sinne des Uhrzeigers zu verstehen, d~bei wird das Ver- hNtIfis der Augon~ehse zm" Orbitalaehse lfieht versehoben, die ent- gegengesetzte Rotlung wird natiirlieh U ~ bezeiehl~et.

, ,Deviagio hor izon tMis b i l a t e ra l i s " (naeh I-ISgyes) ---~ Ab- weiehung beider Bulbi in der NorizontMobene (nieht Nystagmns).

, D e v i a t i o ver t ioa l i s d i agonMis" ist die sog. t I e r t w i g - M a -

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fJber Regulierung der Augenstellung dutch den Ohrapparat. 5

gendiesehe Sch i e l s t e lhng , d.h. das eine Auge ist nach oben, das andere nach m~ten abgewichen (besonders bei Tieren mit seittich stehenden Augen).

Zum theoretischen Verst~ndnis der yore Ohr ausge]Ssten Augen- bewegungen ist es dnreha~ls nStig, dass man sieh die beiden Phasen des Nystagmus vergegenwgrtigt, besonders des Rucknystagmus, der Mso aus einer langsamen mad aus einer schne l len Phase besteht. Letztere bestimmt die t%ichtung des Ny. Am besten machen wir uns die Phasen am D r e h n y s t a g m u s klar. Wie wir nachher sehen werden, tritt fast bei allen Tieren, wiihrend sie gedreht werden, ein Rucknystagmus auf, der in der Drehriehtung sehlggt, d. h. im :Be-

Fig. 2 yon vorn gesehen. Fig. 1 yon oben gesehen. Fig. 1 u. 2. Zuriickbleiben des Bulbus in der Orbita beim Beginn einer Kopf-

drehung nach rechts.

ginn der Bewegung erfolgt ztm~chst ehle @egenbewegung beider Augen. Diese Bewegwdg ist nur relativ zur Orbita, sie ist keine Bewegung im RaiJ_m. Denn eigentlich bleiben die Angen w~hrend der Drehung dnrch IVinskelkontraktion (siehe nnten) in. der nrspriing- lichen Richtmlg fixiert und die Orbita wird yon ihnen weggedreht. Es wird also das VeAgltnis der Orbitalachse zur Augenachse ver- schoben. Nehmen wir an, class in Rnhe Orbitala&se und Augen- achse zusammenfallen, so werden nach einer gewissen Drehung des gopfes dm'ch Zuriickbleiben des ]~ulbus Orbital- nnd Angenachse sich schneiden. Das obenstehende Schema (Fig. I n. 2) zeigt das VeAalten im Beginn der Drehung nach rechts. Das Schema Fig. 3 bringt die Verh~ltnisse der Bewegm~gen beim Nystagmns, wenn alle Bewegtmgen als wahre ]3ewegungen angenommen werden. Es ist dem Ewaldschen Schema Eber gopfnystagmus nachgebihtet.

Im Beginn der Drehung naeh rechts bleibt der rechte Bulbns zm'[tck~ so dass er in den inneren AugenwinkeI ger~tt (siehe Fig. 1

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6 N. Barrels

u. 2). Dab~ei beselu'eibt er einen bestimmten V¢'inkel zur Orbita (siehe Fig. 3) z ;cAOB, R e a k t i o n s e n d w i n k e l nach Ewald. t~at diese relative Gegenbewegung der Bulbi einen gewissen Grad erreieht, eben den Reaktionsendwinkel, so maehen sie pl/3tzlich eine sehnelle Zuekung iu der Drehriehtm N (in Fig. 3 yon B naeh C, Nysta.gmusphase), d. i. die , ,sehnelle Phase des Nys tagmus" . Bei weiterer Drehnng bleiben die Bulbi wieder zurtick wie am Beginn der Drehtmg, bzw. maehen wieder eine zur Orbita relative Gegenbewegung (in Fig. 3 yon C n ach B, Reakt ionsbewegung) , d. i. die , , langsame Phase

~ A

C

Fig. 3. Nystagmus nach rechts.

des Nys tagmus" . Diese ist klei- her Ms die erste langsame Phase. Bei weiterem Drehen folgen sieh 1ran immer eine sehnelle nnd eine lm~gsame Phase (in Fig. 3 zwischen B and C).

I 4 habe diese Er6rterung so ausfiihrlieh gestaltet, da manehe Autoren sich diese Phasen gar nieht klar gemaeht haben and dadureh zu merkwttrdigen Ansehatmngen kommen. Wit werden naehher sehen u.a. ml Untersnchtmgen an Friih- geburten, wie wi&tig es ist, dass man betont, dass jeder Nystagmus mit einer langsamen Phase beginnt.

Vber die Stgrkeangabe des Nystagmus sei noch folgendes bemerkt. Von den meisten neueren Autoren wird naeh B.grgnys Beispiel die Stgrke des Nachnystagmus nach der Z e i t gemessen, die er dauert. Das ist mm ftir viele FNle ein unzuverl~.ssiges Kennzeichen. So ist deshalb stets die Z a h l der Zuekungen des jeweiligen Nachnystagmns angegeben. Denn je empfindlieher ein Labyrinth reagiert, desto mehr Nystagmuszuekungen ruff es hervor in der Zeiteinheit. Man kann das leieht au Tier and 2~{enseh ausprobieren. Dreht man einige Male langsam, so erfolgen nach Halt in einer bestimmten Zeit, sagen wit einmal 3 Naehnystagmuszuckungen, drehen wit dasselbe Tier aber ebenso oft, nut sehneller, so erfolgen in derselben Zeit z. B. 9 Zuekungen, die Zeit des Naehnystagmus ist dieselbe. Anderseits erfolgel~ bei glei&em tleiz bei erkrmlktem Labyrinth in derselben Zeit weniger Znekungell wie bei normalem Lahyrinth. So sieht man an Tieren, denen ein Labyrinth ansgesehaltet ist, 1--2 Nagnystagnmsznekungen,

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Uber Regulierung der Augenstellung durch den 0hrapparat. 7

wghrend ein normales Labyrinth auf denselben Reiz in derselben Zeit 6--7 Zuekungen auslSst. Mir ersdhsing es deshalb als das t~ichtigste zur Charakterisiermlg der Stg.rke eines Naehnystagmns, seine Ze i t - daue r und die Z a h l der Zuckm~gen anzugeben. @ibt man nm° eins yon beiden an, so ist es besser, die Zahl der Zuekungen azlzugebem

L Die experimentell erforschten Wirkungen des Ohrapl)arates auf die Augenstel lung,

A. Bet Wirbeilosen.

Um Aufschluss zu bekommen tiber die ~'irkmlg tier einzelnen Teile des Ohrapparates auf die Augenbewegungen, fangen wir mit dem einfa&sten Ohrapparat der niederen Tiere an und steigen sp~iter in der Tierreihe welter hinauf. So hoff~n wir am ehesten~ die Wir- kung yon Reiznng trod Lghmung eizlzelner Teile auch der komplizier- teren Ohrapparate iibersehen zu kSnnen. Wir wissen abet wolff, dass dieser seheinbar so einleuchtende Gedanke seine Sch~derigkeiten hat. Erstens ni~mlieh geht die Entwicldnng des Ohrapparates, d. h. des Gleiehgewichtsapparates (yon der Sehnecke sehs ieh ab) nieht parallel mit der sonst angenommenen Entwi&lnng der Tiere. So haben z.B. die Fisehe die vollendetsten und relativ grSssten Bogenggnge, Fis&e und VSgel einen vielseitigeren Otolithenapparat als die S~uger. Ferner ist sehon bei den einfachsten Ohrapparaten, die tiberhaupt eine Wir- kung auf die Augenmuskeln haben, diese sehon so kompliziert, dass eine Analyse schwer ist.

Soviel ieh seh% findet sieh bei Kreidl zuerst eine Beobaehtung fiber Angenbewegungen bet Crustaeeen naeh Reizung der Ohrapparate. Diese letzteren sind rundlieh% an der unteren Fl~iehe eingebuchtete Blas- chen, die eine nach aussen mit dem Wasser kommunizierende 0ffnnng haben. Auf der nach innen vorgewNbten Fl~iche stehen feine Hgrehen~ die bet einigen Crustacean Otolithen tragen. Kreidl stittzte sieh anf die yon I-Iensen gefundene Tatsaehe, dass gewisse Krebse bei der Hiiutung die Otolithen verlieren und sie sieh dann wieder friseh bilden, gleiehgfiltig~ was Nr ein Material ihnen dazu geboten wird. Auf Anregung Exners hot Kreidl den Tieren Eisen aIs einziges Otolithenmaterial. Die Krebse bildeten so sieh eiserne Otolithen. Kreidl reizte dann diese mit eineln Magnet. Er experimentierte an Springkrebsen, Palaemon xiphios nnd P. squilla. Dureh Ann~iherung des Magneten veranlasste Kreidl die Krebse zn KSrperdrehungen, dabei beobaehtete er, dass z. B. bet ether Drehung des KSrpers naeh reehts die Angen sieh naeh links znriiek drehen. Pren- tiss best~tigte diese Versuebe.

Leider hat KreidI nieht studiert~ wie sich bet dem Magnetversueh die Angen verhalten~ wenn der KSrper fixiert wird. Dann wfirde man

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S M. Bartels

genaue Aufsehltisse tiber das Verhalten tier Augen bei bestimmten Bewe- gungen der Otolitben bekommen babes. Dies Experiment empfiehlt sich also der Bearbeitung. An Tieren, dis nieht einmal Otolithen in ihren Ge- h6rblgsehen haben~ experimentierten Bethe und Clark. Sic bekamen gleieh- zeitig Nmliehe Resultate unabh~ngig voneinander. Ihre Beobaehtungen sind sehr genan und theoretiseh wiehtig.

Die Augen der Dekapoden roaches Kompensationsbewegungen, wean man den KSrper gegen die Ebene des Horizontes verlagert. Clark be- obaehtete dies an Gelasimns pugilator, Platonyehus oeellatus u. aq Bethe haupts~ehlieh an Carcin,as maenas~ dann an Astacus, Hommarus polybius Henslerii n. a.

Bethe faad~ dass die Drehungsamplitude der Augenachsen yon Car- einus bei Drehnng um dis Trans,ersalaehse 75--950 betr@t. Die Angen drehen sieh stets der Drehriehtusg entgegen, soweit his sic ein mechanisehes t~ndemis am Weiterdrehen hindert. ,Ftir den 4. Quadranten der Rota- tion nm die Transversalaehse sind keine entspreehenden Augesstellnngen mSglich, da sehon bei Drehung um 90 o naeh vorn and bei Drehnng um 1800 naeb hinten die aussersten mSgliehen Stellungen erreidlt sisal. Dreht man das Tier in diesen Quadranten hinein, so bewahren die Augen eine Zeiflang die anfS~ngliehe Stellung trod sehlagen dann an einem bestimmten Pnnkt zu der andern extremes Stellung urn."

Bei Drehungen um die Lt~ngsachse finden ebenfails entspreehende Gegen- bewegungen der Augen start, ausserdem sieht man Rotationen der Augen um die eigenen Aehsen. Aueh wenn man ein Tier ganz langsam mit Hilte eines Uhrwerkes dreht (900 in 1]2 Stuade)~ so andern die Angen ganz lang- sam ihre Stellung.

Jeder Ste l lnng des KSrpers im Raum kommt eine bes t immte fes te Ste l lung tier Augen zu. Die Augen bewahren mSgticbst ihre Stellung im Raum, w~ihrend der KSrper unter ihnen gedreht wird~ sic ver- hatten sieh ,negativ geotropiseh".

Von grossem Interesse sind ferner die Bewegungen der Augen~ die sieh bei diesen Krebsen bei 10assiver Rotation nm die Vertikalachse zeigten, also auf der Drehseheibe.

L~sst man ein Tier auf der Drehseheibe rotieren, so drehen sieh die Augen sofort beim Anfang der Rotation in entgegengesetzter Riehtung. Beim Berghren des Orbitalrandes, dutch welches Itindernis eine Weiter- drehung der Angen verhindert wird, sehlagen die Angen nm einige Grade in der Pdehtung der Normalstellung zmqick (also in der Drehridttung) nnd drehen sieh dana wieder etwas langsamer big zm' extremsten Stel!ung der Drehung entgegen, his sic wieder anstossen. Auf diese Weise entsteht ein kteinsehlagiger Kompessationsnystagmns. Clark konnte ihn bei Geiasi- runs pu g i l a t o r nieht beobachten.

Bethe sah den Nystagmus an Carcinus aueb, wenn das Tier spontan seitwi~rts lief, seine gewShnliehe Bewegungsart.

Naeb Fo r tnahme nun beider Otodysten wares die Kompensa- tionen der Augeu ganz gesehwunden. Wens noeh ein Rest geblieben war, so sehwand er naeh Schwarzen tier Augen.

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{~'ber Regulierung der Augenste]lung durch den 0hrapparat. 9

Nur die Augenbewegungen beim aktiven Laufea erlitten nidlt die ge- ringste Einbnsse dureh die obigen 0perationen.

Naeh Herausnahme einer Otoeyste war das gekreuzte Auge in seinen Kompensationen herabgesetzt (Bethe).

:Naeh Fortnahme der Globuli werden die Rotafionsaugenbewegungen nicht herabgesetzt.

Ich habe diese solast nicht bsachteten Beobachtungen dieser Forscher absichtlich so ausfi]hr]ieh gebracht. Wir finden~ dass d iese simplen Ot:a'appavate auf die Augen tier De~apoden schon alle die komplizierten Wirkm~gen hervorrtffen~ die ~dr spgter bd dell S~ugem wieder antreffen, z. B. aueh den Rotationsnystagmus mit sehneller trod langsamer Phase. Zn beachten ist dabei besonders, dass dis Umkehr der t~ewegung beim Nystagmus a us der langsamen Phase in die schnelle Phase immer erst sta.ttkndet, wie Be the beriehtet~ wenn das Ange bei dsr langsamen Phase den Orbitalrand beriihrt hat. Das sprieht doell sehr dafiir, dass sensible Reiz% die eben bei der Bertih- rmlg des Auges mit dem OrbitMrand entstehen~ den schnellen t~iick- sehlag ver~nlassen. D.h . yon den Otoeysten aus wurde bei der Re- tat/on die yon Be the beschriebsne langss,me Gegenbewegung gegen die Drehriehttmg ausgelSst (denn sie fehlte bei der Rotation nach ZerstSrung der Otoeysten)~ oder riehtiger gesagt, alas Ange wurde c]ureh Muskelkontraktion wghrend der Rotation fixiert und der KSrper drehte sieh yon ihm weg. Erst wenn im Verla~lf dieses 8tehenblei- bens des Auges der Orbitalrand gegen das Auge stiess, wurde augen- seheinlieh auf diesen durch die Beriihrung ausgelSsten Reiz eine Konir~ktion des Antagonisten ausgelSst~ die zur sehnellenden ~Bewe- gung in der Drehrichtm~g fithrt% das Auge eilte dann dem sieh drehenden KSrper sehnell nadn~ bis es wieder fixiert wurde new. ~ i r kommen im I11. trod IV. Kapitel daranf zuriick. Weshalb nun bei Car- cinus maenas Rotationsnystagmus anftrat~ dagegen bei Ge]asimus pu- gilator nicht trotz ~thnlieh gebauter Ohrapparat% ist vorlgufig nieht aufzuklgren, es spielen da m. E. die nervSsen Bahnen die Haupt- rolls, nicht etwaige Versehiedenheiten im Ban des Ohrapparates (siehe KapiteI IV).

kuffallend bleibt an Bethes Beobachtungen~ wenn wir die Resultate an Wirbelt]eren damit vergleiehen~ dass die Wegnahme einer 0toeyste so wenig Einfluss auf die Kompensationsbewegungen hart% ja dass sie auf die gekreuzte Seite wirMe; a uell ist merkwiirdig~ dsss sieh dana& noch Rot~fionsnystagmus nacb beiden Seiten zeigte. Untersuchungen auf Nach- nystagmus sind an Krebsen aber tiberhaupt noch nieht angestdlt und wiiren noeh naehzuholen. Veto Ohrapparat ganz unabDtngig ist~ schdnt es~ tier Nystagmu% den Cardnus beim Seitwih%lanfen zeigt. Denn er bleibt nach

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i0 M. Barrels

ZerstSrung beider Apparate, ja auch nach Blendung bestehen. Wir ktinnen ihn vorl~ufig nieht erkl~tren. Immerhin ist er als Beispiel wichtig~ dass ausser optischen und akustisehen Reizen noeh uns ganz unbekannte Reize Ny. auslSsen kSnnen.

FrShlich best~tigte an Pin,us die yon andern Autoren aufgestellten Typen der Augenver~inderung naeh OtoeystenzerstSrung. Dieser Antor wies eine wichfige Tatsaehe naeh, dass namlieh Kokainisierung der Apparate dasselbe Resultat herbeifiihrt wie Zerst~rnng.

Wie man sich bet d/esen niedersten Tieren den Einfluss der Oto- cysten genaller vorstellen kam b soil sparer a useinandergesetzt werden. Vorlgufig betonen wir nochmal~ dass auch yon diesen einfachen Ohr- appara,t, en schon alia Augenbewegnngen ausgelSst werden~ die wir bet den Vertebraten auf ehle~i sehr viel komp]izierteren Apparat zuriick- fiihren m~issen. 5Vir kSnnen daraus sehliessen~ dass auch bet den Vertebraten der Nystagmus yon dem Teii des Vestibularapparates aus- gelSst sein kSmlte, der den Otocysten der Krebse am ~hnlichsten ist~ d. i. yon den Vestibulars~ekehen.

B. Wirbeltiere.

1. Fische.

Die verh~ItnismEssig einfachsteu Ohrapparate der n~chsthSheren Tiere weisen die Cyc los tomen a uf, miter diesen wieder die Myxi- nen~ all denen Augemmtersuchungen nicht angestellt sind~ erst an N e u n a u g e n (Pe t romyzon marinus). Petromyzon besitzt schon wesentliche Teile des Ohrapparates tier Wirbettier% d. h. ein mem- branSses Organ mit Endolymphe gefiillt und yon Perilymphe um- itossen in ether festeren Kapse]. In dem membranSsen Organ sind besonders mit Ner~en ~ersehen und mit besonderem Shmesepithel aus- gestattete Stellen die l~iaeulae acustieae in den sackartigen Ausbueh- tungen und die Cristae acusticae in den Ampullen der kanalartigen Bogeng~,nge. Das SinnesepitheI ist mit feinen H~rchen versehen. Dieser Grundtypus ilndet sieh in der ganzen Wirbeltierreihe. Ich werde immer kurz den Bau erw~hnen~ soweit er zum Verstandnis der Experimente bekannt sein muss.

Petromyzon besitzt einen Saccus~ einen sagittalen (anter.) uM einen frontalen (poster.) Bogengang, also nur 2 Kan~ile. Bei diesem Tier ist eine Deviation beider Bulbi gegen die Drehriehtung vorhanden~ bet selmeller Drehung aber kein Rotationsnystagmus (Kubo). Auf mecha- nische Reizungen einzelner Teile war Genaueres nicht zu beobachten.

Man kt~nnte geneigt sein~ aus der Unvollkommenheit des 0hrapparates das Fehlen des Nystagmus zu erkl~rea, wit werden aber sparer sehen~ dass dieser Sehluss nieht berechtigt war.

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~ber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat. ii

An F i s c h e n mit ausgebildetem Labyrinth, das diesen Iqamen verdient, sind nun ausgedehnte Untersuchungen gemaeht worden. Wie ieh schon oben erw~ihnte, besitzen die Fisehe einen im Verh~ltnis zur KSrpergr5sse gewaltigen Ohrapparat, der augenseheinlieh zur stetigen Gleichgewiehtskorrektion nStig ist, aber aueh sich deswegen zu Unter- suehungen fiber die Augenwirkungen besonders gut eignet.

Die Fisehe haben d r e i B o g e n g ~ n g e mit drei Cristae acustiseae in den Ampullen und drei Ves t ibulars~tekchen mit besonders grossen und aueh mit Namen versehenen Otolithen, n~mlich den Saceus mit der Sagitta, den Utriculus mit dem Lapillus und die Lagena mit dem Asteriseus.

Sehon Breuer sah, dass bet Drehung yon Fischen um die Langs- achse die Aug~ipfel die Bewegungen in betr~iehtliehem Masse kompensieren. Kiesselbach bemerkte wohl zuerst bet Durehschneidung der Kan~le yon Schleien und Karpfen eine schnell voriibergehende rotierende Bewegung der Augen. Sewall konnte das Auftreten yon Nystagmus bet mechanischer Reizung der Ampullarnerven in volister Ansdehnung best~tigen. Die Beri~hrung braehte heftige sehnellende Bewegungen beider Augen horror. Leiehte meehanisohe Reizung der Ampulle selbst hat denselben Effekt, wenn der Nerv intakt ist; Reizung der Vestibulars~ekehen, besonders die Entfernung der Otolithen aus denselben, erzeugt heftigen Nystagmus. Durehsehneidung der Kanale aliein war ohne solehen Erfolg. An diesen Sewallsehen Experimenten ist wichtig gegentiber neuel'en Theorien, dass die Reizung tier Vestibularsaekehen und die Wegnahme der Otolithen auch Nystagmus hervorrief, also unabhS~ngig yon den Bogenggngen.

Eine Reihe yon Autoren wie Loeb, Nagel, Lee, Lyon, Kreidl u. A. beobaehtete nun die sag. Kompensationsbewegungen bet Fiscben genaner. Sie stellten test, wie man es sehon an andern Tieren beobaehtet hatte, dass jeder KSrperlage eine eharakteristische Bulbusstellung ent- sprieht. Kubo besehreibt diese am knappsten:

In der Seitenlage (d. h. bet Drehung um die L~ingsaehse usa 90 e) deviieren die Bulbi in der verfikalen Aehse, so dass der oben liegende Butbus naeh unten und der unten liegende naeh oben geht (Deviatio bulbi bilateralis vertiealis). In der Lage , K e p t oben" (d. h. naeh Drehung urn die transversale Aehse naeh oben) geht der vordere Bulbus- pol naeh unten (Deviatio bulbi rotatoria bilateralis sinistra links betraehtet); und in der Lage ,,Kept unten" geht der vordere Bulbus- pol nach oben (Dev. b. rot. bil. dextra, links betraehtet), lqagel sah bei Fisehen nur Bulbusrollung bis 20 °. In der Rfiekenlage bleiben die Bulbi gewShnlich in der prim~iren Stellung, zuweilen sieht man eine Raddrehung wie in der Lage ,Kept unten"~ ansserdem ist eino starke Vortreibung der Bulbi zu konstatieren Diese Augenstellnngen werden naeh Kubo nicht dauernd eingehalten, sondern das Auge kehrt ein wenig gegen die Prim~ir- stellung zurtiek. Bet langsamer Rotation in Bauehlage, d.h. um eine ver- tikale Aehse auf der I)rehscheibo geben die Bulbi~ zun~ehst langsam gegen die Drehrichtung und schnellen dann zuriick~ also bTystagmus in der Drehrichtung. Bet schneller Drehung erfolgt nur die beiderseitige Gegen-

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12 M. Bartels

drehung (Deviatio bulbi horizontalis bilateratis). Dieser Drehnystagmus ist vielieicht yon manchen Autsren iibersehen worden, da sie zu sehnell drehten. El" finder sieh auch bet aktiver Drehung der Tiers. Theoretiseh sehr wiehtig ist fill" uns (siehe Kapite| III--V)~ dass bet einigen Fiseharten mit voll- kommenem Labyrinth der Drehnystagmus fehlte~ die langsame Gegenbewe- gung aber siehtbar wm 5 n~Jnlich bet Raja und Torpedo (KulJo).

Die Drehung yon Fisehen in der Ss i ten lage raft nur w~hrend der Drehung Bulbusdeviation hervor~ dis der Bulbusstellung bet Lags ,,Kopf untsn" bzw. ,Kopf oben" entspreehsn. Dreht man dagegen sin Tier mit naeh oben gehaltenem Kopf vertikal tim seine I2ingsaehse, so stellen sieh die Bulbi w~i.hrend der Drehung so sin wie bet rubiger Seitenlage (Kubo).

Naehnystagmus tritt bet Fisehen naeh mehrmaligem sehnellen Drehen auf. Dass alle diese Augenbewegungen wirklieb vom Labyrinths abh~ngen~

beweisen dis Durehsehne idungsve r suche yon Loeb, Nagel , Lee usw. Na& beiderseitiger Labyrinthzerstiirung hiiren sie auf. Naeh l inksse i t ige r L a b y r i n t b z e r s t b r u n g bssehreibt Loeb folgendes: Das Doppelauge ist bet Primlirstetlung des Tieres mehr oder weniger stark um die L~ingsa.ehse naeh links gerollt~ so dass das links Ange naeh unten und das reehts naeh oben bliekt. Die Drehungen der Bulbi finden indessen noeh start bet Xndsrung des Tieres gegen den Sehwerpnnkt~ jedoeh mit der )~odifikation, dass sieh bet Rollnng des ganzen Tieres um die horizontals Li~ngsaehse der Betrag der kompensierenden Drehung der Augen zu der erw~thnten Ro|lung addiert oder subtrahiert. Bet beiderseitiger Entti~rnung der Otolithen fehlen die kom- pensato~Jsehen Drehungen. Bet Durehsehneidung des Aeustieus land Loeb dasseibs wie bet Labyrinthzerstiirung~ nur st~trker. Entfernte Loeb auf der einen Seite die Otolithen and durehsehnitt anf der andern Seite den Aefi- stieus, so verhielt sieh das Tier am Auge so, als wenn nur auf der Aeu- stieusseite das Labyrinth zerstbrt w~ire.

Es ist auffallend, dass nadl einseitiger Labyrinthze~tbrung doeb noeh kompensierende Bewegsngen be! Drehung am die Li~ngsaehse eintreten~ wie aueh Lee nnd Kubo fanden. Beim Kaninehen (siehe unten) ist das nieht der Fa[l~ hier bleibt in der ersten Zeit die Deviation in jeder Lags gleich. Bet Fis&en tritt demnaeb das erhaltene Labyrinth bald in Funktion.

Welehe Teile des Labyrinthes spezielle Augenbewegungen hervorbringen, untersuehten besonders Lee nnd Kub% wobei ersterer mebr an den Bogen- g~ngen~ letzterer mehr an den 0toHthen experimenfierte. Ihre Resultats widerspreeben sieh teilweise. Wie welt dies an der Verselfiedenheit der nnter- suchten Fiseharten oder an dem experimentellen Vorgehen liegt~ bedarf noeh tier Naehprtifung. Immerhin glaube ieh aus den Versuehen beider folgende Erg~onisse heraussehNen zu k0nnen.

Wean man die Bog'engbnge mit den Ampul len beiderseits ent- fernt~ so kommen bet der Drehung keine N y s t a g m u s b e w e g u n g e n mehr zu stande~ w~ihrend die Deviatio bulbi bilateralis horizontalis no& zu beobaehten ist. Wean man dis Ote l i then he rausn immt , so tritt bsim Drehen weder eine Deviatio bulbi bilateralis noeh Nystagmus anti Naeh e inse i t ige r to ta le r Exs t i rpa t i on tier Otol i then tritt beim Drehen keine Deviafio bulbi horizontalis beim Drehen naeh der operierten Seite auf~ wi~hrend die Drehung naeh tier gesunden Seite eine deutliehe Dsviatio

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Uber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat. 13

horizontalis hel~corruft, auf der gesunden Seite stgrker wie auf der operierten Seite (Kubo). Meehanisehe (Lee, Kubo), ga lvan isehe und ther- misehe (Kubo) Re i zungen oder Ze r s tS rungen der Ampul len oder der zugehSrigen Nerven (Lee) tSsen Bewegungen in den Ebenen der be- treffenden Bogeng~nge aus, bzw. beeintraehtigen die kompensatorisehen Be- wegungen tier Augen bei Drehungen in den entspreehenden Ebenen. Elek- trisehe Reizungen ergaben dieselben Resnltate. Kubo konnte nu t vom hor i zon ta l en Bogengang aus N y s t a g m n s bei allen untersuehten Fiseharten auslSsen. Die Reizung der vertikalen Bogen@nge ergab ein versehiedenes Resnltat. Der horizontale Bogengang pravaliert tiberhaupt; der Effekt der elektrisehen Reizung des Nervenstammes gleieht immer der der Reizung des horizontalen Bogenganges.

Reizt man meehaniseh dutch Berahrung einen hor i zon ta len Kana l (Kubo), so bekommt man eine bilaterale Deviation (bei Seyllien und Roehen) oder dnen bilateralen Nystagmus (bei Aeanthias), wie sie bei Drehung des Tieres naeh der nieht gereizten Seite auftreten. Naeh diesen Beobaehtungen Kubos wtirde tier Nystagmus bei meehaniseher Reizung des re&ten horizontalen Bogenganges einer Drehung des Tieres in der horizontalen Ebene naeh links entspreehen. Es ist dies meines Era&tens bemerkenswert, well wit danaeh entgegen der iibliehen Erklarung (siehe Kap. III u. IV) annehmen kSnnten, dass bei Linksdrehung tier Linksnystag- runs yore reehten horizontalen Bogengang ausgdSst werden kSnnte. Dies widersprieht abet allen Erfahrungen naeh Aussehaltnng eines Labyrinthes.

Bei Dogfiseh (Galeus eanis) dreht sieh bei meehaniseher Reizung des v o r d e r e n ve r t ika len Bogenganges alas Auge derselben Seite naeh oben~ wobei tier vordere Pol mehr gedreht wird als der hintere; das Auge der andern Seite dreht sieh naeh abwSrts~ der hintere Pol mehr als der vordere. Diese Augenstellung wtirde meines Eraehtens einer Drehung yon 900 um dis L~ngsaehse hash der Seite des Kanals bin entspreehen, ver- bunden mit geringer Drehung um die transversale Aehse naeh vorn. Rei- zung der h in te ren ve r t ika len Ampulle veranlasste gleiehfalls das Auge derselben Seite, sieh naeh anfwi~rts zu drehen, den hinteren Pol jedoeh mehr als den vorderen, wg.hrend alas andere Auge naeh abw~rts geht~ der vor- dere Pol mehr als der hintere, d. h. meines Eraehtens die Vertikalablenkung tier Augen ist die gleiehe wie bei Reizung des vorderen vertikalen Kanals, nut die Rollung ist entgegengesetzt; sie entsprieht einer Drehung des Tieres um die transversate Aehse naeh hinten. Durehsehnitt Lee nur den Nerven- ast~ tier zur v o r d e r e n ve r t ika len Ampul le geht, so land Lee: alle kompensatorisehen Bewegungen ble!ben~ nur bei Drehung in der sagittalen Ebene (d. h. um eine transversale Aehse) bewegt sieh das Auge der ope- rierten Seite in gleieher Riehtung mit dem Kopfe und das andere in ent- gegengesetzter Riehtung; w~hrend genau das Gegenteil passiert, wenn nur der Nerv tier h in te ren ve r t ika len Ampulle allein durehtrennt wird. Gleiehzeitige Dnrchtrennnng des vo rde ren Nerven auf der einen und des h in t e r en Nerven auf der andern Seite ergibt denselben Erfolg, als wenn einer tier gedaehten Nerven allein durehtrennt w~re~ nur ist der Effekt intenslver. Durehtrennung der Nerven tier vo rde ren v e r t i k a l e n Ampulle und der h in t e ren ve r t ika len Ampulle derse lben Seite seheint die Voll-

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ftihrung der normalen Kompensafionen nicht zu beeinflussen, nut nehmen die Augen permanent eine falsche Position ein, sis wenn das Tier um seine Langsaehse yon der operierten Seite weggedreht ware. Diese Augenstellung wfirde also der entspreehen, die Loeb naeh einseitiger Durchsehneidung (tes Aeustieus land und die, wie wir sehen werden~ bet alien Wirbeltieren mit sdttiehen Augen naeh dieser Durehsehneidung sieh finden. Auffallend ist nut im Gegensatz an den Saugern (siehe meine Experimente an Kanin- chert) das Erhaltenbleiben der kompensierenden Bewegungen bei Fisehen (siehe oben Loeb).

Naeh Durehtrennung der Nerven zu beiden vo rde ren ver t ika len Ampul len beobachtete Lee permanente Sehr~igstellung der Augen, die vorderen Pole sind nach abwarts; die hinteren Pole naeh aufi,varts gerichtet (also Rolhmg beider Bulbi naeh vorn, d.V.). Die Kompensation scheint normal zu sein, ausgenommen wenu das Tier mit dem Kopfe naeh ab- w~rts um die Queraehse gedreht wird; bet der Durebsdmeidung der Nor- yen der be iden h in t e ren ve r t ika ten Ampul len tritt das Entge~en- gesetzte ein. Bet der D u r e h t r e n n u n g der vier Nerven zu samt t iehen vor t ika len Kanalen blieben nut die kompensatorisehen Bewegungen in- takt ftir die hsrizontale Ebene.

Ieh bin absiehtlieh so ausftihrlieh auf diese sorgf~tltigen Beobaehtungen Lees eingegangen, well in der neuesten Arbei~ tiber dies Thema Kubo folgende Sdfiussfolgerungen zieht: Die Annahme, dass die Funktion des Can. ant. der einen Seite mit der des Oan. poster, tier andern Seite gleieh- sinnig sei~ ist naeh meinen (Kubos) Versuehsresultaten nieht haltbar~ denn wenn man z. B. die Ampulla ant. tier rechten Seite reizt, so dreht sieh der Bulbus der linken Seite in dot gleiehen Riehtung nnd im gleiehen Sinne, wie bei Reiznng des Can. ant. der linken Seite. Das meg fiir die Rollungsriehtung zutreffen, im tibrigen aber stimmt die Kubosehe Ver- werfung der obigen Ansehauung nieht, wie die mitgeteilten Versuehe Lees am Dogfiseh gezeigt haben. Ich finde die Behauptungen Kubos aber aueh dutch seine eigenen Versueh@rotokolle gar nictlt allgemein bestatigt. ZunStehst heisst es da yon Acanthias: Die (3anales anterlores und poste- 1,iores reagieren nieht gut auf meehan]sehe Reizungen. Bet der meehanisehen Reizunff des Can, poster , war einmal ein rotator, Nystagmus zu be- obachten, sonst reagiel~ der Can. anter , mit einer Ruekbewegung naeh oben und h in ten , und der (3an. poster, mit einer solehen naeh un ten und v.orn, zuweilen reagieren die Kan~ile gar nieht. Ahnliehe Beobaeh- tungen beriehtet Kubo von Seyllien. Bet Rhombus maximus und ~,Ius- telus laevis bekam Kub o tiberhaupt keine Resultate. Nur bei Roehen und Torpedo sah Kubo bet Reizung des Can. anter , eine ruckweise Bewe- gung des Bnlbus auf der gereizten Seite naeh hinten oben (moist rota- toriseh) und auf der andern Seite in gleiehem Sinne; bet Reizung der Can. poster . Bewegung bolder Bulbi nach vorn unten. Aus den knappen Protokollen ist nieht deutlieh ersiehtlieh, ob es sieh um eine Nystagmus- phase handelt odor nieht. Vertikate Deviationen~ die den Durehsebnddungs- resuttaten Lees entspr~chen, seheint Kubo gar nieht dabei beobaehtet zu haben. Es waren die Experimente bolder Autoren noch einmal naehzuprtifen.

Von den Experimenten an Bogeng~tngen aus k~nnten wir nun schon

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0ber Regulierung der Augenstelhmg durch den Ohrapparat. 15

alle komponsatorischen Augenbewegungen wenigstens an einigen Fischarten erkl~tren. Wir haben aber angeft~hrt oben, dass die Fische noch ein viel komplizierteres Labyrinth besitzen, n~tmlich ausser den Bogeng/~ngen noeh die Recessus utriculi~ sacculi und cochleae s. Lagena mit den Otolithen. Ihr Einfluss auf den Bulbus ist vor allem dureh Kubo genau studiert; Lee erhielt keine klaren Resultate. Kubo konnte die Otolithen yon Roehen nnd Aeanthias vulgaris direkt versehiebcn und so Ver~inderungen der Bulbi hervorrufen, die den angenommenen Gleitungen bei Lagever~tn- derungen entspraehen. Er glaubte so den Beweis zu liefern, dass die Glei- tung der Otolithen bei Bewegung des Tieres die Nervenendigungen reizt. Z. B. bei der Lage ,,Kopf unten" gleitet nach Kubo der n t r ieulare Otoli th nach vorn. Sehob Kubo nun bei einem in Bauehlage befind- lichen' Roehen mit einem Wattetupfer diesen Otolith naeh vorn, so traten dieselben Augenveriinderungen ein, wie bei ,Kopf unten" (Kubos Devia- tio bulbi bilateralis dextra). In der Lage ,Kopf oben" soil naeh Kubo der Otoli th des Saceulus naeh hinten gleiten, die Bulbi drehen sich dabei derart~ dass der nasale Pot naeh unten kommt. Dasselbe erreiehte Kubo am horizontalen Tier dutch Versehiebung des Otolithen des Saeeu- lus naeh hinten. Dureh derartige Versehiebungen konnte Kubo die ver- sehiedensten Augenstellungen erzeugen. Allerdings war die Lagena dem Experiment nieht zug~inglieh. _~hnliche Resultate erhielt er aueh dureh die elektrische Reizung der betreffenden Nervenendzweige. Lee hatte vor Kubo sehon durch Reizung versehiedener Absehnitte otolithentragender Nerven- endigungen alle Augenstellungen bewirkt~ die dm'eh Reizungen der ver- sehiedenen Amputlennerven erzielt waren. Kubo wilt die Gleitungen am Tier selbst direkt beobaehtet haben. Ruyseh behauptet dagegen auf Grund yon Bereehnungen, die sieh auf RSntgogramme sttitzen~ dass eine siehtbare Versehiebung sieher nieht stattfinde. Demnaeh h~ttte sieh Kubo geirrt.

Kombiniert man die Resultate der Experimente an Bogeng~Lngen und Otolithen, so kommt man zu dem Schluss, dass bei den Bulbus- bewegungen nach Vergnderung der Kopflage die Reizung beider Laby- rinthteile einen Einfluss hat. Es t~sst sich, vorausgesetzt, dams die Untersuchungen richtig sind, aus den Versuchsresulta.ten in etwa be- stimmen, welche 5~[aculae~ bzw. Cristae acusticae bei jeder einzeInen Kopfhaltung gereizt werden. Jedenfalls sind, scheiut es, bei allen Bewegungen beide beteiligt. Wie gross im einzelnen Fall der Anteil der Macula- oder Cristareizung ist, kann noch nicht festgestellt werden.

Die Otolithen sind auch wohl nieht nur bei geradlinigen Bewegungen~ wie Breuer vermutet~ beteiligt. Kubo fand, wie erw~thnt~ dass naeh ein- seitiger totaler Exstirpation der Otolithen bei Rotation in der Horizontalebene keine Deviatio bulbi horizontalis beim Drehen naeh der operierten Seite aut- tritt, w~thrend die Drehung nach der gesunden Seite deuttiehe Deviation hervor- rief; in diesem Falle war ~brigens die Deviation des Bulbus ant der gesunden Seite st/~rker als die des Bulbus ant der operierten Seite~ wic ieh hervorheben mSchte.

Diese Ausfallserscheinungen sind m.E. wunderbar~ da man doeh eben die ausgefallenen Bewegungen bei Reizung der erbaltenen beiderseitigen

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horizontalen Bogeng~nge erhidt. Man sollte mdnen~ diese wth'den bd der Rotation genilgend gereizt. Es ruff also nur die Summation der Reizung der Otolithen und der Bogenggnge die kompensatorischen Bulbusbewegungea bd horizontaler Rotation hervor. Die Wirkung der ZerstSrung eines Teiles kommt hier der Wirkung der ZerstSrung des ganzen Nerven ftir die hori- zontale Rotation gleich. Es tiberwiegt die Wirkung der OtoIithen~ denn nach der Exstirpafion der Bogenggnge tritt noch die Vergnderung der Bui- busstellung je naeh der KSrpertage auf~ sie ist naeh der Wegnahme der 0tolithen der einen Seite weniger deuttich und fehlt nach der beiderseitigen Enffemnng. Auch hier muss ieh wieder einen Widerspmch zwischen Lee und Knbo konstatieren. Denn nach Lee fehlten nach ZerstC~rung der Ampullarnercen bestimmter Bogengange jedesmal bestimmte kompensatorische Bewegungen der Bulbi. Erwtihnenswert ist aus den Fischexperimented noch~ dass die Fisehe auf thermische Reize der Bogeng~nge fast gar nicht reagieren. Dabei ist die Endo- wie Perilymphe in diesen sogar sehr dfinn- fl~issig (Kubo). Diese Tntsache spricht gegen die B~r~nysclle Theorie des kalorisdien Nystagmus.

Wenn wir uns Mso auch bet den Fischen, wie erwghnt, eme nn- gefEhre Vorstellung dacron mgchen k6nnen~ in welcher Weise bestimmte Labyl~n~hteile in bestimmten KSrperlagen wh°ken, so bestehen doch ftir ~iele Beobachtungen noeh nachzuprtifende Gegens~tze. Am un- klarsten ist noch, wie weir die einzelnen Teile des Lab~h~thes nach Zerst~rung f~ir einander eintreten kSm~en und wie welt die einseitige totale LabyrinthzerstSrm{g zu dauernden StSruugen Nhr t Wfi' wet- den sehen, dass dieselben F~'agen aueh bet den hSheren Vertebraten noeh ungelSst sind.

Yon den A m p h i b i e n nnd Rep t i l i en liegen zu wenig Augen- beoba&tmJgen vor. Die FrSsche zeigen nut geringe kompensatorisge und Nystagmnsbewegungen. Ant die Lidreflexe komme ich sparer zm'~ick (siehe union).

2. V6yd. An diesen Tierel~ sind eine Cn:menge ~on Versu&en angestellt

wordezl, abet ~uf die Augenbewegungen ist yon vielen gar nicht, yon einigen nur oberfl~chlieh geaehtet.

Der O h r a p p a r a t besteht aus den drei Bogeng~ngeJ:~ mit drei 0ristae acusticae mid drei Ves t ibu la r s~ckchen , dem Utriculus, Sateens mid tier Lagena mit je ether Maenla acnstiea und dem da- zugehSrigen Otolighen mad der Cochlea, d. h. einer eine halbe Spirale grossen Windung, deren eines Ende die IJag6ns. darstellt.

Flourens sah schon 1824 bet seinen bertihmten Durchsehneidungen einzelner Bogeng~inge an der Taube konvulsMsche Augenbewegungon ant: treten. Er smite dabei keine Abh~ngigkeit yon der Richtung der KanSle test. Vulpian beobachtete dann naeh ihm erst 1866 wieder in den ersten

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Ober Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat 17

Stunden oder Tagen Augenbewegungen naeh Aufbreehen und Durchsehnei- den des einen Horizontalkanals~ ohne abet aus dem Versueh~ der ihm roll sdfien~ Sehltisse ziehen zu wonen. Erst B e r n h a r d t (1875) bemerkte~ dass bet Durchsehneidung der zwei frontalen Kanale B e w e g u n g e n der Augen in de r se lben Rieh tung auftraten und dass sie starker wurden~ wenn man den Sehnabel festhielt.

Sorg~Itige Untersuehungen an den Kanalen stelIte erst Ewald an mit ether ~iusserst feinen Teehnik. Ewald strebte danaeh~ dureh Kom- pression des hautigen Kanales bestimmte LymphstrSmui1gen zu erzeugen. Ohne Frage muss bet Kompressioi1 eine Bewegung der Lymphe naeh beiden Seiten hin yon der Kompressionsstelle aus statttinden. Ewald bediente sieh dabei des sog. pneumat i sehen Hammers. Er gipste einen kleinei1 Cylinder mit beweglichem Stempel ant einen erSffneten kn~ehernen Kanal auf. Der StempeI des Hammers war mit einem kleineren Gummiballon auf and ab zu bewegen. Auf diese Weise koni1te der vor dem Stempel befindliehe hgutige Kanal komprimiert ui1d die Fltissigkeit in ihm bewegt werden. Zwisehen der Stelle, an der der Hammer angegipst war und dem glatten Ende des Kai1als~ yon tier AmpuUe also abgewai1d$~ versehloss E. den Kai1aI mit ether Plomb% so dass bet Kompression des Kanals dureh Aufsehlagen des pneumatischen Hammers die Endolymphe nur naeh der Riehtung der Ampulle hin answeiehen konnte. Setzte nun Ewalcl den Hammer an einen Canalis externus an, so bekam er beim Aufsehlagen des Hammers elite Bewegung der Lymphe naeh der Ampul le zu~ eine Wendung be ider Augen in der Horizonfalebene naeh der andern Seite. Beim Zuriiekziehen des Hammers bekam er L y m p h b e w e g u n g yon der Am- pul le zum g la t t en End% eine A u g e n w e n d u n g naeh derse lben Seite. Vonder Kopfbewegung naeh Znriiekziehei1 des Hammers (Lymphbewe- Hung yon der Ampulle weg) wird angegeben~ dass sie ungleieh schw~eher set wie beim Aufsehlagen des Hammers, iiber die Sf~h'ke der Augenbewe- gunff~ d. h. ob auch darin eine Differei1z bestand~ wird niehfs gesagt. Das Aug% das dem gereizten Labyrinth benaehbart war, beweg~e sich starker als das entferntere. In einem andem Versneh braehte Ewald den Hammer tiber dem reehten Can. post. an.

Ewald gibt dabei nur an~ dass sieh bei diesem Kanal~ wenn der Hammer aufsehliigt (also die Lymphe naeh der Ampulle za verdrangt wird)~ alas reehte Auge naeh unten~ das linke naeh oben bewegt. Die Kopfbe- wegung war bet diesem Kai1al beim Aufsehlag'en des Hammers aber sehw~ieher wie beim Zuriiekziehe% also er verhielt sich u m g e k e h r t wie der Can. horizontalis. Von dem Can. sagittalis~ anterior wird lediglieh gesagt~ dass er in dieser Beziehui1g sieh genau so verh~lt~ wie der Canal. poster, nur erfolgen die Bewegui1gen in der ihm entsprechenden Ebene (wie war es rail den Angen?). Es wiirde sieh verlohnen~ die Ewaldsehen Versuehe noeh einmal genan auf die Augenbewegnngen zu vervollst~i1digen am gefesselten Tier. Jedenfalls ist die Feststellung der verschieden starken Wirkung der gleiehen LymphstrSmung in den Kan~ilen Kusserst wichtig ui1d viel zu wenig beaehtet. Also im horizontaien Kanal ist die StrSmung ampullarw~rts am st~irksten wirksam: im frontalen Kanal ist die kanalw~'ts kraftiger wirkend.

v. Graefe's Archiv fiir Ophthalmologie. LXXVL 1, 2

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18 M. Bart.els

Alle anderu Untersaehungen an VSgeln haben eigentlieh naeh Ewalds Experimenten nicht viet neues gebracht~ vor allem ist Reizung und Hem- mung dabei nieht untersehieden. In neuester Zeit reizte K u b o meehaniseh die Bogengange der Taube, dadureh, dass er sine Borste dutch sine Ltieke im knSehernen Bogengang einstiess. Er fand beim Can. horizont. , wenn man sine dem Crus simplex nahe Stelle reizt, so tritt eine h o r i z o n t a l s A u g e n b e w e g n n g auf mit ruekweiser Bewegung naeh dem Ohr hin ant" tier gereizten Seite (also Nystagmus naeh tier operierten SeiteP Vf.). Wean man nahe an der Ampulle reizt, so ist die rsckweise Bewegung naeh tier Nase hin geriehtet. Beim (Dan. f ronta l . (s. post.) erzeugt die Reizung des dem Crus simplex nahen Teiles sine ve r t i ka l e B u l b u s z u c k u n g aufw~r t s ant der gereizten Seite; die Reizung des Ampnllenendes dagegen sine v e r t i k a l e R u e k b e w e g u n g abwiirts . Bet Reizuag des Can. sa- g i t t a l i s (s. anter.) b@am Kubo sine rotierende Bewegung~ deren Richtung jedoeh nieht bestimmt festzustellen war.

Wenn man diese Resultate K u b o s mit den exakten kIaren Experi- menten Ewalds tiberbaupt vergleiehen will , so muss man beaehten, dass Knbo , scbeints, stets yon Nystagmus sprieht and seiner Riehtung~ Ewald aber nnr yon der langsamen Phase~ die der Riehtung des Nystagmus stets entgegengesetzt ist, Die Kubosehen Versuehe lassen sich aber zu sehwer deuten, es lasst sieh nieht sagen, wie die Reizung mit der Borste auf die Druek- nnd Stromverhaltnisse im h~utigen Kanal wirkt. Deshalb sind Kubos Resultate m. E. in dieser Hinsieht zn brauehbaren Schlfissen nieht zu verwenden. Sis best~itigen nur~ dass an der Taube yore horlzontalen Kanal aus horizontals nnd yore frontalen KanaI arts vertikale Bewegungen zn erzielen sind and zwar naeh beiden Richtungen, was Ewald sehon sxakter naehwies. Von dem sag i t t a l en (vorderen) Kanat tiegen weder bet Ewald noeh bei K u b o eindentige genaue Res-al.tate vor. Kubo sprieht yon rotierenden Bewegungen unbestimmter Riehtung~ Ewald erw~hnt sis nieht.

Ausserdem hat man an der Taube die Kan~le noeh e lek t r i seh , ehemiseh und the rmiseh zn reizen versueht.

S p a m e r sah bet f a r ad i sehe r Re izung einzelner BogengSonge keinen Nystagmns, das Auge der elektrisierten Seite war wghrend des Elektrisie- rens vom Lid~ an welehem man fibrill~tre Zueknngen bemerkte, gesehlossen. Die einzelnen Ampnllen reizte Breue r nnd bekam entspreehende Kopfbe- wegungen, was sonst hie wieder jemand gelang; tiber dieAngenbewegungen sagt er leider niehts. Ewald erw~hnt nur~ dass beim Galvanisieren des erhaltenen Labyrinthes naeh Heransnahme des andern die Bewegungen der Augen an den N y s t a g m n s der S~tugetiere wS~hrend des Kopfsehwindels erinnem. Eine gleiehzeitig eintretende PapiUenver~nderung fdhrt er ant Stromsehleifen znNek.

Die ENebnisse der elektrisehen Reizung sind also noeb sehr dtirftigo Besonders wertvoll w~re sine Beobaehtung der Augenbewegnngen bet elek- trischer Reizung einzelner Ampnllennerven, falls sis techniseh m8glieh ist

Naeh eh emis ehe n Reizungen des Labyrinthes ist auf Augenbewegungen bisher nieht geaehtet worden.

Wie frtiher erwghnt~ reagieren die Fisehe ant the rmisehe Reize

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Uber Regulierung der Augenstetlung durch dan Ohrapparat. 19

kaum~ die VSgel jedoeh deutlieher~ allerdings noeh nicht so prompt wie die Saugetier% wie schon B e r n h a r d t fund. Ganz eindeutig sind seine Experimente allerdings nieht. Beim Versengen des reeh ten Horizon- ta lkana ls sah B e r n h a r d t Sehliessen der Augenlider~ wenn die Lider sieh auftaten~ standen die Pupillen in der reehten Eeke des AugenspaItes und bewegten sich dann rnekweise naeh links. Das ware also gleieh einem :Nystagmus naeh der niehtoperierten Seite~ demnaeh eine Ausfallserseheinung~ wie wir sp~ter sehen werden. Es fi'agt sich~ ob hierbei nieht dureh den Augensehluss ein erstes Stadium, n~mlieh ein anf~inglicher Nystagmus nach tier operierten Seite fibersehen wurde. Naeh Ver sengung der ver t i - kalen Kan~le sah B e r n h a r d t anf~nglieh eine horizontale Bewegung naeh der nichtoperierten Seite~ dann rotatorisehe Bewegungen auffreten. Kubo fand~ dass bei W~rmereizung des Can. horizont , mit heissem Metall- st~ibehen ein horizontaler :Nystagmus auf beiden Augen auftrat~ seine Rich- tung seheint also nicht sehr deuttich bestimmbar ge~esen zu sein. Denn es heisst nut: ,,die ruekweise Bewegung erfolgt auf der gereizten Seite meist nach dem Ohr hin"~ d. h. also meist nach der operierten Seite, was Bornha rd t s Beebaehtungen widersprieht und dner Reizung des KanaIes gleiehkfime (siehe unten). Der Ny. scheint~ naeh dem ~meist" zu urteilen, aueh wohl gelegentlieh naeh der operierten Seite gesehlageu zu hubert. Es ist immerhin wiehtig, dies im Hinbliek auf BAr~nys Thee1% zu konsha- tieren. Die heisse Reizung des f ron ta len Kanales ruff ve r t i ka l en Ny. auf beiden Seiten hervor~ auf der gereizteu Seite naeh oben. Bei dem Sag i t t a l kana l ist die Reaktion undeut l ieh , meist entsteht ro ta tor . :Ny, zeitweise kombiniert mit Oscillationen (das sell wohl Pendelnystagmus heissen? d. Verf.). Die Riehtung der Rotation war meist entgegengesetzt der Uhrzeigerbewegung~ zuweilen umgekehrt. Bei diesem Kanal gab die thermisehe Reizung also ebenso zweifelhafte Resultate wie die mechanische (siehe oben).

Bei K ~ l t e e i n w i r k u n g e n wurde folgendes festgestellt. Beim Ktihlen des vertikalen Kanales mit Eis 10 Sekunden (Born-

hardt) begannen sofort Bewegungen der Augenlider. An einer Stelle maeht B e r n h a r d t abel" die im Hinbliek auf die neueren Theorien wich- tige Bemerkung: ,,Das Kt~len der halbzirkelf6rmigen Kan~tle dutch Eis ruff diejenigen Bewegungen hervor, welehe gleieh nach der Durchschneidung des h~utigen Kanales eintreten% d. h. also Ny. naeh der gesunden Seite. Kubo bekam bei Reizung des horizontalen uad frontalen Kanales mit kaltem Wasser genau entgegengesetzten ~Ny., wie er racist bei W~rme- reizung auftrat (siehe oben). Naeh K~ltereizung des sagittalen Kanales trat meist ein Ny. rotator. U Sau f , zeitweise aber aueh in umgekehrter Richtung.

Im Gegensatz zu den Experimenten an Saugetieren konnte Kubo beim E in sp r i t z en yon kaltem oder warmem Wasser in den 5~nsseren GehSrgang der Taube keinen Ny. erzeugen; es mussten erst die Bogen- gauge ziemtich frei pr~pariert werden. Dana trat allerding~ naeh Ein- spritzung von kaltem Wasser oder Anblasen mit kalter Luft :Ny. naeh der gesunden Seite, naeh Anwendung yon heissem (62--70 °) Wasser Ny. naeh der operierten Seite auf. Weehsel der KSrperlage ruff dabei keine

2*

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20 ~i. Barrels

Umkehr hervor in der Riehtung des Ny. Dagegen ~indert sich seine Ge- sehwindigkeit bet Lagewechsel. Wichtig ist noch eine Beobaehtung Kub o s, dass naeh Zers tOrung (wie K. das Durehkneipen der BogengSnge in der Mitre ne~nt) der V e s t i b u l a r a p p a r a t auf thermische Reize noch ebenso reagier t . Dies l~sst sich mit B~rgnys Theolie kanm vereinigen. Naeh Kubo hSrt die tleaktion erst auf~ wenn die Nervenzweige des Aeu- stieus zerstSrt sind.

Beobaehtungen abel" Augenbewegungen naeh Reizung oder Zer- s tSrung der Ves t ibu la r s~ekehen an Vggeln liegen nieht vor. B reue r ist, so viel ich sehe, tiberhaupt der einzige, der versncht hat, an VSgdn isoliert an diesem Tell zu experimenfieren. Es gelang ihm nur die Lagena ohne Verletzung der Bogengti~ge zu exsfirpieren, yon Augenbewegnngen wird dabei nichts berichteto

D r e h v e r s u e h e mit Augenbeobaehtung sind an VSgeln aneh haupt- saehheh yon Ewald gemacht. Man kann sieh leieht davon ilberzeugen, dass d~e V~gel bet Drehungen um die ve r seh iedenen Aehsen ent- spreehende kompensa to r i s ehe A u g e n b e w e g u n g e n zeigen, wie sie oben bei den Fisehen besehrieben sin(l, also besonders die Deviatio vertiealis dia- gonalis, die Deviatio horizontalis bilatel~]is usw. Naeh Nagel kommt bei Viigeln keine oder mar eine sehr kurz danernde kompensierende Rad- d rehung bei Neignngen des Kopfes in sagittaler Ebene zu stande. Dreh- wie N a c h n y s t a g m u s zeigen die V6gel bei horizontaler Rotation naeh beiden Richtungen. Ewald beobaehtete~ dass beim Drehny., wean man den Kopf um 90 o naeh der Seite dreht% aaeh weleher gedreht ward% die Zahl der Ansschl~tge in der Zeiteinheit sich verringerte~ wahrend sie sieh bei entgegengesetzter Kopfdrehung vergrSsserte. B o r n h a r d t hatte, wie ieh hierbei bemerken mSchte~ sehon Folgeades beobaehtet naeh L~ision der Kan~ile besehfieben: ,Die Ri&tung der Augenbewegungen f~ilIt mit der Riehtung der Kopfbewegungea zusammenl dabei dauert die Bewegnng der Augen immer noeh for L sie wird sogar noeh deutlieher, wenn man den Kopf an der weiteren Bewegung hindert."

Im einzelnen stellte Ewald beim Drehny. fest, dass die Reaktions- bewegung (siehe oben) 80°~ die Nystagmus- und die Reaktionsphase 200 bei der Taube betrugen (siehe oben). Wie gross die Drehgesehwin- digkeit dabei war, ist nieht angegeben. Dieser hor izon ta le Nys tagmus ist yon der Unversehrtheit der horizontalen Kan~le abh~ingig, denn wenn man beide ho r i zon ta l en KaMile p lombier t , ist er ,fast ganz" ver- sehwunden, w~hrend die Plombierung der vertikalen Kan~le nut eine ge- ringfiigige Abschw~iehung herbeiftihrt. Ewald ft~hrt die noch verbleiben- den Spuren yon Nystagmus darauf zurfiek, dass die Rotationsebene doeh nieh~ genau senkreeht zu allen Teilen des Kanales post. et ant. steht, und class diese dabei in Wirkung treten k6nnen, was el" aneh arts tier nicht immer genau horizonta.len Ebene des Ny. sehliesst. Das ist m. E. kein strikter Beweis. Der gersueh miisste mit Plombierung aller drei Kan~ile Medea-holt werden ohne Sch~idig~.mg tier VestibnlarsS~ekehen~ and man miisste sehen~ ob dann wirklich jeder Ny. fehlt. Es ist aneh nieht bewiesen~ dass naeh Plombierung tier vertikalen KanNe der Ny. nut absolut genau hori- zontal schlfgt. Ewatd hat nnr die Bogeng~nge in Betracht gezogen. Wir

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{)ber gegulierung der Augenstsllung durch den 0hrapparat. 21

wissen aber noah gar nieht, ob nieht aueh die Vestibulars~takahen an der Entstehung van Ny. tdlnehmen (siehe Kapitel III u. IV).

Naeh einseit iger ZerstSrnng eines 0hrappara tes trltt bd Tauben Devia~io vertiea,lis diagonalis dn und Nystagmus nadl der gesunden Seitg wie wir das bei allen Tieren van den VSgdn an sehen.

Bei graphisaher Registrierung des Ny. l~ngere Zeit naeh einsei- tiger Zerst~rnng zeigte sieh, dass wghrend des Drehens die Bewegungen des Auges der operierten Sdte kleiner waren, farrier war die Zneknngs- zahl des Naehnystagmus naeh der operierten Seite geringer wie naeh tier gesunden.

Naah beidersei t iger LabyrinthzerstSrung zeigt eine Taube noah schwaehen Ny. beim Drehen; erst wenn man die Verschiebung der Nefz- hautbilder aussahliesst, h~Srt der Ny. vollstiindig auf.

Die Resultate der Experimente an VSgela ersieht man aus der Tabelle. Ieh mSchte nut noah hervorheben, dass die Taube bis jetzt das einzige Tier ist, bei dam experimentell eine bestimmte Lymph- bewegung eine besthnmte Augmfl)ewegung zur Folge hat, dass aber ill dam Einfluss der Richtut.lg der L3=mphsh'Smmlg (ob ampullenwiirts oder kanMwgrts) sieh der holqzontale KanM entgegengesetzt dam fron- ta]en verhiilt.

Ferner ist wiehtig, dass der sagittMe Kanal, wie mir arts den Experimenten der verschiedenen Aatoren hervorzugehen scheint, den unbestilmnbarsten und geringsten Einfluss auf die Augenbewegungen hat. Damit h~ngt vielldcht z~sammen, dass die kompensierende Rad- drehung tier Bulbi bei V6geln tiberhaupt gering ist.

I2ber (tie ~mtktionen der Otolithen wissen wit bei VSgeln mehts. Unkla-c ist ebenso wie bei den Fischen, weshalb die VSgel auf

thermisehe Re ize so wenig reagierem MSglicherweise hgngt dies mit der sehnellen :Bewegutlg ia der Lnft zusammen, bei der eine stea~ke Abktihhmg sta,ttfmdet. Der Ohrapparat tier VSgel w:~%re da, nn gegen den unerwtinsehten Einfluss soleher Reize zweekmttssig gesehiitzt.

3. Sattgetiere.

a. mit se i t i i ch s t ehenden Augen. (Kaninchen, ~ieerschweinchen, Katzen, gunde, ScMfe und Pferde.)

Der O h r a p p a r a t der S t tuge t ie re ist in de~ Teilen, die fiir uns in Betracht kommen, d. h. in dam sag. Gleichgewiehts- oder sta- tischen Organ weniger raamfigfaltig als die Apparate der Fische und VSgeI. 1Relativ zmn GesamtkSrper ist el" vial kleiner. Dann besitzm~ die SS~uger zwar ebenso wie die genam~teit Tiere drei B o g e n g g n g e mit drei Cristae aeustieae~ aber nur zwei g e s t i b u l a r s g e k c h e n ~

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22 ~L Barrels

den Utriculus .und Sacculus. m~d entsprechend nut zwei Otolithel~ tragende Maculae acusticae.

An Sgugefieren einschliesslich des Nenschelx shld die kompel ' , - s a t o r i s c h e n A u g e t l b e w e g u n g e n am ansfiitMichsten smdiert wor- den. Es ist aueh bei A ussehaltung der optisehen Reize ihre ans- sehliessli&e Abh~tngigkeit yore Ohrapparat einwands~rei festgestellt (siehe unten). Wi r wollen ztm~chst die normalen kompensat~)rischen Bewegungen kurz berichten und dann yon der Aussehalt,mg sines Labyrinthes zu den Experimente1~ an einzelnen Teflen iibergehen.

I & will nur die wi&tigsten Beobaehttmgen anfithren.

Sehon Joh. Miiller beobaehtete an Tieren seitliehe Vertikaldivergenz der Angen bei Kopfdrehungen. v. Graefe studierte dann genauer die Ro l lungen der Augen yon Kaninchen bei Kopfbewegungen. Dutch zwei Nadeln~ deren dne lest in den 8ehMetknoehen gesehlagen war, nnd deren andere quer durd~ den vorderen Bulbusabsehnitt gestoehen war, mass er genan die GrSsse dec Rollnngen. v. @raefe land, dass die Kaninehen sehr grosse Gegenrollungen ausftihre% d. h. his zu einer Kopfbewegung yon 400 bleibt der Augenmeridian senkreeht, im ganzen erfolgten noeh Rollungen bei Kopfbewegungen yon 110 °. Die Rollungen waren am aus- gesproehensten in denjenigen Stellungen~ die fiir das Tier tiblieh sind, d.h. bei Drehungen um die transversale Kopfachse 100 naeh oben und 900 naeh unten. Aueh Nagel fand die gTiissten (90 °) kompensatorischen tlad- drehungen bei Kaninehen in sagittaler Ebene. Bei jnngen Tieren sind sin grSsser win bei alten, bei blindgeborenen ebenso win bei blindgewordenen vorhanden, v. Graefe fand~ dass diese Rollbewegungen usa die Lgngs- aehse der Obliqui statNnden, naeh Durebsehneidnng dieser Mnskeln hSren sie auf: Wendet man den Kopf des Tieres urn die Langsaehse, so tritt die Devialio vertiealis diagonalis anti v. Graefe ahnte damals gar nieht~ win erw~thnt~ dass diese Augenbewegungen etwas mit dem 0hr- apparat zn tun h~tten. B reue r steltte zuerst die Deviation bei allen Tier- a~en nnd ihre Abb~ngigkeit vom Ohrapparat fest.

H Sgyes klassifizierte genauer die einzelnen kompensatorisehen Bewe- gungen beim Kaninehen und benannte sin nnd wins noehmals gegen B a- g insky usw. naeh, dass ihre Ursage im Labyrinth zu suehen sei. Wit kSnnen hier nieht jede einzelne Augenstellung besehreiben (siehe HSgyes~ Kubo, Biehl), j ede r Eop f s t e l l nng en t spr ieh t eine Augens te l lung. Doeh weist H/Sgyes daranf bin, dass bei einer vollen Umdrehung in der Sagiitatebene die Augen im ersten Viertel ihre grtisste Ablenkung erreiehen (siehe v. Graefes Versuche); im 2. Viertel behalten die Augen die angenom- mene Stellnng, um dann plStzlieh naeh einigen ruckartigen Bewegungen ihre normale Stellung einzunehmeni im 3. Vierfel (also yon 180--270 °) bewegen sieh die Augen nad~ tier entgegengesetzten Riehtung~ erreiehen das Maximum der Ablenkung und behalten w~rend des ganzen letzten Viertels diese Stelhmg, um dann yon nenem naeh einigen ruekar/igen Zuekungen in ihre normale Stellung zu gelangen. Kubo maeht auf fol- gendes aufmerksam. Wenn man das Tier aus der Seitenlage in die Rti&en-

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lage dreht~ so geht der Bulbus allm~htieh wghrend dieser Drehung in die prim~re Stellung zuriick.

Die Bulbi konnten also in gewissen Kiirperlagen zwei S te l lungen einnehmen~ was Bethe schon an Krebsen beschrieben hatte, wie ich er- w~hnen mSchte.

Alle erwlihnten Bulbusbewegungen habe ich an Kaninchen besti~tigen kSnnen. Aber ich kann HSgyes nieht ganz beistimmen, dass dieselben Erseheinungen auch bei Drehungen yon Hunden und Katzen nnd Meer- sehweinchen auftr~iten. Bei letzteren ja, wenn auch nieht sehr deutIieh. Bei H u n d e n und Ka t zen aber sind nur die Nystagmusbewegungen~ auf die wir gleich kommen, ebenso bemerkbar wie bei Kaninehen. Die Ver- tikaldivergenzen sind abet schwer zu sehen, da Hunde und Katzen dureh willkiirliche Bliekbewegungen ihre Bulbi fortw~hrend bewegen~ besonders die Katzen. Bei diesen kommt~ wie ieh hier bemerken mSehte, besonders leicht ein Nystagmus rotatorius zu stande.

Alle diese Tier% wie iiberhaupt alle S~uger zeigen deutlich Dreh- wie Nachnys tagmus .

Naeh meinen Untersuchungen ist bei den einzelnen Tieren (Kaninchen) ein verschieden grosser Drehwinkel bei gleicher Drehgeschwindigkeit niitig, um die langsame Phase des Nystagmus in eine zuekende umschlagen zu lassen.

Bei langsamem Drehen sehwankt der Winkei (Reaktionsendwinkel E w a I d s) zwischen 15--25%

Alle Augenbewegnngen konnte ieh schon an eben geworfenen Kanin- chert wie Meersehweinehen beobaehten, wenn der Augenspalt noeh nicht einmal ganz geSffnet war.

t tSg yes stellte zuerst lest, dass naeh Zers t ( i rung beider Laby- r in the oder naeh D n r e h s e h n e i d u n g beider I t S rn e rv e n die erwahnten kompensatorisehen Augenbewegungen vSllig fehlten. Die Resultate yon HSgyes wurden sp~iter yon Mar ikvokszky bestatig~. Ich selbst habe an einem Tier in einer Sitzung in t r ak ran ie l l beide Aeustiei dureh- sehnitten. Das Tier zeigte danach keine Spur yon komp. Augenbewegungen; beide Bulbi standen etwas naeh hinten. Das blieb so wiihrend der drei Tage, die ieh es beobaehten konnt% es lebte iibrigens l~nger. Das Tier konnte waekelnd sitzen, abet es empfand augenseheinlieh keine KSrper- lagen; man konnte es am 3. Tage noch mit dem Rticken auf alas Dreh- brett legen und rotieren, es blieb eine Zeitlang ruhig so liegen, was bei normalen Kaninehen ganz unm~glich ist.

Auff~llig ist~ class eine Anzalfl yon Autoren beriehtet, dass e inse i t ige Ope ra t i on die kompensatorisehen Augenbewegungen nicht oder nur in geringem Masse sehS~dige (Nagel~ de Cyon~ Tomaseewiez~ Born- hardt). Alle neueren Uatersuehungen wie aueh meine Beobaehtungen be- weisen aber~ dass e inse i t ige Ausseha l tung eines L a b y r i n t h e s sofort zu sehweren StSrungen in der Augenstellung bei K a n i n e h e n ftihrt. Es tritt erstens Vertikaldivergenz ein und zwar im Sinne einer Drehung um 900 naeh tier nieht operierten Seite~ und zweitens ein :Nystagmus naeh dieser Seite.

Kubo beriehtet, class er nach D u r e h s e h n e i d u n g des Aeust icus

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24~ M. Bar~cels

(siehe Fall 3 Kubos) noeh deutliehe kompensatorisehe Bulbusbewegungen gesehen habe. Ieh muss demgegent~ber betonen~ dass na& sieherer Dureh- sebneidung die ersten Tage naeh der Operation keine Kompensationsbewe- gungen zu beobaehten sind. Die Bulbi bleiben in allen KSrperlagen in Vertikaldivergenz (siehe unten). D~e Beobaehtnngsunterselfiede ]~dhren wohi yon der Schwierigkeit her~ den Aeustieus ganz zn durehsehneiden. Eben- so erkl~ren sieh aueh wohl die verh~,Itnlsm~issig geringen StSrungen~ die einige Antoren na& einseitiger ZerstSrnng des Labylinthes bekamen~ dutch Erhaltenbteiben gewisser LabyrinNtdle trotz der Operation. Wie es mit einer dauernden Seh~digung naeh einseitiger Labyrinthaussehaltung I bei Kaninehen steh~ werde ieh sp~ter anf Grand meiner Versuehe beriehten°

An Meersehweinehen operlerte Dreyfuss. Na& e insMtiger H e r a u s n a h m e des L a b y r i n t h e s bekam er unmittelbar naeh der 0po- tation Nystagmns naeh der gesnnden Seite. Aber s&on 6 Stunden spNer beoba&tete er merkwt~rdigerweise auf der Drehseheibe sehon wieder nor- malen Dreh- and Naehnysta.gmus. Wie gesagt, widersprieht dies den Er- fahrnngen an Kaninehen; anffNIig ist aneh~ dass Dreyfuss yon einerVer- tikaidivergenz naeh der Operation niehts beriehtet~ die stellt sieh deeb bet allen Tieren dana& eino Viellei&t war do& ein TeiI des Labyrinthes stehen gob!leben (siehe an{on).

Beeh te rew untersu&te genaner das Verhalten yon Hunden naeh einseitiger Durehsohae idung des Aeustiens. Er konstatierte dieselben Ersebeinungen~ die oben veto Kanin&en gesehildert stud: Deviatio verti- calls diagonalis and Nystagmus. ~b'ber besondere Beobaehtungen ~n Nar- kose usw. bert&ten wit sparer (Kapitel V)o

Anf Grand der Untersuehungen B eehterews kSnnen wir annehmen~ dass die Angen yon Hunden in ~hniieher Weise yon jedem Ohrapparat ans beeinflnsst werden wie die der Kanin&en.

Interessant sind 2 Versuehe, die Ewald an Hunden fiber den Ein- fluss des Labyrinthes auf die Prec is ion der Augenmt~skeln ausNhrt. tm 1o Versu& handelte es sieh nm einen Hund~ der vor der Operation darauf dressiert war~ zugewerfene Bissen geselfiekt zu fangen. Naeh bei- derseitiger LabyrinthzerstSrung war er dazu nieht mehr im stande, er ver- lor~ wie Ewald sebreibt~ die aufgeworfenen Stt~eke aus den Augen. Dass letzteres hierbei die Hauptrolle spielt% schien Ewaid ein 9. Versueh zu beweisen~ den auf seine Veranlassung Dr. S tephensen anstellte. Ein 2. It und war darauf eingeabt, bet fixiertem gSrper nnd Kopf einem St~iekehen Fleiseh, das ihm~ wenner hungrig war~ vorgehalten wurde, mit den Augen nael~ allen Ri&tungen zu fotgeno Es wurden dann beide Labyrinthe ent- [%rnt. Einige Woehen sp~ter prtifte man das Tier in der oben angegebenen Weise. Der Itnnd war dann nieht mehr im stand% wie frfiher den Be- wegungen des ~orgehattenen Fleisehes zu folgen~ er ver!or es sehr bald ans dem Oesi&tsfeld. Ewald sehloss daraus, dass die Augenbewegungen dauernd dutch den Fortfall der Labyrintb~ gesehadigt werden.

An Sehafen und Pfe rden experimentlerte Biehl nnd zwar desbalb, well an diesen Tieren der Ves t ibular i s sieh isoi ier t ohne den Cocblearis reizen and du rehsehne iden l~sst. Biehl erhielt naeh Reizung eines Vest ibnlar is (besonders an Sehafen gelang dies) typisehe Vertikatdivergenz,

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[?ber Regulierung der Augenstetlung durch den Ohrapparat. 25

d. h. das Auge tier gereizten Seite ging naeh oben~ alas tier andern Seite naeh unten, zngleieh trat Ny. horiz, naeh tier gereizten Seite auf. Diese Reizversuehe Biehls scheinen mir noeh am meisten einwandsfrei zu sein (genauere Protokolle fehlen tibrigens). Dagegen sind die yon Biehl be- sehriebenen Ver~ndernngen tier Augenstellung naeh D u r e h s e h n e i d n n g des Ves t ibu la r i s nieht so ohne weiteres ais reine Vestibularisausfallser- seheinungen anzunehmen. Zun~ehst ist schon auffallig~ dass naeh Durch- sehneidung der Ny. bestehen bIieb im gleiehen Sinne wie bd tier Rdznng. Das widersprieht allen sonstigen Erfghrungen. Manchmal, so wird yon Biehl angegeben, verschwand der Ny. bei Dnrehsehneidung ganz; auch das ist sonst bet Durehsehneidungen nieht beobaehtet. Im allgemeinen kann man sagen, dass bet allen Sgugern naeh Durehsehneidung Ny. naeh der andern Seite auftritt. Dagegen thnd Biehl stets, dass die dureh Reizung hervorgerufene Verfikalablenkung naeh der Dnrehsehneidung sieh umkehrte, d. h. das Auge der operierten Seite ging naeh unten~ das andere naeh oben, oft ,in enormer Weise".

Wir hgtten dann also Jn Biehls Experimenten die typisehe Vertikal- ablenknng wie sonst naeh Durchsehneidung~ aber Ny. naeh der operierten Seite wie sonst bei Reizung. Es liesse sieh diese Beobaehtung nut erkl~ren, wenn man annimmt, class die Fasern des Vestibnlaris far dieAngenstellung (Vertikatdivergenz) wMdieh durgsehnitten wnrden, dass dagegen die Fasern far den Ny. nut gereizt wurden; kurz~ dass also der Vestibularis nieht vSllig durehsehnitten wurde.

Aueh der yon Biehl eingesehlagene Operationsweg erseheint mir nieht ganz einwandsfrei. Biehl nahm dabei den 0eeipitallappen weg, um zum Vestibularis zu gelangen~ ausserdem tamponierte er diese Hirnwunde fest der Blutnng wegen. Wir wissen nun~ dass Reizung und ZerstSrnng des Oeei- pitallappens an und far sieh assoeiierte Augenbewegungen auslSst (Levin- sohn~ ttbrigens eitiert Biehl selbst hierzu Tsehermak)~ also kann die Wegnahme und Tamponade keineswegs gleiehgtiltig sein. In bezug auf die Augenbewegungen sind somit die Versuehe Biehls nm" bedingt zu verwerten.

Besonders wiehtig ware es, an Tieren zu operieren, die in Augen- stetlung und Labyrinthfllnktion mSgliehst dem 2~iensehen gteiehen~ d. h. an Allen. Abet soviel ieh sehe, ist dies noeh hie gesehehen. Ieh mSehte nur knrz eine Beobaehtung~ die ieh an einem Affen maeht% erwahnen.

An einem ausgewaehsenen Affen, tier aus andern Grgnden getStet werden sollte, konnte ieh den Aeustieus dnrehsehneiden. Ieh ging naeh Freilegung des Kleinhirns vor. Letzteres sehob ieh an die Seite und dureh- sehnitt Aeustieus und Faeialis. Danaeh trat sofort dne Vertikaldivergenz auf~ alas Auge der operierten Seite ging etwas naeh unten, das andere stark naeh oben. Far wenige Sekunden traten aueh nnregelm~tssige pen- delnde Bewegungen beider Bulbi auf. Das Tier musste leider in der Nar- kose getStet werden. Diese Versuehe~ die an dem teueren Material leieht seheitern, sollten unbedingt wiederholt werden, damit man beobaehten kSnnte, ob eine derarfige Vertikaldivergenz naeh der Narkose bleibt oder dureh die Fusionstendenz sehwindet.

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26 N. Barrels

E x p e r i m e n t e an e inze lnen L a b y r i n t h t e i t e n bei S~tugern.

Experimente~ bd denen sieh Reizung und Aussehaltung eines Bogen- ganges unterseheiden liess% sind an S~ugern tiberhaupt nicht angestellt~ noeh viel weniger sind die exakten Lymphbewegungen~ die Ewald an des Tanbe hervorri@ an S~ugern erzielt worden.

Die meisten Experimente wurden an Kaninehen angestellt. W~hrend F1 o u r e n s nut im allgemeinen sehnelle Bewegungen tier Augen

and Augenlider naeh Durehsehneidung tier Bogenggnge beobaehtete~ sah B orn- hardt~ was de Cyon best~,tigte, sehon genaner die Riehtung desNy. Er be- merkte~ class sehon allein das Sehaben des hofizontalen Kanales Augenbewegung yon der Wunde weg hervorri@ und naeh Durehsehneidung bekam er Ny. naeh derselben(!) Seite. Bei andern Durehselmeidungen desselben Kanales sail er einige Minuten naeh der Operation Ny. naeh der nieht operierten Seite K u b o bekam bei grober Ber i ih rung des ho r i zon ta l en Kanaies meier horizontalen Ny., weleher Riehtnng win nieht gesagt~ nut erwi~hnt er, dass sieh die Nehtung des damal erzeugten Ny. bei Lage~nderung nieht um- kehrte (siehe unten), Bei Durehsehne id u n g tier f ron ta len Kan~le eNielten sowoh[ F tourens wie Bornha rd t rotierende Augenbewegungen~ B e r n h a r d t naeh Durehsehneidung des reehten fronta!en Ranales rotieren- den Ny. naeh hinten und reehts beiderseits. LTber Augenbewegnngen naeh mechaniseher Reizung oder ZerstSrung des sag i t t a l en Kanales finder sieh niehts.

Eine Eigentiimliehkeit erw~hnt B o rnh a rd t naeh Durchsehneidung des reehten horizontaleu Bogenganges. Drt~ekte er ein Tueh in die Wunde, so bewegten sieh die Augen naeh links, d. h. yon der Wunde weg~ bei Wegnahme des Tuehes bewegten sie sieh naeh reehts. Nan kiSnnte diese Ersehelnungen mit dem Aufsehlagen und Zuri~ekziehen des pneumatisehen Itammers yon EwaId vergteiehen (siehe aueh unten Kompressionsny. beim Nensehen). Immerhin zeigt die Beobaehtung Bornhardts~ dass man die Ewaldschen Versuche an Kaninehen wiedeNolen k~Snnte.

Naeh Anlegung der Kathode an den ho r i zon t a t en Bogengang be- kam Kubo bei e lek t r i seher Reizung Ny. ha& der andern Seite~ den die KSrperlage nieht beeinflusste.

Der the rmisehen Reizung an Kaninehen widmete Kubo im Hin- bliek anf B£r£nys Versuehe a.n Mensehen besondere Aufmerksamkeit. Bei Reizung der versehiedenen BogengS, nge bekam Kubo aber dnrehaus keine einheitli&en Resultate. Am konstantesten war no& die heisse Ileizung des ho r i zon ta l en Kanales~ sie ergab stets horlzontalen Ny. naeh derselben Seite; naeh kalter Reizung gab es Nystagmus bald naeh tier einen~ bald naeh der andern Riehtuug.

Bei thermiseher Reizung des Canales anter , nnd poster, bekam Kubo aueh horizontalen Ny. und ausserdem aUerhand nnregelmassige Be- wegungen bald naeh oben~ bald naeh nnten~ dazwiseben Rollungen. Diese thermisehen Reiznngen kgnnen uns also tiber die Funktion der einzelnen Kan~tle keine Aufklgrung geben, Wiehtig ist m. E, ftir die Theorie eine Bemerkung Kubos~ dass oftmalige Applikation yon KNte die Reflexbe- wegungen hemmt.

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Tdber Regutierm~g der AugenstelIung dnreh den Ohrapparat. 27

Die Versuehe, die einzelnen Bogengange isoliert the~nnisch zu reizen, haben, soviel ieh sehe~ soweit sie fiberhaupt Mare Ergebnisse Iiefern, keine andere Wirkung erziel L wie die einfaehe Ausspritzung des GehSrkanales, bzw. tier PaukenhShle. Kubo land namlieh~ bei kalter Ausspritzung (10--18 o) ttitt horizontaler Ny. naeh tier andern Seite, bei heisser (52--70 °) Reizung Ny. naeh derselben Seite a~f. Die Zeit, in der die Nystagmus- bewegung naeh tier Ausspritzung beginnt, betrS~gt 2~---19 Sekunden. Die Dauer des Ny. ist 56--90 Sekunden, die Frequenz 90--140 in der Se- kunde. KSrperwarmes Wasser ruff keinen Ny. hervor (Kubo). Naeh meinen Erfahrungen muss ieh betonen, dass es mir nieht so leieht gelungen is L wie Knbo beim lege artis ausgefiihrten Ausspritzen des ~tusseren Ge- hSrg'anges bei erwaehsenen Kaninehen selbst naeh grossen Mengen heissen Wassers und genauer Einfiihrung Ny. zu bekommen, regelm~sig nm" bei K~lteanwendung.

Naeh Durehsei~neidung tier Bogeng~nge in der Mitre erhieIt Kubo noeh thermischen Ny.~ also die Bogengfinge brauchen dazu nicht intakt zu sein. In den Sehlusss~ttzen seiner Arbeit behauptet Kub% dass naeh ,Er- 5ffnung des Vestibulums" jede Wirkung der thermisehen Reizung aufhSre. Dabei heisst as aber in der Arbeit selbst: ,Wenn man ins operierteVesti- bulum (einen Tag naeh tier ErSffnung) kaltes Wasser einspritzt, so treten wieder Nystagmusbewegungen hervor", z. B. ,,mit einem heissen St~behen gereizt, fblgt ruekweise Bewegung naeh der Nase" usw. Aus Kubos Pro- tokollen geht hervor, dass nur die ersten Stunden naeh ,Ergffnung" des Vestibulums wegen der sttirmisehen Erseheinungen, die sofort eintraten, eine thermisehe Reizung nieht mSglieh war, spgter aber sehr wohl. Ieh halte diese Feststellung ftir sehr wiehtig, wie wir naehher bei ErSrterung der BgrSnyschen Theorie sehen werden. Ich verstehe nieht~ wie Kubo zu den oben erw~hnten Sehlusss~tzen kommt, die seinen eigenen Protokollen widerspreehen. Auf die thermisehen Reizungen, die Kubo naeh Dureh- sehneidung des Acusfieus anstelIte, gehe ieh nieht ein~ da ieh naeh den oben gemaehten Ausffihrungen nieht ~mnehmen kann~ dass Kubo den Aeustieus wirklieh stats durehgesehnitten hat.

Kubo beobachtete bei den thermischen Reizungen bei Kaninehen noeh etwas besonderes. Bei Lagewechsel des KSrpers n~tmlieh andert sieh die Riehtung und Frequenz des vorher thermiseh erzeugten Ny. (siehe auch oben Taube). Die ,Umkehr des Ny." fand sieh nur bei Kaninehen. Uber eigene Beobaehtungen mit thermiseher Reizung (Ausspritzen) an Kaninehen~ denen sehon Nngere Zeit vorher ein Acustieus durehsehnitten war, beriehte ieh sparer.

Die Ergebnisse aller Versuche ~n S~Lugetieren ersieht ma~l am besten ~us der beigefiigten Tabelle. Ieh mSchte nut atlsd14ieklieh darauf hinweisen, wie dti~ftig unsere experimentelle Kenntnis fiber die Funktion der einzehaen Teile des S~ugetierlabyrh~thes sind. Es ist fraglieh~ ob es fiberhaupt teelmiseh mSglieh ist, bei diesen Tieren einzelne Teile exakt dargnfhin zu smdieren. Uber die Fm~ktio~l ~o1~ Utrieulus m~d Saceulus wissen ~ r experimentell iiberhaupt nichts.

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28 ~L B~rtels

b. Mensch . Der Ohrappamt des Menschen stimmt mR dem der geuannten

S~ttgel ° iil)erein.

1. Kompensatorische Augenbewegnugen bef Kopfbewegungen. (_Raddrehmgsn und Drehnystagmus.)

a. IRaddceh~ge~.

H u n t e r behanptete zuerst~ dass beim ~lenschen der Butbus si& ra,1- fSrmig um die Sehaehse gegendrehe, wenn wit den Kopf naeh einer Sehulter neigen. Joh. Nt~lter bestritt dies. Hueek konstatie~e dann wieder Nr frontale Kopfdrehungen eine Gegenrotlung der Bulbi una zwar bleibe der senkrechte Durehmesser des Bulbus his zn einer Kopfneignng yon 28 o noeh senkrecht~ yon da bemerkte Hueek plStziiehes ZuNekdrehen zur 0rbita. Donders fand mittels der Naehbildsr nur.Rollung, wenn der Kopf zugM& ha& vorn oder nael-~ hinten gebogen wurde. I )onders glaubt% dass die RoIlung nieht yon der Drehnng des Kopfes herrtihre, sondern yon einer verschiedenen Neig;eng der Sehaehse zur Angesiehlsfl~tehe. Daher r~ihrten aueh die versehiedenen Untersuehungsresnltate, je naehdem nahere oder entferntere Objekte fixiere warden. Na& Donders maehen dis Augen meridiane and vertikale Verschiebungen~ wenn dis Sehaehsen naeh oben oder ha& tmten geriehtet werden, v. (ffraefe s&Ioss si& diesen Untersu&nngen D onders dur& Nachprfifnng vSllig an~ trotzdem er trtiher Rollungen bei allen seitl~ehsn Kopfneigungen angenommen hatte. Javal , Nagel~ S k r e b i t z k y zeigten dann~ dass bei frontaler Drehung des Kopfes~ gleiehgtiltig ob diese akthr oder passiv oder ~n wel&em Gelenk immer ge- seheh% sine kompensierende Raddrehnng ~ der Butbi im entgegengesetzten Sinne auffriR nnd zwar um 1]~--1ti o des Winkets tier Kopfdrehnng. B r e u e r konstatierte mittels Nachbildes, dass das ¥erh~Itnis welt grSsser als 116 ist, und gibt Hueek reehg er selbst sah atlerdings siehere Drehungen nnr his 200; dabei fiel ihm aueh der Nystagmns rotatorius auf.

Nagel bediente sieh der Ortsverandsrung des blinden Fleekes and wies damit siel~ere, f~r den 3~Iens&ea parallele Raddrehungen naeh. Dutch Aufblitzen einer Glfihlinie nnd Angabe der Stelhmg aberzeugten si& Sachs und Muller, dass die Biehtnng der optisehen Vertikalen~ wie sie es nennen~ ttberwiegend din'& Kopfneigung beeinflusst wird; letztere rnfe Ver- lagernng der seheinbaren Vertikalen im entgegengese~zten Sinne hervor. Die Gegenrollung tier Augen vemrsaehe die bei sehwacher Kopfheigung auftreteuden Fehler tier Lokalisation; bei hoehgradiger KopNeigung reieht sie dagegen nieht aus, diesem Pehler vorzubeugen.

W~hrend die bisher genanntea Forseher sich subiektiver Methoden be- dienten~ wie B~tr~ny meint~ konstruierte er einen Apparat~ mit dem er mittels eines Fadenkrenzes, das aaf einen Irisstreifen eingestellt wird, ob- jektlv die Raddretmng tier Augen his auf ~]o genau messen will. Der Gebraueh des Apparatus ist aber, wie ieh bemerken m~Seht% nieht einfheh~).

Naeh B£rS.ny betr~igt die C-egenrollnng der Augen bei 60 o Neignn~gen

~) Die Fixation eines 10--15 em en~fernten Knopfes bedingt Fehler in tier Benutzung de~ B~r~.nysehen Apparates (siehe oben Donders).

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Uber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat. 29

des Kopfes 4 - - 1 6 °, durehsehnittlieh 8 °. Derselbe Autor land, was bier gleieh erw~hnt sei, dass bei Tanbstummen mit ZerstSrung des Vestibular- apparates die Rollung durchschnitflieh d: ° (1--8 °) betrug. Bei Lenten, die an Sehwindel leiden~ soll man naeh Bgtr~ny grosse Sehwankungen in tier absoluten RollungsgrSsse antreffen~ bei Normalen nur geringftigige.

Erwahnen will ich im Ansehluss hieran, dass Breuer an Blinden land, dass bei Neigung des Kopfes naeh vorn die Blickebene relativ zum Kopf sieh hebt und senkt und umgekehrt zugleich mit Nystagmus. An Blinden, die ieh in einer Anstalt untersuehte~ habe ich dies nieht deuflieh sehen kSnnen.

An sieh selbst beobachtete Breue r beim Auffahren in Fahrsttihlen im Moment des Anhaltens eine Seheinbewegung eines fixierten Punktes naeh unten. Dies konnte ieh an mir best~itigen. B re u e r sehloss mit Recht ans dieser Seheinbewegung auf eine Bewegung der Augen naeh oben (siehe unten Untersuehungen an Frtihgeburten).

b, Drehnystagmus. Beim Menschen beschrieb zuerst Pu rk in j e (18'20) genaner Augen-

bewegungen, die wir heute mit Sicherheit als labyrintharen Drehnystagmus ansehen mtissen. Pu rk in j e untersuehte den Drehsehwind@ besonders den ~,on ihm genannten , B e w e g u n g s s e h w i n d e l " , d. h. die Seheinbewegung der umgebenden Objekte bei der Drehung des K~rpers um seine L~ngs- achse. Einen Tell dieses Bewegungsschwindels bezeichnete er nach Dar- win dem ~_lteren als ,Augensehwinde l ' q P u rk i n j e fand n~mlich zuerst, dass tier Seheinbewegung der Objekte d. h. der Schwindelbewegung eine Oscillation tier Augen zugrunde liegt~ ,,wie man dies schon am eigenen Auge dnreh leises Betasten und an fremden Augen augenseheintieh bemerken kann". Dnreh Fixation des nahe vorgehaltenen Fingers ist naeh P. tier Augensehwindel sogleieh aufgehoben. P u r k i n i e ahnte nieht~ dass bei diesen Angenbewegungen ein besonderes Organ, nS~mlieh das Obrlab?-rinth eine Rolle spielt.. Er glaubte~ dass der Augens&windel bedingt sei dureh einen ,Kampf bewusstloser unwillktirlieher Muskelaktionen und willkiiflieher bewusster naeh der entgegengesetzten tliehtnng". Pu rk in j e beobaehtete aueh sehon~ dass nur im Beginn der Drehung die Augen die Kopfbewe- gung ausgleiehen dureh Beharren, dass sie dann ,absatzweise" zu folgen suehen und sehliesslieh sieh mit dem KSrper gleiehmS.ssig mitdrehen. Die ausfiihrliehe~ vorztigliehe Arbeit Purk in jes mit der Erkl~rung des Dreh- sehwindels dur& Augenbewegungen wurde ganz vergessen, erst Hi tz ig entdeekte 1870~ ohne Purk in je s Arbeit zu kennen, diese Erkl~trung von neuem. Wir kommen beim galvanisehen Sehwindel darauf zurtiek.

Breuer , Maeh und Cam Brown erkl~irten dann zuerst diese beim Drehen ausgelSsten Angenbewegungen ft~r Bewegungen, die aktiv vom Ohr- labyrinth arts reflektoriseh ausgelSst werden. B re u e r beobaehtete an Blin- den, dass tier Drehnystagmus ganz nnabh~ngig vom Sehen auftritt, wie ja aneh P u r k i n j e sehon bemerkte. Die Beobaehtungen Purk in jes ergSmzte er welter, indem er bemerkte~ dass tier tastende Finger auch bei gesehlos- senem Auge jene Bulbusbewegungen beim Drehen ftthtt, wovon man sieh leicht an sich selbst bei leiehten Drehungen des Kopfes tiberzeugen kann. B r e u e r land auch zuerst~ dass die Bewegungen auch erseheinen~ wenn der

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30 M. Barrels

KSrper passiv g'edreht wird. ,Das Gesichtsfeld, welches bd passiver Ver- sehiebung der Augen aUein bewegt el~cheint~ bleibt in Ruhe, weun der Kopf hin und her bewegt wird, wird abet sogleich bewegt, wenn der Bulbus mit dem Finger fixiert~ an der kompensierenden Bewegnng gehindert wird. Wir mtissen also diese korrigierenden Augenbewegungen ftir direkt yon der Drehung des Kopfes abhlingig und in irgendeiner Weise reflek- toriseh bedingt ansehen."

Breue r studierte genauer das Verhalten der Angen bet einer Kopf- wendung. Naeh ihm bleiben die Ball'A, wie es sehon P u rk i n j e sah~ zn- nachst in ihrer frtiheren Stellung und werden dann rasch nachgedreht (bet Blinden oder wenn die Intention zu sehauen (lurch Aufsetzen ether Star- brille abgesehwiieht ist). Dies wiederholt sigh bet ausgiebiger Kopfwendung mehrmals. Am Sehluss der Kopfwendnng stehen die Bulbi wieder in ihrer Normalstellung. Oder - - die Augen werclen dem Kopf vorausgedreht, gehen selbst etwas welter als dieser und bleiben dann oft etwas naeh der Seite gerichtet. Ob das eine oder das andere erfblgt, h:~tngt yon der In- tention ab~ in welcher die Bewegung vollzogen wird. Viele Menschen drehen den Kopf immer mit der Intention naeh tier Seite zu schauen, vollziehen sozusagen das militiirische Kommando ,,Rechts gesehaut". Daraus folgt dann die normale Bewegungskombination des Bliekes naeh der Seite, dass die Wendung des Kopfes dnrch die weitere Drehung der .~-ugen erganzt wird. Gesehieht die Kopfwendung ohne die Intention nach der Seite zu schauen~ so drehen sich die Augen ruekweise dem Kopf~ nach~ z. B. bet Blinden. In jedem Fall hat die Drehnng des Kopfes urn seine Vertikal- aehse nie die Folge~ dass am Schluss der Drehung die Augen zurtiekbleiben und im entffegenffesetzten Sinne gewendet w~ren; sie stehen dann in der Normalstellunff oder etwas welter gewendet als der Kopf. Wir werden sp~iter sehen~ class die Ausfiihrungen Breuers nieht ant mensehliche Friih- geburten zufreffen. Denn~ wie ieh feststellte~ bleiben hier die Augen tat- s~iehIieh zur[iek.

Naeh Maeh~ tier im iibrigen B r e u e r bestiitigte, f~itlt der ,Augen- sehwindel" (d. h. tier Nachnystagmus, wie wit jetzt sagen) beim Fixieren nieht weg~ wie P u r k i n j e meint% er wird aber sehw~tehe b wie sehon Bren e r ausfiihrte~ und die Nystagmusbewegnngen werden sehr kldn und wenig beobaehtbar. Maeh beobaehtete mittels Naehbilder (Magnesium(h'aht) an sieh bet aktivem Drehen um die K(irperaehse den Nystagmus. Dabei bleibt alas Naehbild erst am Gegenstand h~tngen und riiekt dann pl(itzlich nach, bet sehnellem Drehen dreht das ~'achbild sieh mit. Den Naehnystagmus wies Maeh ebenso an sieh naeh. Bet passiven Drehungen waren die Be- wegungen tier Nachbilder geringer. ~iaeh fhtflte aueh bet sieh direkt, wenn er mittels Fingerdruckes den Bulbus fixierte und sich drehte, die Anstrengungen des Bulbus sieh zu bewegen.

Eine grosse Anzahl yon Antoren best~,tigte die Beobachtungen yon B r e u e r nnd ~ a e h , ohne prinzipiell wichtige neue Tatsaehen beizubringen. Verschiedene Drehapparate wurden konstruiert, so yon Mach~ Aubert~ Delage u.A.; in neuerer Zeit ist der Drehstnhl yon v. Stein viel in Gebraneh. v. Stein stetlte die ve r seh i edens t en T y p e n des Nys t ag mu s test je naeh der K~per - bzw. Kopfs te l lung. Wir kSnnen nieht alle aufz:,thlen~ zumal ihre Beach-

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Uber Regulierung der Augenstellung dutch den Ohrapparat. 31

tung mehr rein praktisches Interesse hat. Um die Fixation auszuschalten, be- nutzten v. Stein wie auch B~r£ny Brillen mit undurchsiehtigen Gl~sern.

Sehr versehieden ist die Umdrehungszeit bei den verschiedenen Autoren~ des muss man beim Vergleich ihrer Resultate wohl berfieksichtigen, v. Steins Zentrifuge macht 1 Umdrehung in 5 Sekunden~ B ~r&ny drehte viel sehneller~ n~mlieh 10 real in 20- -22 Seku~den. Auf der Drehseheibe ist dies kaum mBglich, wie ich reich ~iberzeugte, sondern nut anf dem Drehstuhl.

B£rdny fend bei Normalen die Dauer des tNaehnystagmus nach rechis nach 10maliger Linksdrehung 41 Sekunden~ naeh links 39 Sekun- den (siehe oben iiber diese Art der Dauerbereehnung). Er fend einma! einen sonst Normalen, der keinen Nystagmus aufwies. B~r£ny fend, dass die Dauer des Rechts- und Linksnystagmus bei demselben Individuum differierte. Ich glaube, es ist hierbei sehr die Nachwirkung der erstmaligen 10 Drehungen zu berfieksichtigen (siehe oben). Bt~rAny fend, dass die rasehere Drehung eine Yermeln~ng der Dauer und St~rke des I~stagmus bewirk% wovon man sich Ideht fiberzeugen kann. Bsim rotatorischen Nystagmus war die Dauer des Naehnystagmus nach reehts 24 Sekunden~ naeh links 20 Sekunden.

Die Reehtst~nzer zeigten eine Herabsetzung der Dauer des Links- nystagmus. Die T~inzer, die sowohl naeh reehts wie naeh finks tanzen, zeigten eine Verlfingerung der Dauer nach beiden Seiten. Maupetit konstatierte dasselbe an Kunstreiterinnen nnd Balleteusen. W~hrend B~r~ny keinen Untersehied in der Dauer des Nachnystagmus in dem verschiedenen Lebens- alter vom 6.--50. Jahr fand~ beobaehtete Maupetit bei Kindern viel l~ngeren l~achnystagmus als bei ~lteren Erwaehsenen.

E igene Beobach tungen bei Drehungen .

Auf einer grossen Drehsche ibe konnte ich eine Anzahl Er- wachsener nntersuchen. Die :Betreffenden win°den meist so gesetzt, class tier Drehpmlkt hinter ibrera Rficken war, dass also ihr Gesieht der Scheibe zugekehrt war. Die Drehm~gen gesehahen mitteis einer Ubertragung, eine Drehtmg dauerte unge/~hr 4 Sekunden. Bei schnellerem Drehen tritt bei exeent~ischem Sitz za leieht Ubelkeit at~f. ~Vghrend v. S te in and Bgr~tny, wie erwghnt, zm ~ Ansschaltung der Fixation sich einer undurehsichtigen Brille bedienten, henatzte ieh eine Automobi lb r i l l e , die seitlich alles Licht abschloss, und in die bei- derseits GI~ser -~-20~0 D i o p t r i e n eingesetzt warenl). Dadm~ch ~-drde einerseits vermieden, dass die Personen seitliehe @esichtsehl- driicke empfingen, ferner ist eine ]~Sxation unmSglich, denn dm'ch die starken Xonvexglgser kann nut in allerngchster ~N~he (5 cm) deuttich gesehen werden. Ein Hauptvortei] aber ist, dass der Untersncher h~- folge der starken VergrSsserung guch die ldeinsten Angenbewegungen sieht bei den Personen, denen die Brille a~ggesetzt ist.

~) Die Brille ist zu haben bei 0ptiker ]~loch bier.

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32 N. Barrels

Man kann die Augen beim Drehen often lassen oder selfliessen und erst bei Halt 5ftneu lassen, das Resultat ist f~ir den Nachuystag- mus dasselbe. Unter der ]grille hubert nun alle Personen a.uffiillig starken und h~tufigen Nystagmus, ~Ian bra,ucht nur jemand die ]grille ~ufzusetzen und den Kopf etwas bin und her bewegen zu lassen. H~ltgen aber alle diese ]gewegungen yore 01~'apparat ab? ]gei ge- schlossenen Augen bekommt man w~hrend des Drehens weniger Ny- smgmusausschl~ge ~s wie hinter der ]grille. Auf der mir zur ¥er- fiigung stehenden Drehscheibe ]less sieh mit dem tastenden Finger die Zahl nat sehwer feststellen, da die Drehseheibe ,,stiess". ]greuer gibt als Zahl der Zuckungela w~hrend einer ganzen DreMng 6---8 an. Unter der oben angegd)enen ]grille sind es meist 20--40 Zuekungei~. ~Ml etwaigem Fixationsbestreben unter der Brille katm dieses 3fehr nieht. Iiegen. Denn erstens ist bei offenem Auge die Zah] der Zuckungen geringer, m~d dabei kann doeh viel besser als wie mit ]grille fixiert werdem Dana bleibt au& die Zahl der Zuekmagen unter der ]grille dieselbe, ob vea~sueht ~-ird zu fixieren oder nicht. Es ist eben nieht mSglich dabei zu fixieren. In jiillgster Zeit hubert ]guys and Coppez mit eitlera besonderen Apparat die Nystagmuszueknngen bei gesgtos- senem Auge aufgesehrieben. ]gei einer Drehtmg yon 1250 in 2 Se- kunden bekamen sie graphiseh 5--6 Znekungem Sie drehten also etwas laagsamer wie ich and bekamen doeh fast ebensoviel Zuektmgen. Dana& seheint es mir s&r wa~hrs&einlieh, dass die Zahl der Ny- stagmuszuekmagen, welehe man beim Drehen naeh A~ffsetzen der ~'on mir aa~gegebenen Bfille erh~lg lediglich auf Labyrintherreg~mgen be- ruht. Die Erseheinung, dass man beina Drehen mit gesehlossenen Augen wemger Zucktmgen erh~lt, kbnnte an der mechanisehen Be- hindemng der Augenbewegm~gen liegen. Wahrs&eMieher abet ist, dass dem tastenden Finger als dem grSberen Shmesorgan vieIe Zuckungen eatgehen, die das Auge wie aueh der Nystagmograph (siehe ]guys mad Ooppez) vermerkt. @erade die kieineu Zuekungen sieht man ja mit der ]grille sehr gut wegen der ¥ergrSsserung.

]geim Drehen aaf der Seheibe naeh Aufsetzen der ]grille fund ida an einer grossen ZaS1 untersuehter Normaler erhebliehe UN.:er- sehiede. Die Z a h l der N y s t a g m u s z u e k u n g e n w~hrend eh~er D r e h u n g yon 900 sehwmlkt zwischen 5--12 Zu&ungen, durchschnitt- lieh sah ich 8 Zu&ungen. Die Za.hI der Zuekuugen war beim Drehen naeh reehts mid links lzteist fast gleieh.

Die ZahI der N a e h n y s t a g m u s z u e k u n g e n war ebenfalls in- dividuell verscNeden gross, sie schwankte zwisehen 6 mad 60 Zuekm~gen

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Uber Regulierung der Augenstellnng dureh den Ohrapparat. 33

nach 10 maligem Drehen. Beim einzelnen Individuum war die Zalfl der Na&nystagmuszuekungen naeh reehts und links versehieden. Doeh muss bei den :Resultaten, wie ieh friiher schon erwNmte, immer be- riieksiehtigt werden, dass leieht die dur& die ersten 10 Umdrehungen gesetzte Erregung noeh nachdauern und das tlesultat im Sinne einer zu grossen Differenz beeinflussen kann. Man muss also zwisehen bei- den Drehrichtungen geraume Zeit warten.

M. E. ist es notwendig, ehe man an die Beurteilung pathologis&er FNle geht, sich erst mit den Fehlerquellen seiner ieweiligen gnter- suchungsmethode Yertraut zn machete, d. h. vorher eine Anza~l Nor- maler zu matersucheu. Denn Drehstuhl und Drehscheibe zeigen Unter- schiede, wie der Vergleich meiner Zahlen mit denen B grSnys beweist. Es macht einen Unterschied, ob das Drehzentrum in der KSrl?erachse tiegt, oder ob bei excentrischem Sitz die Zentrifugalkraft mehr mit- wirkt, wie die Beleuchtnng ist usw.

Fiir zweckm~issig halte ich es gerade in zweifelhaften FNlen, die Zahl der Zuckungen zu ziihlen, die wghrend einer geringen Drehung z. B. um 90 o erfolgen, l~iit der yon uns benutzten Brille ist das sehr gut mSglich. Anf diese Weise kSnnte man unter Umstiinden Unter- schiede feststellen, die bei stErkeren Reizen, z. t3. bei Priiflmg auf Naehnystagmus nach 10mMigem Um&oehen unbemerkt bleiben.

Dutch Untersuehungen an noch n i ch t f i x i e r e n d e n Neuge- bo renen , d. h. an a u s g e t r a g e n e n K i n d e r n und F r i i h g e b u r t e n , suehte ieh festzustellen, warm und in weleher Form si& die kom- pensierenden Augenbewegungen einsehtiesslich des Nystagmus beim Nenschen zuerst zeigen.

Ieh untersuehte erstens bei Drehung um die A&se der zu unter- suehenden S~uglinge, zweitens bei Drehung um eine Aehse ausser- halb des KSrpers, jedesmal priifte ieh auf Dreh- und Naehnystagmns. ~Ferner wurden die Augen beobachtet beim Neigen des Kopfes nach vorn und nach hh~ten, also Drehungen des Kopfes um eine frontale, transversale Aehse. Zugleich suchte ieh festzustellen~ ob der nnfixierte Kopf w~thrend der Drehung eine Gegendrehung macht.

Bei der Untersuchung zeigte es sich, dass es sehr wiehtig ist, .daraaf zu aehten, ob der zu untersuehende S~iuglhag sehI~ift oder waeh ist. Das Resultat zal~lreieher Untersuehungen in der hiesigen Universit~tsfrauenklinik, in der Hebammenlehraastalt wie i~1 der Sgug- lingsheilstEtte ist folgendes:

An a u s g e t r a g e n e n wachen S~ugl ingen beiderlei Geschlechts :sieht man yon der Zeit unmittelbar nach der Geburt an bei Drehungen

v. Graefe's Archly ft~r 0phthalmologie. LXXVI. 1. 3

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34= N. Bartels

s te t s D r e h - wie N a e h n y s t a g m u s . Am deutHchsten ist er unge- f~ihr veto 7. Tage naeh der Geburt an. Bis dahin ist er indi~Jduell vers&iedem Er ist stets ausztflSsen, aber bei dem einen ist etwas ]~ingeres mid sehndleres Drehen nStig wie bei dem andern. Im all- gemeinen erfolgt schon w~hrend einer Drehm~g yon wenigen Grad deut- richer Nystagmus, deutlicher und mehrschl~igiger wie beim Erwachsenell mit der :Brille. Er ist beim Drehen nieht immer nach beiden Seiten gieich leicht anszul5sen. Nachnystagmus sieht man schon nach Drehung yon 90 o sellr dentlieh. Die Augenbewegungen erfolgen associiert mid soweit sichtbar, a.u:E beiden Angen gleiehstark. Beim Neigen des Kopfes nach vorn oder hinten sind Angenkompensationsbewegungen nur sicht- bar~ wenn man ziemlieh selmell den Kopf neigt, bzw. hebt.

Wgtirend der Drehtmg in horizontaler Ebene ma&t der Kopf eine deutliche Gegenbewegnng. Je mehr man 4iese hindert, nm so deutlieher werden die Angenbewegungen.

Am s c h l a f e n d e n Sgugling~ der wie gesagt im waehen Zu- stande cleutlieh Nystagmus zeigt~ sind die N y s t a g m u s b e w e g u n g e n n i eh t oder mlr sehr gering ausztlISsen. Werden die S~uglinge w'gh- rend des Schlafes gedreht, so sieht man bei kiinstlich geSffneter Lid- spalte meist nur eine ausgiebige G-egenbewegtmg; die Bulbi stellen sieh gegen die Drehlichtuag ein m~d bleiben so wg.hrertd der Drehmig. Beim Halten gehen sie langsam in ihre frfthere Lage zurtiek, Naeh- nystagmus tritt nicht an{.

So wie s&iafende S~uglinge, verhalten sieh nml im allgemeinen waehe F r i i h g e b u r t e n his zum 8. ~![onat.

Aueh wenn sie vollkommen waeh sind, zeigen sie meist absolut k e i n e n N y s t a g m u s , sondern nu r die G e g e n w e n d u n g . Die Bulbi deviieren beiderseits glei& stark gegen die Drehriehtung. Na.ch dem Anhalten gehen sie auffNlig langsam (in 2--3 Sekunden) in die Aus- gangsstel|ung zurttck. Beim Xopfneigen und -heben sieht man aueh bei langsamer Kopfbewegung eine Bewegung beider Bulbi nach oben, bzw. naeh unten, bei sehnetler Xopi~ewegtmg sind die Gegenbewe- gungen der Bulbi sehr deutlieh.

Alle Bev(egmigen der Bulbi sind immer doppelseitig und erfolgen prompt s&on bei Drehungen am wenige Winketgrad. Selbst bei den iiingsten Jo-Mihgeburten sind diese Gegenbewegnngen deutlieh zu sehen, ja die kompensatorischen Bulbusbewegungen bei Neigung des Xopfes oder I-Ieben sil~d bier am deutli&sten. Die jiingste Frueht, die ieh xmtersuehte, war eine kiinstliche, minnliehe ]Pr i ihgebnr t E n d e d e s f i !n f ten( ! ) Nona t s . Herr Dr. A d a m hatte als Geburtshelfer die

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~reundlichkeit~ sofort post partnm auf Angenbewegungen zu unter- sucben, und konstatierte dabei deutliehe Gegenbewegung ohne Nystag- mus. Ieh selbst sah das Kind 7 Stunden nach der Gebnrt. Es wog 750 g, war 32 em lang und hatte einen Kopfmnfang yon 25 cm. Im allgemehmn war es proportioniert entwickelt mid mtmter. Wgbrend der Untersuchung war es wach, 5ffuete die Augen und sehrie deut- lieh, wenn man die Augen ktinsflich weiter 5ffnete. Das Kind lebte 30 Stunden, in der Agone hatte es weite Pupillen und ich konnte sehr schSn die Gefgssmembran auf der vorderen Linsenkapsel sehen.

Dieser E m b r y o zeigte nun den t l i eh , so oft ich ihn untersuehte, bei j e d e r K o p f b e w e g n n g eine G e g e n w e n d u n g be ide r A u g e n , einerlei ob der Kopf um eine vertikale oder transversale Achse ge- dreht wurd% Kombhmtion beider Drehungsarten wurde rait entsprechen- den Gegenwendungen beantwortet. Nach Halt gingen die Augen nut teilweise oder sehr langsam wieder zuriick und beider.seits nicht gleich- mgssig. N i e m a l s wax' N y s t a g m u s zu sehen, auch keine Gegen- wendung des Kopfes bei Drehen des KSrpers. Beim Vorn t tbe r - n e i g e n des Kopfes k o n t r a h i e r t e sich deutlich der F r o n t a l i s , so dass die Augen etwas geSffnet wurden (siehe unten Lidreflexe).

Wenn die F~4ihgeburten mehrere Tags extrauterff~ gelebt haben, so wird allm~hlich der Nystagnnus auslSsbar, zuerst nur wenige Zuekungen. Der Zeitabsehnitt, in dem der Nystagmus auftritt, hgngt wohl nieht yon dem a b s o l u t e n Alter der Frucht haupts~chlieh ab, sondern yon dem e x t r a u t e r i n e n Alter, d. h. eine F~4ihgeburt, die im 7. ~onat geboren ist, hat naeh 3- -4 ~Vochen spgtestens, also im 8. ~fonat der Gesamtexistenz Nystagmus, w~hrend eine Friihgeburt, die im 8. Monat geboren ist, umnittelbar nach der Gebm't vie!fach noeh keinen Ny- stagmus zeigt. Die Bedingungen, die den Nystagmns ermSgliehen, miissen sieh demnaeh extranterin sehneller entwiekeln wie intranterin. Besonders zu vermerken ist, dass die Augengegenbewegung sehon sehr deutlieh ist, wenn die Kopfgegenbewegm~g noch fehlt.

R o t i e r e n d e n N y s t a g m u s konnte ich weder an Frtthgeburten noeh an Sguglingen in den ersten Tagen post partum berne"ken.

2. Untersuohungen an Personen mit nicht intaktem Labyrinth.

Um die Theorie zu erh~rten~ dass die beim Drehen auftretenden Augenbewegungen ancb wirklich yore Labyrinth abh~ngen, untersuchten zungchst die Physiologen Menschen mit mutmasslich defektem Labyrhlth.

Kreid l rotierle zuerst T a u b s t u m m e . Dabei stfitzte man sich auf die Sektionsbefunde~ die Myding an Taubstummen erhoben hatte. (My-

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ding, U'bersicht tiber die pathologisch-anatomischen Verlinderungen tier Gehiirorgane Taubstummer [AJ:ch. £ Ohrenheilk. Bd. 25, S. 76]). Dieser Autor fand~ dass yon den Taubstummen 50°]o bei tier Sekfion pathologisch ver~nderte BogengiiJage haben, bei 28o]Q feh]ten sie v@ig und 400]0 wiesen Erkrankung des Vestibulum und der Cochlea anf. Kre id l folge~e nun, wenn die Thee1% Breuers und Machs stimmt~ so mtissea bei einem Tell tier Taubstummen infolge des Defektes der BogengSnge beim Rofieren die Augenbewegungen ausbleiben. Dies best~tigte sich auch. Kreidl liess sieh mit drehen und pr[tfte dutch Betasten. Von 109 Taubstummen zeigten ann~thernd 50o]o keine Augenbewegung. Dieselben Taubstummen hatten auch eine andere Verfikalempfindung wie Normale. Es fragt slch nun, ob nicht kleine Augenbewegnngen dem tastenden Finger leicht entgehen konnten. Ferner ist nattirlich nicht bewiesen~ dass die 50 °[o Taubstumme mit fehlenden Augenbewegungen den 50°/o Myding mit fehlenden bzw. defekten Bogen- g~ngea entsprechen. Eine grosse Anzahl von 0fiatern hat dana die Un- tersuchungen an Taubstummen wiederholt~ u. a. Strehi~ Bruek, Bezold, Denker , Hasslauer~ Wanner usw, besonders genau Frey und Hammer- sehlag~ und yon Ophthalmologen Bach (siehe da die Literatur). Es ergeben sich ziemliche Differenzen in den Ergebnissen der einzetnen Autoren. F rey nnd Hammersehlag ftihren diese u, a. auf die verschiedenartige Zusam- mensetzung des Taubstummenmaterials zuriick. Sie fanden ni~mlieh~ dass unter den Taubgewordenen ( ,E r t aub ten" ) viel mehr 5~ystagmusversager waren wie unter den Taubgeborenen. Ferner bcst~figten sic Unter- suehungen yon Bezold~ Hass lauer , Denker u.A., dass unter den total tauben Kindern sich ein bedeutendes ~berwiegen der Drehversager finder, nnter den mit gnten HSrresten ausgestatteten Kindern ein noch bedenten- deres lJ%erwiegen der normal Reagierenden. Bei den te~ai Tanben waren es haupts~iehlieh wieder die sparer Ertaubten, bei denen der Drehnystagmus fehlte i unter den heredit~r Taubea haupts~tchlich die mit gleiehzeitiger Re- t ini t is p igmentosa . Von den Angen~rzten ist auf die Miterkrankung des Ohrs bei dieser hngenerkrankung noeh zn wenig geachtet. Ieh glaube, class maneher Nystagmus bei der Reiinitis pigmentosa ~-on Ophthalmoiogen zu Um'eeht aufdie maagelnde Fixation bei gesehwundener 8ehkraI% gesetzt wird.

lch babe eine Anzahl tanber Kinder mit verschiedenen Graden der Taubheit nntersneht and alas Fehlen des ~achn~stagmns bei einem Teil festgestellt. Die Unters~lchnngen besondel~ mit der Brille er- gaben nodn manehe unktare Punkte~ so class ich diese Verswche erst ~ortsetzen will~ ehe ieh sic verSffelltliche.

Den sichersten Beweis, dass speziell tier iNystagmus beim Men- schen vora Ohr ausgelSst wird, lieferte die :Beobachtung nach Z e r - s t S r u n g e lnes L a b y r i n t h e s . Es handelt sich d~ um das Krankel~- material, das yon Ohren~rzten beebachtet ist. Leider sil~d, so viel ich sehe, nut ZerstSrungen des L~byrinthes dutch Entziindung genau auf Xystagmus untersucht. Sehr interessant w~re es aber gerade, die Augensymptome nach Zerreissung eh~es Acusticus festzustellen.

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~3ber Regulierung der Augenstellung dutch den Ohrappa:~at. 37

Bet der Beurteihmg der einseitig Labyrintherkrankten m~chte ich ein ~Vort I-Iiusbergs aus seh~em Referat tiber Labyrh~theitenmgen voranstellen, das heute noeh zutrifft, n~mlich ~ i n s b e r g sagt: ,Wel- eher Zusammenhang zwischen klhlischen Erscheinungen mid ana- tonfisehen Yorg~ngen hn Lab3~thinneren besteht, wissen wit noch nicht genauer." Das trifft aueh a.uf die Augenbewegunge~l zu. Es ist etwas sehwierig, die ]3eschreibungen der Ohren~rzte zu deuten~ da sie oft einfach yon Nystagmus sprechen, ohne anzugeben, ob ~xa- tions-oder Spontannystagmns besteht. Meist meinen sie wohl mit Nystagmns schlechthh~ ersteren.

Jansen (1896) besehrieb woht als erster nystagmusartige BuIbusloewe- gung als ein fast untrtigliehes Zeiehen der Labyr in therkrankung, nnd zwar Nystagmus in der Regel erst beim Bliek naeh der ohrgesunden Seite, meist oscillatorisehe Bewegungen beider Aug~ipfel in horizontaler Riehtung~ seltener leieht rotatoriseh. Zahllose Beobaehter best~itigten dies.

Die Symptome der Labyrinthzersttirung stehen aber oft in gar keinem Verhiiltnis zu des ausgedehnten ZerstSrung des ganzen Labyrinths~ die man bet der Operation sozusagen zuf~llig entdeekt (Hinsberg). Meines Er- achtens kiinnten die ersten stiirmischen Erseheinungen vielleicht nicht be- merkt seth. Naeh Hinsberg ist bet der akuten Labyr inthei ternng nur der yon mir als Rueknystagmns bezeiehnete Nystagmus vorhanden~ selten Pendelnystagmns. Dass Pendelnystagmus dabei miiglieh ist~ habe ich i~iiher sehon betont. Subjektiv kommt iibrigens der Nystagmus den Patienten scheints nieht zum Bewusstsein~ nut v. Stein beriehtet einmal davon. Bet cireumseripter Erkrankung des Vestibularapparates (weleher Stelle sagt er nieht) tMtt nach Bgrgny dureh Riiekw~irtsneigen des Kopfes l~ystagmus nach der kranken Seite auf: Aucb iiberdauere bet solchen F~illen maneh- real naeh 10 maligem Drehen der rotatorisehe Nystagmus den horizontalen. Ferner ihnd Bgrgny eine Herabsetzung der Dauer des horizontalen Nach- nystagmus bet cireumscripter Erkranknng gegeniiber dem normalen. Diese Beobaehtung mag diagnosfiseh wichtig sein~ sie bringt uns aber bet der Unklarheit der dabei bestehenden anatomisehen Verh~tltnisse in der Erkennt- his der lokalen Labyrinthfunkfion nicht wetter. Dass bet einseitiger Laby- rinthl~ision Lagever'iuderungen des Kopfes bTystagmus austiisen~ habe ieh an Kaninehen mit einseitig durchsehnittenem Aeustiens stets beobaehtet (s. n.).

Die Dauer des Spontannystagmus nach akuter Labyrinthitis beim Menschen ist einige Tage. Nach 2--3 Tagen l~isst der Nystagmus an St~irke naeh. Wird er beim Blick naeh der gesnnden Seite weniger inten- fiv~ so ist er beim Blick geradeaus nicht mehr sichtbar, kann aber dureh (Ansschalten der Fixation) Vorsetzen der undnrchsichtigen Brille wieder sicht- bar gemacht werden (Bg~rt~ny). Bet demselben Patienten tritt bald hori- zontale% bald rotatoriseher :Nystagmns auf (Ktimmel). Hinsberg meint~ vertikaler Nystagmus set wohl nie aufgetreten.

Uber die F o r m des 5Tystagmus bet E r k r a n k u n g e inze lner Bogengi inge ist nichts genaues bekannt. Man kann aus allen Yer-

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bffbntliehungen meines Eraehtens nur als sicher konstatieren, dass horizontaler Nystagmus bet mechaniseher L:~ision des horizorttalen Bogenganges auftrit t Der Nystagmus ist manehmal nach tier gesun- den, manehmal na& der l~dierten Seite gerichtet. Oenauere lokali- sterte I~eize and Folgeers&einungen habe ieh in tier Literatur ~fieht fillden kgnnem Bet LabyrinNl~.sionen werden die mannigfaehsten Arten yon Nystagnms bescba~ieben, aber es besteht in den mitgeteilten F~tllen keh~e Sieherheit, eine bestimmte Nystagmusform attf eine isolierte lokalisierte Reizung bzw. Sch~digm~g zuriickzufiihren.

Auf eine auffallende Beobachtnng macht B~r£ny aufmerksam, dass n~mlieh naeh einer Labyrinthoperation~ bet der das erkrankte Labyrinth vol lkommen entfernt wird~ der Nystagmus viel raseher versehwindet~ als wenn man das erkrankte Organ in Rnhe l~sst. Der Autor fahrt das dar- auf zur~iek~ class yon dem erkrankten Labyl~nth immer noeh pathologisehe l{eize dem Zentrum zugeftihrt werden. Ieh weiss nieht~ ob man diese An- sieht annehmen kann. Denn der bet Labyrintherkrankung beobaehtete Nystagmus naeh der gesunden Seite wird ja~ wie wit heute annehmen mfissen~ gar nieht yon dem erkrankten, sondern yon dem gesunden Laby- rinth ausgelSst. Wetter erw~hnt Bdr&ny als gewiss bemerkenswert~ beim AbkIingen des Nys tagmns zur gesnnden Seite naeh Labyr in th i - its trete nieht selten ein rein horizontaler Nys tagmus zur kranken Seite anti Ob Sponian- oder Fixationsnystagmus gemeint ist, wird nieht gesagt. Diese Beobaehtung erseheint mir wiehtig im Hinbliek auf meine Beobaehtungen an Kaninehen mit einseitig durehsehnittenem Aeustieus; an dieseu land sieh aueh in einem bestimmten Stadium NystagmausstSrung naeh beiden Seiten.

Ob d a u e r n d e S t S r u n g e n zuriiekbleiben, wenn bet einem 5Ien- schen e i n s e i t i g das L a b y r i n t h ze r s t S r t ist, ist noeh unent- sehieden.

Wanner untersuehte zuerst einseit ig Labyr in thIose auf Dreh- nystagmus. Naeh 10real rasehem aktivem Drehen um die eigene Kgrper- aehse wnrde naeh 0ffnung der Angen ein Finger vorgehalten in 15--20 em Entfernung~ und zwar wurde der Btiek naeh reehts~ geradeatts and na& links geprtift. Wanner land naeh derartigem Drehen Nystagmus nur deutlieh beim Fixieren des Fingers in der t{iehtung~ die dem Drehen entgegen- gesetzt war (also F i x a t i o n s n a e h n y s t a g m n s gegen die Drehr ieh tnng , d. Verf.). Gegen diese Wannersehe Beobachtung wandten sieh abet eine Reihe ~on Autoren (Esehweiler~ Sasedateleff~ KiimmeI, Passow, Pause and Nell [siehe IIinsberg]). Sie konnten nur bet einer kleinen Zahl yon einseitig Labyrinthlosen Warmers Beobaehtungen best~ttigen~ bet der grSsseren Zahl fanden sie physiologisges Verhalten. Bet passiver I)rehung auf tier Drehseheibe land Krotosehiner stets normales Verhalten. So kommt Hinsberg(1906) zu dem Sehluss, dass der Ansfal! eines Labyrin- thes auf das Znstandekommen des physiologisehen Nystagmus keinen ge-

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setzm~sigen Einfluss ausfibt. Dagegen hat B~.r£ny (1907) bei einor An- zahl yon 25 untersuchten Fallen ktirzeren Nachnystagmus zur kranken 8eite erhalten; in einigen F~lleu~ in welchen langere Zeit hash der Laby- rinthzerstSrung verflossen war, war ein wesentlicher Unterschied zwischen der gesunden und der kranken Seite nicht mehr nachzuweisen. Bei andern Fallen konstatierte B£rgny langere Zeit nach dem Eintritt des latenten Stadiums nach LabyrinthzerstSrung eine Herabsetzung der Erregbarkeit und der gesunden Seite. Ich habe oben schon darauf hingewiesen~ dass ich im Tierversuch~ wo sicher nur eine Seite operiert war, ahnliches land. Bei B&rg.nys Kranken ist man nicht sicher~ ob wirklich das andere Labyrinth gesund war. Bei chronischen Eiterungen und traumatischen Schadigungen des inneren Ohres ist auch das Ausmass der Gegenrollung einseitig herab- gesetzt (B&r&ny).

Bei allen Untersuchungen, die an sogenannten eiuseitig Labyrinth- losen angestellt wurden, ist meines Erachtens zu berticksichtigen, dass durch die Sektion nicht festgesteltt war, wie welt das Labyrinth und ob nut das eine zerstSrt war. Dis ietzt ist die Ohrenheilkunde auch noch nicht im stande~ einseitige totale Lab~vh~thzerstSrung am lebenden 1V[enschen mit Sicherheit festzustel]en. Die totale Exstirpatiol:~ eines Labydnthes kann kaum tiberlebt werden.

~ber den Umfang der LabyrinthzerstSrm~g kann im einzelnen :Fettle nichts sicheres ausgesagt werden. Es @agt sich also, ob bei ~ielen yon den sog. Labyrh~thlosen der gauze Vestibttlarapparat tat- s~chlich zerstSrt war. Unter diesem Gesichtswinkel sing die obigen zum Toil sich widersprechenden Angaben zu betrachten. Ich komme bei den Tierversuchen, die ich aastellt% auf diese Frage zurfick.

Es sind nun noch am Menschen eine grosse Anzaht yon Metho- den angewandt~ mit denen sich Nyst~gmus odor [iberhaupt Augen- bewegungen bei :Reizungen des Ohres erzielen lassen. Aber es sei vorweg gesagt~ dass wir tiber die Art der Wirkung dieser Methoden noch ganz im unldaren sind.

3. Der galvanische Nystagmus.

Am frtihesten ~ r d e der ga lvan i sche N y s t a g m u s untersucht.

Ititzig entdeckte 1870 ja die vergessene Beob~chtung Purkinjes (ohne dessen Arbeit zu kennen) damit yon neuem~ namlich die Entstehung des Augenschwindels. Er untersuchte den Schwindel, der auftritt beim DurchstrSmen des Kopfes yon einer Fossa mastoidea zur andern mit gal- vanischem Strome yon merklicher Dauer. ,Sind die Augen offen~ so schreibt Hitzig~ so tritt eine Scheinbewegung tier Gesichtsobjekte auf gleichgerichtet mit der Scheinbewegung des Kopfes und KSrpers. Diese Scheinbewegung der Gesichtsobjekte ist Folge yon Augenbewegungen. Bei starken StrSmen treten namlich unwillktirliche und unbewusste Bewegungen der Augen auf;

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sie halten auch w~hrend der Stromdaaer an: obwohi sie weniger ausgiebig werden kbnnen, sobald der Strom konstant geworden ist. Ihrem Charakter nach sind die so an Gesunden hervorgebrachten Bewegungen fast immer associiert nnd lassen sich am besten mit der Nystagmns genannten Affek- tion vergleichen. Nur unters&eidet man bier immer deutlieh eine sehnell ruekartig ausgeftihrte Bewegung hash der einen Seite und eine langsamere naeh der andern Seite. Bet man&en Individuen gleieht unter einer be- sfimmten Reizgrbsse die Iris dem S&wimmer eines Angelfisehers~ der lang- sam auf einem Flnsse dahintreibt, bis er pl0tzlieh an der Leine in entgegen- gesetzter Riehtang zurtiekgerissen wird. Die sehneller ruekende Bewe- gung erfolgt immer in der Riehtung des posi t iven Stromes (naeh der Katbode). Bet starken StrSmen werden beide Bulbi in den Angenwinketn gemgss der Stronu'iehtang festgehalten." Bei zahlreichen F~llen sah H i t z i g Raddrehungen eintreten. Trotzdem Hitz lg diese Augenbewegungen so deutlieh nnr beobaehtet% wenn er die Elektroden an die bdderseitigen Fossae mastoideae anlegte, blieb ibm der Gedanke ganz fern~ diese Bulbns- bewegungen anf den Ohrapparat zurttekzuftihren; ja trotzdem er iblgende Bemerkung maohte: ,teh will n ig t yon dem eigenttimtiehen Zusammenhang der halbzirkelfdrmigen Kanale mit der Erhaltnng des Gleiehgewiehts reden." Erst naehBreuers nsw. Entdeeknng fN~rte ma~ den galvanisehen Sehwindel aueh auf die wahre Ursache zurack. Salt Hi tz igs klassisehen Unter- suehungen ist tiber den galvanischen Nystagmus eigentlieh niehts Neues be.. sehrieben worden. Erw~thnenswert ist viellelcht, dass Neumann in einem Falle~ in dem das Labyrinth exstirpiert war, dureh Ein~ihrnng ether Elek- trode an die innere Wand der Operationshbhle typisehen Nystagmus erhielt. Hierbei wurde hbehstwahrscheinlieh der Aeustiens dlrekt gereizt. Sonst wird meines Eraehtens beim Anlegen der Elektroden an die Fossae mastoi- deae der Nystagmus dnreh zweieriei hervorgemfen. Erstens wirkt die Kathode direkt er regend, wie man durch alleiniges Anlegen der Kathode an ein Ohr und der Anode an ether entfernten Kibrperstelle beweisen kann. Zweitens aber l~hmt die an der einen Fossa angebrachteAnode den einen Aeast iens nnd ruff so indirekt Nystagmus naeh der andern (Kathode) Seite hervor~ wie naeh einseitiger Labyrinthzerst~rnng.

An Taubstummen prt~fte PoHak den galvanisehen Nystagmus. Die Angenbewegungen waren fraglich oder sehwaeh bei 4~9°/o, sie fehlten bet 30,5°i0. Diese Zahlen kommen den oben erw~hnten bet Drehversuehen Taubstummer natl.

Die Ergebnisse der Physiologie machten sich die Ohren~rzte in den mannigfaltigsten Reizversnchen zunutze.

4. Xompressionsnystagmus.

Zn diagnostisehen Zwecken wandte A l e x a n d e r mit san friihesten die L u f t d r u e k v e r i ~ n d e r u n g im 5 u s s e r e n O e h b r g a n g an.

Alexander bekam bd dner akuten Otifis beim Einblasen yon Luft in das Ohr Nystagmus naeh der kranken Seite, beim Ansaugen der Luft Ny. naeh tier gesunden Seite. Alexander stetlte deshalb die Diagnose

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anf eine Lahyrinthfistel, welehe bei der Operation aneh im lateralen Bogen- gang gefunden wurde. Sp~tter untersuehten Alexander und Lasalle aus- ftihrlieh diesen sogenannten Kompress ionsnys tagmus . Er fehlte bei Gesunden und Ohrkranken mit mutmasslich intaktem Labyrinth. Bei Laby- r in th t i s te l ist er sehr deutlieh und stets erfolgt bci L u f t v e r d i e h t u n g Ny. naeh der kranken~ bet Luf tve rd i innung nach der gesunden Seite. Er sehwindet~ wenn die Fistel sich sehliesst. Nur wenn das Laby- rinth abgesehen yon der Fistel noeh intakt ist~ t r i t te r ein. Sparer ver- muteten Alexander nnd Lasal le auf Grund yon 2 Fiillen~ dass aueh dureh Aufhebung der Kontinuitat der GehSrknoehenkette im wesentliehea dutch LSsung des Ambos-Steigbtigelgelenkes ohne Labyrinthfistel der Kom- pressionsnystagmus ausl~isbar wird, wie aueh H e n n e b e r t behauptete.. M a u- pe t i t gibt an, dass es ihm nicbt miJglieh wa b Kompressionsnystagmus ans- zulSsen~ auch nicht wenn eine Labyrinthfistel bestand.

Die Beobaehtungea A l e x a n d e r s sind aber sonst allerseits be- st~tigt worden. Icil habe reich a~ch yon der Richtigkeit mehrfach i iberzeu~ mSchte aber nm° einen f ~ die Augenbewegm~gen besonders wiehtigen Fail mfftihren, den ieh in der hiesigen Ohrenklinik unfer- sucher~ konnte.

36jahr. Frau, seit 6--7 Woehen besteht reehts cine Eiterung, scit 2 Woehen viel Gesichtssehwindel. Sonst ist die Frau gesund, besonders die Augen und Augenmuskeln sind normal.

Driickt man mit dem Finger in den reehten Gehtirgang, so tritt Ny. naeh rechts anti bet Anwendung des Sigelschen Triehters wird dies noeh deutlicher. Bet Luftverdichtung sieht man 3--5 Nystagmuszuckungen nach reehts, zngleich entsteht starkes Schwindelgeffihl; bet Luftverdtinnung treten sehr kleine abet deutliehe Aussehl~ige nach links an/'. leh setzte der sehr verst~indigen Patientin ein Maddoxst~ibehen vor ein Auge und liess sic ein Lieht ant 21]~ m fixieren~ welches in dem Nullpunkt ether Skala angebracht war. Sic hatte dann im Ruheznstande eine Exophorie yon 1 o. Kompri- mierte man vorsiehtig die Luft im reehten Oh% so gab die Patienfin eine denttiche Versehiebung des Licbtslreifens yon 1° auf 2 o an.

Dieser Versnch beweist~ dass die :Bulbi ungleichm~ssig stark yore Ohr aus bewegt werden. Ich komme sp~ter darauf zuriick (siehe Kap. IV). Dass das rechte Labyrinth der Patientin sonst normal war, zeigte die vorgenommene Untersuehtmg auf der Drehscheibe. Die erw~tmten Resultate der Laftdruckveriinderung am Ohr des Mensehen erinnern uns an die ~Beobachtung B o r n h a r d t s , die er mit der Kompression ether Ohrwunde maehte, und vor allem an die Versuche E w a l d s mit dem pneumatischen Hammer. Aber wir sind meh~es Eraehtens noeh nieht ira stand% tiber die Entstehung des Kompressionsnystagmns beim Menschen genaneres zu sagen, oder gar ihn den e l ~ h n t e n Tier- beobachttmgen gldch zu setzen. Wir wissen nicht~ ob bei dem Kom-

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pressionsnystagmus die Endolymphe bewegt wird. Wir kSnnen dies mn so weniger annehmen, wenn st& die neueren Untersuehungen be- st~itiger b class aueh ohne Labyrinthi~stel Kompressionsnystagmus aus- gelSst werden kann.

Vielleieht wird dureh die Luftdruckvergnderuag die Cirkulation in den BlutgefgsseI1 geiindert und dadur& (dureh AnSmie bzw. Hyper- ~mie) eine Labyrinthreizung hervorgerufen.

5. Kalorischer Nystagmus.

Beim A u s s p r i t z e n des Ohres , wie es die Ohrel~rzte ausiiben, waren schon seit Ia~gem A u g e n b e w e g u n g e n ~u~gefallen.

Urbantsehitsch untersuchte sie wohl zuerst genauer. Er untersucbte die Scheinbewegungen, die naeh Angabe der Patienten eintreten beim Aus- spritzen des Ohres mitWasser, zugleieh aueh die bet Luftdruekveranderung und Sehalleindriicken. Die Resultate Urbantsehitsehs sind zum Teil sehr wunderbar und seheinen stark subjektiv gefih'bt ats Aussagen yon Patienten (meist Patientinnen!), die in bestimmter Riehtung befragt sind. Der Autor untersuehte Ohrgesunde und 0hrkranke. Er liess in 50--60 cm Entfernung bald monokular~ bald binokular eine Kreisfi~ehe yon 40 em Radius fixieren~ in der die Radien versehiedenfarbig markiert waren. Bet binokularer Rei- zung erhielt er Doppelbilder mit Sehiefstand~ abet aueh monokular sehil- derten die Patienten nach der Ohrreizung Ausbauchungen und Abknickungen einzelner Radien~ FNehenbewegungen~ ja monokulare Doppelbilder. Ur- b antsehitseh gibt keine Erkl~irung dieser Ph~nomene.

Die binokularen Doppelbitder sind dutch di% wie wit sparer sehen werden, st~rkere ~Virkung des L~byriathes auf alas betmchbarte Auge erkli~rlich. Die monokularen Erscheinungen erschienen mir erst Ms reiue Suggestion. Eventuell k~men aber Accommod~tiollsspasmen dabei in Betracht, auch eine Vergndenmg der Blutcirkulation im Auge. Man sieht ig beim Ohrgusspritzen sehr hEufig vasomotorisehe StSrungen im Gesicht der Patie~en. Es ist auch bekannt, dass ge- tinge unangenehme psychische Eindriieke, z. ~B. eiues Sehalles oder I-Iautreizes, Lichtempfindungen auslSsen kSnnen, augenseheinlich durch Oefiisskontraktionen a.n den Sehbahnen. Also diese wgren bier glei&- falls in Erwggung zu ziehen. VieIleicht abet sind einige monokulare Beobaehtmlgel~ dureh ~olgende Erscheinm~g zu erklgren, die ieh bet P u r k i n ie citiert fan&

Purkinje erw~hnt eine Arbeit yon Marcus tterz (Hufelands Journ., JahN. 1797. 3. Bd. 3. St.), in der ,als Hauptph~nomen des fatsehen SehMn- dels jener Augensehwindel erselleinL der dureh krampfhafte 0seillafionen ether Partie des inneren Kreismuskels entsteht. Dureh die dadureh erzeug- ten leisen Bertihrungen der ausseren Selte des Augapfels wird die Kon-

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vexit~it der Hornhaut und setbst die Lage der K~staHins% some des ganzen Auges ein wenig ge~ndert und die Gegenst~nde kommen in eine wellenfdrmige Schdnbewegung. Diese Mrd yon Hufe land mit jener ver- glichen, in welcher die durch erhitzte Luft oder wellenfSrmig bewegtes klares Wasser gesehene Gegenst~nde sich befinden. Man kann das Ph~- nomen leicht naehahmen~ wenn man das Ange am ~usseren Augenwinkel schnell naeheinander leise berfihrt".

Es w~re meines Erachtens Jmn mSglich, dass die yon U r b a n - t s c h i t s c h im Ohr gesetzten Reize des Labyrinthes n ~ m a l e Kon- traktionen m~d :Erschlaffungen des Externus oder Internus hervor- riefen, die auf den ]3ulbus wie die erw~Imten leisen Bertihrungen wirkten. Man braueht nm• die Astigmatismustafel in S n e l l e n s Lese- proben ein~tugig zu fixieren und dana leise das Auge yon a ussen schnell hintereinander zu beriihren~ um sich yon der 3£Sgli&keit dieser Erkl~irung ztt tiberzeugen.

Die Lh~ien erscheinen dann ungleiehm~ssig bewegt. Die Augenerseheinullgen beim Ohrausspritzen wurden in neuerer

Zeit dann genauer yon B ~ r £ n y auf Temperaturdifferenzell zuriick- gefiihrt rind ka, l o r i s e h e r N y s t a g m u s genannt.

Dass der Vestibularapparat auf thermische Reize reagiert, war schon l~ngst in Tierversuehen (siehe oben) festgestellt. B o r n h a r d t hatte an& sehon an der Taube die e n t g e g e n g e s e t z t e W i r k u n g yon W 5 r m e und K ~ l t e beobaehtet. B £ r £ n y stellte am i;~iensehen abet zuerst systematisch den vers&iedenen Einfluss yon W~trme mtd K~lte auf die l:~ichtnng des Nystagmus lest.

Er beobaehtete am ]~Iensehen folgendes: ,Spritzt man in das reehte Ohr einer Ve1~uehspel~on~ deren Vestibularapparat intakt ist~ Wasser yon niedrigerer als XSrpertemperatur~ so entsteht bei aufrechter Kopfstellung ein nach links geriehteter horizontaler nnd rotatorischer Nystagmus. Benntzt man statt des kalten ein Wasser yon hSherer Temperatur als der des KSrpers, so entsteht ein naeh reehts geriehteter Nystagmus. Spritzt man das rechte 0hr mit kaltem Wasser ans und neigt sodann den Kopf um 1800 nach vorn~ so dass der Seheitel zu Boden sieht~ so entsteht ebenfalls Nystagmns naeh reehts. Es hat also Ausspritzen mit heissem Wasser nnd Ver~inderung der Kopfstellung um 1800 naeh Ansspritzen mit kaltem Wasser denselben Effekt.

Die Reaktion anf Temperatur (auch mit heisser nnd kaker Luft) erh~tlt man yon jedem int~kten Vestibularapparat a, us, glei&giiltig ob das TrommelfelI erhalten oder zerstSrt ist. Nimmt man Wasser yon genauer KSrpertemperatur, so tritt bei noch so langem Spritzen keh~ Nystagmus guf. Spritzt man das reehte Ohr mit kaltem Wasser aus nnd neigt den Kopf anf die linke Schulter, so tritt in dieser Stellung

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horizonta!er Nystagm~s nach rechts auf und umgekehrt bet Links- neigung. W~hrend die ersten ]~eobachttmgen yon M'aupet i t wie auch yon allen andern Nachuntersuchem best~[tigt wurden, bsstimmt nach Maupe t i t s E~)erimenten die I,:opfstellung nicht die :Richttmg des Nystagmus~ sie kann nut seine Deutlicbkeit beeintrg.chtigen.

Als Ausnahmef~lle fiir die kalorimetrische Vestlbularreizung ftihrt B£- r£ny an: hoehgradige Verengerung des GehSrganges oder vorgelagerte @holesteatommassen. F~tlle mit starker aknter Entzfindung der PaukenhShle pflegen nach B£r£ny erst bei langem Spritzen und bei Verwendung yon sehr kaltem Wasser eine deutliehe Reaktion zu geben. Als Ursache dieser Ersehe]nung nimmt der Autor an~ dass in diesen F~Ilen die rasche Blut- cirkulation die entzogene W~rme wieder ersetze; eine Erkl~rung~ die etwas ffir sich hat.

Auch ich habe den kalorischen Nystagmus bei ether Anzahl Per- sonen mit und ohne Perforation des Trommelfdls untersucht.

In einer Anzahl yon Fgllen blieb der Nystagmus naeh Ein- spritzen yon heissem Wasser selbst bis fiber 50 o und bet Anwen- dung der PaukenhShlenr5hrchen ~Sllig aus. Dartmter waren F~lle mi_t grosser TrommelfelIperforation~ die aber sonst ke]ne Zeichen yon Labyrintherkrankung aufwiesen. Einigemale war der ~Ny. minimal und m~bestimmter Richttmg. ;Bet allen andern F~llen war er deut- lich ns~h der Ssite der Ausspritzuug. ;Beim Einspritzen yon ka l t em Wasser erhielt ich viel positivere ]~esultate, nut einmal trat auch bei Anwendung yon Wasser yon 110 keine Reaktion auf~ trotzdem der Vestibrdarapparat mutmasslich intakt war; eiamaI trat bet Einspritzmlg yon Wasser won 20 o deutlicher iNy. nach der Seite der Einspritznng ein~ sonst stets naeh der entgegengesetzten Seite. Die Latenzzeit nach dem Einspritzen schwankte zwisehen 4--30 Sekunden; die Dauer des Ny. zwisehen einzehen Zuchmgen m~d Zuekungen [tber ehle Zeit yon 2 Minnten. Die Allgemeinerschehmngen waren dabei oft nnan- genehra heftig, sie bestanden in starkem Schwindel, so dass der Pa- tient veto St~dil zu fallen drohte, Brechneigung und ether auffiilligen Bt~sse (sp[tter RSte) mit Schweissausbruch. Von besonderer Wichtig- keit war m[r die Feststellung~ die ich machte, dass ngmlich tier Ny- stagmus durchaus nicht stets auf beiden Seiten gleich stark war, z.B.

1. 49j. Mann. Augenbewegungen normal. R. chron. 0titis mit grosser Trommeltellperforationo Naeh Einspritzert rechts yon Wasser yon 50 o tritt naeh 10 Sekunden deutlicher Ny. rotat und horizont, naeh rechts auf. Abet des rechte Auge zeigt etwa die 2--3faehe Anzahl yon Aussehl~gea wle des link% ausserdem dans~ der Ny. ant dem reehten Auge minutentang, w~lhrend er links naeh wenigen Zuckungen nicht mehr zu sehen ist.

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Uber Regulierung der Augenstellung durch den 0hrapparat. 45

2. 65j. Frau. Nach Cerumenausspritzung des linken Ohres mit Wasser yon 450 tritt deutlich Ny. nach links beiderseits auf~ auf dem linken Auge viel starker wie auf dem rechten.

Diese FElle kSnnte ich zahlreich vel-mehren.

Aus dem bisher ErwEhnten scheint n~r hervorzugehen, dass die Anwendung yon heissem Wasser bei der kalorimetrischen Priifung des Vestibularapparates am Menschen in der Praxis manchmal tm- zuverl~ssig ist, dass dagegen die Anwendung kalten Wassers ziemlich sicher Ny. nach der entgegengesetzten Seite bei intaktem Labyrinthe hervorruft. M.E. geht BSrgny aber zu weit~ wenn er aus dem posi- riven Ausfail der Reaktion auf einen intakten Vestibularapparat sch]iessen will. Es kann jemand .trotz positiver ka]oriinetriseher ~eaktion doch (lurch irgendwelchen Reizzustand des Vestibularapparates schwere Gleich- gewiehtsstSrm~gen haben, dann ist der Apparat doeh nic.ht intakt! Auffallig ist mir, dass nieht andere Autoren wie ieh schon auf die Tatsaehe aufmerksam maehen, dass der thermisehe Reiz auf ein Auge starker wirkt wie auf das andere (siehe oben).

Die E r k l ~ r u n g des ka lo r i sehen N y s t a g m u s ist mm m.E. nieht so ehffaeh, wie I4~r~ny es an der t tand seiner Zeichnung dar- stellt. B~tr£ny geht yon der t{ypothese aus, dass Endolymphfliissig- keitsstrSmangen in den Bogeng~ngen den Ny. hervorrufen. Sehen wit einmM davon ab (siehe unten), dass diese I:Iypothese noeh nicht bewiesen ist. B~.r~;ny verglei&t dram das Lab~'inth mit einem Ge- f~ss, alas mit Fliissigkeit yon 370 gefiillt ist. Er sagt, dass in einem solchen Gef~ss StrSmungen auftreten miissen, die entgegengesetzt sind, je naehdem man die eine Wand abkfihlt oder erw~rmt. So sollen nach ibm StrSmungen versehiedener Art in den Bogeng~tngen auf- treten, je nachdem man die eine Wand dnrch Einspritzen erw~.l,mt oder abkiihlt. Wie kann man aber diese einfache physikalisehe ¥or- stellung yon dem Gef~ss auf das kompliziert gebaute Labyrinth iiber- tragen, auf diese haarfeinen BogengangsrShrehen! Dabei wissen wit no& gar nicht, welchen Einfluss U t r i c u l n s und Saccu lus auf die Augenstellmag und eventueI1 auf die l%iehtung des Ny. spMen. Wie kann man voraussagen, ob diese oder jene Wand zuerst abgekiihlt wird. Es liegt do& Gewebe mit zu- und abfiihrenden Blutgefiissen dazwisehen. Feiaoer ist es doeh auff~llig, dass einerlei, ob Perforation besteht oder nieh% stets in derselben ¥¢eise Ny. audtritt. M a u p e t i t behauptet ausserdem, dass schon die Lage der Kan~le gegen die B~r£nysehe Theorie spreehe.

W~re eine EndolymphstrSmung die einzige Ursaehe des kalori-

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46 N. Bartels

schen Nystagmus , so kSnnte man sieh sehwer vorstellen, dass sofor~ bei Kopfneigm~gen (wie es B ~ r g n y besehreibt) diese minimale FItis- sigkeitsstrSmnng eine Umkehr erf~hrt. Ausserdem mtisste es be ide r Umkehr dnrch Xopfneigung doeh sine 5fittelstelhmg geben, hi der ieder Nystagm~ls anfgehoben ist.

B£r£ny beruft sieh daraaf~ d ass Professor Ku b oaus Japan sine Bestgti- gung seiner Untersuchungen geliefert habe. Ieh habe Kubos Arbeit in einem der vorhergehenden Teile ausffihrlieh referlert. W~re die Theorie B£r~nys riehtig, so so|lte man bei direkter Applikation der KNte bzw. Warme auf den einzelnen Bogengang durehaus gleiehm~issige Resultate erwarten~ da ja immer dieselben FltissigkeitsstrSmnngen ~tstehen miissten. Die Resuttate yon K abe bei derartigen Reizungen waren abet durehaus nieht gleieh- massig (siehe oben). Ja aneh naeh Durohschneidung der Bogeng~inge erhielt Kubo noeh thermisehen Ny. Ieh habe aber aueh oben ausge- Nhrt, dass Kubo laut seinen Protokollen entgegen seinen Sehlusss~tzen naeh Er6ffnung des Vestibulums no& thermisehen Ny. erhielt. Wie solI man das mR FltissigkeitsstrSmungen erkt~ren? Bei Kaninehen erhielt aller- dings Kubo Umkehr des kalorisehen Ny. naeh Lage~nderung~ bei Tauben aber nieht. Bei den letzteren wird deshalb fix yon Kubo sine diekfliissigere Endolymphe angenommen~ w~hrend Ewald doeh gerade an der Taube seine sehSnen Versuche tiber Striimungen dsr Endolymphe an- stellte. Bei l~sehen is~ der thermisehe Nyo trotz der ~'on Kubo festge- stellten Diinnfltissigkeit der L ymphe nieht oNentlieh anszuliisen. Aueh meine Beobaehtung an Kaninehen mi~ einseitig dnrehsehnittenem Acustieus sprieht gegen B£r~nys Theorie. An diesem Tier trat (lange Zeit naeh der Durehsehneidung) bei Reiztmg der gestmden Seite mit ka!tem Wasser Ny. stets naeh derseiben Seite auf, start wie normal naeh der entgegen- gesetzten. Die Endolymphbewegamg wird dabei aber do& wohl dieselbe bieiben~ ob der andere Aensfieus durehsehnitten win odor niche.

M . E . sprieht alles daftir, class es sieh b e i d e r thermisehe~t Reizul~g des L a b y r i n t h s um eil~e Re izung bzw. H e r a b s e t z u n g des N e r v e n e n d a p p a r a t e s mlabh~ngig veil LymphstrSmungen han- dett. Die W g r m e reizt bzw. steigert die physiologisehe T~tigkeit &s Labyri~thes, deshalb tritt NV. naeh derselben Seite auf. Die K~l t e l~hmt bzw. hemmt die Wirkm~g des abgektihlten Labyrinthes, deshalb entsteht wie n ash einseitiger LabyrinthzerstSrung Ny. naeh der e~tgege~Nesetzten Seite. :Line solche Herabsetznrlg der normaleu La- byrintht~tigkeit dnrch K~lte ist leichter hervorzumfen, wie sine Stei- gerung dutch Wgrme. Die X~lge kann atlerdings nieht ebenso wirken wie die Durchsehneidung, nde z. ]3. B o r n h a r d t meinte. Denn sonst kSnnte naeh einseitiger Durehschneidnng sines Aeustieus und Xglte- reizung des andern LabyrinNes ia gar kern Ny. mehr auftreten. Wie ich aber an entspreehend operierten Ka~Gnchml sah, trit.t bei KMte- reizung dann doch noch deutli& Ny. a~.

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~ber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat. 47

Wenn ieh somit aueh die physikalische Erklgrung B~rgnys nieht annehmen kann, so bin ich doch nieht bn stande, sine vSllig befriedigende andere Erktiirung zu geben.

E in L i d r e f l e x vom O h r a p p a r a t aus.

Den vorhergehenden Ergebnissen fiber die :Beeinflussung der Augen dutch den Ohrapparat beim ~ensehen mSehte i& eine Beobaehtung anfiigen tiber einen Lidreflex, der vermuttich veto Ohrapparat a.us- gelgst wird.

Als ieh vor einigen Jahren die Pupillenverh~ltnisse bet Neu- geborenen untersuehte (Zeitschr. f. Augenheilk. Bd. XII . S. 638. 1904), bemerkte ieh, dass man die Sguglinge zum AugenSffnen bringen kSnnte, aueh wenn sie sehliefen, dadureh dass man sie anf den Baueh legte fiber den Arm der W~irterin. Diese Tatsaehe habe ieh auch jetzt Meder konstatiert. Ehe ieh auf die Untersuehungen eingehe, will ieh kurz beriehten, was ieh in der Literatur fiber Beziehungen zwisgen Ohrapparat und Lidl)ewegungen gefm~den habe, naehdem ieh attf obige ]3eobaehtungen hin naehtr~tglieh danaeh suehte.

Bernhardt beobaehtete (1875), dass bet Tauben w~thrend des Ver- sengens des horizontalen Kanals Kopfbswegungen und Sehliessen der Augen auftrat; wahrend des Abktihlens des linken hinteren vertikalen Kanals be- merkte er Sehliessen und Zueken der Lider~ aueh sail er, dass eine Taube naeh Enffernung des Grosshirns bet Kopfdrehungen die Augen sehloss. Spamer (1880) reizte die Kanale faradiseh und erwahnt dabei, dass die Tiere das Auge derselben Seite schlossen und die Lider fibrillenartig zuek- ten. Steiner tegte seinerzeit bel seinen Experimenten an Haifisehen viel Gewieht anf eine Lidbewegung. Wenn er n~mlieh die 0tolithen ent- fernte, so trat Rollen naeh der andern Seite auf, gleiehzeitig sehloss der Haifiseh mit der Bewegungsst/Srung plStzlieh die Augenlider und zwinkerte mit den Augen, ,als ob er einen pl6tzli&en Sehmerz empf~nde". Steiner gab sieh vide Miih% dies dureh Zerrung yon (hypothetischen) sensiblen Nervenfasern im Facialis zu erkl~ren. Nach Steiner sell Sewall dieselbe Beobachtung gemaeht haben, was Breuer bestreitet. Breuer meint, Steiner babe sieh dureh Bulbusbewegungen (auf die Steiner allerdings nieht achtete) t~usehen lassen. Ja Breuer bezweifelt ilberhaupt, dass die Haifische bewegliehe Augenlider h~tten. Dieser Zweifel ist nicht bereehtigt~ da Scyllum eanieula~ wie Kubo naehwies~ bewegliehe Lider besitzt Es w~re noch genauer nachzuprfifen, was Steiner eigentlich gesehen hat.

In den bisher gesehilderten Beobaehtmlgen ist der Zusammen- hang zwisehen Lidbewegmlg und Ohrapparat sehr unsieher. Es kSnnten Nebenreizmlgen des Faeialis und dadureh bedingte Lidsehlussbewegtmgen vorliegen; oder es sehtossen die Tiere die Augen, um Schwindel bzw. Seheinbewegungen zu vermeiden, die infolge der unwillkiirliehen Augen-

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4:8 ~i. Barrels

bewegungen auftraten, die veto Ohrapparat ausgelSst wurden. E~,t Ach wies am F r o s c h mit Sicherhdt nine Einwirkung der Ohrappa- rate auf den Lidschluss naeh.

Bewegt man einen Froseh vertikal naeh eben oder nach unten~ so tritt beiderseits Lidsehluss tin. Bd Drehung um die Lgtngsaehse wild das Ange der Seite~ naeh der gedreht Mrd, ges&tossen; bet Drehung um die transversale Aehse warden beide Augen gesdflossen. Diese Re- flexe treien aueh nach Dnrehschneidnng tier Optiei anf~ sie fehlg.n vollkommen naeh belderseit iger LabyrinthzerstSrung~ w~hrend der Lidsehluss auf Bertihrung der Cornea dabei erhalten bldbt. Na& ein- seitiger Labyrinthzers tSrung wird der Lidreflex aufder gekrenzten Seite gestSrt. Die Zerst~rung des Grosshirns ist ohne Einfluss auf den Reflex.

Aeh ~/ersu&t das Zustandekommen des Reflexes so za erkl~ren~ dass er annimmt~ bet der Drehung werde der Retractor bnlbi kontrahie~, gleieh- zeitig werde dabei naeh ganz 's Angabe der Lidsehluss mit innerviert.

Soviel ieh seh% sind Untersuchungen iiber diesen Reflex sonst nicht angestellt. An Kaninchen babe ich bier und da Augmlsehluss beim Drehen beobaehtet~ besonders naeh einseitiger Aeustieusdureh- sehneidung. Ieh habe aber die Verh~Itnisse noeh nieht genauer smdiert.

Aber bet ether grossen Anzatfl yon 8~ug l ingen bemerkte ieh, win erwghnt~ dass sic beim D r e h e n des K o p f e s naeh vorn~ weml das Gesieht naeh unten gekehrt war, die L ide r 5f~neten, bzw. den FrontaSs deutlieh kontrahierten~ tml die Lider zu 5ffnen. Am besten sah ieh dies an Siiuglingen, die im leiehten Sehlaf waren. Win oben besehrieben ist, zeigte aueh die i t ingste F r i i h g e b u r t (Ende des 5. M onats) sehon die t~rontaIiskentraktion mit 0fthen der Augen.

Die Versuehe wurden stets so angesteltt, dass Drunk auf den Baueh nicht in Betraeht kam. Win man den lei&t nachznpr~dim~den Reflex erk]gren sol I~ vermag ieh nieht anzugeben.

Ni t den kompensaterisehen Augenbewegunge:a hat er wohl direkt niehts zu tm~. Dem:t diese erfolgen dabei oft gar nieht, wenn man den XSrper langsam nach vorntiber dreht. Immerhin erflmert die Art der Kontraktion etwas an die kompensa to r i s ehe F r o n - ta l i skont rak t ion~ win man sic bet S~iuglingen mit a n g e b o r e n e r P tos i s sieht. Der Reflex hierftir ist ]a aueh sehr friih ausgebildet, wie ieh seinerzeit besehrieb. (Uber den Eintritt tier vikariierenden Frontaliskontraktion bet kongenitaler Ptosis. Zeitsehr. f. Augenheilk. ]3d. XI. S. 4:49.)

Da nun wemgstens bet sehnellem ¥omitberneigen, wie ieh ohen erwghnte, bet S~uglingen beide Augen naeh oben gehen, so w~tre die bet dieser Drehung auftretende tiS-ontaliskontraktion mSglieherweise auch nux- ein glei&zeitiges Bestreben trotz tier Butbusbewegung naeh

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LTber Regulierung der Augenstellung dureh den Ohrapparat, 69

oben ein Sehen zu ermSglichen, prinzipiell ~.hnlich wie die Kontra.k- tion des Frotttatis bei angeborener Ptosis. D~ sich der beschriebene Lidreflex~ wenn man ihn' so nennen will, nur bei Sguglingen findet, so handelt es sich ds?oei vielleicht nm einen phylogene t i sch sehr ~Iten R.eflex, ~ge auch bei den iibrigen kompens~torischen Augen- bewegungen (siehe Kap. V).

Jedenf~lls beweisen A chs Versuche, d~ss einf~che Reilexe zwischen Ohrapparat m~d Faciatis bzw. dessert Orbic ul~risf~sern bestehen, die bei Drehungen in Aktion treten uM zwar ohne Vermittinng des Grosshims. Auch bei den Friihgeburten kommen is Grosshirnb~hnen far den Lidreflex nicht in Betracht. Ist in Achs Experimenten auch stets nur von Lidschluss die ;Red% bei meinen Beobachtungen yon LidSffnen, so kommt doch ftir beide Innervationen der Faci~lis in Be- trseht, beim Lidschluss Orbiculariskontraktion, beim LidSffnen Frontalis- kontraktion. Ob der Lidi'eflex bei S~tnglingen wirklich mit dem Ohr- app~rat etwas zu tun h~t~ ist na.tii~'lich nur eine Vermutung, die ge- stiitzt auf die Tierexperimente und auf die Tats~che, dass bet Lage- ver~nderungen der Ohrapparat siehere Augenreflexe austibt, eh~en gewissen Grad yon Wahrseheintietlkeit hat.

Der siehere Beweis wie beim Frosehe miisste erst noeh erbra&t werden.

Was wir yon dell Beziehungen zwisehen Ohrapparat und Augen- bewegungen beim Nens&en wissen, findet sich atlf den beigegebenen Tabellen noeh einmal kurz zusammengestellt.

Ich mSehte nur noeh kurz auf einige Pm~kte besonders hinweisen. Meine Untersuehmlgen ergaben, dgss auch beim 5fenschen yon einem Labyrinth aus nicht stets ~nf beiden Augen gleichst~rke ]3111- busbewegungen ausgelSst werden, sondern, dass das Auge der ge- re izten Seite (dureh thermische Reize oder Lu~tdruckgnderung) s tg rker bewegt ~5rd.

Der re f t ek to r i sehe D r e h n y s t a g m u s ist bet Sgug l ingen im wachen Zustande sehr deutlich ausgebildet; im Schlaf dagegen sieht man oft nur die langsame Prose.

Bet F r t i hgebur t en feh l t der Drehnys tagmns , dagegen fmden deut l iehe l angsame Gegenwendungen beider Bulbi bet allen Kop~drehungen statt.

:Bet K o p f n e i g u n g e n ~lach vorn 5ffnen sieh bei Sgug l ingen und Fr t ihgebur ten , wem~ sie die Lider gesehlossea halten~ dureh F r o n t a l i s k o n t r a k t i o n die Lider.

Welehe Teile des menschliehen Labyrinthes die Augenbewegungen v. @raefe's Archiv ftir Ophthalmologie. LXXVI. I. 4

Page 50: Über Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat

50 ?~[. Bartels

im einzelnen a,uslSsen~ kSnnen wit nur aus Tierversuchel~ schliessen, direkte Beobaehtungen am Menschen fehlen fast ganz. Besonders wissen wir fiber die Wirktmg yon Utrieulus and Saceulus auf die ~4.ugen experimentell nichts.

Gelegentlich yon Labyrinthoperation kSnnten Kugen- mid Ohren- ~rzte diese t~ragen in Angriff nehmen. Z. B. kSnnten die Ohren~rzte darauf achten, ob die Augensymptome andere sind, je naehdem eine LabyrinthEstel ira Bogengang sitzt oder im Vorho{. Ob z. B. bei letzterem Sitz der Kompressionsnystagmus stets ausbleibt und nur bei

Tabelle I. A u g e n b e w e g u n g e n

Tierart

Wi rb e~l - lose.

Arthropoden

W i r b e l - t i e re .

Petromyzon

Sonstige F i s c h e

V6gel

S~uger. Mit seitlich stehenden

Augea

Af fe

Mensch

Ohrapparat besteht aus

Otocysten mit od. ohne Otolith

Saccus, sagittaler 9 u. frontaler Bo- gengang

U t r i c u l u s , S a c - schwach ? cu lus u. L a - g e n a , d r e i B o - g e n g ~ n g e

U t r i c u l u s , S a c - schwach culus , Lagena. tlec. cochleae d r e i B o g e n - I g~nge I

U t r i c u l u s , S a c - / sehr stark cu lus , Co- (Kanichen90 ° ch lea , d r e i

' Bogeng~nge

i ,, deutlich

bis ~0 ° !

Nystagmus ] Kompensatorisch. w~h- Augenbewegung.

irend des Drehens bei Drehungen Raddrehung und Nachnystag- um die Iongitudi- mus hale und traus-

. versale Kopfachse k [

vorhanden vorhanden, fehlt Jeder J~Srper- (Carcinus) beiPalaemon u. bzw.Kopfstellung

Gelasimus e~ltsprieht eine i Augenstellung

fehlt

vorhanden, fehlt bei Raja und

Torpedo

vorhanden

nur bei Friihge- burten deutlich,

nicht dauernd

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~rber Regulierung der Augenstellung durch den 0hrapparat. 51

Bogengangsfistel zu erzeugen ist. Auch Drehversuche sollte man nach

dieser Richtung modifizieren. Denn wir brauehen Expe~imente ~m }[enschen setbst. Die Tier-

versnche lassen sich absolut nicht so ohne weiteres auf den ~{enschen iibertr~gen~ gerade in bezug auf die Beziehungen zwischen Labyrinth

und Augenbewegungen nicht. Sind doch die meisten Beobachtungen an Tieren mit seit]ich

stehenden Augen gemacht, deren Deviatio verticMis diagonalis beim Menschen nicht vorkonmat, soviel Mr bis ietzt wissen.

vom Ohrapparat ausgel8st.

Nach Wegnahme eines Ohr- apparates

i

Nach Wegnahme be~d;rraOher-

I ]

allp kompensato-I rischen Augen-! bewegungen feh- len

geringe Stbrung d. Kompensation auf tier gekreuz- ten Seite {Car- cinus)

Kompensa- tionsbewegungen fehlen

i

Bogeng~nge Mlein zerstbrt

Vestibular- sackchen

allein zerst~rt

Deviatio verticalis alle diagons~lis. Kom- pensation z. T. gestbrt. Spontan- nysts.gmns nach gesunder Seite

Deviatio verticalis Spontannystagm. nach d. gesunden Seite

? ?

Nystagmus fehlt, l Raddrehung her-! abgesetzt ]

Kompensatorisch. Bulbusstellung.

bei verschiede- ner Kbrperlage erhalten spez.

Deviatio horizon- talis. Nystugmus fehlt ?

Reizung der Macu]ae

acusticae bzw. 0tolithen

Verschiebung der Ototithea (eisern mit (Magnet). Kompensat. Bewegungen (Palaemon)

4*

?

Kompensator. Nystagmus. Bulbusstellg. Gleitung der fehlen. Beii Otolithen. eins. Zerst~-i Gegenbewe- rung fehtt ] gungen

Devi~tio ho- rizontal.n~ch der operativ. Seite

? ?

Page 52: Über Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat

52 ~& Bartets

Tabelle lI. E x p e r i m e n t e ] l b e o b a c h t e t e W i r k u n g der

Fische

VSgel

Slinger mit seitlich stehenden

Augen

Nensch

Ut r i ccu lus

gereizt Otolith ver-

schoben

nach vorn ~--- .Kopfunten".

l%llung nach hinten ; nach hint, = . K o p f

zerst~rt

Bulbusbewe- gungen d. ope- rierten Seite

bei ,,Kopf oben" und

Sao6us

gereizt t Lag e n a Otolith ver- I zerst6rt

schoben .[

nach vorn = Bulbusbeweg.! ? I '? bei ,Kopf i

oben" gest6rt i auf der ope-] rjerten Seite J

oben". Rol- Iungnachvorn

(Rochus)

,,Kopf unten" undeutlich

Stillstand nach aussen~ Buibus nach oben; nach

hinten==i%ol-i lnngnachvornl

Kopf oben (Rochus)

? ?

L ?

? ~ ? i

Tabelle IIL Die W i r k u n g des

Es entsteht

1. Drehen (horizontal)

wi~hrendd.Drehens nach dem Drehen

in der Dreh- entgegengesetzt der richtung Drehrichtung

be iF r i i hge bu r t e n kein Nystagmus, nur Gegenbewegung gegen die Dreh-

richtung

2. G a l v a n i s c h e r

St rom

in der Stromrichtung nach der Kathode

3. L u f t d r u c k - (nur bei Laby-

Verdichtung

nach derselben Seite

I I . U b e r d a u e r n d e n Aus fa l l y o n k o m p e n s a t o r i s c h e n A u g e n -

b e w e g u n g e n n a c h e i n s e i t i g e r A u s s c h a l t u n g e i n e s O h r a p p a r a t e s .

Da,s sicherste Mittel, den Einfluss efiles Labyrhlthes ganz auszu-

schalten, ist die einseitige Durchschneidung des HS~merven. A n der- artig operierten Tieren ist auch die Frage am besten zu 16sen, ob ein

Page 53: Über Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat

Uber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat.

e inze lnen Tei le des Ohrapparates auf die Augen.

53

Canales

Hor izonta l i s Reizung

Horizontale Gegenbeweg. I nach der nicht] gereizt. Seite,] Nystagmusho-] rizontalis n.

derselb. Seite I

Zerst6rung

Deviatio hori- zontalis in der Lymphstrom-

riehtung

nach Plombie- rung beider

fehlt Nystagm. Nach ZerstS- rung tritt ein

Nystagmus

Fronta l i s s. poster. Reizung i ZerstSrung

Deviatio ver-iSagitt Kom- tmalis. RoI-,pensatlon der lung wie beil gekreuzten ,,Kopf unten" Seite zerstgrt Nyst. rotat.

Auge dersel- ben Seite nach unten. Nyst.

vertiealis

horizontalis n. i Gegenseite auf

Nystagmus ,, meist hori-

zontal I

Nystagmus, Riehtung? i

Sagittalis s. an te r io r Reizung ZerstSrung

Deviatio ver-, Sagittale ticalis, RoI- i Kompen- lung wie bei sationder- ,,Kopf oben", selb. Seite Nyst. rotat, gestiSrt

Deviatio ver- ticalis

?

Rollbewegungen, Riehtung'i nach hinten P

Rollende Bulbusbewe- gungen. Nyst. rotator.

(giehtung ?) U

Rollbewegungen, Richtung ?

Ohrappara tes beim Menschen.

Nystagmus durch:

~nderung 4. rinthfisteI ?) Akute Laby r in th -

ze rs tSrung durch Verdtinnung Labyrinthitis

naeh der Gegen- seite

nach der gesunden Seite

5. Tempera tu r r e i ze

W~.rme K~lte

nach derselben Seite naeh der Gegen- seite

Labyrinth die augenregulierende Fmlktion des ausgefallenen v5Ilig zu ersetzen vermag oder, anders ausgedriickt, ob dauernde Seh~idigungen der Augenregulation nach einseitiger Ausschaltung nachzuweisen sind. Diese Frage isg noeh keineswe~ gelSst. Der Nachweis eines Aus- f~lls ist besonders beim Menschen schwierig (siehe oben). Ieh habe

Page 54: Über Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat

54 M. Bartels

an Kaninehen die Beantwortung versucht. Diese Tiere sind m. E. dazu deswegen geeignet, weft sie erstens sehr a.usgedehnte kompensa- torisehe Augenbewegungen haben, zweitens einen Ausfall leieht er- kenuen lassen, da sie nicht dutch willktifliehes Umherblicken die Untersuchung ersehweren.

Beret ieh auf meine Beobachtungen eh~gehe, wilt ieh kurz tiber die Resultate berichten, die bisher an T i e r e n mi t e i n s e i t i g e r La - b y r i n t h a n s s c h a l t u n g bes&rieben stud.

Wie sehon erw~ihnt, geht bet allen Tieren mit seitlieh stehenden Augen, unmittelbar naeh einseitiger Operation, das Auge derselben Seite naeh unten, das andere naeh oben~ zugleieh tritt Nystagmus naeh der nieht operierten Seite auf. Loeb sah diese Deviatio vertiealis diagonalis naeh Durehsehneidung eines Aeustiens an Fisehen i ein ~Fier lebte bis zu einem Mount and zeigte wtibrend dieser Woeben dauernd St(irungen der kom- pensierenden Augenbewegungen bet Kopfdrehungen. Nagel konnte diese lange Dauer allerdings nieht durehweg bestiitigen. VSgel (Tauben) mit einseitig zerst8rtem Labyrinth erhielt Ewald lange Zeit am Leben. An diesen war die Zahl der Zuekungen des Naehnystagmus naeh der operierten Seite etwas weniger wie naeh der norma|en Seite. An Hunden ftihrte wie erwNmt Beehterew die Acustieusdurehschneidnng intmkraniell aus. Die Tiere iiberlebten l~ingere Zeit~ abet iiber das Verhalten der Augen- bewegungen sagt Beeh te rew niebts Genaueres. Er gibt nut an~ dass die hugenablenkung und der Nystagmus~ die nach Durchschneidung eintraten~ die ersten Tage fortdauerten; wie lange~ sa~ er nieht.

Biehls einseitig operierte Sehafe (isolierte Vestibularisdurehsehneidung siehe oben) blieben nich~ sehr lange am Leben. Immerhin bemerkt Biehl~ dass naeh liingstens einer Woehe alia ,okulomotorisehen Angensymptome ~ versehwunden waren. (!) Damit meinte er augenseheinlieh die vertikale Deviativon und den Nyslagmus. Wie sieh die Tiere dann bet Drehungen verhielten, dariiber sag~ Biehl niehts. In neuerer ZeiI beobachtete Drey- fuss genauer Meersehweinehen~ denen ein Labyrinth zerstSrt war (siehe oben). Da Knbo sieh auf diese Dreyfusssehen Experimente be- ruft~ als Beweis daftir, dass ein Labyrinth das andere vSllig ersetze~ mass ich die Resultate yon Dreyfuss n~iber anftlhren. Dreyfuss land den postoperativen Nystagmus naeh einseitiger LabyrinthzerstSrung sehon naeh 6 Stunden verschwunden. Das widersprieht aller Erfahrung anderer Au- toren. Der Nachnystagmus win" bet mebreren operierten Tieren sehon nach hSebstens 24 Stunden sowohl nach der operierten wie nach der nieht operierten Seite vorhanden. Im Gegensatz zu dam friihen Wiederauftfitt diesel" kompensatorisehen Augenbewegung fehlten die komp. Rumpf- bewegnngen den einseifig operierten Tieren noeh lange Zeit. Dreyfuss erkl~rt diesen Zwiespalt dadureh~ dass er eine besonders enge Verbindung der Angenmuskulatur beider Augen mit jedem Labyrinth annimm b i m Gegensatz zm" Rumpfmuskulatur~ so dass naeh einseitiger Zersiiirung die Augenbewegnngen leieht yon dam erbaltenen naeh beiden Riehtungen aus-

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Uber Regulierung der Augenstellung dutch den Ohrapparat. 55

gelSst werden. Das w~re ein ganz riehtiger Sehluss~ wenn nur die Vor- aussetzung, n~imlich die vSllige ZerstSrung eines Labyriuthes stimmte.

Meerschweinchen sind zur Entscheidung dieser Frage nut sehleeht ge- eignet~ da ihre Augenbewegungen zu gering sind~ um gut beobaehtet werden zu kSnnen.

Also alas bisher vorliegende Material kann auch an Tieren keine KI~rung in der oben a.ufgeworfenen Prage bringen.

Ich babe deshalb die Durchschneidung an Kaninchen intra-

kraniell ausgefiihrt gemeinsam mit Herrn Dr . Ziba .

Die 0perafionsmethode war folgend% selbstverst~indlieh streng aseptiseh. Mit einem Hautfasciensehnitt werden zun~iehst die Muskeln freigelegt, der Schnitt reieht yon der Protuberantia oecipitalis externa bis welt in den Nacken, entsprechend dem Itautschlitz wurde ein Sttick Guttapereha fest- gen~iht~ um sicherer aseptisch arbeiten zu kSnnen.

Die Muskeln werden in der Raphe stumpf auseinandergedrangt~ am I-Iinterhauptbein werden sie dieht am Ansatz einseitig abgetrennt. Nun wird naeh Zurtieksehieben des Periost der Knoehen der Hinterhauptsehuppe tiber dem unteren Ende des Kleinhirnarmes und der Rautengrube mit ether feinen Knoehenzange abgeknipst bis an das Felsenbein hin. Jede~ auch die kleinste Blutung muss sorgf~iltig gestiIlt werden, im Knoehen mit sterilisiertem Baumwaehs (das reaktionslos einheilt). Jetzt sehneidet man das Ligam. oeeipito-atlantieum und die Dura dm'eh. Mit einem naehgiebigen (bleiernen) Spatel sehiebt man die Medulla und den Kleinhirnwurm vorsiehtig an die Seite~ bis man den Aeusticus in den Meatus acust, intemus eintreten sieht. Dann kann man ihn sieber durehsehneiden. Eventuell bedient man sieh der Stirnlampe zur Beleuehtung. Zum Durehsehneiden benutzte ich ein Kuhntsehes Diseissionsmesser, dessen Spitze abgerundet war. Ob man den Aeustieus durehsehnitten hat, sieht man an der sofort eintretenden Deviation der Bulbi. Die Muskeln werden in zwei Etagen tiber dem Defekt vernttht und dann sorgfiiltig die Haut. Die Hautwunde wird am besten noeh mit Kollodium und einem festgen~ten Heftpflasterstreifen ge- sehtitzt. Sonst werden bet den folgenden andauernden Zwangsrollungen alle Wunden aufgerissen.

Zur Operation hatte ieh die Tiere auf ein Brett gespannt und den Kopf auf besondere Art mit einem Maulhalter befestigt. Das Tier muss bet der subtilen Operation darehaus test fixiel~ mud die Narkose sehr tief sein.

An Infektion ging mir kein Tier zugrunde, einige abet an post- operativen Blutungen. Das ist kein Wunder, wenn man sieht~ wie die Tiere andauernd naeh der operierten Seite rollen und oft wie Aale im Stall umherschnellen. Ieh hatte mir deshalb einen dieht gepolsterten besonderen, nicht zu grossen Kasten angeferfigt.

An allen operierten Tiere~ konnte ich zuniichst die Erscheinungen feststellen, die~ wie erwahnt, bet allen S~iugern mit seitlich stehenden

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56 M. Barrels

Augen nach einseitiger Acustieusaussehaltung eintreten, n~,mlieh die Deviatio vertiealis trod der Nystagmus naeh der Gegenseite. Diese Deviation bleibt die ersten Tage (mindestens 2 Tage), einerlei wie man das Tier h~It oder dreht, so dass also in der ersten Zeit kompen- satorisehe Augenbewegtmgen nieht zu bemerken sin& Der Faeialis wttrde meist mit durehsehnitten. Der dadureh bedingte Lagophtlml- mus Nhrte trotz Vern~hen der Lider zu ~[orn}lautges&wtiren bei dem st~indigen Roltem Die ersten Tage ist die Er~l~hrung mtihsam, das Tier muss mit der ~and geNttert werden. Erst ~lach 8--14 Tagen konnten die Tiere wieder mit sehiefem Kopfe sitzen.

Naeh 2--5 Tagen ist in Ruhe der spontane Nystagmus meist geschwtmden, do& tritt er bei der geringsten Kop~bewegmlg wieder auf, besonders wenn man den Kopf gewMtsam gera.de zu stellen suchg oder wenn das Tier DrehanfNie bekemmt. E w M d hat solehe An- fNle bei der Taube besehrieben; ieh babe sie am operierten Kaain- c.hela ebenso gesehen (siehe ~'ig. 1, Ta~. I). Ohne erkennbare lJr- sache wird im Be~nn des Anfalls der Kopf mehr naeh der operierten Seite gedreht bis 180 o mid mehr, so dass die Sehnauze naeh oben sieht, dam f~llt das Tier urn uater heftigem Strampeln. Dabei tritt nu~ auch Nystagmns ~aeh der N&t operierten Seite far einige Zeit auf. Diese A~ffNle sind in den ersten Wochen h~iufig. Man&real sehien es mir, als wenn sie dnr& Geriins&e, z. B. Klatsehen mit den I-I~nden, hervorgerufen werden kSnnten, t-I~nfig treten sie bei dem Versueh auf, Fatter aufzunehmen, mid wenn maat das Tier hoehhebt (siehe Fig. 1). Setzt man ein Tier nnmittetbar ha& der Operation auf die Drehseheibe, so erreieht man im allgemeinen in der Augen- stellung keine Ainderung. Der spontane Nystagmus naeh der ge- suMen Seite wird h~chstens iI~sofem beeinflusst, als er w~rend des Drehens 1in& dieser Seite tangsamer wird. Naela t0--20maligem Drehen naeh der gesnnden Seite tritt kein Naehnystagmus ha& der operierten Seite a~ff, sondern nut Verlangsamtmg des Spontannystag- mus nach der gesuaden Seite fitr einige Sekunden. In den n~&sten Ta.gen sieht mail bei entspreeheMem Drehen dann no& dasselb% oder die Bulbi stehen ftir einige Sekunden still, dann setzt der Spontan- nysta,gmus naeh der gesm~den Seite ~ieder ein. Noeh einige Tage spiiter sieht man dann w~hrend mid nach entspreehendem Drehen eine geringe Gegenbewegung. Die vertikale Deviation nimmt naeh eh~er Woehe Nlm~ihlieh ab, wiihrend der n~iehsten ~Voehen stellen sieh die Augen relativ zur Orbita riehtig ein~ d. h. bei sehr'Xg ge- ha l t enem Kopf sind sie zur IAdspal te r ieh t ig o r i en t i e r t (siehe

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l~lber Regulierung der Augenstellung durch den 0hrapparat. 57

Fig. 3a, Tar. I). Der Kopf wh°d dauernd nach der operierten Ssite gedreht gehalten (siehe Fig. 4, Tar. I). Dreht man ihn gewMtsam gerade, so deviieren die 7kugen sofort, d. h. das ~kuge der operierten Seite geht naeh unten, das andere nach oben mid Nystag- mus tritt auf (siehe Fig. 3b, Tar. I). Eine bis zwei Wochen naeh der Operation sieht man aueh m~ssige kompensatorisehs Bewegm~gen w~thrend der Drehung des Kopfes um die Lgngsaehse naeh der nieht operierten Seite hin, deren Anfang ia die eben erw~ihnte Gradstellung des Xopfes bildet. In diessr Zeit, d. h. 2- -3 Wochen nach tier Operation, sieht man bei eh~igen Tieren naeh sehr schnellem, 20 maligem Drehen naeh der gesmtden Seite hier nnd da eine Zu&nng Na&- nystagmus nach der operierten Seite Nn anftreten.

Den weiteren Verlanf ersieht man am besten aus den folgenden Protokollsn, die ieh yon 2 Tieren ausfiihflich geben mSchte.

3. VIII. Krifftiger sehwarzweisser Boek K. I (siehe Ng. 2 und in Fig. 4 auf Taf. I).

Rechts nach der oben beschriebenen Methode der Acusticus intrakranieli durchschnitten. Unmittelbsa" nach der Durchsehneidung weicht der rcchte Bul- bus nach unten and vorn~ der linke naeh oben and vorn ab~ Ietzierer verhNtnism~ssig stiirker als der rechte.

Withrend dsr Durchschneidung sah man einigs unregelmiissige Zuckungen der Bulbi~ Pendel- and Rotationsbewegungen.

Nachdem die Narkose weniger tief geworden ist, tritt dauernder klein- schl~igiger Nysiagmus nach links auf; reehis sind die Schl~tge griisser als links. Der Nystagmus ist rechts nach vorn unten~ links nach oben und hinten gerichtet.

Unmittelbar nach der Naht dsr Wands wircl das Tier, w~hrend der Kopf noch fixiert ist~ auf der Drehscheibe gepriift.

Withrend des Drehens Nach dem Drehen

u.t

n.

L.

R.

L.

Der Spontanny. bleibt, seine Zuck- ungen werden nur langsamer.

Ny. sehr beschleunigt.

Nach 5 x : sehr beftiger Ny.

Die Zucktmgenl~aben eine kteinere Amplitude.

1--2 Sekunden Stillstand, dann erst langsamer, bald wieder Spon- tanny, nach links.

Nachny. nach rechts ist auch durch sehr schnelles 20 maliges Drehen nicht hervorzurufen.

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58 M. Bartels

Die Bulbusstellung wie der Spontannystagmus bleiben, gleichgtilfig in weleher Lage das Tier gehalten wird.

Links Lagophthalmus. Das Tier rollt andauernd nach reehts. Wenn man es an einem Ende des Zimmers auf den Boden legt~ rollt es bis zum andern Ende.

4. VIII. Dasselbe. 5. VIII. Rollungen wie oben~ das Tier kann nicht sitzen and schnappt

an der Nahrung vorbei, Dureh heftiges Klatschen werden Rollanfiille aus- gelSst.

Die Bulbi stehen vielleieilt etwas weniger deviiert, sie bleiben so einer- lei~ wie man das Tier hiitt. Stiindiger Spontanny. nach links. Rechts naeh der Schnanze und U ~. Links nach dem 0t~" und e/was naeh hinten oben.

Auf der Drehsoheib% Kopf gerade fixiert.

v.~

L. R.

L.

W~ihrend des Drehens Nach dem Drehen. 10x

Spontanny. verlangsamt, schliess- Heftiger Nachny. horizontal and Itch StilIstand tier Bl, lbi. rotator, wie spontan.

Spontanny. verst~irkt. Augen steheninMittelstellung still, dann eine Zuckung nach dem Ohr, darauf wieder Spontanny. wie vorher.

1 Sek. Stillstand, dann 2 Zuckungen nach unten, darauf wieder Spon- tanny, wie vorher.

9. VIII. Das reehte Auge ist trotz Vern~ihen der Lidspalte uleeriert. Das Tier kann rechts angelehnt wackelnd stehen, f~illt aber leieht naeh

red~ts. Der Kopf wird naeh rechts geneigt und gedreht gehalten (siehe Photographie 1). Die Deviatio bulbi ist in allen Kopflagen noch deutlieh und zwar der reehte Bulbus nach nnten and vorn, der linke naeh oben and vorn. Fast st~ndiger Spontanny. nach links. Er ist besonders stark, wenn der Kopf naeh reehts unten h~ingt, fixiert man den Kopf gewaltsam in seiner normalen Lage~ so h6rt der Ny. bisweilen ganz auf~ odor ist nur links deutlich. Die Ausschl~ge des Ny. sind sehr klein.

Drehung naeh rechts war nicht zu erzeugen, Nachnystagmus naeh reehts auch nioht~ nach 10 maligem Drehen nach links tritt aufdem rechten Auge ein Stillstand yon 40 Sekunden, auf dem linken Auge ein Stitlstand yon 10 Sekunden auf, dann erfolgen erst langsam~ dann schneller Nystagmus- zuckungen nach links.

10. VIII. Der Spontanny. ist viol seltener. In den nKehsten Tagen nimmt aueh die Deviation ab. 17. VIII. GewShnlieh wird der Kopf so nach reehts gehalten, dass

die Schnauze h~her steht als das Hinterhaupt~ dabei ist die Deviatio bulbi nur noeh goring. Stellt man abet den Kopf gewaltsam gerade~ was wegen des Widerstandes des Tieres nur sehwer gelingt, so wird die Deviatio viol deutlieher. Es besteht kein Spotanny.

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Uber Regulierung der Augenstellung durch den 0hrapparat. 59

Tier festgeschnallt, Kopf gerade fixiert~ auf der Drehscheibe.

I Wiihrend des Drehens Nach dem Drehen. 10 x

R. I~ur geringe Gegenbewegung. Bei Halt rollt der Bulbus nach- U. ~ vorn und oben zuriick. Kein I~y.!

L. 7, Keine merkliche Bewegung. Kein Ny. 1

R. Nur geringe Gegenbewegung. Kein Keine merkliche Bewegung. v. ~ ~y.~

L. ,, Der Bnlbus wandert nach oben.

Naeh 20 maligem sehr schnellem Drehen U~ erfolgen bei Halt links zwei kleine Zuckungen nach links.

19. VIII. Schnallt man das Tier auf die Drehscheibe und l~tsst den Kopf frei~ so h~ingt dieser nach rechts gedreht~ dabei besteht geringe De- viatio vertiealis. In dieser Stettung fehlt jeder Dreh- wie Nachnystagmus. Man sieht nut wiihrend des Drehens eine geringe langsame Gegenbewegung der Bulbi~ die sieh bei Halt sofort ausgleicht.

Stellt man den Kopf mit der Einbeissvorrichtung gewaltsam gerade, so findet sich nach 10maligen U~:R. nach Halt langsame Rollung U~, dann kleine Zuekungen naeh der Schnauze (d. h. nach links). Links geht withrend der Drehung das Auge naeh oben~ bei Halt erst langsam nach unten und dann 8 - - 1 0 kleine Ausschllige nach links.

Nach 10maliger UI': Rechts dieselbe Raddrehung wie nach 10maliger U~ kein Ny.

. . ,, Links langsame Bewegung wie naeh l Omaliger U~ kein Ny.

20. VIII. Kopf weniger gedreht gehalten, hnfiille yon Reehtsdrehen. Es ist leieht yon rechts nach tinks~ sehwer abet umgekehrt zu sehieben.

23. VIII. Die Augen sind bei etwa 60 onach reehts gendgtem Kopf richtig zur Lidspalte orienfiert. Die Deviation wird erst wieder deuflieh, wenn man gewaltsam den Kopf um seine L~tngsachse nach links dreht~ der rechte Bulbus geht dann nach unten~ der linke nach oben~ gleichzeitig tritt Spontanny. naeh links auf beiderseits. Litsst man nun d~s Tier los~ so bekommt es Anf',tlle~ in denen es den Kopf um seine sagittale Aehse stark im U~ Sinne dreht~ dann f'~tllt es nach rechts um (siehe Photographie von K. II) und f~tngt an zu rollen.

Aui~espannt mit frei beweg l i ehem Kopf~ der dann naeh rechts geneigt ist:

R. C.~

L. 1%.

U. fL.

Wahrend des Drehens Nach dem Drehen. 10 x

]X'ur geringe Gegenbewegung.

Kein Ny. ! Geringe Gegenbewegung u. U. Rollung. Kein Ny. i

Geringes Zuriickgehen des Bulbus. 1 Zuckung nach links.

Geringes Zuriickgehen. Kein Ny.

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60 M° Bartets

Bei g e r a d e f ix i e r t em K o p f e : = . . . . . .

Wahrend des Drehens Naeh dera Drehen. 10 x

U.$ I~. L,

V.~ L,

Bulbns wandert nach unten.

Bulbus wandert nach oben.

Etwa je nach Drehung um 15 his 20 ° eine Zuckung.

Einige Zuekungen nach links.

Bulbns wandert naeh Halt nach unten, dann 5--6 Zuekungen nach links.

Nach Halt Rolhmg U, I", dann 2 Znckungen nach rechts.

Naeh Haltung Bulbus nach unten gehend, dann 2 Zuckungen naeh unten und links!

4. XI. Kopf naeh reehts gehalten. Das Tier lauft taunter umber, hat grosse Neigung in seinem Stalle naeh reehis im Kreis umber zn rennen~ (Man@ebewegung).

Es wird ungefesse l* a u f die D r e h s e h e i b e gese tz t ,

W~ihrend des Drehens I Naeh dem Drehen.

Nur Gegenbewegung, nach gr5sse- Heftig Ny. R. ! rein Drehwinkel eine Zuekung.

1 0 x

U. ~ L. ,, Nur " R. Normater Ny. Rtickbewegung.

U. ,4 L. i " I "

Kaninchen aufg'espannt, K o p f g e r a d e f ix ie r t :

Kein Ny. !

1~,. I Bei langsamem Drehen fast Still- Ny. horizontal nach Schnauze. U ~ [ stand, sonst Gegenbewegung, I

L. ! ,, Bei HaltRollungU.~naeh Schnauze, 1 dana Ny. naeh Ohr, fast pendelnd.

R. E Rollung U. ~ und nach Ohr. t giickbewegung, 2 Zuckungen nach U. ~" , reehts (Ohr).

L. Rollung U. ~ und nach Schnauze. Rfickbewegung, 2 Zuckungen naeh 1 rechts (Schnauze). ]

Bei Drehung des Kopfes um longitudinale Achse Kompensationsbe- wegung deutlicb nur beim Drehen nach links~ dabei Ny. nach links.

In L a g e ' , K o p f o b e n " : geringe Bewegung des rechten Bulbus nach hinten~ des linken naeh vorn. Bei , K o p f un ten"" der reehte Bulbus naeh hinten und oben, der tinke nach oben und vora

27. VIII. Wie das letzte Mal untersueh[ Weder Dreh- noeh Naeh- nystagmus~ weder naeh US noeh U~ Drehen im Anlhng tier Untersnchung zu sehen, naeh l~tngerem Drehen in verschiedenen Richtungen tritt ein ge- ringer Ny. naeh links anf, naeh reehts nut langsame Gegenbewegung.

Das Tier sehliesst mehrfaeh die Augen, wenn man den Kopf gerade zu drehen sucht.

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l~ber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat. 61

Drehung um transversalo Kfrperachse: Kopf oben: Beide Bulbi sind etwas nach vorn gertickt, dabei Spon-

tanny. Rechts leicht rotierend U~. Links nach Ohr. K o p f unten: der rechte Bulbus geht nach tier Schnauze,

,, linke , ,, ,, dem Ohr und nach oben, dabei Ny. rechts nach Stirn, links nach Schnauze.

Rechte Se i ten lage : Der rechte Bulbus geht nach vom und unten, der linke nach vorn und oben. In dieser Lage gedreht U~ L geht der linke Bulbus w~hrend der Drehung nach vorn und oben, nach Halt nach unten und rollt etwas im U ~ Sinnei U~ gedreht geht der linke Bulbus nach hinten~ nach Halt nach vorn. Kein Ny.

L inke Sei tenlage: der rechte Bulbns geht nach vom und unten~ ,, linke , , ,, ,, ,, oben,

dabei besteht in dieser linken Seitenlage sfitndiger Ny. Rechts nach oben und U~ rotierend, links nach hinten.

In linker Seitenlage 10real gedreht U~: Rechts zuerst einige unregel- mS.ssige Rollungen, dann Ny. rot. U~ wie Drehrichtung!

Links erst Stillstand Ny. horiz, nach links 3 - - 4 Schl~ige, dann Ny. nach unten.

10malige U~: Rechts heftiger .Ny. rotat. U~. Links , , nach unten.

In tier ng.chsten Zeit l~sst die Kopfdeviation noch etwas nach. Bei der Prtifung auf Ny. und Kompensation wcchseln die Erscheinungen h~tufig, doch ist niemals deutlicher Ny. nach rechts zu sehen.

28. IX. Nach Rechts nur Gegendrehung~ kein Dreh- und kein Nachny., nur bier und da nach rechts auf dem linken Auge eine Zuckung~ Nachny.

Dreht man den Kopf um die longitudinale Achse yon links nach rechts (d. h. aIs wenn man es auf die rechte Seite legen wollte)~ so tritt zun~chst nur geringe kompensatorische Gegenbewegnng ein, d.h. das linke Auge bewegt sich etwas nach unten und das rcchte nach oben; dreht man tiber 90 o, so gehen beide Bulbi langsam wieder zurt~ck, ia es tritt die entgegen- gesetzte Bewegung wie vorher ein, der rechte Bulbus geht stark nach unten~ der linke stark nach oben. Also nach rechts ist nnr sebr geringe Kom- pensation vorhanden.

Dreht man um die longit. Achse nach links, so erfolgt starke kompen- sierende Vertikaldivergenz bei Drehung um 90% dabei Ny. rechts nach links und oben, links nach links und unten.

Dieser Zustand bleibt station~. Am 8. April 1910 ist im wesentlichen dasselbe zu konstatieren~ aber

es fehlt der Dreh- und Nachny. nach rechts, im Beginn der Drehung trotz- dem eine Zuckung, dabei aber deutliche nicht sehr grosse Gegenbewegung. Nachny. nach rechts erh~lt man nach sehr heftigem Drehen, hier und da 1 - -2 Zuckungen~ nach l~2maligem Drehen gar nichts~ w~rend der Ny. nach links normal ist. Die kompensierenden Bewegungen sine] wie oben beschrieben. Bei Linksdrehung um longitudinale Achse tritt sofort Ny. auf, tier andauert.

Beim Ausspritzen des rechten Ohres mit kaltem Wasser erfolgt nichts.

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62 ~i. Bartels

Spritzt man l inks kal t aus~ so erfolgt heftiger minutenlanger :Ny. naeh l inks , also naeh der ausgespritzten Seite.

K. (94) B. braun, ausgewaehsenes Kanindmn. (Siehe Fig. t~ 3a, 3b und in Fig. 4 auf Tat: I.)

11. XI. 1909. Links Aeustieus durehschniften. In] wesentlichen dieselben Beobaehtungen wie am Kaninehen A~ nur

war aufF~illig~ dass die Kopfverdrehung hier yore 4. Tage nach der Opera- tion an st~irker wie vorher war~ und dann viel l~inger anhielt als bet Ka- ninehen A. Bet diesem Tier zeigten sieh etwas friiher sehon hier und da 1 - -2 Zuckungen naeh der operierten Seite.

Z. B. Befund yore 26. XI. Das Tier kann sitzen~ hat dabei den Kopf ganz naeh links unten ge-

dreht (siehe Photographie 5) und sehr h~iufig noeh Roltanfiille nach links. Die Deviation der Bulbi ist noeh deuflieh~ links naeh unten, rechts naeb oben~ dabei heffiger spontaner Ny.

A u f g e s p a n n t und K o p f ge rade f ix ier t :

Wahrend des Drehens Nach dem Drehen

R. :Ny. rot. U. ~ und nach Ohr. i 2 Zuckungen nach links u. U. ~. U.~ Ny. rot. nach Sehnauze, viel I ,,

L. schwiichere Zuekungen ~ hier R. Meist nur Gegenbewegung, Heftiger Ny. horiz, nach rechts

U. "~ und da eine Zuckung. und U. ~.

L. i J nur schwi~cher. ,,

Am 2. XII. sind die Bulbi zur Lidtspalte riehtig ofientiert, wenn der Kopf um seine Liingsaehse um 600 naeb links gedreht ist. Die Kompen- sationen naeh links fehten fast, naeh reehts sind sie deutlieh und zwar auf dem reebten Auge deutlieher wie ant dem Iinken. Beim Drehen naeh links tritt Spontanny. naeh reehts auf. Auff~ltig war bet diesem Tier das h~ufige Anftreten yon Pendelnystagmus naeh dem Drehen naeh links, aueh sah man bier und da Lidzuekungen.

Von der 4.--5. Woehe post operationem an war zeitweise aueh der Dreh- wie Nachny. nach reehts sehr schwaeh~ der nach links fehlte dann g~nz- lich. Im tibrigen verhielt sieh das Tier wie Kaninchen A, nur mit umge- kehrten Vorzeiehen. Dutch Aufheben und Hin- und Hersehwenken des Tieres liess sich stets leicht ein Kopfdrehanfall ausliisen mit Ny, nach reehts.

9. April 1910. (5 Monate post operationem). Kopf nach links gehalten. Dreht man den Kept gewa|tsum and l~isst

ihn tos, so bekommt das Tier DrehanF~lle (siehe Photographie Fig. 1). Bet Drehnngen um die I.~ngsaebse naeh links erfblgen nur geringe

Kompensationsbewegungen und zwar geht das tinke Auge etwas naeh vorn und oben zugleieh mit einer Rollung U ~ das reehte Auge geht ein wenig naeh unten.

Bet Drehungen nm die Langsaehse naeh reehts geht der reehte Bulbus stark naeh yore und oben~ tier linke stark naeh nnten.

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I]ber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat. 63

Stellt man den Kopf gerade, so lritt aueh eine deutliche Deviatio verticalis Bin (siehe Phoiographie 4).

Bei Drehungen um eine transversale Achse machen die Augen Rol- lungen, alas rechte Auge mehr wie das link% wie es scheint, in der Lage Kopf unten sind die Gegenrollungen am deuflichsten.

Auf der Drehscheibe mit gerade fixier¢em Kopf:

U'~L. R.

U.~ L.

W~hrend des Drehens I Nach dem Drehen. 10 x J

Deutlicher, sehr kleinschlagigerNy. 12 langsame Zuckungen. I

1~ I ) I I

Gegenbewegung, bier u. da eine 15--90 sehr schnelle Zuckungen. Zuckung.

Aus diesen Beobachtungen an Kaninchen mit durchschnittenem Acusticus geht meines Erachtens zun~tchst die eine Tatsache hervor, dass A u s s c h a l t u n g eines L a b y r i n t h s durch A c u s t i c u s d u r c h - schne idung d a u e r n d d i e A u g e n k o m p e n s a t i o n s b e w e g u n g e n ein- schl iess l ich des N y s t a g m u s beim D r e h e n nach der ope r i e r t en Sei te beim K a n i n c h e n stSrt. Diese Beobachtung ist wichtig~ da auf Grund der oben erw~thnten eiuseitigen LabyriuthzerstSrungen, die D r e y f u s s au Meerschweinchen ausftihrte, die gegenteilige Ansicht sich irrtiimlich auszubreiten drohte. Kubo , der sich in neuester Zeit am eingehendsten mit dieser Frage besch~tftigt hat~ citiert, wie er- w~thnt~ D r e y f u s s in dfesem Sinne. K u b o spricht n~tmlich an einer Stelle davon, dass die Vorw~rtsbewegung der Lymphe der einen und Riickw~irtsbewegung der andern Seite gleichwertig sei (Pfl i igers Arch. Bd. CXV. S. 189). Zur Bekrgftigung ftthrt er an: ,Insbesondere die Tatsache, dass nach einseitiger ZerstSrung des Labyrinths bei Drehung die Bulbusbewegungen nach beiden Seiten vorhande~l sind, spricht fiir die Annahme (siehe Dreyfuss) ." Er fiihrt dabei die oben erw~hnten Experimente yon D r e y f u s s an, die ich durchaus nicht als beweis- kr~ftig anerkennen kann. Die IkTervendnrchschneidung ist immer die sicherste Ausschaltung eines Labyrinthes und iedenfalls beweiskrgftiger als direkte LabyrhlthzerstSrung~ denn bei letzterer kann erfahrungs- gem~tss leichter etwas erhalten bleiben.

Die A u s f a l l s e r s c h e i n u n g e n sind nun beim Kaninchen nach vielen Monaten noch sehr stark. Bei normal gehaltenem Kopf feh l t der D r e h n y s t a g m u s nach tier operierten Seite fast ganz, der Nach- nys t agmus ist bei kriiftiger Regung minimal oder gar n icht vorhanden. Die ve r t i ka l en X o m p e n s a t i o n s b e w e g u n g e n nach

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der ope r i e r t en Seite bleiben ebenfalls hSchst mangelhaf% Beim Drehen des Kopfes um die L~ngsachse nach der operierten Seite machen die Blflbi unregelm~ssige geringe Kompensationen, dreht man uach der Seite wetter, so gehen sie sogar in die entgegengesetzte Richtung (siehe Protokolle). I~eim Drehen nach der gesunden Seite ist fast nor- male Kompensgtion ¥orhanden~ doch finden dabei ungewShnliehe Rof lungen statt. Auffallend ist dasVerhalten des einen Kaninchens beim ka lo r i schen Nystagmus. Beim Ansspritzen mit kaltem Wasser atd der gesunden Seite erfolgte stets gegen die R egel Ny. nach der Seite der Ausspritzm~g. Das ist nicht zu erklgren vorigufig. Ieh habe nieht systematisch die ]~eobachtungsmonate hindurch das Verhalten des kalorischen Nystagmus geprtfft,, weft die Kaninchen zu empfind- lich sind und ieh ohnehin genng Tiere verlor. Man miisste aber den Versueh noch einmal machen mid naeh der Durchschneidung eines Acustieus in kurzen Zwischenr~tumen das Ohr mit dem erhaltenen Aeustieus thermiseh reizen, um die event. Wandlungen des kalorischen Nystagmus zu beobachten.

Es kann also keine Rede davon sehl, d~ss die Reizungen des er- haltenen Labyriuthes ausreichen, um aueh m~r anniihernd normale kompensatorisehe Augenbewegungen herbeizufiihren. Damit f~llt atteh die Sttitze zusammen, die Kubo fiir seine oben ausgesproehene Be- hauptmag ha D r e y f u s s ' Experimenten zu finden glaubte. Dass iiber- haupt naeh sieherer Anssehaltung eines Labyrinthes wieder Nystag- runs naeh der operierten Seite auftritt, wenn aneh noeh so minimal, ist theoretiseh naNrlieh sehr wi&tig, gndert aber nichts an der eben gemaehten Feststellung.

Die Schltisse, welche wit aus meinen Kaninehenexperimenten gezogen haben~ kSnnen wit nun nicht ohne weiteres auf den Menschen iibertragen. Ich habe oben (s. S. 38) darauf hinge,a~esen, dass die Frage zurzeit no& versehieden beantwor~et wird, wie welt einseitige LabyrinthzerstSrnng dauernd naehweisbar ist. Auf Grund meiner Tierexperimente m~&te ieh reich den Autoren ansehliessen, die auch iu bezug auf die Augenbewegungen einen dauernden Defekt in diesem Falle annehmem Er lgsst sieh nut viel schwieriger naehwdsen Ms beim Tier. Beim Kaninehen werden eben die Augenstellungen fast aussehliesslieh veto Labyrinth aus reguliert, wiihrend beim wachen Mens&en der bewusste Bliek die veto Ohr ausgelSste Regulation ttberdeekt. Man miisste sehon zufS.11ig S~nglinge oder no& besser Friihgeburten mit einseitig defek~em Labyrblth zur Verfiigmtg haben. Die Vertikaldivergenz, deren StSrung beim einseitig operierten Ka-

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ninchen dauemd durch eine geringe Kopfdrehung nachweisbar ist, fNlt beim Menschen ganz wag.

Die Priifnng der Gegenrollung beim ~[enschen (auch mit dem B~rg.nyschen Apparate) ist sehr umst~ndtieh. Immerhin miisste man nach dieser R.iehtung untersuchen. Denn ieh zweifle nieht, dass unsere bisher gebrauchten Untersuchungsmethoden zu grob sind, um diese Frage beim Mensehen zu 15sen. Man mfisste die Reize vie]mehr ab- stufen und dann vergleichen. Z . B . miisste man start des ]0mal Drehens darauf achten, wie viel Zuckungen auftreten~ wenn nur um etwa einen Winkel yon 90 o naeh links oder rechts gedreht wird; man mfisste sehen, ob e~wa naeh ein- oder zweimaligem Umdrehen sehon Nachnystagmus nach der einen Seite auftritt~ naeh der andern aber noeh nicht. Auf diese Weise mtisste es gelingen, bei sieher einseitig labyrinthlosen ~ensehen danernd StSrungen naehzuweisen. Die Erfahrungen aa den Kaninchen mit einseitig durehschnittenem A=custicus lehren auch den ~Vert der 3_bstufm~g der Xgeize erkennen. Z. ]3. bei Kaninehen B trat Drehnystagmuszuekung beim Drehen naeh der gesunden Seite naeh einem Drehwinkel yon 10 ° bis 20 o (also normal, siehe oben) auf, naeh der operierten Seite erst bei 900 bis 1800 nnd dann erst bei grSsserer Drehgeseh~dndigkeit.

Beim l~{ens&en kSnnten bei diesen feinen Reizen gewiss Nystag- mographen gute Dienste leisten.

Schwierig ist es beim 3ienschen abet, ausser der Aussehaltnng der Fixation itberhaupt festznstellen, dass tats~iehlieh dn Labyrinth ¥oIlst~indig zerstSrt ist. Dazu w5ren FNle yon traumatiseher Liision eines Aeustieus am besten geeignet, die dutch Sektion kontrolliert werden miissten.

In der Literatur wird bei den LabyrinthzerstSrungen oft das an- genommen, w~s eigentlieh erst bewiesen werden soll, ngmlieh die vSllige ZerstSmng des statisehen Apparates.

Erst muss man absolut sichere F~ille yon einseitiger Labyrinth- zerstSrung be~desen haben, ehe die Frage der dauernden A ussehaltung eines Ohrapparates beim 3ienschen so sieher wie beim Tier ent- sehieden werden kann.

Auf eine eigentiimliehe frtther sehou erw~ihnte Beobachtung B~- r~nys will ieh im Ansehluss an meine Tierversuehe eingehen. BS- rg, ny schreibt: ,,Ieh habe wiederholt bei Untersuehungen yon Fiillen mit LabyriuthzerstSrung tgngere Zeit naeh dem Einfrit.t des Iatenten Stadiums eine H e r a b s e t z u n g der E r r e g b a r k e i t aueh naeh der

v. Graefe ' s Archtv f'fir 0phthNmologie . L X X V I . 1. 5

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gesunden Seite konstatiert m~d zwar sowohl f'0a" den kalorischen wie fiir den Drehnystagmus."

Auch bei Kaninchen mit dnseitig dm-chschnittenem Acusticus habe ieh etwas 32hnliehes nach Ablauf der stiirmischen Erseheinungen in den ersten Wochen beobachtet. Sowohl der primiire Dreh- wie der Nachwstagmus wa.ren auch nach der gesnnden Seite zeitweise gehemmt und zwar sehr wechssll~d withrend der Untersuchung (siehe Protokolle). B g r g n y meint, ,es ist dies erklgrlich (? d. Vf.), wmm malt bedenkt, welche grosse Innervationsgnderungen in den Z.entren vor sich gehen miissen, damit der bei aknter LabyrinthzerstSrung anf- tretende heftige Nystagmus verschx~inde". Das sind Worte, erklgr- lieh ist die erwghnte Tatsache vorliiufig absotut nieht Ja, wiissten wit nm ~ erst, wie der Ny. naeh akuter Zersff5rung zu stande k~tme, hi welehen ,Zentren" dabei etwas vor sieh geht, so w.are vielleieht ein Anfang ~ dies m. E. gusserst sehwierige Problem da. Zurzeit ist es noeh ganz ungelSst. Wir kSnnen aus disser t{emmung naeh beiden Seiten, die wit aueh bei 7Kaninchen konstatierten, nnr sehliessen, dass beh~ Zusta.ndekommen des Nystagrmts bride Labyrinthe in uns uoeh unbekmmter Weise zusammen arbeiten. Warttm aber diese Weehselwirkung naeh Aussehalmng eines Labyrinthes nur zei tweise gestiSrt wird, ist wirkli& mlklar.

Auf andere Fragen, dis sieh aus meinen Tierexperimenten er- geben~ werde ich bei sp~iteren Kapiteln zurttekkommen, rim" einen Punkt wilI ich no& bier besprechen, n~tmlieh die Frage, weshalb ha l t en die oper ier te l l T iere den Kopf d a u e r n d sehief. I{alten sie ihn so setfief, weil sis die Augen nieht weiter einstellen k~innen, oder stellen sie die Augen auf diese Nopfstelhmg eirt?

Unmittelbar naeh der Operation ist das Verhiiltnis wie erwghnt so, dass die ersten Tags die Augen dauernd dsviiert gehalten werden, trod zwar das Auge der operierten Seite naeh unten~ das andere naeh oben, es ist also gewissermasssn das Doppelauge naeh der operierten Seite gedreht. Wghrend dieser Zeit hat die Kopfhaltung sieher keinen Einfluss auf die Augenstellung. Delta man mag den Kopf des Tieres halten wie man will, immer bleiben die Augen in der gleiehml Deviatio vertiealis relativ zur Orbita. Aber wghrend dieser Zeit wird tier Kopf ebenfalls dauemd nae.h tier operierten Seite ge- dreht Wit haben also h~ dieser Zeit eine Wirkung auf Kopf und Augenstellung yon dem erhaltenen Labyrinth aus, ohne dass hingegen die Augenstellnng dureh die Kopfbewegung beeinflusst wt~rde. Das Doppelauge ist nut gewissmmaassen st~irker naeh der operierten Seite

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hiu gedreht. Erst nach ei~figen Tagen, deutlich erst nadl einigen Woehen wird die Augenstellung wieder durch die Kopfstellung be- einflusst, W~thrend dieser Zeit hat aber auch die Drehung beider nach der operierten Seite abgenommen. Nach 5--6 Woehen stehen die Augel~ relativ zur Orbita richtig, aber nur bei schief gehaItenem Kopfe. Dieser Zustand bleibt dauernd, bei normaler Haltung des Kopfes werden die Augen relativ zur Orbita immer deviiert. Also eine v511ig riehtige Einstellm~g bei gerade gehaltenem Kopf ist. yon dem erhaltenen Lgbyrinth aus mmlSglieh. Man kSnnte nun denken, da das eil~e Labyrinth die Augen nieht riehtig zmn gerade gehaltenen Kopf zu orientieren velTaag, dreht das Tier den gopf soweit den Augen entgegen, bis sie riehtig zur Orbita stehen. Es gleieht so das Kompensationsmanko des Doppelauges aus, ~hnlieh wie Bin Menseh den Kopf nach der ausgefallenen Bewegnngsriehtung eines gelN~mten 3/[uskds dreht. Das erscheint uns aber nnwahrscheinlich, da dieselbe Kopf- und AngenhMtung an& bei geblendeten Angen innegehalten wird. Ferner kann man aueh bei gesehlossenen Augen des Tieres nut mit grSsster Anstrengung den sehief gehaltenen Kopf gerade stellen, optisehe Eindriieke spielen dabei also keine Rolle. Es ist dem operierten Tier angenseheinlich ebenso unangenehm, dell Kopf gerade zn halten, wie es einem nicht operierten Kanin&en widersteht, den Kopf sieh sehief halten zu lassen. Datum glaube ieh, dass nieht der Kopf nach den Augen gedreht wird, sondern dass yon dem erhaltenen Labyrinth her die sehr~ge Kopfhalmng innerviert wird~ und dass gleieh- zeitig yon dem L~byritlth her die Angen bei schiefer Kopfhaltmtg relativ riehtig zur Orbit~ eingestellt werden, dass also die sc.hiefe Kopfh~ltnng die Augenstellnng mitbedingt.

Dass die sehiefe Kopfllaltung nicht etwa yon den durchsehnittenen Nacken- bzw. lga]smuskeln herriihrt, war schon auf Grund yon Ex- perimenten anderer Antoren anzunehmen. Ich babe abet noeh be- sonders einem Tier allein die Muskeln genau so durchschnitten, wie ieh es znr Freilegung des Acustieus zu tun pflegte. Diese alleinige Dur&sehneidung der 3/[uskeln hatte auf die Kopfhaltm~g gar keinen Einfluss.

S c h l u s s f o I g e r u n g e n .

Die Ausschaltung eines Labyrinths ruft dauernde StSrm~gen der kompensatorisehen Augenbewegungen hervor.

Der D r e h - wie N a e h n y s t a g m u s naeh der Seite der Dm'eh- sehneidm~g feh t t ganz oder besteht nur in wenig Z u e k u n g e n ,

5*

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sine Devia t io hor izonta l i s beider Bnlbi f inder abet s tat t , wena auch nieht in normaler Ausdehnung.

Die Bulbi stehen relati¥ riehtig zur Lidspalte nut dram orientiert, wmm der Kopf ha& der oloerierten Seite bin schief gehalten wird.

Dis Kompsnsa.tion bei Kopfdrehmg um die Kopfl~ngsachse dutch Verfihldivergenz ist nut bsi Drehung naeh der gesunden Seits an- ntiherud normal: bei Drehung des Kopfes naeh der operierten Seite tritt m,r geringe Kompensation ein.

III. ~Nervlfse Bahnen zwisehen Ohrapparat and Auge. Da meine lhltersuclmngsn hiertiber noch im @ange sin& will

ich nm" auf die Probleme etwas eingehml, behalte mir abet eine Sl)~ters Darstellung vor.

Zm~gehst steht es alff Grund der kiiher ange{iihrten Uuter- suehm,gen der versehiedensten Antoren lest, dass der Nervus acus- t ieus (oetavus wie ilm Ewa,ld besser nennt) die Reflexe zwischen 0hrapparat und Auge vermit.tetk Kubo hat diess Frage neuerdings besondsrs gepriift und andere Nerven wie Trigemhms, Glossopharyn- geus usw. ausdrttcklich a.usgeschlossen. Biehl hat dann an S&,~fen und Pferden na~hgewiesen, dass die h~ Betraeht kommenden Fasem im Vest ibnlar i s , l ~ m u s '~ntsrior, Nerv i octa.vi verlaufen. Die Erforsehung des wsiteren Verlaufes beruht grossenteils atrf physiolo- gis&en Experimenten. Zum geNleich zwisehen cle~ anatomisch his- her siehergestellten ¥erbindungeu mid den physiologiseh vermuteten Bahnen h~be ieh in einem beigefiigten Schema Fig. 4 dis bisher t)e- kannt.en anatomisehen Bahnen aufgezeiehnet.

Die Anatomie dieser BaSnen ist zurzeit noch lange nieht ge- n ttgend aufgekl~xt. Es ist gut, sieh dies klar zu ma&en, besonders den Vel;suehen gegeniiber, ~llerImnd physiotogische oder ga,r patho- logische Befunde dutch die al~gebli&en anatomischen Bahnen zu erklgren.

WS.hrend die Kemendigungm~ der Augenmuskehlerven einiger- massen erforseht, si~d, besteht tiber (lie Endigung des Aeustieus noeh grosse Unklarheit. Hier vor allem triff± das Wort 3{onakows zu dass der Anschluss der prim~ren Endiglmgsstgtten des Aeustiens m~ das ~[ittel- und Zwischenhirn in den Details no& sehr hypothetisch ist. Gerade disse Verbff~dangen vmmaitteln zwisehen Acusticus m~d Angenmuskelnerven. lVir betraehten hier nur die Bahnen, die zum Ramus vestibularis geh6ren. Das beigegebene Schema will ich nut mit einigen Worten erli~utern. Die vordere Aeusticnswurzet (lZamus

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ves t ibu la r i s ) entsteht aus den zentrM verlaufenden :Portsgtzen der bipolaren Gangtienzellen des G a n g l i o n searpae. Diese J~azern endigen in dem N u c l e u s aeus t ic i dorsa t i s (/N. vestibularis). Es liegen bier, wie kurz angedentet sei, drei Kerne zusammen: 1. Nu- cleus t r i a n g u l a r i s (s. internus, dorsalis~ dreieckig). 2. Nuc l eus D e i t e r s (s. externus, grossze]lig). 3. N. B e e h t e r e w (angularis).

B.

F e s c i e [ O n ~ . ~osL

j~]~el dare .....

n eckc~ui (eoo~le~ris)

O/iea's~*,

• . cerebelh

/ . ~ s c i e . zpeetibtdo- '" :nesence/duTl(eas {~ icrnJu[a~)

;>.. N~d.Beeh:ere,z ( ~'Jula r. )~

a:::%~' '~

. . /7~diz desceadens (asce:~ deuz)

~ " . . . . . gctr~hon z:es?i&dx:'e

Fig. 4. Anatomisch bekannte Verbindung zwischen Ramus v e s t i b u l a r i s , Nervi aeustiei (octavi) und Auge.

Die Bezeichnungen werden augenscheinlich oft verwechselt in der Liter~tur. Meist wird der Dei te rssche Kern ~ls Endstation des Vestibularis angegeben, besonders yon ~anzSsischen Autoren (sieh.e B~r~ny , 5Iaupet i t ) . Frtiher war diese Anschammg aligemein~ dass er Endstation und Vermittlungsstation zu den Augenmuskelnerven- kernen sei. Neuerdings hat man diese Ansicht aber ganz fallen ge-

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lassen. Nac.t~ ~{onakow (neuerdings bes~.tigt yen Kohns tamm) hat die vordere Acus t i euswurze l ke ineswegs etwas zu tu~l mit dem sog. ~usseren Acusticuskern (Deitersscher Kern). Dram dieser Dei terssehe Kern bleibt, wie mehrfaeh naehgewiesen worden ist, na& vSlliger Kontinuit~tsunterbredmng der vorderen Aeustieuswurzel g~nzlieh intakt. Der sog. Bechterewsehe Kern ist die e igen t l i che U r s p r u n g s s t ~ t t e des Ramus vest ibular is . Seine Beziehungeu zum sog. inneren Acustieuskern (N. triangularis) sind no& unsieher. leh habe fin Schema deshalb den Beehterewsehen Kern dur& CTr~Jsse am meisten hervorgehoben.

Naeh Ramon y C.ajal endigen Fasem des ]R~mus vestibularis sowohl im gleiehsdtigen wie entgegengesetzten Kern. ¥on den Kernen ziehell Fasern ins Kleinhirn (ira Pars reed. pedune, eerebelli, siehe Schema), sic kommen fiir uns nicht in Betracht. Uber Bezietmngen zum Grosshirn ist nichts bekannt~ van G e h u e h t e n leugnet, dass es solehe Bahnen zwisehen Vestibularis und Grosshirn iiberhaupt g~be. Wie wit sparer sehen werden, weisen physiologisehe Beobachgungen doeh auf ihre Existenz hin.

Die 1Reflexbahnen des Vestibularis zu den Augenmuskelkernen sollen das Naehhirn ni&t verlassen. Nach Obe r s t e ine r sind direkte Verbindungen des D eiterssehen Kernes mit dem Abdncenskern naeh- gewiesen; i& babe sic nieht eingezei&neg wegen der zweifelhaften Bedeutung des ersteren Kernes. Naeh franzbsisehen Autoren solleu au& aus dem Bechterewschen Kern Fasern in den Abdueenskern ziehen (Testut u. Jacob). Veto Beehterewsehen K e r n steigen naeh den neueren Uutersuchungen (van Gehuch ten , K o h n s t a m m und Quensel) tiberhaupt die wieh t igs ten B a h n e n auf und gelangen in mad am h in t e r en Lgngsbi inde l zu den Augemnuskelkernen. Van G e h u c h t e n nannte dies Btindel tPaseieulus ves t ibulo-mes- encepha l i eus (friiher trianglflaris). Seine Pasern sind ha~tpts~,ch- lieh gleichseitig~ wie ieh das im Schema angedeutet habe dureh die dickere Linie.

Der Nuc leus dorsal is ist dann noch mit der oberen Olive verbunden, yon der wieder ein Biindel zum A b d u e e n s k e r n geht.

Auf den Veflauf im hinteren L~ngsbiindel will ich him" mcht nhher eingehen.

Die physio logisch e r f o r s e h t e n B a h n e n decken sieh nun keineswegs mit den eben beschriebenen anatomis&en. Fiir vide physiologiseh experimentell gefundene Tatsaehen fehlen uns alle ana- tomisehen Grundlagen. Die Experimente tehren nns znn~ehst, class

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jedes L a b y r i n t h mi t j edem A u g e n m u s k e l jedes A u g e s ver- b u n d e n ist. Diese Verbindung ist aber sehr verschieden st~rk HSgyes , der sieh zuerst und am erfolgreichsten mit der Erforschung dieser nervSsen Bahnen beschi~ftigte, glaubte noch a~n eine eiIgachere Verbindung. E w a l d wies aber schon auf den obigen Satz hin and Kubo wies ~uch nach, dass HSgyes mit sehmm einfachen Schema rdeht recht haben kSnnte. I-ISgyes g]aubte z. B, dass das rechte Labyrinth nut mit dem Externus der rechten Seite und dem Internus der linken Seite verbunden sei. Das kann nieht zutreffen~ es wgre sonst gar nicht zu erklgren, wie dasselbe Ange yon demselben Laby- rinth aus durch versehiedene Reize (pneumatisehe Hammer) einmal nactl

. . . . . . - . . . . . .

_ ~ A ,

Fig. 5. Gekreuzte Verbindung beider Labyrinthe mit jedem Internus und Externus j eden Auges.

rechts~ das andere Mal nach links bewegt werden kann. Es w~re nicht zu verstehen~ dass bei den yon mir operierten Xaninchen mit einseitiger Acusticusdurchschneidung eine Augenbewegung spi~ter wie- der nach beiden Drehrichtungen au~ritt, wenn auch vergchieden stark (das ist prinzipie]l hierbei gleichgiiltig).

Die Gegenbewegung einmal nach rechts~ dann nach links kann nut yon dem einen erhaltenen Labyrinth herrtihren. Sie ist nur zu verstehen, wenn man annimmt, dass das erhaltene linke Lab~inth mit beiden Seitenmuske]n beider Angen verbunden ist.

Die obenstehende ]?ig. 5 veranschaulieht die Art der Verbin- dnngen. Sie ]Jesse sich auch fiir die andern Angenmuskeln eben- so beweisen.

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In Fig. 5 ist die Verbindnng fiir die Bewegm~g nach der @egen- seite starker gezeichnet.

J eden L a b y r i n t h bewi rk t n~mlich h a u p t s g c h I i c h s ine Be- wegung be ide r A u g e n nach der G e g e n s e i t e (EwMd). Wit sehen aueh an Kani~lehen mit einseitiger Durehschneidung des Aeusti- cus, dass die Gegenbewegung am stgrksten ist, wenn wir nach der Seite des erhaltenen Labyrhlths drehen (das dab@ wie wir annehmen kbnnen~ in Aktion tritt). Diese G e g e n b e w e g u n g (im Schema d u r g die ausgezogenen Linien nnd Pfeile dargestellt) entspricht der tang- samen P h a s e des N y s t a g m u s (Reaktionsphase siehe oben).

Drehte ieh die ~,on mir wie angegeben eperierten Tiere nach der Operationsseite, so erfolgte aucb eine Gegenbewegung, a])er ~4el sehw~eher.

Bei Tieren mit beiderseitig erhMtenem Labyrinth und Nerv kommt diese sehwgebe Wirkung des Labyrinthes kanm in Betracht. Erst wenn dan eine Labyrinth ausgeschaltet ist, so wird diese sehwiiehere Funktion, d. h. die, die Augenbewegung naeh derselbelt SNte hervorruft~ im Laufe der Zeit gest~trkt. Das zeigt die. Beobach- tmag an meinen Kaninehen deutlich. Ira Anfang kommt sic gar nieht znr Geltnng, d. h. der Spontannystagmun bleibt bestehen, dann bringt sic den Spontannystagmns zum Schwinden und ehfige Wo&en naeh der Operation nieht ma.n beim Drehml nach tier operierten Seite eine Bewegung der Augen naeh der Seite des erhaltenen Labyrinthes. Es wird Mso wohl die nervbse Bahn, die die langsame Bewegung der Augen nach der Seite des Labyrinthes bewirkt (im S g e m a punktiert gezeiehnet), fiir den Reiz empfindlicher. So tritt Bin weml aueh sehwacher Ersatz Nr die ansgefMIene Bahn den operierten Labyrinthen ein. Also z. lB. in ]?~ig. 5. Wird der reehte Ohrapparat dutch einen Sehnitt bei B ansgesehaltet~ so fNit die rot gezeiehnete ttauptbahn far die Bewegung ngeh links weg~ allm~hlich tritt far sic die an- f~nglieh sehwaehe Bahn yore lhlken Labyrinth ein, die sehwarz punk- tiert gezeiehnet ebenfalls znm Iinken Externun und reehten Internus geht nnd ebenfalls Bewegung der Bulbi naeh links, abet diesmal yore linken Labyrinth aus, ermbglicht.

In Fig. 5 ist ferner die Verbindung jedes Labyrinthen mit dem Auge derselben Seite (im Schema mit dem Interims) am krgftigsten dargestellt.

~Vir miissen n~mtieh ~nnehmen, was wohl noeh nic.ht gentigend beaehtet ist, dass jedes L a b y r i n t h auf das ihm b e n a e h b a r t e A n g e e~m s t g r k s t e n e inwirkt .

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In Fig. 6 habe ieh dies deutlich gemaeht, dadur& dass das rechte Auge st~irker gedreht erseheint als das Iinke.

Auf die Tatsaehe, dass ein kuge yon einem Labyrinth starker bewegt wird, wie das andere, wurde ieh zuerst aufmerksam beim Ohr- attsspritzen am Mensehen. Ieh habe oben meine diesbezi~gli&en Be- obachtnngen niedergelegt (S. 41. u. 64). Der Nystagmus war auf der Seite der Ausspritzung h~i.ufig viel starker.

Bei der Dur&sieht der Literatur daraufhin sah ieh, dass in den Protokollen yon Tierversuchen sieh wohl hier nnd da eine hierher ge- hgrige Bemerktmg finder, dass aber ausser E watd niemand Ge- wicht darauf gelegt hat. An Wi rbe l lo sen (Carcinus) fand Bethe , wie erw~thnt, dass naeh Entfemung der 0tocysten einer

Seite die kompensatorischen Aug-enbewegungen auf dem ge- k reuz ten Auge geringer waren. Ewa ld wies besonders darauf hin, dass die Taube beim Drehen das benaehbarte Auge stgrker be wegte; K u be notiert einmal das- setbe bei Fischen.

f +

E~ebrn~s

Reel~t~r horizor~a&r

Fig. 6. Die Endolymphstr6mung im Bogen- gang bewirkt eine gleiehgeriehtete Bewegung beiderBulbi, desgleichseitigen kuges st~irker.

Den sieheren Beweis, dass auch beim Mensehen die Augen yon einem Labyrinth aus versehieden stark bewegt werden, Iiefert m. E. die Untersuehung des Kompressionsnystagmus, die ieh bei einer Patientin vermittels des Maddoxst~bchens anstellte (siehe S. 41). Der Lieht- streifen versehob sieh bei der Ohrreizung auf der Skala. Das w~re nieht mSglich gewesen, wenn nieht ein Auge sieh starker bewegt h~tte wie das andere.

An meinen operierten Kaninchen konnte ieh tibrigens aueh vieI- faeh die ]3eobaehtung maehen, daas entweder iiberhaupt nut ein Auge bei abgestuften Reizen bewegt wurde und zwar das dem erhaltenen Labyrinth benaehbarte, oder dies Auge wenigstens am ausgiebigsten.

Die e inse i t ige W i r k u n g konnte ich gut demonstrieren an K a n i n e h e n , die aus einer A l l g e m e i n n a r k o s e mit Koka in er- wachen. Aus sp~ter zu erwg~hnenden Griinden spritzte ieh Kanin- ellen Kekain 0,08 st~beutan in den Riieken. Nach 8 Minuten etwa waren die Bulbi vSllig ~mbeweglieh beim Drehen. Naeh 13 Minuten trat wieder D r e h n y s t a g m u s auf, abet n u t au f e inem Auge ,

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7z~ Me Bartels

n~mlich alff dem~ naeh dessen Seite gedreht wurde, also w~hrend der Reehtsdrehung nnr attf dem reehten Auge (naeh dem 0hr), naeh 17 Minuten war wieder normaler Nystagmus ha& beiden Seiten da. Also in einem bestimmten Narkosestadium trat nut die sG4rkere Beziehung des Ohrapparates zu den Augen in T~tigkeit, n[~mlig die zu dem Auge derselben Seite.

Also aueh ftir die S~uger kann man diese be sonde r s nahe Verb indnng mit Sieherheit behaupten. Es ist dies wiehtig, viel- lei&t flit die Genese des Schielens, wie ieh in ether sp~tteren Arbeit darlegen mSchte. Sehr sehwierig ist es abet zu sagen, welehe A u g e n m u s k e l n besondel~ mit dem L a b y r i n t h de r se lben Se i te verknt ipf t sin& Ieh habe in dem S&ema (t~ig. 5 s. o.) immer den Internus als den gezeiehnet~ der am engsten mit dem gleiehseitigen La- byrinth derselben Seite ver~iipft ist. Denn sowohl aus Ewalds~ wie aus meinen (Kokain) Versuehen geht hervor, dass vorwiegend das Auge derselben Seite veto glei&seitigen Labyrinth l:~a& unten gedreht wird. Es fragt sieh m. E. aber, ieh komme darauf zurtiek, beruht diese Ein- w~rtsbewegnng des Auges a.uf ether E r s c h l a f f u n g des E x t e r n u s oder einer K o n t r a k t i o n des In te rnus . Ehe diese ~rage nieht si&er gelSst ist, kSnnen wir aueh no& nieht zuverl~ssig angeben, welehe ~nskeln besonders mit dem gleiehseitigen Labyrinth verbunden stud. Wie diese st~rkere Verbindung a~atomiseh zu denken set ira Zentral- nervensystem, dariiber wissen wir noeh gar niehts, 2oer an ihrer phy- siologisehen Existenz kSnnen wit m. E. nieht zweifeln.

Ieh erw.~i/hnte abet schon, dass wit tiber den Verlauf der uns beseh~ftigenden Bahnen in der Medulla und hSher hinauf iiberhaupt wenig unterriehtet sind, das trifft besonders ftir physiologische Ex- perimente zu. Nut !-ISgyes hat bis jetzt solehe angestellt, ieh denke in ether spfiteren Arbeit darauf eingehen zu kSnnen. Auf Grnnd vielfacher Dm:ehschneidnngen, die ieh in d er R a u t e n g r u b e yon Kaninehen ausfiihrte, seheint mir sehr bald eine K r e u z u n g der B a h n e n zwisehen Ohr end Auge sta.ttzufinden. Ich babe imJuti 1909 ein so operiertes Tier im UnterelsSssisehen 32rzteverein 1I Tage naeh der Operation demonstriert und kam zu folgenden Schltissen: Wenn ich am Boden der Ra.utengrube seitlich yon der Raphe zwisehen

Anmerk. Die Erseheinungen, dass bet reehtsseitiger Ilautengrubendureh- sehneidung der Nystagmus naeh derselben Seite fehli, k6nnte vielleieht zu Diagnose vort Ponserkrankungen verwandt werden, l?ehlt bet einer Blicklahmung der Drehnystagmus, so kann man eine pontine Blieklahraung im Gegensatz zu einer eerebralen annehmen.

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Aeusticus und Augenmuskelkemen durchschnitt, so bekam ich die Er- seheinmlg, als wenn ich den Aeusticus der andern Seite durchschnitten hiitte. Also bei reehtsseitiger Rautengrubendurchschneidung feh l t e der R e e h t s n y s t a g m u s , wie wir es sonst nach linksseitiger Aeusti- cusdurehschneidung beobachteten. In Fig. 5 wiirde also die Wir- kung eines Schnittes b e i l (Vestibularis) dieselbe wie bei A" (Rauten- grube) sehl.

Das demonstrierte Tier verlor tibrigens nach 2--3 Monaten alle Ausfallserscheinungen und lebte im ganzel~ 9 Monate. Es scheint also, als ~enn die zentralen Stb'rungen der Ohr~ugenbewegm~gen teich- ter ausgegliehen warden als sol&e naeh peripherer Aeustieusdur&-

- sehneidtmg. Auf die anatomischen Bahnen wotlen ~ir hier nieht weiter ein-

gehen, sondern uns klarzuma&en snehen, auf welehen Bah n e n eigent- lieh die Re f l exe fi~r den D r e h n y s t a g m n s verlaufen. Dabei ver- weise ieh wieder auf das, was ieh anfangs tiber die versehiedenen Phasen des Nystagmus auseinandersetzte.

Die l a n g s a m e Phase des N y s t a g m u s ist zweifellos eine d i rek te Labyr in thwi rkung~ das beweist am besten Ewalds Ver- such mit dem pneumatisgen Hammer (siehe oben) und ihr Ausfall naeh Labyrinthzersti3rung. Die langsame Phase des Nystagmus ist, wie erw~hnt, keine [Bewegung im Raum, sondern nur eine relative znr Orbita. Der Bulbus ma&t beim Drehen die Bewegung nieht mit, sondern bleibt in der Orbita zurttek (siehe Fig. 1 u. 2). Darch welehe Muskelinnervation kommt diese sog. Gegenbewegung zu stande ? Nehmen wir als Beispiel eine t~eehtsdretmng in horizontaler Ebene, dabei bleibt der Bulbus naeh links zurtiek (siehe Fig. 1 u. 7), maeht eine relative Bewegung naeh links. Beruht diese auf einer E r s e h l a f f u n g des Tonus des r e e h t e n E x t e r n u s oder auf einer ak t iven Kon- s t ruk t ion des r e ch t en In t e rnusP Sol&e Ersehlaffung kbnnte an und fiir sieh Ms Ursaehe der langsamen Nystagmus-Pha.se wohl in Betraeht kommen. Wie wir sp~ter sehen werden, stehen nile Augenmuskeln unter einem starken Tonus~ der yon beiden Labyrinthen entgegen- gesetzt- gerichtet ist. Deshalb deviieren aueh ohne weiteres nach WegfalI des Tonus eines Labytinthes infolge Acustieusdurchs&neidnng die Bulbi. Sie deviieren nieht,, weft die betreffenden Mnskeln aktiv kontrahiert wurden, sondern weft der Tonus der Muskeln wegfiel, die die Bulbi in entgegengesetzter Richtung zogen. Ebenso kgnnte man sieh sehr gut denken, dass bei Beginn der Drehung naeh reehts der Tonus des rechten Externus gehemmt wtirde, dann miisste das Ange

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beim Drehen ~mch 5nks gehel~, da ]a tier Tonus des habyrinthes auf den linken Interims a;llein iibrig bleibt.

Dagegen spreehen aber meine U n t e r s u c h u n g e n a~l ]~riih- gebu r t en s&on Nr eine akt ive Kont rak t ioJ t bei der langsamen Phase. Die Bulbi tier Frtihgeborenen zeigen iiberhaul)t nur die lang- same Phase, d. h. nut die Gegenbewegung. Die Angen stehen abet in l%uhe h[%ufig divergent. Sobald man dagegen den Kopf dreht, sieht man efile Gegenbewegung der Bulbi mit parallelen Aehsen. Diese paralleb Einstellung der Bulbi wgre wohl dm-eh eine I-Iemmtmg eines ~{uskelt~nas bei den in Ruhe divergierten Bulbi ni&t erkl~trlieh. Ausserdem seheint bei den Friihgeburten in R.lLhe ein Labyrinthtonus kaum ¥orhanden zu sein.

Wit mtissen deshalb annehmen, dass diese Gegenbewegung beim Drehen der Friihgebarten dutch eiae aktive Kontraktion zu stmlde kommL

B~r~ny und K u b o nehmen an, dass beim Nystagmus die aktive Ers&laffung eine Rolle spiele. X u b o erw~thnt dabei die AJ:)eiten Topo lanskys , der naeh dem Beispiel S h e r r i n g t o n s nachwies, dass aueh die Augenmuskeln vom Grosshim aus aktiv ersehlafft werden kSnnen, g u b o bemfft si& dabei ~a~eiter auf Experimente, die er an Kanin&en mlstellte. Er land, class bei einem Tier do& noeh Dreh- nystagmus naeh be iden Seiten auftritt, weml alle Augenmuskeln bis auf einen Internus durehsehnitten waren. Ieh konnte dies am Men- schen nieht bestStigm~. Ieh hahe n~tmlich mehrere Personen~ die an e inse i t ige r O p h t h a h n o p l e g i e mit A u s n a h m e des E x t e m m s litten, auf der Drehscheibe gedreht mtd D r e h n y s t a g m u s n u r n a e h e iner Sei te beobachtet. Die L~hmung der andern l%Iuskeln muss allerdings total sein. W~re die Annahme K u b o s riehtig, so h~tte bei meinen Untersu&tmgspersonen, ebenso wie bei dem Kubosehen Kaninehen, Drehnystagmus nach beiden Riehtmlgen ~uftreten miissen. Ieh kann mir den ~idersprueh nur so erkl~ren, dass Kubo trotz des Darehsehneidens der 1}Iuskeln ihre ~Virkung mff den Bulbus doeh nieht gmlz verhindern komlte, so dass der erhaltene Intemus nieht allein in Aktio~t trat.

Ieh gtaube demna&, dass bei der E n t s t e h u n g des Nys t ag - mus die akt ive K o n t r a k t i o n die H a u p t r o l l e spielt. Bei der sehnellen Phase des Nystagmus seheint mir dies yon vornherein sieher zu sein, denn dureh eine Erschlaffung kSnnte man eine so seh~Mle und heftige Angenbewegung nieht erkliiren.

Woher kommt aber naeh der yore Labyrinth ausgelSsten lang-

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samen Phase des Nystagmus der Reiz fiir die sch~lelle Phase (Nys t agmusphase Ewalds)? Dies ist eins der schwierigsten Prob- ]eme. ;B~r~ny glaubt es gelSst zu haben. Er meint, dass die rasche Bewegung in einem Zentmm oberhalb des Reflexbogens ffir die lung- same ]!{ewegung entstehe. Der Autor gibt ein Schema~ wie er sieh die Verbindung denkt. Ich muss gestehen, dass mir in diesem Schema das reflexauslSsende Bliekzentrum wie ein Deus ex machhta vorkommt. ~Vodureh wird es beim Drehnystagmus erregt? Ich komme nachher attf ]3flrgnys Schema zuriiek. Suehen wit uus einmal fiber die bei der sehne l len Phase in ]3e t raeht k o m m e n d e n ]3ahnen klar zu werden. In den folgenden Zeiehnungen babe ich sic angedeutet: Bei ~llen Bahnen ist der Weg veto Lab3u°inth zum Auge ~ls direkter Reflex derselbe. Die ]3~hnen sind gedaeht ffir den Rechtsnystagmus des rechten Auges beim Drehen naeh rechts.

1. (Fig. 7.) Labyrinth-Vestibulariskern (VIII)-Oeulomotorius- kern (.Ill) - Interuus - sensibles Zentrum (Trigeminuskern V) - Abdueens- kern (VI)- Exteruus.

Die vom Labyrinth ausgelSste Kontraktioll des Internus und Gegendrehung des Bu]bus naeh lfi~ks 15st periphere sensible Reize aus~ die iiber das ~mtere sensible Zentrum, den Trigeminuskem, direkt zum Abducenskern geleitet werden, yon dem aus eine Kontraktion des Externus bewirkt wird.

2. (]?ig. 8.) Labyrinth-Auge-Trigeminuskern (wie in 1) - Hirnrinde (Augemnuskelzentrum)- Abducenskern - Auge.

Der zweite Weg ist komplizierter. ]3is zum Trigemiauskem ist es derselbe, x~4e der erste. Von diesem Kern geht es aber nieht direkt zum Abdueenskern, sondern der periphere Reiz wird erst zur Himrinde geleitet. Innerhalb des Grosshims dann zum Augen- muskelzentrum und yon da erst zum Abdueens m~d Auge.

3. (;b~ig. 9.) Labyrinth-Auge; gleichzeitig Labyrinth-Stimriude-Ab- ducenskern-Auge.

Bei dem dritten Wege kommen periphere Reize gay nieht in Betraeht. Gleiehzeitig mit dem Reflex, tier veto Labyrh~th aus den ;[nterm:ts zur Kontraktion bringt, wird die Hirnrinde veto Lab~a'inth aus erregt, diese ~irnrindenreizung bewirkt eine Reizung des Augen- muskelzentrnms und welter unter dem Abducenskern ehleKontraktion des Externus.

Zun~chst spricht ehfiges da~fir, dass eia p e r i p h e r e r Reiz den Umschlag der langsamen Phase in die sehnel]e anregt. Bei Be the

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finde ich die S. 8 erwfihnte Ang~be; class der Nystagmas bei Carcinus m~enas so ctbl~tuft~ d~ss wShrend des Drehel~s eine Gegenbewegung st~ttfindet, bis das ~uf einera Stiel sitzende Auge den R~nd des Or- bitalbechers beriihrt,~ dann schliigt die Bewegung nm in die schnelle Bewegung. Es liegt n~he, h ier an ei~en peripheren Reiz, eben gn die Bertihrung des OrbitMrandes ale Ursaehe fiir den Umschlag zn denken. Die Tasehenkrebse sta.nden mir s ls Versuchstiere nicht zur

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Fig. 7. Fig. 8.

Fig. 9. Fig. 7 - 9 . Reflexbahnen fiir die langsame und ffir die sehnelle Phase eines

Nystagmus naeh reehts.

Verfiigung. DeshMb habe ich an Xauinchen versueht, dm~h so N- fttltiges Angsthesieren jeden sensiblen peripheren Reiz auszuschalten. Ieh habe mehrfach zungehst Kok~in eingetr~ufelt und dann dutch [niektion die Lider sowie das Innere der Orbita. v611ig ang.sthefisch gemacht, ohne dass AIlgemeiaakokainnarkose eintrat. An dem so kokMnisierten Auge blieb naeh 6 - - 1 0 Minuten regeJmgssig fiir ehfige Minuten die Nystagmusbewegung v611ig aus~ abet guch die langsame Gegenbewegmlg. GleiehzeNg hatte ich am andern Augs

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3 ccm physiologische Koehsalzl6sung in derselben Weise wie das Kokain injizierg, m~d konstatiert, dass selbst bei gr6sstem 0dem der Coniunctiva und starker Protrusio bulbi infolge der eingespritz- ten ~Vassermenge der Drehnystagmus auf diesem Auge absolut nieht gestSrt war. Die Erscheinm~gen an dem kokainisierten Auge glaube ieh nicht als reine sensible Liihmungsersehehmngen deuten zu k8nnen; das Kokain hatte in diesen t~llen augsnseheinlich die too- torischen Nerven der Orbita mit gelghmt. Diese motorische LghImmg dauerte allerdings nur auff~illig km'ze Zeit, etwa 5--6 Minuten. Danach zeigte sieh wieder Drehnystagmus, trotzdem das Auge noch vSllig angsthetiseh schien. Auf diesem Wege ist die Frage des periphsren Reizes won nieht zu 16sen. Nan miisste die betreffenden sensiblen Nerven der Orbita vi311ig durehschneiden und dann "sehen, ob noeh

Nystagmus auftritt. Die Durehsehneidung ist aber nieht so leieht, da man nieht nur den Trigeminus~ sondern aueh noeh ohne Verletzmlg des Acustieus den Faeialis durehtrennen miisste, da letzterer mSglicher- weise sensible Fasem ffihrt.

W e l c h e r pe r iphe re Reiz die Kontraktion des Antagonisten herbeifiihren kiJnnte, ist auch unklar. Ist es die V e r s e h i e b u n g der Gewebe in der Orbi ta , die bei der langsamen Gegenbewegung eintritt, oder 15st die K o n t r a k t i o n des 5Iuskels (in Fig. 8 und 9 des Internus), wenn sie bis zu einem gewissen S p a n n u n g s g r a d e ge- diehen ist, reflektoriseh die Kontraktion des Antagonisten (in Fig. 7 bis 9 des Externus) arts. Es sprieht vieles dafiir, dass die Kontrak- tion des ~[uskels einen Reiz fiir den Antagonisten abgeben k6nnte. Es seheint ja iede Kontraktion eines Mnskels unwillktirlich eine Kon- traktion des Antagonisten zu provozieren, einerlei um welehen Ffuskel am K8rper es sieh handelt. Mit der Annatnne des peripheren Reizes einer solchen NIuskelkontraktion fiir die schnelle Phase des Nystagmns k8nnte man aueh den Nystagmns nach Durehschneidung eines Aeu- stieus am besten erklgren.

\Vie bekannt, tritt naeh der Durehsehneidmlg Spontalmystagmus nach der gesunden Seite auf. Man kann gerade an derartig operier- ten Tieren sehr seh~n die langsame und die sehnelle Phase des Nystag- mus m~terseheiden. Das erhaltene linke Labyrinth hat bei reehtsseitiger Dnrehsehneidnng z. 13. die Neigung, die Angen dauernd naeh reehts zu drehen, so erfolgt die langsame Phase naeh reehts dnrch Kontrak- tion der dazu nStigen Muskeln. [Besitzt der Kontraktionszustand einen gewissen Spannungsgrad, so werden reflektoriseh die Antagonisten zur Kontraktion angeregt, die Bulbi werden rasch nSeh links gedreht,

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das ist die schnelle Phase des Nystagmus. Danrt komm.t auch die Wirkmtg des erhaltenen Labyrinthes zur Geltung, die Bulbi wandem wieder laagsam nach rechts new. Auf dieselbe Weise kSnnte ma~ den Nystagmus bet Drehung sich erklgren.

Aus dem vorhergehenden ist ersi&flig, dass viele Beob~c!mmgen und Auslegungen fiir einen peripherel~ Reiz irgendweleher Art spre&en beim Zustandekommen der schnellen Nystagmusphase. Abet der Weg, tiber den dieser periphere R~iz verla~tfen kSnnte, ist ge~dss bet den Tierklassen vers&iedeu.

Bet u i ede ren Tierel~ scheiut mir der ers te Weg (siehe Fig. 7) sehr in Frage zn kommen. All{ ei~ffaehsten ist wohl die Bahn beim Krebs , ich kann daralg nicht ngher eingehen, ich erw~thne nut, dass naeh Bethe di~ ~Vegn~hme der Globuli bei Csureinus ohne Einflnss auf den Nystagmns ist.

Aneh bet den F i schen ist eh~ kurzer Weg ~de im ersten Schema an- zlmehmen. Eb~ Weg tiber das @rosshim ist ausgeschlossen aus dem einfaehen Grunde, well bet den meisten ~isehen davon ja keine Au- deu~ung vorhanden ist. Es besteht, um mit E d i n g e r zu redel~, nur ein Palxeeneepha.lon. Die ggnze Nystagmusbahn stellt deshalb bet Fisehen einen pal a e e n c e p hali s c h e n maschinenm~issig ablanfenden Re f l ex dar.

Bet den hgheren V e r t e b r a t e n , bet den S$ugern spielen da- gegen B a h n e n iiber die t t i r n r i n d e (siehe ]~ig. 8) zweifellos eine Rolle.

Dutch die Muskelko~ltrakfion, die bet der langsamen Phase ein- tritg wird die Hirnrinde beim Menschen erregt~ denn diese Kontrak- tion w in nach D elage empfmlden. Dieser Autor sncht sogsy in geistvollen Ausfiihmngen na&zuweisen, dass wir bei der Drehung den dm'chlaufenen Drehwinkel nieht direkt mitten des Ohrapparates empfiuden und messen, sondern hldirekt mittels der veto Ohrgppa.rat ausgel6sten Augenbewegungen.

Werm Knbo sehreibg dass Exstil~ation des Grosshirns bei Ka- ninchen obne Einfluss a~ff das Anftreten yon Nysta.gmus blieb, so ist dem erstens entgegen zn halten, dass schon B e e h t e r e w sehr deutlich an t:Iunden einell Einfluss der @rosshirnexstirpation sah.

Knbo behauptet, auch in tiefer Narkose trete Nystagmus noch auf. Auch diese Behaupttmg widerspricht den Beobaehturlgen B ech- terews, die Iange Zeit vet Xubo publiziert wurden. B e c h t e r e w schreibt: Die Augenablenkung ist veto Moment der Dm'ehschneidtmg an (n~mlieh des Aeustieus) ,~hmehmbar aueh in tiefer Narkose. Der

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Nystagmus dagegen versehwand ~ast vSltig fi~ tiefer Narkose, er nimmt zu, wenn die Narkotisierungserscheinungen abnehmen. Das kaan ich an Kaninchen dm'chaus best~.t~gen. Macht man die Durchschneidung in tiefer Narkose, so tritt tier iNystagmus nicht sofort anf, sondern erst mit Naehlass der Naxkose. Aueh B~r~ny gibt an, dass es ibm sogar dutch leichte Narkose gelang, an Tieren lediglich die schnelle Bewegung des Nystagmus zu l~tnnen.

Also Narkose hemmt zweifellos den N y s t a g m u s beim SSuger. Damit ist wahrscheinlich noeh nicht strikte bewiesen, dass das Gross- hirn beim Nystagmus in Betracht komme. Denn wir wissen ia nicht mit Sicherheit~ auf Li~hmung weleher Hirnteile bei tier Narkose diese Hemmung zuriickzufithren ist. Aher es ist schon durch die Narkose- hemmung wahrscheinlich gemacht~ dass die ttirnrinde dabei eine Rolle spielt.

B e e h t e r e w schreibt nun aber weiter ausdriicklich: Die yon mir angestellten Versuehe mit Zers ' tSrung der t t e m m s p h g r e n o b e r - f lgche an Tieren, denen zuvor eia Aeustiens durchsehnitten war, ergaben im altgemeinen ganz ghnliche Resnltate (ngmlich wie die Narkose). Nach Wegnahme eines bedeutenden Teiles der Oberflgehe der Lobi frontales und parietales war eine Verminderung, zuweilen ein vSlliges Verschwinden des N y s t ~ u s bemerkbar.

Wenn Kubo bei Grosshh'nahtragung andere Resultate erhielt, so liegt dies woh] daran, dass es bekanntlich sehr schwer ist, bei Sgugern das Grosshirn vSllig abzutragen. Es kann der eine Unter- sucher zufi~llig die hi Betracht .kommenden Teile tier Rinde stehen lassen.

Einel~ weiteren besonders wichtigen ]3eweis fiir die Mi twi rkung des Grossh i rns beim Nystagmus des l~[enschen sehe ich in der U n t e r s u c h u n g an N e n g e b o r e n e n und un re i f en ])~riichten. [eh habe gezeigt, dass S~uglinge im Schlaf fast keinen oder gar keinen Nystagmus ~ufweisen, sondern nur die G-egenbewegung, d. h. die lang- same Phase des Nystagmus~ wiihrend dieselben Siiuglinge im wachen Zustande sehr deutlich 1N'ystagmus ha.ben. Im Schlaf ruht die Balm fiber die girnrinde, wShrend tier direkte Reflex veto Labyrinth zum Auge wie so viele andere med~fllare Reflexe im Schlaf welter funk- tioniert und so die Gegenbewegung noch anslSst.

Noch mehr spricht ffir meine Ansicht der guffEllige Befuud an l~rf ihgeburten, besonders an dem lebenden Embryo im 5. Mbnat. ]3ei diesem land sich auch im wachen Znstande kein Nystagmus, sondern nut die Gegenbewegung. Der C_xrund hierfiir ist doeh wohl

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det; dass die Reflexbahn far die Gegenbewegung auch in dieser Zeit sehon fmlktionsfShig ist; far diese Bahn (Vestibularis) sollelt ja auch die l~Iarkseheiden sich verh~ltnism?issig friih el~twiekelm Die hSheren Bahnen, speziell die zum @rosshirn sind abet zu dieser Zeit noch n ieht so weir entwiekel t .

~'[an kSnnte mir einwerfen~ dass auch das L~byrinth bet Friih- geburten noch nieht so ausgebildet set. Abgesehen davon, dass die A_rt des Ohrapparates, wenn er iiberhaupt funktioniert (also wie hier eine Gegenbewegung auslbst), m. E. mit der Entstehung der sehneIlen Phase des Nystagmus niehts zu tun hat (siehe oben), so zeigt die EnhvicMlmg des menschliehen GehSrorgans folgendes, was gegen obigen Eiuwurf sprieht: Wghrend der 5. und 6. V~roche des Embryonal- Iebens bitden sieh schon die Bogenggnge, zung&st der vordere und hintere, etwas sparer tier i~ussere. Zugleieh legen st& scho~t Nerven- fasern an die noeh unvollstgndig abgegrenzten Ampullengegenden und an die l~faeulae. Al~fang des dritten 5fonats nehmen die Ampullen ihre eharakteristisehe ~'oi~ an; Mitre oder Ende des 3. Bfonats ist alas ¥orkommen yon hohem Epithel anf die Nervenendstellen be- schrE~t. Der Tefl des Labyrinths, der der statische~ Fm~ktion dient, ist volIkommen ansgebildet, die Maculae aeusticae sind yon Otolithel~- membranen bedeekt usw. Der uns bier interessierende Teil des Ohr- apparates ist also yore 3. Mouat an sehon fertig. Bet dell u n t e r s u c h t e n F r i i hgebur t en , deren iitngste Elide des 5. Embryonalmonats stand, kan~ also yon dem E in f lu s s eines minde r en twieke l t en La- by r in thes n ich t die II.ede seth. D i e U r s a c h e der fehlendel~ sehlxellen Bewegung (d. h. des Ausbleibens der Nystagmusphase) kamxm. E. nu t in den noeh l l icht entwiekelte~a h6heren Bahne~t l iegen, wghrend der direkte Ehlfluss des Labyrhlthes auf das Ohr sehon sehr deutlich ist. Diese Bahn yore 0hr zu den Augenmuskel- kernea seheint iiberhaupt eine der friihesten Vestibularisverbindungen zu seth. Dens bet dell N'~ihgeburten fehlte die Xopfgegendrehm~g teilweise, wghrend sie bet ausgetragenen S~uglingen stets deutlieh war.

Aus den vorhergehenden Betrachtungen geht hervor, class ftir die Nvstagmusphase beim ~ensche~l der Weg fiber hShere Zentren, vermutangsweise tiber die Hirnrinde fiihrt.

Ob die Bahn vol~ der Orbita dahin verl~tnft (Fig. 8) oder vom Ohr aus (siehe Fig. 9), ist eine zweite Frsge. Was fiir den Weg yon cter Orbit~ aus spricht~ habe ich oben auseinandergesetzt. Es ist abet nach Goltz ' , 2,tachs und B r e u e r s Untersuchungen, die wit znrzeit M1- gemein als richtig annehmen, sehr wahrscheinlieh, dass Bin direkter

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~Veg yore Ls~b3~inth nach der Hirnrinde geht. Denn wir empfinden ja nach ihren Uberlegungel~ die Wi~kelbesehlemfigung beim Drehen dureh die yore Ohrapparat ausgehenden l~eize. Es wird Mso bei tier Rotation eine Hirnrindenstelle erregt, wie es in ~ig. 9 da~rgestellt ist. Von diesem Winkelbeschleunigungsempfindungszentrmn aus kSnnte dam't eventuell Bin Reiz au~ die Augenmuskulatur ausgeiibt ~erden,

der zu der s&uellen Znekung fiihrt. An diesen Weg kSnnte man aber erst denken, wenn durch exakte Versuehe erwiesen w~re, dass der periphere l~eiz yon der Orbita her nieht in Betraeht kommen kann. Fiir die aueh nur ir~direkte l ~ b y r i n t h ~ r e Erregung der s c h n e l l e n Nystagmusphase f e h l e n bisher alle Beweise.

Naehdem ieh im Vorstchenden meine Ansieht fiber die in Betraeht kommenden NSgliehkeiten der nervSsen Bahnen entwickelt habe, m8chte ieh noah einmat auf das Schema yon B ~ r g n y zurtiekkommen. Es dringt sclleints allgemeiner in die Literatur und wird dann noah modifiziert (keines- wegs verbessert~ siehe Maupetit). Ieh hatte oben schon mitgeteilt~ dass B£r~ny die Entstehung der sehnellen Bewegnng des Nystagmus in ein Zenirum oberhalb des Reflexbogens ftir die langsame Bewegung verlegt. HSgyes hat schon vor vielen Jahren durch sorgf~tltige Durchsehneidungs- versuche solche supranukle~reu Zentren zu begrfinden versucht. In dem B~r~tnyschen Schema ist es wie gesagt vSllig unerklarlieh~ wie das :~dureh die Erfahrung der Neurologen angenommene Blickzentrum ~t gereizt wird. Seine vorher angeffihrten~ yon Bech te rew, wie erw~hnt~ sehon erprobten Beobaehtungen an narkofisierten Tieren besagen nur das~ was ieh aueh au Frtihgeburten bestatigen konnte, dass fiir die sehneUe Phase h6here ttirn- bahnen in Betraeht kommenl aueh der yon B£r£ny angeftihrte interessante Fall yon Blickl~hmung mit erhaltener langsamer Bewegung besagt nicht mehr. Weshalb miissen denn gleieh ~:Zentren ~ zerstSrt sein?

Also B £ r g n y muss erst einmal erklaren~ wie das ~Bliekzenh-um" zur Ausl/Ssung der raschen Bewegung veranlasst wird. Die Bahn, die B~ir£ny yon diesem vermuteten Zentrum zum Gyrus angularis gehen lasst, macht es anch niebt klarer. Es fehlt eben in dem Schema das, was ich oben als genau eharakterisierten peripheren oder labyrinth~ren Reiz zur ttirnrinde auseinandergesetzt habe. Ich habe in meinem Schema die Wege immer nut ffir ein Augc gezeichnet~ da es sonst fiir jemand~ der nieht eingem'beitet ist~ zu nnilbersiehtlich wird. Es liesse sieh nattirlieh leicht die Bahn fiir das andere Auge erg~nzen.

Ich gIaube mit meiner friiheren Bemerkung tlecht zu haben~ dass in dem B~trSnysehen Schema das Bliekzentrum Me ein Dens ex machina er- seheine. Ein solcher entzieht sich aber der ,,Erklarung".

In dem Schema yon H a u t a n t nnd Maupetit~ das nach dem B£ r~nysehen angefertigt ist, fehIt die Bahn zur Hirnrinde. Wir habea genilgend auseinandergesetz b dass eine solehe hShere Bahn abet beim Menschen angenommen werden muss. Die franz6sisehen Autoren haben aber wohl das unmotivierte Vorhandensein der Bahn in dem BgrSnysehea Schema empfunden und sic deshalb weggelassen.

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BArAny hat die Erfahrungen an nicderen Tieren gar nieht bertiek- siehtigt~ dass namlich auch Nystagmus ohne hShere Bahnen verhanden sein kann. Krebse haben auch Nystagmus~ abel: wohl kein Bliekzentrum.

Ich glaube~ dass die Frage, woher die sehnelle Phase des Nystagmus kommt~ trotz Bgtr'Xny noch durchaus nicht gelSst ist. Sie ist vielleicht zu 15sen~ wean man systematisch in der Tierreihe yon den niedersten Tieren an experimentell dutch Ausschaltung bestimmter Zentralteile vorgeht.

Ganz merkwtirdig ist die .hnsicht van Maupeti b die er in seinem Schema niederlegt, dass n~mlich die schnelle Phase direkt veto Labyrinth ausgel6st wtirdc. Zulfiichst ist das Maupetitsche Schema in der ver- 6ffentli&ten Form unverst/indlieh. Soil es yon oben oder yon unten be- traehtet die Ohraugenbahnen wiedergeben? Auf jeden Fall mtisste der Bogengang anders gezeichnet werden. Denn die Amputle des horizontalen Bogenganges liegt immer augenw~rts~ night yon den Augen abgewandt~ wie es Maupci i t zeichnet. Der Bogengang mtisste umgedreht werden in dem Schema. Wean das Schema mit dem B£r'gnyschen vergliehen werden sell, wie es doch Maupet i t tbrtw~hrend tut, so muss man bei Maupet i t die Bezeiehnangen reehfs nnd links umweehseln.

Die Griinde, die Maupe t i t fiir seine obige Ansieht anftihrt~ sind nun nieh~ gerade einwandsfrei. Da sic mSglicherweise aueh in anderen Arbeiten wiederkehren, will ich kurz darauf eingehen. Maupe t i t fiihrt am dass ,anatomisch erwiesen sei~ dass der Vestibutalqs vorwiegend mit den Augen- muskelkernen derselben Seite verbunden sei". Das ist nirgendswo er- wiesen. Wie aus meiner anatomisehen Darstellung hervorgeh b hat aller- dings van Gehueh ten behaupte~, dass der grgsste Tell der Fasern des Fasc. vestibulo-mesenccphalicus homolateral verlauft. Aber die Verbindung dieser Fasern mit den einzelnen Augenmuskelkernen is~ darehaus dunkel. husserdem hat Naupe t i t night beaehtet, dass sieh die Wurzelfasern yon Oeulomotorius and Troehlearis kreuzen. Als weiteren Grund far die laby- rinth~re Entstehung der schnellen Phase gibt Maupetig an~ dass ja so h~ufig rein r e f l ek to r i sche hbducensllihmung bei Labyrinthitis beobachtet sei. Auch dies ist eine hSchst striitige~ aber bei franzSsischen Otiatern sehr verbreitete Anschatmng. Dicse Abducensli~hmung ist meines Erachtens (es ftihrte zu weit~ das zu beweisen) wohl niemals ref lektor iseh~ sondern eine einfh&e n euritisel~e Abducensl~thmung dutch Fortleitung der Labyrinthent.ziindung auf den Nelxus abdueens~ und hat mit den Funktionen des gestibularapparates niehts za tun..

Wie die anatomischen Voraussetzungen Maupet i t s keine Unterlage haben~ so fehlen ebenso die physiologischen fttr seine Anschauung~ wie ieh des ~ngeren auseinandergesetzt habe. Maupet l t ist sich~ scheint es, nieht dartiber Mar geworden~ dass jeder Nystagmus mit einer langsamen Phase beginnt. Dass diese veto Labyrinth ausgelSst wird, daran kann man wohl nach allen Elff~hrungen nieht zweifeln.

Schwierig ist es zu erkl~iren, w e s h a l b an. n o r m a l e n Tieren bei sehr s e h n e l l e r D r e h u n g ke in N y s t a g m u s , sondern nur die Gegen- be~,~egung @lf~'itt und deshalb an den e i n s e i t i g o p e r i e r t e n Tieren

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anch bei ]angsamem Drehen nach tier operierten Seite t rotz einer G e g e n b e w e g u n g , die allerdings gering ist, kein N y s t a g m u s zu bemerken ist.

Kubo erklart das Ausbleiben wahrend der schnellen Drehung damit, dass wNlrend der langsamen Drehung der dynamisehe Apparat (d. h. die Bogeng~nge) w~hrend der schnellen Drehung der statische (d. h. Saeculus und Utriculus) in Funktion trete; der erstere sei n~mlieh w~hrend der schnellen Drehung in Ruhe.

Das erstere ist physikaliseh wahrscheinlieh nieht riehfig~ die ganze Trennung ist hSehst willkarlieh. Gegen die Riehtigkeit der Kuboschen Hypothese sprieht alles das~ was ieh vorhin tiber die Entstehung der lang- samen und schnellen Phase gesagt habe. Vor allem sprieht wieder die Beobaehtung an Frfihgeburten dagegen, die trotz ausgebildetem Vestibular- apparat auch beim langsamen Drehen keinen Nystagmns zeigen.

Mall kSnnte diese Gegenbewegung der Augen bei schnellem Drehen ohne Nystagmns vietleieht so erkl'~ren. Bei derartiger Rotation ist tier Labyrinthreiz so stark, dass die Muskeln danernd kontrahiert werden, dass gleichsam Tetanus eintritt (in :Fig. 7--9 also des ]:nternns), den tier Antagonist nicht tiberwinden kann.

Das Ausbleiben des Nystagmus bei einseitig operierten Tieren beruht zungchst darauf, class eben das Labyrinth a usgesehaltet ist~ das hanptsgchlieh diesen Nystagmns hervorruft. Aber n~n kSnnte mir einwenden, es stellt sich aber trotz dieser Labyrinthanssehaltung sparer wieder eine Gegenbewegung ein. Diese Gegenbewegung soll aber doch nach dem friiher @esagten einen peripheren Reiz ftir die schnelle Phase abgeben, also miisste doch Nystagmus ehltreten. In diesem Falle ist wahrscheinlich die Gegenbewegnng zu gering, um solehen Reiz auszniiben. Es gehSrt eine gewisse ExtensionsgrSsse der Gegenbewegung, ein bestimmter Grad yon Muskelkontraktion dazu, am reflektorisch yon der Peripherie aus die sehnelle Phase aus- zulSsen.

Je mehr man die nervSsen :Bahnen sich klar zu machen sucht. desto sehwieriger wird dies anf den ersten Blick so eiufaehe Problem. Vielleicht ist es mSglieh, experimentell die in dem Schem~ yon mir gezei&neten MSgliehkeiten in der Tierreihe zu verfolgen und so ali- m~hlieh Klarheit zu sehaffen.

IV. Art der Reizwirkung im Ohrapparat. Mm~ kSnnte denken, die Art der Reizwirkung sei eine rein

otiatrische Frage. Ich meine aber, dass auch die Ophthalmologen wenigstens in etwas dartiber orientiert sein sollten, welche Teile des

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86 ~I. Bartels

Ohr~pparates in bestimmter Weise diesen oben geschilderten m~chtigen Einfluss auf die AngenstelIur~g ausiiben. Allerdings werde ieh a uf

(lie vielen strittigen Ei~elhei ten nicht eing'ehen.

Re izwi rkung bei Bewegung.

Seit den Untersuchungen yon Breuer~ Maeh and Cam Brown fiihrt man die beim Drehen anftretenden A u g e n b e w e g u n g e n auf Endo- l y m p h b e w e g u n g in den Boffeng~nffen zuriick. Mit eiaigem Reeht konnte man dies erst, seitdem Ewald an der Taube gezeigt hatte (siehe oben)~ dass tats~iehlieh eine experimentell erzeugte bestimmte Endo- lymphbewegung im Bogenganff eine bestimmte Augenbewegung auslSst. Z. B. eine Bewegung der Endolymphe im reehten horizontalen Bogengang yon dem freien Ende des Kanals nach der Ampulle zu raft dne beider- seitige Augenbewegung naeh links hervor, (Siebe Fig. 6.) Das ist nun dieselbe Augenbewegung, die wir bei einer Drehnng des Kopfes nach reehts bekommen. Denn dabei maeht die im Kanal eingesehlossene Lymphe die :Bewegung' des Kopfes nieht mit~ die Endolymphe macht also eine relative Bewegung naeh links, w~hrend der I)rehung. Deshalb konnte man also mit Recht annehmen, dass die beim Drehen a u f t r e t e n d e Augen- beweguug auf eine g ie iehger ie i l te te Be w e g n n g der K a n a l l y m p h e zariickzufiihren ist.

Das heisst eine auch nut' relative Lymphbewegung kommt dabei wohl nieht ztl stande. Wenigstens hat Mash die friiher yon ihm verfoehtene Lymphbewegung sp~ter aufgegeben. Denn wenn er den Versueh mit einem gesehlossenen GlasrShrchen van der Gr0sse and Form eines Bogenganges oder mit einer Rinne in einer Messingplatte maehte~ die mit Glas gedeekt war, so erhielt er a af der Zentrifugalmaschine selbst bei rascher Drehung' niemals eine beobaehtbare relative Drehang. Ein flacher Wassertropfen dagegen mit bes~ubter Oberfl~iohe zeigte sofort das Fltiehenprinzip.

Maeh nahm deshalb spater an~ ,dass das blosse Drehungsmoment, der Drnck des Bogenganginhaltes ohne merkliehe Drehung aaf den Nerven wirk% so wie etwa der Druek die Tastnerven der Haut el,~egt". Ftir nnsere Betrachtung ist das sehliesstieh gleiehgiiltig~ ieh fiihre Maeh nut an, well in allen neueren Bearbeitungen unserer Materie die EndolymphstrSmung und Gegenstrgmnng als sieher bewiesen angenommen wird. Aus Grtinden der Ansehaaung and Einfaehheit will ieh aueh ferner yon Bewegung and nieht vom Druck der Lymphe sprechen~ wie es wohl riehtiger wS.re.

Die A u g e n b e w e g u n g ist nach Ewalds Untersuehungen immer der E n d o l y m p h b e w e g u n g gteieb ger iehte t . StrSmt also die Lymphe ira rechten holJzontalen Kanal ampullarwArts~ also naeh links~ so bewegen sieh die Bulbi naeh links, striimt sie kanalw~irts~ also naeh reehts so bewegen sich auch die Bulbi naeh rechts. Wenigstens ftir die Taube trifft dies fiir alle KanNe zu.

Abet ftir die S ta rke der erzeugten Augenbewegung ist es keines- wegs gleich~ ob die Endolymphe kanalwarts oder ampullarw~trts strSmt

Die Augeubewegung, die dureh S t rSmung der Lymphe im hori-

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(~ber Regulierung tier Augenstellung durch den Ohrapparat. 87

z o n t a l e n Kana l naeh der Ampul le zu erzeugt wird, ist viel s t a rk e r wie dig dutch StrSmung naeh dem Kanal zu erzeugte. Dagegen ist es beim f ron ta l en Kana l umgekehr t (Ewald). Uber den sag i t t a l en Kana l liegen in bezug auf Augenbewegungen keine Experimente vor. Diese Verschiedenheiten sind bisher wohl wenig beaehtet.

Nehmen wir diese Lymphbewegungstheorie als rictltig an, so wtirde die verschiede~e Reizst~irke der Lymphstromrichtung die Ausfal[sersehei- nungen naeh Dm'chschneidung eines Aeustieus folgendermassen erkl~iren. War z. B. links der Acusfieus durehsehnitten (ich spreche yon den Ka- ninehen~ denen vor einigen Monaten der Nerv durehsehnitten war)~ so trat bet Reehisdrehung deutliehe Gegenbewegung der Augen naeh links (Nystag- mus naeh reehts) auf; bet dieser Rechtsdrehung striimte naeh obiger Theorie die Lymphe im erhaltenen reehten horizontalen Bogengang ampullarw~trts, bewirkte also eine starke Augenbewegung. Drehte man naeh links~ so trat bet demselben Tier nur eine sehwaehe Gegenbewegung auf; d~ das linke Labyrinth ausgesehaltet war, so kam bet dieser Drehung nur die Lymph- bewegung im reehten horizontalen Bogengang kanalw~irts in Betraeht~ also die LymphstrSmung, die eine viel sehw~iehere Wirkung auf die Augen hat. Die sonst am normalen Tier wirkende Striimung ampullarw~rts im linken Bogengang war eben naeh Durchsehneidung ohne Einfiuss.

Die einseitig operierten Tiere w:iren demnach eine Bestlitigung der Ewatdsehen Experimente. Kubos Ansicht isL deshalb auch nicht riehtig, die er auf Dreyfusssche yon mir sehon angefoehtene Experimente stiitzt, dass niimlich die Vorw~irtsstrSmung" der einen Seite der Rtiekw~irtsstrSmung der anderen Seite gleiehwet~ig set. Die Vorw~irtsstrSmung hat einen viel grSsseren dynamischen Wert. Ganz falsch ist es~ wenn Kubo sagt, class die yon den Ampullen weggehende StrSmung die Nervenenden energiseher erregt, falseh wenigstens f~ir den meist in Betraeht kommenden horizontalen Kanal. Wiiren Kubos Ansiehten richtig~ so wSre die Erscheinung an den operierten Kaninehen nieht zu erkl~ren.

Fiir den N a e h n y s t a g m u s trifft beztiglieh der LymphstrSmung das- selbe zu. Drehe ich n~imlich ein normales Kaninchen 10real naeh reehts und halte an, so bekommt ks Naehnystagmus nach links, d. h. wenn wir nur die vom Labyrinth direkt ausgelSste langsame Phase des Nystagmus betraehten~ so bekommt das Tier eine langsame Gegenbewegung nach rechts. Nach H a l t behlilt die Lymphe niimlieh noeh die Bewegung nach reehfs bei~ infolge ihres Beharrungsvermiigens~ d. h. im tinken horizontalen Bogengang geht die Sfl-Smung ampullarw~h~s~ im reehten kanalw~irts. Diese Bewegung der Lymphe im linken horizontalen Bogengang ampullarw~irts ftihrt am normalen Tier die ausgiebige Gegenbewegung und damit Nystag- runs herbei. Ist der linke Aenstieus aber durehsehnitten~ so kommt nur die Bewegung im rechten Bogengang kanalwarls in Frage. Diese Lymph- bewegung fiihrt~ da sie eben kanalwS, rts geriehtet ist, eine sehwgehere Be- wegung der Augen herbei. Deshalb sahen wir stets am links operierten Kaninehen naeh 10maligem Reehtsdrehen naeh Ha l t nur eine sehwaehe Gegenbewegnng auftreten.

Die B e w e g u n g kana lwgr t s ve rmag eben~ wie meine Experimente zeigen~ aueh lange Zeit naeh der Operation, niemals die ausgefallene Be-

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88 M. Barrels

wegung ampul larwli r ts vSllig zu erse tzen. Ich habe bet den nervSsen Bahnen schon darauf hingewiesen, dass allerdings mit der Zeit eine etwas stiirkere Wirknng eintritl) ein vSlliger Ersatz finder, seheint es, hie start,

Diese sehSne Lymphbewegungstheol~e ist ftir den horizontalen Kanal noeh am ehesten brauehbar, fiir die vertikalen Kan~ile fehlen noeh genauere Untersuchungen.

Nun ist es aber meines Eraehteils noch absolut nicht bewiesen~ dass beim Drehen die Bogeng~inge allMn diese Augenbewegungen, spezidl den Nystagmus regulieren. Was wir experimentell sicher yore Vestibular- apparat wissen, sind die Beobachtungen Ewalds an der Taube~ dass be- sfimmte Lymphbewegungen gleiehgerichtete Augenbewegungen l~erbeifflhren, ferner~ dass bet Fiscben Bewegungen der Otolithen entgegengesetzt gerichtete Augenbewegungen hervorrufen {Kubo). Doeh wird yon Ruyseh~ wie erw~hnt, bestfitten~ class bet normalen Kopfbewegungen sotehe GleRangen in Betracht kommen.

Mit welchem Recht sprieht man beim Nystagmus immer nnr yon einer Funkfion der Bogeng~inge? 8ehen wir doeh~ dass Nystagmt~s fehl t bei ausgeb i lde tem B o g e n g a n g e z. B. bei Raja nnd Torpedo , vor ahem aneh bei mensehlichen Frtihgeburten. Die Art des Ohrappara tes ist b e i d e r E n t s t e h n n g v o n Nys t agmus nicht entseheidend. Denn wie auf der einen Se:,te Nystagmus trotz der Boge~giinge fehlt, so ver- mSgen anderseits die Krebse mit ibren ein faeh en Oto eysten Nys tagm us zu erzeugen. Ans welehen Grtinden ksnn man die Wi rkung des Vesti- bularsS.ek ehens, also der Maentae acusficae, bet den Vertebraten bet der Ent- stehung des Nystagmus aussehliessen. Der einzige Grand ftir ihre Nieht- beaehtung liegt woh~ darin, dass diese Vestibularteile dem Experiment bet den hSheren Vertebraten bisher nicht zugiinglieh waren. Bet Fisehen will Kubo ja aIterdings bemerkt haben~ dass nach einseitiger totaler Exstir- patton tier Otolithen keine Deviafio horizontalis beim Drehen nach der operlerten Seite mehr auflrat. Sewall dagegen sah bet Reizung der Vestibularsi~ekehen allein Nys tagmus .anftreten; Enffernnng der Otolithen erzeugte heNgen Nystagmus bet Fisehen. Naeh ZerstSrung der Bogeng~nge bleibt wiederum naeh Kubo die Deviafio laorizontalis erhalten. S . Kap. I~ S. 12.) Wie steht es bet V~geln und S~ugern?

leines Eraehtens wirken die Yestibulars~iekehen bet den Augen- beweg~ngen, die beim Drehen mfftreten, auel~ mit. B rene r hat bekanntlieh die Fnnktion tier Bogeng~fnge yon der tier Otolithen zuerst getrennt. Die ersten sol,ten wahrend tier Drehbewegnng~ die letzten w~hrend der gerad- linigen Bewegungen nnd in Ituhe wirken. Ieh komme darauf zurtiek. Wir haben abet bei den Tierexperimenten gesehen, dass dieselben Be- wegnngen~ die die Bogen@nge bewirken~ aneh yon den Otolithen ausgelSst werden k~nnen. (Lee an Fisehen.) Die Beobaehmngen der einfaehen Krebsotoeysten lassen es wtinsehenswert ers&einen, aueh bei den hSheren Tieren, die Vestibulars~ekehen far die Entstehung des Nystagmus mehr zu beaehten.

M~Sglieh ist~ dass die BogengKnge bet der Drehbewegung stKrker auf die Augen wh'ken~ wie die VestibularsS~&ehen~ aber der Beweis daftir

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Uber Regulierung tier Augenstellung dureh den Ohrapparat. 89

fehlt noeh. Dem Ban naeh erscheinen Saeeulas und Utrieulus mit den Otolithen wohl eher geeignet, in Ruhe zu wirken.

W i r k u n g in Ruhe. Wir miissen ja, wie schon frfiher ausgeftihrt wurde, annehmen, dass

der O h r a p p a r a t aneh in Ruhe s t~ndig einen sogar sehr starken Ein- fluss auf die A u g e n s t e l l u n g austibt.

Daftir sprechen schon die Versuche, die Be the an Krebsen anstellte; die Tiere halten n~mlich die Augendeviationen, die sich bei gedreht ge- haltenem KSrper einsteIlen; dauernd standenlang ein. Dasselbe sieht man am Fisch, wenn auch die Augen mit der Zeit etwas zuriickgehen (Kubo), sowie an vielen S~iugern mit seiflich stehenden Augen, besondel~ an Kaninchen. Diesel" Einfluss des Labylinths auf die Augenmuskulatur muss antagonistisch wirken. Die Muskeln mfissen yon j edem L a b y r i n t h aus nach tier e n t g e g e n g e s e t z t e n R ich tung bin in Spannung geha t t en werden, ein L a b y r i n t h t o n u s auf die Augenmuskulatar muss vorhanden sein.

Sonst ware es gar nicht zu erkl~ren, dass z .B. bei rechtssdfiger Aeusticusdurchschneidung das rechte Auge naeh unten geht und bei links- seitiger Durehsehneidung dasselbe Auge naeh oben, and dass je naeh der Durehschneidung die Bulbi eine spontane entgegengesetzte horizontale Be- wegung maehen. Bei den Durehschneidungen machte ieh mehrfaeh die Beobachtung~ dass der Bulbus anf der Sei te des e r h a l t e n e n N e r v e n s t a r k e r deviierte. Also be ider Deviation ist aach die W i r k u n g jedes Labyrinths anf das benachbarte Auge starker. Es muss also alas r ech te Auge veto r ech ten Labyrinth st~indig naeh oben and veto l inken L a b y r i n t h st~ndig naeh un ten gezogen werden bei normaler Kopflage~ and be ide Bulbi werden stgndig vom reeh ten Labyrinth naeh links~ veto l inken Labyrinth naeh rechts gezogen. Deshalb tritt z. B. naeh rechtsseitiger Durchschneidung Nystagmus nach links auf~ d. h. die lung- same direkt veto linken Labyrinth ausgel6ste Bewegung geht nach reehts~).

Einseifige Aussehaltung des Tonus bewirkt die Deviation. Gersde bei den Augendeviafionen kann unmSglieb die ErklSzung Machs zutreffen, dass die siehtbaren motorischen Erseheinungen naeh L~sion eines Labyrinths auf Schwindelempfindungen beruhten.

Die Deviation der Augen tritt aueh bei Durehschneidung in Narkose ein~ wie sollen da Sehwindelempfindungen in Betraeht kommen.

Die Augendeviation, die msn naeh Durehsehneidung eines Aeusfieus bekommt, entspricht ja allerdings derselben, die man erhalt, wenn man das Tier naeh der nieht operierten Seite dreht. Aber die Deviation naeh

1} Diese Verh~iltnisse haben sich die franzSsischen Otiater, die. so gern yon einer r e f I e k t o r i s c h e n rechtsseitigen Abducenst~hmung bei rechtsseitiger Labyrintherkrankung sprechen, nicht recht klar gemacht. Veto reehten Laby- rinth aus wird r e f l e k t o r i s c h das reehte Auge haupts~ehlich nach innen ge- dreht. F~illt also diese reflektorische Innervation weg, so kSnnte man hSchstens eine Internusl~hmung erwarten nnd keine Abducensliihmung. Die beobaehtete Abducensl~hmung ist eben rein neuritisch, nieht reflektorisch, wie ich oben schon behauptete.

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90 M. Barrels

Durehsclmeidung wird die ersten Tage in jeder Lage beibehalten. Diese Tatsaehe wie der oben erw~hnte Eintritt tier Deviation trotz Narkose sprechen entschieden dagegen, dass eine Sehwindelempfindung, etwa die, nach der operierten Seite gedreht zu werden, eine Rolle spielt. Der Wegfal l eines Mnskel tonus e rk l a r t das Phi inomen der Devia t ion am besten.

Aus den Erscheinungen nact~ Durehsehneidung kSnnen wir aueh schliessen, weleher Nerv bzw. welches Labyrinth bei den Drehungen haupt- saehlieh wirkt. Wir sehen~ class bei Reehtsdurehsehneidung eine Deviation auftritt w~e bei einer Linksdrehung und umgekehrt. ]st reehts durchsehnitten~ so bleibt die Wirkung des linken Labyrinths iibrig, also tritt bei Links- drehung haupts~chlieh das llnke Labyrinth in Aktion.

Ein sehr strittiger Punkt ist nun der~ welche Tei le des L a b y r i n t h s iiben diesen st~indigen Tonus aus.

Wie erwiihnt~ hat Breuer haupts~ehlieh die Otot i then hierfiir heran- gezogen. Dass die Otolithen in Ruhe wirken, sebeint sehr anspreehend, denn man kann sieh nattirlich teicht vorstellen~ dass die HSrsteine in jeder Lage einen bestimmten Druek ant die Haare der unter ihnen befindlichen Maeula acustica austiben und dadurch einen je nach der Lage versehiedenen~ dutch die Gravitation bedingten Nervenreiz. Die hiibsehen Experimente Kubos kSnnten diese hnsieht nur best~rken. Aber Ruyseh hat in neuerer ieit diese Breuersehe Theorie stark angegriffen. Wir kSnnen darauf hier nieht n~her eingehen° Meines Eraehtens ist beaehtenswert, dass Tiere mit stlindigem Tonus der AugenmusknIatur, wie die yon Bethe untersuch- ten Krebs% gar keine Otolithen besitzen. Bethe hat aueh iiberzeugend nachgewiesen~ dass der Wasserdruck in den Otoeysten nieht die Ursache des Tonus sein kSnnte. Gegen die physikalisehe Drucktheorie sprieht audl die Beobaehtung Hensens , dass bei den Cyelostomen die 0tolithen einem Flimmerepithel aufliegen, das st~ndig in Bewegung sei. Ewald nimmt eine derartige F l immerbewegung in den Bogeng~ngen bei den Wirbetfieren ais Ursaehe des dauernden Tonus an. Doeh fehlt meines Erachtens hiel~fiir noch der Bowels. I3reuer behauptet, dass solche Flimmer- bewegung der Wimpern der Cristae aeustieae unmiiglich se[: da die Har- ehen der Epithelien an dieser Stelle in einer gelatiniisen Masse l~gen~ die ein Flimmern nicht gestattc (in der sog. Cupula terminalis). Diese Frage ist also noch zu tSsen.

Wir kSnnen zurzeit weder die Ursaehe des standigen Labyrinthtonus angeben~ noch die Bogengangsftmktion yon der Otolithenfunktion scharf trennen.

Die Experimente an Fisehen~ die speziell an den Otolithen angestellt sind, kSnnen wit nieht so ohne weiteres ant die Siiugefiere~ speziell nicht auf den Mensehen, iibertragen. Denn die Otolithen spielen beim Fiseh gewiss eine verbliltnismfissig grbssere Rolle als bei diesem.

Dass die Art des Ohrapparates nieht die Art der kompensatorisehen Augenbewegungen bedingt, zeigt sieh aueh in der Tatsach% dass die S~iuger~ z. B. Kaninchen~ ebensogut diese Bewegungen aufweisen~ wie die Fische rnit dem relativ grossen und komplizierten Labyrinth; auch dass die

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Uber ReguHerung der Augenstellung durch den Ohrapparat. 91

Fische und VSgel drei Otolithen, die SS~uger nur zwei haben, splelt~ scheint es~ fiir die Augenbewegungen keine RoIle.

Schluss fo tgerungen .

Die Bewegung der Endolymphe in den Bogeng~ngen ruft eine Augenbewegung in derse lben l~iehtnng hervor.

Im hor izonta len Bogengang bewirkt die Bewegung, die am- pul ta rw~r ts gerichtet ist, die s tgrks te Augenbewegung: im fron- ta len ~Bogengang die, die kanalwi~rts geriehtet ist (Ewald).

Die Ausfallsers&einungen beim Drehen taach Durehsclmeidung lassen sieh mit der Lymphbewegnngs theo r i e gut erklgren.

Die Ri ieks t rSmung der Lymphe vermag auch lange Zeit naeh der Durchschneidung die Vorw~r t sbewegung hie ganz zu ersetzen.

Die Entstehung des Nys tagmus ist n ich t an das Vorhanden- sein yon Bogenggngen unbedingt verkniipft. Er fehlt bei vollendet~n Bogeng~ngen_ (ehfige Fischarten, Frtihgeburten); er ist vorhanden bei einfachen Otoeysten (Krebse).

Die O h r a p p a r a t e bewirken stgndig ehlen starken Tonus der A u g e n m u s k u l a t u r (Labyr inthtonus) und zwar sind die Span- nungs r i eh tungen , die yon beiden Labyrinthen ausgeiibt werden, entgegengesetz t .

Jedes Labyrinth zieht dutch den auf die Augenmuskulatur aus- geiibten Tonus beide Bulbi nach der Gegensei te , ansserdem wird der Butbus derse lben Seite nach oben, der der Gegensei te nach unten gezogen, die Wirkung auf den benachbar t en Bnlbus ist am st~rksten.

Welche Teile des Labyrinthes den Tonus austiben, wissen wit noeh nieht.

V. Zweek der A u g e n b e w e g u n g .

Nm" ein paar kurze Bemerknngen will ich zu dem Thema machen. Der Zweck der kompe~satorischen Augenbewegungen ist natiir-

lich der, eine Ver sch i ebung der Ne tzhau tb i lde r zu erzielen, deshalb machen die Jdulbi je nach der Art der Kopfbewegung rollende, vertikale, diagonale usw. ~Bewegungen. Deshatb folgt bei einer Kopf- drehung in horizontale Ebene der Bulbus der Kopfbewegung anfangs nichG sondern behglt die urspriingliche Lage, d. h. bewegt sich relativ entgegengesetzt; ist die Gegenbewegung aus mechanischen oder andern Hindernissen nicht welter mSglich, so zuckt der BLflbus in der Dreh- richtung zuriick und kann dann wieder fixieren. Die Nystagmusphase

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92 N. Barrels

wird bei ihrer Schnelligkeit yore hldi~-idmlm gar nicht empfundem Erst wenn bei sehr sclmeller Drehung die Bulbi dauernd deviier~ bleiben, scheinen sieh alle Gegensti~nde mit uns zu drehen. S&alten wir die kompensatorischen BewegmNen dadureh aus, dass wit den Bulbus mi.t dem Finger fi~eren, und bewegen dann den Kopf hin uad her, so bemerken wir ebenfalls eine Versehiebtmg &s Gesichtsfeldes.

Anderseits wird eine nnbewusste Bulbusbewegung, die durch den Ohrapparat hervorgerufen ist ohne gleiehzeitige Kopfbewegung, auf die Objekte iibertragen. Durehfahren wir eine Eisenbahnkurve, so seheinen uns die I-!~user s&ief gestellt; infolge der Drehnng ist unser Ohrapparat gereizt, die Folge d~von ist eine Drehnng der Bulbi; da. sie ohne gleichzeitige Xopfbewegung erfolgt, iibertragen wit die uabewusste Bulbusbewegung anf die Obiekte.

Also die yore Ohr ausgelgste~.~ Augenbewegungen'dienen der Fest- haltnng der Netzhautbilder. Abet in dem Tierrei&e hat dieser Reflex angenseheinlieh einen sehr verschiedenen Wert. Alle diese kom- pensa. torisehen AugenbewegungeIx erfolgen am ausgiebigsten ill den Ebenen , in denen die Tiere am meisten den Kopf gege~l den R u m p f bewegen; so haben die Kaninehen sehr ansgedehnte Rad- ch'ehungen der Augen naeh unten, da sie bei der Nahrungsauf- nahme usw. ihren Kopf haupts~ehlieh in der sagittalen Ebene naeh vorn bewegen. Auf diese Weise kSnnte man bei einem Tier aus den kompensatorisehen Augenbewegungen gewisse Sehliisse a.uf die Kopf- bewegm~gen ziehen~ die das Tier a.m meisten ausiibt, trod damit in- direkt s~nf die Lebensweise. Der hor izon ta le N y s t a g m u s pr~,va- l i e r t in dem Tierreiche aueh wohl deswegen, well die meisten Tiere sieh meist in einer ho r i zon ta l en E b e n e bewegen.

Jedes Tier mit bewegliehen Augen hat, seheint es, einel~ Ohr- appa.ra~ der die Augenbewegungen reguliert.

Bei Raja und Torpedo hat Kub% wie ieh mehriheh erwNmte~ keinen Nystagmus gefunden. Der Antor gibt keinen Grund dafiir an~ weshalb er bei diesem Fische fehlt. Betraehtet man aber ein Sketett gerade dieser Fiseh% so sieht man~ dass bei diesen Tieren der Kopf unbewegIieh lest mit dem Rumpf verbunden ist.

Bei den niedersten Tieren tritt die Regulation der Augenbewegungen dutch den Ohrapparat sehon ebenso auf; wie bei den hSehsten inkl. Mensch. Aber bei den hSheren S~iugern ist er nieht der einzige~ ja aueh nieht der wiehtigste Regulator. Sie haben andere Mittel~ die Augenstellung zu regulieren: n~tmlieh dis bewusste Fixation.

Ein Kaninehen hNt stumpfsinnig seine Augen in derselben Bliek- riehtung je naeh tier Kopfhaltung~ ob man ihm ein Kohlblatt vorhiilt oder

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I)ber Regulierung der Augenstellung durch den Ohrapparat 93

nieht. Der HuM dagegen bliekt, ob der Kopf gerade oder gedreht gehalten wird, stets naeh der Nahrung. Deshalb ist sehon balm HuM die Be- obaehtung der veto Ohrapparat ausgelSsten Augenbewegungen erschwert. Die willk~lrliehe Bliekbewegung iiberdeckt seine Wirkung, ja hebt sie auf. Noch mehr ist dies der Fall beim erwaehsenen Mensehen~ besonders wenn er binokular sieht; bier tritt die bewusste Fixation und damit die Fusions- tendenz in ihrer Wirkung auf die Augenstellung ganz in den Vordergrund. Nur der Nystagmus beim Drehen zeigt sieh noeh deutlich~ aber wir mt~ssen aueh bier sehon zu Hilfsmitteln, wie der erwghnten Brille greifen, um die Fixation ausznsehalten.

Aus den f r~eren Beispielen ist aber ersichttich, dass die Augen- regulation veto Ohra,pparat beim 2~fenschen noch sti~ndig benutzt wird~ jede kleinste Kopfbewegmlg (diese sogar am besten) wird durc, h kom- loensatorische Augenbewegungen ausgeglichen; im waehen Zustande arbeitet also dieser Apparat ohlm unser Wissell fast ununterbrochen. Doch der Menseh kann ohne ihn a.uskommen, dank seiner andern Hil~smittel. Das beweisen die Taubstummen ohne Labyrinth. Aueh sehen wit ja beim ~Ienschen nach akuter LabyrinthzerstSrung nieht die starke Anomalie der Augenstellung, d. h. nicht die Deviatio verticalis. Es fragt sieh abet, ob nieht dauernde StSrungen in der Augenstellung zuriickbleiben, we~m der Mensch in einem sehr friihen Stadium seines Lebens vol~ einer Sehgcligung des Ohrapparates be- troffen wird. Ich kornme a, uf diese fiir die Genese des Sehielens wiehtige ~'age in einer andern Arbeit zuriiek.

Denn such beim }fensehen existiert noch ein Zeitabsehnitt, we der Ohrapp~rat der einzige Regulator fiir die Augenbewegung ist, wie die Untersuehungen an S~uglingen sehon zeigen. J% dieser Ap- parat reguliert sehon exakt bei jeder Xopfbewegung die Augen zu einer Zeit, we diese Funktion gar keinen Sinn hat, d. h. we der Menseh normMerweise noch im Mutterleibe steekt. An einem Em- bryo Ende des 5. ~fonats konnte i& sehon die kompensierenden Augenbewegungen beobaehten, viel besser wie an Erwachsenen, ja. so gut wie man es sonst nur bei niederen Wirbeltieren sieht. Was sell der Embryo zu dieser Zeit die 5fonate seines intrauterinen Daseins mit der Augenregula.tion? Es ist dies zu erklgren, weil diese Regu- lation ein phylogenetiseh uralte~ Reflex ist, der einst in einem ge- wissen stammesgesehiehtlichen Stadium, yon dem auch die A~atomie des Embryo noeh Spuren zeigt, yon grosser Bedeutmag war. Das muss ein Stadium gewesen sein, in dem die Augenstellung lediglich dutch den Ohrapparat reguliert war, wie wir es heute an n iedtigen S~tugern sehem

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9,i M. Bartels

So lehrt uns ~mch die vergleichend physiologische Beu 'achmng

der t~egulierung der Augenbewegungen ein St~ick mensehlieher E n t -

wicktungsgesehichte.

L i t e r , ~ t u r v e r z e i c h n i s .

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E r k l ~ r u n g d e r A b b i l d u n g e n a u f T a r . I~ F i g . 1 - - 4 .

Fig. 1. Kaninchen B (siehe Protokoll). 3 Monate nach Iinksseitiger Acustieusdurchschneidung. Durch einfaches Hochheben ist ein Anfall yon Links- drehen des Kopfes ausgetSst. Man sieht sehr gut, dass gteiehzeitig eine starke Deviation des rechten t~ulbus nach oben stattgefunden hat, statt nach unten, wie es normaterweise der Fall sein m~sste bei dieser Kopfstellung.

Fig. 2. Kaninehen A (siehe Protokoll). R. Acustieus durchsehnitten. Das Tier zeigt die Kopfhaltung, die es 3 Woehen nach Durchschneidung gewShnlich einzunehmen pflegte, Kopf und Bulbi nach rechts gedreht. (Die Photographie ist leider nicht gut gelungen.)

Fig. 3a. Kaninchen B. 5 Monate nach linksseitiger Durchschneidung. Der Kopf wird in guhe etwas nach links gehalten. Dabei sind die Augen richtig zur Lidspalte orientiert. (Das Weisse~ das man im inneren Lidwinkel sieht, ist die Nickhaut.)

Fig. 3b. Dasselbe Kaninchen wie 3a, aber der Kopf ist gewaltsam gerade fixiert, dabei ist der Bulbus nach oben und vorn deviiert.

Fig. ~ zeigt ein Kaninchen mit rechts- (Kaninchen A seheckig) und ein mit links- (Kaninchen B braun) durchschnittenem Acusticus. Kaninchen A 8 und B 5 Monate nach der Durchschneidung. Die Augen sind in dieser Kopflage, die st~tndig eingehalten wird, richtig zur Lidspalte orientiert.

v. Graefe's Arehiv fur Ophthalmologie. LXXVL 1. 7

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