und unser gold?

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  • 7/30/2019 Und unser Gold?

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    14 2009

    Um die Goldreserven der schweizerischenNationalbank ranken sich Mythen. Dabeiwre Pragmatismus angesagt. Anregungen zurVersachlichung der Diskussion in einer

    spannungsgeladenen Zeit.

    Und unser Gold?

    Radu Golban

    Es gehrt zum Eigentmlichen einer Krise, dass Gold als ul-timativer Garant berschtzt wird. Jedenfalls sind Debattenber den Verbleib des schweizerischen Goldes hierzulandeoft eher dem Mythos als dem Pragmatismus verpichtet.

    Klar ist: damit Geld sei es nun von papierener oder me-tallischer Beschaenheit seine Tauschfunktion angesichtsder internationalen Verechtungen erfllen kann, bedarf eseinigermassen stabiler Wechselkurse. Diese Stabilitt ist imFalle des Goldstandards gewhrleistet. Im Rckblick fllt

    es deshalb leicht, das goldene Zeitalter zu verklren. Dierestriktive Geldmengenpolitik infolge der Golddeckung warjedoch auch problematisch, da fr das Wirtschaftswachs-tum notwendige Kredite erst durch Goldeinlagen der Ban-ken erfolgen konnten.

    Seit dem Zusammenbruch des auf Golddeckung beru-henden Bretton-Woods-Systems im Jahre 1971 erfolgt diebloss auf quantitatives Wirtschaftswachstum ausgerichtetePolitik einer anderen, nicht minder riskanten Methode: derrein kreditbasierten Geldschpfung, die die Gefahr des in-ationren Gelddrucks in sich birgt. Wenn der Staat die

    Kaufkraft vor allem ber Kredite mit Papiergeld ankurbelt,kann dies wegen der dadurch entstehenden Ination auf dieDauer zu Lasten von Soliditt und Stabilitt gehen.

    Das Ende der Finanz- und Wirtschaftskrise ist nochnicht in Sicht, und schon werden Stimmen aus China undRussland laut, die fr den Fall eines abrupten Wertezerfallsdes Dollars Alternativen zur amerikanischen Whrung for-dern. In der Tat wurde der Weltmarkt in den letzten zehn

    Jahren mit US-Dollars geradezu geutet; der Schuldenex-port ber US-Staatsanleihen ist keineswegs gebannt, unddie amerikanischen Konjunkturprogramme stehen frherenBlasenbildungen in nichts nach. Das Risiko einer Hyperin-ation ist also durchaus real, Forderungen nach einer neu-en Leitwhrung einem Whrungskorb oder einer neuen

    Weltwhrung sind verstndlich. Fhrt das Zeitalter dergigantischen Konjunkturprogramme zu einer Rckkehrdes Goldstandards, wie der konom Philipp Plickert in

    der Frankfurter Allgemeinen Zeitung jngst schrieb?Wie steht die Schweiz da? Keine andere Volkswirtschaft

    in Europa ist so stark globalisiert wie die der Schweiz, wes-halb sie sich den neuen Diskussionen ber ein stabiles

    Wechselkursregime und das Funktionieren der Finanzmrk-te kaum entziehen kann. Wenn die Stabilitt der morgigen

    Welt womglich wieder vom Gold abhngt, darf jedoch dieentliche Debatte nicht jener Sensationslust huldigen, dieden Parlamentsanfragen von Nationalrten zum Aufbewah-rungsort des Nationalbankgoldes zumeist anhaften. Not tutvielmehr eine pragmatische Analyse des Goldes, zu der auch

    eine situationsbedingte Risikoanalyse gehrt.Es ist zweifellos so, dass die Befrworter einer kon-servativen Goldunterlegung die Vorteile eher in einer in-lndischen Lagerung erblicken und eine Abkehr von derGoldverkaufspolitik der Nationalbank fordern, whrenddie emanzipierten Anhnger des ungedeckten Papiergel-des die Deckung des Geldes durch die Produktivitt derrealen Volkswirtschaft hochhalten. Ein konstruktives Ge-sprchsklima zu den konomischen Herausforderungender Zeit setzt indessen das Zusammenwirken aller Betei-ligten voraus.

    Whrungskrise

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    Das Problem dabei ist, dass sich diese Oenheit auf-grund des herrschenden Systems kaum herstellen lsst.Denn Geheimhaltung und Diskretion gehren zum Ge-schft der Geldhter der Schweizerischen Nationalbank(SNB), die mithin keine Angaben zur Lagerung des Na-tionalbankgoldes machen. Auch der Bundesrat lsst an deralleinigen Zustndigkeit der Nationalbank fr die Wahldes Goldaufbewahrungsortes keine Zweifel. Doch kann einstarres Beharren auf Diskretion angesichts der Finanzkrise

    gleichsam wider Willen einer schwierigen, da unsachlichenDebatte Vorschub leisten. Dabei kommt dem Aspekt dermglichen Lagerung des Nationalbankgoldes im Auslandzweifellos besondere Bedeutung zu.

    Fest steht: 1941 wurde in amerikanischen Zeitungen derVorwurf erhoben, die Schweiz nanziere die Achsenmchte.Damals lagerte das helvetische Gold bereits in den USA; dieSNB hatte es von der Bank of England dorthin transferie-ren lassen. Sie wurde durch die erwhnten Zeitungsberichteberrascht; sie hatte nicht damit gerechnet, dass das Gold inden USA blockiert werden knnte, was dann aber tatschlich

    geschah. Die Blockierung wurde erst durch das Abkommenvon Washington im Jahre 1946, nach Zahlung von 250 Mil-lionen Franken an die Alliierten, wieder aufgehoben. Da das

    Abkommen keinerlei Angaben zum knftigen Aufbewah-rungsort enthielt, liegt die Vermutung nahe, dass es seitherzu keiner physischen Verschiebung der helvetischen Goldre-serven kam und ein Teil weiterhin in den USA lagert.

    Die Frage, wo im Ausland das helvetische Gold aufbe-wahrt wird und welches Risiko dabei besteht, ist berech-tigt. Dies um so mehr, als sich das Verhltnis zwischen derSchweiz und den USA in den letzten Monaten sichtlicheingetrbt hat. Die Gefahr einer erneuten Blockade infolge

    der unterschiedlichen Steuervorschriften mag zwar geringsein, doch steht die amerikanische Presse den schweizeri-schen Banken und Steuergesetzen gerade heute wieder sehrkritisch gegenber.

    Eine Aufbewahrung des Goldes im Ausland darf nichtzum Gradmesser fr politisch wohlwollendes Verhalten unddie Einhaltung auslndischer Normen werden. Diese Ein-schtzung teilt auch der Bundesrat, der in der Antwort aufeine Interpellation von Nationalrat Luzi Stamm im Novem-ber 2007 festhielt, dass fr die Aufbewahrung im Auslandgrundstzlich nur Lnder mit hoher politischer und wirt-

    schaftlicher Stabilitt in Frage kommen (07.3709 Inter-pellation, Antwort des Bundesrates vom 14.11.2007). Zurpolitischen Stabilitt zhlt auch die Rechtsstaatlichkeit. Die

    amerikanische Gesetzgebung ber Immunitt in Gerichts-und Vollstreckungsverfahren (Foreign Sovereign Immuni-ties Act) von 1976 gewhrt Zentralbankguthaben fremderStaaten bei Klagen von Privaten in Verfahren vor ameri-kanischen Gerichten und Vollstreckungsbehrden jedochnicht vorbehaltlos Schutz (1611 Abs. b Lit. 1). Kommthinzu, dass die USA in jngerer Vergangenheit das Vlker-recht verletzt haben (Irakinvasion ohne UN-Mandat), wasihre Bereitschaft relativiert, internationale Vertrge einzu-halten. Im ussersten Notfall bliebe die Schweiz also dochauf das politische Wohlwollen der USA angewiesen.

    Auch in Deutschland wurde die Frage nach dem Ver-bleib und der Lagerung der bundesdeutschen Goldreservenaus den 1950er und 1960er Jahren immer wieder aufgewor-fen, wobei ebenfalls ein Grossteil in den USA lagern soll.Einzig Frankreich hatte aufgrund des anhaltenden Zah-lungsbilanzdezits der USA im Jahre 1968 unter Fhrung

    de Gaulles die Rckfhrung der Goldreserven veranlasst.Es bleibt die Frage, warum die Schweiz einen Teil ih-

    rer Goldreserven in den USA belassen haben knnte. Sei-ne Reservefunktion entfaltet das Gold jedenfalls im Prin-zip besser beim Besitzer, der physisch darber verfgt, alsbeim Eigentmer, der bloss einen Rechtsanspruch daraufhat. Die Geschichte lehrt, dass einschneidende politischeUmwlzungen das Papiergeldgeschft kontaminieren undden Zugri des rechtmssigen Eigentmers auf das Golderschweren knnen.

    Die SNB gibt die exakten Lagerstandorte des Goldver-

    mgens aus Sicherheitsberlegungen nicht bekannt. Dafrgibt es zweifellos gute Grnde; zudem mgen militrstrate-gische Erwgungen dafr sprechen, das Gold im Ausland zu

    lagern. Anderseits schrt die Geheimniskrmerei in Zeitender Krise die ngste, die wiederum die Mythenbildungennhren. Fest steht, dass niemand weiss, wie sich die Welt-und Finanzmarktordnung in zehn Jahren prsentiert wirdes eine neue Weltwhrung geben, wird Gold wieder einegrssere Rolle spielen? Die Schweiz braucht jedenfalls einesolide, krisentaugliche Goldpolitik. Derzeit bleibt uns Aus-senstehenden bloss die Honung, dass sie eine solche schongefunden hat.

    RA DU GOL BA N, geboren 1973, ist promovierter konom undUnternehmer.

    Whrungskrise

    Eine Aufbewahrung desGoldes im Ausland darf nichtzum Gradmesser fr politischwohlwollendes Verhalten unddie Einhaltung auslndischerNormen werden.

    Stimmen werden laut, diefr den Fall eines abrupten

    Wertzerfalls des Dollars Alter-nativen zur amerikanischen

    Whrung fordern.