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presented by 01 19 ISSN 2625-1116 S. 10 MENSCH GEGEN MASCHINE? Von Stärken und Schwächen: Die Chancen und vermeintlichen Risiken durch künstliche Intelligenz S. 22 ZENTRUM DARM Was hat unser Mikrobiom mit verschiedenen Krankheitsbildern zu tun? Die Forschung sucht nach Antworten S. 6 Unserer inneren Abwehr auf der Spur The Eppendorf – LifeScienceStyle Magazine

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0119

ISS

N 2

625-

1116

S. 10

MENSCH GEGENMASCHINE?

Von Stärken und Schwächen: Die Chancen und vermeintlichen Risiken

durch künstliche Intelligenz

S. 22

ZENTRUM DARMWas hat unser Mikrobiom mit

verschiedenen Krankheitsbildern zu tun? Die Forschung sucht

nach Antworten

S. 6 Unserer inneren Abwehr auf der Spur

The Eppendorf – LifeScienceStyle Magazine

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Liebe Leserin,

lieber Leser

herausragende wissenschaftliche Ar-beit ist immer auch Ausdruck eines funktionierenden Teams. Nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, sind bahnbrechende Erkenntnisse möglich, die uns dabei helfen, die Zukunft zu gestalten. Immunologin Andrea Ablas-ser, Gewinnerin des Eppendorf Award for Young European Investigators 2018, würdigte genau dies: „Ich fühle mich sehr geehrt, diesen renommierten Ep-pendorf Award entgegenzunehmen. Er erkennt die Beiträge mehrerer begabter Kollegen und Studierender an, die alle an dieser langen, aber aufregenden Forschungsleistung teilgenommen ha-ben“, sagte sie bei der Preisverleihung im vergangenen Juni in Heidelberg.

Der von Eppendorf und dem Wissen-schaftsjournal „Nature“ ausgelobte Preis würdigt seit 1995 herausragende Arbei-ten promovierter junger Wissenschaft-lerinnen und Wissenschaftler in der biomedizinischen Forschung – letzt-jährig nun das Engagement der 35-jäh-rigen deutschen Immunologin Ablas-ser, die in Lausanne zum Immunsystem forscht. Wir freuen uns, sie Ihnen in unserem Karriere porträt vorzustellen.

Einen weiteren Award-Träger lernen Sie auf unseren News-Seiten kennen: Johannes Kohl gewann 2018 den 17. Internationalen Eppendorf & Science Prize for Neurobiology, den wir ge-meinsam mit dem Wissenschaftsma-gazin „Science“ vergeben. Es ist kein Zufall, dass sich Eppendorf gleich mit zwei Awards engagiert. Uns ist es seit

IMPRESSUM

Herausgeber: Eppendorf AG, Barkhausenweg 1, 22339 Hamburg, Deutschland, E-Mail: [email protected]

Redaktionsteam: Florian Defren, Andreas Hochberger, Susanne Janenz, Ann-Katrin Kardinahl, Dr. Kay Körner, Svenja Sterneberg, Frank Thormählen

Korrektorat: Redaktionsteam

Verleger: TEMPUS CORPORATE GmbH Helmut-Schmidt-Haus, Buceriusstraße, Eingang Speersort 1, 20095 Hamburg, Deutschland

Geschäftsführung: Jan Hawerkamp

Projektleitung: Jasmin Kistner

Chefredakteurin: Natasa Ivakovic

Autoren: Ursula Barth-Modreker, Laura Färber, Andrea Hessler, Carola Hoffmeister, Natasa Ivakovic, Susan Junghans-Knoll, Luca Pot d’Or, Esther Sambale

Art Director: Karin Mantel

Layout: Lisa Natrup

Fotoredakteurin: Katrin Dugaro Carrena

Schlussredaktion: Frauke Franckenstein

Druck: Dräger & Wullenwever print + media Lübeck GmbH & Co. KG

Bildnachweis: Titelbild, S. 2, S. 7-9 13 Photo AG/Sébstien Agnetti; S. 2 Getty Images; S. 3 Eppendorf AG; S. 4 Getty Images; S. 5 iStock; S. 10 Getty Images; S.11 Siemens Ertz Karlsruhe; S. 12-14 Die Illustratoren/Samy Löwe, Privat; S.17 Stocksy; S. 18-19 Getty Images, iStock, Eppendorf AG; S. 20-21 Marco Rossi, Eppendorf AG; S. 22-24 Getty Images; S. 25 Freepik, greystonebooks; S. 26-27 Getty Images; S. 28-31 Chengdu Research Base of Giant Panda Breeding; S. 32-35 Getty Images; S. 36-37 Stocksy, iStock; S. 38-39 Elin Thomas, Science-Inspired-jewelry.com, Eppendorf AG; S. 40-41 Eppendorf AG; S. 42-43 Eppendorf AG, Kohl-lab.org; S. 44-45 Eppendorf AG; S. 46-47 iStock; S. 48-51 Eppendorf AG

Markenhinweise:

Alle Warenzeichen und Marken finden Sie auf unserer Website: web.eppendorf.com/off-the-bench/assets/trademarks.pdf

Eppendorf®, the Eppendorf Brand Design, CryoCube®, CellXpert®, CCCadvanced®, epPoints®, epT.I.P.S.®, Eppendorf PhysioCare Concept® and VisioNize® are registered trademarks of Eppendorf AG. New Brunswick is trademark of Eppendorf AG, Germany.

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jeher ein Anliegen, einen engen Kon-takt zur jungen Forschungsgemeinde zu halten und Spitzenforschung in ihren Anfängen zu fördern. Der junge deut-sche Wissenschaftler Kohl überzeugte mit seiner Arbeit an der Harvard Uni-versity zu neuronalen Mechanismen, die der elterlichen Fürsorge zugrunde liegen. In diesem Jahr noch wird Johan-nes Kohl seine eigene Gruppe am Fran-cis Crick Institute in London gründen.

Es passiert viel in der Welt der Wis-senschaft. Mit dieser Ausgabe von Off the Bench lassen wir Sie teilhaben an neuen Entwicklungen, überraschenden Fakten und zukunftsweisenden Ideen. Meine besondere Empfehlung: das In-terview mit Dr. Ulrich Eberl zum Thema künstliche Intelligenz. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen

Eva van PeltVorstand Vertrieb,Marketing und Service

PS: Sie möchten „Off the Bench“ digital erleben? Besuchen Sie unsere Website!

ISSN 2625-1116

Inhalt Editorial22

Die Virenabwehr entschlüsselnImmer noch sind viele Mechanismen des Immunsystems unverstanden. Immunologin Andrea Ablasser möchte Licht ins Dunkel bringen

Mikroben verstehen,Therapien entwickelnDie kontinuierliche Erforschung der Darmflora kann heilen helfen

Exploring Life

Kochen mit Kräutern Sterneköchin Johanna Maier über die Philosophie gesunden Essens S. 18

Wohl bekommt’sLebensmittelunverträglichkeiten mithilfe der Forschung begegnenS. 26

Sanfte RiesenIm chinesischen Chengdu hat man sich ganz den Pandas verschriebenS. 28

Stadt der KontrasteTokio ist schrill – doch in der Metropole kann’s auch still zugehenS. 32

In die Welt hinausMikroorganismen für die Forschung: In Braunschweig bekommt man sie S. 36News

Neues und Überraschendes aus der Welt der Wissenschaft und Medizin S. 4

Inspiring Science

Mensch vs. Maschine?Künstliche IntelIigenz: Wo sie uns übertrifft – und wo sie uns doch nie das Wasser reichen wird S. 10

Die richtige Quelle In Medien unseriöser Verlage zu publizieren schadet der Wissenschaft S. 12

Beauty-ForscherWie Kosmetikkonzerne maßgeschnei-derte Produkte entwickelnS. 16

Lab LifestyleKreatives aus der WissenschaftS. 38

Help!

Laborarbeit unterstützen Smartes Labor dank VisioNize®; „grüne“ Kühlflüssigkeiten in Eppendorf Gefriergeräten S. 40

Eppendorf News

Gut zu wissenEppendorf News und neuartige Lösungen für die Kultivierung von StammzellenS. 42

RevolutionärDie Mehrkanalpipetten von Eppendorf schaffen mehrS. 44

Gastbeitrag

Zweiter AnlaufWorking-Life-Artikel aus dem Magazin „Science“S. 46

Science Photos Fährten des Lebens / Leopardgecko

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!Wissenschafts-News

16.000 Gene schwangerer Frauen wurden

bei einer US-amerikanischen Studie im frühen und späten Stadium der Schwangerschaft miteinander

verglichen. Dabei zeigten sich mehr als 400 veränderte Aktivitäten. Die Ergebnisse könnten dabei

helfen, abnormale Veränderungen der Gene und somit Risiko-

schwangerschaften zu erkennen.

Seit der Wiederansiedelung von rund 30 Wölfen im Yellowstone-Nationalpark vor mehr als 20 Jahren hat sich das Ökosystems des Parks gravierender verändert als zuvor angenommen. Waren zuvor Elche die domi-nierenden Pflanzenfresser, ging deren Population nun zurück und bot anderen Tieren wie Bisons Raum zur Verbreitung.

Die Veränderungen bei der Nahrungssuche und beim Fressverhalten der Tiere hatten außerdem im-mensen Einfluss auf die Vegetation des Nationalparks: Vor allem die Weiden-, Pappel- und Espen bestände

konnten sich deutlich erholen. „Wir hätten niemals solche Effekte gesehen, wenn der Park nicht einem ökologischen Prozessmanagement-Muster gefolgt wäre, das natürlichen ökologischen Abläufen den Raum gewährt, sich mit minimaler menschlicher Ein-mischung zu entfalten“, sagte Professor Mark Boyce, Ökologe und Autor der Studie an der kanadischen Universität von Alberta, in einer Stellungnahme. Er merkt dazu an, dass sich diese Ergebnisse nicht un-bedingt auf andere Systeme anwenden lassen, da menschliche Einflüsse stets eine Rolle spielen.

Als die Wölfe kamen …

Nikotin-Folgen über Spermien übertragbar

Nikotin kann sich nicht nur während der Schwangerschaft über den Uterus oder das Passiv rauchen negativ auf den Nachwuchs auswirken, son-dern auch über das Spermium väterlicherseits, so eine Studie der Florida State University.

So zeigen die Nachkommen männ-licher Mäuse, die zuvor über einen Zeitraum von drei Monaten Nikotin ausgesetzt waren, über mehrere Generationen hinweg Auffälligkeiten wie Hyperaktivität oder Lernschwie-rigkeiten. Inwieweit diese Erkenntnis- se auf Menschen übertragen werden können, ist ungewiss, da die Nikotin-dosis, der die Mäuse ausgesetzt wurden, außerordentlich hoch war.

Weniger Wald, gleich viele Bäume 720.000 Satellitenbilder nahmen fünf Wissenschaftler ein Jahr lang unter die Lupe, um sich einen Überblick über Mitteleuropas Baumbestand zu machen. Die Studie der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität für Bodenkultur in Wien unter-suchte die stark steigende Baummortalität der vergangenen 30 Jahre. Das Ergebnis: Das Baumsterben hat sich verdoppelt. Hauptursache sind zunehmende Winterstürme und Borken-käfer, die sich infolge von Trockenheit im Sommer rasch vermehren. Obwohl die Waldfläche abnimmt, bleibt die Anzahl der Bäume jedoch konstant, da vermehrt ältere und größere

Bäume sterben. Sie hinterlassen im Satellitenbild im Kronendach des Waldes größere Lücken.

Einatmen, ausatmen – Krebs nachweisen

Krebs früh und möglichst genau zu erkennen ist die Basis einer jeden erfolgreichen Therapie. Britische Forscher arbeiten aktuell daran, eine neuartige Atem-Biopsie-Technologie zur Markt-reife zu bringen. Ihre Idee ist so weit ausgereift, dass eine groß angelegte klinische Studie möglich ist. Dafür werden 1500 verschiedene Atemproben von Patienten mit verschiedenen Krebsarten genommen und untersucht.

Diese Idee ist nicht ganz neu, doch die For-scher vom Cancer Research UK Cambridge Centre und Owlstone Medical verfolgen einen neuen Ansatz: Sie möchten Moleküle namens „Volatile Organic Compounds“ (VOCs) iden-tifizieren, die mit dem Auftreten bestimmter Tumorarten in Zusammenhang stehen und in der vom Patienten ausgeatmeten Luft nach-gewiesen werden können. Erste Ergebnisse werden 2021 erwartet.

Tiere mit Einfluss Die Ansiedlung von

Wölfen zieht immer auch Veränderungen des

Ökosystems nach sich

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News News

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Auf Streife im Immunsystem

RESEARCH CAREERS

An der École polytech-nique fédérale de Lausanne (EPFL®) sucht die deutsche Immunologin Andrea Ablasser Antworten auf die Frage, wie körpereigene Immunzellen Krankheits-erreger erkennen und, wenn nötig, eliminieren. Sie ist ihrem Ziel schon ganz nah.

Es ist überall in unserem Körper – nur sehen kann es niemand, nicht unter dem Mikro-

skop, nicht mit modernster Bildgebung. Das Immun-system ist ein raffinierter Zellkomplex, der die Macht hat, uns innerhalb von Minuten zu töten – etwa durch einen allergischen Schock. Es kann uns aber ebenso ein Leben lang gesund erhalten. Wie Polizisten auf Streife patrouillieren seine Billionen Mitstreiter durch Gewebe, Organe und Adern und verteidigen die Eintrittspforten an Haut und Schleimhaut gegen Krankheitserreger. Denn dort docken täglich Viren, Pilze und Parasiten an und ringen um Einlass.

An dieses Netzwerk aus Botenstoffen, Rezeptoren und Zellen hat Professorin Andrea Ablasser ihr wis-senschaftliches Herz verloren. Die im baden-würt-tembergischen Bad Friedrichshall geborene Immu-nologin entschlüsselt an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) die Immunerkennung zur Abwehr von Pathogenen. Seit Jahrhunderten versuchen Forschergenerationen, das komplexe System Abwehr zu verstehen. Doch trotz großer Erfolge steckt es noch immer voller Geheimnisse. Auch Andrea Ablasser will die Rätsel lösen und ist ihrem Ziel bereits ziemlich nah. Ihre Forschungs-arbeit zur angeborenen Immunität hat die interna-tionale Wissenschaftsgemeinde beflügelt und der Medizinerin zahlreiche Preise eingebracht, zuletzt den Eppendorf Award for Young European Inves-tigators 2018, der einmal jährlich an herausragende Forscher verliehen wird.

Krankheiten besser behandelbar machenUnd herausragend ist die 35 Jahre alte Medizinerin: Zwar zierlich und nur 1,61 Meter groß, ist sie mental ein Schwergewicht. Mit einer Willensstärke, die für zwei Leben reichen würde, spürt sie dem Unbekannten nach, will entdecken und aufdecken, analysieren und evaluieren und so ihren Beitrag leisten, um Krankheiten wie etwa Demenz besser behandelbar zu machen. „Ich möchte etwas schaf-fen, das nützlich sein kann“, sagt Andrea Ablasser pragmatisch. Im Mittelpunkt zu stehen, Ehrungen entgegenzunehmen ist ihr eher unangenehm. Viel

Grundlagenforschung Andrea Ablasser hat den unbedingten Willen, das menschliche Immunsys-tem noch besser zu ver-stehen und Antworten auf altersbedingte Krankhei-ten zu finden

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Inspiring Science

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Mein Ziel ist, altersbedingte Krankheiten

wie Lungenfibrose oder den Verlust von

blutbildenden Stammzellen besser zu verstehen.“

dem Adaptermolekül STING. Dabei handelt es sich um eine Signalkaskade in mensch-lichen Zellen, die erst vor rund zehn Jahren entdeckt wurde: „Wenn diese beiden Mo-leküle aktiviert werden, kommt es zu einer inflammatorischen Reaktion, die wichtig ist für die Bekämpfung von Viren und auch bestimmten Tumorarten.“

Zwei kleine Moleküle mit großem Potenzial

In manchen Fällen springt dieser Signal-weg aber fälschlicherweise an. Dies ge-schieht immer dann, wenn körpereigene DNA durch Stress, Zellalterung oder Krank-heit aus dem Zellkern entweicht und der DNA-Sensor versehentlich darauf reagiert. Mit häufig fatalen Folgen: „Dieser Irrtum kann zu einer Vielzahl von Erkrankungen wie chronischen Entzündungen, Auto-immunkrankheiten und neurogenerativen Leiden führen“, sagt Ablasser.

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis hat sich die Wissenschaftlerin auf die Suche nach einem Stoff gemacht, der die Immun-aktivierung unterdrückt. Und wurde fün-dig: „In einem Screening-Verfahren mit mehr als 60.000 Molekülen sind wir auf zwei vielversprechende kleine Moleküle gestoßen, die ganz spezifisch diesen Sig-nalweg ausschalten können.“ Das Team konnte mittlerweile bei Versuchen mit Mäusen und menschlichen Zellen nach-

lieber arbeitet sie in ihrem Labor, bestückt Zentrifugen, füllt Pipetten, isoliert Viren und lässt sie auf Zelltypen los. Das Expe-rimentieren, das Tüfteln ist ihre Passion.

„Die Grundlagenforschung ist meine Berufung, ist das, was mir Spaß macht“, schwärmt die sonst eher sachlich einge-stellte Forscherin. Dass bei so viel „Spaß“ kaum Freizeit bleibt, ist für Andrea Ablas-ser keine große Sache: „Schließlich ist Ar-beit, für die man prädestiniert ist, in der man aufgeht, keine Arbeit“, sagt sie und hat noch ein Ass im weißen Kittelärmel: Ihr Partner, der Physikprofessor Tobias Kip-penberg, teilt ihre Leidenschaft für die Freizeit raubende Forschung. Stress um das private Zeitmanagement gibt es somit schon mal nicht im Hause Ablasser/ Kippenberg. Forschung first!

Von Basispolizisten und SpezialtruppenAndrea Ablasser ist ein Mensch, der spar-sam mit Worten umgeht, lieber zuhört als redet. Es sei denn, es geht um die Wissen-schaft: Dann holt sie tief Luft und weit aus und rühmt Signalkaskaden und die Talente von „cGas“ und „STING“. Und genau diese beiden Moleküle sind Herzstücke ihrer For-schungsarbeit: „Das Immunsystem unseres Körpers hat zwei Mechanismen entwickelt, mit dem Krankheitserreger bekämpft werden können“, erklärt die junge Profes-sorin enthusiastisch, „eine unspezifische angeborene und eine spezifische erworbe-ne Immunabwehr.“ Die angeborenen Im-munzellen arbeiten wie Basispolizisten. Sie sind immer in Alarmbereitschaft, schlagen dort zu, wo Gefahr droht, und eli minieren, als Fress- oder natürliche Killerzellen, Krankheitserreger. Sind sie damit überfor-dert, alarmieren sie die im Lauf des Lebens erworbene Abwehr: die Spezialtruppe. Deren Antikörper müssen erst gebildet werden, sind dafür dann aber maßgeschnei-dert für den jeweiligen Feind.

In ihrem Forschungsprojekt beschäf-tigen sich die Wissenschaftlerin und ihr zwölf Mitglieder zählendes Team damit, wie das angeborene Immunsystem Krank-heitserreger wahrnimmt und was die Fol-gen dieser Erkennung sind: „Insbesondere wollen wir wissen, wie Viren oder Bakte rien anhand ihrer DNA in der Zelle erkannt wer-den.“ Im Fokus steht ein Signalweg, der aus zwei Molekülen besteht: aus cGas und

ablasserlab.epfl.ch

weisen, dass dieser Hemmstoff tatsächlich eine Autoimmunreaktion verhindern kann. Andrea Ablasser hofft, dass der Hemmstoff nun weiterentwickelt und eines Tages in der Klinik eingesetzt werden kann. „Etwa für die Therapie von Erkrankungen des Immunsystems, aber auch für die Therapie von Erkrankungen, die viel weiter verbrei-tet sind – wie zum Beispiel Herzinfarkt oder auch Parkinson.“ Das Potenzial dieses Hemmstoffs soll nun in verschiedenen Krankheitsmodellen getestet werden. Andrea Ablasser hat dafür kürzlich ein Start-up mitgegründet.

Zielstrebigkeit und Konsequenz ziehen sich wie ein roter Faden durch das Leben

der resoluten Forscherin: „Schon als Ju-gendliche war es mein Wunsch, Wissen-schaftlerin zu werden.“ Auf dem Gymna-sium übersprang sie eine Klasse und studierte dann, mit Zwischenstopps an so renommierten Unis wie der University of Oxford und der Harvard Medical School, an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Humanmedizin. Die Begeiste-rung für die Medizin hatte ihr Vater, der als Chefarzt am Krankenhaus in Buchloe im Ostallgäu arbeitete, seiner Tochter mit in die Wiege gelegt: „Seine Arbeit hat mich fasziniert und für später auch geprägt“, erinnert sie sich. In ihrer Doktorarbeit wid-mete sich die aufstrebende Wissenschaft-lerin der Immunologie und promovierte 2010 in Klinischer Pharmakologie. Wissenschaft lebenDanach setzte sie ihre Forschung auf dem Gebiet der angeborenen Immunität am Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie der Universität Bonn fort. Im Jahr 2014 wurde Andrea Ablasser zur Professorin an der EPFL in der Schweiz berufen und schlug damit gleich zwei Flie-gen mit einer Klappe. Die passionierte Skifahrerin war wieder dort, wo sie sich am wohlsten fühlt: in den Bergen. Zwar fährt sie keine Skirennen mehr, dafür ist die Naturliebhaberin aber mit ihrem Renn-rad unterwegs. Und zweitens: Sie muss keine Fernbeziehung mehr führen, kann jetzt mit ihrem Partner zusammenleben.

Und was kommt als Nächstes? Business im eigenen Start-up statt Wissenschaft? „Auf keinen Fall!“ Andrea Ablasser bleibt der Grundlagenforschung treu und hat schon ein neues Rätsel vor Augen, das ge-löst werden will: den Zusammenhang zwi-schen Zellalterung und angeborener Im-munität: „Mein Ziel ist, altersbedingte Krankheiten wie Lungenfibrose oder den Verlust von blutbildenden Stammzellen besser zu verstehen.“ Denn – wie ihre bis-herige Laufbahn zeigt – das grundlegende Verständnis von zellulären Vorgängen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, Krank-heiten zu heilen.

WEB-TIPP: Besuchen Sie diese Website!Laborarbeit

Die Immunologin ent-schlüsselt am EPFL in

Lausanne die Immuner-kennung zur Abwehr von

Pathogenen

Wissen erforschen Werte erfassen, Daten auswerten, neue Zusammenhänge erkennen

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Dr. Ulrich Eberl, geboren 1962, promovierte an der TU München in biophysikalischer Chemie, ar-beitete bei Daimler und leitete 20 Jahre lang bei Siemens die Kommunikation über Forschung, Innovationen und Zukunftstrends. 2015 machte er sich als Buch-autor und Keynote Speaker selbst-ständig. Für sein aktuelles Buch „Smarte Maschinen – wie Künst-liche Intelligenz unser Leben ver-ändert“ recherchierte er mehrere Monate lang bei führenden Insti-tuten und Firmen in Japan, den USA und Europa.

Science-Facts statt Science-FictionDie künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch. Im Interview erklärt Dr. Ulrich Eberl, wo uns Maschinen bereits übertreffen – und welche Grenzen ihnen gesetzt sind.

Herr Eberl, nicht alles, was unter dem Be-griff „künstliche Intelligenz“ – KI – geführt wird, fällt streng genommen wirklich darun-ter. Welche Definition lassen Sie gelten?

Dr. Ulrich Eberl: Künstliche Intelligenz umfasst jede Technologie, die menschliche Intelligenz in Maschinen nachbildet. Doch worauf basiert unsere Intelligenz? Sie ist sicher mehr, als in IQ-Tests gemessen wird – also logisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen oder Sprachver-ständnis. Hinzu kommen sensomotorische, emotionale und soziale Intelligenz und –ganz wichtig! – die Fähigkeit, zu lernen und in überraschenden Situationen neue Lö-sungen zu finden.

Für viele bleibt das Thema abstrakt, auch weil gern Zukunftsvisionen skizziert wer-den. Ihr Roboter Nao Bluestar begleitet Sie oft bei Ihren Vorträgen. Dient er als Brücke zwischen Technik und Mensch-sein?

Eberl: Mein kleiner Roboter ist in der Tat ein erstaunlicher Geselle. Er ist kitzlig, kann lachen, tanzen, Fußball spielen, Hamlet zitieren und Fragen beantworten. Ich habe ihm sogar beigebracht, in der Bäckerei eine

Brezel zu kaufen und mit einem Sektglas auf mein Buch „Smarte Maschinen“ anzu-stoßen. Trotzdem bezeichne ich ihn nicht als „intelligent“ – denn er lernt nicht hinzu, und er versteht nichts von dem, was er tut.

Mit seinem Kindchenschema wirkt Nao ganz harmlos. Dennoch macht KI vielen Menschen Angst. Gibt es nicht Bereiche, wo uns Maschinen schon übertreffen?

Eberl: In der Tat sind hier seit 2012 mehr Fortschritte erzielt worden als in den 50 Jahren zuvor – heute leistet jedes Smart-

phone so viel wie Supercomputer vor 25 Jahren, und Maschinen lernen allein an-hand von Beispielen. Mit jeder Sprachein-gabe und jedem Suchbefehl werden Com-puter und Roboter immer besser darin, Sprache, Texte und Bilder zu verstehen. Die besten dieser Systeme schlagen menschliche Weltmeister im Quiz-Spiel Jeopardy und beim Brettspiel Go, sie ma-chen bei der Erkennung von Verkehrszei-chen nur halb so viele Fehler wie wir, sie übertreffen Radiologen beim Finden von Tumoren, und sie können Emotionen in Gesichtern besser lesen als viele Men-schen. Mehr noch: Bis 2040 dürfte ihre Rechenleistung – bei gleichen Kosten – noch mal um das Tausendfache steigen.

Müssen wir uns dann nicht doch vor einer „Superintelligenz“ fürchten?

Eberl: Selbst die smartesten Maschinen werden noch lange „Fachidioten“ sein – sehr gut auf einem Feld, mehr nicht. Sie

sind perfekt in der Mustererkennung: Texte lesen und auswerten, Bilder und Sprache analysieren, Fehler finden, Dinge sortieren. Was ihnen fehlt, ist das Verständnis unse-rer Welt, Intuition und Empathie. Sie haben keine emotionale und keine soziale Intelli-genz, und sie sind nicht kreativ. Sie können zwar komponieren wie Bach und malen wie van Gogh, aber nichts wirklich Neues erfinden. Maschinen, die Menschen auf allen Gebieten überflügeln, gehören ins Reich der Science-Fiction, nicht zu den Science-Facts.

Manche Studien sagen, KI werde bis zu 50 Prozent aller heutigen Jobs vernich-ten. Andere verweisen auf die Chancen. Welche Sichtweise ist Ihrer Meinung nach realistisch?

Eberl: Ich denke, dass sich alle Jobs mas-siv verändern werden – vom Taxifahrer über Logistiker und Laborassistenten bis zu Buchhaltern und Bankberatern. Maschi-nen werden mehr und mehr Routinearbei-ten übernehmen, insbesondere auch in den Büros. Das heißt nicht, dass all diese Ar-beitsplätze wegfallen, aber sie werden komplexer. Menschen werden weiterhin gebraucht: als Planer und Entscheider, als diejenigen, die Qualität und Sicherheit ge-währleisten, als Verkäufer und Motivatoren und als kreative Problem- und Konfliktlöser. Und es entstehen viele neue Jobs: etwa Lehrer für Maschinen, damit die nichts Falsches lernen, oder Fachleute für Daten-schutz und Privatsphäre, weil sich hier durch KI ganz neue Gefahren ergeben.

Man braucht also eine Menge kluger Köpfe. KI-Experten sind selten und gefragt. Bremsen wir uns selbst aus, indem nicht genügend in Forschung investiert wird?

Eberl: Es stimmt, dass vor allem in den USA und China drei- bis fünfmal mehr in KI investiert wird als in Europa. Doch un-sere Forschung ist exzellent – nicht ohne Grund rekrutieren US-Firmen bevorzugt Experten aus Europa. Allerdings müssen die Zu sammenarbeit von Instituten und Unternehmen, die Aus- und Weiterbildung, die europäische Koordination und die Ge-setzgebung massiv verbessert werden, damit wir unsere Stärken ausspielen können:

Sie können zwar komponieren wie

Bach und malen wie van Gogh, aber nichts

wirklich Neues erfinden.“

Gerade im Verkehrswesen, in der Chemie- und Pharmaindustrie, in Maschinenbau und Elektrotechnik – also da, wo wir welt-weite Champions haben – gibt es heraus-ragende Chancen durch KI.

Künstliche Intelligenz ist also mehr als ein Hype, der bald vorbei ist?

Eberl: Ja, wir stehen erst am Anfang der Ära der smarten Maschinen. Mit Smart Factories und Smart Offices werden Fir-men flexibler und wettbewerbsfähiger. Smart Cars bringen das automatisierte Fahren, Smart Grids brauchen wir für nachhaltige Energiesysteme, Smart Homes für das komfortable Wohnen im Alter und Smart Cities für lebenswerte Städte. Ich glaube, das ist eine Vision, die zu realisieren sich lohnt.

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Das Geschäft mit der Wissenschaft

Wer das Stichwort „Science Fake“ in eine Internetsuchmaschine eingibt, erhält 760 Millionen Ergebnisse. Das Phänomen der scheinwissenschaftlichen Verlage ist inzwischen weltweit stark verbreitet.

A m Samstag, den 15. Dezember 2018 um 7.16 Uhr empfängt die Diplom-Psycho-

login Saskia Fahrenkrug eine E-Mail, Betreff: „Send Your Manuscripts to AASCIT Journal of Psychology“. Im Anschreiben wird der Mitarbeiterin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitäts-klinikums Hamburg-Eppendorf vorgeschlagen, ei-nen Artikel zu veröffentlichen, und zwar in einem Journal der American Association for Science and Technology (AASCIT). „Das klingt zunächst mal erfreulich, denn wissenschaftlicher Ruhm gründet nicht zuletzt auf der eigenen Veröffentlichungsliste – und die ist im Regelfall nur schwer zu befüllen“, sagt Saskia Fahrenkrug.

Doch gleichzeitig irritiert die Mail. Sie wirkt zwar seriös aufgrund der persönlichen Ansprache und des Bezugs auf vorangegangene Veröffentlichungen. Gleichzeitig steht aber die Frage im Raum, ob es tatsächlich so einfach sein kann mit einer Publika-tion. Hinzu kommt, dass die Anfragen von Verlagen bei manchen Wissenschaftlern mittlerweile eintru-

deln wie Spams – inklusive Einladungen als Keyno-te Speaker oder Referent auf Konferenzen. „Bei mir sind es seit einem Jahr ungefähr vier Anfragen pro Monat. Allein durch die Fülle und Frequenz wird rasch deutlich, dass da was nicht stimmen kann. Inzwischen warnt die Klinikleitung auch vor solchen E-Mails“, sagt die Leiterin einer Spezialambulanz.

„Raubverlage“ arbeiten ohne QualitätssicherungDie AASCIT gilt – genau wie zahlreiche andere Un-ternehmen, die auf diese Weise Wissenschaftler an-werben – dem US-amerikanischen Experten für Wis-senschaftskommunikation, Jeffrey Beall, zufolge als „Raubverlag“. Als sogenannter Open-Access-Publi-sher also, der das Modell herkömmlicher Wissen-schaftsverlage kapert, indem er den Forschern unter wissenschaftlich klingenden Namen eine schnelle Publikation inklusive Qualitätssicherung anbietet, diese allerdings nur vortäuscht. Einem Recherche-netzwerk zufolge sollen weltweit rund 400.000 For-scher mindestens einmal schon einen solchen Service in Anspruch genommen haben. Sie tappen über die E-Mails entweder unwissentlich in eine Falle oder nutzen die Möglichkeit der Open-Access-Verlage bewusst für die Verlängerung ihrer Publikationsliste.

Dass durch den Wegfall der Qualitätssicherung („Peer-Review-Verfahren“) Inhalte den Weg in die Öffentlichkeit finden, die keiner seriösen Prüfung standhalten, veranschaulichten die Journalisten Svea Eckert und Peter Hornung 2018 durch ein Experi-ment. „Wir starten eine wissenschaftliche Karriere“, eröffneten sie ihren sechsteiligen Podcast „Fake Sci-ence“, der bei einem öffentlich-rechtlichen Sender ausgestrahlt wurde. Die beiden gaben sich Pseudo-nyme mit Doktortitel und richteten entsprechende E-Mail-Adressen ein. Dann erstellten sie einen sinn-befreiten Text, der sich um einen frei erfundenen

Gefahr durch Fake-Verlage Schnell publiziert, viel verloren – Obacht bei

wissenschaftlichen Veröffentlichungen!

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Boris Tolg ist Professor für Informatik und Mathematik an der Hochschule für Ange-wandte Wissenschaf-ten Hamburg und dort Vorsitzender der Kom-mission zur Sicherung der guten wissenschaft-lichen Praxis.

Algorithmus namens „MOP“ dreht und sich in den Fußnoten auf nicht existierende Literatur beruft. Den Artikel reichten sie bei dem Verlag „Weltaka-demie für Wissenschaft, Ingenieurwesen und Tech-nologie (WASET)“ ein. „Nach wenigen Tagen kommt eine Antwort: Wir sollen bitte den Einstieg um drei Sätze verlängern und eine Fußnote einfügen. Mehr nicht. Sonst findet ,WASET‘ unser Papier offenbar tadellos. Man lädt uns ein, den Unsinn demnächst auf einer Konferenz in London zu präsentieren."

Die Not der ForschendenEs ist diese Welt der scheinwissenschaftlichen Ver lage und Konferenzen, in die sich die beiden Journalisten zu Recherchen begeben. In dieser Scheinwelt ver-dienen Verlage Geld mit der Not der Forscherinnen und Forscher, die ihre Erkenntnisse irgendwo ver-öffentlichen müssen. „Wer das einmal tut, ist Opfer. Und das ist sicher die größte Gruppe“, stellt Peter Hornung in einem NDR®-Kommentar heraus. „Doch es gibt eine zweite Gruppe: diejenigen Wissenschaft-ler, die mehrmals bei Fake-Verlagen veröffentlichen. Sie treffen in dieser Scheinwelt auf die dritte Grup-pe: die Scharlatane und Quacksalber, die Geschäf-temacher und Gauner, die für schlechte Produkte, dubiose Medikamente oder abstruse Theorien ein wissenschaftliches Gütesiegel benötigen. Am Ende kommt eine bemerkenswerte Gesellschaft zusam-men: gute Wissenschaft, mittelmäßige, falsche und auch gefälschte. Wer was gemacht hat, weiß keiner.“

Schaden für die WissenschaftDadurch steht die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft auf dem Spiel. Laut dem ehemaligen Bibliothekar der University of Colorado® Boulder, Jeffrey Beall, der

seine „Beall‘s List of Predatory Journals and Publish–ers“ von 2008 bis 2017 im Internet veröffentlichte, als ihm einige Verleger mit Verleumdungsklagen drohten, ist der Schaden für den Wissenschaftsbe-trieb unermesslich hoch. „Mit den Open-Access-Verlagen gelangen Artikel in die Öffentlichkeit, in denen die Autoren mit einem vermeintlich wissen-schaftlichen Fundament dem Klimawandel wider-sprechen, in denen sie behaupten, Impfstoffe lösten Autismus aus, oder mit denen sie Verschwörungstheo-rien zu Chemtrails verbreiten“, sagt er. „Kurzum: Raubverlage haben die Kommunikation in der Wis-senschaft und deren Zukunft völlig vergiftet."

Ich würde immer eine Hintergrundrecherche starten,

wenn ich von einem Verlag kontaktiert werde. Auch – oder gerade – wenn die E-Mail sich direkt auf eine von mir bereits

publizierte Arbeit bezieht.“

stelle für Forschung und Transfer vermittelt den Doktorandinnen und Doktoranden, was gutes wis-senschaftliches Arbeiten bedeutet – inklusive der Frage, wie und wo ich meine Forschungsergebnisse publiziere. Außerdem gestalten wir aktuell den Auftritt der Kommission zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis neu auf unserer Home-page. In der Diskussion steht etwa die Überlegung, eine schwarze Liste zu veröffentlichen – wobei ich immer vorsichtig damit bin, einen Pranger aufzustellen.

Welche Alternativen schweben Ihnen vor?Tolg: Vielleicht eine Checkliste, anhand derer sich

überprüfen lässt, ob ein Verlag mit unlauteren Me-thoden arbeitet. Wenn ein Wissenschaftsmagazin oder eine Konferenz beispielsweise keinen thema-tischen Fokus aufweisen, sollte man vorsichtig sein. Wer sich unsicher ist, tauscht sich am besten mit Kollegen aus oder wendet sich an die jeweilige Kom-mission seiner Hochschule.

Was könnte man außerdem tun?Tolg: Der Hirsch-Index setzt die Anzahl der

Publika tionen eines Wissenschaftlers in Beziehung damit, wie oft die Arbeit zitiert wurde. Der Wert steigt, wenn ich neue Arbeiten publiziere, die ande-re Autoren zitierten. Dürften Arbeiten aus Raubver-lagen nicht mehr zitiert werden, würde sich das automatisch auf den Hirsch-Index auswirken und könnte die Attraktivität der Pseudoverlage eindäm-men. Da der Hirsch-Index häufig mithilfe von Online-Tools berechnet wird, ließe sich eine solche Idee gut umsetzen. Außerdem sollten Arbeiten, die mithilfe von Pseudoverlagen veröffentlicht wurden, zusätzlich von der eigenen Publikationsliste verschwinden.

Professor Tolg, Sie sind an Ihrer Hochschule Vorsitzender der Kommission zur Sicherung der guten wissenschaftlicher Praxis, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft als Instru-ment der Selbstkontrolle für den Wissen-schaftsbetrieb for muliert hat. Wie stark sind Sie mit dem Thema konfrontiert, dass Forscher durch scheinwissen schaftliche Verlage auf Abwege geraten?

Boris Tolg: Bei uns an der Hochschule haben sich zwei Personen für eine Pseudokonferenz ange meldet – sie haben die Reise schlussendlich nicht angetreten. Grundsätzlich ist das Verhalten der Pseudoverlage in den letzten Jahren aber immer offensiver gewor-den und stellt dadurch ein ernsthaftes Problem dar.

Wie achten Sie darauf, dass an Ihrer Hochschule nach wissenschaftlichen Kriterien gearbeitet wird?

Tolg: Die Kommission zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis nutzt an unserer Hoch-schule ein zweistufiges Verfahren: Es gibt bei uns drei Ombudspersonen als Ansprechpartner für die-jenigen, die wissenschaftliches Fehlverhalten mel-den möchten. Die Ombudsperson führt Vorermitt-lungen durch und berichtet uns im Fall einer Verletzung der guten wissenschaftlichen Praxis. Wir sprechen ebenfalls mit Zeugen und prüfen gegebe-nenfalls eine in der Kritik stehende Arbeit. Im Ab-schlussbericht dokumentieren wir zusätzlich Hand-lungsempfehlungen für den Präsidenten.

Und wie wappnen sich Ihre und andere Hochschulen gegen die Raubverlage?

Tolg: Einige Universitäten bieten entsprechende Informationsseminare an. Und auch unsere Stabs-

Interview

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Japanerinnen brauchen etwa 100 Bürs-tenstriche, um ihren eher kurzen Wim-

pern den richtigen Schwung zu verleihen. Französinnen sind schon nach 50 „très chic“. Italiener waschen sich am liebsten mit einem parfümierten Seifenstück, während Deut-sche unter der Dusche ein Gel aus der Fla-sche favorisieren. Und Mexikaner gelten als Weltmeister im Verbrauch von Haargel.

Meist sind es genetische und kulturelle Faktoren, die die unterschiedlichen Pflege- und Schönheitsrituale prägen, aber auch das regionale Klima und tradierte Gewohn-heiten beeinflussen das Verhalten in den Badezimmern dieser Welt. Um ihre Pro-dukte auf die unterschiedlichen Wünsche abstimmen zu können, erforschen die in-ternational agierenden Kosmetikkonzerne die lokalen ethnischen Bedürfnisse. Und so hat Wimperntusche in Japan eine feinere Konsistenz als jene in Europa.

Neue Wachstumsmärkte erschließen „Ein einziges Produkt für die ganze Welt zu entwickeln ist eher die Ausnahme“, sagt zum Beispiel Dr. Nils Hoffmann, Manager R&D bei Beiersdorf®. Drei Jahre lang hat der gebürtige Hamburger 600 Kilometer nördlich von Mumbai gelebt und die Pflege-gewohnheiten der Inder erforscht: „Länder wie Indien und China, aber auch der afrika-nische Kontinent sind für uns Wachstums-märkte“, sagt er. Die wirtschaftliche Ent-wicklung dort führe dazu, „dass es potenziell immer mehr Menschen gibt, für die Pflegeprodukte erschwinglich werden“.

Was ein Inder, Chinese oder Afrikaner für seine tägliche Körperpflege benötigt, analysieren die Wissenschaftler anhand von Tests und Umfragen – und sie schauen ausgewählten Probanden in sogenannten Badezimmerlabors über die Schulter: In welchem Abstand wird das Deo auf die Haut gesprüht? Wird das Gel mit zwei Fin-

gern in die Haare eingearbeitet oder mit der ganzen Hand? Wie viel Shampoo wird benutzt? Wichtige Details, die später am Verkaufstresen darüber entscheiden kön-nen, ob ein Produkt Top oder Flop wird.

Als ergiebigste Quelle für detaillierte In-formationen schwört Nils Hoffmann auf den Hausbesuch. Dabei konnte der Chemiker zum Beispiel beobachten, dass viele Inder auch heute noch mit einem Wassereimer duschen. „Sie machen sich mit einer Schau-

fel voll Wasser kurz nass, seifen sich ein und spülen alles mit einer weiteren Schaufel voll Wasser wieder ab.“ Deshalb benötigen sie ein ganz anderes Reinigungsprodukt als Europäer. Nils Hoffmann: „Es muss sich leicht abspülen lassen und trotzdem ein angenehmes Hautgefühl vermitteln.“ Sein größter Erfolg steht bereits in den Regalen indischer Kaufhäuser: ein speziell entwickeltes Deodorant. Hintergrund: Inder sprühen das Deo nicht direkt unter die

Achseln, sondern häufig auf das Shirt dar-über. „Zusätzlich zu einer regional typischen Duftnote hinterlässt das Deo auch keine Flecken auf der Kleidung.“

Auch Religion und Klima mischen mitOb Beiersdorf®, LOreal® oder Unilever® – die Konzerne lassen sich die Erforschung der ethnisch unterschiedlichsten Bedürfnisse einiges kosten. 2017 hat Beiersdorf® allein in die Forschung und Entwicklung neuer Produkte 143 Millionen Euro investiert. Über den Erdball verteilt unterhält das Unterneh-men sieben Forschungs- und Entwicklungs-standorte. LOreal® macht es ähnlich, betreibt sogar 20 sogenannte „Evaluationszentren“ weltweit. „Wenn man die Gewohnheiten der Menschen kennt, weiß man auch, welche unausgesprochenen Erwartungen bei den Produkten berücksichtigt werden müssen“, sagt Viola Sprick, Corporate Communica-tions Manager bei L’Oreal®.

Selbst die Religion hat manchmal maß-geblichen Einfluss auf die Pflegevorlieben: Araber etwa besprühen sich mit einem schweren, rosigen Duft, der als „Schweiß des Propheten Mohammed“ verehrt wird.

Klimatische Bedingungen, etwa Wasser-mangel, führen dazu, dass sich in Afrika oft mehrere Menschen die Haare in dem-selben Bottich waschen. Ihr Shampoo muss auch bei verschmutztem Wasser wirksam sein und sich leicht wieder herauswaschen lassen. Obendrein neigt schwarze Haut eher zu Trockenheit.

Besonders verändert haben sich die Ge-wohnheiten und Vorlieben bei der täglichen Körperpflege in den asiatischen Boom-Metropolen: So ist dort aktuell bei Männern vornehme Blässe angesagt, Frauen lieben glänzende Lippen. Entsprechende Produkte? Bereits auf dem Markt – kulturelle Vielfalt und modische Trends sind weltweit Treiber einer wachsenden Kosmetikindustrie.

Weltweites Forschen für individuelle PflegeAndere Länder, andere Cremes: Kosmetikkonzerne schicken ihre Forscher in die Welt, um ethnische Pflegerituale zu erkunden. Die Disziplin nennt sich „Geokosmetik“ und hat das Ziel, maßgeschneiderte Produkte zu entwickeln.

Wissenschaft für sich Schönheit ist relativ – Beautyprodukte wer-den auf verschiedene

kulturelle Bedürfnisse abgestimmt

Wenn man die Gewohnheiten der Menschen kennt,

weiß man auch, welche unausgesprochenen

Erwartungen bei den Produkten

berücksichtigt werden müssen.“

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Zutaten400 g frische Heidelbeeren100 g Weizenmehl (Type 405 und 550)70 g Zuckeretwas Salz50 ml Milch50 ml Wasser30 ml Butteretwas PuderzuckerSahne, mit Vanille gesüßt

SCHWARZBEERDATSCHI

Zubereitung1. Die Heidelbeeren in einer Schüssel vorsichtig mit dem Mehl, dem Zucker und dem Salz vermengen.2. Die Milch mit dem Wasser in einem Topf erhitzen, dann be-hutsam mit einem Kochlöffel unter die Beerenmasse rühren – manche Beeren sollen dabei ganz bleiben, andere können ruhig Saft und Farbe abgeben.

3. Die Butter in einer ofenfesten Pfanne erhitzen und die Heidel-beermasse hineingeben. Die Pfanne in den auf 170 Grad vor-geheizten Backofen schieben und etwa 10 Minuten backen. Nach der Hälfte der Backzeit den Datschi wenden. Den fertigen Datschi aus dem Ofen nehmen, mit Puderzucker bestäuben und mit etwas geschlagener Vanille-sahne garnieren.

Wenn Johanna Maier mit ihrem Labrador zum täglichen

Spaziergang durch die Bergwelt des Salzburger Landes aufbricht, hat sie immer ein Behältnis dabei. Am Wegesrand sam-melt sie Löwenzahn, Brennnesseln oder Bärlauch ein, die sie später in raffinierten Gerichten verarbeitet. „Heilkräuter und Gewürze machen das Essen bekömmlicher und aromatischer“, sagt Maier. „Sie un-terstützen unseren Organismus, strei- cheln die Seele und helfen uns, gesund zu bleiben.“

Mehr als nur Medizin Ihr Wissen um die Wirkung von Heilkräu-tern hat sich Maier während ihrer Ausbil-dung zur Praktikerin der Traditionellen

Europäischen Heilkunde angeeignet. Doch dass Kräuter lediglich als Medizin dienen sollen, leuchtete der Köchin schon damals nicht ein. Die Kamille beispielsweise sei doch nicht nur gegen Bauchschmerzen und als Seelenbalsam gut! „Ich fragte mich, warum man sie nicht in köstlicher Har-monie mit Grapefruitsaft und Ingwer zu Meeresfrüchten und Salaten reichen soll-te“, erinnert sich Maier.

Seither blitzt auf den Tellergerichten der Sterneköchin immer etwas Grünes hervor. „Kein Gericht ohne Kräuter“, lautet ihr Motto. Die zarten Pflänzchen machen das Geheimnis ihrer Kochkunst aus – deren Heilwirkung sieht sie als zusätzlichen Bonus. Und da Maier ihr Wissen aus Überzeugung mit anderen teilt, gibt sie in ihrer Koch-schule ihre Tipps für den Einsatz von Kräutern und Gewürzen auch an Hobby-köche weiter. Denn die schrecken ihrer Erfahrung nach häufig vor dem Kochen mit Kräutern zurück, weil sie sich angesichts der Auswahl überfordert fühlen.

Bloß keine Scheu!Dabei ist eine solche Scheu laut Maier un-begründet. „Wenn man mal beginnt, sich für Kräuter und Gewürze zu interessieren, wenn man die Wirkung schmeckt und spürt, hört man nie wieder damit auf“, schwärmt sie. Es sei ein Weg der kleinen Schritte, der zu lustvollem Kochen und Genießen führe.

Auf diesem Weg nimmt Maier die Hob-byköche an die Hand. Am Anfang steht das Wissen über die Wirkung von Kräutern, die auf Bitterstoffen und ätherischen Ölen be-ruht. Bitterstoffe regen die Magensaftpro-duktion an und unterstützen so die Verdau-ung. Ätherische Öle wiederum verleihen den

Kochen mit KräuternDer Weg zur Gesundheit führt durch die Küche – mit diesem Credo begeistert die Sterneköchin Johanna Maier aus Filzmoos in Österreich ihre Gäste. Ihr Geheimnis: Kochen mit Heilkräutern.

Pflanzen ihren Duft und den Gewürzen ihr pikantes Aroma. Sie wirken krampfl ösend, entzündungshemmend und sogar antibak-teriell. Je schärfer ein Gericht, desto länger ist es, Maier zufolge, haltbar. „Es ist erwie-sen, dass Nahrungsmittel, die mit Zimt, Nelken, Oregano, Thymian, Chili oder Knob-lauch gewürzt werden, länger vor schädli-chen Bakterien geschützt sind“, betont die Praktikerin.

Auf den Zeitpunkt kommt es an Beim Kochen entfaltet jede Pflanze ihre Wirkung auf die ihr eigene Weise – im Blatt, in der Blüte, im Stängel oder der Wurzel. Entsprechend kommt es darauf an, zu wel-chem Zeitpunkt die Kräuter im Topf landen. „Zarte Pflanzen geben ihre Aromen schnell ab und sollten der Speise erst kurz vor dem Genuss beigefügt werden – Basilikum etwa oder Schnittlauch“, sagt Maier.

Andere Kräuter werden erst durch Mah-len und Erwärmen aktiviert – etwa verholz-te Teile, Samen oder Knollen, wie Korian-derkörner, Lorbeer oder Rosmarin. Aber, bitte beachten: Unter langem Erhitzen leidet der Geschmack. „Ätherische Öle

QuendelDer wilde Bruder des Thymians wächst in den Bergen ab 1200 Meter Höhe. Quendel schmeckt etwas sanfter als Thymian. Er passt zur mediterranen Küche.

SalbeiEr gehört zu den wich-tigsten Schätzen der Pflanzenwelt unserer Heimat. Er passt zu Fleischgerichten, aber auch zu Teigwaren und Fisch sowie zu Kartoffeln und Kürbis.

MinzeSchmeckt auf Desserts, Früchten, zu Schokolade und in Mixgetränken. Sie erfrischt Salate und junges Gemüse. Auch Lamm und Huhn sind mit Minze kombinierbar.

ZitronenmelisseIhre ätherischen Öle duften zitronig. Sie findet überall dort Verwendung, wo auch Zitronen oder Zitronenschale gefragt sind, etwa in Desserts, Obstsalaten und Bowlen.

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Was ist Ihr Lieblingsrezept? Was kochen oder backen

Sie besonders gern? Senden Sie uns bitte Ihr Lieblingsrezept,

zusammen mit einem Foto.

Karottenkuchen mit Ananas

Schicken Sie uns Ihr Rezept!

Teig: Backofen auf 175 Grad vorheizen, eine 30 x 20 cm große Auflaufform fetten/ölen. Mehl, Salz, Backnatron, Backpulver und Zimt in eine Schüssel sieben oder darin verrühren. In einer großen Schüssel Zucker und Eier verquirlen. Öl und ge-schmolzene Butter zur Eimasse geben. Alles gut verrühren. Möhren in die Mischung hinein-geben, mit einem Holzlöffel untermischen. Das Mehl und die Nüsse dazugeben. Behutsam vermischen. In die gefettete Auflaufform geben. 45 Minuten backen. Vor dem Auftragen des Frostings mindestens 1–2 Stun-den vollständig abkühlen lassen. Frosting: Butter und Frischkäse gut vermischen. Den Puderzu-cker nach und nach dazugeben. Masse schaumig schlagen. Die Vanille hinzufügen. Die gesam-te Oberseite des abgekühlten Kuchens mit Glasur bedecken. Abdecken und mindestens 2–4 Stunden im Kühlschrank aufbe-wahren. Am besten servieren, wenn der Kuchen kalt und die Glasur fest ist.

ZUTATEN

TeigFett für die Auflaufform

250 g Mehl1 TL: Salz, Backnatron2 TL: Backpulver, Zimt

400 g weißer Zucker4 große Eier

225 ml Pflanzenöl60 g geschmolzene Butter

2–3 gehäufte Becher rohe, fein geriebene Karotten

150 g fein geschnittene Ananas, abgetropft

1/2 Tasse Pekan- oder Walnüsse

Frosting:60 g ungesalzene Butter,

zimmerwarm150 g Frischkäse

ca. 300 g Puderzucker11/2 TL Vanillezucker

[email protected]

verflüchtigen sich, dann sind sie in der Küchenluft und nicht mehr im Topf“, warnt Maier. Auch auf die Kombination komme es an. So verstärken manche Kräuter und Gewürze einander gegenseitig – wie Ing-wer und Knoblauch.

Wildkräuter – robust und gratis Am liebsten verwendet Maier Wildkräuter, die sie auf ihren Streifzügen durch die Na-tur selbst sammelt. Während andere acht-los an Vogelmiere, Giersch, Spitzwegerich, Brunnenkresse oder Frauenmantel vor-beigehen, greift die Köchin begeistert zu. „Nichts ist mit der Heilkraft von Pflanzen vergleichbar, die selbst entscheiden, wann und wo sie wachsen“, schwärmt Maier. Sie seien Überlebenskünstler – robust, lebens-froh und gratis. „Jede Widrigkeit macht sie stärker, und sie übertragen ihre beneidens-werten Eigenschaften auf den Menschen, der sie isst“, sagt sie. Was nicht wild wächst, züchtet die Köchin in ihrem Kräutergarten.

In Maiers Küche landen aber nicht nur regionale, sondern auch exotische Gewürze wie Zimt, Gewürznelke oder Kurkuma so-wie Ingwer und Vanille in Töpfen und Pfan-nen. „Die ganze Welt ist Duft – und für mich gibt es kaum etwas Schöneres, als neue Aromen zu entdecken und sie wie ein Musik-stück, das man komponiert, zu vereinen“, schwärmt die Haubenköchin. Daneben schwört sie auf die Verwendung von un-

jodiertem Steinsalz sowie von Leinöl, die den Speisen „das gewisse Etwas verleihen“.

Um sich selbst und Hobbyköchen das Leben leichter zu machen, hat Maier rund 20 verschiedene Gewürzmischungen kre-iert. Und ihre wichtigste Botschaft wirkt so beruhigend wie ein Becher Kamillentee: „In der Alltagsküche braucht man keine seltenen Arten. Man nimmt einfach das, was man gern mag“, rät sie. Viel Schnitt-lauch bringe viel mehr als die Verwendung verschiedener Kräuter. Was in Maiers Profi-Küche nie fehlen darf, sind Rosmarin, Schnittlauch, Petersilie, Oregano und Min-

ze sowie Zitronenthymian für Fischgerich-te. Im Sommer kommt Basilikum und im Winter Salbei hinzu.

Ihr Tipp für Hobbyköche: Nicht mit Kräu-tern sparen! Klein anfangen, die Kräuter allmählich kennenlernen und Schritt für Schritt die Auswahl steigern. Zu Beginn genügen die Standardsorten. Wie wäre es dann mit Melisse oder Ringelblume? Spä-ter kommen Estragon, Zitronenverbene und im Winter die genügsame Kresse hin-zu. Welches Kraut zu welchem Gericht passt, ist am Ende eine Frage des Geschmacks. „Man muss die Kräuter kosten. Denn der Gaumen ist der beste Wegweiser für ge-schmackliche Harmonien“, sagt Maier.

Die Natur als Einkaufshilfe Bei der Auswahl der Gerichte und Zutaten orientiert sich Maier stets an der Natur und den Jahreszeiten mit ihren eigenen Düften, Aromen und Stimmungen. Ihre Empfeh-lung für die Alltagsküche: viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukte – dafür aber wenig Zucker, Salz und Fleisch essen. Und natürlich gehört laut Johanna Maier in jede Speise die passende Würze: „So wie man einen Satz mit einem Punkt schließt, sollte man das Kochen mit Kräutern oder Gewür-zen vollenden.“

RosmarinDas kräftig duftende, würzige Kraut passt zu Fleisch- und Tomaten-gerichten sowie in medi-terrane Gemüsegerichte. Große Stiele kann Man als aromagebende Grill-spieße verwenden.

Nicht zu viel, nicht zu wenig Haubenköchin Johanna Maier beherrscht die Kunst, Kräuter

im richtigen Verhältnis mit ihren Speisen abzustimmen

Nicht mit Kräutern sparen! Klein anfangen, die Kräuter allmählich

kennenlernen und Schritt für Schritt die Auswahl steigern.“

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Auf und insbesondere in unserem Körper wimmelt es nur so von Kleinstlebewesen – zusammen bilden sie unser Mikrobiom. Wie dieses mit verschiedenen Krankheitsbildern in Zusammenhang steht, ist Gegenstand der aktuellen Forschung.

Mein Mikrobiom

Mikrobiom Mikroorganismen wie Bakterien, Viren & Co.

beeinflussen nach-weislich unsere

Gesundheit

Probiotischer Joghurt, spezielle Darm-Diä-ten, Gesundheitscheck mit Stuhltest – der

Markt mit Produkten für die Darmflora floriert seit einigen Jahren. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht für Wissenschaft und Industrie gleichermaßen das Mikrobiom des Menschen – also das Gesamtbild an Lebewesen wie Bakterien, Viren, Pilzen oder Archaeen (Urbakterien) in unserem Körper. Die Mi-kroorganismen im menschlichen Darm wirken nach-weislich auf die Gesundheit – sie helfen bei der Verdauung oder verhindern, dass sich Krankheits-erreger im Verdauungstrakt ausbreiten. Könnte also durch eine gezielte Behandlung der Bakterien im Darm die Gesundheit von Patienten beeinflusst werden?

Forschung mit der DarmfloraDr. Ruth Ley vom Max-Planck-Institut für Entwick-lungsbiologie an der Universität Tübingen hat sich mit ihrer Forschung dem Mikrobiom verschrieben. Sie möchte wissen, in welcher Beziehung die Darm-bakterien und der menschliche Körper stehen. Ihr Team fand zum Beispiel heraus, dass sich die Mi-

kroben – also Mikroorganismen wie zum Beispiel Pilze oder Bakterien – im menschlichen Darm von den Mikroben im Boden oder im Wasser unterschei-den, mit denen in Säugetieren aber verwandt sind. „Wir sprechen hier also von einer Co-Evolution von Säugetieren und Mikroben“, so Ley. Nun gehe es darum, zu verstehen, welche Rolle Mikroben in der menschlichen Evolution spielen. Dafür untersucht sie das menschliche Mikrobiom in Bezug auf die menschliche Genetik.

Die Untersuchungen könnten wiederum neue Therapieansätze für chronische Autoimmunerkran-kungen ermöglichen, die in unserer heutigen Ge-sellschaft immer häufiger auftreten. „Insbesondere mit Diabetes Typ 2 beschäftigen wir uns momentan intensiv“, sagt Ley, „dabei erforschen wir bestimm-te Lipide: die Sphingolipide.“ Sie werden sowohl von Bakterien als auch vom Menschen selbst pro-duziert. Erkenntnisse darüber, wie die Bakterien die Sphingolipid-Werte im Körper beeinflussen, könn-ten relevant für eine Insulinresistenz als Vorläufer von Diabetes sein. Aber auch bei Mangelernährung oder Entzündungen im Magen-Darm-Trakt kann die Behandlung des Mikrobioms eine Erfolg verspre-chende Therapie bedeuten.

Doch obwohl die Forschung in diesem Bereich der Mikrobiologie noch in den Anfängen steckt, überschwemmen bereits „gesundheitsfördernde“ Mittel den Markt. Pro- und Präbiotika sollen die Darmflora unterstützen, das Immunsystem im Darm stärken. „Noch sind wir aber gar nicht in der Lage, die Darmbakterien mit Präparaten wirksam zu adressieren“, so Ley. Um zu verstehen, weshalb die Wirksamkeit von Produkten für die Darmflora von der Wissenschaft bezweifelt wird, ist ein Blick in

die Zusammensetzung des Mikrobioms not-wendig.

Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?„Wenn wir es genau nehmen, sind wir meis-

tens mehr Bakterium als Mensch – abhängig davon, wann wir das letzte Mal groß auf Toilette

waren“, meint Dr. Daniel McDonald vom American Gut Project. Er und sein Team nahmen in den ver-

gangenen Jahren Stuhlproben von über zehntausend Menschen in den Vereinigten Staaten und unter-suchten diese auf ihre bakterielle Zusammenset-zung. McDonald: „Die Zahlen variieren enorm von Probe zu Probe. Grob gehen wir also von einem Verhältnis von 1:1 zwischen Körperzellen und ein-zelligen Lebewesen im Körper aus.“

„Solche Durchschnittswerte machen für das Mi-krobiom aber nur bedingt Sinn“, erklärt der Forscher. Viele Produkte der Gesundheits- und Ernährungs-industrie für die Darmflora basieren auf Durch-schnittswerten, weshalb ihre Wirksamkeit von der Wissenschaft bezweifelt wird. Der Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom und dem Metabolismus, dem Stoffwechsel, ist zwar erwiesen – das zeigt ein Experiment von Forschern mit sterilen Mäusen, die nach der Verabreichung von menschlichen Darm-bakterien je nach deren Zusammensetzung Gewicht zulegten oder verloren. Doch die Frage, wie sich diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, bleibt auch für McDonald vorerst offen: „Die Forschung an Mäusen unterscheidet sich deutlich von der mit Menschen. Eine Übertragbarkeit der Ergebnisse ist also äußerst schwierig.“

Lange Zeit ging man davon aus, dass es rund zehnmal mehr Mikroorganismen im menschlichen Körper gibt als eigene Kör-perzellen. Die Zahlen stammen aus einer Studie des Mikrobiologen Thomas Luckey von 1972. Im Jahr 2016 hat ein Forscher-team um Dr. Ron Sender, Dr. Shai Fuchs und Dr. Ron Milo vom Weizmann Institute of Science in Rehovot, Isreal, eigene Be-rechnungen angestellt. Demzufolge be-steht der Mensch aus rund 30 Billionen Körperzellen – sie machen durchschnittlich 43 Prozent aller Zellen aus. Der Rest entfällt auf unser Mikrobiom. Grundlage dieser Berechnung war für die Wissenschaftler ein sogenannter Referenz-Mensch – 70 Kilogramm schwer, 1,70 Meter groß und zwischen 20 und 30 Jahre alt. Das berech-nete Verhältnis kann jedoch je nach Ge-wicht, Größe, Alter und Geschlecht stark unterschiedlich ausfallen. So besiedeln im Einzelfall auch doppelt so viele oder nur die Hälfte der Bakterien den Körper – auf keinen Fall aber zehnmal so viele.

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Gut & BöseIm Darm gibt es gute und schlechte Bak-terien – wichtig für die Darmgesundheit ist ein gutes Verhältnis zwischen beiden. Das kann durch eine ausgewogene Ernährung und insbesondere durch probiotische Lebensmittel hergestellt werden. Frisches Obst und Gemüse, ungesättigte Fettsäuren oder Ballast-stoffe wirken sich positiv auf die Darm-flora aus, tierische Produkte – speziell

Milch, Käse und rotes Fleisch – soll-ten nur in Maßen verzehrt werden.

Die Mitte des KörpersDer Darm – das wohl verkannteste Organ im menschlichen Körper. Drei Tipps für eine gesunde Darmflora.

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Ist der Darm wirklich char-mant? In ihrem Erstlings-werk „Darm mit Charme“ nimmt die Ärztin Giulia Enders kein Blatt vor den Mund, schreibt von Fürzen, Verstopfung oder Darm-bakterien und erklärt, wes-halb der Darm unser wohl unterschätztestes Organ ist.

Giulia Enders: „Darm mit Charme“, aktualisierte Neuausgabe, 304 Seiten, 16,99 Euro, Ullstein Verlag

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Schlauer DarmDetox-Kur? Super-Food? Darmspülung? Wer keine ernsthaften gesundheitlichen Probleme hat, kann sich auf seinen Darm verlassen – auch ohne spezielle Behandlung. In regelmäßigen Abständen erneuert sich die Darmwand samt allen Oberflächenzellen selbst. Mit gesunder Ernährung ist dem Darm also ausrei-chend geholfen. Erst wenn Beschwerden auftreten, signalisiert er damit, dass irgendetwas nicht stimmt. Dann hat der Gang zum Arzt allerdings Vorrang vor Kuren oder Spülungen.

Stress macht dick Um genügend Energie für den Tag be-reitzustellen, legt das Stresshormon CRF (Corticotropin Releasing Factor) mor-gens kleine Fettpölsterchen an. Bei zu viel Stress (Prüfungsangst, Flugangst …) kann das Hormon aber auch Verdau-ungsstörungen, Erbrechen oder Durch-fall auslösen. Über 100 Millionen Nerven- zellen befinden sich im Darm – dauer-hafter Stress kann dem Darm also schaden.

BUCH-EMPFEHLUNG

Experten raten von Stuhltests abDie Analyse von Stuhlproben liefert heute dennoch wertvolle Informationen aus der DNA des Mikro-bioms. Die Zusammensetzung der Bakterien kann zum Beispiel zeigen, ob bakterielle Infekte vorliegen. Diagnosen von möglichen Krankheiten oder perso-nalisierte Handlungsempfehlungen sind jedoch nicht zuverlässig, da selbst die zugrunde liegenden Refe-renzwerte eben nur den Durchschnitt wiedergeben. Jeder Wert, der von dem Durchschnitt des Referenz-Manns abweicht, schafft neue Variablen, für die im Prinzip jeweils wieder eine neue individuelle Studie nötig wäre. Diese werden sogar bereits im kleinen Rahmen angeboten.

Frei erhältliche Testing-Kits analysieren die Darm-flora einmalig oder über kürzere Zeiträume und leiten aus den Ergebnissen Ernährungs- und Hand-lungsempfehlungen wie Diäten oder die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ab. Derzeit fehle den Stuhltests die wissenschaftliche Grundlage, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Gastroente-rologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Doch insbesondere das Geschäft mit prä- und probiotischen Mitteln hat parallel zu der rasan-ten Entwicklung in der Darmforschung an Fahrt aufgenommen. Vieles, was im Einzelhandel erhält-

lich ist, kann aber unter Umständen sogar schädigen, zeigt eine aktuelle Studie des israelischen Weizmann Institute of Science. Bis für ein individuelles Mikro-biom die richtigen Präparate empfohlen werden können, sind weitere Studien über den Zusammen-hang von Bakterien und Gesundheit notwendig. „Wir können diese Zusammenhänge bereits nachvollzie-hen – die Mechanismen dahinter sind aber schwer zu definieren“, erklärt Forscher McDonald und gibt sich optimistisch: „Wir erwarten schon bald den Durchbruch.“

Neue ForschungsfelderSollte dieser Durchbruch gelingen und könnten die Informationen unmittelbar Aufschluss geben über die Gesundheit des Individuums, eröffnen sich der Medizin ganz neue Möglichkeiten. Eine einzelne Stuhlprobe könnte ausreichen, um individuell mit Medikamenten oder Präparaten gezielt auf die Darm-flora oder gegen Krankheiten oder Parasiten einzu-wirken. Wissenschaftler wie Daniel McDonald vom American Gut Project sammeln fleißig weiter Proben, um eine möglichst große Datenmenge für die For-schung zur Verfügung zu stellen. Denn je mehr über das Mikrobiom bekannt wird, desto mehr Forschungs-felder tun sich auf. Auch Ruth Ley vom Max-Planck-Institut blickt optimistisch in die Zukunft: „Wenn wir die Mechanismen verstehen und die Moleküle finden, die zwischen Mikrobiom und dem Wirt ausgetauscht werden, können wir eines Tages das Mikrobiom an-zapfen, um mit bestimmten Mikroben wie mit Vita-minen auf die Gesundheit einzuwirken.“

2Eines Tages können wir

das Mikrobiom anzapfen, um mit bestimmten Mikroben wie mit Vitaminen auf die

Gesundheit einzuwirken.“

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MilchKrustentie

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ErdnüsseSojabohnen

NüsseEier

GlutenFisch

Die Gefahr auf dem Teller

Der Tod lauert im Supermarktregal. Kuhmilch, Nüsse, Soja, Weizen,

Fisch oder Hühnerei: Verstecken sich solche Zutaten etwa in Fertiggerichten und greift ein Allergiker arglos zu, kann das im schlimmsten Fall tödlich enden. „Lebens-mittelallergien sind weder ein Trend noch eine Frage des Lebensstils“, betont die Ge-schäftsführerin der US-amerikanischen Organisation Food Allergy Research & Edu-cation® (FARE), Lisa Gable. „Familien und Erwachsene, die mit einer solchen Krankheit leben, müssen stets auf der Hut sein, denn eine allergische Reaktion kann jemanden innerhalb von Minuten mit Anaphylaxie in die Notaufnahme bringen.“

Allergiker warten sehnsüchtig auf Lebensmittel, die sie ohne Bedenken verzehren können. Neue molekularbiologische Verfahren könnten ihnen das Leben erleichtern. Doch der Weg zum hypoallergenen Produkt ist noch weit.

!INFO-BOX

Bei einer echten Nahrungsmit-telallergie reagiert das Immun-system auf die Eiweiße in einem bestimmten Nahrungsmittel. Häufig reichen kleinste Mengen des Lebensmittels, um Sympto-me auszulösen. Davon abzugren-zen sind Kreuzallergien gegen sogenannte pollenassoziierte Nahrungsmittel. Beispielsweise verträgt jemand, der allergisch auf Hasel- oder Birkenpollen in der Luft reagiert, häufig be-stimmte Obstsorten wie Äpfel, Kirschen oder Kiwis nicht. Das Immunsystem verwechselt ge-wissermaßen den Apfel mit dem Birkenpollen. Alle anderen Re-aktionen auf Lebensmittel sind Nahrungsmittelintoleranzen, also nichtallergische Überempfind-lichkeitsreaktionen (Hypersensi-tivität). Für ihre Entstehung sind andere Mechanismen als das Immunsystem verantwortlich. Die Symptome ähneln aber häufig denen bei „echten“ Allergien.

Die Häufigkeit von Nahrungsmittelaller gien und anaphylaktischen Reaktionen nimmt in den westlichen Industrieländern zu. Als eine der Ursachen vermuten Forscher den wachsenden Verbrauch an Erdnüssen. Sie stecken in Müsliriegeln, Schokolade, Soßen und Fertiggerichten, ja sogar in Shampoos und Bodylotions. Schätzungen zufolge lei-den allein in den USA und in Europa bereits 5,4 Millionen Menschen an einer gefähr-lichen Erdnussallergie.

Start mit SojaAllergiker haben bislang nur eine Möglich-keit: Sie müssen Nahrungsmittel mit ihrem Allergieauslöser meiden. Wissenschaftler arbeiten deshalb an allergiearmen Lebens-mitteln. Dafür entwickeln sie Methoden, um allergieauslösende Bestandteile in Proteinen zunächst zu identifizieren und anschließend unschädlich zu machen. „Bislang gibt es, mit Ausnahme von Babynahrung, keine hypoallergenen Lebensmittel. Sie herzustel-len ist sehr aufwendig“, sagt Dr. Michael Szardenings vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leip-zig. Das lag bisher unter anderem daran, dass die spezifische Allergenität von Le-bensmitteln nicht bestimmt werden konnte.

Genau das ist Szardenings und Kollegen am Beispiel von Soja nun gelungen. Sie

entwickelten ein Verfahren, mit dem die von den Antikörpern des Sojaallergikers erkannten allergieauslösenden Bestandtei-le von Proteinen (Epitope) direkt aus den Antikörpern im Blutserum gelesen werden können. Beim Soja entdeckten die Forscher so 374 allergierelevante Epitope. Mit un-terschiedlichen Erhitzungsverfahren, der Behandlung mit Plasma, gepulstem UV-Licht, Gammastrahlung und Hochdruck sowie chemischen, enzymatischen und fermentativen Verfahren veränderten For-scher des Fraunhofer-Instituts für Verfah-renstechnik und Verpackung (IVV),Freising, Sojaproteine anschließend so, dass sie weniger allergen sind.

Genome Editing mit CRISPR/Cas9Vielversprechende Erfolge erzielen Wis-senschaftler auch mit Genome-Editing-Verfahren. Mit ihnen lassen sich bestimm-te Gene in Pflanzen ausschalten, damit die Ribosomen in den Zellen die allergie-auslösenden Proteine nicht mehr herstellen. Präzise und leicht anwendbar ist das neue Verfahren CRISPR/Cas9. Mit der sogenann-ten Gen-Schere können Forscher das Erb-gut von Pflanzen verändern, indem sie Gensequenzen zerschneiden, ausschalten oder neue einfügen.

So arbeiten unter anderem Wissen-schaftler des Biotech-Start-ups Aranex an der britischen Universität Warwick daran, mit der Gen-Schere drei Allergene aus der Erdnuss unschädlich zu machen. Dass das für Allergiker ausreicht, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Denn die Erdnuss ent-hält zahlreiche weitere allergieauslösende

Proteine. Würden alle verantwortlichen Gene entfernt, könnte die Pflanze wohl nicht überleben.

Auch zur Reduzierung des Gluten gehalts im Weizen setzten spanische Forscher kürz-lich erfolgreich die Gen-Schere an. Antikör-pertests zeigten, dass die Immunreaktivität nach dem Genuss des veränderten Brot- und Hartweizens um bis zu 85 Prozent niedriger war als bei der Kon trollgruppe. Ähnliche Erfolge erzielten Forscher aus den USA und Spanien zuvor mithilfe der RNA-Interferenz (RNAi), bei der Gene gezielt blockiert werden.

Menschen, die unter leichteren Kreuz-allergien leiden, können oft schon mit der Wahl einer anderen Gemüse- oder Obstsorte Erfolge erzielen. So fanden Forscher der TU München heraus, dass etwa bei Tomaten und Erdbeeren der Gehalt der Allergene stark zwischen einzelnen Sorten schwankt – ein Phänomen, das auch vom Apfel bekannt ist. Die Ergebnisse sollen als Grundlage für die Züchtung hypoallergener Sorten dienen.

Ob Lebensmittel für hoch gefährdete Allergiker jemals im Supermarkt landen, ist trotz der wissenschaftlichen Fortschritte fraglich. „Das Marketing von hypoaller-genen Nahrungsmitteln aus gentechnisch veränderten Kulturpflanzen ist derzeit nicht denkbar, da diese Sorten genau von nicht-modifizierten und somit allergieauslösenden Sorten unterschieden werden müssten“, schreibt ein deutsch-amerikanisches For-scherteam im Fachmagazin „Molecular Allergy Diagnostics“. Das macht den Pro-duktionsprozess riskant und teuer – und damit für Unternehmen wenig attraktiv.

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Hüter der sanften Riesen Die „Panda Base“ im chinesischen Chengdu widmet sich dem

Schutz und der Zucht der Großen Pandas und anderer seltener Tiere sowie der Forschung. Ein Engagement mit globaler Wirkung.

Der besondere Fokus der „Panda Base“ liegt auf der wissenschaftlichen Forschung.

Die „Panda Base“ nahe Chengdu steht für den Start des Panda-Lebens in Gefangenschaft – mit dem

Ausblick auf die Auswilderung für ein artgerechtes Leben in Freiheit. Die Forschungsstation in der chinesischen Provinz Sichuan hat sich der Erforschung, Aufzucht sowie dem Schutz der sanften Riesen sowie anderer seltener Tiere verschrieben. Die Anlage, die sich über 102 Hektar erstreckt und zuletzt 2009 erweitert wurde, entstand 1987 mithilfe großzügiger finanzieller Unterstützung durch die Stadtverwaltung von Chengdu. Kein Wunder, fungiert die „Panda Base“ über ihr eigentliches Engagement hinaus als öffentliches Bildungs-zentrum und macht sich im Rahmen verschiedener Initiativen für eine bessere internationale Zusammenarbeit und die Förderung des Ökotourismus stark.

Zahlen, die für sich sprechen

Alles begann in den 1980er-Jahren, als sechs kranke, fast verhungerte Pandas gerettet werden konnten. Seither hat die Forschungsstation insgesamt 166 Embryos erzeugt und 255 Panda-Babys aufgezogen. 184 von ihnen erfreuen sich noch heute bester Gesundheit. Heute beherbergt die Panda-Station das weltweit größte künstliche Panda-Aufzucht- und Schutzprogramm und ist gleichzeitig die Heimat von 103 Kleinen Pandas (auch „Katzenbären“ genannt) und weiteren seltenen Tieren wie etwa Schwarzschwänen und Pfauen. Förderer der WissenschaftAls eines der führenden wissenschaftlichen Institute des „ex situ Konservationsprojekts für gefährdete wild lebende Tiere“, das von der chinesischen Regierung ins Leben gerufen wurde, fokussiert die „Panda Base“ vor allem auf die gesunde Ent-wicklung der Tiere in Gefangenschaft, unterstützt jedoch im Rahmen des sogenannten „in situ“-Schutzes auch wild leben-de Pandas. Das Institut beherbergt das „Nationale Aufzucht-labor“, das „Biologische Hauptlabor zum Schutz gefährdeter Wildtiere der Provinz Sichuan“ sowie die „Nationale wissen-schaftliche Postdoc-Station für Forschung und Arbeit“.

Mehr als 70 neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie 400 Publikationen in chinesischen und auch internationalen Fachzeitschriften helfen Tierschützern weltweit dabei, das Wohlergehen seltener Tiere in Gefangenschaft zu verbessern, ihre Bestände durch Aufzucht zu erhöhen sowie ihre Auswil-derung erfolgreich zu gestalten.

Weltweite AnerkennungDie Anstrengungen und Erfolge der „Panda Base“ auf dem Gebiet des Tierschutzes sind beispiellos, und so gilt sie auf internationaler Ebene als Vorzeigeinstitution auch im Hinblick auf wissenschaftliche Arbeit und neue technologische Errun-genschaften.

Dass der Austausch weltweit gelingt, zeigt nicht zuletzt dieses Beispiel: Im Juni 2017 trafen im Berliner Zoo „Meng Meng“ und „Jiao Qing“ ein, Pandas, die in der Chengdu-Forschungsstation zur Aufzucht von Riesenpandas geboren wurden. Auch so kann chinesisch-deutsche Freundschaft aussehen.

Herr Zhang, Sie haben eine Ausbildung auf dem Gebiet der Molekularbiologie.

Zhang Wenping: Das stimmt. Ich be-schäftige mich bereits seit meiner Postdoc-Zeit mit der Molekularbiologie.

Welche Rolle spielen molekular- biologische Technologien beim Schutz der Pandas?

Zhang Wenping: Ganz zu Beginn – im Jahr 2003 – haben wir molekularbiologi-sche Methoden eingesetzt, um die geneti-sche Vielfalt der Pandas zu studieren, und wir setzten Mi krosatellitenmarker ein, um Vaterschaftstests durchzuführen. Im Rah-men meiner Doktorarbeit ging es um die genetische Vielfalt von Südchinesischen Tigern. Ab 2008 setzten wir dann Sequenz-methoden im Hochdurchsatz ein, um die Darmflora der Pandas zu analysieren. Wei-tere technische Verbesserungen werden unserer Forschung mit Sicherheit auch in der Zukunft zugutekommen.

In Ihrer neuesten Forschungsarbeit beschreiben Sie, dass Pandas Bambus zu sich nehmen, um ihren täglichen Energiebedarf abzudecken, und dass diese Energie nicht von der Zellulose herrührt, sondern von anderen

Symbolträchtig Eine Panda-Bronze-Statue vermittelt die

Verbundenheit der Panda Base mit

den Tieren

Knuffig, beliebt und bedroht

Der Schwund ihres Lebensraums macht den Großen Panda-

bären zu schaffen

Interview

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Wild lebende Pandas ernähren sich vorwiegend von Bambus und Bambussprossen mit einem hohen

Gehalt an Hemicellulose und Stärke. Aus diesem Grund muss ihre Nahrungsquelle geschützt

werden, und Bambus sollte nicht übermäßig abgeholzt werden.“

Nährstoffen des Bambus. Können Sie kurz auf die Arbeit eingehen, die auf diesem Forschungs gebiet geleistet wird?

Zhang Wenping: Als ich in dieses For-schungsgebiet einstieg, war ich ebenfalls der Meinung, dass die Zellulose und das Lignin des Bambus jene Hauptnährstoffe sind, die den Panda mit Energie versorgen. Allerdings haben wir bald entdeckt, dass diejenige Darm flora des Pandas, welche die Cellulose verdaut, zwischen Geburt und Halbwüchsigkeit nicht wie erwartet allmäh-lich ansteigt. Wir sind nun der Überzeu-gung, dass Pandas lediglich über eine eingeschränkte Fähigkeit verfügen, Zellu-lose zu verdauen. Eher im Gegenteil: Wäh-rend der Zeit zwischen Geburt und Halb-wüchsigkeit nimmt diejenige Flora zu, die in der Lage ist, Hemi cellulosen und Stärke zu verdauen, während die Expression einer mit dieser Art der Flora verbundenen Gen-familie ebenfalls ansteigt. Wir schlossen daraus, dass die Pandas ihre Energie durch die Verdauung von Hemicellulose und Stär-ke aus dem Bambus gewinnen. Der Cellu-lose kann hier lediglich eine untergeord-nete Rolle zugeschrieben werden.

Welche Bedeutung hat dieses For-schungs ergebnis für die Aufzucht und den Schutz von Pandas? Es gibt ja die Annahme, dass das Überleben von

Pandas durch Veränderungen, die sich negativ auf ihre Nahrungsquelle auswirken, beeinträchtigt ist.

Zhang Wenping: Wir waren in der Lage, diejenigen Nahrungsquellen, die für den Panda am allerwichtigsten sind, zu definie-ren: Wild lebende Pandas ernähren sich vorwiegend von Bambus und Bambus-sprossen mit einem hohen Gehalt an He-micellulose und Stärke. Aus diesem Grund muss ihre Nahrungsquelle geschützt wer-den, und Bambus sollte nicht übermäßig abgeholzt werden. In den 1980er-Jahren herrschte eine Knappheit dieser Nahrungs-quelle für den Panda, und als Folge war sein Überleben stark gefährdet.

Sie haben bereits erwähnt, dass die Meta- genom-Analyse eingesetzt wird, um das Exkrement des Pandas zu untersu-chen. Können Sie die Anwendungsgebiete des Metagenoms innerhalb dieses Forschungszweigs kurz beschreiben?

Zhang Wenping: Das Metagenom enthält alle Bakterien, Pilze, Viren und andere Mi-kroorganismen. Zu Beginn extrahierten wir Gesamt-DNA aus dem Exkrement oder aus der Bakterien suspension. Diese enthielt die DNA verschiedener Mikroorganismen, und wir erstellten eine 16S-Datenbank, um die exakten Bakterien zu identifizieren, von denen die Klone abstammten. Sodann ent-

wickelten wir nach und nach die 454- Sequenziermethode. Diese liefert durch Verknüpfung längere Sequenzen. Heutzu-tage verlassen wir uns auf die zweite Ge-neration der MiSeq-Sequenziermethode.

Beruhen Ihre Ergebnisse auf der Gel- oder der Kapillarelektrophorese?

Zhang Wenping: Zum Zwecke der Iden-tifizierung setzten wir die Kapillarelektro-phorese ein. Auf diese Weise können sowohl die Häufigkeit des gesuchten Gens als auch eventuelle Gen-Polymorphismen und grobe Punktmutationen sichtbar gemacht werden. Im Gegensatz dazu erkennt die qPCR ledig-lich die Häufigkeit eines Gens und ist nicht in der Lage, die Anzahl der verschiedenen variablen Fragmente eines Gens zu unter-scheiden. Bei der Analyse des Darminhalts von Pandas hilft diese Methode uns dabei, zu bestimmen, ob die Tiere unter Nemato-denbefall leiden und wie viele Rundwürmer sich in ihren Bäuchen befinden.

Ihre Analyse beruht hauptsächlich auf Exkrementen. Untersuchen Sie auch Proben anderer Herkunft?

Zhang Wenping: Da es sich bei Pandas um ganz besondere Tiere handelt, setzen wir vornehmlich nichtinvasive Methoden ein, um Proben zu sammeln, wie eben Ex-kremente und Urin. Sie sind der Blutprobe vorzuziehen, obwohl sich die Aufbereitung schwieriger gestaltet als die Aufbereitung einer Blutprobe. Wir überwachen unsere Pandas, und sobald wir Exkremente finden, werden sie eingesammelt und zur Analyse ins Labor geschickt. Nach dem Waschen mit PBS wird die Probe in flüssigem Stick-stoff schockgefroren und langfristig bei minus 80 Grad gelagert.

Ihre Aufbereitungsmethode ähnelt der Probenvorbereitung für die Metabolomanalyse.

Zhang Wenping: Das stimmt. Wir haben vor, uns demnächst mit der Metabolomana-lyse zu beschäftigen: Bei unserem Projekt geht es um Gemeinschaftsanalysen durch mehrere Arbeitsgruppen, um verwandte Zielobjekte zu identifizieren und ihre kau-sale Beziehung zueinander zu bestätigen. Zusätzlich werden wir das Metagenom des Darmtrakts von Pandas tiefer gehend erfor-schen – unter anderem werden wir identi-fizieren, welche Floren sich als vorteilhaft und welche sich als schädlich für den Panda erweisen. Unser Ziel ist es, eine theoretische Basis für wissenschaftlich untermauerte Fütterungspraktiken zu erstellen.

Schutzbedürftig Der Nachwuchs findet ideale Voraussetzun-gen um zu gedeihen

Besuchermagnet Die Panda Base als

beliebtes Ausflugsziel interessierter Besucher

Engagierter Tierschützer Der Direktor der Frontier Research of Genomics & Metagenomic, Chengdu Panda Base, Prof. Dr. Zhang Wenping

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Im Takt der Metropole

Bekanntes Gesicht Schrill, bunt, laut – das ist Tokio. Doch die Metropole kann auch anders

A uf dem Rollfeld des Haneda Air-port verbeugt sich ein schwarz-

haariger Fluglotse in neongelber Weste tief vor der gerade gelandeten Maschine. Mein erster Blick auf Tokio – und eine sehr japa-nische Geste. Am Bahnsteig des Flughafens warte ich auf die Tōkyō Monorail. Neben mir säubert ein Mann mit einem Staubsau-ger den Betonboden, ein anderer fährt mit einem Schwamm in der Hand eine Roll-treppe auf und ab, um den Raum zwischen Handlauf und Wand zu reinigen. Niedlich klingende Melodien kündigen die Einfahrt des pünktlichen Zugs an, der mich in rund 20 Minuten Richtung Akihabara bringt.

Der Stadtteil ist bekannt für seine zahlrei-chen Elektronikhändler und gilt als Zentrum der japanischen Otaku-Kultur. Dort finden Otakus, die leidenschaftlichen Fans von Ani-mes, Mangas und Videospielen, in vielen Läden die passende Ausstattung für ihre Hobbys. Ein Spaziergang durch die Straßen Akihabaras strapaziert alle Sinne. Ich laufe ein wenig zu nah an einer der vielen Pachin-ko-Hallen vorbei. Eine Automatiktür öffnet sich – aus dem Inneren springt mich eine schrille Lärmmixtur aus japanischem Plastik-Pop und sehr lauten Spielhallengeräuschen an. An knallbunten Spielautomaten sitzen rauchende junge Menschen in viel zu grel-lem, stroboskopisch zuckendem Licht. Ein paar Ecken weiter laden als Dienstmädchen verkleidete junge Frauen zu Tee und Gebäck in eines der vielen „Maid Cafés“.

Kreative Kawaii-KulturWas Akihabara für Manga- und Anime-Ota-kus bedeutet, ist Harajuku für junge mode-begeisterte Japaner. Entlang der Takeshita- dōri entstand bereits in den 1970er-Jahren ein eigener Modestil, der sich am ästheti-schen Prinzip des „Kawaii“ (dt.: süß, engl.: cute) orientiert, das für betonte Niedlichkeit steht. Wie aus einem Manga entsprungen wirken die flanierenden jungen Frauen in ihren rosafarbenen Rüschenblusen, den him-melblauen Tüllröcken und glitzernden Dia-demen oder plüschigen Hasenohren auf dem Kopf. „Kawaii“ ist in Harajuku auch das

Tokio ist ein Ort zwischen den Welten. Ultramodern und traditionell, aufdringlich schrill – und manchmal auch ganz leise. Zu Besuch in einer faszinierend gegensätzlichen Stadt.

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Food, Weitblick und Kunst: Tipps für einen runden Tokio-Trip

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Shibuya 109 Das Spektakel an Tokios berühmtester Kreuzung

sollte man sich nicht entgehen lassen

Momente der Ruhe Der Rikugi-Park für Genießer der Stille

Typisch Tokio Yakitori Alley ist

bekannt für Gegrilltes am Spieß

kulinarische Angebot. Im „Angels Heart“, wo es schon seit 1977 süße Crèpe-Kreationen gibt, entscheide ich mich für die Strawberry-Cheesecake-Variante mit sehr viel Sahne, frischen Erdbeeren – und einem Stück Kä-sekuchen in der Mitte. Zum Nachtisch kaufe ich in der „Totti Candy Factory“ direkt ge-genüber pastellfarbene Regenbogen-Zucker-watte. Mit der riesig-bunten Zuckerwolke in meiner Hand passe ich gut ins Straßenbild.

Ein Ozean aus Licht Jeder Stadtteil Tokios ist ein eigener Mikro-kosmos. Über neun Millionen Menschen leben in der japanischen Hauptstadt, weite-re 37 Millionen in der Metropolregion Tokio-Yokohama, dem größten Ballungsraum der Welt. Wer ein Gefühl für die Dimensionen dieser gigantischen Stadt bekommen will, muss hoch hinaus. Zum Beispiel in den 45. Stock des Tokyo Metropolitan Govern-ment Building, einem Regierungsgebäude im Stadtteil Shinjuku, das auch „Rathaus von Tokio“ genannt wird. Zwischen 9.30 und 23 Uhr ist die Aussichtsplattform geöffnet, der Eintritt ist frei. In nur 55 Sekunden bringt ein Aufzug die Besucher auf 202 Meter Höhe.

Es ist kurz vor 23 Uhr, als ich oben ankomme und mich der Blick durch die Panoramafens-ter sprachlos macht.

Tokio funkelt, blinkt und wimmelt. Wer einmal von ganz weit oben auf den Lichter-ozean dieser Stadt geschaut hat, spürt ihre besondere Energie. Alles ist erleuchtet, alles in Bewegung. Besonders eindrück- lich lässt sich der Takt Tokios auch auf der berühmten „Alle Gehen“-Kreuzung zwi-schen Shibuya Station und der Einkaufs-straße Center-gai erleben, die mit der Yama-note Line nur sieben Minuten von Shinjuku entfernt liegt. Zu Spitzenzeiten überqueren dort 15.000 Passanten pro Ampelphase die Straße, täglich sollen es bis zu einer Mil-lion sein.

Die alte Seele TokiosDieses Tokio wirkt schrill, ultramodern und ein wenig außer Atem. Die Menschen in den Bahnen sind müde, manche schlafen sogar im Stehen. Wer genau hinschaut, entdeckt jenseits blinkender Leucht-reklamen und unter dem dichten Klang-teppich immer dudelnder Werbemelodien die leise Seite Tokios.

Etwa in einem der vielen Izakayas, den meist kleinen und sehr gemütlichen Kneipen, in denen neben Bier und Sake traditionelle Speisen serviert werden. So auch im „Sakai Shokai“, das nur sechs Gehminuten vom Bahnhof Shibuya entfernt in der 3-chi-me-6-18 liegt. An einer langen Holztheke sitzend kann man dem Besitzer etwa bei der Zubereitung frischen Sashimis zusehen.

Einen Blick in die alte Seele Tokios werfe ich bei einem Spaziergang durch die engen Gassen des Viertels Yanaka, das während des Zweiten Weltkriegs unbeschädigt blieb. Viele alte Holzhäuser, mehr als ein-hundert Tempel und der geschichtsträch-tige Friedhof erinnern an die Edo-Zeit. Genau wie der etwa 20 Bahnminuten ent-fernte Rikugien-Park, der im Tokioter Be-zirk Bunkyō liegt und als einer der bedeu-tendsten Gärten dieser Ära gilt. Auch dort scheint die Zeit stillzustehen. Mitten im Grünen liegt das Teehaus „Fukiage Chaya“. Ich bestelle eine Schale Matcha, blicke auf den kleinen See und die in der Ferne lie-genden Wolkenkratzer des trubeligen To-kio. Das ist die andere Seite dieser Stadt. Ruhig und entschleunigt.

Auch kulinarisch ist Tokio ein spannender und kreativer Ort. Wer wie Alice im Wun-derland einen Tee beim verrückten Hutma-cher einnehmen will, darf in Shinjuku zu-nächst mal den Irrgarten der Herzkönigin passieren. In Alice’s Fantasy Restaurant lässt es sich besonders bunt speisen. Wer mag, kann zum Essen Hasen- oder Katzen-ohren aufsetzen. Fans des Studio-Ghibli- Anime-Klassikers „Mein Nachbar Totoro“ sollten sich auf den Weg zu Shiro-Hige’s Cream Puff Factory im Tokioter Bezirk Setagaya machen. Dort gibt es Windbeutel in Form des niedlichen Waldgeistes, zum Beispiel gefüllt mit Pfirsich-, Kastanien- oder Karamell-Bananen-Creme. Das Café ist klein, und die Windbeutel sind beliebt. Am besten vorab reservieren.

BIOPHARMA EXPO 2019

Die BioPharma Expo ist Japans größte Messe für biophar-mazeutische Technolo gien und umfasst die Bereiche For-schungs- & Entwicklungstech-nologien, Fertigungstechno-logien und Auftragsleistungen. Sie findet jährlich im Rahmen der „INTERPHEX Week Japan“ in Tokio statt – Asiens führen-der Veranstaltung der Pharma-industrie mit rund 1.350 Aus-stellern, 300 Referenten und Besuchern aus ganz Japan und Asien. Vom 3. bis 5. Juli 2019 heißt auch Eppendorf Sie dort herzlich willkommen – mit einem breiten Produkt-portfolio und viel Expertise zu aktuellen und innovativen Themen rund um die Labor-arbeit. alice-restaurant.com

https://bit.ly/2Co8I4n

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Eine kurze Auszeit vom tempo-reichen Tokio und einen spekta-kulären Ausblick auf die Stadt bietet ein Tagesausflug zum 599 Meter hohen Hausberg Takaosan. Bei gutem Wetter kann man von dort aus sogar den Fuji sehen. In rund 50 Minuten erreicht man die Haltestelle Takaosanguchi, etwa

mit der Keio-Linie von Shinjuku aus. Mehrere Wanderwege, die auch für Einsteiger geeignet sind, führen durch den Wald zu einer Aussichtsplattform. Oben ange-kommen, gibt es zur Stärkung viele kleine Restaurants. Wer nicht wandern möchte, erreicht den Takaosan auch per Kabelbahn.

japan-guide.com/e/e3029.html

shiro-hige.com

Interaktiv und grenzenlos lässt sich Kunst im Digital Art Museum im Tokioter Stadtteil Odaiba erleben. Das Künstlerkollektiv teamLab will barrierefreie Kunst und neue Sinneserlebnisse schaffen. Mehr als 500 Computer und Projektoren steuern die Installationen. Im „Flower Forest“ gibt es Blumen in allen Formen und Farben, in einem anderen Raum fällt ein riesiger virtueller Wasser-fall von der Decke. Einige der farbenfrohen Installationen können auch per App von den Besuchern gesteuert werden. Tickets am besten online vorbestellen!

borderless.teamlab.art

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AUF GEHT’S!

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Wir sehen sie nicht mit bloßem Auge,

doch sie bestimmen das Leben auf der Erde – Bakterien, Phagen, Viren und Pilze. Seit rund vier Milliarden Jahren gibt es Mikro-organismen auf unserem Plane-ten; 70 Prozent der gesamten Bio- masse der Erde besteht aus diesen Kleinstlebewesen. Jahrtausende-lang waren sie unsichtbar für den Menschen. Erst als Gelehrte Ende des 16. Jahrhunderts erste Mi-kroskope verwendeten, entstand allmählich die Mikrobiologie als Forschungszweig. Weitere Jahr-hunderte vergingen, bis Forscher den Zusammenhang zwischen Gesundheit, Krankheiten und Mikroben entdeckten.

Mittlerweile ist die Bedeutung der Mikroben unbestritten. In der DSMZ, einem der größten Biores-sourcen-Zentren weltweit, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Be-stehen feiert, werden sie archiviert und untersucht. Mehr als 50.000 Kulturen – darunter Tausende ver-schiedener Stämme von Bakterien, Pilzen, menschlichen, tierischen und pflanzlichen Zelllinien, dazu

Pflanzenviren und Antiseren sowie Erbmaterialien von Bakterien – lagern dort in Ampullen, Gefrier-tanks und Kulturgefäßen.

Phagen statt Antibiotika können Leben rettenSie verraten, wie die mikrobielle Vielfalt im Laufe der Evolution ent-standen ist und wie Mikroorganis-men an der Entstehung und Be-kämpfung von Krankheiten beteiligt sind. Ein besonders wichtiges Feld, denn die klassische Medizin stößt zunehmend an ihre Grenzen. Anti-biotika, die vermeintlichen Wun-dermittel des 20. Jahrhunderts, kapitulieren vor multiresistenten Keimen. Heute schon sterben allein in der EU mehr als 30.000 Men-schen pro Jahr an diesen Killer-Erregern, wie eine Analyse des European Antimicrobial Resistance Surveillance Network (EARS-Net) ergeben hat.

„Wir waren durch Antibiotika verwöhnt“, resümiert Dr. Christine Rohde, Arbeitsgruppenleiterin der AG klinische Phagen und Regula-tionen in der Abteilung Bioökono-mie und Gesundheitsforschung des

Die Wissenschaftler am Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH in Braunschweig forschen im Reich des Unsichtbaren. Ihre Erkenntnisse dienen dem Schutz des Menschen, der Erde und des Alls.

Die Hüter der Mikroben

Schon kurz nach dem Ersten Welt-krieg arbeiteten mehr als 1000 Mitarbeiter am Georgi-Eliava- Institut für Bakteriophagen in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Sie produzierten Tonnen von Phagen in riesigen Fermentern. „Die Pha-gen wurden von der russischen Armee im Zweiten Weltkrieg so-wohl prophylaktisch als auch ku-rativ gegen Infektionen einge-setzt“, sagt Rohde. „In Tiflis ist ein unglaublicher Erfahrungsschatz niedergelegt. Leider sind die frü-heren Studien jedoch alle in Rus-sisch verfasst“, bedauert Rohde. „Wir sind erst am Anfang mit un-serer Forschung und brauchen viel Geld – und eigene publizierte kli-nische Studien entsprechend den Normen guter wissenschaftlicher Praxis, um anwendungsreife Er-gebnisse zu bekommen.“ Das werde

Für die weltweite Forschung In der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH lagern mehr als 50.000 Kulturen

noch einige Jahre dauern. Noch ist die Phagentherapie für Menschen hierzulande nicht zugelassen. Doch dem 28-jährigen Ropen hat-te sie bereits einmal das Leben gerettet. Der Panzernashornbulle im Tiergarten Nürnberg hatte eine schwere Infektion – kein Antibio-tikum half. Erst die Phagen des DSMZ konnten seinerzeit Ropen vor dem Einschläfern bewahren.

Austausch in alle Welt und Schutz des WeltraumsDie Phagen sind ein eindringliches Beispiel, wie wichtig der Aus-tausch der Forscher untereinander ist. Kein Wunder, dass die DSMZ mit ihrer riesigen Mikroben-Sammlung ein gefragter An-sprechpartner für Wissenschaftler, diagnostische Labore und Indus-trieunternehmen in aller Welt ist. Sie können Proben im DSMZ-Shop einfach online bestellen. Rund 40.000 Päckchen mit wertvollem Probenmaterial verlassen Jahr für Jahr die Labore in Braunschweig und landen bei rund 10.000 Kun-den aus 90 Ländern. Im Gegenzug stellen viele Wissenschaftler weltweit ihr eigenes biologisches Material samt gewonnenen Er-kenntnissen ihren Braunschweiger Kollegen für deren offene Samm-lung zur Verfügung.

Doch damit nicht genug. Das Forschungsgebiet der Mikroben-Spezialisten wird immer weiter. Inzwischen hat sich herausge-stellt, dass bestimmte Mikroorga-nismen sogar extreme Lebensbe-dingungen, wie sie in Reinräumen und im All herrschen, überleben können. Gemeinsam mit der euro-päischen Weltraumbehörde ESA erforscht die DSMZ auch diese widerstandsfähigen Organismen. So soll verhindert werden, dass Raumfahrzeuge irdische Mikroben versehentlich im Weltraum ver-streuen. Ein Wissenschaftszweig, der sicherlich sogar Mr. Spock vom „Raumschiff Enterprise“ begeis-tern würde: „Faszinierend!“

Leibniz-Instituts DSMZ in Braun-schweig. „Doch jetzt sind wir in einer Ära, in der sich angesichts der Resistenzen Verzweiflung breit-macht. Jetzt müssen wir richtig lospowern und Alternativen fin-den.“ Glücklicherweise gibt es sie. Bakteriophagen, winzige Viren, greifen schädliche Bakterien an, nisten sich in ihnen ein, nutzen sie für ihre Vermehrung und lösen sie dann auf. Das machten sich bereits im vergangenen Jahrhundert For-scher und Ärzte zunutze.

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SPIEL

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Sonnenbrille zu gewinnen!Die warme Jahreszeit steht in den Startlöchern, und Sie möchten die Sonnenstunden draußen genießen? Dann gewinnen Sie die neue him-melblaue Eppendorf Sonnenbrille – und statten Sie am besten gleich Ihr ganzes Team damit aus! Beantworten Sie dazu folgende Frage:

Mit wie vielen Kanälen sind die mechanischen und elektronischen Mehr-kanalpipetten von Eppendorf erhältlich? Tipp: Schauen Sie auf Seite 44!

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„Findet man nicht die richtigen Worte, redet man meist aneinander vorbei. Dies gilt besonders für die biomedizinische Forschung, wo man sich im Dialog zwischen Kliniken und der Pharmaindustrie in ver-schiedenen sprachlichen Sphären bewegt. Weder beim akademischen Werdegang noch in der öffent-lichen Wahrnehmung wird Wissenschaftskommu-nikation besonders honoriert. Deshalb ist es um die Fähigkeiten, wissenschaftliches Wirken mit dem treffenden Vokabular verständlich zu beschreiben, nicht gut bestellt.

Das Spiel mit den Worten aus der Welt der Wis-senschaft kann dabei durchaus bereichernd sein. Die Unschärfe bei den Begrifflichkeiten ermöglicht Freiräume für Kreativität, und der kreative Umgang mit Worten ist Poesie. Dass gereimte Verse mit wissenschaftlichen Themen zusammengehen kön-nen, erwarten die wenigsten. Entsprechend über-rascht sind Zuschauende und Zuhörende, wenn ich meine Wissenschaftspoesie vortrage.

Seit einigen Jahren versuche ich, meine Forschung für alle verständlich zu beschreiben. Ich zeichne sprachliche Bilder, um den Menschen meine Arbeit

zu veranschaulichen. Die Sprachkunst in der Natur-wissenschaft führte mich über Prosa bis hin zur Lyrik, die ich bisweilen zu Fotos meiner Arbeit auf Instagram veröffentliche. Mit anderen Werken trage ich bei sogenannten Science Slams, die deutschland-weit regelmäßig stattfinden, vor Hunderten, mitun-ter gar Tausenden von Leuten vor.

Es geht darum, Forschung allgemein verständlich und unterhaltsam darzustellen. Die Texte bilden je-weils einen essenziellen Teil meiner Auftritte, denn ich trage sie in Form von Raps vor. Dies birgt ein Überraschungsmoment, weil das Publikum einen derartigen Vortrag nicht erwartet. Auf YouTube® kann man sich davon überzeugen, dass nach dem anfänglich ungläubigen Schweigen die Texte meist frenetisch gefeiert werden; ein Eindruck, der sich auf einer von mir veranstalteten Gedichtlesung wissenschaftlich-inspirierter Texte bestätigt hat.

Die Reaktionen und Rückmeldungen der Gäste solcher Veranstaltungen belegen, dass Wissen-schaftskommunikation inspirierend wirken kann und dass dies auch honoriert wird. Wissenschaft trifft auf Poesie? Ein echter Volltreffer!“

Très chic! DNA-Ohrringe, Petrischa-len-Anhänger, ja sogar eine Eppendorf Pipetten-Kette: Der Schmuck von somer-sault18:24 kann Forscher-herzen höherschlagen las-sen. Inspiriert durch die Wissenschaft, kreieren Idoya und Luk allerhand Schönes aus Silber. „Fast jede Woche kommen neue Entwürfe hinzu“, so die Science-Enthusiasten, die 5$ ihres Gewinns in Bil-dungsressourcen für Wis-senschaftler, Studierende und Lehrer investieren.

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Täuschend echtMan nehme eine Scheibe Brot, bestreiche sie mit Pea-nutbutter und warte einige Wochen – schon ragt der Schimmel in die Höhe. Äs-thetischer und appetitlicher bekommt es Elin Thomas hin: Die Textilkünstlerin kons-truiert ihre wissenschaftli-chen Experimente auf einer Basis aus gefilzter Wolle, worauf sie dann sorgfältig, mithilfe von Häkel- und Sti-ckereitechniken, einzelne Gewächse pflanzt. Jede Pe-trischale gleicht einem klei-nen Meisterwerk!

elinthomas.bigcartel.comWissenschaft trifft Poesie

Dr. Lorenz Adlung wurde 1989 in Erfurt in Thüringen geboren. Er gilt gemeinhin als Wissen-schaftsenthusiast und forscht mittlerweile am Weizmann-Institut in Israel auf den Gebieten der Systembiologie und der personalisierten Medizin. Seine Arbeit findet man unter seinem Namen in diversen sozialen Medien sowie auf seinem Blog: https://lorenzadlung. wordpress.com

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Kühlen wird Grün

Nachhaltigkeitsdebatten konzen-trieren sich heutzutage vor al-

lem auf den Energieverbrauch. Ultra- Low-Temperature(ULT)-Gefrierschränke verbrauchen viel Energie, da sie rund um die Uhr extrem niedrige Temperaturen halten sollen. Selbst beim Einsatz neuer energieeffizienter ULT-Geräte ist der Stromverbrauch immer noch hoch. Ein dynamisches und effizientes Kompressor-system und ein schnelles Wiedererreichen der -80°C sind für die benötigte Probensi-cherheit Pflicht. Mögliche Energieeinspa-rungen werden durch diese Aspekte be-schränkt.

Bei diesen Spezialgeräten rücken neben dem Energieverbrauch aus Umweltgrün-den zunehmend auch der Isolierschaum sowie die Art der Kühlflüssigkeit in den Fokus. Statt der Grundlage des Mon trealer Protokolls vor einigen Jahren verbannten Ozon abbauenden fluorchlor- kohlenwas-serstoff (FCKW)-basierten Kühlflüssigkei-ten kamen alternative Stoffe wie Fluorkoh-lenwasserstoffe (FKW) zum Einsatz. Doch FKWs wie R508b und R404a haben trotz

Neben den direkten CO2-Emissionen steigern die in Kühlsystemen wie ULT-Freezer verwendeten Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) die globale Erwärmung. Die Lösung: „grüne“ Gase statt Fluorkohlenwasserstoffen.

gewisser Umweltfreundlichkeit noch im-mer ein hohes Treibhauspotenzial (GWP).

KohlenwasserstoffeIm Jahr 2014 kündigte die Europäische Union ein Verbot aller Nicht-Kohlenwas-serstoff-Flüssigkeiten (EU_517/2014) bis 2020 an. Das EU-Verbot gilt für alle neuen Kühlgeräte, mit Ausnahme von Geräten für Temperaturen unter minus 50 Grad. Obwohl ULT-Geräte, die auf bis zu minus 86 Grad kühlen, weiterhin mit teilfluorier-ten Kohlenwasserstoffen (HFC) betrieben werden können, sind „grüne“ Einheiten

für neue ULT-Gefrierschränke gefordert: „grüne“ oder natürlich vorkommende Gase. Die beiden wichtigsten Vertreter sind Propan (R290) und Ethan (R170). Gemäß IEC 60335-2-89 sind keine zusätz-lichen Sicherheitshinweise für die Ver-wendung von „grünen“ Gasen in ULT-Gefrierschränken erforderlich. Eppendorf trägt das Ziel mit, der globalen Erderwärmung entgegenzuwirken – und wird in den nächsten Jahren alle ULT-Ge-räte in „grüne“ Geräte umgestalten.

Erinnern Sie sich an 2008?Der (Eppendorf) „New Brunswick™ Pre-mium U570-G“ war einer der ersten ULT-Gefrierschränke auf dem Markt, der „grü-ne“ Kühlflüssigkeiten verwendete. Nach zehn Jahren Erfahrung in Forschung und Entwicklung, Produktion, Logistik und Ser-vice begrüßen wir, dass sich das Konzept weltweit durchsetzt. Heutzutage wird die Mehrzahl der ULT-Gefrierschränke in Eu-ropa als „grüne Einheiten“ verkauft. Asien und Amerika folgen dem Beispiel. Immer mehr Anwender halten „grüne“ ULTs für selbstverständlich.

So erfolgte die Umrüstung der Eppen-dorf Flaggschiffe der „CryoCube® F740“-Gefrier schränke (F740h, F740hi und F740hiw; wassergekühlt). Dies ist ein wei-terer Schritt in einer langen grünen Eppen-dorf Historie.

Weitere Informationen finden Sie unter

eppendorf.com/freezers

Hyd

rocarbon cooling

by Eppendorf

1YEARS

R170(Ethane)

R290(Propane)

C

H

H C C H

H H

H H H

H C C H

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H H

„Grüne“ Kühlflüssigkeiten = HC-Gase = Natürliche Gase = zukunftssicher

Sie sind mit Eppendorf Laborinstru-menten vertraut? Dann wissen Sie,

dass wir unsere weitreichende Erfahrung in jedes Gerät einfließen lassen, um Sie und Ihr Labor bei jedem Schritt zu unterstützen. Eppendorf entwickelt Laborgeräte mit inte-grierten Funktionen, die Ihrem Labor lang-fristig einen Vorsprung verschaffen.

Entwickeln Sie sich und Ihr Labor weiter mit VisioNize®

Haben Sie bereits von VisioNize gehört? Nein!? Dann wird’s aber Zeit! Mit Visio Nize-onboard sind Ihre Geräte stets zukunfts-sicher. Unser Bestreben ist, Ihnen moderns-te Technologien zu bieten und auf diese Weise Ihren Arbeitsalltag im Labor so an-genehm wie möglich zu gestalten. Unsere Ultratiefkühlgeräte z. B. sind nicht nur auf der Höhe des Fortschritts – wir verwandeln sie auch gleich in eine smarte Probenlage-rung. Und: Wir entwickeln nicht nur die Zellkultivierung weiter – wir transformieren sie mithilfe smarter Technologien und Services, die Sie rund um die Uhr auf Kurs halten.

Fühlen Sie den Unterschied Sie und Ihre Laborgeräte kommen in den Genuss der integrierten VisioNize-Kom-ponente. Das VisioNize Touch-Interface sorgt für eine einfache und stabile Nutzer-freundlichkeit und bietet Zugang zu smar-ten Funktionen wie z. B. das integrierte User Management oder das Einstellen wiederkehrender Aufgaben. Die Bedienung

aller VisioNize-onboard Geräte erfolgt nach demselben Prinzip – das macht den Wechsel zwischen den Geräten einfach, sorgt für eine erhöhte Bediensicherheit und verringert den Schulungsbedarf. Und: Das Visio Nize Touch-Interface ermöglicht einen einfachen Zugang zu Trend- und Tracking-Daten direkt auf jedem Gerät.

Entdecken Sie Ihre MöglichkeitenWir bei Eppendorf sind stets darauf bedacht, das Leben unserer Kunden zu erleichtern. Wir stellen Ihnen nicht nur smarte Produkte bereit, sondern verbessern stetig Prozesse und Applikationen – für Sie als Anwender im Labor.

Im Life-Science-Bereich dreht sich alles um die Probe. Wir wissen um den Aufwand, den Sie für jede Probe betreiben, und Ihr Bedürfnis, diese so sicher wie möglich zu gestalten. Deshalb gehen wir einen Schritt weiter und kombinieren die Langlebigkeit und Qualität unserer bestehenden Produk-te mit VisioNize.

2019 erhalten Sie nicht nur intelligente Laborinstrumente mit VisioNize-onboard –

wir gehen einen Schritt weiter und bieten Ihnen einen noch smarteren Weg, Ihre hoch-wertigen Proben sicher aufzubewahren: Wir denken über unsere Ultratiefkühlgeräte hin-aus und integrieren die Probenlagerung in einen größeren Laborarbeitsablauf.

Mithilfe unseres smarten digitalen Beglei-ters VisioNize führen Sie Ihr Labor mit Si-cherheit in eine smarte Zukunft.

Weitere Informationen zu VisioNize:

eppendorf.com/visionize

Ihr smartes Labor greifbar nahIntelligente Labor-ausrüstung mit anwenderfreundlicher Bedienung: Mit VisioNize® legen Sie den Grundstein für Ihr smartes Labor.

Flexibel und smart VisioNize® – die intelli-

gente Art sein Labor zu verwalten

Die Zukunft ist grün Eppendorf passt seine Ultratiefkühlgeräte höchsten Umweltstan-dards an

Smarte Probenlagerung Ihre Proben werden auf Wolke sieben schweben …!

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Help! Help!

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Verschiedene Forschungsfelder erlebten in den vergangenen

zwei Jahrzehnten durch den Einsatz von Stammzellen enormen Aufschwung. Seit einigen Jahren steigt zudem auch die Anzahl klinischer Studien, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit des Einsatzes von Stammzellen bei degenerativen Er-krankungen wie etwa Parkinson getestet wird. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Zellkultivierung.

Aktuelle HerausforderungenUnabhängig von ihrem Ursprung sind zwei charakteristische Eigenschaften von Stammzellen bedeutsam: einerseits ihre Fähigkeit, sich dauerhaft zu erneuern und zu proliferieren, und andererseits, sich in verschiedene Zelltypen differenzieren zu können. Hierin liegen aktuell auch die größten praktischen Herausforderungen in der Stammzellkultur und bei nachgela-gerten Anwendungen. So gilt es zum ei-nen, die Eigenschaft der Selbsterneuerung

und dauerhaften Prolife-ration ausreichend lange in der Zellkultur zu erhal-ten. Zum anderen ist es notwendig, die Differen-zierung gezielt induzieren und in die gewünschte Richtung steuern zu kön-nen. In der Labor-Realität gehören allerdings spon-tane Differenzierung und ungenügende Reprodu-zierbarkeit zu den häufigs-ten Problemen. Entspre-chend hoch ist der Bedarf an regulierten, konstanten Wachstumsbedingungen – insbesondere bezüglich des Nährmediums, der für Stammzellen meist

notwendigen Oberflächenbeschichtung der Kulturgefäße und der Inkubations-atmosphäre.

Heute werden häufig bereits synthe-tische Nährmedien eingesetzt, infolge derer sich naturgemäße Schwankungen in der komplexen Zusammensetzung bio-logischer Medien ausschließen lassen. Kombiniert man synthetische Medien mit synthetischen Oberflächenbeschichtun-gen, können gänzlich serumfreie, hoch reproduzierbare Kulturbedingungen ge-schaffen werden. Ebenfalls von Bedeutung ist eine stabile Atmosphäre im CO2-In-kubator, da bereits geringe Schwankun-gen die Zell viabilität beeinträchtigen oder gar eine spontane Differenzierung aus-lösen können. Eine besondere Heraus-forderung stellt zudem das tägliche Hand-ling der Kulturgefäße außerhalb des Inkubators zur visuellen Kontrolle dar. Hier gilt es unter anderem, starke Temperatur-schwankungen und Kontaminationsrisiken zu vermeiden.

Neue Eppendorf Lösungen für die StammzellforschungSeit einigen Monaten bietet Eppendorf zwei neue Produktlösungen für eine erhöh-te Reproduzierbarkeit speziell für die Stammzellkultur im Forschungsbereich: die neue CellXpert® CO2 Inkubatorfamilie und durch CCCadvanced® FN1 motifs be-schichtete Zellkulturgefäße.

Was bremst die Stammzellforschung aus?Die Stammzellforschung birgt großes Potenzial, doch die Kultivierung dieser sensiblen Zellen bringt einige Herausforderungen mit sich.

Fluorescence staining of a typical colony of induced pluripotent

stem cells (iPS cells).

!NEUES ERFAHREN

Newsletter „Inside Cell Culture“ Sie möchten Ihr Wissen im Be-reich Zellkulturforschung stetig ausbauen? Sind Sie auf der Suche nach profunden Quellen, die Ihren Unterricht und Ihre Aus bildung unter stützen? Dann ist der englischsprachige Eppen-dorf Newsletter „Inside Cell Culture“ das Richtige für Sie.

Informieren Sie sich über: • Tipps und Tricks zur Verbesse-

rung Ihrer täglichen Arbeit;• kostenlose Videos,

Downloads, Poster und mehr;• Zugriff auf Experten-Webinare;• Lehrmaterialien;• aktuelle Veranstaltungen und

Schulungen.

Infos und Anmeldung zum englischsprachigen Newsletter unter:

https://bit.ly/2CrgPgK

Eppendorf & Science Prize: Johannes Kohl

Eppendorf in Hannover

Auch 2019 ist Eppendorf wieder auf der Labvolution® vertreten. Vom 21. bis 23. Mai präsentiert sich in Hannover zum wieder-holten Male die ganze Welt des Labors – von der Anwendung bis zur Forschung, von der Che-mieindustrie bis zu den Life Sciences.

Besuchen Sie den Eppendorf Stand B69 in Halle 20 und informieren Sie sich über die Vielseitigkeit der Eppendorf- Produkt-Range. Eppendorf entwickelt Produkte und Lösun-gen in den Bereichen Liquid Handling, Cell Handling und Sample Handling, um Ihnen Ihre Arbeit im Labor einfacher und effizienter zu gestalten.

Das Verhalten der Eltern ist ausschlaggebend für das Überleben und Wohlbefinden von Säugetier-Nachkommen.Über die zugrunde liegenden neuralen Vorgänge ist aller-dings wenig bekannt. Der bisher an der Harvard Uni-versity® forschende deutsche Wissenschaftler und Gewin-ner des 2018 Eppendorf & Science Prize for Neurobio-logy, Dr. Johannes Kohl, zeigte unter der Anleitung von Catherine Dulac, dass eine genetisch definierte Population von Neuronen tief im Innern des Gehirns die mo torischen und Motiva-tions-Aspekte sowie die hormo nellen und sozialen Gesichtspunkte des elter-lichen Verhaltens koordiniert. Diese Neuronen bilden einen

Knotenpunkt in einem Netz-werk, welches das gesamte Gehirn umfasst, und bilden sodann – definiert durch ihre Projektionen – Bündel, von denen ein jedes separate As-pekte der Kindererziehung steuert. Diese Arbeit könnte als Muster dafür dienen, wie andere Aspekte des Sozial-verhaltens durch das Gehirn gesteuert werden.

2019 wird Forscher Kohl am Francis Crick Institute in London eine eigene Arbeits-gruppe aufbauen, um zu un-tersuchen, wie physiologische Zustände die Informations-verarbeitung in neuralen Netzwerken beeinflussen. Kohl hofft, mit seiner Arbeit neue Wege zur Behandlung von allgemeinen psychischen Erkrankungen zu eröffnen.

Johannes KohlBisher Postdoc an der

Harvard University, seit 2019 Leiter einer

neuen Arbeitsgruppe am Francis Crick Institute

in London

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Eppendorf News Eppendorf News

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Wer im Labor kennt nicht das mühsame „versetzte Pipettieren“ mit 8- und 12-

Kanal-Pipetten? Diese verbreitete Technik erfordert hohe Konzentration, ist zeitaufwendig und birgt Fehlerrisiken – insbesondere in Stresssituationen.

Doch Automation ist nicht immer die geeignete Lösung – und so arbeiten viele Forscher manuell im 384-Well-Format. Kein Vergnügen. Und so ist es nur verständlich, wenn viele sich davor drücken.

Das mühsame „versetzte Pipettieren“ hat ein EndeAber es gibt eine Lösung! Eppendorf hat ein neues, perfekt auf 384-Well-Platten optimiertes System entwickelt. Es besteht aus mechanischen und elek-tronischen Mehrkanalpipetten mit wahlweise 16 oder 24 Kanälen sowie den innovativen epT.I.P.S.® 384-Pipettenspitzen. In nur einem Schritt können 16 oder sogar 24 Wells simultan bewältigt werden, ideal für das zeitgleiche Starten oder Stoppen von

384 … Ready. Set. Pipette!Ein immer höherer Durchsatz, immer kleinere Proben-volumina im Labor- Alltag? Dieser Trend führt dazu, dass Forscher immer häufiger 96-Well- Platten durch 384-Well-Formate ersetzen müssen. Müheloses Pipettieren

in 384-Well-PlattenEine ganze Platte in nur 1 Minute – 24 oder 16 Wells in einem einzigen Schritt

! DIE VORTEILE AUF EINEN BLICK

epT.I.P.S.® 384 mit SOFTattach-TechnologieSpitzen mit elastischen Verformungsnuten schmiegen sich pass-genau an die Konen an. Für einen verlässlichen Spitzensitz und um 40 Prozent reduzierte Aufsteckkräfte.

Verfederte Spitzen-konen in allen Eppen-dorf Mehrkanalpipetten bis zu 1.000 µLOptimaler und reprodu-zierbarer Spitzensitz, angezeigt durch ein haptisches Feedback, wird durch verfederte Spitzenkonen erreicht. Aufsteckkräfte werden dadurch minimiert.

SOFTeject reduziert die Abwurfkräfte um 50 ProzentBeim Herunterdrücken des Pipettenknopfs fallen die Spitzen einer Eppen-dorf Mehrkanalpipette automatisch versetzt ab. Das schont die Kräfte.

bis zu 24 Reaktionen. In nur 1 Minute ist es möglich, eine 384-Well-Platte zu meistern. Das macht sich bezahlt. Wie viel Zeit würden Sie pro Platte sparen?

epT.I.P.S.® 384 mit SOFTattach-TechnologieDoch Zeit ist nicht alles. Die feinen kleinen Wells einer 384-Well-Platte benötigen besondere Auf-merksamkeit und Feingefühl. Standardspitzen, wel-che zwar für 96-Well-Platten optimal sind, erschei-nen für 384-Well-Formate zu grob. Größtmögliche Sicherheit bieten daher die neuen epT.I.P.S.® 384 mit ihrer einzigartigen SOFTattach-Technologie. Erstmalig werden elastische Verformungsnuten verwendet, die sich perfekt an den Pipettenkonus anpassen. Sie ermöglichen damit einen hervor-ragenden Spitzensitz und ein verlässliches Abdich-ten des Systems. Selbst das Dispensieren von Plat-ten ist so problemlos möglich, ohne dass sich dabei vom Konus Spitzen lösen.

Ergonomie – Gelebte Innovation Die Philosophie von Eppendorf ist es, die Lebens-bedingungen unserer Kunden stetig zu verbessern. Die Bedürfnisse von Naturwissenschaftlern stehen dabei immer im Fokus. Regelmäßig fordern wir aufs Neue den Status quo unserer Produkte heraus.

Das Eppendorf PhysioCare Concept® spiegelt sich im Bereich manueller Pipetten z. B. in verfederten Spitzenkonen für reproduzierbaren und sicheren Spitzensitz wider. Ein haptisches Feedback gibt dabei Sicherheit und macht das wiederholte Schlagen auf den Spitzenkasten unnötig. Ausdruck findet das PhysioCare Concept auch in der SOFTeject-Techno-logie, welche bei Mehrkanalpipetten das gestufte Abwerfen von Spitzen ermöglicht. Dies reduziert den Kraftaufwand beim Spitzenabwurf um 50 Prozent.

Mit dem neuen Pipetten-Spitzen-System für 384-Well-Formate hat Eppendorf dieses ergonomi-sche Konzept entscheidend weiterentwickelt. Beim Aufstecken der Spitzen ist durch die innovative SOFTattach-Technologie 40 Prozent weniger Kraft-aufwand pro Konus nötig. Eine extrem feine Spit-zenform und herausragende Koaxialität der Spitzen machen das Manövrieren in die feinen kleinen Wells einer 384-Well-Platte für Anwender zu einem über-raschend positiven Erlebnis.

Wo zuvor höchst konzentriert gearbeitet

werden musste, um nicht versehentlich ins

falsche Well zu dosieren, kann jetzt auch in

Stresssituationen einfach abgearbeitet werden.“

Statement eines Kunden

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Eppendorf News Eppendorf News

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Shekhar Chandra ist Doktorand auf dem Gebiet der Umweltpolitik. Er ist Lawrence Susskind Fellow des Jahres 2017 am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, Massachusetts, USA.

iINFO-BOX

Dieser Artikel wurde mit freund- licher Genehmigung der Zeit- schrift „Science®“ vervielfältigt, wo der Beitrag am 23. Juni 2017 in der Rubrik „Work Life“ erschienen ist. Diese Überset-zung ist keine offizielle durch American Association for the Advancement of Science(AAAS)-Mitarbeiter und wird von AAAS auch nicht als Original aner-kannt. In entscheidenden Fällen verweisen wir auf die offizielle englischsprachige Version, die ursprünglich von der AAAS veröffentlicht wurde.

Stets war ich davon überzeugt, dass der Besuch einer hochrangigen

Universität im Westen – und insbesondere in den USA – eine Erfolgsgarantie sei. Au-ßerdem war ich sehr motiviert, der Welt durch mein Studium, das den Einfluss von Umweltverschmutzung auf das globale Umfeld untersucht, zu helfen. Als Kind war ich in einem abgelegenen Dorf in Indien Augenzeuge dieser Auswirkungen gewe-sen: Dort kann die durch das Kochen im Haus verursachte Luftverschmutzung zu gesundheitlichen Problemen führen, und klimatische Veränderungen beeinflussen die Ernte der Bauern. Ich war voller Hoff-nung, dass meine künftige Forschungs-arbeit im Bereich der atmosphärischen Wissenschaft das Leben meiner Familie und meiner Freunde in Indien sowie das Leben vieler anderer Menschen in ähn-lichen Situationen verbessern würde.

Als ich 2007 in den USA eintraf, um mei-ne Doktorarbeit zu beginnen, ging es mir in erster Linie darum, mich voll und ganz auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ich be-gann jedoch schon im ersten Semester, zu zweifeln. Es sah nicht so aus, als würde meine Forschung die realen Veränderun-gen bewirken, die mir so vorschwebten, und die intellektuelle Zufriedenheit mit meiner Arbeit verblasste zusehends. Selt-samerweise wurde meine Unzufriedenheit durch die neu gewonnene Freiheit, einer Reihe neuer Interessen nachgehen zu kön-nen – ganz im Gegensatz zu meinen vor-herigen Erfahrungen als Studierender in Indien –, noch verstärkt. Neben meiner Doktorarbeit belegte ich erfreut zunächst eine Fülle an Kursen, einschließlich Bau- und Umweltingenieurwesen sowie Gesell-schaftspolitik. Mir wurde klar, dass ich mich lieber in den Kursdiskussionen engagierte

als im Gespräch mit meinen Forschungs-kollegen. Was die Frage aufwarf, wo meine wahren Forschungs- und Karriereinteres-sen nun tatsächlich lagen.

Ich stand vor der Wahl: Sollte ich mich weiterhin um etwas bemühen, von dem ich nicht mehr überzeugt war, dass es das Rich-tige für mich war, oder sollte ich vielleicht meine Doktorarbeit an den Nagel hängen, um nach Indien zurückzukehren und mir die Zeit zu nehmen, in Ruhe über meine Zukunft nachzudenken? Meine Familie und meine Freunde rieten mir davon ab, meine Anstellung aufzugeben. Sie waren der Mei-nung, ich würde damit sowohl meine Kar-riere als auch die Einkommensgrundlage meiner Familie, die ich mit meinem Einkom-men durch die Doktorarbeit unterstützte, aufs Spiel setzen. Trotz allem kam ich nach etwa zwei Jahren Doktorarbeit zu dem Schluss, dass ich – sollte ich jetzt keine Ver-änderung vornehmen – niemals mit meiner Arbeit würde zufrieden sein können. Obwohl das Beenden meiner Doktorarbeit Kompro-misse und Unsicherheit mit sich bringen würde, war es dennoch besser, etwas Pas-sendes zu finden, als lebenslange Karriere-Frustration und Enttäuschungen zu riskie-ren.

Die Träume meiner Familie waren zer-stört. Die meisten meiner früheren Kollegen und Mentoren wandten sich von mir ab. Mein Selbstvertrauen war erschüttert, als ich monatelang arbeitslos war und meine Hals über Kopf getroffene Entscheidung mich und meine Familie in Unsicherheit stürzte. Meinen Kollegen und Freunden dabei zuzusehen, wie sich ihre Karrieren entfalteten, während ich nach wie vor unsi-cher war, was ich wollte, führte dazu, dass ich meine Entscheidung anzweifelte.

Meine zweite Chance

Schließlich bekam ich in Indien eine Anstel-lung in der Planungskommission der Regie-rungsverwaltung. Das hatte mit meiner vorherigen Arbeit nichts zu tun. Allerdings hatte ich – genau wie bei meinem ursprüng-lichen Engagement und der atmosphäri-schen Forschung – ein persönliches Inter-esse an dem Thema.

Da ich in Indien aufgewachsen war, hatte ich Fehler der Regierungspolitik auf ver-schiedenen Ebenen hautnah erlebt – wie etwa im Schulsystem, im Rahmen des Ge-sundheitssystems und bei anderen grund-legenden Dienstleistungen –, und ich war motiviert, die Situation für andere zu ver-bessern. Nach vier Jahren bei der Kommis-sion wurde mir bewusst, dass ich mehr Interesse daran hatte, Entwicklungsproble-me durch die Regelungen und die Politik zu lösen als durch die konkrete Wissenschaft, auf welcher diese Regelungen beruhen.

Mit dieser neuen Perspektive im Blick ent-schied ich, zurück in die USA zu gehen, um einen Doktortitel zu erlangen – im zweiten Anlauf. Nun bin ich glücklich, wieder mal Doktorand zu sein, und nunmehr bin ich überzeugt, diesmal ins Schwarze getroffen zu haben. Sicher, durch ein nachhaltigeres Erforschen meines ersten Doktoranden-Programms hätte ich wertvolle Zeit und auch Geld sparen können – allerdings hat mich diese Erfahrung gelehrt, auf welche Weise ich meinen Karriereweg gestalten möchte. Daher empfinde ich diese „Lehrzeit“ als nicht vergeudet. Sie hat mich sehen gelehrt, wie wichtig es ist, abzuwägen, wie ich mich bei der Arbeit fühle und ob die Arbeit mich so-wohl intellektuell als auch persönlich zufrie-den macht. Zukünftig wird diese Denkweise mir dabei helfen, zu forschen, Risiken einzu-gehen und letztendlich Arbeit zu finden, die ich als tiefgründig bereichernd empfinde.

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Gastbeitrag Gastbeitrag

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„Photographer of the Year 2018“ – Roberto Bueno hat sich über diesen Titel gefreut. Das Motto des Wettbewerbs, „Muster in der Natur“, hat er mit seinem Bild perfekt getroffen.

Spuren des Lebens

Über den Gewinner und sein Motiv

„Die Wälder des Nordens sind im Herbst wunderschön – und nicht allein wegen der Vielfalt der Farben ihrer Bäume. Eine kleine Larve gestaltet den Herbst in den nördlichen Wäldern von Alaska und dem Yukon noch überraschender“, sagt Roberto Bueno, der dieses Bildmotiv mehrere Kilometer

südlich von Whitehorse in der kanadischen Provinz Yukon aufgenommen hat. „Das Futterverhalten von Larven der Pappel-Miniermotte – Phyllocnistis popu-liella – auf den Blättern der Amerikanischen Zitter-pappel – Populus tremuloides – hinterlässt auf jedem Blatt interessante Muster und feine Spuren. So wird der Boden des ,gelben‘ Waldes zu einer neuen Welt, die durch die Fotografie erschlossen werden kann.“

„Capturing movement“ ist das Thema des diesjährigen Fotografie-Wettbewerbs der Royal Society of Biology. Das Leben auf der Erde ver-ändert sich ständig, und Foto-grafen sind eingeladen, ein Foto von der Natur in Bewegung zu machen. Der Wettbewerb wird von Eppendorf unter-stützt und ist in zwei Alters-gruppen eingeteilt: unter 18 Jahre und über 18 Jahre. Noch bis zum 26. Juli 2019 können die Teilnehmer bis zu drei Bilder einreichen!www.rsb.org.uk/photocomp

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Science Photo

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Leopard- gecko

Über das Motiv und seinen jugendlichen Fotografen

„Der Leopardgecko starrte ins Objektiv, sodass ich dieses Foto machen konnte“, erinnert sich der 17-jährige Jack Olive, der das Foto in Devon, Großbritannien, machte. „Ich wollte dabei das gelbe und schwarze Schuppenmuster sowie auch das schöne Auge zeigen.“ Sein Bild passt perfekt zum Thema des Wettbewerbs, „Patterns in Nature“: Die Vielfalt der gelben und schwarzen Skalen ist brillant aufeinander abge-stimmt, und das Gecko-Auge zeigt prächtige Muster und Details.

Es waren die Augen des Geckos, die Jack Olive, 17, faszinierten – und er betätigte den Auslöser. Sein Foto brachte ihm den Titel „Young Photographer of the Year 2018“ ein.

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Science Photo

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Eppendorf®, the Eppendorf Brand Design and CCCadvanced® are registered trademarks of Eppendorf AG, Germany.All rights reserved, including graphics and images. Copyright © 2019 by Eppendorf AG.

Kultivieren Sie iPSCs oder MSCs?Sind Sie das Beschichten undefinierter Oberflächen, Schwankungen zwischen den Chargen der Beschichtungsmedien und die mühsame Gefäßvorbereitung leid? Wie wäre es mit einer gebrauchs-fertigen, definierten, synthetischen und damit xenofreien Oberfläche für eine stabile Langzeit-Expansion Ihrer Stammzellen?

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