unsichtbare ausstellung
TRANSCRIPT
-
10 BUDAPESTER ZEITUNG FFEEUUIILLLLEETTOONN 22. - 28. MRZ 2013 NR. 12
DDuunnkkeellhheeiitt,, ddiiee aalllleess uummsscchhlliieett.. MMiitt ooffffeenneenn
AAuuggeenn dduurrcchh RRuummee ssttoollppeerrnn,, ddiiee kkeeiinnee WWnnddee
zzuu hhaabbeenn sscchheeiinneenn,, vviieelllleeiicchhtt rruunndd ssiinndd ooddeerr eekk--
kkiigg.. EEiinnee kkrrffttiiggee SSttiimmmmee,, wweellcchhee ddiiee BBeessuucchheerr
lleeiitteett uunndd ggaannzz rruuhhiigg uunndd ggeellaasssseenn iisstt.. GGeellcchhtteerr,,
VVeerrwwuunnddeerruunngg uunndd VVeerrsstteehheenn.. AAllll ddaass bbiirrggtt ddiiee
LLtthhaattaattllaann kkiillllttaass ((UUnnssiicchhttbbaarree AAuusssstteelllluunngg))
iimm MMiilllleennrriiss PPaarrkk iinn BBuuddaappeesstt ffrr BBeessuucchheerr,, ddiiee
eeiinnmmaall eerrlleebbeenn wwoolllleenn,, wwiiee eess iisstt,, oohhnnee AAuuggeenn--
lliicchhtt zzuu lleebbeenn,, zzuu wwoohhnneenn uunndd zzuu eesssseenn..
DDie erst im vergangenen Jahr innerhalb von
Budapest umgezogene Ausstellung hat
sich bereits gut im Millenris Park etabliert. Im
Inneren der Halle B befinden sich im ersten
Stock einige Sitzkissen, ein paar Blindenstcke
und ein paar bewegliche Holzhindernisse, mit
denen die Handhabung dieses wichtigen Be-
gleiters der Sehbehinderten gebt werden kann.
Im Vorraum befinden sich Erklrungen zur
Blindenschrift, bungs- und Lernmaterialien und
Braille-Schreibmaschinen sowie Tafeln mit Lebens-
auszgen der bekanntesten blinden Knstler.
FFhhrruunngg
Im Grunde beginnt das Erlebnis bereits hier.
Die Ausstellungsleiter warten hier auf die Be-
sucher, stellen sich vor und beantworten bereit-
willig neugierige Fragen, wodurch sie auch ihre
Gruppe kennen lernen. Immer zehn Personen
drfen gleichzeitig durch die Ausstellung laufen.
Die von Geburt an blinde Mitarbeiterin
Margit erklrt, dass sie besonderen Wert darauf
lege, den Leuten die Angst am Anfang zu neh-
men. Dunkelheit knne Panik verursachen, des-
wegen warne sie die Besucher immer vor. Sie
sagt, dass der Hndedruck am Eingang ihr ein
Bild ber die Gruppe verschaffe. Fr Margit sei
die Hand das Spiegelbild der Seele. Mit dem
Hndeschtteln stelle sie auch am einfachsten
Gre und Gewicht anderer fest, und die
Stimme verrate ihr Einiges ber das Alter.
Natrlich irre sie sich auch von Zeit zu Zeit.
Insbesondere die Stimme liefere manchmal ein
anderes Bild vom Gegenber, das Berhren des
Gesichts sei da viel eindeutiger.
BBlliinndd
Die Schwrze der abgedunkelten Rume trifft
einen hart, trotz der Warnung. Orientierungs-
losigkeit stellt sich ein. Die Augen versuchen ver-
zweifelt, einen kleinen Funken Licht zu erha-
schen. Erfolglos. Die Besucher mssen erst ein-
mal alle ganz ruhig werden.
Dann ertnt die beruhigende Stimme des
Begleiters, der in der seltenen Position ist, jetzt
mehr zu sehen als alle anderen. Seinen Anwei-
sungen folgend tasten sich alle mit Hnden und
Fen durch die Rume, befhlen was ihnen vor
die Finger gert und sind berrascht, was sich al-
les in den unterschiedlichen Zimmern befindet.
Witze werden gerissen, es wird gelacht und die
Stimmung entspannt sich zunehmend. Man hrt
gemurmelte Entschuldigungen, weil der ein
oder andere dem Vordermann oder der Vorder-
frau auf die Fe tritt. Alltagssituationen werden
nachempfunden, Gegenstnde befhlt und pro-
blematische Hrden genommen. Dabei wundert
sich der ein oder andere, wie Blinde diese Dinge
berhaupt wahrnehmen, insbesondere wenn sie
nicht wie Sehende bereits ein Bild davon im
Kopf haben.
Margit verdeutlicht, wie wichtig Vertrauen in
so einer Situation sei. Sie stellt denn auch erfreut
fest, dass sich unter den meisten Besuchern ein
solches Vertrauen binnen kurzem eingestellt ha-
be, ein Beweis dafr sei der freundschaftliche
und gelassene Ton untereinander. Fragen die im
Hellen nicht gestellt wrden, weil die Hemm-
schwelle zu gro sei, kmen im Dunkeln ganz
natrlich zur Sprache. So beantwortet sie die
neugierige Frage eines Besuchers: Da sie blind
geboren worden sei, habe sie kein Bild von All-
tagsgegenstnden, sie knne sie aber erfassen,
so wisse sie, wie sich zum Beispiel ein Wrfel an-
fhle.
RReeggeellnn
Ordnung sei fr sie sehr wichtig, denn in ihrer
Wohnung sei alles so wie in jeder anderen nor-
mal eingerichteten Behausung. Niemand kme
beim Eintreten auf die Idee, dass sie blind sei.
Allerdings gehe schon manchmal etwas zu
Bruch, wenn ihre Tchter einfach ihre Glser
rumstehen lassen. Ich muss wissen, wo was steht
und mich auch darauf verlassen knnen, des-
wegen msste eben alles an seinem Platz stehen.
Eingeschrnkt sei ihr Leben durch die
Blindheit nicht zu sehr. Sie besuche regelmig
Museen lasse sich Bilder beschreiben oder fas-
se die Statuen an Theatervorstellungen und
Konzerte. Besonders gerne gehe sie in den Zoo,
dort stehe alles in Blindenschrift, und die Tiere
seien auf den Informationstafeln nicht nur auf-
gemalt, sondern erhaben dargestellt. Mich
interessiert alles, und ich will mich nicht ein-
schrnken, sagt sie mit einem Lcheln. Als
Blinde habe sie es doch viel einfacher als krper-
lich behinderte Menschen, denn sie knne hin-
gehen, wohin sie nur wolle. Durch die zuneh-
mend behinderten- und blindengerechte Asphal-
tierung in Budapest sei ihr Leben auch um
Einiges einfacher geworden.
SScchhwwiieerriiggkkeeiitteenn
Am Ende der Fhrung kann der Besucher an
einem Abendessen in vlliger Dunkelheit teil-
nehmen jeden Freitagabend. Nach dem etwa
einstndigen Ausstellungsbesuch eine erneute
Herausforderung. Das zweigngige Men be-
steht aus einem berraschungssnack und einer
Hauptmahlzeit. Das viergngige Men ergnzt
ersteres durch eine Suppe und Nachspeise.
Das Essen ist warm, ppig und schmackhaft,
was von vielen Besuchern nachdrcklich betont
wird. Problematisch ist dabei nur die Handha-
bung des Bestecks. So entschlieen sich einige,
gleich mit den Fingern zu essen, whrend andere
bei dem Versuch, das Fleisch zu schneiden unbe-
holfen ein Bierglas umstoen. Margit sagt l-
chelnd, dass der richtige Umgang mit Messer
und Gabel jahrelanger bung bedrfe.
Die Stimmung ist whrend des gesamten
Essens durch die begleitende Musik und die
Gesangseinlagen der Kellner / Ausstellungsleiter
gut und ausgelassen. Viele Besucher singen ein-
fach mit oder machen Musikvorschlge. Da vie-
le der Mitarbeiter auch Sprachen wie Englisch,
Deutsch, Spanisch oder Franzsisch sprechen,
ist das Erlebnis (Ausstellung wie Abendessen)
auch fr Auslnder ein Genuss.
VVoorruurrtteeiillee
Die grten Probleme, die Blinde haben kn-
nen, seien die Engstirnigkeit oder Ressentiments
der Mitbrger, bedauert Margit. Sie bemhe sich
um ein gepflegtes ueres, treibe Sport (Tan-
demfahrrad), lasse sich regelmig die Finger-
ngel schneiden und lackieren im Moment tra-
ge sie Frhlingsfarben und werde doch immer
wieder darauf angesprochen, wie sie sich denn
alleine anziehen knne. Beim Arzt oder auf m-
tern werde sie, wenn sie eine Begleitung dabei
habe, ignoriert. Mitunter sei es ihr leid, stndig
unter Beweis zu stellen, dass sie nur blind aber
nicht bld sei. Von der Arbeitssuche ganz zu
schweigen. Selbst mit guten Qualifikationen,
Mehrsprachigkeit und Computerprogrammen,
die das Lesen ermglichen, htten es Blinde
schwer, eine Arbeit zu finden. Man werde als
Mensch zweiter Klasse behandelt.
Die Ausstellung Lthatatlan ist deshalb in
mehrfacher Hinsicht eine gute Sache. Sie gibt er-
stens 14 sehbehinderten und blinden Menschen
einen perfekten Arbeitsplatz, und sie klrt die
Sehenden auerdem umfassend und eindrk-
klich auf. Die meisten Besucher gehen nach der
Ausstellung verndert nach Hause, sie gehren
spter dann zu jenen, die Blinden bei Roll-
treppen hilfsbereit ihren Oberarm reichen der
sicherer als die Hand ist und verstehen, dass
man nicht Mitleid, sondern nur ab und zu Hilfe
bentigt.
Margit betont zum Schluss die positiven
Seiten. Sie habe viel Freundlichkeit und Ver-
stndnis von Besuchern erfahren und sogar
Freundschaften geschlossen. Ich bin berzeugt
davon, dass auch Blinde alles lernen und machen
knnen, was sie wollen.
IINNEESS GGRRUUBBEERR
DDiiee uunnssiicchhttbbaarree AAuusssstteelllluunngg
IImm DDuunnkkeellnn ttaappppeenn
LLTTHHAATTAATTLLAANN KKIILLLLTTSS
Millenris Halle B
Tel.: +36 20 771 4236
II. Kis Rkus utca 16-20.
www.lathatatlan.hu/en/
Sehende knnen erfahren, wie es ist, wenn die Hnde zu den Augen werden.Die Unsichtbare Ausstellung spricht alle Sinne der Besucher an.
Blind tippen bekommt in der Ausstellung eine neue Bedeutung.
UNSICHTBARE MASSAGE:
eine Stunde 4.000halbe Stunde 2.500 Forint
UNSICHTBARE WEINPROBE:
3.500 Forint
UNSICHTBARES ABENDESSEN:
Zweignge Men: 4.990 (online) oder 5.390 Forint
Viergnge Men: 6.490 (online) oder 6.390 Forint
UNSICHTBARE AUSSTELLUNG:
Schler, Studenten und Rentner: zwischen 1.200 und 1.700 ForintErwachsene: zwischen 1.450 und 1.990 ForintGruppen: zwischen 990 und 1.500 ForintMontags, dienstags und mittwochs: zwischen 990 und 1.200 Forint
Es gibt preisliche Unterschiede zwischenWochentagen und Wochenende, des Weiterensind die Tickets online gnstiger zu erstehen. Fr auslndische Fhrungen muss ein Aufpreisvon 2.000 Forint pro Gruppe bezahlt werden.Der Eintritt unter sieben Jahren und frSehbehinderte und ihre Begleitung ist gratis.