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Universität Hamburg Fakultät für Erziehungswissenschaft Wintersemester 2012/13 41.-65.306 MA-Seminar Geographie Fachdidaktik: Bildung für nachhaltige Entwicklung Seminarleitung: Alexander Tillmann
Unterrichtsentwurf
und didaktische Analyse: Mystery Methode – zum Thema Blutdiamanten in Sierra Leone
Name: Silke Brinkmann/Sonja Schöpff Matrikelnummer: 6121458 /6121237 Master of Education (an Gymnasien): Englisch und Geographie Fachsemester: 1/1 Datum:05.02.2013
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Inhalt 1. Einleitung ............................................................................................................................ 3
2. Mystery-Methode ................................................................................................................ 4
2.1. Potentiale und Probleme des Mysterys ........................................................................ 5
2.2. Eindruck der Kommilitonen zur Methode ................................................................... 6
3. Didaktische Analyse des Unterrichtsbeispiels .................................................................... 7
3.1. Relevanz des Unterrichtsgegenstandes: Bildungsziel ................................................. 7
3.2. Einordnung in den Lernbereich und Vorwissen der Schüler ....................................... 9
3.3. Sachanalyse ................................................................................................................. 9
3.4. Unterrichtsplanung und Lernziele ............................................................................. 10
3.5. Didaktische und methodische Begründung ............................................................... 12
3.6. Kompetenzbereiche ................................................................................................... 17
3.7. Raumkonzepte .......................................................................................................... 19
4. Fazit ................................................................................................................................... 20
Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 21
Anhang ..................................................................................................................................... 23
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1. Einleitung Das Seminar, in dessen Rahmen der vorliegende Unterrichtsentwurf erarbeitet wurde, konzen-
triert sich auf die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Laut Monika Reuschenbach
und Johanna Schockenmöhle ist der Kerngedanke einer nachhaltigen Entwicklung „[…] allen
Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe an materiellen, natürlichen und kulturellen Gütern
zu ermöglichen“ (vgl. Reuschenbach, Schockenmöhle 2011: 2). Dieses Ziel umfasst aller-
dings noch nicht die gesamte Grundidee einer nachhaltigeb Entwicklung, denn ein entschei-
dender Faktor ist, dass durch das Erreichen der oben erwähnten gleichberechtigten Verteilung,
die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden (vgl. Reuschenbach,
Schockenmöhle 2011: 2).
Seit einiger Zeit beschäftigen sich somit zahlreiche Didaktiker mit der Einbindung dieses
Themenfeldes in den schulischen Unterricht. Dadurch sollen Schüler1 nachhaltige Grundsätze
kennenlernen, Kompetenzen erwerben und optimaler weise Handlungsfolgen für ihr eigenes
Leben ableiten können2. Bisher findet sich BNE aber fast ausschließlich in den Bildungsstan-
dards des Geographie Unterrichts wieder; dabei wäre es von großer Bedeutung für die Ver-
wirklichung von BNE, dass sich Lehrer fächerübergreifend an diesem Ansatz orientieren und
ihn als eigenständige Bildungsaufgabe betrachten (vgl. De Haan, 2007: 4; Reuschenbach,
Schockenmöhle 2011: 2, 5-6).
Unsere Geographie-Unterrichtseinheit lässt sich in den Bereich der BNE einordnen und soll
die „gerechte Teilhabe aller Menschen an natürlichen Gütern“ mittels der Thematik der Res-
sourcenkonflikte aufgreifen. Als Einstieg werden in unserem Unterrichtsentwurf Blutdiaman-
ten am Beispiel Sierra Leones in Form der Mystery-Methode behandelt. Die Problematik der
Blutdiamanten ist für einen Einstieg besonders gut geeignet, da durch sie nicht nur eine sehr
extreme Art eines Ressourcenkonflikts betrachtet wird, sondern auch die Entwicklung dieses
Konflikts vom Anfang bis zum Ende erschlossen wird. Obwohl gerade dieser Ressourcenkon-
flikt nur bedingt Bezug zur Welt der Schüler nimmt, kann durch ihn simultan verdeutlicht
werden, welche Ausmaße ein Ressourcenkonflikt annehmen kann und welche Folgen dieser
für die Bevölkerung hat. Im Umkehrschluss kann erörtert werden, warum eine nachhaltige
Entwicklung von großer Bedeutung ist. Selbst ein blutiger Bürgerkrieg wie in Sierra Leone
(1991-2003) zeigt somit, dass selbst bei eskalierten Ressourcenkonflikten Hoffnung auf eine
Wandlung zur nachhaltigen Entwicklung besteht.
Um all dies spielerisch und auf einer recht persönlichen Bezugsebene anzusprechen und das
���������������������������������������� �������������������1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. ��Teilkompetenzen der Gestaltungskompetenz, vgl. De Haan, 2007�
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Interesse der Schüler für die gesamte Unterrichtseinheit zu wecken, eignet sich die Mystery-
Methode bestens. Diese Methode hat sich für den Einstieg in neue Themenfelder bewährt und
soll im Folgenden detaillierter erläutert werden. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird diese
schließlich anhand eines Unterrichtbeispiels veranschaulicht und insbesondere in Bezug auf
die geförderten Kompetenzbereiche und Raumkonzepte analysiert.
2. Mystery-Methode Ein Mystery setzt sich in der Regel aus drei Bestandteilen zusammen: einer Leitfrage,
Kärtchen mit Informationen zu einer Fragestellung und Kontextmaterial. Es wird ein konkre-
tes Fallbeispiel mit Personen, die namentlich benannt werden, eingesetzt und die Schüler ha-
ben die Aufgabe, die Leitfrage zu beantworten, indem sie die Informationskärtchen sinnvoll
miteinander in Beziehung setzen. Das Mystery erfüllt die Kriterien eines problemorientierten
Unterrichts, der eine hohe Schüleridentifikation und -motivation erzielt. Auch das Kontextma-
terial sollte konkrete Angaben zum Ort, Zeit und Art der Umstände enthalten, um den Schüler
die Möglichkeit zu bieten, situiert und anhand authentischer Probleme zu lernen (vgl. Schuler
2005: 23). Wenn die Mystery-Karten Hintergrundinformationen von verschiedenen Personen
enthalten, kann auch ein Lernen unter multiplen Perspektiven stattfinden. Obwohl eine gewis-
se Vorstrukturierung der Stunde gegeben ist, können die Schüler darüber hinaus über einen
längeren Zeitraum selbstständig arbeiten. Die Reflexionsphase bietet Raum, die gelernten
Inhalte auf einen anderen Kontext zu übertragen. Die Problemstellungen werden durch die
Schüler kooperativ bearbeitet und es findet ein inhaltlicher Diskurs zwischen den Schülern
über das Thema statt, die sich wiederum gegenseitig zum Denken anregen und dadurch unter-
schiedliche Lösungswege und -strategien sowie fremde Perspektiven verstehen lernen. Auf
diese Weise können aufgrund verschiedener Aussagen und Standpunkte kognitive Konflikte
ausgelöst werden, da soziales Verhalten oft zu Meinungsverschiedenheiten führt (vgl. Konrad
& Traub 2001: 36).
Denkprozesse können dabei insbesondere durch einen konstruktivistischen Unterricht am bes-
ten begünstigt werden, wobei die instruktionale Unterstützung von Seiten der Lehrperson
nicht fehlen darf (vgl. Mandl et al. 1998: 12ff.). Daher berät der Lehrer die Lernenden bei
Bedarf gezielt während der Lösung des Mysterys; er hält sich vorerst im Hintergrund und gibt
Hinweise bei konkreten Fragen oder Unklarheiten. Durch das eigenständige Lösen des
Mysterys findet ein selbstgesteuertes, schülerzentriertes Lernen statt, sodass der Lehrer im
Unterricht vor allem die Rolle eines Beraters einnimmt. Bei der Beobachtung der Gruppenar-
beit und in der Reflexionsphase kann der Lehrer zudem einen Einblick in das Vorwissen und
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die Argumentationsweisen der Schüler erlangen und nachfolgende Unterrichtsstunden ent-
sprechend konzipieren (vgl. Mandl et al. 1998: 12ff.).
Um die Kriterien eines guten Unterrichts zu erfüllen, sollte auch die entsprechende Lernum-
gebung vorhanden sein und Gelegenheiten zum Transfer gewährleistet werden, was nicht nur
einen Klassenraum voraussetzt, der Gruppenarbeit und wechselnde Unterrichtsformen ermög-
licht, sondern auch des Einsatzes angemessener Materialen zur eigenständigen Problemlösung
bedarf. Ein lernförderliches Unterrichtsklima ist ebenso von Bedeutung wie der Verwendung
abwechslungsreicher Arbeits- und Sozialformen im Unterricht, was durch das Mystery ge-
währleistet wird, sofern die Lehrperson die entsprechenden Phasen klar voneinander abgrenzt.
Auch der Fachbezug zu geographischen Inhalten kann durch das Mystery gesichert werden:
Insbesondere Probleme und Fallbeispiele aus der Angewandten Geographie bieten die Mög-
lichkeit, zu lernen, Wissen aus der systematischen Geographie anzuwenden und geographi-
sche Methoden zu integrieren (vgl. Vankan 2007:106ff.). Obwohl das Mystery die Rahmen-
bedingungen eines guten Geographieunterrichts erfüllen kann, birgt es neben weiteren Poten-
tialen auch einige Probleme.
2.1. Potentiale und Probleme des Mysterys
„Mysterys bieten die Möglichkeit, Denkprozesse und alltagsnahe Wissenskonstruktion im
Unterricht aufzugreifen und einer systematischen Reflexion zugänglich zu machen“ (Schuler
2005: 22). Sie fördern die Fähigkeit, in (globalen) Zusammenhängen zu denken, was dem
Thinking Through Geography Ansatz von David Leat entspricht. Während Aufgaben in der
Schule häufig aus der Zusammenfassung und der Analyse von gut organisierten, vorgegebe-
nen Texten zu einem Thema bestehen, gilt es im Alltag hingegen, fragmentarische Informati-
onen aus unterschiedlichen Quellen zu ordnen und diese sinnvoll zu verknüpfen. Durch den
Einsatz von Mysterys im Unterricht „[…] erwerben die Schüler auf spielerische Weise so-
wohl Fachkenntnisse als auch vielfältige methodische Kompetenzen“ (Vankan 2007: 106).
Ferner eignet sich das Mystery insbesondere für die Einleitung in eine neue Unter-
richtseinheit und kann eine hohe Schülermotivation hervorrufen, ein Rätsel zu lösen. Daher ist
sie auch für die untenstehende Unterrichtsstunde an einem Freitagnachmitttag geeignet. Bei
komplexeren Mysterys gibt es keine allgemeingültige Antwort auf die Einstiegsfrage; mehre-
re Lösungswege sind in diesem Fall denkbar und können eine Diskussion in der anschließen-
den Arbeits- und Sicherungsphase initiieren.
Ebenso bietet die Mystery-Methode den Schülern die Möglichkeit zum entdeckenden Lernen.
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Dabei
„[…] findet der Lernende schöpferisch und selbsttätig Lösungswege zur Bewältigung von Problemsi-tuationen (kreatives Lernen). Hierbei werden durch Eigeninitiative kognitive Strukturen aufgebaut, d.h. Einsichten und Kenntnisse erworben, die es ermöglichen, auch später auftretende Probleme eigen-ständig zu lösen und neue Zusammenhänge auszufinden“ (Schröder 2002: 21).
Hingegen können die zur Beginn der Unterrichtsstunde aufgestellten Hypothesen eventuell
andere Aspekte aufwerfen, die von der Lehrperson nicht in Erwägung gezogen wurden oder
die nicht auf das Stundenziel gerichtet sind. Hier gilt es, abweichende Gedankengänge der
Schüler zu integrieren und nicht auf vorgefertigte Lösungen zu beharren, da aus konstruktivis-
tischer Sicht verschiedene Antwortmöglichkeiten zugelassen sind (vgl. Mandl et al. 1998:13).
Problematisch ist bei dieser Methode außerdem ein ausgeprägtes Vorwissen seitens der Schü-
ler, welches möglicherweise dazu führt, dass die Problemstellung des Mysterys bereits in der
Einstiegsphase ohne weitere Bearbeitung gelöst werden kann. In diesem Fall sollte der Lehrer
diese richtige Schülerantwort als Hypothese behandeln und die Schüler anregen, diese durch
das Mystery zu überprüfen und mit Hilfe des Kontextmaterials zu belegen. Unbedingt mit
einkalkuliert werden sollte zusätzlich ein eventuell hoher Zeitbedarf von Seiten der Schüler
bereits beim Strukturieren der Daten, was aber durchaus erstrebenswert ist, da so jeder Denk-
schritt bedacht und abgewogen wird. Ferner ist es sinnvoll, nicht zu viele irrelevante Mystery-
Karten beizumischen, um eine zu große Verunsicherung bei den Schülern zu vermeiden. Des
Weiteren sollten die Karten präzise formuliert sein, da zu viel Text demotivieren kann. Prob-
lematisch ist zudem, dass die Lernenden beim Mystery bereits eine vom Lehrer vorgefertigte
Leitfrage präsentiert bekommen, auf die es gilt, eine Antwort zu finden. Damit die Schüler
auch lernen, eigenständig eine Fragehaltung zu entwickeln, sollte das Mystery nicht zu oft im
Unterricht eingesetzt und eine Methodenvielfalt gewährleistet werden (vgl. Vankan 2007:
106).
2.2. Eindruck der Kommilitonen zur Methode
Im Anschluss an unsere praktische Durchführung befragten wir auch unsere Kommilitonen zu
den Problemen und Potentialen dieser Methode. Die Mehrheit des Seminars empfand die Me-
thode als sehr schüleraktivierend und motivierend. Ein Kommilitone wies zudem daraufhin,
dass er durch die Strukturierung der Informationskärtchen zum Denken angeregt worden sei.
Zusammenfassend stimmten die Kommilitonen mit unseren Vorüberlegungen bezüglich der
Vorteile der Methode überein - insbesondere mit dem Aspekt der selbstständigen Erarbeitung
der Lerninhalt. Jedoch warfen die Seminarteilnehmer die Frage auf, ob die Anzahl der
Mystery-Kärtchen (24; s. Anhang S. 24-25) nicht zu hoch sei, da die Bearbeitung der Aufgabe
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und die Erstellung des Wirkungsgefüges zu Diskussionen in den Gruppen führte und dadurch
viel Zeit in Anspruch genommen habe. Dieser Effekt des kommunikativen Gruppenge-
sprächs, bei dem es zu Ko-Konstruktion und der Bewältigung kognitiver Konflikte kommt,
ist aber durchaus wünschenswert und rechtfertigt den relativ hohen Zeitaufwand in der Bear-
beitungsphase.
Durch einen Beitrag eines Kommilitonen wurde uns darüber hinaus bewusst, dass die Präsen-
tationsphase noch Verbesserungspotential hat: Die Beschränkung der Ergebnispräsentation
auf ein bis zwei Gruppen führt womöglich zu einer Frustration der nicht vortragenden Schü-
ler. Um auch diese besser in das Unterrichtsgeschehen einzubeziehen, stellt beispielsweise ein
Galleriegang eine sinnvolle Alternative dar. Ein anschließendes Gespräch im Plenum ist al-
lerdings von Nöten, um Vergleiche zwischen den einzelnen Ergebnissen und Vorgehenswei-
sen zu ziehen und bietet Gelegenheit, konträre Meinungen zu diskutieren.
3. Didaktische Analyse des Unterrichtsbeispiels Diese theoretischen Vorüberlegungen sollen nun exemplarisch anhand einer Unterrichtsstun-
de zum Thema „Blutdiamanten“ in Sierra Leone veranschaulicht werden. Die didaktische
Analyse wird neben einer Beschreibung der Relevanz des Unterrichtsgegenstandes, einer Ei-
nordnung in den Lernbereich und einer Sachanalyse auch die Bedeutsamkeit der einzelnen
Unterrichtsphasen hervorheben.
3.1. Relevanz des Unterrichtsgegenstands: Bildungsziel
Die folgende Unterrichtsstunde zum Thema Blutdiamanten hat eine bedeutende Gesell-
schaftsrelevanz: Sie ist angelehnt an den Hamburger Rahmenplan für die gymnasiale Oberstu-
fe und lässt sich in den Bereich „Globales Problemfeld und Handlungsansätze für nachhaltige
Entwicklung“ einordnen, indem sich die Schüler mit der Analyse eines globalen Problem-
felds, wie den von uns gewählten Ressourcenkonflikten, auseinandersetzen sollen. Im Kom-
petenzbereich „Raumanalyse“ wird hier auf grundlegendem Niveau vorgegeben, dass Schüler
am Ende des Halbjahres „ein globales Problemfeld hinsichtlich Ursachen, Ausmaß und Fol-
gen“ analysieren. Dazu zeigen sie auf gehobenen Niveau „[…]Ursachen-
Wirkungszusammenhänge im Beziehungsgeflecht natürlicher, wirtschaftlicher, gesellschaftli-
cher und politischer Faktoren auf“ (BSP 2009: 17). Im Kompetenzbereich der „Raumbewer-
tung“ sollen auf grundlegendem Niveau „[…]Prozesse mithilfe von Wirkungsgefügen, Fließ-
schemata oder anderer geeigneter graphischer Darstellungsformen“ präsentiert werden und
die Schüler sollen in der Lage sein „[…]Handlungsansätze der Problemlösung im Hinblick
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auf Nachhaltigkeit zu bewerten“ (BSP 2009: 17). All dies wird in unserer Unterrichtseinheit
gewährleistet.
Inhaltlich wird in diesem Themenbereich neben der Analyse eines globalen Problemfeldes
verbindlich die Betrachtung eines geschichtlichen Aspekts gefordert, und zwar die „Entwick-
lung seit 1989/90: dem Ende des Kalten Krieges, der Globalisierung und der Europäisierung“
(BSP 2009:18). Da das Ende des Kalten Krieges und das darin begründete Ende der Stellver-
treterkriege der USA und des Ostblocks in Afrika eine versiegende Geldquelle für afrikani-
sche Aufständische bedeutete, entwickelte sich das Phänomen der Blutdiamanten in den 90er
Jahren. Desweiteren funktioniert die dortige Kriegsökonomie nur auf Grund der Globalisie-
rung, weshalb sich die folgende Stunde mit beiden verbindlichen Inhalten des Themenfeldes
beschäftigt (vgl. BSP 2009: 18; Liebrich 2010: 208).
Dazu hat das Thema der Unterrichtseinheit eine hohe Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung:
Bei der wachsenden Weltbevölkerung mit steigendem Lebensstandard wird die nachhaltige
Nutzung endlicher Ressourcen immer wichtiger und der Handlungsbedarf immer akuter, wes-
halb das Thema für Schüler unabdingbar für die Beurteilung von Mensch- Umwelt Beziehun-
gen ist. Der umsichtige Umgang mit der Ressourcenknappheit durch jeden einzelnen Konsu-
menten ist bedeutend und muss zuallererst durch Aufklärung angestoßen werden.
Neben dem Zukunfts- und Gegenwartsbezug des Themas ist auch eine Schülerrelevanz er-
kennbar, die insbesondere durch die Leitfrage erzielt wird. Zwar werden die meisten Schüler
in Deutschland zunächst keine direkte Verbindung mit dem Thema Blutdiamanten in ihrem
Lebensbereich erkennen können, dennoch bietet eine sinnvoll ausgewählte Leitfrage die Mög-
lichkeit, auch dieses Thema für sie zugänglich zu machen. Der Bezug zur Schülerwelt besteht
bei den Blutdiamanten vornehmlich indirekt durch Werbungen und Filme. Der Brauch des
diamantenen Verlobungsringes wird auch den meisten bekannt sein. Obwohl die Schüler folg-
lich höchstwahrscheinlich keinen direkten Kontakt mit Diamanten haben, rufen diese meist
positive Assoziationen hervor und sind ein allgemeines Symbol für Wohlstand, Glamour und
Ansehen.
Wie bereits erwähnt, eignet sich das Thema Blutdiamanten hervorragend für den Einstieg in
eine neue Lerneinheit. In der anschließenden Unterrichtsstunde beziehungsweise vorbereiten-
den Hausaufgabe soll den Schülern die Beschäftigung mit dem Ressourcenkonflikt um Coltan
ermöglicht werden. Durch einen Vergleich der beiden Konflikte soll den Schülern somit klar
werden, dass zahlreiche Parallelen existieren und sie somit bereits mit den meisten Ursachen
und Folgen des Coltankonflikts vertraut sind. Gleichzeitig wird an dieser Stelle der direkte
Bezug zum Schüler und in der folgenden Unterrichtsstunde auch zu seinem Konsumverhalten
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aufgebaut, denn die Mehrheit der Schüler besitzt heutzutage ein Mobilfunkgerät, für dessen
Herstellung Coltan verwendet wurde.
3.2. Einordnung in den Lernbereich und Vorwissen der Schüler
Die folgende Unterrichtsstunde lässt sich in den Themenbereich Global Change,
Syndromkomplexe und globale Ressourcenkonflikte sowie den Schnittfelder von Physischer
Geographie und Humangeographie einordnen. Dabei stellt unsere geplante Stunde einen Ein-
stieg in eine neue Unterrichtseinheit dar, weshalb die Lösung des Mysterys kein Vorwissen
voraussetzt.
3.3. Sachanalyse
Der Bürgerkrieg in Sierra Leone und das damit zusammenhängende Problem der Blutdiaman-
ten können als Extrembeispiel für die weltweit auftretenden Ressourcenkonflikte herangezo-
gen werden. Obwohl der Begriff der Blutdiamanten strittig ist, herrscht Einigkeit darüber vor,
dass es sich um in besetzten Minen geschürfte Diamanten handelt, die illegal in den Westen
verkauft werden und mit deren Erlös ein Krieg aufrecht erhalten wird (vgl. Vehnämäki, 2002:
65). Da es sich bei Diamanten um ein Luxusgut handelt und nicht um eine überlebensnotwen-
dige Ressource wie beispielsweise Wasser, liegt die Kriegsursache in Sierra Leone, nicht al-
lein im Ressourcenreichtum des Landes, sondern auch, wie häufig bei derartigen Kriegen, in
der damaligen politischen Führung. Trotzdem besetzten die Rebellen zuallererst die Diaman-
tenminen, um eine Geldquelle zu kontrollieren und somit auch eine Machtposition zu erlan-
gen. Laut einer Veröffentlichung der Weltbank erhöht Ressourcenreichtum immer das Bür-
gerkriegsrisiko eines Landes und unabhängig davon, ob es die alleinige Kriegsursache ist,
führt es stets zu einer längeren Dauer der Konflikte (vgl. Jung, 2003: 1; Vehnämäki 2002: 50).
Die Konsequenzen eines solchen Bürgerkrieges sind zahlreiche Opfer durch Menschenrechts-
verletzungen vor allem in den sozial schwächeren Bevölkerungsteilen, eine Schwächung bis
hin zur Zerstörung der Staatsstrukturen und häufig auch eine Aufhebung und ein Verfall des
Rechtssystems (vgl. Dutz 2002: 39-40). Wie bereits erwähnt, stellt der Konflikt um Blutdia-
manten durch seine enge Verknüpfung mit einem Krieg eine Extremform des Ressourcenkon-
flikts dar, dennoch haben auch andere Ressourcenkonflikte wie z.B. der um Tropenhölzer, um
Wasser, um Land oder um Coltan ähnliche Strukturen, denn in jedem Fall ist der Rohstoff
eine Ursache für den Konflikt und die Folgen sind Menschenrechtsverluste und generelles
Leiden der sozialschwächeren Teile einer Bevölkerung. Zudem befinden sich die größten Pro-
fiteure meistens in den Industriestaaten (vgl. Dutz 2002: 23, 31). Die Frage, wie genau dieser
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oder ein vergleichbarer Konflikt zu lösen ist und im besten Fall eine nachhaltige Entwicklung
entstehen kann, ist nicht pauschal zu beantworten, wird sich den meisten Schülern aber
zwangsläufig stellen und eignet sich somit bestens für eine Diskussion am Ende der Unter-
richtseinheit.
3.4. Unterrichtsplanung und Lernziele
Thema der Doppelstunde: Blutdiamanten Thema der Unterrichts-einheit und Unterrichts-kontext:
Global Change, Syndromkomplexe und globale Ressourcenkon-flikte, Schnittfelder von Physischer Geographie und Humangeo-graphie
Klassenstufe 11 Gymnasium/Stadtteilschule in Hamburg Freitag: 5./6. Stunde Ca. 25-30 Schüler Lernziele 1) Die Schüler können Sierra Leone geographisch einordnen. 2) Die Schüler können einen begründeten Zusammenhang zwi-
schen dem Bürgerkrieg in Sierra Leone und dem westlichen Konsum von Diamanten herstellen.
3) Die Schüler können die gelernten Inhalte auf einen anderen Sachverhalt übertragen und Parallelen/Unterschiede zwischen dem Ressourcenkonflikt um Coltan herstellen.
Lernziel der nächsten Stunde
Die Schüler können ihr eigenes Konsumverhalten kritisch reflek-tieren.
���������������������������������������� �������������������3 SuS = Schüler und Schülerinnen, UG = Unterrichtsgespräch, EA = Einzelarbeit, PA = Partnerarbeit, GA= Gruppenarbeit
Zeit Unter-richtsphase
Intention/Lernziele
Arbeits-/ Sozial- Medien form
Rolle des Lehrers Rolle der Schüler
7 min
Einstieg
Die SuS3 sollen Vermutungen zum Zusam-menhang zwischen dem Ehepaar und dem Jungen anstellen, mit Partner besprechen, im Plenum äußern (Think- Pair- Share) Motivati-on, Fragehaltung aufwerfen, Vorerfahrung aktivieren Phasenziel: Hinwendung zum Unterrichtsge-genstand
UG/PA
Bild von einem Ehe-paar und einem ca. dreizehnjährigen Jun-gen, Beamer
arrangiert Problemsituati-on, stellt Werkzeug zur Problemlösung zur Verfü-gung erklärt Mystery
zunächst Rezipienten, danach aktiv beteiligt, stellen Hypothesen auf
25 min
Erarbei-tungsphase
selbstständige Erarbeitung der Problemstel-lung SuS sollen Ergebnisse zu Oberbegriffen auf DIN A 5 Kärtchen schriftlich festhalten Lernziel 1+2(s.o)
GA (à ca. 4-5 SuS)
Karten mit Städtena-men und Kontinenten Mystery-Karten, Leit-frage auf Umschlag Diercke Welt- atlas S.132ff.
Berater, hält sich im Hin-tergrund, beantwortet ggf. Fragen, gibt Hilfestellun-gen, lässt unterschiedliche Lösungen zu
aktiv, arbeiten selbstständig unter Anleitung, Problemlöser, lernen kooperativ
25 min
Präsentati-on der Ar-beitsdurchführung
Zwei Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse, kleben Oberbegriffe an Tafel, Mitschüler ergänzen Lernziel: 1+2 (s.o)
GU/ UG
Leere DIN A5 Karten für die Oberbegriffe
achtet auf Zeitmanage-ment, entscheidet, welche Gruppen vorstellen, hält sich während Präsentation zurück, initiiert Diskussion
aktiv, präsentieren Ergebnisse, stellen diese argumentativ dar
15 min
Siche-rung/Diskussion
Kritische Bewertung der Ergebnisse, Abgleich mit Eingangshypothesen
UG/ EA
Arbeitsheft
Initiiert Denkprozess durch Impuls: „Inwieweit muss-tet ihr eure Eingangshypo-these korrigieren?“
Reflektieren eigenes Handeln und Denken Fassen Ergebnisse zusammen
5 min Aus-blick/Reflexion
SuS können kritisch zur These Stellung neh-men, ob Coltanerze die neuen Blutdiamanten sind Lernziel: 3 (s.o)
UG
Folie- „Coltanerze- Die neuen Blutdiamanten?“
zeigt Folie, bietet Vorlage für Transfer
aktiv, sollen Stellung bezie-hen, beurteilen, argumentieren
Didaktische
Reserve/HA Sachtext zum Thema Coltanerze EA Erinnert SuS an HA Sollen schriftlich Paralle-
len/Unterschiede zw. den Ressourcen (-konflikte) Coltan/Diamanten in einer Tabelle aufführen
Tabellarische Übersicht der Unterrichtsstunde zum Thema „Blutdiamanten in Sierra Leone“
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3.5. Didaktische und methodische Begründung
Der Einstieg der Unterrichtsstunde erfolgt problemorientiert und schüleraktivierend. Die
Lehrperson projiziert ein Bild eines Ehepaares und eines Jungen an die Wand und fordert die
Schüler auf, erste Vermutungen zum Zusammenhang zwischen den Personen herzustellen (s.
Anhang S.23). In dieser Denkphase konstruiert jeder Lernende eigenständig die Antwort auf
die Frage und verbindet sein Vorwissen mit neuem Wissen. Anschließend findet ein kurzer
mündlicher Austausch (ca. 1-2 min) mit dem Partner statt, wodurch eine Ko-Konstruktion
stattfindet und möglichst alle Schüler aktiviert werden sollen. Als letzten Teil des Think-
Pair- Share4 Prinzips äußern die Schüler ihre Überlegungen im Plenum, die der Lehrer jedoch
unkommentiert lässt. Aufgrund der genannten Namen der Personen, die auf den Bildern zu
erkennen sind, können die Schüler situiert und anhand eines authentischen Problems lernen.
Im Rahmen dieses induktiven Verfahrens können die Schüler von „mehreren bekannten Ein-
zelfällen durch Induktion auf das Allgemeine beziehungsweise ein generelles Gesetz“ schlie-
ßen, indem sie zunächst Hypothesen über den Zusammenhang der dargestellten Personen an-
stellen, wodurch ein hoher Anschauungsgehalt und eine breite Schülermotivation erzielt wer-
den sollen (Rinschede 2007: 236).
Der Lehrer erklärt nach der Sammlung der Hyptohesen im Plenum, dass zur Lösung des ge-
schilderten Problems verschiedene Mystery-Karten mit weiteren Hinweisen hinzugezogen
werden (s. Anhang S. 24ff.). Er gibt an dieser Stelle zudem zu erkennen, dass die Schüler am
Ende der Stunde ein begründetes Wirkungsgefüge zu den in den Mystery- Karten dargestell-
ten Sachverhalten erstellen sollen. Alternativ kann der Lehrer die Schüler auch bitten, eigen-
ständig zu überlegen, welche Ebenen zur Beantwortung der Frage in Betracht gezogen werden
können (z.B. Ursache-Wirkungszusammenhänge, zeitliche Zusammenhänge etc.). Er weist
ferner darauf hin, dass unter den Mystery- Karten auch einige irrelevante Informationen ge-
mischt sind und bittet die Schüler, die gewonnenen Erkenntnisse zu Oberbegriffen auf weite-
ren DIN A5 Zetteln zusammenzufassen. Bei schwächeren Lerngruppen muss der Lehrer ge-
gebenenfalls noch einen Arbeitsschritt mehr einplanen und mit den Schülern nach Lösung des
Mystery zunächst die Anordnung der Kärtchen besprechen, bevor sie für die beschriebenen
Faktoren Oberbegriffe finden sollen (s. Anhang, S. 27). Außerdem sollte der Lehrer darauf
hinweisen, dass die Schüler alle Orte, die im Mystery genannt werden, geographisch im Atlas
verorten sollen, wodurch gewährleistet werden soll, dass die Lernenden die Lage Sierra Leo-
nes in Afrika erkennen, und, aufbauend auf ihr Vorwissen, dessen klimatischen Bedingungen
���������������������������������������� �������������������4 vgl. Heckt 2007:31
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in ihren Überlegungen berücksichtigen. Eigenständig sollen sie im Atlas ermitteln, dass Sierra
Leone in Westafrika liegt und ein stark landwirtschaftlich geprägtes Land ist. Die angrenzen-
de Lage zu Liberia stellt einen ersten Hinweis zu der Rolle des Landes und seines damaligen
Staatsführers Charles Taylor in dem Konflikt dar. Dieser muss mit dem Kontextmaterial in
einen Zusammenhang gebracht werden, um den Einfluss Liberias vollends verstehen zu kön-
nen. Außerdem soll die Verteilung insbesondere der Diamantenressourcen im Landesinneren
betrachtet werden und dadurch das Ausmaß der Besetzung durch die RUF verdeutlicht wer-
den.
Folglich ist die Einstiegsphase durch einen relativ hohen instruktionalen Anteil geprägt, der
jedoch von Nöten ist, sofern die Schüler noch nicht mit der Mystery-Methode vertraut sind.
Desweiteren ist eine genaue Anleitung durch den Lehrer in dieser Phase wichtig, um den
Schülern eine Struktur zu vermitteln, die sie zur eigenständigen Lösung des Mysterys benöti-
gen. Eine mögliche Schwierigkeit in dieser Unterrichtsphase könnte darstellen, dass die Schü-
ler entweder vorschnell zu einer plausiblen Antwort auf die Leitfrage kommen, wie „in Afri-
ka gibt es nun mal Bürgerkrieg“ oder – und das wäre das andere Extrem – sie eine so große
Diskussionsbereitschaft zeigen, dass es den zeitlichen Rahmen der eigentlich kurz angedach-
ten Einstiegsphase sprengen würde. Umso wichtiger ist es, dass der Lehrer klare zeitliche
Vorgaben erteilt und wiederum das Interesse der Schüler weckt, das Mystery zu lösen. Verfü-
gen die Schüler wiederum um so viel Vorwissen, dass sie bereits mit dem Ressourcenkonflikt
um Diamanten in Berührung gekommen sind, könnte unter Umständen das Mystery bereits
durch einen einzelnen Schülerbeitrag gelöst werden. Vermutet der Lehrer ein solches Vorwis-
sen seiner (oder einiger) Schüler, bietet es sich an, die Vermutungen über die Verbindungen
zwischen den auf den Bildern dargestellten Personen nicht mündlich im Plenum anzustellen,
sondern schriftlich im Arbeitsheft zu fixieren, um zu vermeiden, dass die anderen Schüler die
Motivation verlieren, das Mystery zu lösen.
In der anschließenden Erarbeitungsphase finden sich die Schüler anhand von Kärtchen mit
jeweils unterschiedlichen Städtenamen zu Vierer- bis Fünfergruppen zusammen, die vom
Lehrer beliebig ausgeteilt werden. Die Schüler nehmen an den Gruppentischen mit den ent-
sprechenden Kontinenten Platz (s. Anhang S. 35). Auf den Tischen befinden sich ebenso die
Materialeien für das Mystery und der dazugehörige Arbeitsauftrag (s. Anhang S. 23ff.). Diese
Methode der Gruppenfindung fördert die Heterogenität der Gruppenzusammensetzung und
gewährleistet, dass Schüler, losgelöst von ihrer sozialen Stammgruppe, mit unterschiedlichen
Arbeits- und Denkweisen Anderer konfrontiert werden. Die Sozialform der themen- und me-
thodengleichen Gruppenarbeit soll das kooperative Lernen ermöglichen, indem unterschiedli-
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che Perspektiven aufgezeigt werden, die wiederum zur Diskussion anregen. Auf diese Weise
lernen Schüler, dass es nicht nur ihre eigene „eine“ Lösung gibt. Eine weitere Funktion und
Ziel der Gruppenarbeit ist der selbstständige Umgang mit dem Unterrichtsgegenstand unter
dem Lernziel der Kooperation, der Förderung der Kommunikationsfähigkeit und Steigerung
der sozialen Handlungskompetenz im Rahmen des entdeckenden Lernens (vgl. Rinschede
2007: 213; Schröder 2002: 21).
Der Lehrer hält sich in dieser Unterrichtsphase im Hintergrund; er gibt bei Bedarf Hilfestel-
lungen und lässt Umwege beim Lernen zu. Zur Gewährleistung einer möglichst hohen Trans-
parenz des gesamten Unterrichtverlaufs sollte der Lehrer den Schülern erklären, dass nach
Bearbeitung der Aufgabe zwei Gruppen ihre „Ergebnisse“ präsentieren werden. Um eine hohe
Schüleraktivierung sicherzustellen, sollte die Lehrperson die entsprechenden Gruppen aller-
dings erst am Ende der Bearbeitungsphase bekannt geben.
Mit Hilfe des Mysterys können die Schüler lernen, Informationen zu kategorisieren und zu
strukturieren. Sie sollen sich argumentativ mit den Ursache- Wirkungszusammenhängen aus-
einandersetzen und regionale, nationale und globale Interdependenzen erkennen. Anschlie-
ßend sollen sie schließlich in der Lage sein, ein Wirkungsgefüge zu erstellen.
Als wesentliche Ursachen des Ressourcenkonfliktes um Diamanten können die Schüler zum
Beispiel die Gier nach schnellen, großem Profit entdecken (z.B. s. Anhang S. 24-25, Mystery-
Karten 1, 9), auf nationaler Ebene können die Lernenden politische Ursachen ausmachen
(z.B. s. Anhang S. 24-25, Mystery-Karten 1, 5, 10) und als globaler Faktor ebenso die westli-
che Nachfrage nach Diamanten (z.B. s. Anhang S. 24-25, Mystery-Karte 13). Als wesentliche
Folgen können die Schüler Krieg mit Menschenrechtsverletzung und die Bildung einer
Kriegsökonomie ermitteln (z.B. s. Anhang S. 24-25, Mystery-Karten 4, 8, 11, 22). Das mitge-
lieferte Kontextmaterial liefert zusätzliche Hintergrundinformation, die zur Lösung des
Mystery herangezogen werden sollen. Demzufolge können die Schüler sowohl die physischen
und klimatischen Gegebenheiten Sierra Leones als auch die Wirtschafts- und Bevölkerungs-
daten des Landes ableiten. Hier sind einerseits ein hoher Anteil der Bevölkerung unter der
Armutsgrenze und andererseits die Konzentration auf landwirtschaftliche Exportgüter er-
kennbar (s. Anhang S.26, M3). Die geringe Lebenserwartung, die hohe Kindersterblichkeits-
rate ebenso wie das sehr geringe Durchschnittsalter sollen von den Schülern als Indikatoren
für ein Entwicklungsland erschlossen werden und als wichtige Hintergrundinformation in
Verbindung mit dem Ressourcenkonflikt gebracht werden (s. Anhang S.26, M3). Erschließbar
sind außerdem die Entstehung eines Diamanten (s. Anhang S. 27, M8), Anfang und Ende des
Krieges in Sierra Leone (s. Anhang S. 26, M4; M5), ein Ansatz zur Bekämpfung des Phäno-
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mens Blutdiamanten (s. Anhang S. 26, M4) sowie das Ausmaß des Diamantenschmuggels (s.
Anhang S. 27, M9). Die Schüler sollen den Verlauf des Ressourcenkonflikts in Sierra Leone
verstehen, dessen Ursachen und Folgen in ihrem vollen Ausmaß erkennen und den Zusam-
menhang zwischen einem afrikanischen Bürgerkrieg und der westlichen Industriestaaten her-
stellen. All dies kann dem Kontextmaterial in Verbindung mit den Mystery-Karten entnom-
men werden (s. Anhang S.26, M2).
Bei inhaltlichen Fragen von Seiten der Schüler sollte der Lehrer in dieser Phase darauf achten,
zwar Denkanstöße zu liefern, ihnen jedoch nicht die vollständige Antwort zur Leitfrage zu
geben.
In der Präsentationsphase werden die erarbeiteten Teilziele überprüft und die Denkprozesse
der Schüler reflektiert. Die schriftliche Fixierung erfolgt durch die von den Schülern angefer-
tigten Kärtchen, die an die Tafel geklebt werden. Diese Unterrichtsphase ist von großer Be-
deutung, da das metakognitive Lernen, das heißt die Reflexion des eigenen Denkens und der
eigenen Vorgehensweise, gefördert wird und unabdingbar für den weiteren Lernprozess ist
(vgl. Vankan 2007: 167). Daher sollten zwei Gruppen ihre Ergebnisse präsentieren, deren
Lösungsvorschläge möglichst konträr sind. Dazu kleben die entsprechenden Schülergruppen
ihre Zettel mit den Oberbegriffen wie z.B. „Rebellen“ und „Diamantenhändler“ an die Tafel
und begründen ihre Anordnung. Um die gesamte Klasse im Unterrichtsgespräch zu integrie-
ren, sollte der Lehrer ebenso die jeweils anderen Gruppen nach ihren Lösungen befragen und
deren Argumentationen einbeziehen. Alternativ bietet sich ein Galleriegang an, bei dem ein
Teil der Schüler ihre Ergebnisse präsentiert und der andere Teil sich die unterschiedlichen
Vorgehensweisen anschauen. Die Lehrenden sollen dabei erkennen, dass monokausale Erklä-
rungen des Ressourcenkonfliktes unangebracht sind und vielmehr ein Zusammenspiel aus
anthropogenen, physischen, regionalen, nationalen und globalen Ursachen dafür verantwort-
lich ist (s. Anhang S.28). Dabei sollte der Lehrer mehrere Antwortmöglichkeiten zulassen und
Wert darauf legen, dass die Schüler ihre Anordnung der Karten begründen können. Möglich
ist zum Beispiel eine Untergliederung in lokale, nationale und internationale Akteure oder
eine Kategorisierung des Konflikts in Ursachen und Folgen. Den Schülern soll dabei ersicht-
lich werden, dass einerseits regionale Akteure in Sierra Leone (Soldaten, Rebellen, Warlords,
Diamantenschürfer, Flüchtlinge, etc.) aber auch nationale und globale Akteure in Deutschland
(Konsumenten, Juweliere/Schmuckindustrie, Großhändler, Werkezugindustrie, etc.) direkt
oder indirekt am Ressourcenkonflikt um Diamanten beteiligt sind (s. Anhang S.28). Dabei
bleibt es der Schülerargumentation überlassen, ob Ismael ein Soldat oder ein Diamantenschür-
fer ist. Ebenso offen bleibt, ob dem Jungen sein Arm auf brutale Weise entfernt wurde, weil er
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einen Diamanten gestohlen hat, oder, und auch das war eine gängige Praxis in Sierra Leone,
damit er nicht mehr den Präsidenten Kabbah wählen kann. Dies geht beabsichtigter Weise
nicht eindeutig aus den Mystery-Karten hervor, um die Argumentationskompetenz der Leh-
renden zu fördern.
Dem gegenüber steht das Ehepaar Lieblich, das die westlichen Diamanten-Konsumenten re-
präsentiert. Den Schülern soll dabei deutlich werden, dass diese ihren Ehering über einen re-
gionalen Juwelier erhalten haben, der wiederum seine Ware von einem Großhändler erhält.
Durch die teilweise sehr lange Wertschöpfungskette soll den Lehrerenden bewusst werden,
dass die Herkunft eines Diamanten dementsprechend schwer nachvollziehbar ist. Durch das
Kontextmaterial erfahren sie zudem, dass das 2003 in Kraft getretene Kimberly-Abkommen
jedoch eine Offenlegung des Herkunftsortes jedes Diamanten vorsieht. Ebenso gehen aus dem
mitgelieferten Kontextmaterial hervor, dass Sierra Leone trotz seines Ressourcenreichtums
durch eine wirtschaftliche Unterentwicklung gekennzeichnet ist, was einerseits an dem hohen
Anteil der unter der Armutsgrenze lebenden Bevölkerung (70,2%) und andererseits an der
niedrigen Lebenserwartung (56,55 Jahre) deutlich wird (s. Anhang S. 26, 27). Somit bietet
eben dieser Widerspruch eine mögliche Grundlage für eine anschließende Diskussion. Damit
bleibt darauf zu verweisen, dass der Bürgerkrieg in Sierra Leone seit 2003 abgeschlossen ist
und die weitere demographische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu beobachten
bleibt.
Besonders wichtig in der anschließenden Sicherungsphase ist, dass die Schüler sich rückbli-
ckend mit ihren Problemlösestrategien auseinandersetzen und die Anordnung der Kärtchen
begründen sollen. Gegebenenfalls muss der Lehrer hinterfragen, welche der Aspekte auf regi-
onale beziehungsweise globale Ursachen zurückzuführen sind. Um die Denkprozesse der
Schüler weiter nachvollziehen zu können, kann der Lehrer die Schüler desweiteren bitten, zu
argumentieren, welche Faktoren sie als Ursachen und welche als Folgen des Konfliktes be-
trachten. Dabei sollten andere Schülerargumentationen zugelassen und vom Lehrer erfragt
werden, um die Argumentationskompetenz zu verbessern und eine breite Schüleraktivierung
zu gewährleisten. Außerdem bittet der Lehrer die Schüler, ihre Eingangshypothesen zu über-
prüfen und sich mündlich im Plenum darüber zu äußern, inwiefern sie diese aufrechterhalten
können oder revidieren müssen. Dieser Schritt ist unabdingbar, um den Schülern ihren eige-
nen Lern- und Denkprozess bewusst zu machen. Außerdem sollen die Schüler die Ergebnisse
schriftlich in ihrem Arbeitsheft fixieren.
In der Reflexionsphase werden die erreichten Ziele in einen größeren Zusammenhang gestellt
und die an dem Beispiel gewonnenen Erkenntnisse auf einen anderen Bereich übertragen,
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wodurch eine Vertiefung und Erweiterung der erworbenen Sachverhalte gewährleistet wird.
Dazu projiziert der Lehrer die Folie „Coltanerze- die neuen Blutdiamanten?“ an die Wand und
bittet die Schüler ihre Überlegungen zur Frage zu schildern (s. Anhang S.30). Die Frage zielt
noch einmal darauf ab, die gelernten Inhalte in einen größeren Zusammenhang zu stellen und
auf einen anderen Ressourcenkonflikt zu übertragen. Als Hilfestellung bei mangelnder Schü-
lerbeteiligung könnte der Lehrer darauf hinweisen, wie die Vermutung entstanden sein könn-
te, dass „Coltanerze“ als „neue Blutdiamanten“ bezeichnet werden. Der Lehrer muss unter
Umständen zunächst erfragen, in welchen Gegenständen im Alltag Coltan enthalten ist und
inwieweit die Schüler damit vertraut sind. Auch diese von den Schülern geäußerten Vermu-
tungen werden vom Lehrer wertfrei entgegengenommen und sollten anhand eines Sachtextes
verifiziert oder falsifiziert werden. Je nach verbleibender Zeit, können die Schüler den Text
noch bis Ende der Stunde oder ggf. als Hausaufgabe lesen (s. Anhang S. 30ff.). Zudem weist
der Lehrer daraufhin, dass die Schüler eine Tabelle mit einer Gegenüberstellung der beiden
Ressourcen (Coltan und Diamanten) und den unterschiedlichen Ressourcenkonflikten auf
Grundlage der im Unterricht erworbenen des Sachtextes vermittelten Inhalte anfertigen sollen.
Die darauffolgende Unterrichtstunde könnte sich darauf konzentrieren, die Schüler zu veran-
lassen, sich mit ihrem eigenen Konsumverhalten kritisch auseinanderzusetzen. Hierbei könnte
explizit die Rolle des Konsumenten in Ressourcenkonflikten erörtert und bewer tet werden.
3.6.Kompetenzbereiche
Angelehnt an die von der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG) konzipierten Kom-
petenzbereiche für Hamburg, sollen nun die einzelnen Schwerpunkte des Unterrichtbeispiels
aufgezeigt werden (vgl. Abb.1).
In der vorgestellten Unterrichtsstunde wird vorranging die Kompetenz der Erkenntnisgewin-
nung/Methoden und der Erwerb von Fachwissen gefördert. Insbesondere durch das mitgelie-
ferte Kontextmaterial wird den Schülern abverlangt, dass sie die Texte und Graphiken inter-
pretieren und Zusammenhänge zu den Mystery- Kärtchen herstellen. Der Kompetenzbereich
Fachwissen beinhaltet die Fähigkeit, „Räume auf den verschiedenen Maßstabsebenen als na-
tur- und humangeographische Systeme zu erfassen und die Wechselbeziehungen zwischen
Mensch und Umwelt analysieren zu können“ (DGfG 2007: 9). Dies wird insbesondere durch
die Anordnung der Kärtchen und das Kontextmaterial gefördert, sodass die Schüler ein um-
fangreiches Hintergrundwissen über den Verlauf des Bürgerkriegs in Sierra Leone sowie über
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das Problem der Blutdiamanten als Treiber dieses Krieges erlangen können.
Durch die Gruppenarbeit wird fast ebenso stark die Kommunikationskompetenz gestärkt, die
die Fähigkeit beinhaltet, „geo-
graphische Sachverhalte zu ver-
stehen, zu versprachlichen und
präsentieren zu können sowie
sich im Gespräch mit anderen
sachgerecht austauschen zu kön-
nen“ (DGfG 2007: 9). Bei-
spielsweise müssen die Schüler
in ihrer Gruppe zusammen arbei-
ten, um einen gemeinsamen Lö-
sungsansatz präsentieren zu kön-
nen. Dabei haben die Schüler
möglicherweise unterschiedli-
che Kriterien, nach denen sie
die Kärtchen anordnen, was wiederum die Argumentationskompetenz stärkt.
Durch die falschen Fährten und die Strukturierung der Materialien sind die Lehrenden außer-
dem angehalten, die verwendeten Informationen zu bewerten und zu beurteilen. Dadurch soll
die Fähigkeit gefördert werden, „[…] raumbezogene Sachverhalte und Probleme, Informatio-
nen in Medien und geographische Erkenntnisse kriterienorientiert als auch vor dem Hinter-
grund bestehender Werte in Ansätzen beurteilen zu können“ (DGfG 2007: 9).
Eher im Hintergrund stehen in dieser Unterrichtsstunde die Förderung der räumlichen Orien-
tierung sowie die Stärkung der Handlungsorientierung. Zwar sollen die Schüler gemäß Lern-
ziel 1 und Aufgabe 1 Sierra Leone „geographisch“ verorten, jedoch ist dies die einzige Auf-
gabe, bei der sie gefordert sind, ihre Kompetenz der räumlichen Orientierung zu entfalten.
Um auch diese Kompetenz zu stärken, könnten beispielsweise vom Lehrer speziell nach La-
gebeziehungen zu umliegenden Ländern gefragt werden.
Die Handlungsorientierung beinhaltet die Fähigkeit „potentiell in konkreten Handlungsfeldern
sach- und raumgerecht tätig zu werden und Lösungen von Problemen beizutragen“, was eben-
so nur teilweise gefördert wird. Um auch diese Kompetenz zu stärken, könnte der Lehrer im
Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung die Schüler in der Reflexionsphase zum
Beispiel nach möglichen Lösungsansätzen sowie umweltgerechten Maßnahmen im Blutdia-
Abbildung 1 Analysespinne der geförderten Kompetenzbereiche in der Unterrichtsstunde (eigene Erhebung nach DGfG 2007)
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mantenkonflikt fragen. Deutlich stärker gestärkt wird diese Kompetenz mit Sicherheit in der
darauf folgenden Stunde, in der der Coltan-Abbau thematisiert werden soll.
Wie angedeutet, können nicht alle Kompetenzbereiche gleichermaßen gestärkt werden, sodass
in der vorgestellten Unterrichtsstunde ein Schwerpunkt auf den Erkenntnisgewinn, die Kom-
munikationskompetenz und die Vermittlung von Fachwissen gelegt wurde.
3.7. Raumkonzepte
Neben den verschiedenen Kompetenzfeldern, die in dieser Unterrichtsstunde gefördert wer-
den, liegen dieser Stunde ebenso unterschiedliche Raumkonzepte zugrunde.
Hauptsächlich wird jedoch der „Raum als Container“ betrachtet, in dem bestimmte Sachver-
halte der physisch-materiellen Welt enthalten sind. Bei diesem Raumkonzept wird ein Wir-
kungsgefüge natürlicher und anthropogener Faktoren als das Ergebnis von Prozessen defi-
niert, wobei das Prozessfeld menschlicher Tätigkeiten im Vordergrund steht. Auch die Schü-
ler sind gefragt, in einem begrenzten, klar definierten Raum einen Zusammenhang zwischen
dem Ressourcenreichtum Sierra Leones und dem dortigen Bürgerkrieg herzustellen, was sie
schließlich graphisch in einem Wirkungsgefüge darstellen sollen.
Jedoch ist darauf zu achten, dass keine „Schwarz-Weiß-Malerei“ vonseiten der Schüler oder
des Lehrers betrieben wird. Die Erkenntnis, alle afrikanischen Länder seien korrupt, gewalt-
bereit und unterentwickelt ist an dieser Stelle durch eine differenziertes Vorgehen bei der Prä-
sentation der Schülerergebnisse unabdingbar. Vermutlich werden einige Gruppen auch die
„westliche Welt“ der „Dritten Welt“ in ihrer Argumentation gegenüber stellen, was jedoch
unbedingt aufgegriffen werden muss, um zu zeigen, dass dies eine starke Pauschalisierung
darstellt.
Aber auch der Raum als „System von Lagebeziehungen materieller Objekte“ findet in dieser
Unterrichtsstunde Anwendung. Dies beinhaltet die Kenntnis über die Bedeutung von Standor-
ten, Lagerelationen und Distanzen für die Schaffung gesellschaftlicher Wirklichkeit, was bei-
spielsweise durch die Frage nach der Bedeutung westlicher Nachfrage nach Diamanten für die
gesellschaftliche Wirklichkeit in Sierra Leone verdeutlicht wird (vgl. Heineberg 2007: 45).
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4. Fazit Die vorgestellte Unterrichtsstunde legt zugrunde, dass Lernen ein konstruktiver Prozess ist
und Wissen immer konstruiert ist. Das heißt, dass neues Wissen nur erworben und genutzt
werden kann, wenn es in die vorhandenen Wissensstrukturen eingebaut und auf der Basis
individueller Erfahrung interpretiert wird. Wie aufgezeigt, ist dabei jedoch ein instruktionaler
Anteil von Nöten, um den Schülern Klarheit über den Verlauf des Mysterys zu gewährleisten.
Die kooperativen Phasen sollen ferner inhaltliche Diskurse und somit unterschiedliche Lö-
sungswege zulassen, da die Schüler lernen sollen, ihre Argumentationskompetenz einzuset-
zen.
Besonders wichtig ist zudem der Abgleich der Eingangshypothesen der Schüler mit ihren
neuen Erkenntnissen am Ende der Stunde, um den Schülern ihren Lernweg aufzuzeigen, was
wiederum das metakognitive Lernen fördert. Dabei ist ebenso ein Transfer unabdingbar, da-
mit das gelernte Wissen auf andere Problemsituationen übertragen werden kann. In allen Un-
terrichtsphasen darf ebenso der Fachbezug zu geographischen Inhalten nicht fehlen.
Die Unterrichtsstunde legt außerdem zugrunde, dass Lernen stets ein situativer Prozess ist,
das heißt, dass die Wissenskonstruktion in bestimmten Kontexten erfolgt und mit diesem ver-
bunden ist. Dies wird durch die hohe Anschaulichkeit der Mystery-Karten und der verwende-
ten Namen und Orte gewährleistet. Eine Loslösung des Wissens vom Kontext, die die Wis-
sensanwendung in anderen Zusammenhängen ermöglicht, muss jedoch gezielt unterstütz wer-
den und soll durch die darauffolgende Unterrichtsstunde zum Thema Coltanerze erzielt wer-
den (vgl. Mandl & Krause 2001: 5).
Demzufolge ist Lernen immer ein aktiver, selbstgesteuerter, konstruktiver, situativer und so-
zialer Prozess, was bei der Verwendung der Mystery-Methode vorausgesetzt wird. Dabei bie-
tet die gewählte Unterrichtsmetode den Schülern auf spielerische Weise Gelegenheit, sich
schöpferisch und selbsttätig mit einer Problemsituation auf Grundlage des entdeckenden Ler-
nens auseinanderzusetzen. Ebenso bietet die angedachte vergleichende Hausaufgabe zum
Thema Coltanerze den Schülern Möglichkeit, das eigene Konsumverhalten kritisch zu reflek-
tieren, um ihnen im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung Handlungsalternativen aufzu-
zeigen. Somit können die Schüler über die Unterrichtseinheit vor allem im Rahmen des ent-
deckenden Lernens nachhaltige Grundsätze kennenlernen und optimalerweise Handlungsfol-
gen für ihren Alltag zu entwickeln.
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Literaturverzeichnis
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Anhang
A Bilder für den Einstieg
Ehepaar Lieblich Ismael, 14 Jahre
B Arbeitsauftrag
1. Lesen Sie alle Mystery-Karten in der Gruppe vor. Ordnen Sie diese anschließend nach be-
gründeten Zusammenhängen (z.B. Ursache-Wirkung, zeitliche Zusammenhänge etc.). Ver-
wenden Sie den Atlas und das dazugehörige Kontextmaterial, um die auf den Mystery-Karten
dargestellten Sachverhalte erklären und begründen zu können.
2. Entwerfen Sie eine begründete Antwort auf die Leitfrage in Form eines Wirkungsgefüges,
indem Sie die gewonnenen Erkenntnisse auf den DIN A 5 Karten stichpunktartig festhalten
(Bearbeitungszeit 25 min.)
3. Stellen Sie Ihre Ergebnisse im Plenum vor.
(wird an die Schüler ausgeteilt, ein Zettel pro Gruppe)
C Arbeitsauftrag für die Hausaufgabe
1. Lesen Sie den Text „Coltanerze- Die Blutdiamanten unserer Zeit?“. Erarbeiten Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Konflikten um Diamanten und Coltan. Halten Sie ihre Ergebnisse schriftlich in einer Tabelle fest.
2. Ergänzen Sie die Tabelle durch eigene Ideen.
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Was für ein Zusammenhang besteht zwischen dem Jungen auf dem linken Bild und dem Ehepaar auf dem rechten Bild?
„Ich kann mich noch gut daran er-innern, als die RUF 1991 unser Land zum ersten Mal aus Liberia überfiel. Erst war es nur ein Bauernaufstand, aber dann entwi-ckelte die RUF Foday Sankoh eine Vorliebe für Dia-manten und der „Aufstand“ wurde zum Kampf um die Kontrolle der Dia-mantenminen.“ 1
Juwelier Becker Gän-semarkt: “Klarheit in der Strate-gie, Transparenz der unternehmerischen Entscheidungen und der Wahrnehmung neuer Marktchancen - das sind die Prioritä-ten, die Juwelier Be-cker in den Fokus des unternehmerischen Handels stellt. Dies bestimmt die Unter-nehmens-philosophie beim Einkauf auf den internationalen Messen oder bei der Auswahl an den Diamantenbör-sen“ 2
Herr Ruan klagt: „Das Klima in Sierra Leone ist schrecklich: Der ganzjährig schwüle und fechte tropische Landstrich ist eine Brutstätte für Mala-riamücken, Polio, Geldfieber, Fluss-blindheit und Dutzen-de anderer tödlicher Krankheiten. Diese raue und erbarmungs-lose natürliche Um-welt spiegelt sich in den Menschen und bei manchen von ihnen in ihrem Verhalten wäh-rend des Krieges.“ 3
„Eines Tages wache ich auf und werde von der RUF ge-zwungen, mich über einen Holzstumpf zu legen. Was danach passierte, bereitet mir noch heute Alb-träume und zeichnet mich für mein Le-ben…“ 4
Ich bin Foday Sankoh, RUF- Kommandeur, und muss sagen: „Das geschieht ihm Recht! Jetzt kann das Schwein durch den Verlust seiner Hände nie wieder Kabbah wählen!“ 5
„Schließlich konnte ich aus dem diamantenrei-chen Bezirk Kono flüchten und schaffte es nach Freetown, wo ich ihn ein Zelt der Ärzte ohne Grenzen aufgenommen wurde.“ 6
Präsident Kabbah einst sagte zu seinen Landsleuten: „Lasst uns die Hände rei-chen“. 7
„Sierra Leone ist de facto ein Vakuum aus Gewalt, Armut, Warlords und Elend- eine winzige Ecke Westafrikas, in der alles auseinander fällt.“ 8
Weder auf dem Papier noch in Wirklichkeit er-scheint Sierra Leo-ne als das Land, das mit seiner Diamantenproduk-tion zu einem er-heblichen Anteil des Jahresumsatzes der internationalen Diamantenindustrie von 6 Milliarden Dollar auf einen Luxusgütermarkt beiträgt. 9
Herr Fugu berichtet: „Die Regierung hat so viele Putsche, Gegen-putsche, Wahlfäl-schungen, politische Morde und Spaltungen hinter sich, dass sie inzwischen fast völlig handlungsunfähig ist. Die einzige Konstanze in ist die Diamanten-produktion“ 10
„Ich bin Mitglied der regionalen Streitmacht Economic Commutiy Cease-Fire Monitoring (ECOMOG) und kämpfte mit meinen Kollegen gegen die Übernahme der Dia-mantenminen durch die RUF. Das war nicht immer einfach.“ 11
„Wir, also die Be-wohner Sierra Leo-nes, sind eine Mi-schung aus einhei-mischen Stämmen und vor dem Krieg der RUF lebten wir hier noch alle relativ friedlich zusam-men“, erklärt Frau Ruan 12
D Mystery-Karten
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(Eigene Erhebung. Die Mystery-Karten werden ausgeschnitten und laminiert in einem Umschlag an die Schüler verteilt; ein Umschlag pro Gruppe, die Zahlen dienen dem besseren Vergleich der Ergebnisse)
Herr Lieblich: „Es war unheimlich schwer den perfek-ten Ring für meine Frau auszusuchen aber eins war von Anfang an klar: ein Diamant muss sein!“ 13
„Kriege in Afrika sind doch nichts Neues! Was soll man sich da einmischen? Afrika ist nun mal gebeutelt durch Armut, Korrup-tion und Krieg. Da kann man sich nicht auch noch über jeden Stein Gedanken ma-chen, der dort her kommt“, berichtet Frau Schmidt aus Köln. 14
Frau Muga erzählt: „Seitdem in den drei-ßiger Jahren hier zum ersten Mal Diamanten entdeckt wurden, hat sich alles verändert. Nur leider profitieren wir leider nicht von den Gewinnen…“ 15
Unsere Diamanten stammen aus absolut legitimen Quellen. Wenn Sie bei uns einen Diamant kau-fen, erhalten Sie ein Zertifikat, auf dem sich das Ursprungs-land erkennen lässt. 16
De Beers: „Es gibt nicht den einen Weg, den richtigen Diamanten zu aus-zuwählen. Die simple Schönheit ist ausschlaggebend, wie wichtig auch die 4 C’s scheinen, schließlich ist es der Diamant der Sie auswählt.“ 17
Mr. Smith: „Für unsere Werkzeuge brauchen wir meist nur Diaman-tensplitter. Die sind so klein, dass man kaum feststellen kann woher genau sie kommen, wenn die Zertifikate nicht stimmen.“ 18
„Mein Name ist Agal und ich verarbeite die dreckigen Klumpen und Brocken milch-weißer Kohlenstoff-kristalle zu wertvollen Schmuckstücken.“ 19
„Anlässlich unserer Hochzeit haben wir eine Patenschaft für einen Jungen aus Sierra Leone über-nommen.“ 20
„Es gibt immer wieder schlimme Unfälle in den Nä-hereien, in denen Hochzeitskleider genäht werden. Man sagt, dort arbeiten auch Kind-er!“ 21
Welt online: „Charles Taylor [der ehemalige Präsident Liberias]soll die Rebellen mit Waf-fen beliefert haben. Die Rebellen sollen ihn dafür mit Diamanten bezahlt haben.“ 22
Herr Lieblich Senior: „Ich bin immer noch darüber entsetzt, dass meine Contergan-Spende für Afrika, womöglich große Schäden angerichtet hat. Dabei war sie doch nur gut gemeint!“ 23
Blutdiamanten be-drohen das reine Image unserer Edel-steinindustrie! Des-halb versuchten wir im Juni 2000 eine Strategie zur Be-kämpfung der Blut-diamanten zu entwi-ckeln. Es wurde bekannt als das sogenannte Kimber-ly- Abkommen. 24
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Quelle: www.wikipedia.org M1
Quelle: www.cia.gov
Die Schmuckindustrie verarbeitet lediglich 36% der geförderten Diamanten. Quelle: Dutz, Freddy (2002): Kriegs-Diamanten – Illega-ler Diamanten-Handel und die Kriege Afrikas. Evangeli-sches Missionswerk in Deutschland, Hamburg.
M2
M3 Quelle: www.cia.gov
Eine erhöhte Aufmerksamkeit der Medien in Bezug auf Kon-fliktdiamanten und die damit verbundene Angst vor einem „Konsumentenboykott“ dräng-te die Diamantenindustrie öffentlich zu handeln. Deshalb trafen sich Vertreter der Dia-mantenindustrie, NGOs und diamantenproduzierender Länder im Mai 2000, sodass 2003 (ein Jahr nach Kriegsen-de in Sierra Leone) das Zertifi-katssystem „Kimberley-Prozess“ in Kraft trat. 51 Ver-treter, die 77 Staaten repräsen-tieren müssen nun ihre Dia-manten bei jedem Grenzüber-gang in einem nicht manipu-lierbaren Behälter verpacken und ein von der Regierung beigelegtes Zertifikat (Aus-kunft über Volumen, Gewicht und Wert der Rohdiamanten) vorweisen. Auf diese Weise soll garantiert werden, dass der Herkunftsort der Diamanten stets nachvollziehbar bleibt. Quelle: Campbell, Greg (2003): Tödliche Steine – Der globale Diamantenhandel und seine Folgen. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg. M4
1930 fand man die ersten Diamanten im Osten Sierra Leones, die zu einem wichtigen Exportgut des damali-gen britischen Protektorats wurden. Erst 1968 erlangte Sierra Leone die Abhängigkeit von Großbritannien. Nachdem die Armee von Sierra Leone 1991 die Regie-rung ihres Nachbarlands Liberia unterstützte und der dortige Rebellenführer Charles Taylor die Regierung in Liberia übernommen hatte, fiel eine mit Charles Taylor verbündete Rebellengruppe, die RUF, in Sierra Leone ein und besetzte zunächst die diamantenreichen Gebiete im Südosten des Landes. Quelle: Böge, Volker (2004): Muschelgeld und Blutdi-amanten –Traditionale Konfliktbearbeitung in zeitge-nössischen Gewaltkonflikten. Deutsches Übersee-Institut, Hamburg. M5
Quel-
le:
http://www.focus.de/finanzen/boerse/tid-21122/edelsteine-diamanten-als-kapitalanlage_aid_593821.html
M6
Quelle: http://www-pub.naz.edu M7
Kontextmaterial
E Kontextmaterial
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G Antizipierte Schülerleistung: Reflexionsphase bzw. Hausaufgabe
Gemeinsamkeiten Unterschiede Endlicher Rohstoff Bekämpfung des Blutdiamantenphänomens durch das Kimberley Ab-
kommens; bei Coltanerzen mangelt es an einer solchen Regelung Konflikte entstanden in einem afrikanischem Vielvölkerstaat (DR Kon-go, Sierra Leone), trotz Vorhandensein von Lagerstätten in anderen Staaten
Größerer Bekanntheitsgrads des Blutdiamentenkonflikts
Beteiligung von Nachbarstaaten (z.B. Liberia, Ruanda) Diamanten sind eine Luxusgut vs. Coltanerze sind Rohstoff im Ge-brauchsgegenstand
Konflikt von der Filmindustrie aufgegriffen („Blood Diamonds“, „Blood in the Mobiles“)
Möglichkeit der synthetischen Herstellung von Diamanten vs. Keine Alternative für Coltan
Nichtnachvollziehbarkeit des Herkunftsortes (bzw. der Umstände des Abbaus etc.)
Diamanten werden nur von einem bestimmten Klientel konsumiert, Coltan in der westlichen Welt von der breiten Masse
Abbau im Entwicklungsland, überwiegender Konsum in den Industrie-staaten
Inhumane Arbeitsbedingungen beim Abbau der Rohstoffe Starke Militärpräsenz, häufige Kontrolle von Minen durch Rebellen Handel auf dem Weltmarkt, Abhängigkeit von den Weltmarktpreisen Durch Erlös: Kauf von Waffen und generelle Kriegsfinanzierung Negative Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung und Umwelt Geringes Interesse der profitierenden Parteien an einer Unterbindung des Konflikts (bzw. an einer Offenlegung der Herkunft der Rohstoffe)
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H Abbildung für den Transfer
I Material für die Reflexionsphase bzw. Hausaufgabe
Coltanerze - Die Blutdiamanten unserer Zeit?
Einführung
Coltan ist die gängige Bezeichnung für ein Erz der Mineralgruppe Columbit
Coltan werden vor allem zwei Metalle gewonnen, die besonders wichtig für die Mikroelek
ronik geworden sind.
So unabkömmlich Coltan für die Herstellung von Handys und anderen Mobilgeräten gewo
den ist, so groß sind auch die Probleme, die mit der Coltangewinnung
ist das Bewusstsein der Menschen für diese Probleme in der Vergangenheit kaum geweckt
worden und auch heute sind die Konflikte und Probleme, die mit der Gewinnung von Coltan
einhergehen und durch den Kauf eines entsprechenden Mobilg
Öffentlichkeit kaum bekannt.
Erst 2010 wurde das Thema durch den Dokumentarfilm „Blood in the Mobiles“ von Frank
Piasecki Poulsen wirklich in die Öffentlichkeit getragen, das Problem war zu diesem Zei
punkt jedoch bereits zehn Jahre alt. Die Resonanz fiel jedoch unerwartet verhalten aus. Die
Gesetzgebung reagierte wenn überhaupt nur sehr schleppend und auch die Öffentlichkeit e
pörte sich kaum. Dabei weisen Coltanerze erstaunlich viele Parallelen zu den, um die ab 1990
ins Rampenlicht der Öffentlichkeit geratenen, sogenannten Blutdiamanten auf, die damals
eine so große Kontroverse auslösten, dass sie sogar in Filmen wie Lord of War(2005), Blood
Quelle: http://brennpunkt-politik.de/wpcontent/uploads/downloads/2012/06/ColtanerzeBlutdiamanten1.pdf
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Abbildung für den Transfer
Reflexionsphase bzw. Hausaufgabe
Die Blutdiamanten unserer Zeit?
Coltan ist die gängige Bezeichnung für ein Erz der Mineralgruppe Columbit
werden vor allem zwei Metalle gewonnen, die besonders wichtig für die Mikroelek
So unabkömmlich Coltan für die Herstellung von Handys und anderen Mobilgeräten gewo
den ist, so groß sind auch die Probleme, die mit der Coltangewinnung einhergehen. Allerdings
ist das Bewusstsein der Menschen für diese Probleme in der Vergangenheit kaum geweckt
worden und auch heute sind die Konflikte und Probleme, die mit der Gewinnung von Coltan
einhergehen und durch den Kauf eines entsprechenden Mobilgerätes gefördert werden, in der
Erst 2010 wurde das Thema durch den Dokumentarfilm „Blood in the Mobiles“ von Frank
Piasecki Poulsen wirklich in die Öffentlichkeit getragen, das Problem war zu diesem Zei
ehn Jahre alt. Die Resonanz fiel jedoch unerwartet verhalten aus. Die
Gesetzgebung reagierte wenn überhaupt nur sehr schleppend und auch die Öffentlichkeit e
pörte sich kaum. Dabei weisen Coltanerze erstaunlich viele Parallelen zu den, um die ab 1990
ampenlicht der Öffentlichkeit geratenen, sogenannten Blutdiamanten auf, die damals
eine so große Kontroverse auslösten, dass sie sogar in Filmen wie Lord of War(2005), Blood
politik.de/wp-content/uploads/downloads/2012/06/ColtanerzeBlutdiamanten1.pdf, letzter Zugriff: 15.01.2013
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Coltan ist die gängige Bezeichnung für ein Erz der Mineralgruppe Columbit-Tantalit. Aus
werden vor allem zwei Metalle gewonnen, die besonders wichtig für die Mikroelekt-
So unabkömmlich Coltan für die Herstellung von Handys und anderen Mobilgeräten gewor-
einhergehen. Allerdings
ist das Bewusstsein der Menschen für diese Probleme in der Vergangenheit kaum geweckt
worden und auch heute sind die Konflikte und Probleme, die mit der Gewinnung von Coltan
erätes gefördert werden, in der
Erst 2010 wurde das Thema durch den Dokumentarfilm „Blood in the Mobiles“ von Frank
Piasecki Poulsen wirklich in die Öffentlichkeit getragen, das Problem war zu diesem Zeit-
ehn Jahre alt. Die Resonanz fiel jedoch unerwartet verhalten aus. Die
Gesetzgebung reagierte wenn überhaupt nur sehr schleppend und auch die Öffentlichkeit em-
pörte sich kaum. Dabei weisen Coltanerze erstaunlich viele Parallelen zu den, um die ab 1990
ampenlicht der Öffentlichkeit geratenen, sogenannten Blutdiamanten auf, die damals
eine so große Kontroverse auslösten, dass sie sogar in Filmen wie Lord of War(2005), Blood
ter Zugriff: 15.01.2013
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Diamond (2006) oder gar in der James Bond Reihe im Titel Stirb an einem anderen Tag
(2002) thematisiert wurden.
Der Handel mit Blutdiamanten wurde damals durch das sogenannte Kimberly-Abkommen in
zahlreichen Ländern der Welt verboten und eingeschränkt. Bei Coltanerzen vermisst man
allerdings bislang ein derartiges Abkommen oder eine vergleichbare Vereinbarung.
Auch die betroffenen Firmen arbeiten nicht ernsthaft an einer Lösung, die von ihnen einge-
setzten Mineralien verantwortungsvoll zu beziehen, d.h. Ihre Herkunft zu prüfen. Nokia hat
gegenüber Frank Piasecki Poulsen, dem Produzent des Filmes „Blood in the Mobiles“ geäu-
ßert, man sei nicht in der Lage dazu, zu prüfen woher die in den eigenen Produkten eingesetz-
ten Mineralien kämen. Wirkliches Interesse zeigte Nokia jedoch nicht, in Zukunft die Her-
kunft auch tatsächlich prüfen zu können.
Diese Umstände machen Coltanerze nicht nur zu einer Konfliktursache im Kongo, sondern
auch zu einem Gewissenskonflikt von Herstellern und Verbrauchern. Hier ist noch viel Auf-
klärungsarbeit zu leisten, wenn die Situation in den Konfliktgebieten verbessert werden soll.
1. Die Verwendung von Coltanerzen
Aus Coltanerzen werden die Metalle Niob und Tantal gewonnen, die vor allem in der Mikro-
elektronik, aber auch in der Medizin, und der Luft- und Raumfahrt eingesetzt werden. Das
hauptsächlich verwendete Metall Tantal wird größtenteils in der Mikroelektronik für die Her-
stellung von besonders kleinen, aber auch besonders Leistungsfähigen Kondensatoren ver-
wendet. Diese werden später überall dort eingesetzt, wo eine geringe Größe Erforderlich ist,
also in Handys, Notebooks, aber auch in der Automobilindustrie. (Technische Anmerkung:
Eine Tantaldioxidschicht auf der Oberfläche der beiden Kondensatorplatten wirkt als Dielekt-
rikum und erhöht damit die Kapazität des Kondensators) Neben der Verwendung zur Herstel-
lung von Kondensatoren wird Tantal auch für den Bau von Protesen und Implantaten einge-
setzt, da Tantal weder giftig für den Mensch ist, noch unter Einwirkung von Körperflüssig-
keiten zersetzt wird. In der Materialforschung wird Tantal aufgrund seiner Hitzebeständigkeit
oft als Auskleidungsmaterial (zum Beispiel in Wärmetauschern) oder als Bestandteil von Su-
perlegierungen in der Luft- und Raumfahrttechnik verwendet. Neben Tantal kann auch das
Schwermetell Niob aus Coltan gewonnen werden, das sehr ähnliche Eigenschaften hat. Niob
wird, während Tantal hauptsächlich in der Mikroelektronik eingesetzt wird, vor allem in der
metallurgischen Industrie zur Herstellung von Superlegierungen verwendet. Aufgrund des
steigenden Weltmarktpreises von Tantal (ca. 400€/kg)hat man Niob kürzlich zur Herstellung
von Kondensatoren entdeckt, allerdings gibt es bisher kaum Kondensatoren aus Niob-
Verbindungen.
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2. Die Hauptlagerstätte von Coltanerzen in Zentralafrika
Obwohl mittlerweile viele Firmen bemüht sein wollen, Coltan nicht aus Konfliktgebieten zu
beziehen, ist die demokratische Republik Kongo, eine der Hauptlagerstätten von Coltan, im-
mer noch mit rund einem Drittel der weltweit geförderten Menge an Coltan zweitgrößter Ex-
porteur von Coltanerzen nach Australien. (Andere Exporteure: Brasilien, Äthiopien, Kanada,
Ruanda) Der Kongo ist schon seit vielen Jahren Schauplatz grausamer Bürgerkriege. Das liegt
vor allem daran, dass die Demokratische Republik Kongo ein Vielvölkerstaat ist. Dutzende
Parteien kämpfen im Kongo gegeneinander und besetzen regelmäßig neue Regionen und stra-
tegisch wichtige Punkte im Land. Trotz einer 2002 verhandelten Waffenruhe dauern die Kon-
flikte im Osten Kongos weiter an. Immer wieder kommt es dort zu bewaffneten Auseinander-
setzungen. Zum Schutz der Zivilbevölkerung sind in dieser Region zahlreiche UN-
Friedenstruppen stationiert. In genau diesem Gebiet, in der Gegend des Kiwusees an der
Grenze zu Ruanda befindet sich die größte Coltanmine der Demokratischen Republik Kongo.
Hier Arbeiten ca. 15 bis 25 Tausend Menschen, unter anderem auch zahlreiche Kinder in
planlos in die Erde getriebenen Stollen, meist unter inhumanen Arbeitsbedingungen. Die ört-
liche Miliz kontrolliert die Mine. Sie besetzt die Zugänge und erhebt Steuern und Wegzölle.
So beraubt sie die dort arbeitenden Menschen eines Großteils Ihrer Einnahmen und macht sie
von sich abhängig. Die meisten Arbeiter sind in der Mine gefangen, sie haben nicht genug
Geld, um den Wegzoll für Ihre Ausreise zu zahlen und so leben Sie in notdürftig errichteten,
heruntergekommenen Behausungen. Welche Partei die Mine momentan besetzt hält, weiß oft
niemand. Zu oft kommt es zu Übergriffen durch andere Parteien, die die Mine dann ihrerseits
besetzt halten. Schließlich ist die Mine die Haupteinnahmequelle der Region. Das dort ge-
schürfte Coltan lässt sich zu hohen Preisen auf dem Weltmarkt absetzen. Damit können Söld-
ner und Waffen weiterhin Finanziert werden und der Krieg kann fortgesetzt werden.
3. Folgen des Abbaus von Coltanerzen (im Kongo)
Die Folgen, die der Coltanabbau im Kongo mit sich bringt, sind weitreichend und vielfältig.
Neben den Folgen für die direkt am Abbau beteiligten Arbeiter, die zu Menschenunwürdigen
Bedingungen in der Mine gefangen gehalten werden und unter lebensfeindlichen Bedingun-
gen arbeiten müssen, betrifft der Coltanabbau auch die übrige Bevölkerung, sowie die Um-
welt der Demokratischen Republik Kongo.
3.1 Umweltfolgen
Besonders die planlosen Bergbauaktivitäten, bei denen ohne vorher darüber nachzudenken
Stollen in die Erde gegraben werden, führen zu einer hohen Umweltbelastung. Der tropische
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Regenwald musste in den betroffenen Regionen weichen und wurde gerodet. Das ist beson-
ders tragisch, da so der ohnehin schon bedrohte Lebensraum der Gorillas weiter verkleinert
wird. Durch den unsachgemäßen Abbau von Coltan entstehen jedoch auch ganz andere Um-
weltprobleme. Das im Coltanerz enthaltene Niob und andere Schwermetalle werden durch
Regenfälle teilweise ausgewaschen und gelangen in die Umwelt, wo sie erheblichen Schaden
anrichten. Durch eine Organisation der Bergbauaktivitäten könnten die Umweltfolgen wei-
testgehend eingedämmt werden, derzeit erscheint dies jedoch unmöglich.
3.2 Finanzierung des Bürgerkriegs im Kongo
Viel drastischer als die Umweltfolgen, die sich zumindest in Grenzen halten, sind die Folgen
für die Bevölkerung der Demokratischen Republik Kongo. Die aufständischen Gruppen fi-
nanzieren Ihre Waffen nämlich hauptsächlich mithilfe der Einnahmen, die sie an den
Coltanminen machen. Das ist eine ähnliche Situation wie die in den 1990er Jahren, als Kriege
in Afrika mithilfe von Diamanten, sogenannten Blutdiamanten finanziert wurden. Zwar geht
es heute nicht mehr um Diamanten, sondern vielmehr um Mineralien, die Folgen für die Be-
völkerung der Demokratischen Republik Kongo sind jedoch ebenso weitreichend wie damals.
Es sind nicht nur die Arbeiter in den Minen, die täglich dem Tod ins Auge sehen, die nicht
nur unter lebensfeindlichen Bedingungen arbeiten, sondern von der örtlichen Miliz in den
Minen gefangen gehalten und ausgebeutet, ja sogar gelegentlich massakriert werden. Nein, es
sind die Menschen in ganz Kongo, hauptsächlich die Bevölkerung des Ostkongos, die unter
dem Verkauf von Coltanerzen leiden. Fünf Kilogramm Coltan bringt auf dem Weltmarkt
knapp 900 US-Dollar ein, das sind immerhin knapp 720€. Ein Sturmgewehr kann man im
Kongo schon für knapp 30€ von Waffenhändlern erwerben. Die Miliz erhebt so hohe
Wegzölle, dass beinahe die gesamten Einnahmen an die bewaffneten Gruppierungen fallen.
Und mit diesen Einnahmen wird der Krieg finanziert. Mit fünf Kilogramm Coltan können
also rund 24 Sturmgewehre gekauft werden. Diese 24 Sturmgewehre können an ebenso viele
Soldaten, teilweise an Kinder ausgegeben werden, die damit in der Lage sind, hunderte von
Menschen zu töten. Mit jedem Kilogramm Coltan, das in Europa, in Amerika, in Asien, in
Australien oder in Afrika verkauft wird, werden 4,8 Gewehre finanziert, drastisch ausge-
drückt: Mit jedem Kilogramm Coltan, das wir kaufen, schicken wir mindestens 4,8 Men-
schen, darunter auch Kinder, in den sicheren Tod!
4. Maßnahmen durch Regierungen und Unternehmen
Man würde erwarten, dass angesichts dieser Umstände nicht nur die Regierungen eingreifen,
sondern auch die Unternehmen die Coltan verwenden die Verwendung von Coltan aus dem
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Kongo und aus anderen Konfliktgebieten unterbinden würden. Es ist jedoch nichts derglei-
chen passiert. Die USA verpflichtete mit Inkrafttreten des Dood-Frank Acts, einem Gesetz zur
Regulierung der Finanzmärkte als Reaktion auf die Finanzkrise ab 2007, in Kapitel XV mit
dem Namen sonstige Bestimmungen die amerikanischen Unternehmen dazu, es auf ihren
Produkten kenntlich zu machen, ob Mineralien aus Konfliktgebieten verwendet wurden. Doch
darin zeigt sich schon, wie groß das Interesse an diesem Thema war. Es wurde mit einem
Gesetz, das völlig andere Ziele verfolgte, in der Gesetzgebung geregelt und seither nie wieder
angetastet.
In anderen Ländern vermisst man eine solche Regelung jedoch oft vollständig. Ein Abkom-
men wie das Kimberly-Abkommen zu Zeiten der Blutdiamanten wäre wünschenswert, aber es
scheint als stünde dabei zu viel auf dem Spiel. Man fürchtet wohl, dass die Preise der Roh-
stoffe für die Mikroelektronik in die Höhe schnellen könnten und dadurch der Unmut vieler
Bürger geweckt werden könnte.
Gleiches scheinen auch die Unternehmen zu fürchten. Hier beruft man sich darauf, dass man
es nicht feststellen könne, woher die verwendeten Mineralien stammen und macht es zur Auf-
gabe der Regierungen, ein Zertifizierungssystem einzuführen.
Quelle:
http://brennpunkt-politik.de/wp-
content/uploads/downloads/2012/06/ColtanerzeBlutdiamanten1.pdf, letzter Zugriff:
15.01.2013
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J Karten für die Gruppeneinteilung
(ca. 20*20cm, werden laminiert auf den Gruppentischen verteilt, je ein Kärtchen mit Städte-
namen pro Schüler)
Melbourne Brisbane Perth Adelaide Sydney Dublin Barcelona Athen Lissabon Stockholm Sao Paulo Rio de Janeiro Lima Salvador Santiago Pittsburgh Toronto Milwaukee Chicago Dallas Tokio Shanghai Singapur Peking Kalkutta Khartum Johannesburg Harare Mogadischu Mopti
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