untersuchung von szintillatoren und photosensoren für das
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RUHR-UNIVERSITAT BOCHUM
Fakultat fur Physik und Astronomie
Institut fur Experimentalphysik I
Untersuchung von Szintillatoren und Photosensoren furdas elektromagnetische Kalorimeter des
PANDA-Detektors
Diplomarbeit
von
Helena Nowak
geb. in Pszczyna
Bochum, im Februar 2005
2
Erster Gutachter : Prof. Dr. H. Koch (Institut fur Experimentalphysik I )
Zweiter Gutachter : Prof. Dr. W. Meyer (Institut fur Experimentalphysik I )
Inhaltsverzeichnis
1 Einfuhrung 5
1.1 Einblick in die physikalischen Zielsetzungen des
PANDA-Experiments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.1.1 Physikalische Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.1.2 Physik mit Antiprotonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.2 Charmonium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.2.1 Das Quark-Antiquark-Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.2.2 Das Charmonium-Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.3 Detektor-Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2 Der PANDA-Detektor 11
2.1 Physikalische Anforderungen an den Detektor . . . . . . . . . . . . . 11
2.2 Uberblick uber die Beschleunigeranlage . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.2.1 High Energy Storage Ring (HESR) . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.2.2 Uberblick uber den PANDA-Detektor . . . . . . . . . . . . . 13
2.3 Das Targetspektrometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3.1 Das Target System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3.2 Der Mikro Vertex Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.3.3 Spurdetektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.3.4 Teilchenidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.3.5 Elektromagnetisches Kalorimeter . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.3.6 Solenoid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.4 Vorwartsspektrometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.4.1 Dipolmagnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.4.2 Spurdetektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.4.3 Teilchenidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.4.4 MIRAC-Kalorimeter und Myonen Nachweis . . . . . . . . . . 23
3 Das elektromagnetische Kalorimeter 25
3.1 Funktionsweise elektromagnetischer Kalorimeter . . . . . . . . . . . 25
3.1.1 Nachweis von Photonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.1.2 Bremsstrahlung von Elektronen . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3
4 INHALTSVERZEICHNIS
3.1.3 Der Szintillationsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.1.4 Elektromagnetische Kalorimeter . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.2 Funktionsweise einer Avalanche Photodiode . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2.1 Funktionsweise einer Halbleiterdiode . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2.2 Der Avalanche Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.3 Aufbau des PANDA-Kalorimeters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.3.1 Physikalische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.3.2 Die Kristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.3.3 Die APD-Auslese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.3.4 Der Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4 Messung der “Proton-Response”-Funktion 41
4.1 Die Messung der “Proton-Response”-Funktion . . . . . . . . . . . . . 41
4.1.1 Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
4.1.2 Die Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.2 Die Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.2.1 Analyse des Referenzkanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.2.2 Erster Vergleich der Temperaturabhangigkeit der Lichtaus-
beute von BGO und PWO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
4.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.3.1 Temperaturabhangigkeit der Lichtausbeute . . . . . . . . . . 53
4.3.2 Energieauflosung der Kristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5 Zusammenfassung 61
Kapitel 1
Einfuhrung
1.1 Einblick in die physikalischen Zielsetzungen des
PANDA-Experiments
1.1.1 Physikalische Motivation
Das Ziel des PANDA-Experiments ist es, Untersuchungen zum fundamentalen Ver-
standnis der Quanten-Chromodynamik (QCD) durchzufuhren. Die QCD ist die
Theorie der starken Wechselwirkung, welche zur Erklarung der mikroskopischen
Struktur der Materie dient.
Die elementaren Bausteine der starken Wechselwirkung sind die Quarks, welche
durch den Austausch von Gluonen, den Austauschteilchen der starken Kraft, mit-
einander wechselwirken.
Fur Abstande deutlich kleiner als 10−15 m ist das Modell der QCD gut verstan-
den, da hier die Quark-Gluon-Wechselwirkungen so schwach sind, daß man auf die-
se die Storungstheorie anwenden kann. Diese Theorie liefert Berechnungsmethoden
fur starke Prozesse, die zu exakten Ergebnissen bei kleiner Kopplungsstarke der
Quark-Gluon-Wechselwirkung fuhren. Somit konnen die Wechselwirkungen mit die-
ser Naherung bei hohen Energien quantitativ beschrieben werden.
Die perturbative Naherung versagt aber, wenn der Abstand zwischen den Quarks
vergleichbar mit der Große des Nukleons (1 fm = 10−15 m) wird. Unter diesen Be-
dingungen wird die Kraft zwischen den Quarks so stark, daß sie nicht weiter vonein-
ander getrennt werden konnen. Dies steht im Gegensatz zu den elektromagnetischen
und gravitativen Kraften, die bei wachsender Entfernung schwacher werden. Die-
ses unubliche Verhalten der starken Kraft resultiert aus den Wechselwirkungen der
Gluonen miteinander: Gluonen koppeln nicht nur an Quarks, sondern auch aneinan-
der, was zu der Bildung von gluonischen Flußrohren fuhrt, die die Quarks miteinan-
der verbinden. Eine Konsequenz dieses Verhaltens ist das Confinement, das besagt,
daß Quarks nie als freie Teilchen vorkommen.
5
6 KAPITEL 1. EINFUHRUNG
Tatsachlich wurden diese noch nie als freie Teilchen beobachtet, sondern immer nur
als Bausteine von Hadronen, die sich entweder aus drei Quarks (Baryonen) oder
einem Quark-Antiquark-Paar (Mesonen) zusammensetzen.
Eine wichtige Konsequenz der Selbst-Wechselwirkung der Gluonen ist die Existenz
von Zustanden, die nur aus Gluonen (Glueballe) oder aus gebundenen Systemen von
Quark-Antiquark-Paaren mit konstituierenden Gluonen (Hybriden) bestehen.
Ein weiterer interessanter, zu untersuchender Aspekt der QCD ist die Große der
beobachteten Nukleonenmasse. Die elementaren leichten up- und down-Quarks, die
das Nukleon aufbauen, besitzen eine sehr kleine Stromquark-Masse, die nur einen
geringen Anteil der Gesamtmasse des Nukleons ausmacht. Der großte Teil der Nu-
kleonmasse kommt durch die Wechselwirkungen in der Quanten-Chromodynamik
zustande, die wiederum mit dem Confinement der Quarks und der spontanen Bre-
chung der Chiralen Symmetrie, einer der fundamentalen Symmetrien der QCD, ver-
knupft sind [TR 05].
1.1.2 Physik mit Antiprotonen
Bei dem PANDA Experiment wird im High Energy Storage Ring (HESR) (s. Kapitel
2) ein Antiprotonen-Strahl auf ein ruhendes Target geschossen. Die Untersuchungen
der bei diesen Kollisionen stattfindenden Ereignisse sollen dazu beitragen, die oben
erwahnten fundamentalen Fragen zu beantworten.
Die Spektroskopie von Charmonium, d.h. die Spektroskopie der Mesonen, die aus
einem Charm-Anticharm-Quarkpaar bestehen, soll zum besseren quantitativen Ver-
standnis des Wechselwirkungs-Potentials der Quarks fuhren, welches stark mit dem
Confinement verknupft ist. Dieses soll durch Prazisionsmessungen geschehen, in
denen sowohl hadronische als auch elektromagnetische Zerfalle rekonstruiert wer-
den. Detaillierte Studien daruber sollen behilflich sein, Schlusselaspekte der Gluon-
Dynamik zu verstehen, die z.B. im Rahmen der Lattice-QCD1 vorhergesagt werden.
Einen zentralen Teil des Antiprotonen-Programms stellt die Suche nach gluonischen
Anregungen, Glueballen und Hybriden im Charmonium-Massenbereich dar, da man
hier eine schwachere Mischung mit qq-Mesonen als im Bereich leichter Quarks erwar-
tet. Die Bestimmung wichtiger Parameter von gluonischen Zustanden wurde einen
wichtigen Beitrag zur Losung des Confinement-Problems liefern.
Zusatzlich zu den Experimenten zur starken Wechselwirkung soll die Verletzung der
CP-Symmetrie in der schwachen Wechselwirkung untersucht werden. Diese ist fur
neutrale Kaonen und B-Mesonen schon nachgewiesen worden. An dem High Energy
Storage Ring soll die CP-Asymmetrie im Charm-Sektor und in Hyperon-Zerfallen
untersucht werden [TR 05].
Das Charmonium-System wird in vielen der Messungen eine wesentliche Rolle spie-
len.
1Gitter-QCD
1.2. CHARMONIUM 7
1.2 Charmonium
Ein gebundenes hadronisches System, das aus einem Quark-Antiquark-Paar dessel-
ben Flavours besteht, bezeichnet man als Quarkonium. Bei der Erklarung dieser
Systeme wahlt man einen analogen Ansatz zu dem der gebundenen Systeme des
Wasserstoffatoms und des Positroniums.
Gebundene Systeme aus cc-Paaren bezeichnet man als Charmonium.
1.2.1 Das Quark-Antiquark-Potential
Wahrend es sich beim Wasserstoffatom und beim Positronium um elektromagnetisch
gebundene Systeme handelt, liegt der Bindung der Quarkonia die starke Wechsel-
wirkung zugrunde. Doch der Vergleich der Niveauschemata der Energiezustande
von Charmonium und Positronium zeigt, daß Ahnlichkeiten bei den Quantenzahlen
n = 1 und n = 2 bestehen, wenn die Energieskala von Positronium um den Faktor
108 gestreckt wird (s. Abbildung 1.1) [Po 99].
In der QCD wird das Verhalten der Krafte zwischen den Quarks bei kurzen Reich-
weiten durch den Gluonenaustausch dominiert. Genau wie die Photonen, die Aus-
tauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung, sind die Gluonen masselos
und besitzen den Spin S = 1. Deshalb sucht man nach einem Potential, das eine
ahnliche Struktur wie das aus der Elektrodynamik bekannte, besitzt [Gr 87]. Da die
relative Lage der Energiezustande zueinander vom Potential bestimmt wird, erwar-
tet man bei kurzen Reichweiten ein Coulombpotential, das proportional zu 1/r ist
und eine Fein- und Hyperfeinstruktur aufweist, die qualitativ der des Wasserstof-
fatoms und des Positroniums ahnelt. Zur Beschreibung des Confinements wird ein
Potential gewahlt, das bei großeren Abstanden linear anwachst. Dies erklart das
“Nichtvorhandensein” freier Quarks in der Natur. Somit ergibt sich ein Potential
der Form [Po 99]:
V (r) = − 4
3
αs(r) h c
r+ k · r , (1.1)
welches das asymptotische Verhalten V ( r → 0 ) → 1/r und V ( r → ∞ ) → ∞ be-
sitzt. Der Vorfaktor 4/3 bringt zum Ausdruck, daß es drei verschiedene Farbladun-
gen der Quarks gibt. αs ist die Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung; sie
hangt vom Abstand r zwischen den Quarks und Antiquarks ab und wird mit kleiner
werdendem Abstand kleiner.
Durch Anpassung der experimentellen Daten an die theoretischen Berechnungen
ergeben sich fur das Charmonium die folgenden Werte fur αs und k:
αs ≈ 0,15 − 0,25 und k ≈ 1 GeV/fm .
8 KAPITEL 1. EINFUHRUNG
Abbildung 1.1: Vergleich der Energieniveauschemata von Charmonium und Positronium.
Die Energieskalen sind so gewahlt, daß der Abstand zwischen den 1S- 2S-Zustanden in beiden
Systemen gleich ist. Die Aufspaltung der Positroniumzustande ist vergroßert gezeichnet. Es
wird deutlich, daß der 2S-3S-Abstand der beiden Systeme unterschiedlich ausgepragt ist, was
mit der unterschiedlichen Fein- und Hyperfeinstruktur der beiden Systeme zusammenhangt.
Die gestrichelte horizontale Linie gibt die Schwelle fur den Zerfall von Charmonium in zwei
D-Mesonen bzw. die Dissoziation von Positronium an [Po 99].
1.2.2 Das Charmonium-Spektrum
Im Jahr 1974 wurde in p-Kern- und e+e−-Kollisionsexperimenten der erste Zustand
des Charmoniums, das J/ψ (13S1) mit der Masse von 3,097 GeV, experimentell
nachgewiesen. Weitere Zustande des Charmoniumspektrums sind in Abbildung 1.1
aufgefuhrt.
Singulet S Zustande mit dem Spin S = 0 werden ηc genannt; Triplet S Zustande mit
dem Spin S = 1 werden als ψ und Triplet P Zustande mit den Spin S = 0, 1 oder 2
als χ0, χ1 und χ2 bezeichnet.
Alle Charmonium-Zustande mit den Quantenzahlen n = 1 und n = 2 sind relativ
langlebig, da hier die OZI2-Regel die starken Zerfalle unterdruckt [Gr 87]. Fur n ≥ 3
liegen die Massen der Energiezustande des Charmoniums uber der Schwellenenergie
fur die Produktion zweier D-Mesonen. Deshalb zerfallen diese Zustande viel schnel-
ler, wodurch diese als quasi-gebunden betrachtet werden konnen.
2Okubo Zweig Iizuka
1.3. DETEKTOR-STUDIEN 9
Die Charmonium-Zustande zerfallen hauptsachlich uber die starke Wechselwirkung
in Hadronen. Angeregte Zustande konnen aber auch unter Abstrahlung von Photo-
nen in energetisch niedrigere Zustande ubergehen [Po 99].
1.3 Detektor-Studien
Das Ziel des PANDA Experiments ist es, einen genaueren Einblick in die mikrosko-
pische Struktur der Materie mit Hilfe von Studien der Quanten-Chromodynamik zu
erhalten. Hierzu ist es notwendig einen Detektor zu konzipieren, der in der Lage ist,
seltene Zerfalle nachzuweisen.
Ein Beispiel fur eine seltene Reaktion dieser Art ist:
p p → ηc → γ γ
mit dem Wirkungsquerschnitt σ(M) von 550 pb, wobei M = m(ηc) ist [LoI99].
Dieser Produktionsprozeß muß von pp → γγ-Ereignissen und den Untergundkanalen
pp → π0γ → 3 γ und pp → π0π0 → 4 γ, die sehr kleine Schwellenenergien besitzen,
unterschieden werden konnen. Dies erreicht man mit einem Detektor, der eine sehr
gute Energie- und Impulsauflosung besitzt.
Die Aufgabe des elektromagnetischen Kalorimeters (EMC), das eine Teilkomponente
des im nachsten Kapitel beschriebenen PANDA-Detektors darstellt, ist der Nachweis
moglichst aller im Endzustand auftretenden Photonen. Unerlasslich fur die Rekon-
struktion niederenergetischer Photonen ist eine sehr gute Energieauflosung mit einer
niedrigen Schwellenenergie.
In dieser Arbeit werden erste Materialstudien fur das EMC vorgestellt, die im No-
vember 2003 am KVI3 Groningen durchgefuhrt wurden.
3Kernfysisch Versneller Institute
10 KAPITEL 1. EINFUHRUNG
Kapitel 2
Der PANDA-Detektor
Die im vorherigen Kapitel beschriebenen Zielsetzungen des PANDA1-Projekts er-
fordern ein universales, hermetisches und modulares Detektordesign, um die hohen
physikalischen Anforderungen erfullen zu konnen. Daher werden in diesem Kapitel
die Einzelkomponenten des Detektors naher beschrieben. Die Angaben uber die An-
forderungen an die einzelnen Detektorkomponenten wurden aus [LoI04] und [CDR01]
entnommen.
2.1 Physikalische Anforderungen an den Detektor
Um das vielfaltige physikalische Programm des PANDA-Experiments (siehe Kapi-
tel 1) realisieren zu konnen, muß dieser Detektor sowohl neutrale als auch geladene
Teilchen mit einer sehr hohen Ortsauflosung nachweisen konnen. Hierfur ist eine
fast vollstandige Raumwinkelabdeckung von nahezu 4π und eine hohe Granularitat
erforderlich.
Hidden Charm Physik und die Suche nach exotischen Zustanden erfordern sowohl
den simultanen Nachweis von Di-Lepton Paaren und eine gute Kaonen Identifikati-
on, als auch eine hohe Rekonstruktionseffizienz der Open Charm Endzustande. Um
dieses Ziel erreichen zu konnen, ist der Nachweis von niederenergetischen Photo-
nen, die z.B. aus radiativen Zerfallen stammen, erforderlich. Daher mussen diese
von den Untergrundereignissen separiert werden. Diese Aufgabe erfordert ein hoch-
segmentiertes, elektromagnetisches Kalorimeter mit niedriger Nachweisschwelle und
ein gutes Myonen-Nachweissystem.
Leichte hadronische und Open Charm Endzustande konnen durch eine gute Ver-
texauflosung und einen effizienten Teilchennachweis geladener, niederenergetischer
Kaonen (Energien von einigen GeV) rekonstruiert werden. Beim Zerfall eines charm-
haltigen Hadrons erhalten die Tochterteilchen, verglichen mit den Zerfallen leichter
Mesonen, einen eher hohen Transversalimpuls pt (bis zu 1,5 GeV/c). Als Folge erge-
1Antiproton Annihilations at Darmstadt
11
12 KAPITEL 2. DER PANDA-DETEKTOR
ben sich große Offnungswinkel ihrer Teilchenspuren im Laborsysten, die rekonstru-
iert werden mussen.
Desweiteren wird der Detektor einer hohen Strahlungsdosis ausgesetzt sein. Diese
entsteht unter anderem bei dem Einsatz nuklearer Targets. Die dabei entstehen-
den Spallationsprodukte (meist Hadronen) enthalten niederenergetische Neutronen,
die die Detektorkomponenten schadigen. Daher mussen diese bezuglich ihrer Strah-
lenharte untersucht werden.
2.2 Uberblick uber die Beschleunigeranlage
2.2.1 High Energy Storage Ring (HESR)
Der PANDA-Detektor soll an dem Speicherring HESR2 aufgebaut werden, welcher
einen Teil des geplanten Beschleunigerkomplexes FAIR3 (s. Abbildung 2.1) darstellt.
FAIR wird an der GSI4-Anlage in Darmstadt unter Einbezug neuer technologischer
Konzepte entstehen [GSI04].
Die Hauptbeschleunigungskomponente der neuen Anlage wird ein Doppelringbe-
schleuniger, bestehend aus den zwei Synchrotrons SIS100 und SIS300, sein. Der
Antiprotonenstrahl, der im PANDA-Experiment verwendet wird, entsteht am An-
tiprotonenproduktionstarget aus hochintensiven Protonenstrahlen des SIS100. Fo-
kussiert und gekuhlt werden die Antiprotonen anschließend wieder im umgekehrten
Umlaufsinn in den SIS100 eingespeist, auf hohe Energien beschleunigt und in den
HESR geleitet.
Die Parameter dieses Speicherrings sind durch die geplanten Messungen des PANDA-
Experiments vorgegeben: Die Energie der Antiprotonen muß hoch genug sein, um alle
zu untersuchenden Zustande des cc-Systems erzeugen zu konnen. Diese entspricht
einem Antiprotonenimpuls von bis zu 6,5 GeV/c fur einen Fixed-Target Betrieb. Zur
Erzeugung von Hadronen mit Charme und Strangeness in assoziierter Produktion,
sind noch hohere Antiprotonenenergien erforderlich. Angestrebt werden Impulse von
15 GeV/c, welche die Produktion von ΩcΩc-Paaren ermoglichen.
Um genaue Ergebnisse basierend auf hoher Statistik erzielen zu konnen, ist eine ho-
he Luminositat notwendig. Angestrebte Werte sind L = 1−2× 1032 cm−2s−1. Diese
Luminositaten konnen erreicht werden, wenn im HESR 2× 1012 (hoher Lumino-
sitats-Modus) Antiprotonen zirkulieren, die mit einem Target der Massenbelegung
von ρ = 1016 Teilchen /cm2 wechselwirken.
Zur Kuhlung der Antiprotonen im HESR wurde eine Elektronenkuhlung mit hoch-
energetischen Elektronen gewahlt, die die Strahl-Impulsunscharfe auf etwa δp/p≤7×10−6 minimiert. Diese Prazision ist fur die cc-Spektroskopie Experimente sehr
wichtig, damit prazise Wirkungsquerschnitte ermittelt werden konnen. Die Breite
2High Energy Storage Ring3Facility for Antiproton and Ion Research4Gesellschaft fur Schwerionenforschung
2.2. UBERBLICK UBER DIE BESCHLEUNIGERANLAGE 13
Abbildung 2.1: Schematische Darstellung des geplanten FAIR-Komplexes.
der Zustande sollte bei diesen Experimenten ebenfalls direkt bestimmbar sein.
Ein weiterer Vorteil der Elektronenkuhlung ist es, die Energien der Antiprotonen im
Strahl durch die Energie des Elektronenstrahls variieren zu konnen. Dadurch sind
Feineinstellungen von Energien moglich, die eine prazise cc-Spektroskopie ermogli-
chen, wobei die Strahl-Optik des Rings nicht beeinflußt werden muß [WP 04], [LoI99].
Impulsbereich 1,5 - 15 GeV
Dipole supraleitend
- Anzahl der Dipole 48
- maximale Feldstarke 3,6 T
- Dipol-Lange 1,8 m
Tabelle 2.1: Parameter des HESR [Pr 04].
Die Parameter des HESR sind in den Tabellen 2.1 und 2.2 angegeben.
2.2.2 Uberblick uber den PANDA-Detektor
Das geplante Detektorkonzept unterteilt den PANDA-Detektor in zwei Komponen-
ten: ein Target- und ein Vorwartsspektrometer (Abbildung 2.2 und 2.3).
Targetspektrometer
Teilchen, die bei ihrer Emission einen Polarwinkel im Laborsystem besitzen, der
großer als ϑ = 5 ist, werden im Targetspektrometer nachgewiesen, welches die fol-
genden Detektorkomponenten umfaßt:
Die innerste Komponente, die das Wechselwirkungs-Volumen umgibt, besteht aus
14 KAPITEL 2. DER PANDA-DETEKTOR
Hochauflosungs- hoher Luminositats-
Modus Modus
Targetdicke 1015Atome/cm2 1016Atome/cm2
Luminositat 1031cm−2s−1 1032cm−2s−1
Emittanz 0,001 mm mrad 0,1 mm mrad
Impulsunscharfe 10−5 10−4
Tabelle 2.2: Moglichkeiten der Experimenteinstellungen und damit verbundene Strahlpara-
meter bei der Verwendung eines Cluster- oder Pellettargets [Pr 04].
Abbildung 2.2: Uberblick uber den geplanten PANDA-Detektor.
vier Diamant- oder Silizium Start-Detektoren, gefolgt von einem Mikro Vertex De-
tektor. Die nachste Komponente stellen die Straw Tubes dar, die geladene Teil-
chenspuren nachweisen. Um sie herum liegt der zylindrische Cherenkov-Detektor
DIRC5. Die vordere Region des Targetspektrometers wird mit einem Aerogel Che-
renkov Detektor bestuckt. Diese Detektoren werden von einem elektromagnetischen
Kalorimeter umgeben. In der Region zwischen dem Kalorimeter und den Endkap-
pen werden zwei Satze von Mini Drift Kammern zur Erfassung geladener Spuren
in der Vorwartsrichtung plaziert. Um das Targetspektrometer herum befindet sich
ein Solenoid, das ein Magnetfeld von 2 T erzeugt. Hinter dem Eisen-Joch werden
Szintillationsbarren aufgebaut, die zum Nachweis von Myonen dienen.
5Detector of Internally Reflected Cherenkov Light
2.3. DAS TARGETSPEKTROMETER 15
Vorwartsspektrometer
Teilchen, die unter Polarwinkeln kleiner als ϑ = 10 in der horizontalen und ϑ = 5
in der vertikalen Richtung emittiert werden, werden im Vorwartsspektrometer de-
tektiert.
Vor und hinter dem Dipol werden Mini Drift Kammern zur Erfassung von Teilchen-
spuren angeordnet sein. Daran anschließend befinden sich ein TOF6-Stop-Detektor
und ein RICH7-Detektor zum Teilchennachweis. Hinter diesen Detektoren ist eine
Kombination aus elektromagnetischem und hadronischem Kalorimeter plaziert, ge-
folgt von einem Myonen Nachweissystem.
Diese Kombination aus beiden Spektrometern erlaubt eine nahezu vollstandige Raum-
winkelerfassung. Desweiteren konnen Messungen in einem weiten Energiebereich
durchgefuhrt werden. Trotzdem ist eine ausreichende Flexibilitat vorhanden, um
individuelle Detektorkomponenten austauschen, oder um spezifische Experimente
hinzufugen, zu konnen (wie z.B. Experimente mit Hyperkernen oder Experimente
zum Studium der CP-Verletzung).
2.3 Das Targetspektrometer
2.3.1 Das Target System
Viele Experimente, in denen verschiedene interne Targettypen eingesetzt wurden,
zeigen, daß diese spezifische Vor-, aber auch Nachteile besitzen. Deshalb werden fur
das PANDA-Experiment mehrere Targetoptionen untersucht und weiterentwickelt.
Die Entscheidung, welches Target fur welche physikalische Frage ausgewahlt wird,
fallt nach Abschluss der R&D8-Phase.
Die grundlegenden geometrischen Eigenschaften, die fur das interne Target wichtig
sind, sind der Durchmesser des Strahlrohrs und des Targetdorns. Am Schnittpunkt
dieser beiden Komponenten befindet sich die Interaktionszone, die einen Durchmes-
ser von 20 mm besitzt. Der Dorn offnet sich kegelformig und erreicht außerhalb
des Kalorimeters einen Durchmesser von Ø = 100 mm und Ø = 350 mm beim
Durchgang durch das Eisen-Joch. Um die benotigte Pumpleistung gewahrleisten zu
konnen, offnet sich das Strahlrohr in der Ruckwartsrichtung auf einen Durchmesser
von 140 mm. In Strahlrichtung behalt es einen konstanten Durchmesser von 20 mm
bei bis es das Ende des Vertex Detektors erreicht.
Im HESR sollen 1011 Antiprotonen zirkulieren. Damit die Designluminositat (Hoch-
auflosungs-Modus) erreicht wird, ist eine Targetdichte von ρ = 5×1015 Wasserstoff-
atomen/cm2 erforderlich.
Fur diese Vorgaben werden mehrere Targets getestet und weiterentwickelt, unter
anderem ein Pellet- und ein Cluster-Jet-Target:
6Time of Flight7Ring Imaging Cherenkov Counter8Research and Development
16 KAPITEL 2. DER PANDA-DETEKTOR
Abbildung 2.3: Schematische Darstellung des Detektors von der Seite (oben) und von oben
(unten). Der HESR-Strahl kommt in dieser Skizze von links in den Detektor und wechselwirkt
mit den Target bei 0 m in der horizontalen Richtung. Die abgebildeten Detektorkomponen-
ten sind: ein Mikro Vertex Detektor (MVD), ein Straw Tube Tracker (STT) oder eine Time
Projection Chamber (TPC), Cherenkov Detektoren (DIRC und RICH), ein elektromagneti-
sches Kalorimeter (EMC), Mini Drift Kammern (MDC), ein Time of Flight Detektor (TOF
stop), ein hadronisches Kalorimeter (hadron calorimeter) und ein Myonen-Nachweissystem
(MUO).
Das Cluster-Jet-Target
In Experimenten, in denen Cluster-Jet Targets eingesetzt wurden, hat es sich er-
wiesen, daß der großte Vorteil dieses Targets das homogene Dichteprofil ist und die
Moglichkeit, den Antiprotonenstrahl auf die hochste Raumphasendichte fokussieren
zu konnen. Der Wechselwirkungspunkt wird bei der Verwendung dieses Targettyps
transversal definiert, muß aber in der longitudinalen Strahlrichtung rekonstruiert
werden. Ein weiterer Vorteil ist die Moglichkeit die Targetdichte entlang des Strahls
2.3. DAS TARGETSPEKTROMETER 17
mit einem sukzessiven Verbrauch von Antiprotonen fur eine konstante Luminositat
einstellen zu konnen, wahrend der schlecht definierte Interaktionspunkt ein Nachteil
fur Open Charm Physik Messungen darstellt.
Innere Cluster-Jet Targets konnen nicht nur mit Wasserstoff, sondern auch mit an-
deren Gasen betrieben werden. Somit ermoglicht diese Targettechnik den Einsatz
verschiedener nuklearer Targetmaterialien.
Das Pellet-Target
Eine andere Moglichkeit fur ein inneres Target ist ein Pellet-Target. Ein Strom von
gefrorenen Wasserstoff Kugelchen, die Pellets genannt werden, durchquert senkrecht
den Antiprotonenstrahl.
Das Design fur PANDA basiert auf dem eines Pellet Targets, welches sich innerhalb
des 4π WASA9 Detektors am CELSIUS10 Speicherring befindet.
Typische Parameter am Interaktionspunkt sind: Pellet Raten von 10−15 kHz, Fall-
geschwindigkeiten vs ≥ 60 m/s und Pelletgroßen von 25−35 µm. Aus diesen Pa-
rametern ergibt sich eine Targetdicke von einigen 1015 Atomen/cm2; die von den
Pellets projizierte Kreisflache hat einen Durchmesser von Ø ≤ 3 mm.
Ein einzelnes Pellet interagiert ungefahr 100 Mal wahrend es den Strahl durchquert.
Deshalb ist es nicht schwer, die Position des individuellen Pellets mit der notwendi-
gen Genauigkeit nicht nur in der transversalen sondern auch in der longitudinalen
Richtung zu berechnen.
Fur PANDA muß die momentane Performance des WASA Pellet Targets in Bezug
auf Große und Rate der Pellets verbessert werden. Daruber hinaus wird die Produk-
tion von Deuterium Pellets versucht, und man fasst die Entwicklung von Targets,
die aus schwereren Elementen als Wasserstoff bestehen, ins Auge.
2.3.2 Der Mikro Vertex Detektor
Der Mikro Vertex Detektor ist die erste Detektorkomponente des PANDA-Detektors
und befindet sich direkt an dem Interaktionspunkt. Er ist konzipiert worden, um eine
maximale Akzeptanz am Interaktionspunkt zu erhalten und um die Sekundarverti-
zes der Reaktionen rekonstruieren zu konnen.
Zusatzlich liefert ein detektiertes Ereignis in der Diamant- oder Silizium-Lage das
Startsignal fur einen Trigger.
Das Konzept des Mikro Vertex Detektors basiert auf einem strahlungsharten Silizi-
um Pixel-Detektor mit einer schnellen individuellen Pixel Auslese.
Das Design sieht einen Barrel mit funf Lagen vor, einem inneren Radius von ungefahr
1 cm und einem außeren von 6 cm. Der Mikro Vertex Detektor wird aus 7, 2× 106
Pixeln der Große 50× 300 µm2 bestehen. Fur eine optimale Vertexauflosung in azi-
9Wide Angle Shower Apparatus10Cooling with Electrons and Storing of Ions from the Uppsala Synchrocyclotron
18 KAPITEL 2. DER PANDA-DETEKTOR
muthaler und longitudinaler Richtung werden die Pixel der inneren drei Lagen lon-
gitudinal, und die der außeren zwei azimuthal angeordnet. Weitere funf Detektor-
Schichten, die senkrecht zum Strahl ausgerichtet sind, sollen die vordere Region des
Targetspektrometers abdecken. Dieser Teil des Detektors beinhaltet ungefahr zwei
Millionen Pixel der Flache 100× 150 µm2 .
Alle funf Lagen Silizium, die diese Detektorkomponente bilden, sind insgesamt 200µm
dick (1,25% X0).
Die Ortsauflosung jeder einzelnen Spur wird in der transversalen Richtung σt =
50 µm und in der longitudinalen Richtung σl = 85 µm betragen.
2.3.3 Spurdetektoren
Der hohe Teilchenfluß bei einer Luminositat von bis zu L = 2× 1032 cm−2s−1 ist
einer der vielen Parameter, die fur das Design der Spurdetektoren des PANDA-
Detektors berucksichtigt werden mussen. Eine Impulsauflosung ∆p/p auf dem Pro-
zentlevel und eine effiziente Rekonstruktion von Sekundarvertizes, die sich außerhalb
des inneren Vertex-Detektors befinden konnen (z.B. K0S oder Λ), werden angestrebt.
Zur Zeit werden fur PANDA zwei mogliche Spurdetektoren entwickelt: ein Straw
Tube Tracker und eine Time Projection Chamber, die man im vorderen Teil des
Targetspektrometers mit zwei Mini Drift Kammern kombiniert.
Straw Tube Tracker
Der Straw Tube Tracker soll aus insgesamt 15 Doppelschichten von Straws mit ei-
ner Lange von l = 150 cm bestehen. Sein innerer Radius betragt r = 15 cm und
sein Außenradius r = 42 cm. Die erste und die letzte Straw Doppelschicht verlaufen
parallel zur Strahlachse, die restlichen 13 Doppellagen sind um Winkel von φ = 4,5
bis φ = 9 geneigt. Diese Neigung dient zur Positionsmessung der durchlaufenden
Teilchen entlang der Strahlachse.
Die inneren funf Doppelschichten von Straws besitzen einen Durchmesser von 4 mm,
die nachsten funf einen Durchmesser von 6 mm und die außeren funf Doppelschich-
ten haben einen Durchmesser von 8 mm.
Die Dicke der Signaldrahte innerhalb der Strawtubes soll 20 µm und die außere
Wanddicke der insgesammt 8734 Straw Tubes 30 µm betragen.
Die Gasmischung, die fur die Straws vorgesehen ist, besteht aus einem Argon-CO2-
Gemisch. Die resultierende Gasverstarkung sollte den Wert von 105 nicht uberschrei-
ten, damit ein Langzeitbetrieb gewahrleistet ist.
Unter Verwendung dieser Parameter kann eine transversale Auflosung von σy,x ≈150 µm erzielt werden.
Mini Drift Kammer
Teilchen, die unter Polarwinkeln ϑ < 22 emittiert und deshalb nicht vollstandig
vom Straw Tube Tracker erfasst werden, werden mit zwei Vielkanal-Driftkammern
2.3. DAS TARGETSPEKTROMETER 19
nachgewiesen, die 1,4 m und 2,0 m vom Target entfernt plaziert sind.
Diese Kammern mussen aufgrund ihrer Lage hohen Teilchenflussen in einem Mag-
netfeld von 2 T, das von dem Solenoiden erzeugt wird, Stand halten.
Um diese Anforderungen zu erfullen, wurden quadratische (oder hexagonale) Drift-
kammern mit einer Flache von 1 cm2 entworfen. Jede Kammer wird aus mehreren
Paaren von Nachweisebenen zur Positionsmessung der Teilchenspuren bestehen. Die
Anzahl der Nachweisebenen und ihre Orientierung wird von der jeweiligen Symme-
trie abhangen.
Die angestrebte Auflosung dieser Detektorkomponente betragt σx,y = 150 µm.
2.3.4 Teilchenidentifikation
Eine weitere Anforderung zur Erfullung der physikalischen Ziele des PANDA-Pro-
jekts ist eine gute Teilchenidentifikation von Hadronen und Leptonen uber einen
großen Raumwinkel- und Impulsbereich.
Geladene Teilchen, die sich mit der Geschwindigkeit βc > c/n in einem Medium
mit einem Brechungsindex n ausbreiten, senden Cherenkov-Licht unter dem Winkel
ΘC = arccos(1/(nβ)) aus.
Die Masse der auf diese Weise nachgewiesenen Teilchen kann bestimmt werden,
indem man die Geschwindigkeitsinformation aus dem Cherenkovdetektor mit der
Impulsinformation der Trackingdetektoren kombiniert. Da die Teilchenimpulse bei
unterschiedlichen Polarwinkeln stark variieren, werden diese mit zwei Arten von
Ring Imaging Cherenkov Counters (RICH), die unterschiedliche Brechungsindizes n
besitzen, im Targetspektrometer nachgewiesen.
Detector of Internally Reflected Cherenkov Light
Innerhalb des Targetspektrometers, im Polarwinkelbereich zwischen ϑ = 22 und
ϑ = 140, werden Teilchen durch den Nachweis von Cherenkov-Licht identifiziert.
Eine auf diesem Prinzip basierende Detektorkomponente wurde bereits im BaBar11-
Detektor verwirklicht.
Der DIRC (Detector of Internally Reflected Cherenkov light) besteht aus 1,7 cm
dicken Quarzstaben (n = 1,544), und umgibt die Strahlachse zylindrisch in einer
radialen Entfernung von r = 48 cm vom Target. Im Gegensatz zum BaBar-Detektor,
bei dem zur Auslese des DIRC Photomultiplier benutzt werden, werden bei PANDA
neue Auslesemethoden wie z.B. APD12-Arrays untersucht.
Daruber hinaus kann der DIRC als Trigger fur das Kalorimeter eingesetzt werden,
da durch ihn eine Unterscheidung zwischen Gammastrahlung und relativistischen
geladenen Teilchen vorgenommen werden kann.
11B and Bbar12Avalanche Photo Diode
20 KAPITEL 2. DER PANDA-DETEKTOR
Aerogel Cherenkov Zahler
Der sich in den Endkappen des Targetspektrometers befindende Aerogel Cherenkov
Zahler umfaßt den Polarwinkelbereich zwischen ϑ = 5 und ϑ = 22. Diese Detek-
torkomponente eignet sich besonders zur Pion-Kaon Separation und bietet neben
den Informationen zur Teilchenidentifikation die Moglichkeit als Trigger eingesetzt
zu werden.
Die optische Transmission bei einem Brechungsindex von n = 1, 02 beschrankt die
Dicke der diese Teilkomponente bildenden Blocke auf ungefahr 4 cm, um Ruckstreu-
effekte zu minimieren.
Eine Konstruktion fur diese Detektorkomponente ist vorgesehen, in der die Licht-
kegel 10 cm vor dem Ende des Radiators fokussiert und dort mit Multi-PAD Gas-
Detektoren nachgewiesen werden. Somit ist eine kompakte Struktur des Zahlers ohne
Spiegel und ohne Photomultiplier gewahrleistet.
Dieses Konzept eines Aerogel RICH wird zur Zeit an dem LHCb13-Detektor reali-
siert.
Da die Rayleigh-Streuung der Cherenkov Photonen im Radiator sehr stark mit der
Frequenz wachst (Fur die Intensitat I der Rayleigh-Streuung gilt: I ∝ 1/λ4), sind
R&D Bemuhungen notwendig, um Materialien fur einen Photon Converter zu ent-
wickeln, die sensitiv auf kleine Photonfrequenzen reagieren.
Als Alternativlosung konnte die geplante Geometrie leicht modifiziert werden, so
daß ein Spiegel das aus dem Radiator austretende Licht auf Photomultiplier, die
sich außerhalb des magnetischen Feldes befinden, reflektiert.
Myonen Nachweis
Der Nachweis von Myonen bei PANDA ist aufgrund der sehr kleinen Wirkungsquer-
schnitte der zu untersuchenden myonischen Endzustande und der daraus resultie-
renden geringen Ereignisrate aus der pp-Annihilation eine sehr sensitive Aufgabe.
Hinter dem Eisen-Joch des Targetspektrometers werden Plastik-Szintillationszahler
zum Nachweis von Myonen installiert, welche im Laborsystem den Polarwinkelbe-
reich von ϑ = 22 bis ϑ = 80 einschließen. Die Erfassung großerer Polarwinkel ist
nicht notwendig, da die Myonen bei diesen Winkeln im Eisen-Joch gestopt werden.
Die Impulse dieser Myonen werden uber die Spurrekonstruktion im Targetspektro-
meter bestimmt.
Das Myon-Nachweissystem wird aus 96 individuellen parallel zur Strahlachse ver-
laufenden Barren bestehen, die 2 m lang, 10 cm breit und 2 cm hoch sind. Hinzu
kommt noch die gleiche Anzahl von Barren senkrecht zur Strahlachse, die auf der
Vorderseite des Solenoiden plaziert sind. Das Licht, das in den Barren entsteht,
wird von Photomultipliern ausgelesen und das detektierte Signal wird an ADCs und
TDCs weitergeleitet. Diese Information kann zur Positionsmessung und zur Verifi-
13Large Hadron Collider beauty
2.4. VORWARTSSPEKTROMETER 21
zierung der Informationen anderer Trackingdetektoren genutzt werden. Außerdem
kann ebenfalls eine Time of Flight Messung gemacht werden, um nicht koinzidente
Ereignisse zu unterdrucken. Die Messdaten sollen nicht nur zur Bestimmung der Po-
sition dienen, sondern auch einen Wert fur den Energieverlust dE/dx zur weiteren
Untergrundunterdruckung liefern.
2.3.5 Elektromagnetisches Kalorimeter
Die vorgesehenen hohen Zahlraten erfordern ein schnelles und kompaktes Szintil-
latormaterial mit einer kurzen Strahlungslange, einem kleinen Moliereradius und
einer hohen Lichtausbeute fur die Konstruktion des elektromagnetischen Kalorime-
ters. Außerdem werden neue Konzepte fur die Auslese der Kristalle ins Auge gefasst
und weiterentwickelt.
Da das elektromagnetische Kalorimeter das zentrale Thema dieser Arbeit darstellt,
wird diese Detektorkomponente im nachsten Kapitel ausfuhrlich diskutiert.
2.3.6 Solenoid
Eine supraleitende Spule mit einem Innenradius von r = 90 cm und einer Lange
von l = 2,5 m stellt den Solenoiden des Targetspektrometers dar. Ihr maximales
Magnetfeld von 2 T ist mit einer Inhomogenitat kleiner als 5% uber das Volumen
des inneren und außeren Trackers konzipiert worden.
Die Krummung der Teilchenbahnen in Strahlrichtung fuhrt zu einer sehr guten Im-
pulsauflosung (insbesondere auch bei kleinen Polarwinkeln von ungefahr ϑ = 5).
Der Kryostat der Spule hat zwei Bohrungen von 100 mm Durchmesser, die sich
jeweils uber und unter dem Target befinden, und zum Einbau der inneren Targets
dienen.
2.4 Vorwartsspektrometer
2.4.1 Dipolmagnet
Einen Meter vom Targetspektrometer entfernt wird sich ein supraleitender Dipol-
magnet befinden, um die Impulsanalyse geladener Teilchen in Vorwartsrichtung zu
verbessern.
Das zwei Meter lange Magnet-Joch hat eine Offnung von zwei Metern und ist 4 m
vom Interaktionspunkt entfernt. Diese Parameter definieren die Winkelakzeptanz
des Vorwartsspektrometers zu ϑ ± 10 in der horizontalen und ϑ ± 5 in der verti-
kalen Richtung.
Die Krummung der Teilchenbahnen wird durch das Magnetfeld von B = 2 T be-
stimmt.
Die resultierende Ablenkung des Antiprotonenstrahls bei einem maximalen Impuls
von 15 GeV/c betragt 2, 2, welche von drei korrigierenden Dipolmagneten, zwei in
22 KAPITEL 2. DER PANDA-DETEKTOR
entgegengesetzter und einer in Strahlrichtung, kompensiert wird.
Es besteht die Option das Eisen-Joch dieses Dipolmagneten mit Nachweisgeraten
fur ionisierende Teilchen zu instrumentieren. Dies ist erforderlich, um eine maxima-
le Myonennachweiseffizienz zu erzielen.
2.4.2 Spurdetektoren
Die Ablenkung der Teilchen-Flugbahnen, die durch das Feld des Dipol-Magneten
entsteht, wird von vier Driftkammern gemessen, die in zwei Paaren angeordnet sind:
das erste Paar mit der aktiven Flache von 1,3× 0,7 m2 befindet sich vor und das
zweite Paar mit der aktiven Flache von 2,4× 1,2 m2 hinter dem Dipol-Magneten.
Die Driftkammern werden in quadratische oder hexagonale Driftzelllen von 1 cm
Breite unterteilt und aus drei Nachweisebenen bestehen. Die eine Ebene wird vertikal
angeordnete Drahte besitzen und die Drahte der beiden anderen Ebenen werden um
φ = 45 bzw. φ = − 45 geneigt sein.
Diese Anordnung erlaubt es insbesondere bei Multi-Track Ereignissen die Spuren in
jeder Kammer getrennt zu rekonstruieren.
Zur Strahlrohrdurchfuhrung sind die Kammern mit einem zentralen Loch versehen.
Die fur dieses System erwartete Impulsauflosung ∆p/p betragt fur 3 GeV Protonen
0, 2%. Sie wird hauptsachlich von der Streuung an den Kammerdrahten und an den
Gasmolekulen definiert.
2.4.3 Teilchenidentifikation
Time of Flight Detektor
Die Stop-Sektion des Time of Flight Detektors (TOF) wird aus einer Wand or-
ganischer Szintillatorplatten, die an beiden Seiten mit schnellen Photomultipliern
ausgelesen werden, bestehen. Die Flugzeit der Teilchen wird zwischen den Start De-
tektoren, die in der Targetregion am Interaktonspunkt plaziert sind und der Stop-
Wand, die in Strahlrichtung 6,8 m vom Target entfernt ist, gemessen.
Mit der TOF-Detektor laßt sich eine Zeitauflosung von σt = 100 ps erreichen, wo-
durch die Pion-Kaon- und Kaon-Proton Separation auf einem 3σ-Level bis zu Im-
pulsen von 2,8 GeV/c und 4,7 GeV/c moglich sein wird.
Ring Imaging Cherenkov Zahler
Um den Impulsbereich der Pion-Kaon- und Kaon-Proton-Trennung zu erweitern,
zieht man einen Dual-Radiator RICH Detektor in Betracht, der auf dem Design der
bei dem HERMES14 Experiment eingesetzten Teilkomponente basiert.
Durch den Einsatz von zwei Radiatoren mit unterschiedlichen Brechungsindizes,
kann eine Pion-Kaon-Proton Separation in dem Impulsbereich von 2−15 GeV/c
14Hera Measurement of Spin
2.4. VORWARTSSPEKTROMETER 23
durchgefuhrt werden. Spezielle Spiegel fokussieren das Cherenkov-Licht auf eine An-
ordnung von Photomultipliern, die außerhalb des aktiven Volumens plaziert sind.
Die Gesamtdicke dieses Detektors ergibt sich aus der Dicke der beiden Radiato-
ren: 5% X0 (Freon Gas Radiator (n = 1,0304)) und 2, 8% X0 (Aerogel Radiator
(n=1,00137)), und dem Aluminiumrahmen mit einer Dicke von 3% X0.
2.4.4 MIRAC-Kalorimeter und Myonen Nachweis
Das Design des Vorwartskalorimeters basiert auf dem Design des MIRAC15-Kalori-
meters des WA80 Experiments am CERN16.
MIRAC besteht aus 30 voneinander unabhangigen Staben, die eine Ausdehnung
von 22 cm in der horizontalen und 120 cm in der vertikalen Richtung haben. Jeder
Stab setzt sich aus einem elektromagnetischen (Blei-Szintillator; Lange l = 15X0),
und einem hadronischen Abschnitt (Stahl-Szintillator; l = 6X0) zusammen. Die
Energieauflosung des elektromagnetischen Schauers im MIRAC betragt: (0,014 ⊕0,11
√
E/GeV)% und die des hadronischen Schauers: (0,034 ⊕ 0,34√
E/GeV)%.
Bei PANDA werden die MIRAC Stabe in einem Abstand zwischen 7 m und 9,14 m
vom Target in Strahlrichtung in zwei Regionen angeordnet sein: eine obere und eine
untere mit jeweils einer aktiven Flache von 3 m in der horizontalen und 2,4 m in der
vertikalen Richtung.
Dieses Kalorimeter wird es ermoglichen neben den Energien von Elektronen und
Photonen auch Energien von Neutronen und Antineutronen zu messen, die in ande-
ren Komponenten des Vorwartsspektrometers nicht registriert werden.
Hinter dem Joch des Dipolmagneten und dem Kalorimeter wird sich, ahnlich wie
beim Targetspektrometer, eine Detektor-Wand zur Identifikation von Myonen be-
finden.
15Mid Rapidity Calorimeter16Centre Europeenne de Recherche Nucleaire
24 KAPITEL 2. DER PANDA-DETEKTOR
Kapitel 3
Das elektromagnetische
Kalorimeter
3.1 Funktionsweise elektromagnetischer Kalorimeter
3.1.1 Nachweis von Photonen
Die Wechselwirkung von Gammastrahlung mit Materie laßt sich hauptsachlich durch
drei Prozesse beschreiben: den Photoeffekt, den Comptoneffekt und die Paarbildung.
Diese Wechselwirkungsprozesse erzeugen im Detektor weitere Photonen oder gela-
dene Teilchen, durch die die Primarphotonen nachgewiesen werden konnen.
Die Nachweiswahrscheinlichkeit ε fur Gammastrahlung kann durch die Absorptions-
wahrscheinlichkeit Pabs im Medium ausgedruckt werden, da alle Photonen, deren
Energie E im Medium vollstandig oder nur teilweise absorbiert wird, nachgewiesen
werden konnen:
ε = Pabs . (3.1)
Die Wahrscheinlichkeit, daß Photonen das Szintillatormaterial durchqueren, nimmt
mit dem Weg s der Strahlung durch das Medium und dem Absorptionskoeffizienten
µabs des Szintillatormaterials exponentiell ab:
Ptrans = e−µabs s . (3.2)
Normiert auf die Dichte ρ des Materials gilt:
Ptrans = e−( µabs /ρ ) ρ s = e−µ ρ s . (3.3)
µ stellt hier den Massenabsorptionskoeffizienten dar.
Die Summe der Absorptions- und der Transmissionswahrscheinlichkeit muß stets den
Wert eins ergeben. Daraus folgt der Ausdruck fur die Nachweiswahrscheinlichkeit:
ε(s) = 1 − e−µ ρ s . (3.4)
25
26 KAPITEL 3. DAS ELEKTROMAGNETISCHE KALORIMETER
Photon energy
100
10
10–4
10–5
10–6
1
0.1
0.01
0.001
10 eV 100 eV 1 keV 10 keV 100 keV 1 MeV 10 MeV 100 MeV 1 GeV 10 GeV 100 GeV
Ab
sorp
tion
len
gth
λ
(g/
cm2
)
Si
C
Fe Pb
H
Sn
Abbildung 3.1: Die mittlere freie Weglange λ = ρ/µabs fur verschiedene Materialien als
Funktion von der Photonenenergie Eγ . Dabei stellen ρ die Dichte des Materials und µabs
den Abschwachungskoeffizienten dar [PD 04].
Der Absorptionskoeffizient hangt von der mittleren freien Weglange der Photonen
im Medium λ wie folgt ab:
µabs =ρ
λ= ρµ , (3.5)
wobei λ umgekehrt proprtional zu dem Massenabsorptionskoeffizienten µ ist.
Die Energieabhangigkeit von λ fur verschiedene Materialien wird in Abbildung 3.1
gezeigt. Deutlich zu sehen ist, daß bei den Photonenergien von 10 bis 100 MeV ein
Bereich anfangt, wo λ als konstant angenommen werden kann.
Der Massenabsorptionskoeffizient µ setzt sich aus den drei unabhangigen Anteilen
oben genannter Wechselwirkungsprozesse additiv zusammen:
µ = µphoto + µcompton + µpaar , (3.6)
und ist proportional zu den Wirkungsquerschnitten der drei Wechselwirkungen:
µ =NA
A
∑
i
σi , (3.7)
wobei σi der atomare Wirkungsquerschnitt fur den Prozess i, A die Massenzahl (in
g/mol) und NA die Avogadro-Konstante (in mol−1) ist.
Welcher der drei Absorptionskoeffizienten dominiert, ist von der Energie des einfal-
lenden Photons und von der Ordnungszahl Z des Absorbermaterials abhangig. Die
Energieabhangigkeit des Absorptionskoeffizienten ist in Abbildung 3.2 dargestellt.
Der Photoeffekt
Beim Photoeffekt wird die Energie eines Photons auf ein meist inneres Hullenelek-
tron ubertragen. Aufgrund der Energie- und Impulserhaltung ubernimmt der Kern
3.1. FUNKTIONSWEISE ELEKTROMAGNETISCHER KALORIMETER 27
Abbildung 3.2: Energieabhangigkeit des Massenabsorptionskoeffizienten fur Photonen in
Blei. Der Massenabsorptionskoeffizient wurde in dieser Darstellung auf die Dichte von Blei
normiert. Die gestrichelten Linien geben die Beitrage der einzelnen Absorptionsprozesse an
[Po 99].
dabei den Ruckstoß.
Bei diesem Prozeß lost sich das Elektron aus dem Atomverband (meistens aus der
K-Schale), wobei die Energie des einfallenden Photons Eγ in kinetische Energie Ekin
des Elektrons umgewandelt wird:
Ekin = Eγ − EB , (3.8)
wobei EB die Bindungsenergie des Elektrons darstellt. Das Gammaquant ist nach
diesem Prozeß nicht mehr vorhanden.
Die freie Stelle, die durch die Emission des Elektrons entstanden ist, kann durch ein
Elektron aus einer hoheren Schale besetzt werden. Die dabei freiwerdende Energie
wird in Form von Rontgenstrahlung emittiert. Diese Energie kann aber auch auf
weitere Elektronen in dem Atom ubertragen werden, was dazu fuhren kann, daß
zusatzliche Elektronen aus dem Atomverband gelost werden (Auger-Elektronen).
Der Photoeffekt dominiert bei Energien Eγ unter 100 keV und sein Wirkungsquer-
schnitt hat im Energiebereich der K-Schale eine hohe Ordnungszahl-Abhangigkeit:
σphoto ∝ Z5 (3.9)
Aus Gleichung 3.7 folgt, daß auch der Massenabsorptionskoeffizient µphoto die gleiche
Z-Abhangigkeit aufweist [Gr 93].
Der Comptoneffekt
Der Comptoneffekt beschreibt die elastische Streuung eines Photons an einem qua-
sifreien atomaren Elektron (EB ≈ 0).
28 KAPITEL 3. DAS ELEKTROMAGNETISCHE KALORIMETER
Das Gammaquant gibt (gemaß dem Energie und Impulserhaltungssatz) nur einen
Teil seiner Energie an das Elektron ab, welches mit einer bestimmten kinetischen
Energie aufgrund der Ruckstreuung unter einem bestimmten Winkel φ emittiert
wird. Das Photon erfahrt eine Anderung in seiner Frequenz und Bewegungsrichtung
(um den Winkel θ).
Beim Stoß mussen Impuls und Energie erhalten sein. Fur die Impulserhaltung gilt:
Pe + Pγ = P′
e + P′
γ , (3.10)
hierbei stellen Pe =(mec2,−→0 ) und Pγ =(0,
−→P γ) die Viererimpulse des Elektrons und
des Photons vor dem Stoß und P′
e und P′
γ die entsprechenden Viererimpulse nach
dem Stoß dar.
Mit E′
γ = |P′
γ | ergibt sich die Energie des um den Winkel θ gestreuten γ − Quants
zu:
E′
γ(θ) =Eγ
1 + (Eγ/mec2)(1 − cosθ). (3.11)
Hieraus folgt, daß die Energie des gestreuten Quants E′
γ winkelabhangig und fur
θ = 180 minimal ist.
Die Energie Ee(φ), die auf das Elektron ubertragen wird, ist die Energie der ge-
streuten Elektronen, die sich aus der Differenz der Energien des einfallenden und
gestreuten Quants zusammensetzt:
Ee(φ) = Eγ − E′
γ(θ) . (3.12)
Die Energie der Comptonelektronen liegt daher in einem Intervall zwischen Null und
einer Maximalenergie Ee, max, welche durch
Ee, max =2E2
γ
mec2 + 2Eγ(3.13)
gegeben ist. Die Energieverteilung der Comptonelektronen bezeichnet man als Comp-
tonkontinuum. Dieses weist eine charakteristische Comptonkante auf, die bei der
Maximalenergie des emittierten Elektrons liegt. Das Spektrum einer 137Cs-Quelle
ist in Abbildung 3.3 dargestellt. Deutlich ist die Comptonkante bei einer Energie
von ca. 480 keV zu erkennen.
Der totale Wirkungsquerschnitt der Comptonstreuung pro Elektron eines Atoms ist
durch die Klein-Nishina-Formel gegeben:
σecompton = 2πr2e
[(
1 + ǫ
ǫ2
)(
2 (1 + ǫ)
1 + 2 ǫ− 1
ǫln (1 + 2 ǫ)
)
+1
2 ǫln (1 + 2 ǫ)
− 1 + 3 ǫ
(1 + 2 ǫ)2
]
[cm2/Elektron] , (3.14)
3.1. FUNKTIONSWEISE ELEKTROMAGNETISCHER KALORIMETER 29
Abbildung 3.3: Ein Beispiel fur ein Gamma-Spektrum von 137Cs. Deutlich ist die Ge-
samtabsorptionslinie bei 662 keV zu erkennen, die durch den Photoeffekt zustande kommt.
Etwa bei 480 keV befindet sich die Comptonkante, die die Maximalenergie des Compton-
kontinuums darstellt. Der schwache Peak bei 250 keV innerhalb des Compton-Kontinuums
ist auf Ruckstreuung in der Praparateumgebung zurckzufhren, wahrend der Peak bei ca. 100
keV auf K-Fluoreszenzstrahlung von Abschirmmaterialien basiert [Gr 04].
mit ǫ = Eγ/mec2 und r2e = 2,2 fm.
Der atomare Wirkungsquerschnitt wird zusatzlich mit dem Faktor Z multipliziert,
da in Atomen Z Elektronen als Streuzentren vorhanden sind. Es gilt:
σatomcompton = Zσe
compton . (3.15)
Da beim Compton-Prozeß der Energieubertrag an die Elektronen kontinuierliche
Werte annimmt, unterscheidet man zwischen einem Massenabschwachungskoeffizi-
enten und einem Massenabsorptionskoeffizienten (s. [Gr 93]).
Die Paarbildung
Paarbildung entsteht, wenn die Energie eines Gammaquants großer ist als die dop-
pelte Ruheenergie eines Elektrons, Eγ>2mec2, wodurch sich im Coulombfeld eines
Atomkerns ein Elektron-Positron Paar bilden kann.
Ein Teil der Energie Eγ des Photons dient zur Erzeugung dieses Paares, die ubrige
Energie gibt die kinetische Energie der gebildeten Teilchen und den Ruckstoß des
Kerns an.
Der Wirkungsquerschnitt fur die Paarerzeugung ist proportional zum Quadrat der
Ordnungszahl Z, wodurch fur den Massenabsorptionskoeffizienten µpaar nach Glei-
chung 3.7 gilt:
µpaar ∝ Z2 . (3.16)
Die Paarerzeugung stellt den dominanten Wechselwirkungsprozeß bei Photonen-
Energien oberhalb von 10 MeV dar [Kl 92].
30 KAPITEL 3. DAS ELEKTROMAGNETISCHE KALORIMETER
3.1.2 Bremsstrahlung von Elektronen
Wenn Elektronen ein Medium durchqueren, verlieren sie ihre Energie entweder durch
Ionisation der Atome oder sie strahlen beim Abbremsen im Coulomb-Feld eines
Kerns Energie in Form von Photonen ab [Kl 92].
Der Energieverlust durch Bremsstrahlung ist gegeben durch:
− (dE
dx)brems = 4αN0
Z2
Ar2e E ln (
183
Z1/3) =
E
X0, (3.17)
wobei α die Feinstrukturkonstante, N0 die Avogadro-Konstante, A die Massenzahl
und re den Elektronenradius darstellen.
Die Strahlungslange X0 beschreibt hierbei die Wegstrecke, nach deren Durchqueren
sich die Energie des Elektrons aufgrund von Bremsstrahlungsprozessen um den Fak-
tor e reduziert hat.
Dieser Prozeß ist stark materialabhangig und wachst linear mit der kinetischen Ener-
gie E des Elektrons und quadratisch mit der Ladungszahl Z des Mediums an.
Oberhalb einer kritischen Energie Ec ∼ 580 MeV/Z uberwiegt fur Elektronen der
Energieverlust durch Bremsstrahlung gegenuber dem durch Ionisation. Das Verhalt-
nis dieser beiden Energieverlustarten ist gegeben durch:
R = (dE
dx)brems /(
dE
dx)Ion ∼ Z · E
580 MeV. (3.18)
3.1.3 Der Szintillationsmechanismus
Die Aufgabe eines Szintillators ist es, die durch ionisierende Teilchen verursach-
te Anregung eines Festkorpers in sichtbares Licht umzuwandeln und dieses Licht
an einen Photodetektor weiterzuleiten [Kl 92]. Man unterscheidet im wesentlichen
zwischen zwei Arten von Szintillatoren: anorganische Kristalle und organische Stof-
fe. Anorganische Szintillatoren sind meist mit Fremdatomen (Farbzentren) dotierte
Einkristalle (NaI(Tl), CsI(Tl), BaF2, BGO und PWO) mit moglichst hoher Ord-
nungszahl Z, wahrend organische Szintillatoren polymerisierte Festkorper, Kristalle
oder Flussigkeiten sind.
Die Funktionsweise der anorganischen Szintillatoren kann mit Hilfe des Bandermo-
dells von Kristallen erklart werden:
Die haufig verwendeten anorganischen Kristalle sind Isolatoren, das heißt das Va-
lenzband ist vollstandig besetzt wahrend das Leitungsband leer ist. In das Kristall-
gitter werden gezielt Farbzentren als Fremdatome in der Zone zwischen dem Valenz-
und Leitungsband eingebaut, durch die zusatzliche Energieniveaus erzeugt werden
[Kl 90]. Durch einfallende Photonen oder Teilchen konnen Elektronen aus dem Va-
lenzband in das Leitungsband gehoben werden, in dem sie sich frei bewegen konnen.
Bei diesem Anregungsprozeß bleibt im Valenzband ein Loch zuruck und der Kristall
hat eine gewisse elektrische Leitfahigkeit erhalten. Durch Rekombination des Elek-
trons mit einem Loch wird Energie in Form von Photonen frei.
3.1. FUNKTIONSWEISE ELEKTROMAGNETISCHER KALORIMETER 31
Ene
rgie
Leitungsband
Valenzband
Excitonenband
Aktivatorzustände
Elektron
Excitonenpaar
Loch
Abbildung 3.4: Banderstruktur anorganischer Szintillatoren: durch das Einbauen von Frem-
datomen (Farbzentren oder Aktivatorzustande genannt) in das Kristallgitter werden zusatz-
liche Energieniveaus erzeugt. Elektronen, die durch Anregung von Teilchen oder Photonen,
an das Loch elektrostatisch gebunden bleiben (Exzitonen) konnen ihre Energie an ein Farb-
zentrum abgeben. Bei diesem Prozeß kann der Aktivatorzustand bei der Abregung Photonen
emittieren.
Eine weitere Moglichkeit ist, daß das Elektron, das einen Teil der Energie des einfal-
lenden Teilchens absorbiert hat, das Leitungsband nicht erreicht, und an das Loch
elektrostatisch gebunden bleibt. Diese Elektron-Lochzustande (Exzitonen) wandern
durch den Kristall (s. Abbildung 3.4), bis sie auf ein Farbzentrum treffen und ihre
Energie dort abgeben. Das angeregte Farbzentrum gibt seine Energie an das Kri-
stallgitter in Form von Gitterschwingungen (Phononen) ab, oder emittiert sie in
Form von Licht, welches durch einen Photodetektor ausgelesen werden kann. Die
Abklingzeit eines solchen Szintillators hangt von der Lebensdauer der angeregten
Zustande ab.
Die organischen Szintillatoren besitzen einen anderen Szintillationsmechanismus:
Sie bestehen meistens aus einer dreikomponentigen Mischung von Stoffen: Ein pri-
marer Fluoreszenzstoff wird durch den Energieverlust von Teilchen angeregt und
emittiert bei seiner Abregung UV-Licht. Fur dieses UV-Licht ist der Szintillator je-
doch nicht transparent, weshalb ein zweiter Fluoreszenzstoff beigemischt wird, der
das primare Fluoreszenzlicht absorbiert und Licht geringerer Frequenz isotrop ree-
mittiert. Das Emissionsspektrum des zweiten Stoffes wird an die spektrale Empfind-
lichkeit des Photodetektors angepasst. Die beiden Komponenten werden entweder
in einer organischen Flussigkeit gelost oder mit einem organischen Material zu einer
polymerisierenden Substanz vermischt [Gr 93].
Die Abklingzeiten organischer Szintillatoren sind viel kurzer als die von anorga-
nischen Szintillatoren (sie liegen im Nanosekundenbereich). Deshalb benutzt man
sie vorwiegend fur Messungen, die eine sehr gute Zeitauflosung benotigen und fur
Koinzidenzmessungen.
32 KAPITEL 3. DAS ELEKTROMAGNETISCHE KALORIMETER
3.1.4 Elektromagnetische Kalorimeter
Die Aufgabe eines elektromagnetischen Kalorimeters ist es, die Energie hochenerge-
tischer Photonen, Elektronen oder Positronen mittels ihrer totalen Absorption im
Szintillatormaterial (siehe 2.1.3) zu messen.
Dazu nutzt man die Wechselwirkungen hochenergetischer Photonen oder Elektronen
mit dem Szintillatormaterial aus, welche uber Paarbildung und Bremsstrahlung zu
einer Kaskade (Schauer) von Photonen, Elektronen und Positronen fuhren [Kl 92].
Der Schauer bricht erst dann ab, wenn die Energie sekundarer Photonen fur die
Paarbildung nicht mehr ausreicht und der Compton- und der Photoeffekt im Szin-
tillator als Anregungsprozesse dominieren [Le 00]. Ein Beispiel fur eine mogliche
Schauerentwicklung ist in Abbildung 3.5 gezeigt.
Ein homogenes elektromagnetisches Kalorimeter besteht aus Szintillatorkristallen,
wobei die Detektorgeometrie so gewahlt wird, daß die entstehenden Schauer moglichst
vollstandig absorbiert werden. An einem Ende dieser Szintillatorkristalle werden
Photodetektoren montiert, um das Szintillationslicht zu detektieren.
Die totale longitudinale Ausdehnung T des Schauers wachst logarithmisch mit der
Energie E. Fur die Position des Schauermaximums (die maximale Anzahl der Teil-
chen im Schauer) gilt:
Tmax ∝ ln (E0
Ec) , (3.19)
wobei E0 die Energie der einfallenden Teilchen ist.
Die totale Anzahl der Schauerabschnitte ist proportional zu dem Verhaltnis von E0
zu Ec, wie man aus der Abbildung 3.5 entnehmen kann. 98% der Einfallsenergie sind
in einer Lange von
L = 2,5 · Tmax [X0] (3.20)
bei Einschußenergien zwischen 10 und 100 GeV enthalten.
Die transversale Schauerausbreitung wird durch den Moliere Radius RM beschrie-
ben, der dadurch definiert ist, daß sich 95% des Schauerkegels in der transversalen
Richtung in einem Zylinder mit dem Radius 2RM befinden. Es gilt annahernd:
RM =21MeV
EcX0 [g/cm2] . (3.21)
Eine charakteristische Große von homogenen Kalorimetern ist die relative Energie-
auflosung σ(E)/E, die mit den bereits oben erlauterten Schauerparametern wie folgt
zusammenhangt:σ(E)
E∝ 1√
E. (3.22)
Allgemein lasst sich die relative Energieauflosung durch die folgende Parametrisie-
rung beschreiben1:σ(E)
E=
a√E
⊕ b ⊕ c
E. (3.23)
1a ⊕ b =√
a2 + b2
3.2. FUNKTIONSWEISE EINER AVALANCHE PHOTODIODE 33
e+
e+
e+
e+
e+
−e
−e
−e
−e
−e
X 02 X03 X04 X05 X06X 01
Absorber
Abbildung 3.5: Schematische Darstellung eines photoneninduzierten, elektromagnetischen
Schauers.
Somit setzt sie sich aus drei Termen zusammen: einem stochastischen Term a, einen
konstanten Term b und einem Rauschterm c. Der konstante Term stellt einen Qua-
litatsfaktor fur das Kalorimeter dar, weil er Inhomogenitaten, Ungenauigkeiten in
der Kalibrierung und Nicht-Linearitaten beinhaltet. In dem Rauschterm, der um-
gekehrt proportional zu der Energie E ist, sind das elektronische Rauschen und die
Storeffekte der Kristalle (z.B. radioaktives Rauschen) enthalten [Jo 02].
3.2 Funktionsweise einer Avalanche Photodiode
3.2.1 Funktionsweise einer Halbleiterdiode
Eine Halbleiterdiode kann als Auslesedetektor fur Photonen und geladene Teilchen
eingesetzt werden, da die mittlere Energie zur Erzeugung von Ladungstragern im
Halbleitermaterial bei Raumtemperatur nur wenige eV betragt. Im Silizium werden
beispielsweise 3,6 eV und im Germanium nur 2,8 eV benotigt, um ein Elektron-Loch
Paar zu erzeugen.
Die Funktionsweise einer Halbleiterdiode wird durch einen p-n Ubergang definiert,
der die Grenzschicht zwischen einer p-dotierten2 und einer n-dotierten3 Zone dar-
stellt (s. Abbildung 3.6).
2Der IV-Halbleiter wird mit dreiwertigen Elementen (Akzeptoren) dotiert. Eine der Bindungen
im Halbleiter bleibt unvollstandig. Die auf diese Weise entstandenen Locher wandern durch den
Kristall und erzeugen dort einen Locherstrom.3Der Halbleiter wird mit funfwertigen Elementen, Donatoren, dotiert, so daß das funfte Elektron
des Donators nur schwach gebunden ist und leicht in das Leitungsband gelangen kann.
34 KAPITEL 3. DAS ELEKTROMAGNETISCHE KALORIMETER
+ + + + + + ++ + + + + + ++ + + + + + ++ + + + + + ++ + + + + + ++ + + + + + ++ + + + + + ++ + + + + + ++ + + + + + +
+ HV
n p
Signal
Verarmungszone
Abbildung 3.6: Prinzip einer Halbleiterdiode: Durch das Verbinden einer p-dotierten mit
einer n-dotierten Schicht entsteht in der Nahe der Grenzflache eine Verarmungszone an
freien Ladungstragern, die durch eine von außen angelegte Sperrspannung vergroßert werden
kann. Einfallende geladene Teilchen oder Photonen konnen nachgewiesen werden, indem sie
freie Elektronen erzeugen, die abgesaugt werden, bevor sie rekombinieren.
In der Nahe der Grenzflache diffundieren die freien Ladungstrager der beiden Schich-
ten in die jeweils anders geladene Zone. Dabei rekombinieren die Elektronen und
Locher miteinander. Es bildet sich auch ohne eine von außen angelegte Spannung
eine Verarmungszone an freien Ladungstragern aus, die eine geringe Leitfahigkeit
aber ein hohes elektrisches Feld besitzt. Durch diese Bewegung der Ladungstrager
entsteht zwischen der p- und der n-Schicht eine Spannung, die Diffusionsspannung
genannt wird [Le 96]. Eine außere Sperrspannung vergroßert die Verarmungszone.
Die gesamte angelegte Spannung fallt wegen der Leitfahigkeit der angrenzenden
Gebiete der Verarmungszone im Kristall uber die Raumladungszone ab. Einfallen-
de geladene Teilchen oder Photonen konnen nachgewiesen werden, indem sie freie
Elektronen erzeugen, die an der Anode gesammelt werden, bevor sie rekombinieren
[Gr 93].
Der Dioden-Mechanismus kann ebenfalls mit Hilfe des Bandermodells verstanden
werden: Im Bandermodell des Halbleiters liegt das Ferminiveau der n-dotierten
Schicht hoher als das der p-dotierten Schicht. Am p-n Ubergang muß das Fermi-
niveau der beiden Schichten gleich sein, weshalb es zu einer Verformung der Bander
im Ubergangsbereich kommt. Die verformte Zone bildet eine Sperrschicht. Durch
das Anlegen einer außeren Spannung in Sperrichtung werden die Ferminiveaus wei-
ter voneinander getrennt und somit die Sperrschicht vergroßert. Die Sperrspannung
kann bis zur vollstandigen Depletion (großte Feldstarke) des Halbleiters erhoht wer-
den [Kl 92].
3.2. FUNKTIONSWEISE EINER AVALANCHE PHOTODIODE 35
3.2.2 Der Avalanche Mechanismus
Bei der Erzeugung von Elektron-Loch Paaren in der Sperrschicht der Photodiode,
driften die Elektronen auf die n+4 Seite, wahrend sich die Locher auf die p+ Sei-
te des Halbleiters bewegen, wie es in Abbildung 3.7 dargestellt wird. Die Driftge-
schwindigkeit der Ladungstrager hangt von der Starke des elektrischen Feldes ab.
Bei Erhohung der Sperrspannung wachst das elektrische Feld bis zur einer bestimm-
ten Starke (E = 104 V/cm) an, bei der es immer wahrscheinlicher wird, daß die
Ladungstrager mit dem Kristallgitter zusammenstoßen. Dabei wird ihre Geschwin-
digkeit einen Sattigungswert erreichen, der einer mittleren Driftgeschwindigkeit der
Ladungstrager <v> = 107 cm/s entspricht.
Bei weiterer Erhohung der Sperrspannung, bei der elektrische Felder bis zu einer
Starke von E = 2 × 105 V/cm entstehen konnen, besitzen die Ladungstrager, die
nicht mit dem Kristallgitter kollidiert sind, eine sehr hohe kinetische Energie. Wenn
diese Ladungstrager mit dem Gitter zusammenstoßen, kommt es zur Ionisation von
Atomen und dadurch zur Bildung neuer Elektron-Loch Paare. Diese Elektron-Loch
Paare erzeugen dann in einer Kettenreaktion (Avalancheprozeß) weitere Ladung-
trager. Durch dieses Phanomen kommt es zu einer internen Verstarkung des Photo-
stroms [Ha 01].
Damit eine Avalanche Photodiode (APD) zur optimalen Auslese der Kalorimeterkri-
stalle eingesetzt werden kann, mussen die im folgenden beschriebenen Eigenschaften
der Diode bei der Verwendung berucksichtigt werden.
Photosensitivitat und Quantenausbeute
Beim Auftreffen von Licht auf eine Photodiode werden Elektron-Loch Paare erzeugt,
falls die Energie des Lichts großer als die Bandlucke zwischen dem Valenz- und dem
Leitungsband des Diodenmaterials ist. Diese Lucke betragt im Falle von Silizium
1,12 eV bei Raumtemperatur, so daß dieses Halbleitermaterial sensitiv auf Licht
mit Wellenlangen von λ < 1100 nm ist.
Diese Sensitivitat wird ublicherweise durch die Photosensitivitat S [A/W] und die
Quantenausbeute QE [% ] ausgedruckt. Die Photosensitivitat ist definiert als der
Quotient aus Photostrom und einfallender Strahlungsleistung; wahrend die Quan-
tenausbeute das Verhaltnis der Anzahl von erzeugten Elektron-Loch Paaren zu der
Anzahl einfallender Photonen beschreibt. Diese beiden Parameter stehen in folgen-
der Relation zueinander; uber λ = 1240 eV·nmE ergibt sich [Ha 01]:
QE =S × 1240 eV · nm
λ× 100 [% ] , (3.24)
wobei E in eV angegeben wird und S die Einheit 1/eV besitzt.
Die Quantenausbeute einer APD (bei einer bestimmten Wellenlange) ist im Vergleich
4Ein Plus hinter der Bezeichnung der Dotierung bedeutet, daß diese Schicht sehr stark dotiert
wurde.
36 KAPITEL 3. DAS ELEKTROMAGNETISCHE KALORIMETER
+ − −
+ +−
+ − −− +−
− −+ + + −
− −+
+ −
elektrische Feldstärke
ÜbergangPN−
schichtDepletions−
RegionAvalanche
n
p
+
+
Abbildung 3.7: Prinzip einer Avalanche Photodiode: Bei der Kollision von hochenergeti-
schen Elektron-Loch Paaren mit dem Kristallgitter in einem hohen elektrischen Feld werden
weitere Ladungstrager erzeugt. Dieses fuhrt zu einer Kettenreaktion → Avalancheprozeß.
zu der eines Photomultipliers sehr hoch. Ihr Maximalwert liegt fur handelsubliche
APDs bei ca. 85% im Wellenlangenbereich λ = 630 − 710 nm. Im Gegensatz dazu
liegt dieser Wert bei einem Photomultiplier bei 15 − 20% [PD 04].
Verstarkung
Der Verstarkungsfaktor M bezeichnet die Anzahl der durch die Lawinenmultiplika-
tion in der APD gewonnenen Sekundarladungstrager im Verhaltnis zu der Zahl der
Primarladungstrager [Ki 99].
Durch gezielte Einstellung der Sperrspannung kann man das elektrische Feld im p-
n-Ubergang und somit die Verstarkung der APD regulieren (⇒ M = M(U ) ).
Die Energie zur Erzeugung von Elektron-Loch Paaren durch Ionisation im Silizium
betragt 3,6 eV bei Raumtemperatur und ist abhangig von der freien Weglange der
Ladungstrager im elektrischen Feld. Die freie Weglange hangt von der Temperatur
ab, weshalb die Verstarkung ebenfalls temperaturabhangig (⇒ M = M(U,T ) ) ist.
Die Verstarkung einer APD wird aus dem Verhaltnis der Photostrome ( I photo =
I gesamt − I dunkel ) fur eine feste Wellenlange des einfallenden Lichtes bei einer hohen
und einer niedrigen Sperrspannung, die einer Verstarkung von M = 1 entspricht,
ermittelt:
M (U ) =I photo (U )
I photo (U0 ), (3.25)
wobei U0 = U(M = 1) gilt. Somit kann dieser Ausdruck als eine Normierung auf
eine Messung mit einer Photodiode ohne interne Verstarkung verstanden werden.
Excess Noise Faktor
Die lawinenartige Vermehrung der Elektronen-Loch Paare in der APD ist ein stati-
stischer Prozeß und unterliegt Fluktuationen, welche von der internen Struktur der
3.3. AUFBAU DES PANDA-KALORIMETERS 37
Idg
Ids PN−Übergang
RegionAvalanche−
Ladungsträgerfluß verstärkter
Ladungsträgerflußnicht verstärkter
Abbildung 3.8: Schematische Darstellung des Dunkelstroms einer APD.
APD abhangen. Die Große dieser Fluktuationen wird durch den Excess Noise Faktor
F beschrieben:
F =M2 + σ2
M
M2. (3.26)
σM ist hierbei die Streuung des Verstarkungfaktors M [Ki 99].
Dunkelstrom
Den Dunkelstrom einer APD kann man durch die Summe aus dem Oberflachen-
leckstrom Ids, der durch die Grenzflache zwischen dem p-n-Ubergang und der Silizi-
umoxidschicht fließt, und dem Bulk-Strom Idb, der innerhalb des Siliziumsubstrats
entsteht, ausdrucken. Weil der Bulk-Strom in der Avalancheregion fließt, wird er
durch den Avalanchemechanismus um den Faktor M verstarkt (s. Abbildung 3.8).
Man kann den Dunkelstrom einer APD zusammenfassen als:
ID = Ids + M × Idb . (3.27)
3.3 Aufbau des PANDA-Kalorimeters
3.3.1 Physikalische Anforderungen
Um die hochenergetischen Photonen nachweisen zu konnen, wird ein schnelles und
kompaktes Szintillatormaterial benotigt, welches den hohen Zahlraten des Expe-
riments standhalt. Eine hohe Rekonstruktionseffizienz der Teilchen erfordert eine
niedrige Energieschwelle sowie eine sehr gute Energie- und Zeitauflosung. Fur die
relative Energieauflosung σ(E)/E wird ein Wert von
σ(E)
E=
1,54%√
E [GeV]⊕ 0,3% , (3.28)
angestrebt und die Zeitauflosung sollte kleiner als 20 ns sein [CDR01].
38 KAPITEL 3. DAS ELEKTROMAGNETISCHE KALORIMETER
Abbildung 3.9: Eine schematische Darstellung des elektromagnetischen Kalorimeters.
Diese Bedingungen erfordern eine kurze Strahlungslange, einen kleinen Moliere Ra-
dius und eine hohe Lichtausbeute, die unabhangig vom Teilchendurchgangsort ist
[LoI04].
3.3.2 Die Kristalle
Fur das elektromagnetische Kalorimeter werden zur Zeit zwei Kristalltypen unter-
sucht: Wismut-Germanat Bi4Ge3O12 (BGO) und Blei-Wolframat PbWO4 (PWO).
Die wichtigsten Eigenschaften dieser Kristalle sind in Tabelle 3.1 dargestellt. Zusatz-
lich sind in dieser Tabelle die Eigenschaften von Cerfluorid CeF3 (CeF) abgebildet,
da dieser Kristall als Referenzkristall wahrend der Testmessungen verwendet wurde.
Beide Kristalle haben ahnliche Eigenschaften.
Erste Strahlungstests wurden im November 2003 durchgefuhrt, um den ersten die-
rekten Vergleich beider Kristalle zu erhalten. Die Durchfuhrung, Analyse und Er-
gebnisse dieser Tests werden in dieser Arbeit in den nachsten Kapiteln vorgestellt.
Die Entscheidung daruber, welcher Kristall fur das Kalorimeter verwendet wird,
fallt, nachdem die R&D-Phase mit weiteren Tests abgeschlossen ist.
3.3.3 Die APD-Auslese
Die Kristalle des Kalorimeters werden voraussichtlich von zwei APDs mit jeweils
einer aktiven Flache von 10 × 10 mm2 ausgelesen.
Eine APD-Auslese nach dem Vorbild des Kalorimeters des CMS5-Detektors ist auf-
grund ihrer kompakten und stabilen Bauform, ihrer hohen Lichtausbeute (S ≈5Compact Muon Spectrometer
3.3. AUFBAU DES PANDA-KALORIMETERS 39
Eigenschaften BGO CeF3 PWO
Dichte [g/cm3] 7,13 6,16 8,26
Strahlungslange [cm] 1,12 1,68 0,9
Moliere Radius [cm] 2,3 2,6 2,0
dE/dx [MeV/cm] 9,0 7,9 10,2
Abklingzeit [ns] 60-300 10-30 5-15
Max. Emission [nm] 480 310-340 420-440
Temp.-Koef. [%/C] -1,6 0,14 -1,9
Brechungsindex 2,20 1,68 2,16
Tabelle 3.1: Eigenschaften anorganischer Kristalle [PD 96], [PD 04].
2 A/W bei der Verstarkung von M = 50 fur PWO und S ≈ 3 A/W fur BGO)
und geeigneten Quantenausbeute (QE = 67% fur PWO und QE = 80% fur BGO)
fur beide Kristalltypen sehr vorteilhaft. Ein weiterer Vorteil einer Avalanche Pho-
todiode ist die schnelle Zeitinformation sowie die Moglichkeit sie, im Gegensatz zu
den Photomultipliern, in Magnetfeldern betreiben zu konnen.
Die Ausleseflache der CMS-APDs betragt 5 × 5 mm2, was einen Nachteil darstellt,
da nur ein kleiner Teil der Kristallendflache mit diesem APD-Typ abgedeckt wer-
den kann. In Zusammenarbeit mit der Firma Hamamatsu Photonics wurden APDs
entwickelt, deren aktive Flache 10× 10 mm2 betragt (Large Area APDs) und somit
vier mal großer ist als die der CMS-APDs.
Weitere Untersuchungen der APDs sind notig, damit die benotigte Strahlenharte
erreicht wird.
3.3.4 Der Aufbau
Das elektromagnetische Kalorimeter des PANDA-Detektors wird in drei Komponen-
ten aufgeteilt: den Barrel, eine vordere und eine hintere Endkappe, die in der Ab-
bildung 3.9 dargestellt sind. Insgesamt wird das Kalorimeter 96% des vollen Raum-
winkels 4π abdecken.
Der Barrel wird einen Innenradius von ca. 50 cm besitzen und die ihn, insgesamt
12000, formenden Kristalle sollen eine Lange von 20X0 haben. Die Vorderseite der
Kristalle soll die Maße von ca. 2,2×2,2 cm2 besitzen. Die Auslese an den Endflachen
geschieht durch zwei Large Area APDs mit der aktiven Flache von 10 × 10 mm2.
Die hintere und vordere Endkappe werden zusatzlich insgesamt 3000 bis 4000 Kri-
stalle erfordern [LoI04].
40 KAPITEL 3. DAS ELEKTROMAGNETISCHE KALORIMETER
Kapitel 4
Messung der
“Proton-Response”-Funktion
Den ersten direkten Vergleich der beiden fur das elektromagnetische Kalorimeter zu
untersuchenden Kristalltypen und deren Auslese liefern die Messungen der “Proton-
Response”-Funktion, die im November 2003 am KVI1 Groningen durchgefuhrt wur-
den. Bei diesen Tests wurden die Wismut-Germanat- und Blei-Wolframat-Kristalle
auf ihre Energieauflosung, aber auch auf die Temperaturabhangigkeit der Lichtaus-
beute hin untersucht.
In diesem Kapitel werden die Messungen, die Analyse und die Ergebnisse der durch-
gefuhrten Strahlzeit vorgestellt.
4.1 Die Messung der “Proton-Response”-Funktion
4.1.1 Einfuhrung
Die Messung der “Proton-Response”-Funktion wurde mit funf Kristallen durch-
gefuhrt: zwei Wismut-Germanat- (BGO), zwei Blei-Wolframat-Kristallen (PWO)
mit den Maßen 30 × 30 × 200 mm3 (BGO) bzw. 16 × 16 × 30 mm3 (PWO) sowie
einem Cerfluorid-Kristall (CeF) mit den Maßen 20×20×140 mm3. Der CeF-Kristall
diente bei dieser Messung als Referenzkristall; seine Eigenschaften sind in Tabelle
3.1 aufgefuhrt.
Um die maximale Lichtausbeute dieser Kristalle zu gewahrleisten, wurden diese mit
vier Lagen Teflon und mit einer Lage schwarzer Folie lichtdicht verschlossen. Das
Teflon erhoht die Lichtausbeute, indem es das ansonsten an den Seitenflachen aus-
tretende Licht diffus streut. Somit wird ein Teil des andernfalls austretenden Lichts
wieder in den Kristall gestreut und kann dadurch nachgewiesen werden.
Wie schon im letzten Kapitel erwahnt, wird der Einsatz einer APD-Auslese des
1Kernfysisch Versneller Institute
41
42 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
90 MeV Protonen
Vakuumkammer
BGO−Kristall + PMT
θ
CeF−Kristall + PMT
Targetfolie
Abbildung 4.1: Schematische Darstellung des Experimentaufbaus: Protonen mit einer Ener-
gie von 90 MeV wurden auf ein C- bzw. ein CH2-Target geschossen. Die unter dem Winkel
θ montierten Kristalle dienten zur Detektion der gestreuten Protonen.
elektromagnetischen Kalorimeters getestet und weiterentwickelt. Deshalb stellt die-
se Messung eine geeignete Moglichkeit dar, einen direkten Vergleich zu Photomulti-
pliermessungen zu erhalten. Aus diesem Grund wurde jeweils einer der BGO- und
PWO-Kristalle mit einem Photomultiplier ausgelesen, wahrend die Auslese des zwei-
ten Kristalls mit einer APD erfolgte. Die Auslese des Cerfluoridkristalls wurde mit
einem Photomultiplier durchgefuhrt. Vorteile eines Photomultipliers gegenuber ei-
ner APD sind sein geringes Rauschen und die große aktive Flache. Allerdings kann
dieser Detektor nicht in Magnetfeldern eingesetzt werden. APDs dagegen haben eine
sehr kompakte und stabile Bauform (s. Kapitel 3) und eignen sich besonders fur den
Einsatz in Magnetfeldern. Desweiteren verfugen sie uber eine interne Verstarkung,
die vor allem bei der Verwendung von PWO aufgrund dessen geringer Lichtausbeu-
te erforderlich ist. Die aktive Flache der verwendeten APDs2 betragt 5 × 5 mm2,
wahrend der Photomultiplier3 die gesamte Ausleseflache des Kristalls abdeckte. Die
Photodetektoren wurden mit einem optischen Ol4 an die Kristalle gekoppelt. Dieses
Ol wurde ausgewahlt, da sein Brechungsindex von 1,4042 [Ba 97] dem Brechungs-
indizes der Kristalle (s. Tabelle 3.1) am Nachsten ist und somit eine gute optische
Kopplung zwischen Kristall und Photosensor sichergestellt wird.
Die verwendete Kuhlvorrichtung, in der die Kristalle eingeschlossen wurden, diente
zum einem zur Variation der Temperatur zwischen den Messungen und zum anderen
zur Stabilisierung der gewahlten Temperatur wahrend einer Messung.
2APD-Typ S8664-55 von Hamamatsu (CMS-Type APD)3Photomultiplier-Typ R2059 von Hamamatsu4Baysilone M300000 von GE Bayer-Silicons
4.1. DIE MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION 43
Target Kristall Photodetektor Winkel Temperatur [C]
C BGO APD 18 -10, 0, +5, +10, +23
28 -25, -10, 0, +10, +23
PMT 18 -10, 0, +5, +10, +23
CeF PMT 18 RT
28 RT
PWO APD 18 -10, 0, +5, +10, +23
28 -23, -10, 0, +26
PMT 18 -10, 0, +5, +10, +23
28 RT
CH2 BGO APD 18 -10, 0, +5, +10, +23
28 -23, -10, 0, +10, +23
PMT 18 -10, 0, +5, +10, +23
CeF PMT 18 RT
28 RT
PWO APD 18 -10, 0, +5, +10, +23
28 -10, 0, +10, +26
PMT 18 -10, 0, +5, +10, +23
28 RT
Tabelle 4.1: Parameter der durchgefuhrten Messung; RT = Raumtemperatur.
4.1.2 Die Messung
Der Strahltest wurde am AGOR5 IBP6 am KVI in Groningen durchgefuhrt. Bei die-
ser Messung wurden Protonen mit einer Energie von 90 MeV als Projektile verwandt,
die an einem C- bzw. einem CH2-Target gestreut wurden. Die funf Kristalle mit den
Auslesedetektoren wurden unter den Winkeln θ = 18 und θ = 28 zur Strahl-
richtung auf eine dafur vorgesehene Halterung montiert. Der Winkel von θ = 18
wurde fur diese Messung ausgewahlt, da unter diesem Winkel eine hohe Zahlrate
der Ejektilprotonen erwartet wird. Der zweite Winkel diente zum Vergleich mit ei-
ner schon unter diesem Winkel durchgefuhrten Messung [No 03]. Außerdem liefert
dieser Winkel aufgrund seiner kinematischen Daten die Moglichkeit einer genaueren
Separation der zu messenden Ejektilenergien. Die schematische Darstellung des Ex-
perimentaufbaus wird in Abbildung 4.1 gezeigt. Die resultierenden Spektren werden
anschließend diskutiert.
Zur Untersuchung der Temperaturabhangigkeit der Lichtausbeute wurden die Mes-
sungen bei funf unterschiedlichen Temperaturen durchgefuhrt. Die Temperatur wur-
de bei dem CeF-Kristall konstant gehalten, da er, wie schon in Abschnitt 4.1.1
5Accelerateur Groningen-Orsay6In-Beam-Polarimeter
44 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
ADC-Kanal400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
ADC-Kanal400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Abbildung 4.2: Unter dem Winkel von θ = 28 mit einen CeF-Kristall aufgenommene
ADC-Spektren unter der Verwendung beider Targettypen: In dem linken Histogramm sind
die Energien der an dem C-Target gestreuten Protonen dargestellt. Der Grundzustand des
Kohlenstoffs und die beiden angeregten Zustande ( von rechts nach links) sind sehr deutlich
zu erkennen. Das rechte Spektrum entstand unter Verwendung des CH2-Targets. In diesem
Spektrum sticht der Peak des Wasserstoff-Grundzustands zusatzlich hervor. Der Peak im
linken Spektrum bei der Kanalnummer 1100 ist bislang nicht verstanden. Er tritt in allen
Spektren auf, wobei er im Falle des CH2-Targets vom Wasserstoff-Peak uberlagert wird.
erwahnt, wegen seiner temperaturunabhangigen Lichtausbeute als Referenzkristall
diente. Das von den Photosensoren gelieferte Signal wurde verstarkt und mit einem
ADC7 ausgelesen.
Die Parameter der Messung sind in Tabelle 4.1 aufgefuhrt.
Die Streuung der einfallenden Protonen erfolgt im Falle des C-Targets entweder
elastisch oder inelastisch durch die Anregung zusatzlicher Energieniveaus im Koh-
lenstoff. Beim CH2-Target findet zusatzlich eine elastische Proton-Proton Streuung
statt. Die Energien der gestreuten Protonen sind winkelabhangig.
Die kinematischen Daten der Ejektilprotonen sind in Tabelle 4.2 aufgefuhrt [CK 02].
Aus den Halbwertszeiten der angeregten Zustande des Kohlenstoffs kann man schlie-
ßen, daß der Peak des zweiten angeregten Zustands aufgrund seiner schnellen Ab-
regung und der damit verbundenen Unscharfe breiter sein muß als der des ersten
angeregten Zustands [Le 67].
Die mit einem Photomultiplier unter dem Winkel von θ = 28 aufgenommenen
ADC-Spektren des CeF-Kristalls sind in Abbildung 4.2 dargestellt. Die beschriebe-
nen Peaks sind in dieser Abbildung sehr gut zu erkennen.
7Analog to Digital Converter
4.2. DIE ANALYSE 45
Reaktion Ep′ [MeV] bei θ = 18 Ep′ [MeV] bei θ = 28 t1/2 [fs]12C(p,p′)12C 89,23 88,1612C(p,p′)12C∗ 84,80 83,76 4,5
81,59 80, 46 0,052
p(p,p′)p 81.03 69,43
Tabelle 4.2: Kinematische Daten gestreuter Protonen unter den Winkeln von θ = 18 und
θ = 28 bei einer Einschussenergie von 90 MeV.
ADC-Kanal900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
ADC-Kanal900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Abbildung 4.3: Die Peaks der ADC-Spektren des CeF-Kristalls bei θ = 28 wurden mit
Gaussfunktionen gefittet. Der Untergrund wurde mit der Argus-Funktion angepasst. Sowohl
bei dem Spektrum des C-Targets (links) als auch bei dem Spektrum des CH2-Targets (rechts)
beschreibt diese Funktion die Peaks auf der niederenergetischen Seite aufgrund des Energie-
verlusts der Protonen im Kristall nicht hinreichend.
4.2 Die Analyse
4.2.1 Analyse des Referenzkanals
Die Untersuchung der Kristalle hinsichtlich der Temperaturabhangigkeit der Licht-
ausbeute erfordert eine sehr genaue Kenntnis der Lage der Peaks in dem jeweiligen
ADC-Spektrum. Die Peaklagen dienen ebenfalls als Referenzpunkte fur die Ener-
gieeichung. Aus den geeichten Energiespektren kann man die Energieauflosung der
jeweiligen Kristalle bestimmen.
Die Peaks der Spektren wurden zunachst mit Gaussfunktionen gefittet. Wie man aus
Abbildung 4.3 entnehmen kann, beschreibt die Gaussfunktion den Peakverlauf auf
der linken, d. h. der niederenergetischen, Seite nicht hinreichend, wahrend die rechte
Seite sehr gut erfasst wird. Die Abweichung der Peaks von der Gaussverteilung stellt
den Energieverlust der Protonen dar, der durch Ionisation, Anregung von Atomen
46 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
und Bremsstrahlung im Kristall auftritt [PD 04].
Eine alternative Funktion zur Anpassung der Peaks ist die Novosibirsk-Funktion.
Diese ist definiert als eine Faltung zwischen einer Gauss- und einer Exponential-
funktion:
f (x) = A · exp
(
− 0,5 ·[( log
(
1 + t · x−mσ · sinh ( t ·
√log ( 4 ))
t ·√
log ( 4 )
)
t
)2
+ t2])
, (4.1)
wobei A die Amplitude, m die Lage und σ die Halbwertsbreite der Peaks darstellen.
Zusatzlich zu den drei aus der Gaussfunktion bekannten Parametern (A, m und σ)
besitzt die Novosibirsk-Funktion einen weiteren Parameter t (tail). Dieser gibt die
Verbreiterung der Funktion je nach Vorzeichen auf der linken (negatives Vorzeichen)
oder rechten Seite (positives Vorzeichen) an.
Bei der gewahlten Anpassung wurde der Untergrund mit berucksichtigt. Dabei erwie-
sen sich zwei unterschiedliche Funktionen als sinnvolle Untergrundbeschreibungen:
ein Polynom dritten Grades und die sogenannte Argus-Funktion der Form:
f (x) = a · ( x − b ) ·(
1 − (x − b
c) 2)
0,5 · exp
(
d ·(
1 − (x − b
c) 2)
)
. (4.2)
Die Summe der Novosibirskfunktionen, mit denen die Peaks angepasst werden, und
eine der beiden Untergrundfunktionen (Argus-Untergrund bzw. Polynom dritten
Grades) bilden die resultierende Fitfunktion. Daß sich diese Beschreibung der Spek-
tren sehr gut fur die weiterfuhrende Analyse eignet, zeigt Abbildung 4.4, in der das
oben erwahnte Cerfluorid-Spektrum bei Verwendung des CH2-Targets mit beiden
Untergrundbeschreibungen dargestellt ist.
Die Qualitat der beiden Fitdarstellungen wird ebenfalls aus der Pull-Verteilung
(Abbildung 4.5) deutlich. Diese Verteilung bestimmt fur jeden Punkt des Fits das
Verhaltnis zwischen der Abweichung des Wertes vom Fit und dem Quadrat des Feh-
lers des Werts. Bei geeigneter Wahl der Fitfunktion stellt sich eine Normalverteilung
um den Nullpunkt mit der Halbwertsbreite von eins ein, wie es in Abbildung 4.5 fur
beide resultierende Darstellungsarten bestatigt wird.
Die Lagen der Peaks im ADC-Spektrum sind auch die Referenzpunkte fur die Ener-
gieeichung: Aus der Kinematik kann man der Lage jedes Peaks im ADC-Spektrum
einen Energiewert zuordnen (s. Tabelle 4.2), indem man diese Werte gegeneinander
auftragt und eine Gerade anpasst, wie es in Abbildung 4.6 gezeigt ist.
Die auf die Energie geeichten Spektren wurden noch einmal mit der oben beschrie-
ben resultierenden Fitfunktion angepasst (s. Abbildung 4.7). Die Halbwertsbreite σ
der Peaks normiert auf deren Lage gibt nun die Energieauflosung σ(E)/E des Kri-
stalls an.
4.2. DIE ANALYSE 47
Je nach Fitqualitat wurde fur das zu untersuchende Spektrum eine resultierende Fit-
funktion, bestehend aus der Argus-Untergrundfunktion bzw. dem Polynom dritten
Grades kombiniert mit den Novosibirsk-Funktionen gewahlt. Diese Durchfuhrung
ADC-Kanal900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
ADC-Kanal900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Abbildung 4.4: Das ADC-Spektrum des CeF-Kristalls, aufgenommen bei θ = 28 mit einem
CH2-Target wurde hier mit der resultierenden Fitfunktion aus den Novosibirsk-Funktionen
zur Beschreibung der Peaks und dem Argus-Untergrund (links) bzw. dem Polynom dritten
Grades (rechts) gefittet.
Abweichung-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5
Ein
tr.
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
Abweichung-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5
Ein
tr.
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
Abbildung 4.5: Die Pull-Verteilung fur die jeweiligen, in Abbildung 4.4 dargestellten, ver-
wendeten Fitfunktionen (Argus-Untergrund-Funktion (links) bzw. Polynom dritten Grades
(rechts)): Beide Histogramme zeigen eine Normalverteilung um den Nullpunkt mit der Halb-
wertsbreite von eins. Ein Gaussfit der dargestellten Pull-Verteilung liefert die folgenden Pa-
rameter m = 0,089 ± 0,049 (Lage) und σ = 1,167 ± 0,040 (Breite) fur die linke Verteilung.
Bei der rechten Verteilung ergibt sich fur m = 0,075 ± 0,048 und fur σ = 1,155 ± 0,034.
48 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
ADC-Kanal1150 1200 1250 1300 1350 1400 1450
En
erg
ie [
MeV
]
70
75
80
85
90
ADC-Kanal1150 1200 1250 1300 1350 1400 1450
En
erg
ie [
Me
V]
70
75
80
85
90
Abbildung 4.6: Das in der Abbildung 4.4 dargestellte ADC-Spektrum wird auf die Energie
geeicht, indem der Lage der Peaks der zugehorige Energiewert aus den kinematischen Daten
zugeordnet wird. Der Verlauf der Abhangigkeiten wird durch eine Gerade beschrieben.
Energie [MeV]55 60 65 70 75 80 85 90 95
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Energie [MeV]55 60 65 70 75 80 85 90 95
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Abbildung 4.7: Die mit dem CeF-Kristall aufgenommenen und auf die Energie geeichten
Spektren wurden noch einmal mit der resultierenden Fitfunktion angepasst. Dabei wurde
in der linken Darstellung der Argus-Untergrund und in der rechten das Polynom dritten
Grades als Untergrund benutzt. Die Halbwertsbreite der Apassung kann nun zur Berechnung
der relativen Energieauflosung verwendet werden.
stellt die Grundlage fur die weitere Analyse der Energieauflosung dar, die in Ab-
schnitt 4.3.2 diskutiert wird.
Die mit dem C-Target bei θ = 18 aufgenommenen Spektren (s. Abbildungen 4.8 und
4.9) bestehen lediglich aus einem sehr breiten Peak, da der Wirkungsquerschnitt zur
Anregung der weiteren Zustande des Kohlenstoffs bei diesem Polarwinkel sehr ge-
ring ist. In diesen Spektren kann man aufgrund des fehlenden zweiten Referenzpunk-
tes keine Energieeichung vornehmen, wodurch die Ermittlung der Energieauflosung
nicht moglich ist.
4.2. DIE ANALYSE 49
ADC-Kanal400 450 500 550 600 650
Ein
tr.
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500
ADC-Kanal1250 1300 1350 1400 1450 1500 1550 1600
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Abbildung 4.8: Mit BGO-Kristallen unter dem Winkel von θ = 18 und unter der Ver-
wendung des C-Targets aufgenommene Spektren. Links: APD-Auslese, rechts PMT-Auslese.
In diesen Spektren ist ledeglich der Kohlenstoff-Grundzustand zu erkennen, da die Anregung
der weiteren Zustande aufgrund des geringen Wirkungsquerschnittes unterdruckt wird. In
dem linken Histogramm wurde ein angeregter Zustand bei der Anpassung angedeutet.
ADC-Kanal350 400 450 500 550 600 650
Ein
tr.
0
500
1000
1500
2000
2500
ADC-Kanal1000 1050 1100 1150 1200 1250 1300 1350 1400 1450
Ein
tr.
0
200
400
600
800
1000
Abbildung 4.9: Bei den mit PWO-Kristallen unter dem Winkel von θ = 18 aufgenom-
menen Spektren fur das C-Target und APD-Auslese (links) bzw. Photomultiplier-Auslese
(rechts) werden die angeregten Zustande des Kohlenstoffs aufgrund des geringen Wirkungs-
querschnitts ebenfalls unterdruckt.
50 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
4.2.2 Erster Vergleich der Temperaturabhangigkeit der Lichtaus-beute von BGO und PWO
Die in den Abbildungen 4.10 und 4.11 gezeigten Spektren stellen die Abhangig-
keit der Lichtausbeute der BGO- und PWO-Kristalle von den funf gemessenen, in
Tabelle 4.1 aufgefuhrten, Temperaturen dar. Die abgebildeten Spektren wurden un-
ter Verwendung des CH2-Targets bei θ = 18 mit einer APD aufgenommen. In
der durchgefuhrten Messreihe wurde die Bias-Spannung UB der APD auf den ent-
sprechenden Wert bei T = 23C festgelegt und wahrend des weiteren Verlaufs der
Messung nicht an die anderen Temperaturwerte angepasst, wodurch keine konstante
Verstarkung der APD fur die funf Temperaturen gewahrleistet war. Dies ist aus den
zwei charakteristischen Großen der verwendeten APD ersichtlich:
1
M
dM
dU≈ 3 [%/V] und
1
M
dM
dT≈ −2 [%/C] ; (4.3)
(beide Werte gelten fur eine interne Verstarkung von M = 50). Das erklart die
unterschiedliche Breite der Peaks, die zu den kleinen Temperaturen hin zunimmt,
wobei bei T = 23C ein Optimum in der Peakbreite zu erkennen ist.
Die in der Tabelle 3.1 angegebene unterschiedliche Anderung der Lichtausbeute der
beiden Kristalltypen bei variierender Temperatur, ausgedruckt durch den Tempera-
turkoeffizienten von −1,6 %/C fur BGO und −1,9 %/C fur PWO, wird schon bei
der ersten Betrachtung dieser Spektren bestatigt. Es wird an der Lage der Peaks im
ADC-Spektrum deutlich, daß die Lichtausbeute des PWO-Kristalls starker tempe-
raturabhangig ist als die des BGO-Kristalls.
Aus diesen Abbildungen kann man ebenfalls schließen, daß die mit dem BGO-Kristall
aufgenommenen Spektren eine bessere Auflosung der Peaks liefern als die mit PWO
aufgezeichneten Spektren. Wahrend bei Verwendung des BGO-Kristalls bei allen
gemessenen Temperaturen der Wasserstoff- von dem Kohlenstoffpeak separiert wer-
den kann, erkennt man beim PWO-Kristall nur einen breiten Peak. Erst bei der
Temperatur von T = −10 C ist eine Unterscheidung der beiden Peaks moglich.
Die genauen Ergebnisse zur Untersuchung der Temperaturabhangigkeit der Licht-
ausbeute werden im folgenden Abschnitt diskutiert.
4.2. DIE ANALYSE 51
ADC-Kanal500 1000 1500 2000 2500
Eint
r.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
ADC-Kanal500 1000 1500 2000 2500
Eint
r.
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
ADC-Kanal500 1000 1500 2000 2500
Eint
r.
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
ADC-Kanal500 1000 1500 2000 2500
Eint
r.
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
ADC-Kanal500 1000 1500 2000 2500
Eint
r.
0
1000
2000
3000
4000
5000
Abbildung 4.10: Die Anderung der Lichtausbeute der BGO-Kristalle bei den funf gemes-
senen Temperaturen: -10 C, 0 C, +5 C, +10 C, +23 C (von oben nach unten). Diese
Spektren wurden mit einer APD unter dem Winkel von θ = 18 und unter der Verwendung
eines CH2-Targets aufgenommen. Die Bias-Spannung wurde in der Messung der Temperatur
nicht angepasst, wodurch keine konstante Verstarkung der APD wahrend dieser Messreihe
gewahrleistet war.
52 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
ADC-Kanal2000 4000 6000 8000 10000 12000
Eint
r.
0100200300400500600700800900
ADC-Kanal2000 4000 6000 8000 10000 12000
Eint
r.
0100200300400500600700800900
ADC-Kanal2000 4000 6000 8000 10000 12000
Eint
r.
0
200
400
600
800
1000
ADC-Kanal2000 4000 6000 8000 10000 12000
Eint
r.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
ADC-Kanal2000 4000 6000 8000 10000 12000
Eint
r.
0200400600800
1000120014001600
Abbildung 4.11: Die Anderung der Lichtausbeute der PWO-Kristalle bei den funf gemes-
senen Temperaturen: -10 C, 0 C, +5 C, +10 C, +23 C (von oben nach unten). Diese
Spektren wurden ebenfalls mit einer APD unter dem Winkel von θ = 18 mit dem CH2-
Target aufgenommen. Auch wahrend dieser Messung wurde die Bias-Spannung der APD
der Temperatur nicht angepasst. Der Startwert der Messpunkte in jedem ADC-Spektrum
wird durch die jeweils eingestellte Schwelle definiert. Bei T=+23 C (ganz unten) liegt die
Schwelle im negativen Bereich.
4.3. ERGEBNISSE 53
4.3 Ergebnisse
4.3.1 Temperaturabhangigkeit der Lichtausbeute
Wie schon im Abschnitt 4.2.2 erwahnt wurde, ist die Lichtausbeute der beiden fur
das elektromagnetische Kalorimeter zu untersuchenden Kristalle, BGO und PWO,
unterschiedlich stark von der Temperatur abhangig. Die Analyse zeigt auch, daß
nicht nur die Kristalle, sondern auch die beiden Auslesedetektoren ein unterschied-
liches Verhalten beim Temperaturwechsel besitzen. Dieses Verhalten hangt von der
Art der Verstarkung des Photosensors ab, die in beiden Fallen unterschiedlich ist.
Die von dem Photomultiplier detektierten Photonen werden proportional zu ihrer
Anzahl, temperaturunabhangig verstarkt. Durch dieses Verstarkungsprinzip laßt sich
die Temperaturabhangigkeit der Lichtausbeute des Kristalls bestimmen. In Abbil-
dung 4.12 wird dieser Verlauf fur die beiden zu untersuchenden Kristalle, BGO
(links) und PWO (rechts) angezeigt. Die Werte, die die Maxima der angepassten
Novosibirsk-Funktionen darstellen, wurden unter dem Winkel von θ = 18, mit dem
CH2-Target aufgenommen und mit dem Photomultiplier ausgelesen. Der Verlauf der
Werte konnte sowohl fur BGO als auch fur PWO mit folgender Fitfunktion angepasst
werden [Le 05]:
LY(T ) = LY(T0 ) · ( 1 + c )T−T0 , (4.4)
wobei T0 den Startwert der Anpassung und c die prozentuale Anderung der Licht-
ausbeute pro C darstellen. Bei dieser Anpassung wurde T0 = −10C gewahlt.
C]°T [-10 -5 0 5 10 15 20 25
LY
[a.u
.]
400
600
800
1000
1200
1400
1600
C]°T [-10 -5 0 5 10 15 20 25
LY
[a.u
.]
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Abbildung 4.12: Der Verlauf der Lichtausbeute in Abhangigkeit von der Temperatur fur
BGO (links) und PWO (rechts). Diese Werte wurden aus den aufgenommenen Spektren
bei θ = 18 mit dem CH2-Target und einem Photomultiplier ermittelt. Die obere Funktion
beschreibt den temperaturabhangigen Verlauf der Peaklage des Kohlenstoff-Grundzustands,
die untere den des Wasserstoff-Grundzustands. Die mittlere Kurve im linken Spektrum stellt
den Verlauf der Peaklage des ersten angeregten Zustands von Kohlenstoff dar.
54 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
Messung1 2 3 4 5
LY
[a.u
.]
1300
1350
1400
1450
1500
1550
1600
Abbildung 4.13: Die Lichtausbeute des CeF-Kristalls. Diese Werte gelten fur das mit Cer-
fluorid aufgenommene Spektrum bei θ = 18 mit dem CH2-Target und einem Photomulti-
plier. Die Temperatur wurde bei dieser Messreihe konstant gehalten, da der CeF-Kristall als
Referenz diente. Die oberen Werte stellen die Peaklage des Kohlenstoff-, die unteren die des
Wasserstoff-Grundzustands dar.
Der Cerfluoridkristall wurde in dieser Messreihe bei einer konstant bleibenden Tem-
peratur als Referenz vermessen (s. Abbildung 4.13). Deshalb sollten die gemessenen
Werte gleich sein. Es ergeben sich aber kleine Schwankungen, die auf elektronisches
Rauschen zuruckgefuhrt werden konnen. Der Mittelwert der funf Messungen ergibt
fur den Wasserstoffgrundzustand eine Lichtausbeute von LY = 1386 ± 7 [ a.u. ] und
fur den Kohlenstoffgrundzustand ist LY = 1515 ± 6 [ a.u. ].
Der gemessene Temperaturkoeffizient fur BGO und PWO ist in Tabelle 4.3 in
Abhangigkeit von den untersuchten Peaklagen angegeben.
Target Kristall Temp.-Koef. [% / C ] Peak
C-Target BGO − 0,658 ± 0,014 C-Grundzustand
PWO − 2,491 ± 0,051 C-Grundzustand
CH2-Target BGO − 0,640 ± 0,014 H-Grundzustand
− 0,633 ± 0,014 1. angeregter Zustand von C
− 0,642 ± 0,014 C-Grundzustand
PWO − 2,490 ± 0,051 H-Grundzustand
− 2,495 ± 0,052 C-Grundzustand
Tabelle 4.3: Temperaturkoeffizient von BGO und PWO, gemessen unter dem Winkel von
θ = 18 mit einem Photomultiplier fur alle detektierten Zustande.
4.3. ERGEBNISSE 55
4.3.2 Energieauflosung der Kristalle
Aus der Breite der angepassten Peaks im Energiespektrum kann man die relative
Energieauflosung der Kristalle in Abhangigkeit von der Temperatur bestimmen.
C]°T [-10 -5 0 5 10 15 20 25
/E [
%]
Eσ
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
C]°T [-10 -5 0 5 10 15 20 25
/E [
%]
Eσ
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
Abbildung 4.14: Ermittelte Energieauflosung der beiden Kristalltypen in Abhangigkeit von
der Temperatur: In der linken Abbildung wird der temperaturabhangige Verlauf der Energie-
auflosung des Wasserstoff-Grundzustands, des ersten angeregten Zustands von Kohlenstoff
und des Kohlenstoff-Grundzustands (von oben nach unten) von BGO gezeigt. Die rechte
Abbildung stellt den temperaturabhangigen Verlauf der Energieauflosung des Wasserstoff-
Grundzustands (Quadrate) und des Kohlenstoff-Grundzustands (Punkte) von PWO dar.
Diese wurden aus Spektren, aufgenommen unter θ = 18 mit einem CH2-Target und unter
Verwendung eines Photomultipliers, ermittelt.
Abbildung 4.14 zeigt die relative Energieauflosung σ(E)/E von BGO (links) und
PWO (rechts) bei den funf gemessenen Temperaturen. Die Histogramme geben die
Werte an, die mit dem CH2-Target unter dem Winkel von θ = 18 ermittelt wurden;
zur Auslese wurde bei dieser Messung ein Photomultiplier verwendet. Aus dieser Ab-
bildung wird ersichtlich, daß BGO eine bessere Energieauflosung besitzt als PWO,
die zudem stabiler im Temperaturverlauf ist.
Die Darstellung der Energieauflosung des Cerfluorid-Kristalls ist wieder als Referenz
anzusehen, da die Messungen bei einer gleichbleibenden Temperatur durchgefuhrt
wurden (s. Abbildung 4.15). Die Abweichungen der Werte voneinander kommen
durch Schwankungen zustande, die auf elektronisches Rauschen zuruckgefuhrt wer-
den konnen.
Die mit einer APD gemessene Energieauflosung von BGO wird in Abbildung 4.16
fur beide Winkeleinstellungen dargestellt. Die interne Verstarkung M der APD wur-
de vor der Messreihe bei T = 23C durch Einstellung von UB auf M = 50 gesetzt.
56 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
Messung1 2 3 4 5
/E [
%]
Eσ
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
Abbildung 4.15: Die Energieauflosung des CeF-Kristalls. Die Temperatur wurde bei den
durchgefuhrten Messungen konstant gehalten. Die oberen Werte stellen die Energieauflosung
des Wasserstoff-, die unteren die des Kohlenstoff-Grundzustands dar.
Da die interne Verstarkung der APD der Temperatur nicht angepasst wurde, ist
diese fur den Temperaturverlauf nicht konstant, wodurch sich wahrend der Messrei-
he Schwankungen ergeben. In Abbildung 4.16 kann man diese Schwankungen bei
T = −10C und bei T = 23C deutlich erkennen.
Bei einem direkten Vergleich der Energieauflosung der Messungen mit verschiede-
nen Auslesedetektoren wird deutlich, daß die Energieauflosung bei Verwendung ei-
ner APD schlechter ist, als die, die mit einem Photomultiplier ermittelt wurde. Dies
hangt unter anderen mit der unterschiedlichen Große der Ausleseflachen der beiden
Detektoren zusammen (s. Abschnitt 4.1.1).
Einen Uberblick uber die gemessenen Energieauflosungen gibt die Tabelle 4.4.
4.4 Diskussion
Temperaturabhangigkeit der Lichtausbeute:
Bei der Auswertung der Messdaten wurde die Temperaturabhangigkeit der Licht-
ausbeute (dLY/dT) fur beide zu untersuchenden Kristalltypen (BGO und PWO)
ermittelt. Dieses erfolgte jeweils separat fur alle im ADC-Spektrum auftretenden
Zustande (s. Abbildung 4.12). Die Ergebnisse dieser Analyse sind in Tabelle 4.3
aufgefuhrt. Wie aus dieser Tabelle ersichtlich, ist der Wert von dLY/dT fur jeden
Kristalltyp unabhangig von dem untersuchten Zustand. Die einzelnen Werte von
dLY/dT sind fur jeden Kristalltyp im Rahmen ihrer Messfehler konsistent. Aus der
Mittelung der berechneten Werte ergibt sich:
BGO: dLY/dT = (− 0,643 ± 0,011) % / C
PWO: dLY/dT = (− 2,492 ± 0,003) % / C .
4.4. DISKUSSION 57
C]°T [-10 -5 0 5 10 15 20 25
/E [
%]
Eσ
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
C]°T [-20 -10 0 10 20
/E [
%]
Eσ
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
Abbildung 4.16: Die Energieauflosung der BGO-Kristalle in Abhangigkeit von der Tem-
peratur, ausgelesen mit einer APD, bei dem Winkel von θ = 18 (links) bzw. θ = 28
(rechts) unter Verwendung des CH2-Targets. Die obere Funktion beschreibt den temperatu-
rabhangigen Verlauf der Energieauflosung des Wasserstoff-Grundzustands, die untere den
des Kohlenstoff-Grundzustands. Die mittleren Kurven im rechten Spektrum stellen den Ver-
lauf der Energieauflosung der beiden angeregten Zustande von Kohlenstoff dar.
Somit konnten die in [PD 04] angegebenen Literaturwerte (s. Tabelle 3.1) nicht
bestatigt werden.
Fur die Konstruktion des elektromagnetischen Kalorimeters folgt hieraus, daß die
Lichtausbeute des PWO-Kristalls sehr stark von der Temperatur abhangt. Fur den
Einsatz von PWO bedeutet das, daß die Temperatur der einzelnen Kristalle (bis auf
ein Niveau von ∆T ≈ ± 0,2 C) stabilisiert werden muss, um genaue Messdaten
erhalten zu konnen.
Energieauflosung der Kristalle:
Die Analyse der energiegeeichten ADC-Spektren erfolgt durch Anpassung einer Novo-
sibirsk-Funktion an die detektierten Zustande, da diese auch den niederenergetischen
Tail erfasst. Der Untergrund kann sowohl mit einer Argus-Funktion als auch mit ei-
nem Polynom dritten Grades beschrieben werden, wie aus Abbildung 4.5 ersichtlich
ist.
Aus der Berechnung der relativen Energieauflosung (Peakbreite/Peaklage) wird deut-
lich, daß diese bei gleichen Messbedingungen fur BGO besser ist als fur PWO (s.
Tabelle 4.4). Dies wird besonders bei Betrachtung der Werte von σE/E bei den
Messungen fur T = −10C (Minimaltemperatur der Messung) und fur T = +23C
(Maximaltemperatur der Messung) deutlich, bei denen die Datennahme mit einem
Photomultiplier bei θ = 18 unter Verwendung des CH2-Targets erfolgte:
58 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
σE/E [ % ] σE/E [ % ] σE/E [ % ] σE/E [ % ]
Temp. Wasserstoff- 2. angeregter Zustand 1. angeregter Zustand Kohlenstoff-
[ C ] grundzustand von Kohlenstoff von Kohlenstoff grundzustand
BGO APD CH2-Target 18
− 10 2,37 ± 0,32 1,70 ± 0,01
0 2,10 ± 0,01 1,48 ± 0,01
+ 5 2,10 ± 0,03 1,44 ± 0,01
+ 10 2,16 ± 0,01 1,49 ± 0,01
+ 23 2,47 ± 0,01 1,75 ± 0,01
BGO PMT CH2-Target 18
− 10 1,62 ± 0,02 1,18 ± 0,39 0,96 ± 0,01
+ 5 1,52 ± 0,01 1,24 ± 0,06 1,00 ± 0,01
+ 10 1,57 ± 0,01 1,26 ± 0,07 1,01 ± 0,01
+ 23 1,62 ± 0,02 1,48 ± 0,47 1,01 ± 0,01
BGO APD C-Target 28
− 25 1,36 ± 0,06 1,37 ± 0,03 1,51 ± 0,01
− 10 1,34 ± 0,05 1,30 ± 0,10 1,20 ± 0,04
0 1,42 ± 0,07 1,35 ± 0,05 1,20 ± 0,02
+ 10 1,38 ± 0,03 1,28 ± 0,02 1,21 ± 0,01
+ 23 1,42 ± 0,08 1,68 ± 0,05 1,65 ± 0,03
BGO APD CH2-Target 28
− 23 2,73 ± 0,02 1,56 ± 0,08 1,58 ± 0,05 1,40 ± 0,01
− 10 2,75 ± 0,02 1,55 ± 0,08 1,49 ± 0,05 1,35 ± 0,02
0 2,75 ± 0,02 1,56 ± 0,09 1,53 ± 0,06 1,39 ± 0,03
+ 10 2,69 ± 0,02 1,53 ± 0,06 1,53 ± 0,06 1,37 ± 0,03
+ 23 2,98 ± 0,02 1,62 ± 0,11 1,88 ± 0,08 1,63 ± 0,02
CeF PMT CH2-Target 18
RT 2,45 ± 0,06 1,66 ± 0,04
CeF PMT C-Target 28
RT 1,55 ± 0,07 1,27 ± 0,03 1,23 ± 0,01
CeF PMT CH2-Target 28
RT 2,65 ± 0,06 1,63 ± 0,12 1,54 ± 0,02 1,46 ± 0,02
PWO PMT CH2-Target 18
− 10 3,08 ± 0,07 3,15 ± 0,01
0 3,18 ± 0,13 3,42 ± 0,02
+ 5 3,70 ± 0,02 4,05 ± 0,02
+ 10 3,70 ± 0,03 4,01 ± 0,02
+ 23 3,41 ± 0,21 4,40 ± 0,02
PWO PMT CH2-Target 28
RT 6,16 ± 0,39 5,25 ± 0,55
Tabelle 4.4: Uberblick uber die gemessenen Energieauflosungen der untersuchten Kristalle.
4.4. DISKUSSION 59
T = −10C : σE/E (BGO) = 0,96 ± 0,01% , σE/E (PWO) = 3,15 ± 0,01%
T = +23C : σE/E (BGO) = 1,01 ± 0,01% , σE/E (PWO) = 4,40 ± 0,02% .
Diese Werte ergeben sich aus der Analyse des Kohlenstoff-Grundzustands.
Desweiteren zeigte die Analyse der aufgenommenen Daten im Falle von BGO einen
von der Temperatur quasi unabhangigen Wert fur die ermittelte relative Energie-
auflosung, wahrend diese bei der Verwendung von PWO eine starke Temperatu-
rabhangigkeit aufweist (s. Abbildung 4.14).
Abschließend kann man sagen, daß bei einem Einsatz von PWO als Szintillatorma-
terial des elektromagnetischen Kalorimeters eine Temperaturstabilisierung, sowie
eine Betriebstemperatur von hochstens T = −10C erforderlich ist, um eine fur das
PANDA-Experiment akzeptable Energieauflosung dieser Detektorkomponente zu er-
zielen.
Im Falle der Verwendung von BGO kann die Betriebstemperatur frei in dem Be-
reich zwischen T = −10C und T = +23C gewahlt werden, wobei auch hier eine
Temperaturstabilisierung notig ist.
60 KAPITEL 4. MESSUNG DER “PROTON-RESPONSE”-FUNKTION
Kapitel 5
Zusammenfassung
Fur den PANDA-Detektor ist ein kompaktes und schnelles elektromagnetisches Ka-
lorimeter zum Nachweis von Photonen und Elektronen vorgesehen. Bei der Aus-
wahl des Szintillatormaterials strebt man eine kurze Strahlungslange, einen kleinen
Moliereradius sowie eine hohe Lichtausbeute der Kristalle an, damit eine niedri-
ge Schwellenenergie und eine sehr gute Energieauflosung erreicht werden kann. Um
dieses Kriterium erfullen zu konnen, werden zur Zeit zwei Kristalltypen, Wismut-
Germanat (BGO) und Blei-Wolframat (PWO), untersucht. Die Auslese der Kristalle
soll mit Avalanche Photodioden (APDs) erfolgen.
In dieser Arbeit wird die Messung der “Proton-Response”-Funktion vorgestellt, die
am KVI im November 2003 durchgefuhrt wurde. Ziel der vorliegenden Arbeit ist
die Untersuchung der Temperaturabhangigkeit der Kristall-Lichtausbeute, sowie die
Ermittlung der Energieauflosung der beiden Kristalltypen. Ein direkter Vergleich
zwischen den mit einer APD- (aktive Flache 5× 5 mm2) und einer Photomultiplier-
Auslese erzielten Ergebnisse konnte vorgenommen werden.
In der, dieser Arbeit zugrundeliegenden, Messung wurden Protonen mit einer Ener-
gie von 90 MeV als Projektile verwendet, die an einem C- bzw. einem CH2-Target
gestreut wurden. Die Kristalle mit den Auslesedetektoren (APD bzw. Photomulti-
plier) wurden unter den Winkeln θ = 18 und θ = 28 zur Strahlrichtung auf eine
dafur vorgesehene Halterung zur Detektion der gestreuten Protonen montiert.
Durch Auswertung der mit einem Photomultiplier bei unterschiedlichen Tempera-
turen aufgenommenen ADC-Spektren konnte der Temperaturkoeffizient der beiden
Kristalltypen zu
BGO: dLY/dT = (− 0,643 ± 0,011) % / C
PWO: dLY/dT = (− 2,492 ± 0,003) % / C
bestimmt werden. Dieses Ergebnis weicht von dem Literaturwert [PD 04] ab, bei dem
ein Temperaturkoeffizient fur BGO von −1,6 %/C und fur PWO von −1,9 %/C
angegeben wird.
Die aus der Energieeichung resultierenden Spektren wurden mittels Novosibirsk-
61
62 KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG
Funktionen unter Berucksichtigung zweier unterschiedlicher Untergrundbeschreibun-
gen analysiert, um die Energieauflosung beider Kristalltypen zu ermitteln. Ein Uber-
blick uber die in dieser Arbeit ermittelten Werte fur die Energieauflosung von BGO
und PWO unter Berucksichtigung der unterschiedlichen Messparameter (Tempera-
tur und Winkeleinstellung) ist in Tabelle 4.4 gegeben. Hierbei konnte ebenfalls die
Temperaturabhangigkeit der Energieauflosung aus den Messdaten extrahiert wer-
den.
Daruberhinaus konnte in dieser Messung festgestellt werden, daß sich eine APD zur
Lichtauslese der Kristalle des elektromagnetischen Kalorimeters hervorragend eig-
net.
Zur Verbesserung der erzielten Ergebnisse werden in Zusammenarbeit mit der Firma
Hamamatsu Photonics APDs mit einer aktiven Flache von 10×10 mm2 (Large Area
APDs) entwickelt, um eine großere Abdeckung der Kristall-Ausleseflache zu erzie-
len und durch die somit erhohte nachgewiesene Lichtmenge die Energieauflosung zu
optimieren.
Literaturverzeichnis
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[Le 96] B. Lewandowski: Diplomarbeit, Entwurf und Realisation hochintegrierter
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63
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[PD 96] Particle physics booklet, Particle Data Group, Springer-Verlag, July 1996
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[Pr 04] D. Prasuhn: Vortrag, Update from The Accelerator, Panda Collaboration
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[TR 05] PANDA Collaboration: Technical Progress Report for PANDA, Januar 2005
[WP 04] Welt der Physik: www.weltderphysik.de/themen/bausteine/teilchen
/instrumente/gsi/fair/hintergrund/index.html, Juli 2004
Abbildungsverzeichnis
1.1 Vergleich der Energieniveauschemata von Charmonium und Positro-
nium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.1 Schematische Darstellung des geplanten FAIR-Komplexes . . . . . . 13
2.2 Uberblikszeichnung uber den geplanten PANDA-Detektor . . . . . . 14
2.3 Schematische Darstellung des Detektors . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.1 Energieabhangigkeit der mittleren freien Weglange . . . . . . . . . . 26
3.2 Energieabhangigkeit des Massenabsorptionskoeffizienten . . . . . . . 27
3.3 Das Gamma-Spektrum von 137Cs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.4 Banderstruktur anorganischer Szintillatoren . . . . . . . . . . . . . . 31
3.5 Schematische Darstellung eines elektromagnetischen Schauers . . . . 33
3.6 Funktionsprinzip einer Halbleiterdiode . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.7 Funktionsprinzip einer Avalanche Photodiode . . . . . . . . . . . . . 36
3.8 Schematische Darstellung des Dunkelstromverlaufs einer APD . . . . 37
3.9 Schematische Darstellung des elektromagnetischen Kalorimeters . . . 38
4.1 Schematische Darstellung des Experimentaufbaus . . . . . . . . . . . 42
4.2 ADC-Spektren des CeF-Kristalls bei θ = 28 . . . . . . . . . . . . . 44
4.3 Mit Gauss-Funktionen angepasste ADC-Spektren des CeF-Kristalls
fur θ = 28 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.4 Mit Novosibirsk-Funktionen angepasstes ADC-Spektrum von Cerfluo-
rid fur θ = 28 unter Berucksichtigung zweier Untergrund-Funktionen
(CH2-Target) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.5 Ermittelte Pull-Verteilungen fur das angepasste ADC-Spektrum von
Cerfluorid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.6 Energieeichung des Spektrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.7 Energiespektrum des CeF-Kristalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.8 BGO: Gegenuberstellung der ADC-Spektren, aufgenommen mit APD/PMT
bei θ = 18 und dem C-Target . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.9 PWO: Gegenuberstellung der ADC-Spektren, aufgenommen mit APD/PMT
bei θ = 18 und dem C-Target . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
65
66 ABBILDUNGSVERZEICHNIS
4.10 Lichtausbeute der BGO-Kristalle bei funf Temperaturen . . . . . . . 51
4.11 Lichtausbeute der PWO-Kristalle bei funf Temperaturen . . . . . . . 52
4.12 Verlauf der Lichtausbeute in Abhangigkeit von der Temperatur fur
BGO und PWO bei θ = 18 (CH2-Target) . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.13 Lichtausbeute des CeF-Kristalls fur θ = 18 (CH2-Target) . . . . . . 54
4.14 Ermittelte Energieauflosung von BGO und PWO in Abhangigkeit von
der Temperatur fur θ = 18 (CH2-Target) . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.15 Energieauflosung des CeF-Kristalls fur θ = 18 (CH2-Target) . . . . 56
4.16 Ermittelte Energieauflosung von BGO in Abhangigkeit von der Tem-
peratur fur beide Polarwinkeleinstellungen (CH2-Target) . . . . . . . 57
Tabellenverzeichnis
2.1 Parameter des High Energy Storage Rings . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2 Moglichkeiten der Experimenteinstellungen und damit verbundene
Strahlparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.1 Eigenschaften anorganischer Kristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.1 Parameter der durchgefuhrten Messung . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.2 Kinematische Daten der Ejektilprotonen . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.3 Gemessener Temperaturkoeffizient von BGO und PWO . . . . . . . 54
4.4 Gemessene Energieauflosung der untersuchten Kristalle . . . . . . . . 58
67
68 TABELLENVERZEICHNIS
Danksagung
An dieser Stelle mochte ich mich bei all denen bedanken, die durch ihre fachliche und
personliche Unterstutzung zum Gelingen dieser Diplomarbeit beigetragen haben.
An erster Stelle danke ich Prof. Dr. Helmut Koch, der mir die Moglichkeit gegeben
hat, mit dieser interessanten Aufgabenstellung an dem PANDA-Experiment mitar-
beiten zu durfen, sowie fur sein Interesse beim Erstellen dieser Arbeit.
Ein ganz besonderer Dank geht an Dr. Andrea Wilms und Dr. Bernd Lewandowski
fur die großartige Betreuung wahrend meiner Diplomarbeit und der gesamten Zeit
am Institut fur Experimentalphysik I in Bochum. Die beiden hatten stets ein offenes
Ohr fur Fragen und Probleme und standen mir jederzeit mit fachlichem Rat zur
Seite. Wahrend der gemeinsamen Strahlzeiten am KVI (Groningen) und am PSI
(Villigen) haben sie mir umfangreiche Einblicke in die Problemstellungen und Meß-
methoden der Physik gegeben. Fur die angenehmen Stunden, nicht nur an der Uni,
danke ich Euch herzlich.
Ich danke Dr. Klaus Gotzen, Dipl. Phys. Torsten Schroder, Peter Wieczorek, Dr.
Matthias Steinke und Dr. Bertram Kopf fur praktische Hilfen und Diskussionen je-
der Art, die mich beim Erstellen dieser Arbeit weitergefuhrt haben.
Jan Zhong danke ich fur die tollen Kalorimeter- und Event-Bilder, fur deren Erstel-
lung er trotz einer turbulenten Zeit in der PANDA-Gruppe Zeit gefunden hat.
Ebenfalls bedanken mochte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
des Instituts fur die immer freundliche Arbeitsatmosphare.
Ich danke Dr. Jos Steijger fur die Betreuung wahrend meines Praktikums am NIK-
HEF in Amsterdam. Durch die vielen Fragestellungen und die daraus resultierenden
Diskussionen hat er mein Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten gestarkt.
Bei meinen Freunden bedanke ich mich dafur, daß sie immer fur mich da waren umd
mich wahrend dieser Zeit unterstutzt haben.
Weiterhin mochte ich mich ganz herzlich bei meinen Eltern und Geschwistern, vor
allem bei meiner Mama, bedanken, die mir das Studium durch ihre Unterstutzung
ermoglicht haben. Fur Eure Geduld und Unterstutzung wahrend dieser Zeit, die
nicht selbstverstandlich ist, vielen Dank!
69