untersuchungen über bakterien- und pilzhemmstoffe in höheren pflanzen : isolierung,...
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Phytopath. Z., 101, 31—42 (1981)© 1981 Verlag Paul Parey, Berlin und HamburgISSN 0031-9481 / InterCode: PHY2A3
Lehrstuhl fur Biologie der Universitdt Augsburg
Untersuchungen iiber Bakterien- und Pilzhemmstoffein hoheren Pflanzen
Isolierung, Identifizierung und Wirkungsspektrum von zwei Harzsaurenaus Fichtenrinden
Von
E. HARTMANN, B. RENZ und J. A. JUNG
Eingegangen am. ^.Juni 1980
Hemmstoffe in hoheren Pflanzen und die sich daraus ergebende Bezie-hung der pflanzlichen Resistenz gegen Mikroorganismen gewinnen fiir dieEntwicklung biologischer Schadlingsbekampfungsmafinahmen eine zunehmendgrofiere Bedeutung. Uber antimikrobielle Substanzen m hoheren Pflanzenreferieren u. a. SCHONBECK und SCHLOSSER (1976); Literatur iaber Phyto-alexine findet sich bei Kuc, CURRIER und SMITH (1976) und bei VAN ETTEN
und PuEPPKE (1976).In Fortfiihrung unserer Arbeiten uber Hemmsroffe aus Fichtenrinden
(JUNG 1965, JUNG und MERKENSCHLAGER 1965) wird in der vorliegendenijber die Isolierung, Identifizierung und biologische Wirkung zweier Harz-sauren aus Fichtenrinden berichtet.
Die zu verfolgende Strukturaufklarung derartiger pflanzlicher Hemm-stoffe hat zum Ziele, den Wirkungsmechanismus pflanzeneigener Abwehr-systeme gegen Infekte aufzuklaren.
Material und Methoden
Extraktion und Isolierung der Harzsauren
Gekiihlte Fichtenrinden wurden mit Trockeneis vermahlen und mit Methanol extrahiert.Der Extrakt wurde eingeengt, der Ruckstand mit Wasscr suspendiert und mit Essigester aus-geschiittelt. Die Phasen wurden getrennt; die organische Phase bis zur Trockne eingeengt, inMedianol gelost, auf eine Amberlite-Saulc (Servachrom XAD-2) aufgetragen und mit Methanoleluiert.
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32 HARTMANN, RENZ und JUNG
Die };cf;cii Bacillus brevis aktiven Fraktionen wurden auf eine Kieselgelsaule (Merdc)aufi;ctragon und mit Cliloroform/Methanol (9:1) eluiert. Die weitere Reinigung erfolgte anciner Scphadcx-Saulc mit Methanol als Elutionsmittel (Pharmacia, Sephadex LH 20).
Aus den aktlven Frakrionen kristalJisieren die Harzsauren nach dem Einengen in derKaltc aus. Sic wurden einmal in Methanol umkristalhslert. Die Auftrennung des Harzsaure-i;cmisches erfolgte an einer Mallinckrodt-Kieselgel-Saule (Serva) mit Benzol als Elutionsmittel.
Dunnschicht-ChromatographieDie Dunnsdiichtchromatographie wurde mit Merck-Kieselgelplatten 60 GFgj.̂ ausgefuhrt.
Die Harzsauren wurden auf dem Chromatogramm durch Fluoreszenzausloschung, durdi Na-phthochinon-(],2)~Sulfonsaure~(4)-Perchlorsaure (STAHL [1967] Spriihreagenz 162, Konzentra-tion wie folgt veriindert: 0,1 g Naphthochinon-[1,2]-Su!fonsaure, 20 ml Athanol, 10 ml Per-chlorsaure [60%] , 1 ml Formaldehyd [30%] , 9 ml Wasser; Entwicklung bei 110°C, 15 Min.)und im Bioautogramm mit Bacillus /?rci^/5-Sporenplatten nachgewiesen. Es wurden folgendeFliel^mittelsysteme verwendet: I. n-Hexan—Essigester—Wasser (48 : 48 :4); II. Toluol—Chlo-roform—Aceton (40:25:35); III. Toluol—Athylformiat—Ameisensaure (50:40:10); IV.Chloroform—Methanol (90 : 10).
Nahrmedien
Pilze wurden auf 2 % Malzagar (Merck) und Bakterien mit Nutrient Broth (Difco)kultiviert. Medium fUr Bacillus /jrci^/i-Sporenplatten fiir Plattendiffusionstest: KH^PO. (3 g),K.HPO, (7g), Na-Cit raf2H2O (0,5 g), MgSO^-ZH^O (0,1 g), (NH4)2SO, (1 g), Casein-hydrolysat (1 g). Glucose (5 g), Agar (20 g) auf 1000 ml Aqua dest. aufgefullt.
Wachstumshemmung von Pilzmycel
Von einer wachsenden Kolonie wurde mit einem Korkbohrer (6 mm) ein Inokulum aus-gestanzt und in das Zentrum einer Petrischale gesetzt (Malzagar, Merck). Die Hemmstoff-konzentration des Nahrbodens betrug 100/./g/ml. Inkubiert wurde bei 25 °C. Der Durdi-messer der Kolonie wurde taglidi ausgemessen. Herpotrichia juniperi wurde bei 16'-'C und dieubrigen Pilze bei 25 °C inkubiert. Die Harzsauren wurden in Athanol gelost.
VerdiinnungsreihentestDer Test wurde wie iiblich ausgefuhrt.Die Pilze und Aerohacter aerogenes, Artbrohacter citrcus, Sarcina lutea und Strepto-
myces vnidochromogenes wurden in Hefe-Malz-Nahrlosung, alle ubrigen Bakterien in NutrientBroth (Difco) kultiviert. Die Inkubationstemperatur betrug 27'^C fiir alle Pilze und folgendeBakterien: Arthrobacter citreus, Corynebacterium insidiosum, Pseudomonas fiuorescens, Sar-cina lutea und Streptomyces viridochromogenes; die iibrigen Bakterien wurden bei 37 °C in-kubiert.
Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration im PlattendiffusionstestNutrient Broth (Difco) wurde mit den Testbakterien beimpft und 24 Stunden inkubiert.
Die Bakterien wurden abzentrifugiert, mic 0,9% Natriumchloridlosung gew^aschen und in denNahrboden eingesat. Nutrient Broth + 2 % Agar, 1ml Bakteriensuspension (E^^g = 1,0).Pseudomonas fiuorescens wurde bei 25 °C und alle iibrigen Stamme bei 37 °C inkubiert.
Die verschiedenen Hemmstoffkonzentrationen wurden direkt auf 6-mm-Filterrondelleaufgetragen. Die Testplatten wurden nach 12 Stunden Inkubationszeit abgelesen. Als mini-male Hemmkonzentration wurde ein noch gerade sichtbarer Hemmhof angesehen.
Hemmung der Makromolekulsynthese bei Zellen des Ehrlidi-Ascites-Carcinoms
Die Wirkung der Harzsauren auf die Makromolekularsynthese von Zellen des Ehrlidi-Ascites-Carcinoms wurde in ahnlicher Weisc wie von WEITZEL, SCHNEIDER und FRETZDORF
Bakterien- und Pilzhemmstoffe in hoheren Pflanzen 33
(1967) getestet. Die Zellen (3X10") wurden in pbosphatgcpufferter Saline, die 51 Einheitcn(0,6 mg) Heparin (Serva) enthielt, suspendiert und mit den Hemmstoffen 10 Min. bei 37 "Cvorinkubieri. Die Zellsuspension wurde dann in die Testrohrchen gegeben, die 0,1 //CiUridin (53 mCi/mmol), 0,1//Ci L-(l-i''C)-Leucin (59 mCi/mmoI), oder 0,1//Ci (midin (61 mCi/mmol) enthielten und unter leichtem Sdiiitteln bei 37'^C inkubiert. Nach 20Minuten wurden die Zellen abzentrifugiert, das Sediment in 5 % TCA suspendiert und dersaureunlosliche Ruckstand auf Membranfiker gesammelt. Die Radioaktivitat wurde mit Szin-tillationsmessung bestimmt (ANKE et al. 1977).
UV-Spektren: Beckmann Spektrophotometer DB 1200;iH-NMR-Spektren: Bruker WH 90 (chemische Verschiebung in p.p.m. gegen TMS als
innerer Standard d = 0,00 p.p.m.);Massenspektren: Varian CH 7a mit Datensystem SS 100 (DirekteinlaiS, 70 eV,
Ionenquellentemperatur 200 °C);IR-Spektren: Perkin Elmer 225 S, fest in KBr;Optische Drehungen: Carl Zeiss Polarimeter 31775;Sdimelzpunktbestimmung: Leitz-Heiztischmikroskop.
Ergebnisse
Aus Fichtenrindenextrakten wurde ein Harzsauregemisch isoliert. UberMallinckrodt-Kieselgel konnten zwei Harzsauren rein dargestellt und alsIsodextropimarsaure und Dehydroabietinsaure identifiziert werden.
Isodextropimarsaure
Das UV-Spektrum zeigte eine Absorption mit A,,,,!̂ = 208 nm (/̂ = 6711),die auf die Anwesenheit ernes Chromophors hinweist.
Die massenspektroskopisch ermittelte Summenformel der Substanz ist
Im Massenspektrum werden neben dem intensiven Molekulion m/e 302Fragmentationen mit kleineren m/e-Werten beobachtet: m/e 287 (M'"—CH3)C19H27O2; 269 (—H2O) C19H25O. Dazu treten Fragmentationen auf, die durchZerfall polycyklischer oder arylsubstituierter Carbonsauren unter Abgabe vonOH-Radikalen und nachfolgender CO-Eliminlerung entstehen konnten.
—OH —CO302 ^285 (C20H29O) ^257 (Ci.H^s).
Der Hinweis auf eine Carbonsaure wird bestatigt durch Absorptionsbandenim IR-Spektrum, wo die Banden OH-Valenzschwingungen 2500, 3300(Dimer), C = O 1686, C—O 1275 cm"' gefunden werden. Einen ungesat-tigten Charakter vertreten die Gruppierungen CHs^CH— (1000, 915 cm~^)und > C = C H — (822 cm-^ (BELLAMY 1958).
Die Struktur (1) wird auch durch *H-NMR-Spektrum bewiesen.
Im Spektralbereich der Vinyl-Protonen (die drei Protonen der Seitenkettebilden ein ABX-System) ergaben sich neun Linien mit Quartett im X-Teil(Zentrum bei 5,82 p.p.m.), welches durch sukzessive Aufspaltung durch A-und B-Protonen entsteht. Die cis- und trans-Stellung der A- und B-Protonensind an den Kopplungskonstanten zu erkennen.
Phytopath. 2., Bd. 101, Heft I ,
34 HAKTMANN, RENZ und JUNG
COOH19
3 15 16
(1)
Das Signal in Form eines unaufgelosten Tripletts bei 5,30 p.p.m. stam-mend von einem Rmg-Olefin-Proton, dessen Aufspaltung durch Kopplungmit vicinalen Protonen verursacht wird, erfordert, dafi die Gruppierung> C = CH—CH2— Yorliegt und die Ringdoppelbildung sich deshalb in 7,8-Stellung befindet. Position 9,11 wird auf Grund der Untersuchungen vonWENKERT und BEAK (1961) ausgeschlossen.
Die Smguletts der Methylprotonen konnten, wie in Tabelle 1 angegeben,zugeordnet werden.
Tabelle 1
Chemische Verschiebungen d (p.p.m.) und Kopplungskonstanten J (Hz)von Isodextropimarsaure (NMR 90 MHz), TMS als innerer Standard
20-CH,
1,27
18-CH.,
0,91
i7-CH,
0,86
> (p.p.m.)
15-Hx
5,82 4,86
1 6 - H B
4,92
7-H
5,30
JAX
10,4
J(Hz)
JBX
17,8
JAB
1,5
Isodextropimarsaure
Farblose Nadeln vom Schmelzpunkt 149 bis
UV-Spektrum (Abs. Alkohol) A,,,,., = 208 nm, (f = 6711).
IR (KBr): OH 2500, 3300 (Dimer), CH., = CH— (1000, 915 cm"'),> C = CH— (822 cm-').
'H-NMR (CDCI3): d p.p.m. = 5,30; 5,82; 4,86; 4,92; 1,27; 0,91; 0,86.
MS: M+ m/e 302 (4,3%), (ber. fiir QoH^oOo 302,44); M+—CH3 287(2,3); —H.O 269 (0,3); M ' — O H 285 —CO 241 (2,5).
DC RrWerte: (I) 0,71; (II) 0,55; (III) 0,78; (IV) 0,67; zeigt im UVkeine Fluoreszenzausloschung. Mit Spruhreagenz Naphthochinon-(l,2)-Sulfonsaure-(4)-Perchlorsaure farbte sie sich nach Erhitzen derDC-Platten auf 11O'"C 10 Min. intensiv blau.
Bakterien- und Pilzhemmstoffe in hoheren Pflanzen 35
Dehydroabietinsaure
Nach saulenchromatographischer Trennung auf Mallinckrodt-Kieselgelmit Benzol als Eluent, erhalt man ein zweites kristallisiertes Diterpen mitmassenspektroskopisdi ermittelter Summenformel C^oHogO-.. Im Massenspek-trum treten neben dem wenig intensiven Molekulion m/e 300 prominenteFragmentationen m/e 285 (CioHo-jO )̂ Basispeak, 239 (CiftH^s) und 197 (Ci^Hn)auf. Im IR-Spektrum sieht man eine starke Absorption assoziierter Hydro-xylgruppen 2500, 3000 cm~', die zusammen mit der Carbonylfunktion C = O(1696 cm"~̂ ) und Valenzschwingungen C—O (1275 cm"') fur eine Carbon-saure spricht.
Die UV- (/I,,,, - 276 nm), IR- und ^H-NMR-Spektren zeigen, dafi dieSubstanz ein aromatisches System besitzt. Das ^H-NMR-Spektrum mit einemIntegrationsintervall von 17 mm bei 6,8 bis 7,2 p.p.m. zeigt Signale, die dendrei Protonen von 1,2,4-alkylsubstituiertem Benzol entsprechen. Da die UV-und IR-Spektren praktisch mit denen der Dehydroabietinsaure iiberemstim-men (BRUUN 1956, 1957, 1958), kann es sich bei dem Diterpen nur um Dehy-droabietinsaure handeln (2).
Tabelle 2Chemische Verschiebungen <^ (p.p.m.) von Dehydroabietiensaure
2O-CH3 I8-CH3 I6-CH3I7-CH3 U-H 12-H 14-H
1,26 1,18(J
1,25- 6 Hz)
7,16 7,00 6,89
18
CHo COOH20 ^ 19 (2)
Dehydroabietinsaure
Farblose Kristalle vom Schmelzpunkt 165 bis 167 ^'C.['^]D25== +63 ' ' ( C ^ l in abs. Alkohol).UV-Spektrum (Abs. Alkohol): Aniax ^ 276 nm.
3'=-
36 HARTMANN, RENZ und JUNG
IR (KBr): OH 2500, 3300 (Dimer) cm-', C = O1690; fur 1,2,4-alkyl-substituiertes Benzol 1610, 1500, 1192, 1134, 1037, 1025, 1012, 951,883. 819 cm-'
^H-NMR (CDCl,): ^̂ = 6,89; 7,00; 7,16; 1,26; 1,25; 1,18 p.p.m.MS: M' m/e 300 (4,3%) (ber. fur COOH,HO, 300,44); M^̂ —CH^ 285
(3,1%); —H2O267 (0,3); —CO 239 (11,9'); —C3H« 197 (4,6).
DC RrWerte: (I) 0,66; (II) 0,52; (III) 0,75; (IV) 0,65; zeigt im UV keineFluoreszenzausloschung. Mit Spruhreagenz Naphthochinon-(1,2)-Sulfonsaure-(4)-Perchlorsaure farbte sie sich nach Erhitzen der DC-Platten auf 110 C 10 Min. intensiv rot.
Tabelle 3Hemnnwirkung von Dehydroabietinsaure (DHAS) und Isodextropimarsaure (IDPS) auf Bak-terien und Pilze im Verdunnungsreihentest, gemessen an der minimalen Hemmkonzentration
(MIC)
B a c t e r i a
Pseudomonadales
Pseudomonas fiuorescens
Eubacteriales gram-negativ
Aerobacter aerogenesEscherichia coliProteus vulgaris
Eubacteriales gram-positiv
Arthrobacter citreusBacillus brevisBacillus subtilisCorynebacterium insidiosumMycobacterium phleiSarcina luteaStaphylococcus aureus
Actinomycetales
Streptomyces ATCC 23836Streptomyces PRL 1642
F u n g i
Ascomycetes
Candida albicansSaccharomyces cerevisiae
Basidomycetes
Rhodotorula glutinis
MIC(«g/ml)
IDPS DHAS
>50 >50
>50 >50>50 >50
10—50 1 — 5
10—50 5 —1010—50 1 — 510—50 5 —1010—50 0,1— 0,510—50 5 —10
>50 —10—50 5
>50 >5010—50 >50
>50 >50>50 >50
>50 >50
Bakterien- und Pilzhemmstoffe in hoheren Pflanxen 37
Die beiden isolierten Harzsauren zeigen sowohl im Plattendiffusions- alsauch im Verdunnungsreihentest eine gute Hemmwirkung gegen gram-positiveBakterien.
Tabelle 4Hemmwirkung von Dehydroabietinsaure (DHAS) und Isodextropimarsaure (IDPS) auf Bak-terien und Pilze im Plattendiffusionstesr, gemessen an der minimalen Hemmkonzentracion
(MIC)
B a c t e r i a
Pseudomonadales
Pseudomonas fiuorescens
Eubacteriales gram-negativ
Escherichia coli
Eubacteriales gram-positiv
Arthrobacter simplexBacillus brevisBacillus subtilis
>100
>100
>1001050
>100
>100
50
Sarcina luteaStaphylococcus aureus
Fungi
Oomycetes
Pythium debaryanum
Zygomycetes
Phycomyces blakesleanus (—)Rhizopus stolonifer
Ascomycetes
Alternaria alternataEndothia parasiticaFusarium oxysporumNectria cinnabarinaPaecilomyces variotiSclerotinia sclerotiorumTrichodeima virideTrichothecium roseum
Basidiomycetes
Fomes annosusPoria vaporiaSchizophyllum communeTrametes abietinaTrametes versicolor
100>100
>100
>1005
1050
>100>100>100
1005010
50>100>100
100>100
1050
>100
102
105020
>100>100
501010
20>100>100
1020
38 HARTMANN, RENZ und JUNG
Tabelle ^hlcnimw irkung von Dehydroabietinsaure (DHS) und Isodextropimarsaure (IDPS)
in der Kon/cntration von IOO//g/nii Nahrboden auf das Mycelwachstum von Pilzen
Teststamm
Alternaria alternataFusarium oxysporumHerpotrichia juniperiHeterobasidion annosum.Trametes versicolorTrichothecium roseum
Hemmung des
DHAS (%)
513836374766
Mycelwachstums
IDPS [%)
35
7282722
61
Hemmstoffkonzentration: 100//g/ml Nahrboden.Hemmung des Mycelwachstums ohne Harzsaurc = 0 %.
Ta be 11e 6Hemmwirkung von Dehydroabietinsaure (DHAS) und Isodextropimarsaure (IDPS)
aut die Makromolekulsynthese von Zellen des Ehrlich-Ascites-Carcinoms
KontroUe
Dehydroabietinsaure
25 /'g/ml50/fg/mI
Isodextropimarsaure
25 /^g/ml50//g/mI
Leucm
29 973
31 40528 297
23 78025 144
Einbau cpm
Uridin
23 338
22 75820 555 (88 %)
22 84319 001 (88 %}
Thymidin
5507
35473106 (56 %)
3118 (56%)
() = % der KontroUe.
Im Verdunnungsreihentest (Tab. 3) werden Gram-positive von Dehy-droabietinsaure (DHAS) bei Minimalkonzentrationen (MIC) zwischen 0,1 bis10//g/ml Losungsmittel, von Isodextropimarsaure (IDPS) bei Konzentratio-nen zwischen 10 bis 50/^g/ml Losungsmittel gehemmt. Lediglich bei Sarcimlutea ist die Minimalkonzentration grower als 50,Ng/ml Losungsmittel.
Von den getesteten Gram-negativen zeigt nur Proteus vulgaris eineHemmung, die bei IDPS zwischen 10 bis 50//g/ml Losungsmittel und beiDHAS zwischen 1 bis 5//g/ml Losungsmittel liegt. Hefen und Pilze werdennicht gehemmt.
Im Plattendiffusionstest (Tab. 4) werden neben gram-positiven BakterienVertreter der Phyco-, Asco- und Basidiomyceten gehemmt. Wie im Verdun-nungsreihentest zeigt auch im Plattendiffusionstest DHAS eine grofiere Hemm-wirkung als IDPS. 2//g DHAS/ml Losungsmittel bzw. 5//g IDPS/ml Losungs-mittel ergeben bei Rhizopus stolonifer deutliche Hemmzonen; Phycomyces
Bakterien- und Pilzhemmstoffe in hoheren Pflan/^en 39
blakesleeanusy Alternaria alternata, Trichoderma viride, Trichothecium roseumund Trametes abietina zeigen bei 10/(g DHAS/ml Losungsmittel eine Hemm-wirkung, wahrend fiir IDPS in den angegebenen Fallen die minimale Hemm-konzentration zwischen 10 bis 100//g/ml Losungsmittel liegt.
Wenn die Pilze direkt auf Nahrboden mit den entsprechenden Harz-sauren (100,ug/ml) gezogen werden, wird von DHAS das Mycelwachstumstarker gehemmt als von IDPS, mit Ausnahme von Trichothecium roseum,dessen Hemmung durch beide Sauren bei mehr als 60% liegt (Tab. 5).
Zur Wirkungsweise der Harzsauren gibt die Hemmung der Makromole-kulsynthese von Ehrlich-Ascites-Zellen Auskunft (Tab. 6). Die Proteinsynthesewird nicht gehemmt, die RNA-Synthese nur schwach und die DNA-Synthesewird mit 100//g Harzsaure um 50% gehemmt. Die beiden Harzsauren zeigenkeinen Unterschied in der Hemmung der Makromolekulsynthese.
Diskussion
Die Isolierung reiner Harzsauren ist wegen ihrer ahnlichen Struktur, derleichten Isomerisierung und Mischkristallbildung der verschiedenen Isomereschwierig. Es gibt zwar eine Reihe von Gewinnungs- und Remdarstellungs-verfahren der Harzsauren, die vorwiegend auf Bearbeitung der Harze mitorganischen Basen und folgenderVerseifungberuhen. Bei derartigen chemischenUmwandlungen handelt es sich aber um wenig schonende Methoden. Es ist unsgelungen, diinnschichtchromatographisch bereits lm Rohextrakt der Fichten-rinde Dehydroabietinsaure nachzuweisen und durch schonende saulenchroma-tographische Trennung reine Dehydroabietinsaure zu gewinnen. Damit isterwiesen, dafi sich diese aromatische Harzsaure schon in der Rinde lebenderFichten findet.
Die ^H-NMR-Signale fiir die isolierte Pimarsaure stimmen mit denender Isodextropimarsaure iiberein. Die von uns isolierte Isodextropimarsaurehat ein Schmelzpunktintervall von 149 bis 151^C, das niedriger Uegt als dasfiir Isodextropimarsaure angegebene (162 bis 164 °C) (BRUUN 1959). Ob essich um ein weiteres Isomer handelt, konnte zunachst nicht ermittelt werden.
Das kristallisierte Harzsauregemisch besteht zum grofiten Teil aus De-hydroabietinsaure und Isodextropimarsaure, die dazu neigen, Mischkristallezu bilden; daneben liegen noch weitere Harzsauren vor. Von SANDERMANN
(1960) wurde Isodextropimarsaure nicht als Bestandteil des Fichtenharzesaufgefuhrt und Dehydroabietinsaure lag nur in einer Konzentration von 8 bis9% aller Harzsauren vor. Die Zusammensetzung der Harzsauren mufi der desFichtenharzes entsprechen, da auch die Rinde Harzgange aufweist.
Eine biologische Wirkung der Harze diskutierte GIBBS (1968), der einenZusammenhang zwischen vermehrter Harzproduktion der Fichte und Resi-stenz gegen Heterobasidion annosum nachwies, ohne jedoch auf eine moglichefungizide Wirkung der Harzsauren einzugehen. VEIJOLA und MUSTAKALLIO
(1963) fanden eine bacterizide Wirkung der Harzsauren gegen Staphylococciisaureus. Im Plattendiffusionstest und Verdiinnungsreihentest fanden wir ahn-liche Ergebnisse; gram-positive Bakterien wurden gut, gram-negative (Aus-
40 HARTMANN, RENZ und JUNG
nahnic Proteus vulgaris) und Hefen wurden nicht gehemmt. Im Plattendiffu-sionstest zeigen Vertreter der Phyco-, Asco- und Basidiomyceten eine Wachs-tumsverzogcrung durch Harzsauren. Eine Hemmung der Basidiosporen-keimung von Melampsora pinitorqua durch Harzsauren wies KLINGSTROM
(1969) nach.Die Hemmung der DNA-Synthese bei Zellen des Ehrlich-Ascites-Car-
cinoms durch Harzsauren ist ein Hinweis fiir mogliche weitere Wachstums-hemmung bei Eukaryonten.
Nach WoDZiCKi, GRODECK und ZAJACZKOWSKI (1971) wurde durch Harz-sauren das durch Indolylessigsaure induzierte Wachstum von Weizenhypo-kotylen gehemmt. Dehydroabietinsaure erwies sich als besonders wirksam.
Aus Fichtenrinden wurde eine Anzahl von Hemmstoffen gegen Bakterienund Pilze nachgewiesen. GRASSMANN und ENDRES (1959) isolierten das StilbenPiceatannol. Die fungitoxischen Eigenschaften der Stilbene wurden von HART
und SHRIMPTON (1979) diskutiert. Die Monoterpene a- und /^-Pinen hemmendas Wachstum von Heterobasidion annosum (SCHUCK 1977). SHAIN und HIL-
Lis (1971) isolierten verschiedene Lignane, von denen besonders Hydroxy-matairesinol das Wachstum von Heterobasidion annosum hemmt.
In diesem Gemisch von Hemmstoffen, die alle in der Fichte vorkommen,haben auch die Harzsauren ihren Anteil an der Abwehr von Pathogenen.
Verbindungen vom Abietan- und Pimarantyp — der Grundstruktur derHarzsauren — stellen zahlreiche biologisch aktive Substanzen.
Zusammenfassung
Aus Fichtenrinde konnten zwei Harzsauren isoliert und durch denSchmelzpunkt, UV-, IR-, NMR- und Massenspektren als Isodextropimarsaureund als Dehydroabietinsaure identifiziert werden. Beide Harzsauren hemmendas Wachstum von gram-positiven Bakterien; gram-negative Bakterien —aufier Proteus vulgaris — werden nicht gehemmt. Einige Vertreter vonPhyco-, Asco- und Basidiomyceten werden ebenfalls gehemmt. Beide Harz-sauren wirken auch auf Zellen des Ehrlich-Ascites-Carcinoms. Der Einbau vonradioaktivem Thymidin in die saureunlosliche Fraktion der Zellen wurde beieiner Konzentration von 100,ug/ml um 50% reduziert. RNA- und Protein-synthese wurden nicht beeinflulJt.
Summary
Antimicrobial compounds in higher plantsIsolation, identification and antimicrobial activity of two resin acids
from spruce bark
Two resin acids were isolated from the bark of spruce and identified bymelting-point, IR and NMR spectra, as well as by mass spectrometry asisopiniaric acid and dehydroabietic acid. Gram positive bacteria growth wasinhibited by the resin acids. Gram negative bacteria, with the exception of
Bakterien- und Pilzhemmstoffe in hoheren Pflanzen 41
Proteus vulgarisy were not affected. Several filamentous fungi includingspecies of phyco-, asco- and basidiomycetes were also inhibited. Both resinacids exhibited in vitro inhibitory activity against the ascitic form of Ehr-lich carcinoma. The incorporation of radioactive thymidme into the acidinsoluble fraction of cells was inhibited at a concentration of lOO/'g/ml to50%. The incorporation of RNA and protein synthesis precursors was notaffected.
Wir danken Frau MARIANNE HUBER fiir gewissenhafte Mitarbeit. Die Einbauversuchean Zellen des Ehrlich-Ascites-Carcinoms und den Verdunnungsreihentest fiihrte Dr. ANKE
'(Spezielle Botanik der Universitat Tubingen), die NMR-Spektren Frau SCHILD und Dr.SoNNENBiCHLER, die IR- und Massenspektren Dr. SCHAFER ( M P I fiir Biodiemie, Martinsried)durch. Allen Genannten danken wir fiir die Mithilfe.
Literature
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Anschrifteii der Verfasser: Dr. E, HARTMANN, Lehrstuhl fiir Biologie, Universitat Augs-burg, Eichleitnerstrai^e 30, D-8900 Augsburg. Dr. B. RENZ, Institut fur klinische Hamatologie,Landwehrstrafie 61, D-8000 Miinchen. Prof. Dr. J. A. JUNG, Eehrstuhl fur Biologie, Universi-tat Augsburg, Eichleitnerstrai^e 30, D-8900 Augsburg.