v12 dilatometrie
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Praktikum Werkstofftechnik
Institut für Werkstofftechnik – Universität Kassel
Wintersemester 2010/2011
1. Grundlagen S.2
2. Dilatometer S.9
3. Aufgabenstellung S.12
4. Versuchsdurchführung S.12
5. Kontrollfragen S.13
6. Literatur S.13
Versuch 12
Dilatometrie
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Abb.1 Wechselwirkungspotential zwischen zwei Atomen.[6] r0 = mittlerer Atomabstand
Versuch 12
Dilatometrie
1. Grundlagen
Längenänderungen bzw. Volumenänderung aufgrund von thermischer Erwärmung und
Phasenumwandlung sind wichtige Phänomene im Maschinenbau. Phasenumwandlungen
spielen eine große Rolle in der Wärmebehandlung von Stählen. Längenänderungen müssen
in der Konstruktion von Bauteilen berücksichtigt werden. Quantitative Angaben über
temperaturabhängige Längenänderungen werden mithilfe der Dilatometrie gewonnen.
1.1 Thermische Ausdehnung Fügt man einem Stoff Energie in Form von Wärme zu, so wird er sich ausdehnen. Dies gilt
für Festköper wie auch für alle anderen Aggregatzustände. Für die thermische Ausdehnung
ist die Zunahme der Atomabstände verantwortlich. Dies geschieht entweder durch
Phasenumwandlungen, in denen sich die Gitterstruktur der Atome ändert oder durch das
“schwingen“ von Atomen. Beide Phänomene sollen in den nächsten beiden Kapitel erläutert
werden.
Die Längenänderung eines Werkstoffes beruht auf
dem sich ändernden Abstand zweier Atome. Der
Abstand von Atomen ist durch Kräfte bestimmt,
anziehende und abstoßende. Der
Gleichgewichtszustand liegt bei 𝑟0, an dieser Stelle
heben sich die Kräfte gegenseitig auf. Würden
beide Kräfte bei Temperaturerhöhung gleichmäßig
wachsen, so würde daraus ein symmetrisches
Bindungspotential 𝑊ℎ𝑎𝑟𝑚. entstehen und der
Abstand würde sich nicht ändern. Jedoch ist die
Änderung des Potentials anharmonisch. Aus der
Asymmetrie der Kurven folgt, dass der mittlere
Atomabstand 𝑟0 zunimmt (Abb.1). Aus dieser
Beziehung resultiert die Längenänderung.
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Abb.2 fester Verbund von Eisen- und Zink-Stab
Die Längenänderung bei Temperaturerhöhungen ist gering, jedoch spielt sie eine
wesentliche Rolle in zahlreichen technischen Gebieten. Beispielsweise müssen die
Ausdehnungskoeffizienten ∝𝑡ℎ von zwei Festkörpern, die in einem Gerät verbunden werden,
relativ gleich sein. Anderenfalls führen starke Temperaturschwankungen dazu, dass
aufgrund der inhomogenen Verformung ein Bauteil unter Spannung gerät oder sich biegt.
Ein einfaches Beispiel sind zwei Stäbe aus unterschiedlichen
Metallen, welche erwärmt werden. Da in der Regel von weichen
Metallen der Längenausdehnungskoeffizienten ∝𝑡ℎ größer ist als
der von harten Metallen, dehnt sich das weichere Metall stärker aus.
Als Resultat wird sich der in Abb.2 gezeigte Stab nach oben biegen.
Zur Berechnung der Spannung 𝜎𝐹𝑒 im Eisenstück wird folgende
Formel benötigt.
𝜎𝐹𝑒 =𝐸𝐹𝑒 ∙ 𝐸𝑍𝑛𝐸𝐹𝑒 + 𝐸𝑍𝑛
(∝𝑡ℎ,𝐹𝑒−∝𝑡ℎ,𝑍𝑛)∆𝑇
∆𝑇: 𝑇𝑒𝑚𝑝𝑒𝑟𝑎𝑡𝑢𝑟ä𝑛𝑑𝑒𝑟𝑢𝑛𝑔 𝐸𝐹𝑒:𝐸 −𝑀𝑜𝑑𝑢𝑙 𝐸𝑖𝑠𝑒𝑛 𝐸𝑍𝑛:𝐸 −𝑀𝑜𝑑𝑢𝑙 𝑍𝑖𝑛𝑘 𝛼𝑡ℎ,𝐹𝑒, 𝛼𝑡ℎ,𝑍𝑁:𝐿ä𝑛𝑔𝑒𝑛𝑎𝑢𝑠𝑑𝑒ℎ𝑢𝑛𝑔𝑠𝑘𝑜𝑒𝑓𝑓𝑖𝑧𝑖𝑒𝑛𝑡𝑒𝑛 𝐸𝑖𝑠𝑒𝑛 ,𝑍𝑖𝑛𝑘
Für die Berechnung des Längenausdehnungskoeffizienten ∝𝑡ℎ gehen wir davon aus, dass
ein Stab mit der Länge 𝐿0 bei einer Temperatur 𝑇0 vorliegt. Dieser Stab wird auf eine
Temperatur 𝑇1 erwärmt. Zur Berechnung der neuen Länge 𝐿 gilt folgende Gleichung:
𝐿 = 𝐿0(1 +∝𝑡ℎ (𝑇1 − 𝑇0))
wobei gilt:
𝑇1 − 𝑇0 = ∆𝑇
Durch Umformen ergibt sich die Formel, durch die ∝𝑡ℎ berechnet werden kann.
∝𝑡ℎ=𝐿 − 𝐿0𝐿0 ∙ ∆𝑇
=∆𝐿
𝐿0 ∙ ∆𝑇
Da 𝜀𝑡ℎ𝑒𝑟𝑚 = ∆𝐿𝐿0
, folgt daraus ∝𝑡ℎ= 𝜀𝑡ℎ𝑒𝑟𝑚∆𝑇
Im Allgemeinen ist ∝𝑡ℎ aber keine Konstante, sondern nimmt mit der Temperatur zu. Jedoch
kann ∝𝑡ℎ für metallische Werkstoffe zwischen 0℃ und 100℃ als konstant angenommen
werden. In Tabelle 1 sind einige Werte für die gebräuchlichsten Metalle zusammengefasst
(in10−6𝐾−1).
Ag Al Cu Fe Mg Ti
19.7 23.8 16.8 11.7 26.0 9.0
Tabelle 1 Ausdehnungskoeffizienten für einige Metalle (in10−6𝐾−1). [9]
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Außer dem Längenausdehnungskoeffizient spielen im Zusammenhang mit thermisch
bedingter Längenänderung noch Phasenumwandlungen eine Rolle. Bei Stählen finden bei
Temperaturen ab 723°C Phasenumwandlungen statt, welche Auswirkungen auf den
Ausdehnungskoeffizienten haben und zu Volumenänderung führen. Erklärt werden die
Phasenumwandlungen im nächsten Kapitel.
1.2 Umwandlung des Eisens
Reines Eisen ist ein polymorpher Werkstoff (griechisch: polymorphos, vielgestaltig). Das
bedeutet, dass die Kristallgitterstruktur sich mit der Temperatur ändert.
Bei Raumtemperatur liegt reines Eisen in einem kubisch-raumzentrierten Gitter vor. Diese
Anordnung wird als α-Eisen (Ferrit) bezeichnet. Sobald Eisen auf eine Temperatur von
911°C erwärmt wird, geht das α-Eisen in eine kubisch-flächenzentrierte Raumstruktur über.
Diese wird als γ-Eisen (Austenit) bezeichnet. Wird das γ-Eisen weiter bis zu einer
Temperatur von 1392°C erhitzt, findet erneut eine Umwandlung der Gitterstruktur statt.
Hierbei entsteht wieder ein kubisch-raumzentriertes Gitter, welches δ-Eisen (δ-Ferrit)
genannt wird. Bei einer Erwärmung auf über 1536°C schmilzt das Eisen. Die Umwandlungen
der Gitterstrukturen sind in den Längenänderungen einer Dilatometerkurve erkennbar.
Abb. 3 Berechnete Dilatometerkurve für reines Eisen mit eingezeichneten Phasenumwandlungen
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Die kontinuierliche Längenänderung mit wachsender Temperatur ist auf die im Abschnitt 1.2
beschriebene thermische Ausdehnung zurückzuführen. Die bei 911°C und 1392°C
auftretende sprunghafte Änderung der Länge beruht auf den stattfindenden
Phasenumwandlungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass α- und γ-Eisen sich sowohl in der
Gitterkonstante der Elementarzelle als auch in der Packungsdichte unterscheiden.
1.3 Das Eisen-Kohlenstoff Diagramm
Die bei Stählen bzw. Gusseisen mit unterschiedlichen Kohlenstoffgehalten als Funktion der
Temperatur auftretenden Phasen werden im Fe-C-Zustandsschaubild dargestellt. Dadurch
bildet es eine wichtige Grundlage für die technischen Anwendungen von Stählen.
Abb.4 Metastabiles Zustandsdiagramm Fe, Fe3C Gefügemäßige Betrachtung)[1]
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Auf der X-Achse des Eisen-Kohlenstoff Diagramms ist der Kohlenstoffgehalt aufgetragen,
auf der Y-Achse die Temperatur. Die Form des Schaubildes wird im Wesentlichen durch die
Löslichkeit von Kohlenstoff in α-, bzw. γ-Eisen geprägt. Beide Zellen besitzen
Oktaederlücken. Sie sind für das γ-Eisen wesentlich größer als für das α-Eisen. Ein
Kohlenstoffatom benötigt jedoch etwas mehr Platz. Deshalb werden die Zelle, in die sich das
Kohlenstoffatom einlagert, wie auch die benachbarten Zellen aufgeweitet. In diese
aufgeweitete Umgebung eines Kohlenstoffatoms kann kein anderes Atom mehr in das Gitter
eingebaut werden. In γ-Eisen, in dem das Gitter durch die Einlagerung des Kohlenstoffs nur
wenig aufgeweitet wird, ist mehr Kohlenstoff löslich als im α-Eisen. Mit steigender
Temperatur nimmt die Gitterkonstante zu. Dies bedeutet, dass mehr Kohlenstoffatome in die
Gitter eingelagert werden können.[4]
Krz Kfz
O-Lückenradius 𝑟0 = 0,152𝑟𝐹𝑒 𝑟0 = 0,414𝑟𝐹𝑒
Zahl der O-Lücken pro Elementarzelle 6 4
Zahl der O-Lücken pro Fe-Atom 3 1 Tabelle 2 Vergleich kubisch-raumzentrierter- und kubisch-flächenzentrierter-Gitter im Bezug auf Oktaederlücken
Die Gefügeänderungen von Stahllegierungen bzw. Gusseisen werden in Beziehung zum
Kohlenstoffgehalt und Temperatur beschrieben. Über 2,06% Masseprozent Kohlenstoff
zählen alle Legierungen zu den weißen Gusseisen. Stähle haben laut Definition einen
Kohlenstoffgehalt von bis zu 2,06% und werden in diesem Praktikum betrachtet.
Diese werden unterscheiden in:
• 0,02 < Massegehalt C < 0,8 untereutektoide Stähle
• 0,8% Massegehalt C eutektoide Stähle
• 0,8 > Massegehalt C < 2,06 übereutektoide Stähle
Allgemein können im Eisen-Kohlenstoffdiagramm die Gefügearten und
Phasenumwandlungen erkannt werden. Wichtig ist hierbei die P-S-K Linie, ab der sich die
Gefüge bei Raumtemperatur anfangen in Austenit umzuwandeln. Diese Umwandlung ist in
der Wärmebehandlung von Stählen von größter Wichtigkeit. Zusätzlich kann in diesem
Diagramm der Massegehalt an Zementit abgelesen werden.
Weitere wichtige Punkte des Eisen-Kohlenstoffdiagramms:
• S = eutektoider Punkt
• C = eutektischer Punkt
• G = α / γ - Umwandlungspunkt des reinen Eisens
• E = Punkt max. C-Löslichkeit im γ - MK
• P = Punkt max. C-Löslichkeit im α - MK
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1.4 Einfluss von Legierungselementen
Wie schon im vorhergehenden Kapitel beschrieben, können die Umwandlungstemperaturen
von Stählen aus dem Eisen-Kohlenstoffdiagramm abgelesen werden. Dies gilt allerdings nur
für unlegierte Stähle. Sobald dem Eisen weitere Legierungselemente hinzugefügt werden,
verschieben sich die Gleichgewichtslinien des Diagramms. Umwandlungen finden nun bei
anderen Temperaturen und Konzentrationen statt.
Dies begründet sich in der Eigenschaft von Legierungselementen, bestimmte Phasen des
Eisens stabiler oder instabiler zu gestalten. In Abb.5 wird beispielsweise ein Kohlenstoffstahl
(C45E) mit einem legierten Stahl (42CrMo4) verglichen. Beide besitzen den annähernd
gleichen Massegehalt an Kohlenstoff, jedoch treten die Umwandlungen bei deutlich
verschiedenen Temperaturen auf.
Abb.5 Vergleich einer Dilatometerkurve vonC45E und 42CrMo4
C45E 42CrMo4
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1.5 ZTU-Schaubilder
Das Zeit-Temperatur-Umwandlungs Diagramm (ZTU) beschreibt die Entwicklung des
Gefüges unter dem Einfluss verschiedener Abkühl-Temperaturverläufe. Durch die Hilfe von
ZTU-Schaubildern können gezielt Wärmebehandlungen reproduzierbar durchgeführt werden.
Entwickelt werden diese Diagramme mittels eines Abschreckdilatometers nach DIN 51045-1. Die Schaubilder werden nach ihrer Art der Abkühlung in zwei Arten von ZTU Diagrammen
unterschieden, isotherme- und kontinuierliche-ZTU-Diagramme.
• isotherm: Bei isothermen ZTU-Schaubildern wird der Zusammenhang zwischen der
Haltetemperatur, der Haltedauer und dem Ablauf der Gefügeumwandlung dargestellt.
Die auf Austenitisierungstemperatur gebrachten Proben werden rasch auf die
gewünschte Temperatur 𝑇𝑈 abgekühlt und auf dieser Temperatur gehalten. Die
isothermen Schaubilder werden entlang der Temperaturlinie (T=const.) gelesen.
• kontinuierlich: Bei den kontinuierlichen ZTU-Schaubildern wird der Zusammenhang zwischen der
Abkühlgeschwindigkeit und der Gefügeumwandlung dargestellt. Die auf
Austenitisierungstemperatur gebrachten Proben werden mit unterschiedlichen
Geschwindigkeiten abgekühlt. Die kontinuierlichen Schaubilder werden entlang der
Temperaturverläufe gelesen.
In Abb.6 ist ein isothermes ZTU-Schaubild
von C45E zu sehen. Im Vergleich dazu ist
ein kontinuierliches ZTU-Schaubild
desselben Stahles in Abb.7 zu sehen. Man
sieht die charakteristischen Unterschiede
der beiden Schaubilder, welche durch die
Art der Abkühlung zustande kommen. Das
typische Aussehen der ZTU Schaubilder,
welches durch die „Rundungen und Nasen“
geprägt wird, entsteht durch eine
Überlagerung zweier Vorgänge. Zum einen
nimmt das Umwandlungsbestreben mit
steigender Unterkühlung zu, gleichzeitig
verringert sich aber die Beweglichkeit (Diffusion) der Atome.
Abb.6 Isothermes ZTU-Schaubild Ck45[7]
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Bei der isothermen Abkühlung sind die
Triebkräfte der Umwandlung größer, daher
sind auch die Phasenumwandlungslinien im
Vergleich zu kontinuierlichen Schaubilder zu
kürzeren Zeiten verschoben.
2 Dilatometer
Der Dilatometerversuch ist eine thermoanalytische Messmethode zur Bestimmung von
Dimensionsänderungen eines Materials, während es einem kontrollierten
Temperaturprogramm ausgesetzt ist [8].
Das Dilatometer ist ein Messgerät um die Ausdehnung von Werkstoffen zu erfassen. Der am
häufigsten verwendete Typ ist das thermische Dilatometer, welches die Proben einer
thermischen Belastung aussetzt und die thermische Ausdehnung misst. Genutzt wird die
Dilatometrie beispielsweise in der Grundlagenforschung, der Wärmebehandlung und der
Qualitätssicherung. Die Einsatzschwerpunkte dort sind breit gefächert:
1) Messungen des Ausdehnungskoeffizienten ∝𝑡ℎ und der relativen Längenänderung.
2) Untersuchungen von Phasenumwandlungen.
3) Untersuchungen von Rekristallisationsvorgängen.
4) Bestimmung der Sintertemperatur und des Sinterverhalten von Keramiken.
5) Ermittlung des Erweichungspunkt und der Transformationstemperatur von Gläsern.
6) Ermittlung der Gitter- und Gefügeumwandlungen von Metallen.
7) Bestimmung des Ausdehnungs- und Temperaturverhaltens von Hoch-
temperaturwerkstoffen.
8) Ermittlung der Glasübergangstemperatur und Schrumpfungstemperatur von Kunst-
stoffen.
Abb.7 kontinuierliches ZTU Diagramm Ck45[7]
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Durch das Einsetzen von Abschreckdilatometern können Proben innerhalb weniger
Sekunden von 1000 auf Raumtemperatur abgekühlt werden. Dies geschieht durch
Kühlung mit Stickstoff oder Kältemitteln, die um die Probe herum geleitet werden. Mithilfe
dieser speziellen Maschinen werden ZTU-Schaubilder erstellt.
Abbildung 8 zeigt den Aufbau eines Schubstangendilatometers. Die zu messende Probe liegt
auf zwei Probenhaltern in einem Schutzrohr aus Quarz. Mit Fühlstempeln (oder
Schubstangen) werden die Proben an ein fixiertes Endplättchen gedrückt. Diese
Schubstangen sind direkt mit einem Wegaufnehmer verbunden. In Nähe der Proben ist ein
Abb.8 Schematischer Aufbau eines Schubstangendilatometers.[8]
Thermoelement angebracht, welches die Temperaturänderungen in Probennähe an den
Computer weitergibt. Das Quarzrohr ist luftdicht verschlossen und an eine Vakuumpumpe
sowie an eine Gasflasche angeschlossen. Umgeben wird die komplette Probenhalterung
inklusive Quarzrohr von einem Widerstandsofen, der die Probe erhitzt. Um die Ergebnisse
nicht zu verfälschen, ist der Wegaufnehmer durch Wasser konstant auf 25°C gekühlt.
Die DIN 51045-1 beschreibt ein Prüfverfahren zur Bestimmung der thermischen
Längenänderung fester Körper mithilfe des Dilatometers. Da sich unter der thermischen
Belastung die Schubstangen und Haltevorrichtungen der Apparatur auch ausdehnen, ist es
wichtig, dass diese aus einem Werkstoff mit reversibler thermischer Dehnung bestehen. Um
die tatsächliche Längenäderung der Probe zu erhalten, müssen diese Dehnungen von den
ermittelten Werten abgezogen werden
Da beide Längenänderungen nicht bekannt sind, müssen diese durch einen
Korrekturversuch ermittelt werden. Für die benötigte Korrekturfunktion wird ein
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Korrekturkörper(z.B. aus Platin) dessen Ausdehnungsverhalten als bekannt vorausgesetzt
wird und keine irreversiblen Anteile enthalten darf, mit demselben Temperaturverlauf, wie der
des eigentlichen Versuch, vermessen.
Zur Bestimmung der Korrekturfunktion wird der Messwert der Referenzprobe ∆𝑙𝐾 von dem
Literaturwert der Referenzprobe ∆𝑙𝑉 abgezogen, um damit den Messfehler zu bestimmen.
Die tatsächliche Längenänderung der untersuchten Probe ∆𝑙 ergibt sich somit aus dem
gemessenen Wert ∆𝑙𝑀 und der Korrekturfunktion (∆𝑙𝑉 − ∆𝑙𝐾).
∆𝑙 = ∆𝑙𝑀 + (∆𝑙𝑉 − ∆𝑙𝐾)
Für die Praktikumsversuche wird ein Differenz-Dilatometer eingesetzt. Dies ist eine spezielle
Form des Dilatometers, bei dem zwei Proben miteinander verglichen werden. Die erste
Probe ist hierbei die zu untersuchende Probe. Die andere Probe ist aus demselben Material
wie auch die Schubstangen und die Probenhalterungen. Sie wird als Referenzprobe
bezeichnet und durchläuft den gleichen Versuch wie die eigentliche Probe. Aufgrund der
Differenzbildung ist die Genauigkeit dieser Dilatometer besonders groß, da durch die
Vergleichsprobe die Dehnung der Schubstangen mit berücksichtigt werden kann. In Abb.8 ist
ein schematischer Aufbau dieser Probenhalterung zu sehen. In Abb.9 ist ein Bild des
Dilatometers dargestellt.
Beim Starten des Dilatometers werden die Proben erhitzt und die Längenänderung durch
den Fühlstempel an den Wegaufnehmer übertragen. Die gewonnen Längenänderungen
werden als Funktion der Temperatur aufgezeichnet. Abb.10 zeigt die Längenänderung am
Beispiel einer Probe aus C45E beim Aufheizen auf 950°C und beim anschließenden
Abkühlen auf Raumtemperatur. Bei der Aufheizphase ist ein Sprung im Linienverlauf bei
750°C zu erkennen. Die Längenänderung nimmt schlagartig ab, um dann wieder
gleichmäßig anzusteigen. Der Sprung ist auf die Umwandlung von α-Eisen in γ-Eisen
Abb.9 Ausschnitt des Schubstangendilatometer der Universität Kassel
1
5
4 3 2
1- Schubstangen 2- Thermoelement 3- Referenzprobe 4- Quarzrohr 5- Probe
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zurückzuführen. Nachdem die Probe eine Temperatur von 950°C erreicht hat, wird sie
wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Beim Abkühlen ist ebenfalls ein Sprung im
Linienverlauf zu erkennen. Dieser setzt allerdings bei einer späteren Temperatur ein und
dabei nimmt die Längenänderung schlagartig zu.
Abb.10 Diagramm einer C45E Probe. Aufgetragen ist die Längenänderung (blau) über die Probentemperatur.
3. Aufgabenstellung
Anhand einer Probe aus C80 sollen die Volumenänderung und die Längenänderung mithilfe
eines Dilatometers bestimmt werden. Außerdem soll der thermische Ausdehnungskoeffizient
ermittelt werden.
4. Versuchsdurchführung
4.1 Kolloquium
Zu Beginn jedes Praktikumsversuches wird in einem kurzen Kolloquium das Verständnis
über den jeweiligen Versuch abgefragt. Grundlage hierfür sind das vorliegende Skript sowie
der Vorlesungsstoff aus Werkstofftechnik 1 und 2. Eine Teilnahme am eigentlichen
Praktikumsversuch ist nur nach erfolgreichem Kolloquium möglich!
Es wird darauf hingewiesen, das für den Versuch ein Taschenrechner nötig ist.
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4.2 Versuchsablauf
Je nach Gruppe wird die Aufwärm- oder Abkühlphase einer Probe aus C80 mithilfe eines
Dilatometers beobachtet und die Messwerte ausgewertet. Anschließend werden die
Ergebnisse in der Gruppe diskutiert
5. Kontrollfragen
a. Wodurch entsteht die Längenänderung bei Metallen als Funktion der
Temperaturen?
b. Wie ist der Ausdehnungskoeffizient ∝𝑡ℎ definiert?
c. Erläutern Sie die Gitterumwandlung beim reinen Eisen.
d. Wo befindet sich der eutektoide Punkt und der eutektische Punkt im Eisen-
Kohlenstoff-Diagramm und worin unterscheiden sich diese?
e. Nennen Sie die Legierungselemente sowie die -anteile von 42CrMo4 und
C45E.
f. Nenne Sie drei wichtige Legierungselemente von Stahl und deren Bedeutung.
g. Nennen Sie Anwendungsgebiete für das Dilatometer.
h. Wie wird die Längenänderung ∆l mithilfe des Dilatometers bestimmt?
i. Worin besteht der Unterschied zwischen einem isothermen und einem
kontinuierlichen ZTU (Zeit-Temperatur-Umwandlungs) –Schaubild?
j. Erläutern Sie, wie ein kontinuierliches ZTU-Diagramm erstellt wird!
6. Literatur [1] B. Scholtes: Skript zur Vorlesung Werkstofftechnik 2
[2] A. Brückner-Foit: Skript zur Vorlesung Werkstofftechnik
[3] Hougardy: Umwandlung und Gefüge unlegierter Stähle 1990
[4] D. Horstmann: Das Zustandsschaubild Eisen-Kohlenstoff 1985
[5] W.F. Hemminger, H.K. Cammenga: Methoden der Thermischen Analyse 1989
[6] Escher: Skript Thermische Ausdehnung TU Dresden
[7] S. Oehler, F. Gansert: Skript Zeit- Temperatur- Umwandlungs- Diagramme TU Dresden
[8] NETZSCH: PDF zur Dilatometrie anhand des Dilatometers DIL 402 C
[9] Guinier / Jullien: Die physikalische Eigenschaften von Festkörpern 1992