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Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 2 17 Mitteilungsblatt der Volksmusikberatungsstellen des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e. V. Volksmusik in Bayern 25. Jahrgang Heft 2 München 2008 „I bin koa Volksmusikheiliger!“ Peter Moser und 50 Jahre Alpbacher Bläser Andreas Estner Die Alpbacher Bläser feiern heuer ihr 50-jähriges Bestehen. Die Blechbläsergruppe aus Alp- bach in Tirol unter der Leitung von Prof. Peter Moser hat das alpenländische Weisenblasen in Österreich und Bayern populär gemacht. Peter Moser ist mit seinen Arrangements, mit seiner Art zu blasen und mit seinen Kursen auch für die Volksmu- sik in Bayern stilprägend. Und trotzdem ist er ein bescheidener Mann geblieben. „I bin koa Volksmusikheiliger!“ Das war der erste Satz, den Professor Peter Moser gesagt hat, noch bevor er mich in sein Haus oberhalb von Alpbach in Tirol 1 gebeten hat. „In Bayern und in Salzburg, da habn s’ Volksmusikheilige gmacht, an Kiem Pauli und an Reiser Tobi. Mir in Tirol habn koa, und des soll aa so bleibn.“ Das wollte er offenbar gleich klarstellen, bevor ihm der bayerische Reporter gar zu respektvolle Fragen stellte. Dann sind wir in sein Musikzim- mer gegangen, besser gesagt, in seine „Musikstubn“ – eine nagelneue Zirbelholzstube mit Kachelofen und direktem Blick auf die Gratlspitz, den Hausberg von Alpbach. „Da drobn hat oiss ugfangen“, sagt der Moser Peter, deutet hinauf und erzählt, wie sich die Alpbacher Bläser vor 50 Jahren gegründet haben. Jene Formation, die das Weisenblasen in Österreich, Südtirol und Bay- ern so nachhaltig prägen sollte. Ein moderner Mann sitzt einem da gegenüber, in Vliesjacke, mit randloser Brille, fast könnte man vergessen, dass er schon 73 ist. Da droben, auf der Gratlspitz, haben sich die Alpbacher Bläser im Sommer 1958 gegründet: Peter Moser war gerade einmal 23, blutjunger Blasmusikdirigent und Organist in Alpbach. Bei der Bergmesse wollten sie dieses Mal eine Musik dabei haben, „na hamma gsogt, an Berg obn kon ma de Orgel ned spuin, dann dea ma blosn.“ Und schon waren sie gegründet. Zwei Flügelhörner, Moser Peter und Moser Sepp, Posaune, Haberl Oswald, und Tuba, Moser Anderl. Freilich war der Klang von damals in keiner Weise vergleichbar mit dem von heute, und auch nicht das Reper- toire. Weisenblasen gab es zwar, aber „in an beschränktn Maß, es hod ja koa Literatur ned gebn.“ Die ersten „Weisen“ waren deshalb Melodien aus der Deut- schen Messe von Franz Schubert. Der konzertante Anspruch an die Volksmusik war damals kaum Professor Peter Moser aus Alpbach, Tirol.

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Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 2 17

Mitteilungsblatt der Volksmusikberatungsstellen des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e. V.

Volksmusikin Bayern

25. Jahrgang • Heft 2 • München 2008

„I bin koa Volksmusikheiliger!“Peter Moser und 50 Jahre Alpbacher Bläser

Andreas Estner

Die Alpbacher Bläser feiern heuer ihr 50-jähriges Bestehen. Die Blechbläsergruppe aus Alp-bach in Tirol unter der Leitung von Prof. Peter Moser hat das alpenländische Weisenblasen in Österreich und Bayern populär gemacht. Peter Moser ist mit seinen Arrangements, mit seiner Art zu blasen und mit seinen Kursen auch für die Volksmu-sik in Bayern stilprägend. Und trotzdem ist er ein bescheidener Mann geblieben.„I bin koa Volksmusikheiliger!“ Das war der erste Satz, den Professor Peter Moser gesagt hat, noch bevor er mich in sein Haus oberhalb von Alpbach in Tirol1 gebeten hat. „In Bayern und in Salzburg, da habn s’ Volksmusikheilige gmacht, an Kiem Pauli und an Reiser Tobi. Mir in Tirol habn koa, und des soll aa so bleibn.“ Das wollte er offenbar gleich klarstellen, bevor ihm der bayerische Reporter gar zu respektvolle Fragen stellte. Dann sind wir in sein Musikzim-mer gegangen, besser gesagt, in seine „Musikstubn“ – eine nagelneue Zirbelholzstube mit Kachelofen und direktem Blick auf die Gratlspitz, den Hausberg von Alpbach. „Da drobn hat oiss ugfangen“, sagt der Moser

Peter, deutet hinauf und erzählt, wie sich die Alpbacher Bläser vor 50 Jahren gegründet haben. Jene Formation, die das Weisenblasen in Österreich, Südtirol und Bay-ern so nachhaltig prägen sollte. Ein moderner Mann sitzt einem da gegenüber, in Vliesjacke, mit randloser Brille, fast könnte man vergessen, dass er schon 73 ist. Da droben, auf der Gratlspitz, haben sich die Alpbacher Bläser im Sommer 1958 gegründet: Peter Moser war gerade einmal 23, blutjunger Blasmusikdirigent und Organist in Alpbach. Bei der Bergmesse wollten sie dieses Mal eine Musik dabei haben, „na hamma gsogt, an Berg obn kon ma de Orgel ned spuin, dann dea ma blosn.“ Und schon waren sie gegründet. Zwei Flügelhörner, Moser Peter und Moser Sepp, Posaune, Haberl Oswald, und Tuba, Moser Anderl. Freilich war der Klang von damals in keiner Weise vergleichbar mit dem von heute, und auch nicht das Reper-toire. Weisenblasen gab es zwar, aber „in an beschränktn Maß, es hod ja koa Literatur ned gebn.“ Die ersten „Weisen“ waren deshalb Melodien aus der Deut-schen Messe von Franz Schubert. Der konzertante Anspruch an die Volksmusik war damals kaum Professor Peter Moser aus Alpbach, Tirol.

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vorhanden, das Repertoire nicht erschlossen und schon gar nicht aufbereitet. Musik war eine Nebensächlichkeit und Volksmusik sowieso. „Mia habn ja zu der Zeit ned a so probt. Des war ja ned so hoaklig wia heid.“ Und freilich ist es in Tirol dann vor allem der Moser Peter selber gewesen, wegen dem es heute so „hoaklig“ ist.

„I wollt Musik studieren.“

Gerade der spätere Professor Peter Moser2 war es, der mit seinem Qualitätsanspruch die Volksmusik in Tirol nachhaltig geprägt hat, auch das Weisenblasen in Bayern. Aber das war ein Weg, der viel Anstrengung und Geduld gekostet hat, weit mehr, als ein Gang auf die Gratlspitz. Der Weg zum „Traumberuf Musiker“ war für den Moser Peter ähnlich steinig wie die Almwege im Alpbachtal zu dieser Zeit. Als jüngstes von zehn Kindern ist er auf dem „Hacklerhof“ aufgewachsen, einem abgeschiedenen Bergbauernhof auf 1200 Metern, der noch in den 1940er Jahren nur zu Fuß erreichbar war. Es lässt sich denken, dass es damals vordergründigere Probleme gab, als eine Berufung zum Musiker. „Bei ins hod’s scho Volksmusik gebn, mei älteste Schwester hod gsungen, aber eher so Küchenlieder, ‚Mariechen saß weinend im Garten‘ und so Zeug, und mei ältester Bruader hod Ziach-orgel gspielt“. Auch der Großvater und der Vater haben „Ziachorgel“ gespielt, und die Mutter wäre hochmusikalisch gewesen, sagt der Moser Peter, aber „d’Muatta hod se ned traut, weil des war für a Bäurin unwürdig, ’s Musizieren“. Letztlich war er dann der einzige der großen Familie, der es mit der Musik ernst meinte. So ernst, dass er sie unbedingt zum Beruf machen wollte.

Mit zwölf spielte er zum ersten Mal mit der Klarinette bei einer Messe in der Dorfkirche von Alpbach und spürte tief drinnen, dass das einmal sein Lebensinhalt werden muss. Doch bei der schweren Arbeit an den Steilhängen des Alpbachtals konnte so etwas keiner recht ver-stehen, und wahrscheinlich konnte man es selbst nicht recht begreifen. Musiklehrer gab es damals nicht. So probierte Peter Moser alle Instru-mente aus, die er in die Finger krie-gen konnte – er spielt die meisten bis heute –, Klarinette, Zither, Gitarre, Orgel, Klavier und am wichtigsten: Flügelhorn. Das Flügelhorn hat er kurz nach dem Krieg im Nachbardorf Reith entdeckt und gleichzeitig eine Musik, die ihn sein Leben lang nicht mehr loslassen sollte und die damals in Tirol den Ton angab: Gottlieb Weißbacher und die „Fidelen Innta-ler“. „Da war ich 12 Jahr, da hab ich beim Fenster hineingschaut, und des

war ausschlaggebend für mi, dass i anfang Flügelhorn lernen, weil i mir denkt hob, da kann i mi guad entfalten.“

Den Weg vorausspüren

Es gibt Menschen, die spüren ihren Weg voraus, will sagen, sie ahnen schon, wo sie im Leben hin müssen. So wird es auch beim Moser Peter gewesen sein, denn er hat sich von seinem Plan, Musiker zu werden, nimmer abbringen lassen, trotz aller Widerstände. „I wollt oiwei Musik studieren, und dahoam habn s’ mi ned lossn, weil mei Muatter hod gsogt, mir brauchen dich.“ Drum hat er es dann erst mit 22 gepackt – „da hab ich mich abgena-belt“ – und sich zur Aufnahmeprüfung am

Mozarteum in Salzburg angemeldet: „Kir-chenmusik“. Die Anmeldung wurde auch angenommen, doch dann kam gleichzeitig eine Hürde, die den Traum beinahe wieder hätte platzen lassen: Für das Nebenfach waren auch Stücke auf dem Klavier gefragt: „Jetz hob i koa Klavier ned ghabt.“ Freilich, was sollten Bergbauern und Arbeiter 1957 auch mit einem Klavier anfangen, in einer Gesellschaft, in der es vorrangig noch ums Überleben ging. Ein Sommergast, der in Al-pbach auf einem Kongress weilte (denn das kleine Dorf Alpbach mit seiner besonderen Lage und einem Hotel am Ort war damals schon Anziehungspunkt für Kongresse), hatte schließlich ein Klavier für den Peter, allerdings weit, weit weg – nämlich in Wien. Von der Gemeinde lieh sich der jun-ge Musikant einen klapprigen Lastwagen und fuhr von Alpbach nach Wien. Was für ein Abenteuer! Das Klavier entpuppte sich dann sogar als Stutzflügel und stand im dritten Stock eines Wiener Wohnhauses. Es war eine rechte „Viecherei“, bis das sperrige Trumm auf dem Lastwagen und schließlich nach unendlichen Stunden oh-renbetäubender Fahrt im Tiroler Alpbachtal angekommen war. Nicht jeder im Dorf hat das verstanden. Aber es hat sich rentiert.

„Nix wia Touristenmusik“

Es hat sich rentiert für die Volksmusik in Tirol, wenn auch damals noch recht wenig davon hörbar war. In der aufwallenden Kitschwelle der fünfziger Jahre trällerten die einigermaßen fähigen Musikanten, ähnlich wie in den Skigebieten in Bayern, vor allem das Kufsteinlied beim Hüttenabend oder murksten Tangos zum Tanztee. Das aber war nicht der Weg des Moser Peter. Ihn hat die traditionelle Volksmusik begeistert, von der im Vergleich zu Bayern oder Salzburg in

Der Hacklerhof – Peter Mosers Geburtshaus.Der Hof steht heute im „Museum Tiroler Bauernhöfe“ in Kramsach/Tirol.

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Tirol damals eben noch recht wenig vorhan-den war. Eine Begegnung mit Tobi Reiser in Salzburg war für den jungen Musikstu-denten schmerzlich ehrlich und hat ihn tief getroffen: „Dann hod der Reiser gsogt, ihr in Tirol habt’s ja nix wia Touristenmusik!“ Das war der Ausschlag, sagt Peter Moser heute, dass er sich ab diesem Tag gerade mit der Tiroler Volksmusik am meisten beschäftigte. – Was für ein Glück.

Schwere Jahre

Wer heute Musik studiert, hat es nicht leicht. Verglichen mit den fünfziger Jahren, ist es heute beinahe feudal. Der Moser Peter konnte sich nicht einfach seinem Studium widmen, das er sich so ersehnt hatte. Er arbeitete zuerst als Fleischbeschauer und dann als Waldaufseher im Alpbachtal, während des Studiums und auch noch danach. Er musste seine junge, irgendwann sechsköpfige Familie ernähren. Drum war es 1973 eine große Erlösung, als er (mit knapp vierzig) endlich beim ORF eine Anstellung bekam – eine Anstellung als „Spartenleiter Volks- und Blasmusik“ im Landesstudio Tirol in Innsbruck. Ein riesiger Karrieresprung und eine riesige Aufgabe, mit riesigen Proble-men und auch riesigen Ängsten. „I hob im-mer an Komplex ghabt“, sagt Peter Moser heute freimütig, „gegen die in Innsbruck.“ Vermutlich war es so, wie wenn man heute in Bayern vom Land nach München fährt, um sich zu beweisen. Es wird einem nichts geschenkt. Den Moser Peter hatte die harte Aussage Tobi Reisers in sein neues Amt begleitet, er wollte mit aller Kraft erreichen, dass Tirol endlich einen guten Ruf bekommt in Sachen „echte Volksmusik“. Pionierarbeit war dafür nötig, denn der Sender in Inns-bruck brauchte vor allem gute Aufnahmen. Das erste Jahr seiner Rundfunkarbeit fuhr Peter Moser deshalb „in die Talschaften“, wie er sagt, probte mit Musikgruppen, versorgte sie mit selbst geschriebenem und abgeschriebenem Notenmaterial, was ihm prompte Kritik der Intendanz einbrachte. Schließlich war er ja nicht als Volksmu-

sikpfleger engagiert, sondern als Medien-manager. Der Moser Peter wollte aber neue Vorbilder schaffen für die Musikanten im Lande, ähnlich wie in Bayern, wo das schon seit den fünfziger Jahren mit den jungen Musikgruppen gut funktionierte: „Für uns warn die Bayern Vorbilder, was an Gsang betrifft, da hamma ja nur aufgschaugt, des kimma heid no doa.“ Als Spartenleiter ging Peter Moser deshalb nie selbst ans Mikro-phon, das hat er anderen überlassen. Er kümmerte sich unermüdlich um die Musik und steuerte im Hintergrund. „Mei liabste Weis“, das Volksmusik-Flaggschiff des ORF, dem anfangs wenig Chancen eingeräumt wurden und das heuer sein 20-jähriges Jubiläum gefeiert hat, war seine Erfindung. Ebenso „Klingendes Österreich“, eine TV- Sendung, die in Bayern bis heute genauso beliebt ist, wie in Österreich. Außerdem war Peter Moser auch noch Obmann des Tiroler Volksmusikvereins. Und es hat sich viel ge-wandelt mit den Jahren. Der Stellenwert der Volksmusik in Tirol, das Stilempfinden der Hörer und der Musikanten wuchsen stetig. Was den Moser Peter in Bayern vor allem

bekannt gemacht hat, war eine Besetzung, die sich 1974 zusammentat: die „Tiroler Kirchtagmusig“. Sie besteht nächstes Jahr auch schon 35 Jahre und lockt hierzulande bei Volksmusik- und Volkstanzveranstaltun-gen unzählige „Fans“ an.

Das Weisenblasen – „nach Noten ko ma ’s ned spieln!“

„Das Weisenblasen ist ja oft gegensätzlich zu dem, was der Kapellmeister sagt.“ Damit macht Peter Moser eine Aussage, die auch von einem Opernmusiker stammen könnte. Weisen sind Vokalstücke, als Blasmusi-kant muss man deshalb dazu einen ganz anderen Zugang finden als zu Märschen, Ouvertüren oder einer Landlerschar. „Die Taktstriche sind eigentlich überflüssig“, sagt Peter Moser, und „die Noten sind nur deshalb da, weil man die Melodie halt irgendwie aufschreiben muss“ – als Gedankenstütze, mehr nicht.„Der Reiz davo is ja, dass ma des unrhyth-misch spielt.“ Im Grund, meint der Moser Peter, sollte man die Weisen so blasen, als ob man sie singen würde. Dann verbindet man auch als Bläser die Töne logisch und sinnvoll.

Weisenblasen, eine gute Schule

Das Weisenblasen ist eine gute Schule für Bläser: um die agogischen Möglichkeiten zu spüren, um sich von den Noten zu lösen, aber auch um bläserisch flexibel zu werden. „I bin oft ausglacht wordn. Die Fachleute der Blasmusik habn gsogt, ja, in de Noten steht ja nix drin!“ Das sehen Musikpädago-gen heute freilich ganz anders: Gerade das kammermusikalische Spielen der einfachen

Am Galtenberg bei einer der ersten Berg-

messen, bei der die damaligen

Alpbacher Bläser gespielt

haben.

Peter Moser (links) im Alter von 17 Jahren mit seinem Bruder Andreas auf der Alm.

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Melodien und Harmonien hilft jüngeren und auch älteren Bläsern, eine Sicherheit im Zu-sammenspiel zu entwickeln. Gemeinsame Atemführung, Intonation und das Gespür für Klanghomogenität quer durch alle Laut-stärken, sind grundsätzliche Fähigkeiten, die sich an den Weisen gut lernen lassen. „Heid woaß ma, dass des a unglaubliche Bereiche-rung für die Tonqualität is“, sagt der Moser Peter. Wie recht er hat. Wer die Alpbacher Bläser heute einmal „live“ hört, weiß sofort, was er meint. Wenn sie in einem großen Saal ihren ganzen Klang auffächern, dann klingen sie beinahe wie der Blechsatz eines großen Symphonieorchesters.

Die guten Berggeister

Freilich, wenn die „Mander“ unter sich sind, bei Geburtstagsstanderl, Maiandach-ten, Beerdigungen oder Hochzeiten, dann halten sie ihr Volumen auch zurück und blasen so leicht wie ein Frühlingslüftl. Die

große Flexibilität ist es, die das Weisenblasen schwierig, aber auch so erfolgreich und so brauchbar macht. In ungezählten Musik-kapellen in Österreich, Südtirol und Bayern gibt es heute Weisenbläsergruppen. Viele musizieren nach den Noten vom Moser Peter und viele blasen mittlerweile auch selbstarrangierte Lieder und Jodler. Ein gro-ßer, volksmusikpflegerischer Erfolg – auch deshalb, weil er einen echten Nutzwert hat für die Alltags- und Festtagskultur. Weisen-bläser umrahmen mittlerweile viele Anlässe im Jahreslauf, und sie bringen gleichzeitig die Melodien der alten und neuen Volkslie-der ins Dorfleben, ganz selbstverständlich und vielerorts schon unverzichtbar. Zu dieser volkskulturellen Blüte haben Peter Moser und die Alpbacher Bläser mit ihren frühen und qualitativ hochwertigen Einspielungen, mit ihren Notenpublikationen und ihren vielen Auftritten ausschlaggebend und richtungsweisend beigetragen. Heute, nach 50 Jahren, sind sie, verstärkt durch zwei jün-gere Mitspieler, noch immer viel unterwegs.

98 Proben und Auftritte im Jahr 2007, das heißt fast jeden dritten Tag. Wenn auch für den Moser Peter das Weisenblasen weitab von den vielen Menschen immer noch am besten aufgehoben ist: „Am liabsten spui i am Berg, ganz klar“, da, wo die Alpbacher Bläser sich einst zusammengetan haben, auf den Berggipfeln rund um Alpbach, auf der Gratlspitz oder dem Galtenberg, wo man hinausblickt ins Tiroler Inntal und hinüber zur kantigen Rofangruppe. Wo die Weisen einfach hinausschweben, wie von guten Geistern getragen. „Ein Berliner Regisseur hat amal gsagt, am Berg oben sind nur gute Geister, und i denk, dass des stimmt.“

Anmerkungen:1 Alpbach in Tirol liegt in einem kleinen Seiten-

tal des Inns südlich von Rattenberg/Brixlegg, Inntal-Autobahn-Ausfahrt Kramsach.

2 Die Universität Mozarteum Salzburg zeich-nete im Juni 1998 Peter Moser mit dem Ehrentitel „Professor“ aus.

Alpbacher JodlerPeter Moser

Aus: »g’sungen und g’spielt« – Mitteilungen des Tiroler Volksmusikvereines und des Südtiroler Volksmusikkreises, 23. Jg. (1998), Heft 82, S. 29.

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Die Alpbacher Bläser im Jubliäumsjahr 2008, vorne von links: Peter Hausberger, Sepp Margreiter (Ventilposaunen), 2. Reihe: Josef Moser, Gerhard Hausberger, Peter Moser (Flügelhörner) und Hannes Schneider (Basstuba).

Im Hintergrund die Gratlspitze und das Dorf Alpbach (2.500 Einwohner, 1.000 m Seehöhe; 1983 wurde Alpbach aufgrund des einheitlichen Baustils und der Blumenpracht zum „Schönsten Dorf Österreichs“ gewählt.)