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Die Quantenmechanik beschäftigt sich mit den kleinsten Teilchen der Materie. Diese Teilchen verhalten sich jedoch recht eigenartig: Sie zeigen nicht nur Teilcheneigenschaften, sondern verhalten sich auch wie eine Welle. Man kann das Verhalten dieser Teilchen nur noch mit Wahrscheinlichkeiten beschreiben – und kommt dann zu so bizarren Vorstellungen wie Schrödingers Katze, die zugleich tot und lebendig ist. Doch trotz all ihrer Rätsel ist die Quantenmechanik die Grundlage der modernen Technik, ohne die Computer gar nicht möglich wären.Diese kleine Einführung in die Quantenmechanik beschreibt den Weg von Plancks Behauptung, dass Energie gequantelt sei, über die Interpretation der Wellenmechanik zu modernen Anwendungen im Laser, dem Computer oder den Supraleitern.

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Vom Photon zur Supraleitung

Eine kleine Einführung

in die Quantenmechanik

Kurt Martin

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Copyright © 2015 Kurt Martin, Red Horse, München Red Horse sind: Peter Hauser, Kurt Martin und Jack Eden

Email: [email protected]

http://www.facebook.com/pages/Red-Horse/148020228618240 All rights reserved.

Das komplette Buch kann hier gefunden werden: http://www.amazon.de/dp/B00VEEJ5LG

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1. EINLEITUNG

2. RÄTSEL DER KLASSISCHEN PHYSIK

2.1. Spektrallinien

2.2. Der photoelektrische Effekt

2.3. Das Atommodell

2.4. Schwarzkörperstrahlung

3. QUANTISIERTE ENERGIE

3.1. Die Plancksche Formel

3.2. Photonen

3.3. Das Bohrsche Atommodell

4. DIE WELLENMECHANIK

4.1. Materiewellen

4.2. Die Schrödinger-Gleichung

5. DIE INTERPRETATION DER QUANTENMECHANIK

5.1. Wahrscheinlichkeit

5.2. Einsteins Einwände

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5.3. Der Kollaps der Wellenfunktion

5.4. Die Bellsche Ungleichung

5.5. Gespenstische Fernwirkung

6. ANWENDUNGEN DER QUANTENMECHANIK

6.1. Der Laser

6.2. Halbleiter

6.3. Supraleitung

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1. Einleitung Ende des 19. Jahrhunderts schien die Physik alle offenen Fragen beantwortet zu haben. „In dieser Wissenschaft ist schon alles erforscht, und es gilt, nur noch einige unbedeutende Lücken zu schließen“, wie der Münchner Physiker Philipp von Joly 1874 einem an der Physik interessierten Schüler mitteilte. Dennoch ließ sich dieser Schüler nicht beirren und begann ein Studium der Physik. Am 14. Dezember 1900 sollte dieser Schüler dann einen Vortrag vor der Physikalischen Gesellschaft in Berlin halten, der heute als Geburtsstunde der Quantenmechanik betrachtet wird. Doch bis dahin war es für Max Planck ein langer Weg. Trotz der optimistischen Auffassung Philipp von Jolys, die so von den meisten Physikern seiner Zeit geteilt wurde, waren die Lücken, mit denen die Physiker Ende des 19. Jahrhunderts zu kämpfen hatten, nicht unbedeutend, sondern wurden im Laufe der Zeit immer größer – bis sie schließlich zu immensen Umwälzungen in der Physik führten. So gestaltete sich die Suche nach dem Äther, diesem geheimnisvollen Stoff, in dem sich die Lichtwellen ausbreiten sollten, deutlich schwieriger als gedacht. Außerdem gaben die Experimente widersprüchliche Ergebnisse: Mal sollte der Äther dünner als Luft sein (schließlich setzte er der Bewegung der Himmelskörper keinen messbaren Widerstand entgegen), dann wieder war er härter als Stahl (schließlich breiteten sich die Lichtwellen in ihm als Transversalwellen aus, was hohe Scherkräfte im Medium voraussetzte). Besonders eigenartig war, dass die Geschwindigkeit des Lichts auf der Erde in alle Richtungen dieselbe war, egal ob sich das Licht in dieselbe Richtung wie die Erde bewegte oder in die entgegengesetzte Richtung, so als schwimme ein Schwimmer mit dem Strom genauso schnell wie entgegen dem Strom.

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Diese Widersprüche wurden dann nicht, wie von den meisten Physikern erwartet, innerhalb der bekannten Physik gelöst, sondern Albert Einstein begründete mit seiner Relativitätstheorie eine völlig neue Sicht auf die Welt, die ohne einen Äther auskam. Neben dem geheimnisvollen Äther gab es noch weitere offene Fragen, mit deren Beantwortung sich die klassische Physik schwer tat. Diesmal ging es um Fragen, die ihren Ursprung im Allerkleinsten hatten, das wir kennen. Die Existenz von Atomen, kleinsten Teilchen, aus denen sich unsere Materie zusammensetzt, war im 19. Jahrhundert bei weitem noch nicht von allen Physikern akzeptiert. Viele stellten sich die Materie immer noch als eine Art Kontinuum vor. Deshalb ging man davon aus, dass Materie, wenn man sie zum Beispiel durch Erhitzen zum Leuchten brachte, kontinuierlich Licht abgab. Doch schon Anfang des 19. Jahrhunderts waren dunkle Linien im Spektrum der Sonne entdeckt worden, die Spektrallinien, deren Ursache man sich nicht erklären konnte. Außerdem nahm man an, dass Materie auch negativ geladene Teilchen enthielt, die für den Stromtransport verantwortlich waren. Allerdings konnte man nicht erklären, wie sich diese Teilchen in den Atomen einfügen sollten. Der britische Physiker Ernest Rutherford zeigte mit seinen Experimenten Anfang des 20. Jahrhunderts, dass die Masse der Atome in einem kleinen Kern gebündelt ist. Er stellte die Theorie auf, dass die Elektronen sich um diesen Kern wie die Planeten um die Sonne bewegen. Doch rotierende Ladungen geben elektromagnetische Strahlung ab, sie verlieren Energie. Die Elektronen müssten also in den Kern fallen. Wie konnte das Atom dann stabil sein? Diese Fragen stellten die klassische Physik vor ein Rätsel. Die Lösung sollte aus einer unerwarteten Ecke kommen: Max Planck hatte sich die Aufgabe gestellt, das Strahlungsspektrum eines idealen Strahlers, eines sogenannten Schwarzen Körpers, zu berechnen. Das Spektrum selber war aus zahlreichen Experimenten bekannt, doch niemandem war es gelungen, eine Formel herzuleiten, die dieses Spektrum beschrieb. Entweder passte die Formel für große Wellenlängen und versagte bei kleinen, oder sie passte bei kleinen Wellenlängen und versagte für

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große. Irgendetwas in der Physik des Schwarzkörperstrahlers schien noch nicht völlig verstanden zu sein. Max Planck ging recht pragmatisch an die Aufgabe heran. Die Formel sollte das Spektrum korrekt beschreiben, die physikalische Interpretation würde dann folgen. Und er musste feststellen, dass er mit einem recht einfach mathematischen Trick die Formel herleiten konnte: Er musste nur annehmen, dass die Energie eines Schwarzkörperstrahlers nicht kontinuierlich auftrat, sondern in kleinen Portionen, dass sie also gequantelt war. Planck war hatte keine Zweifel daran, dass diese Annahme aus physikalische Sicht unsinnig sein musste, aber die Formel, die er damit hergeleitet hatte, passte so wunderschön zu den Messungen, dass er diese Herleitung dennoch in einem Vortrag im Jahr 1900 der Öffentlichkeit vorstellte. Es dauerte nur wenige Jahre, bis Einstein mit der Annahme gequantelter Energie den photoelektrischen Effekt erklären konnte und Nils Bohr es schaffte, mit dieser Annahme die Spektrallinien von Wasserstoff zu erklären. Plancks mathematischer Kunstgriff war zu einer physikalischen Realität geworden. Ähnlich wie schon die Relativitätstheorie sollte die Quantenmechanik die Physik revolutionieren – und auch unsere Technik. Denn ohne die Quantenmechanik wäre die moderne Computertechnik gar nicht möglich. Allerdings stellt die Quantenmechanik die Physiker immer noch vor Probleme. Der amerikanische Physiker Richard Feynman soll einmal gesagt haben, dass niemand die Quantenmechanik wirklich verstehe (er musste es wissen – für seine Beiträge zur Weiterentwicklung der Quantenmechanik wurde er 1965 immerhin mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet). Denn die Quantenmechanik macht Vorhersagen, die dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen scheinen. Schrödingers Katze, die zugleich tot und lebendig ist, möge als Beispiel dienen.

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Mit diesen Fragen, aber natürlich auch den Grundlagen und Erfolgen der Quantenmechanik, soll sich diese kleine Einführung in die Quantenmechanik beschäftigen.

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2. Rätsel der klassischen Physik

2.1. Spektrallinien

Isaac Newton ist nicht nur der Begründer der Mechanik. Er hat im 17. Jahrhundert auch einige grundlegende Arbeiten zur Optik durchgeführt. Am berühmtesten ist wohl sein Experiment, bei dem er in einem abgedunkelten Zimmer steht, und nur ein kleiner Spalt im Vorhang lässt etwas Sonnenlicht durch, welches auf ein Prisma trifft, das Newton in den Strahlengang hält. Das Prisma spaltet das weiße Sonnenlicht in alle Farben des Regenbogens auf. Newton hatte gezeigt, dass sich weißes Licht aus einem farbigen Spektrum zusammensetzt. Das Spektrum der Farben erschien kontinuierlich. Das Violette ging langsam ins Blau über, dieses wurde grünlich, dann gelb und schließlich erhielt man ein sattes Rot. Erst im Jahr 1802 bemerkte der englische Chemiker William Hyde Wollaston, dass die Farben im Spektrum der Sonne nicht völlig kontinuierlich ineinander übergingen. Hin und wieder gab es eine Lücke, eine kleine Linien, bei der das Spektrum schwarz blieb, so als sende die Sonne bei dieser Wellenlänge kein Licht aus. Im Jahr 1814 machte der deutsche Optiker Joseph von Fraunhofer unabhängig von Wollaston dieselbe Entdeckung. Er stellte fest, dass die Linien nur bei bestimmten Wellenlängen auftraten. Insgesamt vermaß er über 500 solcher Spektrallinien und nutzte ihre exakte Lage, um die optische Qualität von Gläsern zu bestimmen. Da Fraunhofer diese Linien ausführlich untersuchte und publik machte, werden sie heute ihm zu Ehren als Fraunhoferlinien bezeichnet. Allerdings konnte Fraunhofer noch keine Erklärung dafür liefern, was diese Linien verursachte. Einen Hinweis darauf, fanden der deutsche Physiker Gustav Robert Kirchhoff und der Chemiker Robert Wilhelm Bunsen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie stellten fest, dass

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chemische Elemente, wenn sie erhitzt werden, kein kontinuierliches Spektrum ausstrahlen, sondern Licht nur bei bestimmten Wellenlängen abgeben; sie erzeugen ein Linienspektrum. Diese Wellenlängen sind für jedes Element charakteristisch. Sie sind quasi ein Fingerabdruck, mit dem man ein Element identifizieren kann. Es stellte sich heraus, dass diese Linienspektren teilweise auch im Sonnenspektrum gefunden werden konnten, hier allerdings als fehlende Linie. Kirchhoff und Bunsen stellten die Theorie auf, dass die Linie im Sonnenspektrum fehlte, weil sich das Element in der äußeren Hülle der Sonne befand. Licht, das im Kern der Sonne erzeugt wurde, musste auf seinem Weg zur Erde durch die äußere Atmosphäre der Sonne, wo es auf bestimmte Elemente traf. Diese absorbierten das Licht in den Wellenlängen, in denen sie Licht abstrahlten, wenn sie selber erhitzt wurde, mit der Folge, dass diese Wellenlänge im Sonnenspektrum fehlte (siehe Abbildung 1). Anhand der Fraunhoferlinien sollte man also erkennen können, welche Elemente es in der Sonne gab.

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Diese Linien hielten sogar eine Überraschung bereit: Im August des Jahres 1868 entdeckte der französische Astronom Jules

Janssen im Spektrum der Sonne eine Linie bei (also im gelben Bereich), die er keinem bekannten Element zuordnen konnte. Er stellte deshalb die Behauptung auf, dass diese Linie zu einem neuen Element gehören musste, welches man auf der Erde noch nicht entdeckt hatte. Der englische Astronom Sir Joseph Norman Lockyer bestätigte die Existenz dieser Linie Ende des Jahres 1868 und schloss sich auch Janssens Interpretation an, dass diese Linie zu einem unbekannten Element gehören musste. Von ihm stammt der Vorschlag, dieses Element nach dem griechischen Wort für Sonne zu benennen – und als Helium ist es auch heute noch bekannt. Erst 1895 gelang es dem britischen Chemiker William Ramsay, dieses Element (ein Gas) auch auf der Erde nachzuweisen. Die Theorie, dass jedem Element eindeutig eine Gruppe von Spektrallinien zugeordnet ist, und diese umgekehrt ein Element auch eindeutig identifizieren, hatte ihre Nagelprobe bestanden. Heute nutzt man die Spektrallinien nicht nur, um Elemente in einer unbekannten Verbindung zu identifizieren, sondern auch, um die Entfernung von Sternen zu bestimmen. Aufgrund der immer noch stattfindenden Ausdehnung des Universums entfernen sich weiter entfernte Sterne und Galaxien schneller von uns als näher gelegene. Man kann also über die Geschwindigkeit, mit der sie sich entfernen, auf ihre Entfernung schließen. Die Geschwindigkeit wiederum erhält man aus dem Spektrum des Sterns. Wie die Signale, die jeder sich bewegende Körper aussendet, so unterliegt auch das Licht der Sterne einer Art Dopplereffekt. Die Wellenlängen werden größer, wenn sich die Sterne entfernen, und die Verschiebung ist umso größer, je schneller sie sich entfernen. Man nennt diese Verschiebung auch Rotverschiebung, da die Wellenlängen länger werden, also sich zum Bereich des roten Lichts verschieben. Da diese Verschiebung jedoch nichts an der relativen Position der Spektrallinien eines Elements zueinander ändert, muss man das Spektrum nur nach den charakteristischen Linien der

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häufigen Elemente absuchen und die Rotverschiebung bestimmen. Dann kann man die Geschwindigkeit der Sterne ermitteln und daraus ihre Entfernung zu unserem Sonnensystem. Das häufigste Element in unserem Universum ist der Wasserstoff. In unserem Sonnensystem, so wird geschätzt, stellt der Wasserstoff 75% der Masse aller sichtbaren Materie, im gesamten Universum könnte es noch mehr sein. Der Wasserstoff hat mehrere charakteristische Spektrallinien. Die Tabelle 1 listet einige von ihnen auf. Sie werden mit dem chemischen Symbol des Wasserstoffs (H) und einem griechischen Buchstaben gekennzeichnet. Es fällt auf, dass die Linien zu kleineren Wellenlängen hin immer näher zusammen liegen.

Der Schweizer Mathematiker Johann Jakob Balmer konnte 1885 eine kleine Formel angeben, mit denen man diese Wellenlängen des Wasserstoffs berechnen konnte. Die Formel für die Balmer-Serie lautet:

Wobei der Wert der Konstante bei liegt und

die Zahl eine natürliche Zahl ist. Balmer konnte diese Formel nicht physikalisch herleiten. Er hatte einfach nur bemerkt, dass diese Wellenlänge durch eine einfach zu merkende Formel ausgedrückt werden können.

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Im Jahr 1890 erweiterte der schwedische Physiker Johannes

Rydberg diese Formel. Für die Frequenzen der Spektrallinien gilt demnach:

Die Frequenzen und Wellenlängen kann man nach

ineinander umrechnen, wobei die Lichtgeschwindigkeit ist. Die

Rydberg-Konstante hat den Wert . Das bemerkenswerte an Rydbergs Formel war, dass bis dato nur

Spektrallinien für bekannt waren (die Variable ersetzt

die Variable in Balmers Formel). Rydberg sagte also mit seiner Formel weitere Spektrallinien des Wasserstoffs vorher. Und tatsächlich fand im Jahr 1906 der amerikanische Physiker Theodore Lyman eine neue Serie von Spektrallinien des Wasserstoffs, die mit Rydbergs Formel beschrieben werden

konnte, wenn man setzte. Sie wird nach ihrem Entdecker als Lyman-Serie bezeichnet. Nun hatte man also Ende des 19. Jahrhunderts eine kleine Formel, mit der alle Spektrallinien des Wasserstoffs berechnet werden konnten. Allerdings war die Formel rein empirisch hergeleitet worden, Balmer hatte so lange mit den Zahlen gespielt, bis sich seine kleine Formel ergeben hatte. Doch warum die Spektrallinien des Wasserstoffs gerade dieser Gesetzmäßigkeit folgten, wieso es keine Spektrallinien gab, die ganz woanders lagen, konnte weder Balmer noch irgendein anderer Physiker erklären. Es war ja noch nicht einmal klar, wieso bestimmte Elemente nur Licht bestimmter Wellenlängen aussandten – und das so eindeutig, dass man diese Wellenlängen sogar dafür benutzen konnte, die Elemente zu identifizieren. Es

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war eine dieser „unbedeutenden Lücken“, die noch geschlossen werden sollten.

2.2. Der photoelektrische Effekt

Ein weiteres Phänomen, welches die klassische Physik nicht erklären konnte, war der sogenannte photoelektrische Effekt. Bei diesem Effekt beobachtet man, dass Elektronen durch Licht aus einem Leiter herausgelöst werden (am bekanntesten sind die Metalle, doch man kann dies auch an Halbleitern beobachten). Der photoelektrische Effekt geht zurück auf eine Beobachtung, die der französische Physiker Alexandre Edmond Becquerel im Jahr 1839 gemacht hat. Bei dieser als Becquerel-Effekt bekannten Beobachtung taucht man zwei gleichartige Elektroden in einen Elektrolyten (eine elektrisch leitende Flüssigkeit). Bestrahlt man dann eine der beiden Elektroden mit Licht von kurzer Wellenlänge (blau oder violett), dann baut sich zwischen diesen beiden Elektroden eine Spannung auf (siehe Abbildung 2).

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Der deutsche Physiker Wilhelm Hallwachs konnte ab 1887 in mehreren Experimenten zeigen, dass sich eine Metallplatte durch Bestrahlung von Licht elektrisch aufladen ließ. Irgendwie musste das Licht zu einem Ladungsungleichgewicht im Metall führen, was auch den Becquerel-Effekt erklären würde: Zwischen zwei unterschiedlich geladenen Elektroden baut sich zwangsläufig eine elektrische Spannung auf. Da Hallwachs der erste Wissenschaftler war, der diesen Effekt genauer untersuchte, wurde er auch lange als Hallwachs-Effekt bezeichnet. Im Jahr 1899 fing der deutsche Physiker Philipp Lenard die vom mit Licht bestrahlten Metall ausgehende Strahlung in einem Magnetfeld ein und lenkte sie mit ihm ab. Anhand der Ablenkung der Teilchen im Magnetfeld konnte er nachweisen, dass es sich bei den Teilchen, die vom Licht aus dem Metall ausgeschlagen wurden, um Elektronen handeln musste. Doch noch viel wichtiger war ein anderer Zusammenhang, den Lenard feststellte: So gab es für jedes Metall eine bestimmte Mindestfrequenz, die das Licht haben musste, damit sich dieser Effekt überhaupt zeigte. Dies kann man zum Beispiel mit der Gegenfeldmethode zeigen (siehe Abbildung 3). Bei dieser Methode bringt man eine Photoelektrode und eine Auffangelektrode ins Vakuum. Die Photoelektrode wird dann mit Licht einer bestimmten Wellenlänge bestrahlt und sendet Elektronen aus, die Auffangelektrode sammelt diese Elektronen auf. Die Photoelektrode wird dadurch positiv geladen, die Auffangelektrode wird negativ geladen, es baut sich eine Spannung zwischen den beiden Elektroden auf. Der Aufbau befindet sich im Vakuum, damit die Elektronen auch wirklich die Auffangelektrode erreichen und nicht von den Molekülen der Luft verschluckt werden.

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Nun kann man die Frequenzen bzw. Wellenlängen einer Lichtquelle nicht beliebig durchstimmen. Zumeist hat man eine Reihe von Lichtquellen unterschiedlicher Wellenlänge, die Wellenlänge, ab der keine Elektronen mehr aus dem Metall ausgeschlagen werden, liegt jedoch zumeist irgendwo zwischen den Wellenlängen, mit denen man das Metall bestrahlen kann. Deshalb besitzt der Versuchsaufbau auch noch eine Spannungsquelle, mit der eine Gegenspannung (ein Gegenfeld) an die Elektroden angelegt werden kann. Trifft nun Licht mit einer bestimmten Wellenlänge auf das Metall, dann erhalten die Elektronen eine bestimmte kinetische Energie, mit der sie zur Auffangelektrode fliegen. Nun dreht man die Gegenspannung langsam hoch, bis keine Elektroden mehr an der Auffangelektrode ankommen. In diesem Fall ist die kinetische Energie der Elektroden gegeben durch:

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wobei die Spannung zwischen den Elektroden ist und die elektrische Ladung. Nun misst man die kinetische Energie (bzw. die Gegenspannung) für verschiedene Frequenzen und erhält ein Ergebnis, wie es Abbildung 4 darstellt. Die kinetische Energie liegt typischerweise im Bereich von einigen Elektronenvolt. Ein Elektronenvolt ist die Energiemenge, um welche die kinetische Energie eines Elektrons zunimmt, wenn es eine Beschleunigungsspannung von einem Volt durchläuft. In der Einheit Joule hat man:

Offensichtlich ergibt sich ein linearer Zusammenhang zwischen der Frequenz des Lichts und der kinetischen Energie, die die Elektronen erhalten. Extrapoliert man diesen Verlauf zur x-Achse, dann kann man die Frequenz ablesen, die das Licht mindestens haben muss, um Elektronen aus dem Metall herausschlagen zu können. Wie schon gesagt, ist diese Grenzfrequenz für jedes Metall unterschiedlich und kann im roten bis violetten Bereich liegen.

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Soweit die Messungen, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bekannt waren. Doch wie interpretiert man sie? Licht, so hatte man allgemein akzeptiert, war eine Welle. Anders konnte man die Interferenzmuster, die das Licht zeigte, nicht erklären. Eine Welle ist nichts anderes als eine Schwingung, die sich kontinuierlich im Raum ausbreitet. Eine Welle kann Energie übertragen, so wie eine Wasserwelle gegen einen Strand schlägt und Sand vom Strand mitnimmt. Dann kommt der nächste Wellenberg, und noch ein Wellenberg, und jeder weitere Wellenberg (den wir kurz als Welle bezeichnen) trägt weiter Sand ab. Eine Welle überträgt Energie kontinuierlich, so wie auch eine Flamme ihre Energie nach und nach abgibt und damit einen Topf voll Wasser langsam erhitzt. Nun trifft eine Lichtwelle auf eine Metalloberfläche. In einer Sekunde überträgt die Lichtwelle eine bestimmte Energie. Nun kann es sein, dass diese Energiemenge noch nicht ausreicht, damit ein Elektron die Anziehung des Metalls überwinden kann. Wir bestrahlen die Metallfläche also weiter, eine zweite Sekunde, eine dritte, vielleicht auch eine Minute oder eine ganze Stunde. Irgendwann sollte die Lichtwelle aber so viel Energie übertragen haben, dass die Elektronen die Anziehung des Metalls überwinden können und der photoelektrische Effekt auftritt. Und wenn uns das Ganze zu lange dauert, dann erhöhen wir eben die Intensität des Lichts und beschleunigen den Vorgang. Doch dies beobachtet man nicht. Wenn man ein Metall mit Licht bestrahlt, dessen Frequenz oberhalb der Grenzfrequenz liegt, dann tritt dieser Effekt praktisch sofort auf. Wenn man das Metall jedoch mit Licht bestrahlt, welches unterhalb der Grenzfrequenz liegt, dann kann man es auch tagelang bestrahlen – der photoelektrische Effekt wird nicht beobachtet. Er ist allein von der Frequenz des Lichts abhängig, nicht jedoch von der Intensität des Lichts bzw. von der Dauer der Bestrahlung. Dieses experimentelle Ergebnis ist mit der Wellentheorie des Lichts nicht zu erklären, im Gegenteil, es widerspricht ihr völlig. Wie kann man also den photoelektrischen Effekt erklären?

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2.3. Das Atommodell

Da wir gerade davon gesprochen haben, dass Elektronen durch Licht aus dem Metall entfernt werden – wie sind Elektronen überhaupt im Metall eingebaut? Die Wissenschaft hatte sich mit der Existenz von Atomen noch nicht richtig angefreundet, der Hypothese, dass alle Materie aus kleinen Bausteinen bestehen sollte, da hatte der britische Physiker Joseph John Thomson 1897 das Elektron nachgewiesen, ein sehr kleines, negativ geladenes Teilchen, welches irgendwie auch Bestandteil unserer Materie sein musste. Nun wusste man ja, dass die Atome elektrisch neutral sind. Wenn negative Teilchen ein Bestandteil der Materie waren, dann musste es auch positiv geladene Teilchen geben, deren Ladung die Ladung der Elektronen neutralisierte. Körper mit gleicher Ladung haben aber die Eigenschaft, dass sie sich abstoßen. Es war also nicht möglich, dass die positiven Ladungen und die negativen Ladungen jeweils an einem Ort konzentriert waren, denn dann würden die positiven Ladungen wie auch die negativen Ladungen sofort auseinander streben; eine solche Anordnung konnte nicht stabil sein. Thomson schlug deshalb ein Atommodell vor, bei dem negative und positive Ladungen miteinander vermischt waren. Das Atom sollte einem Rosinenkuchen (englisch Plumpudding) ähneln, in dem der Teig die positive Ladung und die Rosinen die negative Ladung darstellte. In der Summe würden sich die Ladungen neutralisieren, das Atom wäre also wie beobachtet neutral. Außerdem würde die Nähe der unterschiedlich geladenen Teilchen zueinander, so hoffte Thomson, dafür sorgen, dass die gleichartig geladenen Teilchen sich nicht abstoßen und das Atom auseinanderstrebt. Es dauerte nur ein paar Jahre, bis ein paar Forscher aus Manchester um den Physiker Ernest Rutherford ein Experiment durchführten, das mit diesem Thomson Rosinenkuchen-Modell nicht erklärt werden konnte.

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Rutherford war durch seine Versuche zur radioaktiven Strahlung berühmt geworden. Die Strahlung selber war 1896 von Antoine Henri Becquerel entdeckt worden, als er bemerkte, dass Uransalze eine fotografische Platte belichten konnten. Rutherford untersuchte diese Strahlung genauer und bemerkte durch Experimente mit dem Magnetfeld, dass radioaktive Strahlung aus positiv und negativ geladenen Teilchen besteht. Die positiv geladenen Teilchen nannte er Alphastrahlen, die negativ geladenen Teilchen Betastrahlen. Im Jahr 1900 entdeckte der französische Physiker Paul Villard eine dritte Strahlungsart in der radioaktiven Strahlung, die nicht durch ein Magnetfeld abgelenkt wurde. Diese wurde von Rutherford als Gammastrahlung bezeichnet. Es stellte sich heraus, dass es sich bei der Gammastrahlung um elektromagnetische Wellen sehr kleiner Wellenlänge handelte. Betastrahlen sind nichts anderes als Elektronen, während Alphastrahlen vollständig ionisierte Helium-Atome sind, d.h. es handelt sich um Helium-Atome, denen die beiden Elektronen entfernt wurden, so dass nur der positive Anteil des Atoms zurückblieb. Für seine Arbeiten zur radioaktiven Strahlung wurde Rutherford im Jahr 1908 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Seine Arbeiten, für die er heute vor allem bei Physikern bekannt ist, begannen jedoch erst im Jahr 1909. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Hans Geiger (der den berühmten Geiger-Zähler zum Nachweis radioaktiver Strahlung erfand) und Ernest Marsden ersann er ein Experiment, um den Aufbau der Materie genauer zu untersuchen. Der Aufbau des Experiments war recht einfach: Ein radioaktives Element wurde in einen Bleiblock gelegt, der nur eine kleine Öffnung an einer Seite aufwies. So war sicher gestellt, dass die radioaktive Strahlung nur in einem kleinen Strahl auf eine dünne Goldfolie gelenkt wurde. Man nahm Gold, weil man Gold ohne großen Aufwand in hauchdünnen Folien herstellen konnte. Im

konkreten Fall besaßen die Folien eine Dicke von . Die austretenden Alpha-, Beta- und Gammastrahlen wurden durch ein elektrisches Feld getrennt, und man sorgte dafür, dass

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nur die positiven Alphastrahlen auf die Goldfolie trafen (siehe Abbildung 5). Eigentlich erwartete man, dass die hochenergetischen Alphastrahlen im Wesentlichen die Goldfolie durchstoßen würden, da man sich den Atomkern nach Thomsons Rosinenkuchenmodell als recht weiche Masse vorstellte.

Auch wenn das Ergebnis eines Experiments von vorneherein klar zu sein scheint, so lohnt es sich doch, dieses durchzuführen. Denn manchmal erlebt man eine Überraschung, wie auch in diesem Fall: Einige der Alpha-Teilchen wurden an der Goldfolie abgelenkt, mache gar zurückgestreut. Man hatte, wie gesagt, erwartet, dass alle Teilchen durch den „Rosinenteig“ gehen, der nach Thomsons Vorschlag die Atome ausmachte. Wurde er zu dicht, dann konnte man noch verstehen, dass alle Teilchen von der Goldfolie eingefangen wurden, und diese nicht durchschießen konnte, so wie auch eine Kugel in einer Wand stecken bleibt. Doch warum wurden einige Alphateilchen (etwa jedes Hunderttausendste) abgelenkt, gar völlig zurückgestreut? Dies konnte nur bedeuten, dass der Aufbau eines Atoms eben nicht völlig gleichmäßig war, wie Thomson dies noch in seinem „Rosinenteig“-Modell beschrieben hatte. Im Gegenteil, es musste einen harten Kern geben, an dem die Alphateilchen gestreut

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wurden, während sie in anderen Bereichen des Atoms weitestgehend ungehindert durchfliegen konnten.

Ein Atom selber hat einen Durchmesser von etwa , also einem Zehntel eines Milliardstel Meters. Rutherford konnte aus seinen Messdaten abschätzen, dass der harte Kern des Atoms nur einen Durchmesser von einigen wenigen Femtometern

haben konnte (ein Femtometer ( ist ein Millionstel

Nanometer, also ). Das Atom bestand also weitgehend aus Nichts. Der harte Kern, an dem die positiven Alphateilchen gestreut wurden, musste zudem positiv geladen sein, damit sich die beobachtete Verteilung der Streuung ergab. Rutherford nahm deshalb in seinem 1911 veröffentlichten Atommodell an, dass die Elektronen um einen positiven geladenen Kern kreisten wie die Planeten um die Sonne (siehe Abbildung 6).

Mit diesem Modell konnte Rutherford zwar das Ergebnis seines Experiments erklären, allerdings wäre ein derart aufgebautes Atom gar nicht stabil. Denn eine beschleunigte Ladung (und das Elektron befindet sich ja auf einer Kreisbahn um den Kern)

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erzeugt ein Magnetfeld, welches wieder ein elektrisches Feld erzeugt. Kurz: Man erhält eine elektromagnetische Welle, die vom Elektron abstrahlt. Doch jede Welle transportiert Energie. Das Elektron in Rutherfords Atommodell muss also Energie verlieren. Zugleich wird es vom positiven Kern angezogen. Je mehr Energie es verliert, desto näher kommt es dem Kern, bis es schließlich ganz in den Kern fällt. Wäre Rutherfords Atommodell korrekt, dann wären die Atome instabil, und die Materie würde sich in Sekundenbruchteilen auflösen. Die Messungen zeigen allerdings, dass die positive Ladung im Kern konzentriert ist, die Elektronen sich also irgendwie im riesigen Bereich um den Kern aufhalten müssen. Wie, also, sieht das Atom aus?

2.4. Schwarzkörperstrahlung

Eine Antwort auf die bisher beschriebenen Fragen zeichnete sich erst ab, als sich Max Planck mit der Schwarzkörperstrahlung befasste, einem weiteren Problem der klassischen Physik, dass noch gelöst werden musste. Ein Schwarzer Körper ist eine idealisierte thermische Strahlungsquelle, d.h. eine Strahlungsquelle, die Strahlung aufgrund ihrer Temperatur abgibt, so wie glühendes Eisen aufgrund der Temperatur strahlt. Um die grundlegende Physik zu verstehen, will man eine ideale Strahlungsquelle betrachten, so wie man auch beim Aufstellen der Bewegungsgesetze („ein Körper behält eine gleichförmige Bewegung bei“) von einer idealisierten Bewegung ohne Reibung ausgegangen ist. Damit ein Schwarzer Körper nur Wärmestrahlung abgibt, darf er Licht, welches er aus der Umgebung erhalten hat, nicht reflektieren. Er muss also alle elektromagnetische Strahlung komplett absorbieren. Da die schwarze Farbe dadurch entsteht, dass kein Licht reflektiert wird, bezeichnet man einen solchen idealen Strahler auch als Schwarzen Körper.

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Allerdings erfüllt eine schwarz gestrichene Fläche nicht die Anforderungen an einen Schwarzen Körper, da diese Fläche im sichtbaren Bereich zwar praktisch alles Licht absorbiert, doch bei anderen Wellenlängen zumeist gar nicht „schwarz“ ist. Man kann einen nahezu perfekten Schwarzen Strahler jedoch durch einen Hohlraum realisieren. Ein Raum mit nicht-transparenten Wänden lässt keine Strahlung hinein, womit sich die Frage gar nicht erst stellt, ob er elektromagnetische Wellen absorbiert. Ein kleines Loch in einer der Wände des Hohlraums erlaubt es nun, die Wärmestrahlung, die der Hohlraum bei einer gegebenen Temperatur erzeugt, von außen zu beobachten. Die Hohlraumstrahlung ist allein von der Temperatur des Hohlraums abhängig, jedoch nicht von seiner Beschaffenheit. Man interessiert sich beim Schwarzkörper für die spektrale

Energiedichte . Die spektrale Energiedichte ist die

Strahlungsenergie pro Volumen und Frequenzintervall .

Die Größe ist also die Strahlungsenergie pro Volumen

im Frequenzbereich zwischen und . Die spektrale Energiedichte hat den in Abbildung 7 dargestellten typischen Verlauf, mit einem charakteristischen Maximum, das sich bei höheren Temperaturen zu kleineren Wellenlängen hin verschiebt. Um die spektrale Energiedichte zu bestimmen, kann man die

Modendichte im Intervall zwischen und bestimmen. Eine Mode ist hierbei eine mögliche Schwingung des Lichts im Hohlkörper. Diese Modendichte multipliziert man mit der Energie und teilt dies durch das Volumen des Hohlkörpers. Wir wollen nun die spektrale Energiedichte für den eindimensionalen Fall herleiten. Dazu betrachten wir ein langes

Rohr mit der Länge und der Breite , wobei die Länge viel größer als die Wellenlänge ist, die Breite hingegen viel kleiner (damit die Wellen sich wirklich nur in eine Richtung ausbreiten können).

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An den Wänden des Rohrs muss die Welle einen Nulldurchgang haben, sie kann nur innerhalb des Rohrs schwingen. Die erste Welle, die dies erfüllt, ist eine Welle mit der Wellenlänge

. Die Welle mit der nächst kleineren Wellenlänge hat die

Wellenlänge , dann haben wir (siehe Abbildung

8).

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Generell lassen sich die Wellenlängen, die sich im Hohlkörper ausbreiten können, mit der Formel:

beschreiben, wobei die Variable alle natürlichen Zahlen annehmen kann. Für die Frequenz der i-ten Mode ergibt sich:

Der Frequenzabstand zweier Moden ist konstant:

Die Zahl der Moden , die der Hohlkörper bis zu einer

maximalen Frequenz enthält, ergibt sich, wenn man die maximale Frequenz durch den Abstand der Moden dividiert, d.h. man hat:

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Die spektrale Modendichte , d.h. die Anzahl der Moden im

Frequenzbereich zwischen und , erhält man, wenn man die Zahl der Moden durch das „Volumen“ der Moden, d.h. die Frequenz dividiert:

Die spektrale Energiedichte ist die Modendichte mal der Energie einer Mode dividiert durch das Volumen. Das Volumen ist hier einfach die Länge des Hohlkörpers, d.h. man hat:

Die Energie einer Mode ergibt sich aus ihren Freiheitsgraden, wie man aus der Thermodynamik weiß. Pro Freiheitsgrad gilt:

wobei die Boltzmann-Konstante ist. Hier gibt es nur einen räumlichen Freiheitsgrad (da wir ja den eindimensionalen Fall betrachten). Eine Lichtwelle kann aber in zwei Polarisationsebenen schwingen, d.h. man hat für die Lichtwelle:

Damit ergibt sich für die spektrale Energiedichte:

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Wie schon vermutet, hängt die spektrale Energiedichte nicht von den Ausmaßen des Hohlraums ab, sondern nur von der Temperatur und einigen Naturkonstante. Für den dreidimensionalen Raum ergibt sich eine spektrale Energiedichte von:

Dieses Gesetzt wurde Ende des 19. Jahrhunderts von den britischen Physikern John William Strutt (3. Baron Rayleigh) und James Jeans hergeleitet und wird als Rayleigh-Jeans-Gesetz bezeichnet. Wie auch beobachtet, so steigt die spektrale Energiedichte mit der Temperatur. Allerdings gibt es ein Problem: Je größer die Frequenz wird (also je kleiner die Wellenlänge), desto größer wird die spektrale Energiedichte. Für kleine Frequenzen würde die Energiedichte gegen unendlich streben, während man jedoch beobachtet, dass die Energiedichte nach einem Maximum wieder gegen Null strebt (siehe Abbildung 9). Eine unendliche große Energie, die man allein durch das Erwärmen eines Körpers erhält, wäre auch physikalisch nicht sinnvoll. Dieses Ergebnis des Rayleigh-Jeans-Gesetz wurde als „Ultraviolett-Katastrophe“ bezeichnet. Für kleine Frequenzen beschreibt das Gesetz das Verhalten eines Schwarzen Körpers zwar korrekt, bei großen Frequenzen versagt es jedoch völlig.

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Der deutsche Physiker Wilhelm Wien hatte schon 1896 empirisch einen Zusammenhang zwischen der spektralen Energiedichte und der Frequenz gefunden. Das Wiensche Strahlungsgesetz lautete:

wobei A und B empirisch ermittelte Konstanten sind ist, auf die wir später genauer eingehen werden. Dieses Gesetz hatte den

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Vorteil, dass es korrekt das Maximum beschrieb, allerdings versagt diese Formel nun bei kleinen Frequenzen bzw. großen Wellenlängen (siehe Abbildung 10).

Die Temperaturabhängigkeit des Maximums konnte Wien mit seinem Verschiebungsgesetz allerdings korrekt beschreiben:

( ist die Einheit der Temperatur Kelvin).

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Es blieb aber das Problem, dass eine physikalische korrekte Herleitung der Strahlungsformel, wie Rayleigh und Jeans sie vorgenommen hatten, zu dem physikalisch unsinnigen Ergebnis führte, dass die spektrale Energiedichte bei kleinen Wellenlängen unendlich groß werden musste. Wien konnte den Verlauf mit seiner Formel zwar besser beschreiben, allerdings war auch seine Formel nicht völlig korrekt – und er konnte auch keinen physikalischen Grund angeben, wieso diese Formel die Realität besser beschrieb als die Rayleigh-Jeans-Formel. Die Schwarzkörperstrahlung blieb ein Rätsel. Irgendetwas schien in der klassischen Physik zu fehlen, so dass es nicht möglich war, eine korrekte Formel für die Strahlung eines Schwarzen Körpers anzugeben.

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3. Quantisierte Energie

3.1. Die Plancksche Formel

Ende des 19. Jahrhunderts machte sich Max Planck daran, die Formel für die Schwarzkörperstrahlung herzuleiten. Er hatte sich Zeit seines Physikerlebens mit der Thermodynamik und insbesondere der Entropie beschäftigt, die der Österreicher Ludwig Boltzmann rein statistisch erklärt hatte, mit der Annahme, dass unsere Materie aus kleinsten Teilchen, den Atomen, bestehe. Vielleicht war diese Information, dass die Welt nicht aus kontinuierlicher Materie bestehe, sondern aus einzelnen Teilchen mit wohldefinierter Größe, in Plancks Hinterkopf, als er sich daran machte, die Formel für die Strahlung des Schwarzen Körpers herzuleiten. Jedenfalls traf er eine Annahme: Die Energie kann nicht jeden beliebigen Wert annehmen, sondern nur bestimmte, diskrete Werte. Und zwar gilt für die Energie, dass sie nur Vielfache einer Grundenergie:

sein kann (die Energie kann also nur die Werte

annehmen, wobei eine natürliche Zahl ist). Hier ist eine Konstante, die man später als Plancksches Wirkungsquantum bezeichnete (Wirkung, da sie die Einheit Energie mal Zeit hat). Sie hat den Wert:

Die verschiedenen Energieniveaus , , und so weiter werden mit einer Wahrscheinlichkeit besetzt, die man aus der

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Thermodynamik kennt, der sogenannten Besetzungswahrscheinlichkeit nach Boltzmann. Danach gilt für die Besetzung des n-ten Energieniveaus:

Die Zahl ist die Gesamtzahl aller Schwingungsmoden. Die Gesamtenergie aller Moden ergibt sich, indem man die einzelnen Energien mit ihrer Besetzungswahrscheinlichkeit multipliziert und dies dann aufsummiert:

Also

Die Gesamtzahl der Moden ist einfach die Summe aus den Besetzungswahrscheinlichkeiten, also:

Die mittlere Energie einer Mode ist gleich der Gesamtenergie geteilt durch die Zahl der Moden, also:

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Setzen wir der Übersichtlichkeit halber , dann haben wir:

Für den Nenner gilt:

da es sich bei dieser Summe um die geometrische Reihe handelt,

und die Exponentialfunktion (d.h. unser ) immer kleiner als 1 ist. Der Grenzwert des Zählers ist etwas komplizierter zu berechnen. Betrachten wir stattdessen den Grenzwert der Funktion

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Die Summe ist wieder die geometrische Reihe, d.h. wir haben:

oder:

Damit ergibt sich für die Summe:

Nun können wir die mittlere Energie berechnen:

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bzw.

Wenn wir das wieder durch die Exponentialfunktion ersetzen, erhalten wir:

Nun betrachten wir wieder die spektrale Energiedichte in einer Dimension. Wir hatten damals:

Die Energie im klassischen Fall war . In unserem Fall ist der Ausdruck komplizierter, und wir erhalten für die spektrale Energiedichte:

Bzw. im dreidimensionalen Fall:

Dies ist das Plancksche Strahlungsgesetz, welches den Verlauf der Schwarzkörperstrahlung genau beschreibt.

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Für sehr kleine Frequenzen ( ) kann man die

Exponentialfunktion durch annähern und

erhält das Rayleigh-Jeans-Gesetz:

Für große Frequenzen hingegen ist , und man erhält das Wiensche Gesetz:

Wobei die ursprünglichen Variable und nun durch

physikalische Konstante ausgedrückt werden können ( ,

).

Planck war auf die Formel eher zufällig gekommen, als er versucht hat, die korrekte Formel für die Strahlung des Schwarzen Körpers herzuleiten. Er selber glaubte nicht wirklich daran, dass Licht nur bestimmte Energiewerte annehmen könnte. Doch Albert Einstein, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts Gedanken über den photoelektrischen Effekt machte, fand diese Idee recht interessant.

3.2. Photonen

Albert Einstein nahm einfach mal an, dass Licht wirklich nur konkrete Energiewerte annehmen kann, dass es also keine Welle ist, deren Energie sich über die Zeit mit der Intensität aufsummiert, sondern ein konkretes Teilchen mit einem genau definierten Energiewert. Einstein nannte dieses Teilchen noch

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Energiequant oder Lichtquant, die Bezeichnung Photon (nach dem griechischen Wort photos für Licht) setzte sich erst ab etwa 1920 durch. Nun nehmen wir einmal an, ein solches Teilchen mit der Energie

stoße auf ein Elektron. Für blaues Licht mit der

Wellenlänge von hat das Licht eine Energie von etwa

. Mit dieser Energie trifft das Licht auf ein Elektron. Da ein Lichtteilchen unteilbar ist, kann es diese Energie nur im Ganzen auf das Elektron übertragen. Die Frage ist nun, wie stark das Elektron an das Metall gebunden ist. Ist diese sogenannte Austrittsarbeit größer als die Energie des Photons, dann kann das Elektron die Anziehung des Metalls nicht überwinden; der photoelektrische Effekt tritt nicht auf. Strahlt man unser blaues Photon auf eine Kupfer-Platte, dann würde man keinen Effekt sehen, da die Austrittsarbeit des

Kupfers bei etwa liegt (dies entspricht einer Wellenlänge

von ). Bestrahlt man mit dem blauen Licht hingegen eine Cäsium-Platte, dann erhält das Elektron genug Energie, um die Anziehung des Metalls zu überwinden, da die Austrittsarbeit

des Cäsiums nur bei etwa liegt. Damit bleibt ein

Überschuss von , den das Elektron als kinetische Energie mitnimmt. Hätte man die Cäsium-Platte mit UV-Licht der

Energie bestrahlt, dann hätte das Elektron sogar eine

höhere kinetische Energie von erhalten. Einsteins Theorie, dass Licht in Energiequanten auftritt, erklärt also die beim photoelektrischen Effekt gemachte Beobachtung, dass der Effekt unabhängig von der Intensität ist (denn die Energie wird ja nicht kontinuierlich übertragen), und dass es eine bestimmte Mindestfrequenz (d.h. Mindestenergie) bedarf, damit der Effekt auftritt. Allerdings war man mit Einsteins 1905 veröffentlichter Arbeit zum photoelektrischen Effekt nicht ganz glücklich; denn es stand außer Zweifel, dass Licht aus Wellen bestehen musste. Anders konnte man nicht erklären, wieso Licht Interferenzen zeigte. Nun argumentierte Einstein, dass Licht aus Teilchen bestehen musste, und eben keine Welle war; anders konnte man den

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photoelektrischen Effekt nicht erklären. Aber wie sollte man sich ein Ding vorstellen, dass zugleich Welle und Teilchen sein sollte? Im Jahr 1922 fand der amerikanische Physiker Arthur Compton einen weiteren Beweis dafür, dass Licht sich wie ein Teilchen verhält. Er untersuchte damals die Streuung von Röntgenstrahlen an Graphit. Die Theorie ging davon aus, dass die Röntgenstrahlen die Elektronen in Schwingungen versetzten, die dann nach einiger Zeit das Röntgenlicht wieder abgaben. Die einfallenden Röntgenstrahlen hatten eine bestimmte Frequenz, die Schwingung der Elektronen erfolgte bei derselben Frequenz, also musste auch die gestreuten Röntgenstrahlen dieselbe Frequenz haben wie die einfallende Röntgenstrahlung. Dies beobachtete Compton jedoch nicht. Stattdessen zeigten die gestreuten Röntgenstrahlen eine größere Wellenlänge als die einfallenden – und die Änderung der Wellenlänge war auch noch vom Streuwinkel abhängig. Mit der Annahme, dass Licht aus Wellen bestand, welche auf ein Teilchen trafen, konnte man diesen Compton-Effekt nicht erklären. Allerdings konnte Compton die Messung erklären, wenn er annahm, dass Licht aus Teilchen bestand, die auf andere Teilchen, die Elektronen, trafen. Dann handelte es sich nicht um die Anregung von Schwingungen, sondern um einen simplen elastischen Stoß, bei dem Energie und Impuls der Teilchen erhalten bleiben müssen.

Für die Energie eines Photons gilt . Den Impuls eines Photons erhalten wir, wenn wir Einsteins Energie-Masse-

Relation berücksichtigen, nach der gilt: . Damit haben wir:

Der Impuls ist definiert als Masse mal Geschwindigkeit, für ein Photon gilt damit:

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Nun betrachten wir einen Stoß, bei dem das Elektron ruht und das Photon auf das Elektron trifft (siehe Abbildung 11).

Die Masse des Elektrons sei . Für die Energieerhaltung gilt:

Der Index steht für das Elektron, der Index für das Photon. Die gestrichenen Variablen stehen für die Energien nach dem Zusammenstoß. Vor dem Zusammenstoß hat das Elektron die

Ruheenergie . Die Energie des Elektrons nach dem Zusammenstoß beträgt also:

Für die Impulserhaltung gilt:

Denn da wir das Elektron als ruhend angenommen hatten, besitzt es vor dem Zusammenstoß keinen Impuls. In der Relativitätstheorie gilt die Energie-Impuls-Beziehung:

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Nach dem Kosinussatz gilt für die Seite eines Dreiecks, die

dem Winkel gegenüberliegt:

In unserem Fall (siehe Abbildung 11) haben wir:

Nun setzen wir diesen Kosinussatz in die Energie-Impuls-Beziehung ein:

Die Energie des Elektrons nach dem Zusammenstoß haben wir aus dem Energieerhaltungssatz hergeleitet. Zudem setzen wir die Ruheenergie ein und erhalten:

Ausmultiplizieren der Klammern und Kürzen liefert:

Bzw.

Multipliziert man dies mit der Lichtgeschwindigkeit

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Dann erhält man für die Veränderung der Wellenlänge in Abhängigkeit vom Streuwinkel:

Dieser berechnete Wert passte gut zu den Messung Comptons. Der elastische Stoß eines Photons mit einem Elektron konnte den von Compton beobachteten Effekt erklären. Spätestens mit diesem Experiment waren die letzten Zweifel an der Behauptung ausgeräumt, dass Licht aus Quanten, aus Teilchen, bestehen musste. Aber man wusste auch, dass Licht aus Wellen bestehen musste. So eigenartig dies auch klingt, aber irgendwie musste beides zugleich richtig sein.