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Magazin der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
Zum Licht
Heft
3: F
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Leben in derFinsternisEine Reisein die Tiefsee
Lineale aus LichtWas nach demUrmeter kam
VerräterischesLeuchtenDem Krebs auf derSpur
�Mehr Rot als nurein TropfenýEin Interview zwischenPhysik und Kunst
Es war einmal ...Es wird einmalDie Lampenweltder Zukunft
SonnigeAussichtenSolarzellen �der Natur abgeschaut
ISSN 1618-1999
RedaktionPresse- und Öffentlichkeitsarbeit, PTBPostfach 3345, 38023 BraunschweigTelefon: (05 31) 592-30 06E-Mail: [email protected]: Jens Simon (jes, verantwortlich), Erika Schow (es),freie Autoren: Almut Bruschke-Reimer (abr), Birgit Ehlbeck,Julia Förster, Frank Frick, Nicole Geffert, Frank Grotelüschen,Ute Kehse (uk), Jan Oliver Löfken (jol), Dörte Saße (ds)Layout: Jörn-Uwe BarzGrafik: Björn Helge WysfeldBilder ohne Quellenangabe: PTB
DruckFischer Druck, Peine
Auszüge der �maßstäbe� im Internet unter www.ptb.de
© PTB. Alle Rechte vorbehalten.Bei Nachdruck bitte Quellen- und Autorenangabesowie Information an die Redaktion.Braunschweig, Februar 2003
Impressum
HerausgeberPhysikalisch-Technische BundesanstaltBraunschweig und Berlin
maßstäbe 1
Björn Helge Wysfeld
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
oh, lassen Sie mal sehen – Sie haben da was im Auge: Teilchen, ganz vieleTeilchen. Ihre Netzhaut wird soeben bombardiert – das ist gewiss, dennSie verfolgen mit Ihren Augen ja die hier aufgeschriebene Buchstaben-folge und das könnten Sie nicht, wenn Ihre Netzhaut unbehelligt wäre. Soaber durchdringen gerade aberwitzig viele Lichtteilchen, die vielleicht auseiner Glühlampe stammen und vom Papier reflektiert werden, ihren Aug-apfel und versetzen, am hintersten Ende der Netzhaut, Ihre Zäpfchen undStäbchen in helle Erregung. Diese Erregung pflanzt sich bis in Ihr Gehirnfort, wandelt sich zu einem Sinneseindruck und wird schließlich zu einemGedanken. Dieser Gedanke könnte sein: „Was soll mir das hier sagen?“oder „Verdammt dunkel hier!“ oder „Vorwortschreiber, komm’ zurSache!“.
In dieser maßstäbe-Ausgabe wollen wir das Phänomen Licht gewisserma-ßen durch unser journalistisches Prisma schicken und uns ein paar derausfallenden Strahlen und der entstehenden Reflexe anschauen. Natürlichist es unmöglich, alles über das Licht zu sagen, was sich sagen ließe, aberwir wollen doch versuchen, einen Bogen zu spannen, der die Größe desPhänomens zumindest andeutet.
Da es nie verkehrt sein kann, sich einem Gegenstand über die Frage zunähern, wie denn die Welt ohne diesen Gegenstand aussähe, beginnen wiralso beim Licht mit dessen Gegenteil: der Dunkelheit. Wir haben die-jenige genommen, die sich bereits nach einigen hundert Metern unter derMeeresoberfläche findet. In der Tiefe ist dabei einiges los – etwa Fische,die sich selbst Licht machen (eine Fähigkeit, die wir zweibeinigen Säuge-tiere gelegentlich auch gern hätten). Auf dem Meeresboden finden wirdann aber zugleich „technisches Licht“ – wenn auch in armdicke Kabeleingesperrtes. Indem wir auch diese Welt des Infraroten zu unseremThema machen, ignorieren wir die akademische Maßregelung, nach dernur derjenige Teil des elektromagnetischen Spektrums Licht genanntwerden dürfe, der für das menschliche Auge sichtbar ist (und etwazwischen 380 und 770 Nanometern Wellenlänge liegt). Wir schauen unsauch ein wenig links und rechts des sichtbaren Spektrums um. Um eineandere Sicht zu bekommen, setzen wir unsere physikalische Brille aneinigen Stellen sogar gänzlich ab: So fragen wir zum Wesen der Farben inder Welt der Kunst nach.
Aber neben all diesen kleinen Vorstößen auf „verbotenes Terrain“ (auchdie Physik kennt „verbotene Übergänge“) geht es selbstverständlich auchin diesen maßstäben sehr physikalisch zu. Licht ist schließlich eines dergrößten Phänomene in der Ideengeschichte der Physik und eines derwichtigsten technischen Handwerkszeuge schlechthin. Ohne Licht siehtman nicht nur nichts. Ohne Licht würde in unserer Welt auch nichtsfunktionieren.
Im Namen der gesamten Redaktion wünsche ich Ihnen eine erhellendeund unterhaltende Lektüre. Und denken Sie daran: Auch die Dunkelheitbreitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus.
Ihr JENS SIMON
Jörn-Uwe Barz
Jens Simon
Erika Schow
maßstäbe2
1
4
13
18
23
26
Vorwort
8
20
Inhaltsverzeichnis
17
Leben in der FinsternisEine Reise in die Tiefsee
Pulsadern derWeltgesellschaft
Unsichtbare Lichtblitze
Wärme sehenSchwarz wie die Nacht
oder strahlendes Objekt?
Kennen Sie schon die Zeit?Eine Frage, viele Antworten
VerräterischesLeuchtenDem Krebs auf derSpur
Licht aus,Spot onEin Star
tritt auf
„Mehr Rot als nur ein Tropfen“Ein Interview zwischen
Physik und Kunst
Lineale aus LichtWas nach dem Urmeter kam
maßstäbe 3
30
46
35
43
38
Das LetzteHöhlenwesen
50
40
56
54
Es blaut so blauBlaue Wunder
Unscheinbarer Zwerg derKlasse G2 Römisch FünfUnsere Sonne
Licht-MusterUltraviolette Strahlung
für Computerchips
Licht-BilderZwischen Hell und Dunkel
SonnigeAussichtenSolarzellen –der Natur ab-geschaut
Es war einmal ...Es wird einmalDie Lampenwelt derZukunft
Eine Paarbeziehunganderer ArtSpukhafte Fernwirkung
maßstäbe 3
Was ist Licht?
Kleine Chronologie des Lichts
zusammengestellt von: Jens Simon
Je größer ein Rätsel, umso zahlreicher die Lösungs-
vorschläge. So verstanden ist Licht ein wahrlich großes
Rätsel. Wie viele prinzipiell mögliche Antworten die Frage
„Was ist Licht?“ auch zulässt – die Physik hat sie im Laufe
ihrer Geschichte alle gegeben. Zunächst die Frage der Rich-
tung: Das Licht könnte vom Objekt kommend in das Auge des
Betrachters fallen. Oder es könnte, genau anders herum, vom
Auge ausgesendet sein. Beides wurde gedacht. Dann die Frage,
wie es den Weg zurücklegt: Es könnte wie ein Pfeil geradeaus
fliegen oder sich als ein Schwarm kleinster Teilchen, als Licht-
kügelchen, ausbreiten. Oder es könnte wie eine angeschlagene Sai-
te sein – ein Schwingen des Mediums zwischen Auge und Objekt.
Jedes dieser Modelle hatte seine Zeit.
Und ist das Rätsel Licht heute gelöst? Mitnichten! Die Physik
deutet es heute in der Art eines Sowohl-als-auch und hat da-
mit – ganz klassische Moderne – ein Paradoxon geschaffen.
Paradoxa lassen sich zwar nicht zu Ende denken, aber mit
großer Wahrscheinlichkeit kommt dieses Nicht-Denkbare
der Wirklichkeit am nächsten. Da dies so ist, lohnt es, die
Geschichte des Lichts kurz zu überschlagen, eine Ge-
schichte der unterschiedlichsten Modellvorstellun-
gen und Technologien.
→ Fortsetzung S. 5 bis S. 51
maßstäbe4
Ein Brodeln in der Finsternis11 000 Meter unter dem Meeres-spiegel lauert der Abgrund. KeinSonnenstrahl dringt bis in diesefinsteren Tiefen vor, der Druck istbis zu 1100 mal größer als an Land.An diesen Nahtstellen der Erdkrus-te spucken „Schwarze Raucher“(Black Smokers) ihren über300 Grad Celsius heißen Sud aus.Er entsteht, wenn Meerwasser durchErdspalten versickert und in dieNähe einer rund 1200 Grad Celsiusheißen Magmablase gelangt. Dorterwärmt es sich und belädt sich mitSchwefelwasserstoff, der für diemeisten Organismen giftig ist,außerdem mit Metallen und Wasser-stoff. Die Brühe steigt auf. BeimKontakt mit dem kalten Meerwasserfallen Mineralien – Sulfide – aus,die sich manchmal zu haushohenSchloten rund um einen „schwarzenRaucher“ ablagern. Außerdementhält der Sud große Mengen angelösten Schwefelverbindungen.Alles in allem eine Umgebung, dieunbewohnbar erscheint.Foto: OAR/National Undersea Research Program (NURP); NOAA
Lebenin derFinsternis
maßstäbe4
maßstäbe 5maßstäbe 5
Ein Leben mit SchwefelfressernErst 1979 entdeckten Forscher inden Tiefen nahe des Galapagos-Grabenbruchs eine reiche Lebens-gemeinschaft im Bereich der bro-delnden Erdspalten. Über zweiMeter lange Röhrenwürmer sowieMuscheln, Krabben und Aalmutternschöpfen aus den schwefelhaltigenheißen Quellen (Hot Vents) ihreLebenskraft. Dort lebt ihr „Futter“:Chemosynthese-Bakterien. Andersals die Lebewesen an der Sonne, diePhotosynthese betreiben können,erzeugen sie Energie mit Hilfe vonchemischen Reaktionen. Die Bak-terien oxidieren Schwefelwasser-stoff. Durch die freiwerdende Ener-gie wird Kohlendioxid aus demMeerwasser gebunden. Dabeientstehen organische Moleküle.Somit sind die Bakterien selbsternährend (autotroph); können alsoohne jede Zufuhr organischenMaterials überleben.
Der Röhrenwurm Riftia pachyp-tila unternimmt keinerlei Anstren-gungen, Nahrung aufzunehmen. Erbesitzt weder Mund noch Verdau-ungsorgane. Seine Nahrung be-zieht er ausschließlich durchSchwefel fressende Bakterien,die er in den Zellen seines Körpersbeherbergt. Riftia versorgt seine„Untermieter“ über Kiemen undKreislauf mit Sulfid und Sauer-stoff. Diese Rohstoffe benötigendie Bakterien für ihre Chemosyn-these. Im Gegenzug liefern sieihrem Wirt Nährstoffe wie Zuckerund Aminosäuren.
Auch die Muschelgattungen Cal-yptogena und Bathymodiolus lebenin einer Symbiose mit Schwefel oxi-dierenden Bakterien, die in ihrenKiemen hausen. Sauerstoff undKohlendioxid erhalten die Bakterienaus dem Wasser. Sulfide liefert ih-nen die Muschel, die mit einer ArtFuß im Sediment stöbert und dasaufgenommene Sulfid über ihrenKreislauf bis in die Kiemen trans-portiert.
Damit Gott sehen
konnte, was er tat, musste er na-
türlich Licht machen. Und so tat er es.
Anfang
„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die
Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tie-
fe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und
Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht! Und Gott
sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der
Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht.
Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.“ (1. Moses 1, 1-5)
4 000 000 000 v. Chr.
Noch besteht die Erdatmosphäre hauptsächlich aus Kohlendioxid.
Doch Cyanobakterien in den Ozeanen beginnen, das Sonnenlicht als
Energiequelle zu nutzen. Mit dieser irdischen Photosynthese kommt
nach und nach Sauerstoff in die Welt.
1 300 000 v. Chr.
Homo erectus beschert der Menschwerdung einen großen Tech-
nologieschub. Dank ihm braucht Fleisch nicht mehr nur roh
gegessen zu werden und aus den Höhlen verschwindet die
Dunkelheit. Homo erectus lernt, das Feuer zu beherrschen.
(Reste von Feuerstellen aus dieser Zeit wurden in Nord-
afrika entdeckt.)
5. Jh. v. Chr.
Anaxagoras von Klazomenai (ca. 500 bis
stellt die These auf, dass alle ...Foto: Geomar-Institut Kiel
Muscheln (Calyptogena spp.)
Röhrenwurm
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→ S. 7
428)
maßstäbe6Fotos: Harbor Branch Oceanographic
maßstäbe6
Ein Leuchten in der DunkelheitVom Grund des Ozeans geht eslangsam aufwärts in die mittlerenund oberen Regionen der Tiefsee.Auch hier in rund 1500 MeternTiefe gibt es keinen blassen Schim-mer von Sonnenlicht. Doch aus demDunkel tauchen vereinzelt leuchten-de Lebewesen auf: Fische, Quallen,Krebse und Oktopusse „knipsen“sich ihr eigenes Licht an.
Das Geheimnis des kaltenBiolichtsDas Phänomen heißt Bio-lumineszenz. Dabei wird das Pro-tein Luziferin oxidiert, als Katalysa-tor dient das Enzym Luziferase.Durch diese Reaktion wird Biolichtfreigesetzt, aber kaum Wärme ab-gegeben. Hier ist die Natur dermenschlichen Technik um Längenvoraus. Zum Vergleich: Glühbirnenkönnen nur fünf Prozent der zuge-führten Energie in Licht umsetzen.Der Rest geht als Wärme verloren.Biolumineszenz beruht auf derAktivität eigener Zellen (primäresLeuchten) oder gelingt mit Hilfevon eingelagerten Bakterien (sekun-däres Leuchten), die z. B. mit Fi-schen in Symbiose leben. Die Bak-terien sitzen zu Millionen in be-sonderen Drüsenzellen, den Photo-phoren. Dort werden sie über dasBlut mit Stärke und Sauerstoffversorgt. Zum Ausgleich leuchtensie ihrem Wirt.
„In dem unendlichen Dunkel hilftdas Biolicht, Beute anzulocken,Feinde zu täuschen und abzuwehrenoder einen Fortpflanzungspartner zufinden“, erklärt Thomas Soltwedelvom Alfred-Wegener-Institut fürPolar- und Meeresforschung, Bre-merhaven.
Licht als LockmittelAnglerfische besitzen Leuchtorga-ne, die wie eine Laterne vor ihremMaul baumeln. Jede Lichtquelleweckt die Neugier. Die argloseBeute nähert sich dem Glühen undwird prompt verspeist. Ein Riesen-maul mit Vampirzähnen macht einEntkommen unmöglich. AuchStaatsquallen nutzen Biolicht, umBeute zu machen. Dabei setzen dieWinzlinge auf Teamarbeit: Hundertekleiner Einzeltiere bilden bis zu40 Meter lange Lichterketten. Diegrößere Oberfläche sorgt für einenreichen Fang. Der KorallenfischPhotoblepharon beherbergt inseinen unter den Augen gelegenenLeuchtorganen Bakterien, dieununterbrochen leuchten. DurchBewegung seines Augenlids kannder Fisch den Lichtfluss nach außenregulieren. Eine Reflektor- und einePigmentschicht schließen das Augenach hinten ab. Seine Leuchtorganeerfüllen gleich mehrere Funktionen:Sie unterstützen wie ein Scheinwer-fer das Sehen des Fischs, lockenBeute an, wehren durch plötzlichesAufblinken Feinde ab und sendenSignale an Fortpflanzungspartneraus. Wissenschaftler vermuten, dasssich die Tiere an artspezifischenLichtmustern erkennen.
maßstäbe 7maßstäbe 7
Der Blitzlichtfisch dreht im Ernst-fall einfach das Licht ab. Die Zellenseines Leuchtorgans sitzen in halb-kugeligen Kammern, die mit Re-flektoren und Linsen ausgestattetsind und die Strahlung wie einenScheinwerfer bündeln. Sitzt ihm einFeind auf der Flosse, klappt derBlitzlichtfisch sein Leuchtorgan soab, dass kein Strahl mehr nachaußen fällt.
Licht zur TäuschungIn den oberen Regionen der Ozeane dämmert esbereits. In einer Tiefe von 200 Metern sieht manden ersten Strahl von Sonnenlicht. Dann trübtsich der Blick. Silberbeilfische, die in der Däm-merzone leben, täuschen ihre Feinde mitLeuchtorganen an Bauch und Seiten. Äußerstgeschickt ahmen sie das diffuse Restlicht nach.Aus Sicht eines Räubers, der aus der Tiefe nachoben späht, löst sich die Körperkontur völligauf. Dabei kann der Silberbeilfisch die Intensi-tät seines Lichts über neuronale Steuerung sogenau an die vom Auge gemessene Intensitätdes Oberlichts anpassen, dass er von untengesehen stets unsichtbar bleibt.
Weiter werden wir nicht mehr aufsteigen. Hier, wo die ersten Lichtstrahlen zu sehen sind, endet unsere Reise durch die Welt der
Dunkelheit.NICOLE GEFFERT
maßstäbe 7
Himmelskörper aus
denselben Stoffen wie die Erde
bestünden und dass die Sonne ein gro-
ßer, heißer und glühender Felsen sei.
Demokritos von Abdera (460 bis 371), einer der
frühen Atomisten, stellt eine Teilchentheorie des
Lichts auf. Von jedem Gegenstand sollen Atome in den
leeeren Raum ausschwärmen. Indem das Auge diese
Atome wahrnimmt, wird ein Gegenstand sichtbar.
Empedokles von Akragas (ca. 495 bis 435) hat dazu die
Gegentheorie: Das Auge ist es, das Lichtstrahlen aussendet und
diese auf die Objekte der Welt richtet.
4. Jh. v. Chr.
Aristoteles (384 bis 322) übernimmt von Empedokles die Lehre
von den vier Elementen – Feuer (Zeus), Luft (Hera), Erde (Hades)
und Wasser (Nestis) – und führt einen von den Elementen unter-
schiedenen, ewigen und unveränderlichen Körper ein: den Äther.
297 v. Chr.
Der Leuchtturm von Pharos (das „Achte Weltwunder“) bei
Alexandria wird eingeweiht.
11. Jahrhundert
Der arabische Physiker Abu Ali Al Hasan Ibn Al Haitham
(auch Alhazen oder der „Zweite Ptolemäus“ genannt)
beschreibt in seinem Buch „Schatz der Optik“
zutreffend, wie optische Linsen funktionieren,
und entwickelt Parabolspiegel.
Tricks zur TarnungUm in den finsteren Tiefen weitest-gehend unsichtbar zu bleiben, habendie Bewohner überwiegend eineschwarze, silberne oder rote Haut.Das Meerwasser absorbiert Rotbereits in zehn Metern Tiefe ausdem Farbspektrum des Lichts. DenGarnelen nutzt ihr rotes Tarnkleidallerdings wenig, wenn sie den Wegeines Schwarzbauchs kreuzen. DiePhotophoren an seinen Augensenden stark gebündeltes Rotlichtaus. Der Räuber kann seine Beuteerspähen, bevor deren Strömungs-sensoren den Angreifer erfassthaben. Einige Garnelen-Artenwissen sich zu wehren, indem sieLeuchtwolken ausstoßen und denFeind blenden. Die Schrecksekundenutzen sie, um im Dunkeln unterzu-tauchen. Transparente Quallen oderTintenfische sind in der Finsternisleicht zu durchschauen. Doch wastun, wenn die eigene Beute imBauch verräterisch leuchtet? „DieTricks sind verblüffend“, sagtThomas Soltwedel. Einige Artenummanteln ihren Magen mit einerlichtundurchlässigen Schutzschicht,andere schimmern rot und übertün-chen das bläuliche Licht.
→ S. 9
maßstäbe8
Hersteller Alcatel
Hersteller Alcatel und Partner
sonstige Hersteller
Unterwasser-Abzweigung
Seekabel im Bau
Seekabel in Planung
Globales InformationsnetzwerkAuf dem Meeresgrund liegen hunderttausende Kilo-meter Seekabel – für die optische Datenübertragung.
maßstäbe 9Quelle: Alcatel Submarine Networks maßstäbe 9
12. Jahrhundert
Der englische Gelehrte und
Theologe Robert Grosseteste experi-
mentiert mit Spiegeln und Linsen, um das
Wesen des Lichts und Phänomene wie etwa den
Regenbogen zu ergründen.
13. Jahrhundert
Roger Bacon befasst sich in „Opus maius“ (ein Werk, das
erst Jahrhunderte nach Bacons Tod wiederentdeckt wird) u. a.
mit Sehhilfen für Weitsichtige.
Witelo veröffentlicht die Abhandlung „Perspectiva“, in der er sich
mit Brechung, Reflexion und geometrischer Optik beschäftigt.
Witelo widerspricht der Meinung, dass das Auge Strahlen aussen-
de.
14. Jahrhundert
Dietrich von Freiberg berichtet in seinem Buch „De iride“ (Über
den Regenbogen) über Experimente mit Wasserkugeln und erklärt
damit viele Aspekte der Regenbogenbildung.
Es wird üblich, bei Weitsichtigkeit geschliffene Linsen als
Augengläser zu benutzen.
15. Jahrhundert
Leonardo da Vinci kommt zu einer neuen Vorstel-
lung über das Licht: Er interpretiert es als ein
Wellenphänomen, indem er die Lichtrefle-
xion mit der Reflexion des Schalls beim
Echo vergleicht. → S. 11
maßstäbe10
Sie sind unsichtbar – auch wenn sie gerade nichtunterirdisch reisen. Ohne die infraroten Lichtblitzeund ohne die hauchdünnen Glasfasern, in denen sievon Kontinent zu Kontinent jagen, wäre unsermoderner Alltag kaum mehr denkbar.
Die Rekorde purzeln. Meist liegen nur wenige Monatezwischen den Meldungen, dass wieder mehr Datendurch eine einzige Glasfaser – kaum dicker als einmenschliches Haar – geschleust wurden als je zuvor.Kurz vor Redaktionsschluss gaben Techniker des Tele-kommunikationskonzerns Alcatel bekannt, pro Sekunde6,4 Terabit Daten über eine Strecke von 2100 Kilome-tern übertragen zu haben. Das entspricht dem Inhalt von985 CD-ROMs oder 61 Komplettausgaben der Encyc-lopedia Britannica. „Dieses Ergebnis haben wir unterLaborbedingungen erzielt“, stellt Kurt Lösch, LeiterPhotonik im Stuttgarter Forschungszentrum der AlcatelSEL AG, klar. „Doch bisher sind die Raten aus Labor-versuchen eine gewisse Zeit später immer auch imRoutinebetrieb verwirklicht worden.“
Welche Bedeutung Glasfasern im Alltag der Informati-onsgesellschaft haben, ahnt man, wenn man die gewal-tigen Computerschränke in der Seekabel-Endstelle derDeutschen Telekom in der ostfriesischen KleinstadtNorden sieht. Mit ihrer Hilfe werden die Datenströme
Pulsadern der Weltgesellschaftvon insgesamt zwölf Seekabeln gesteuert und auseinan-der dividiert – darunter auch die des „TAT-14“. Es istdas derzeit modernste transatlantische Kabel, das sichein internationales Konsortium aus 50 Unternehmenimmerhin 1,4 Milliarden US-Dollar kosten ließ. SeitMärz 2001 können darüber bis zu 14 Millionen Telefon-gespräche zwischen den USA und Europa geführtwerden. Zum Vergleich: Das erste transatlantischeKabel „TAT-1“ aus Kupfer ließ ab 1956 gerade einmal36 Gespräche gleichzeitig zu. Die Kapazitäten von„TAT-14“ werden allerdings weniger von Telefonge-sprächen, sondern viel mehr von Multimedia-Datenwie Webseiten, Fotos oder Musik beansprucht. Diesedigitalen Daten müssen, bevor sie auf die Reise gehenkönnen, zunächst in Laser-Lichtpulse umgewandeltwerden (aus „Null oder Eins“ wird „An oder Aus“).Dann werden sie in die Glasfaserleitungen eingespeist,wo sie theoretisch sehr, sehr lange reisen können. Denndie Fasern sind so konstruiert, dass jeder Lichtstrahl,der die innere Wand trifft, wie von einem perfektenSpiegel zurückgeworfen wird. Totalreflexion nennt mandas. Leider sorgen aber (zum Beispiel) kleine Verunrei-nigungen oder winzige Risse dafür, dass die Lichtstrah-len dennoch abgeschwächt werden. Diese Dämpfung –so der Fachbegriff – ist bei infrarotem Licht am klein-sten. Deshalb liegen die Wellenlängen der Laserblitze indiesem für das menschliche Auge unsichtbaren Bereich.
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maßstäbe 11maßstäbe 11
Schneller als der Satellit
Über den Knotenpunkt in Norden haben die deutschenInternet-Surfer auch Anschluss an das weltweit längsteKabel „SEA-ME-WE-3“. Es verbindet auf seinem ins-gesamt 38 000 Kilometer langen Weg 34 Staaten undverläuft durch das Mittelmeer, das Rote Meer und denIndischen Ozean. Vor Singapur gabelt es sich: EineRoute führt nach Australien, die andere nach Japan undKorea. Bis eine Information aus Deutschland in diesenasiatischen Staaten angekommen ist, vergeht weniger alseine achtel Sekunde. Ein Signal, das per Funk über Sa-tellit zum Empfänger geschickt wird, ist mehr als sieben-mal länger unterwegs. Diese Zeitverzögerung kann beieinem Telefongespräch sehr störend sein. Der noch grö-ßere Nachteil der Satelliten ist aber ihre niedrigere Über-tragungskapazität. Daher können die künstlichen Him-melskörper das Kommunikationsbedürfnis zwischen denBallungszentren der Industrienationen weit schlechterbefriedigen als ihre irdische Konkurrenz. Das sieht auchFachmann Lösch so. „Allerdings sind Glasfasernetze fürabgelegene Regionen der Erde zu teuer – da wiederumhat die Satellitentechnik Vorteile“, sagt er.
Damit ist auch das Nachrüsten bereits verlegter Kabelmöglich: Neue Laser werden angekoppelt, die andereals die bereits benutzten Wellenlängen senden. „Das istder Trend: Es werden wenig neue Fasern teuer verlegt.Stattdessen werden Bauteile wie etwa Multiplexer undSchalter ausgetauscht und so die Übertragungskapazi-täten erhöht“, erläutert Physiker Holger Hoffmann, Ex-perte vom Forschungszentrum Karlsruhe. „SEA-ME-WE 3“ beispielsweise wird bereits aufgepäppelt, ob-wohl das Kabelsystem erst vorrund drei Jah-ren seinenDienstauf-nahm.
17. Jahrhundert
Johannes Kepler beschreibt in
seiner „Astronomia pars Optica“
(1604), wie das Auge das Licht fokussiert,
und er weist nach, dass die Lichtstärke mit dem
Quadrat der Entfernung von der Lichtquelle ab-
nimmt.
Die Optik bekommt wichtige Instrumente: Der deutsch-
holländische Optiker Hans Lipperhey erfindet um 1608 das
Fernrohr. Das Lipperheysche Mikroskop hingegen geht auf eine
Erfindung von Zacharias Janssen Ende des 16. Jahrhunderts
zurück.
Galileo Galilei erfährt 1609 von Lipperheys Erfindung eines
„optischen Rohres“ – präsentiert auf einer Ausstellung in Venedig –,
das entfernte Gegenstände näher heranholen kann. Galilei baut nun
sein eigenes Fernrohr und erreicht eine etwa 30-fache Vergröße-
rung. Seine damit möglichen Planetenbeobachtungen – von den
Jupitermonden über die Saturnringe bis zu den Venusphasen –
machen Galilei in ganz Europa berühmt.
Doch da die Beobachtungen allesamt das Kopernikanische
Weltbild bestätigen, hält die Kirche sie unter Verschluss.
Auch Kopernikus’ „De revolutionibus“ steht auf dem
kirchlichen Index und wird dort noch mehr als zwei
Jahrhunderte bleiben.
Es waren vor allem zwei Entwicklungen, die den Sie-geszug der Glasfaser erst möglich gemacht haben. Einedavon heißt „optischer Verstärker“: Das ist ein StückGlasfaser, in das fremde Atome eingelagert sind (sehrhäufig Erbium-Atome). Sie werden von außen – voneinem winzigen Halbleiterlaser – optisch „gepumpt“ undsomit ihre Elektronen auf ein höheres Energieniveau ge-hoben. Trifft ein optisches Signal auf ein solches Elek-tron, fällt es zurück und gibt Licht ab. Damit wird dasSignal gewissermaßen wieder aufgefrischt – und das aufrein optischem Weg. Ohne den zeitraubenden Umweg übereine Elektronik kommen die Datenströme daher viel schnel-ler an ihr Ziel. Die zweite Entwicklung ist das so genannte„Wellenlängen-Multiplex-Verfahren“: Lichtpulse leicht unter-schiedlicher Wellenlänge werden durch die Faser geschickt undam Ende getrennt voneinander ausgelesen. Das eröffnet neueDatenkanäle und erhöht so die Übertragungsrate um ein Vielfaches.
→ S. 13
maßstäbe12
Die Probleme beginnen da, wo die Faser endet
Auch künftig bleibt für die Tüftler in den Forschungs-und Entwicklungsabteilungen der Telekommunikations-firmen noch genug zu tun. „Die Probleme fangen da an,wo die Faser endet“, sagt Hoffmann. Eine dieserSchwierigkeiten ist es, die Datenpakete an den Netz-knoten mit Hilfe so genannter „Router“ auf den richti-gen Weg zu bringen, ohne dass die Laserblitze zeitrau-bend in elektronische Signale umgewandelt werdenmüssen. Herkömmliche elektronische Router wertenden Adresskopf (Header) eines jeden Datenpakets aus.Entsprechend der Angaben im Header stellt ein Inte-grierter Schaltkreis (IC) die Verbindung her, währenddas eigentliche Informationspaket im Router zwischen-gespeichert wird. Einen Speicher für Lichtsignale gibtes jedoch bisher genauso wenig wie das optische Pen-dant zu einem IC. Und so fehlen noch einige Schritte,bis das Datennetz der Zukunft wirklich perfekt ist – bises ausschließlich mit Licht arbeitet. Erst wenn dieLicht-Daten unterwegs nicht mehr in elektronischeDaten umgewandelt werden müssen, dann kann manden Vorteil der ungeheuren Geschwindigkeit des Lichtsoptimal nutzen. Ein solches rein optisches Netzwerkwird erst dort enden, wo die Daten wirklich gebrauchtwerden – zum Beispiel am heimischen Computer.
FRANK FRICK
Puls-KontrolleEs wird eng in den Glasfaserkabeln: Immer mehrLichtsignale der verschiedensten Wellenlängen verlau-fen hier nebeneinander. Diese Bandbreite immer weiterzu erhöhen ist eine große Herausforderung für die Her-steller – aber auch für die Messtechnik-Experten. In derPTB laufen die Fäden in zwei Bereichen zusammen:Erstens kann jeder, der es ganz genau wissen möchte,mit Hilfe der PTB kontrollieren, wie hoch die Leistungseiner Laser ist. Dazu schickt er nicht die einzelnen La-ser, sondern einen (oder mehrere) Leistungsmessgerätein die PTB, bekommt nach einer gewissen Zeit Gerätsamt Kalibrierschein zurück und kann nun die Leistungseiner Laser mit der im Schein angegebenen Genauig-keit überprüfen. Zweitens unterstützt die PTB die Wei-terentwicklung des Wellenlängen-Multiplex-Verfahrens.Damit möglichst viele Lichtblitze verschiedener Wellen-längen in den Glasfasern nebeneinander laufen können,muss man diese verschiedenen Wellenlängen sehr genauerzeugen. Das geht zum Beispiel mit so genannten Fa-ser-Bragg-Gittern, die wie ein Filter dafür sorgen, dassnur Licht einer ganz bestimmten Wellenlänge den Laserverlässt – oder auch mit bestimmten Absorbern, dieunerwünschte Wellenlängen quasi schlucken. In eineminternationalen Projekt, das sie auch koordiniert, entwi-ckelt und untersucht die PTB zusammen mit Partnernaus anderen Forschungsinstituten und der Industriezurzeit solche Materialien. es
maßstäbe 13maßstäbe 13
Licht ist eine Welle –
das beweist Francesco Maria
Grimaldi (1613 bis 1663). Er entdeckt
die Beugung der Lichtwellen. Allerdings
wird Grimaldi damit kaum wahrgenommen. Die
Zeit wird erst rund 200 Jahre später (mit Thomas
Young, der die Wellentheorie des Lichts entwickelt)
reif für derartige Entdeckungen sein.
Willebrord Snell findet 1621 heraus, wie Licht beim Über-
gang zwischen zwei Medien gebrochen wird. Nach ihm wird
das berühmte Brechungsgesetz benannt, wonach die Lichtbre-
chung durch den Sinus des Einfallswinkels bestimmt ist.
Um 1650 stellt der Mathematiker Pierre de Fermat das heute unter
dem Begriff „Fermatsches Prinzip“ bekannte Theorem auf: Von
allen möglichen Wegen, die das Licht zwischen zwei Punkten neh-
men könnte, nimmt es den Weg, der die kürzeste Zeit erfordert.
Die Laterna magica beginnt zu leuchten. Der dänische Mathemati-
ker und Physiker Thomas Walgenstein stellt sie 1665 als Welt-
neuheit vor. Die grundlegende Idee geht jedoch wahrscheinlich
auf Christian Huygens (1629 bis 1695) zurück.
Robert Hooke vergleicht 1665 in seiner„Micrographia“
(dem ersten Buch über Mikroskopie überhaupt) das
Licht mit Wasserwellen und beschreibt Beugung und
Interferenz von Licht an dünnen Schichten.
Kann man Wärme eigentlich nur fühlen oder auch sehen? Sehen wärepraktisch, dann würde man sich an heißem Kaffee nicht den Mundverbrennen. Tatsache ist, der Kaffee ist nur noch nicht heiß genug,sonst könnte man selbstverständlich sehen, dass er heiß ist. Soab cirka 600 Grad Celsius. Solche Temperaturen verträgt derKaffee zwar nicht, ganz klar, der wäre längst verdampft.Aber andere Dinge – man denke an die überhitzte Herd-platte – fangen dann an zu glühen und werden tatsächlichsichtbar heiß.
Schwarz und also unsichtbar ist eine Tasse heißen Kaf-fees in einem nachtdunklen Raum. Ein strahlendes Ob-jekt dagegen ist sie für eine Wärmebild- oder Thermo-graphiekamera. Denn die spezielle Optik und der De-tektor dieser Kamera sind auch dort scharfsichtig, wodas menschliche Auge blind ist. Wir sehen zwar alleszwischen rot und blau und nennen das dann Licht. Aberjenseits des Roten, jenseits des Blauen? Da ist die„Lichtwelt“ nicht zu Ende. Das Infrarote, die Domäneder Temperatur- oder Wärmestrahlung, schließt mitWellenlängen größer als 800 Nanometer an das (für uns)sichtbare Spektrum an. Eine Wärmebildkamera liefertein Bild, das nach Temperaturzonen aufgeteilt ist. Reheim Wald sind wärmer als der Wald und werden in einerthermographischen Aufnahme in Rottönen wiedergegeben.Auch die einzelnen Bäume, Sträucher, Bäche, Laub auf demBoden und ein Ameisenhügel sind unterschiedlich warm undlassen sich von ihrer Umgebung abgrenzen, wenn die Kamerasensibel genug eingestellt ist. Schließlich strahlen alle Dingedieser Welt – nur je nach Wärmeinhalt mal etwas mehr, mal etwasweniger.
Wärme
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→ S. 15
maßstäbe14
Der Wärmeinhalt eines Stoffes ist dabei das Resultat ungeordnet zappelnderMoleküle und Atome in seinem Inneren. Je schneller und aufgeregter dieBewegung, umso höher der Wärmeinhalt und umso höher die Temperaturdes Stoffes. Wärme ist also „ungeordnete“ Energie. Und damit eine äußerstflüchtige Energieform, will sie sich doch ständig an ihre Umgebung ver-schwenden – das sagt schon die Erfahrung: Einerseits können wir unsereHände an der Kaffeetasse wärmen – Wärmeleitung durch Kontakt. Anderer-seits sorgt auch die Wärmestrahlung, die eine elektromagnetische Welle ist,dafür, dass sich die Wärme ausgleicht, also die Tasse kälter und die Umge-bung wärmer wird.
Jeder Körper strahlt nicht nur irgendwie, um seine Wärmeenergie loszuwer-den, sondern er tut dies nach ganz festen Regeln. Vor hundert Jahren hatMax Planck das Spektrum der Wärmestrahlung mathematisch genau be-schrieben und das berühmte Plancksche Strahlungsgesetz entdeckt, einGesetz, das auch technisch ausgesprochen nützlich ist. Die spektrale Zusam-mensetzung der Wärmestrahlung eines Körpers ist zugleich eine Art „ther-modynamischer Fingerabdruck“. Wer die Wärmestrahlung kennt, kann aufdie Temperatur schließen. Und hier liegt der messtechnische Vorteil diesesPhänomens. Wie heiß es auf der Sonne ist, wissen wir nicht, weil wir etwadort waren und ein Thermometer angehalten haben. Wir wissen es, weil dasLichtspektrum es uns verrät: 6000 °C. Über die Aufzeichnung der Wärme-strahlung lässt sich die Temperatur berührungslos messen.
Die Wärmestrahlung der Sonne sehen wir, weil die Sonne so heiß ist. Zu-gleich spüren wir sie, denn die Sonne sendet auch einen großen Anteil ihrerStrahlung im Infraroten aus. Je kälter ein Objekt dagegen wird, umso lang-welliger (und irgendwann dann unsichtbar) wird die Strahlung, die es aus-sendet. Eine Wärmebildkamera, die im infraroten Bereich sensibel ist, er-kennt dagegen, was der Mensch nicht sehen kann, nämlich die Wärmestrah-lung in alltäglicher menschlicher Umgebung. Und je dunkler es ist, um sobesser gelingt die Aufnahme, weil sich die Reflexion der Sonnenstrahlendann nicht mehr störend bemerkbar machen kann. Kein Zufall, dass dasMilitär solche „Nachtsichtgeräte“ enwickelte und nutzte. Zivile Verwen- Fo
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Fotos: Projektgruppe uni&schule HHU Düsseldorf
maßstäbe 15
In europäischen Städten wird in der
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die
Dunkelheit aus den nächtlichen Straßen vertrie-
ben. Öllampen beleuchten Paris (ab 1667), London
(ab 1668), Amsterdam (ab 1669) und Berlin (ab 1679).
Der Däne Erasmus Bartholin entdeckt 1669 die Doppel-
brechung des Lichts bei seinen Untersuchungen des isländi-
schen Feldspats.
Wie schnell ist das Licht? Dass es nicht unendlich schnell ist, wie
alle antiken Naturphilosophen und auch noch etwa Johannes
Kepler und René Descartes glaubten, fand der dänische Astronom
Ole Rømer 1676 heraus. Er beobachtete den innersten Jupitermond
Io und stoppte die Zeiten zwischen den Monduntergängen, in denen
Io im Kernschatten des Jupiters verschwand. Rømer stellte fest,
dass diese Eklipsen (Verfinsterungen) etwas früher eintraten, wenn
sich Erde und Jupiter auf derselben Seite von der Sonne befanden
bzw. etwas später, wenn die Sonne zwischen Erde und Jupiter
stand. Der Unterschied beträgt etwa 16 Minuten. Dies musste
die Zeit sein, die das Licht braucht, um die Strecke zwischen
der nächsten und der fernsten Jupiterposition (was dem
Durchmesser der Erdbahn um die Sonne entspricht)
zurückzulegen. Also ist Licht nur endlich schnell. Wie
schnell, konnte Rømer nicht sagen, da er den
Erdbahndurchmesser nicht kannte.
maßstäbe 15
Semperoper in Dresden
Bilder links:Diese Fledermaus verbrachte ihrenWinterschlaf auf einem Bauernhof inder Nähe von Soest. Ihre normale Kör-pertemperatur um 40 °C passt sich indieser Phase der Außentemperatur anund kann bis auf Werte knapp überdem Gefrierpunkt fallen. Auf dem ers-ten Thermofoto befindet sich die Fle-dermaus noch im festen Winterschlaf.Mit etwas gutem Willen kann man dieOhren erkennen (die Fledermaus hängtnatürlich mit dem Kopf nach unten).Die beiden nächsten Aufnahmen zei-gen die Aufwachphase, 20 bzw. 40 Mi-nuten nach Ende des Winterschlafs.
→ S. 17
maßstäbe16
dungszwecke zeigten sich erst nach und nach. So isteine Thermographiekamera bei der Suche nach ver-missten Personen ebenso effektiv wie beim Aufspürenvon Wärmelecks oder verborgener historischer Bausub-stanz, die Wärme anders als die modernen Baumateria-lien abstrahlt. Auch in der Industrie ist dieses berüh-rungslose Temperaturmessen sehr gefragt. Problemloskann sehr Heißes, weit Entferntes oder nicht Zugängli-ches, wie Turbinen in Kraftwerken, unter ständigeroptischer Temperaturüberwachung stehen. Ausge-sprochen gut eignet sich diese Methode auch zum Auf-decken von Umweltschäden, weil zum Beispiel inFlüsse eingeleitete Schadstoffe andere optische Eigen-schaften aufweisen als das Wasser und mit einer Ther-mographiekamera von ihrer Umgebung deutlichunterschieden werden können.
Je nach Beschaffenheit der Oberfläche und der Fähig-keit, Licht zu reflektieren oder zu absorbieren, verhaltensich Materialien ganz unterschiedlich. So erscheint einBrillenträger in der Aufnahme einer Thermographie-kamera mit markant schwarzer Brille. Die wärmereAugenpartie entgeht der Kamera, weil sie die Werte derkälteren Brille erfasst. Glas ist infrarottechnisch gese-hen eben nicht durchsichtig. Wer also tatsächlich voneiner Thermoaufnahme auf die Temperatur des aufge-nommenen Objekts schließen will, muss ein paar Dingewissen. Um zu einer tatsächlichen Temperaturaussagezu kommen, müssen Materialeigenschaften, etwa dieoptischen Oberflächeneigenschaften, des untersuchtenKörpers – der in den seltensten Fällen ein idealerschwarzer Körper, sondern eher ein „grauer Strahler“ist – bekannt sein.
Außerdem gibt es eine größere Anzahl an Störfaktoren,die die Messung beeinflussen und im Ergebnis berück-sichtigt werden müssen. Dazu zählen neben Eigenschaf-ten der Objektoberfläche auch die Luftfeuchtigkeit, derAbstand der Kamera zum Objekt oder die Umgebungs-temperatur. Wer Temperaturverteilungen nur qualitativeinschätzen will, braucht diese vielzähligen Detail-informationen nicht. Ganz anders sieht es dagegenbei quantitativen Temperaturmessungen aus.
Wie hoch ist die kleinste nachweisbare Temperatur-differenz? So lautet eine der Fragen, wenn über dieQualität einer solchen Kamera entschieden werden soll.Mit Hilfe so genannter Hohlraumstrahler werden in derPTB in Berlin Thermographiekameras kalibriert. Diegeprüfte Wärmebildkamera ist danach verbürgt in derLage, Temperaturwerte in einem bestimmten Tempera-turbereich genau zu ermitteln. Der Hohlraumstrahler, einzylinderförmiger schwarzer Hohlraum mit einer mög-lichst kleinen Öffnung, ist bei der angesprochenenPrüfung das Normal, das genaue Werte vorgibt. Mitdiesen Normalen lassen sich genaue Temperaturwertemit präzise festgelegten Korrekturfaktoren erzeugen.Die austretende Temperaturstrahlung wird mit demPlanckschen Strahlungsgesetz verglichen. Der Zusam-menhang zwischen der auf die Kamera treffendenTemperaturstrahlung und dem Kamerasignal wird beider Kalibrierung ermittelt. Dies erlaubt es, beim späterenEinsatz der Kamera auf die genaue Temperatur desbeobachteten Objekts zu schließen.
BIRGIT EHLBECK/JENS SIMON
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maßstäbe 17
Die Wellentheorie des
Lichts setzt sich immer mehr
durch. Christiaan Huygens beschreibt
diese Wellentheorie in seiner Schrift „Traité
de la lumière“ (Abhandlung über das Licht), die
1690 veröffentlicht wird.
18. Jahrhundert
Nachdem im 17. Jahrhundert die Wellentheorie des Lichts
en vogue war, favorisiert das 18. Jahrhundert die Teilchen-
theorie. Verantwortlich dafür ist Isaac Newton, der in seinem
Buch „Optics“ (1704), das zu einem Standardwerk der Experi-
mentalphysik wird, die Wellentheorie mit dem Argument verwirft,
dass nur Licht-Teilchen einen scharfen Schatten erzeugen können.
(Anmerkung: Die Beugung von Licht an Kanten ist zu gering, als
dass Newton sie hätte beobachten können.)
Chester Moor Hall erfindet 1733 das achromatische Fernrohr,
dessen Objektiv aus zwei verschiedenen Glassorten besteht. Die
chromatische Verzerrung des einen Glases wird durch die des
anderen ausgeglichen.
Christiaan Huygens bekommt um 1746 mathematische
Verstärkung durch Leonhard Euler, der die Lichtbrechung
auf der Annahme eines Wellenphänomens beschreibt. Die
Farben des Lichts entsprechen dabei unterschiedlichen
Wellenlängen.
maßstäbe 17
Zeit? Hat man nie genug, ist abertrotzdem einfach so da. Und wennich’s genau wissen will, guck ich aufden Videorekorder, der bekommt jadie genaue Zeit von der Atomuhraus Braunschweig gefunkt. ...
Die kleine Zeitreise, die bei diesenscheinbaren Selbstverständlichkei-ten beginnt, das Innere eines Atomsin Braunschweig streift und Zeit-zeugen aller Art befragt, wird eineeinfache Sekunde in ein wissen-schaftliches Meisterwerk verwan-deln und der Zeit den Rang zuwei-sen, der ihr gebührt: als größtesRätsel aller Zeiten.
Den Ausgangspunkt – dass also Zeiteben da ist – teilt immerhin Imma-nuel Kant noch mit uns. Wenn auchetwas umständlicher. Der Philosophversuchte, Erkenntnisse auf ein so-lides, wissenschaftliches Fundamentzu stellen.
Zeit – ja, da haben wir jetzt einebessere Definition. Wir brauchtendafür eine sehr stabile Mikrowellen-quelle, die mit einer bestimmtenFrequenz strahlt. Die liefert uns dasCäsium-133-Atom. Die ursprüngli-che Sekunde nahmen wir quasi alsVorlage – schließlich wollen wir jaunsere gewohnte Zeiteinteilungnicht ändern – und zählten, wie oftdie ausgewählte Strahlung in die-sem Zeitintervall schwingt:9 192 631 770 mal. Diese Frequenzhaben wir in die neue Sekunden-Definition übernommen.
Der Schritt von der Sonnenuhr zumCäsium-133-Atom ging zu schnell?Kein Wunder, immerhin hat in derZwischenzeit Herr Einstein gewaltigmit der a-priori-Zeit aufgeräumt.Einfacher ist es dadurch allerdingsnicht geworden.
Kennen Sie schon die Zeit?kennen ja das Beispiel: Wenn ichmeinen Zwilling auf eine Reise mitannähernd Lichtgeschwindigkeitschicke, dann kann es passieren,dass ich in vielen Jahren, selbstsenil, einen Mann in den bestenJahren wieder in Empfang nehme.
Die neuen Einsichten sind etwa100 Jahre alt – richtig angekommensind sie bei den Menschen abernoch nicht. Genau wie die anderegroße Revolution: die Quanten-physik. Ohne sie würde auch dasCäsium-Atom aus Braunschweig indieser Reise gar nicht auftauchen.
Zeit? Ist wie der Raum a priori ge-geben. Ihre Eigenschaften sind ganzunwiderleglich so, wie sie sind, dassagt uns die Vernunft. Aus der Er-fahrung können Sie sie nicht herlei-ten. Vielleicht stellen Sie sich eineBrille vor, die vor Ihren Augen festmontiert ist. Alles, was Sie sehen,sehen Sie durch diese Brille, die Sieniemals abnehmen können und dieSie deshalb auch nicht unabhängigvon Ihren Wahrnehmungen untersu-chen können.
Das war im 18. Jahrhundert. Im täg-lichen Leben spielte die genaue Zeitlange keine große Rolle. Eine Se-kunde war der 60. Teil einer Minute,die der 60. Teil einer Stunde. Aus24 h wurde ein Tag, aus 365 Tagenein Jahr, und die Sonne gab denTakt vor. Das reichte ja auch – je-denfalls bis ins 20. Jahrhundert.Raumfahrt, Computer, Präzisions-messungen brauchten eine genauereSekunde. Und sie kam 1967 mit Cä-sium-Atomen und per Mikrowelle.
9 192 631 770
Zeit? Reden wir liebervon Raumzeit! Raumund Zeit gehörenuntrennbar zu-sammen. Undbeide hängenvon der Masseab, die sichdarin befindet:Ein Planetkrümmt mitseiner großenMasse dieRaumzeit sehrstark. Unddiese Krüm-mung ihrerseitsbestimmt, wiesich der Planetbewegt. Genaue-res dazu finden Siein meiner Allgemei-nen Relativitätstheo-rie. Und in der Speziel-len Relativitätstheoriegeht’s einfach nur darum,dass Zeit relativ ist. Sie
Zeit: Für uns Atome hier ein ver-dammt wichtiger Job. Sagen wirmal so: Unser Leben besteht auseinem trägen Grundzustand. Da istnicht viel mit uns los. Um in einen
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→ S. 19
maßstäbe18
angeregteren Zustand zu kommen,muss uns jemand einen ordentlichenTritt geben. Und wir sind da sehreigen. Der Tritt muss genau richtigsein, sonst passiert gar nichts. Ei-nen solchen Tritt verpassen unsPhotonen, das sind die Lichtteil-chen, die hier als Mikrowellen aufuns geschossen werden. Nur wenndie Mikrowelle genau auf unsereAnregungsfrequenz eingestellt ist,können die Photonen ihre Energiean uns weitergeben. Dann sind wirAtome eine Weile aufgeregt, bis wirwieder zurückfallen in die Trägheit.Das Gerät, in dem wir eingesperrtsind, misst, wie viele von uns jeweilsangeregt werden. Wenn es beson-ders viele erwischt hat, signalisiertes der Mikrowelle, dass sie ihrePhotonen haargenau mit der rich-tigen Frequenz losschickt. Mit derFrequenz, bei der 9 192 631 770Schwingungen eine Sekunde sind.
Auf diese Weise messen die Atom-uhren, die kaum größer sind als einealtmodische Standuhr und in Braun-schweig in einer kupferverkleidetenHalle stehen, die Zeit ziemlichgenau: Hätte man sie gestartet, alsdie ersten Vorgänger des Menschenbegannen, auf zwei Beinen zu ge-hen, würden sie heute kaum eineSekunde falsch gehen. Andererseitshaben die Atome ein paar Schwie-rigkeiten verschwiegen. Zum Bei-spiel, dass sie als Quantenobjektemanchmal gar nicht wissen, ob sienun angeregt sind oder nicht. Oderdass sie so schnell durch die Mikro-wellenphotonen fliegen, dass die garkeine Gelegenheit haben, sie zutreten. Oder noch schlimmer, dassdie Zeit für die schnellen Atomeanders vergeht und sie deshalb auchdie Frequenz der Photonen anderswahrnehmen – Einsteins Zwillinglässt grüßen! Deshalb werden in denneuesten Uhren-Modellen die Ato-me erstmal zur Ruhe gebracht – miteinem Kühllaser.
Zeit? Mir kommt es, ehrlich gesagt,nur auf die Sekunde an, und mitmeiner Laserkühlung wird sie nochgenauer. Laserkühlung hört sichparadox an? Ist sie nicht. DennKühlung heißt ja nur, dass sich dieAtome nicht mehr so wild bewegen.Wir machen das so: Wir Kühllaserstrahlen mit einer Frequenz, diegerade noch nicht ausreicht, um dieAtome anzuregen. Wenn so einschnelles Atom aber auf uns zu-fliegt, dann erlebt es den gleichenEffekt, den Menschen von heran-brausenden Polizeiwagen mit Sirenekennen: Der Ton klingt höher, be-ziehungsweise: die Frequenz wirderhöht. Deshalb kann dieses Atomjetzt ein Photon aus unserem Kühl-strahl absorbieren, dabei verliert esetwas Bewegungsenergie. Wenn dasoft genug passiert, wird das Atomimmer langsamer – also immer käl-ter. Es steckt quasi in einer Kühl-Falle.
Die gekühlten Atome bilden dasHerzstück der Cäsium-Fontäne, derneuesten unter denjenigen Atomuh-ren, die auch wirklich schon einmalzur Weltzeit beigetragen haben. Inder Fontäne schweben 10 Millionenlangsame Atome durch die Mikro-wellenfelder. Der Rest funktioniertwie bei der Standard-Atomuhr – nurnoch zehnmal genauer. Von dieserQualität gibt es weltweit nur vierExemplare – eine davon in der PTB.Probleme gibt’s natürlich auch hiernoch: Zum Beispiel die Kollisionender Atome untereinander, die dasErgebnis empfindlich stören. Aberdie Lösung ist schon in Sicht.
Zeit!? Wir Ytterbium-Ionen sind dieZeitweiser des neuen Jahrtausends!Wir sind individualistischer als dieHorde Cäsium-Atome, bei uns wirdimmer nur ein Atom in der Paul-Falle mit einem Elektron beschos-sen. Es wird dadurch zum Ion. Unddann ist es, ganz allein, für dieFrequenzkontrolle zuständig. Wirwerden hier auch nicht mehr vonMikrowellen getreten, sondern vonLasern – die haben viel mehr Ener-gie, schwingen also viel schneller,und genau das ist nötig, um unsanzuregen. Wir geben unser Bestes,um zum neuen „optischen Fre-quenznormal“ zu werden – aberhier in Braunschweig machen unsnoch die ultrakalten Calcium-Atom-wolken Konkurrenz. Und in anderenZeitlabors regen sich Quecksilber-und Indium-Ionen im Dienste dergenauen Sekunde an und ab.
Die neue Ein-Ion-Uhr der PTBwird, wenn sie ideal ausgereift ist,wahrscheinlich so genau sein, dasssie in zehn Milliarden Jahren gerademal eine Sekunde falsch geht. Dasheißt: Wäre bei der Entstehung derErde gleich diese Uhr mitgelaufen,dann müsste die Erde noch mal soalt werden, wie sie jetzt ist, und erstdann würde die Uhr knapp eine Se-kunde falsch gehen.
Zeit? Bei unserem besten Experi-ment ist das Ytterbium-Ion 16 Mo-nate in der Falle geblieben. Immerschön zentriert, damit Kühllaserund Uhrenlaser – der Laser also,der das Ion mit der richtigenFrequenz in den gewünschten
maßstäbe 19maßstäbe 19
Anregungszustand tritt – es genautreffen. Die beiden Laser wechselnsich ab. Immer wenn der Kühllaserdas Ion nicht in seinem Grundzu-stand antrifft, weiß die Apparatur:Okay, der Tritt des Anregungslaserswar genau richtig, er hat das Ionerwischt. Das ist es, was wir wollen.Dann kommt die zweite große He-rausforderung: Die Anregungsfre-quenz ist ja jetzt eine optische Fre-quenz; vorher haben wir mit Mikro-wellen gearbeitet. Schon um aus derrichtigen Mikrowellenfrequenz eineSekunde zu bekommen, muss manmehr als neun Milliarden Schwin-gungen in dieser kurzen Zeit akku-rat abzählen. Bei der verwendetenoptischen Frequenz sind es über688 Billionen ...
So lange die Sekunde über das Cä-sium-Atom und eine Schwingungim Mikrowellenbereich definiert ist,bleibt der Erfolg der optischen Uh-
ren natürlich etwas gebremst. Dasist ungefähr so, als würde man einenneuen Maßstab für Hundertstelmilli-meter an ein ausgefranstes Maßbandlegen. Vielleicht wird aber, wenndie neue Methode stabil und aus-gereift ist, die Sekunde in einigenJahren neu definiert. Eine so genaueSekunde brauchen diejenigen, diesich mit den Grundlagen der Physikbeschäftigen. Zum Beispiel mit derFrage, ob das, was wir als Naturge-setz bezeichnen, tatsächlich immerschon galt – oder ob sich möglicher-weise mit der Zeit „konstante“ Kräf-te und Verhältnisse geändert haben.Am Rande der aktuellen wissen-schaftlichen Diskussion kann manaber auch noch ganz andere Aben-teuer mit (oder ohne) Zeit erleben.
Zeit? Ich weiß gar nichts mehr! Imletzten Jahr behauptete dieser ame-rikanische Physikprofessor – Ro-nald Mallett – , dass er eine Zeit-maschine bauen kann. Einstein hatZeitreisen mit seiner Relativitäts-theorie ja nicht ausgeschlossen, undMallett glaubt, er könne sie tatsäch-lich umsetzen. Im Kreis umlaufendeund stark verlangsamte Licht-strahlen sollen dafür sorgen,dass Zeit und Raum ihreDimensionen tauschenund zum ersten Maleinen Abzweig vomsteten Zeitflussschaffen. Dannbegegnete mannoch ClausKiefer, einemProfessor fürTheoretischePhysik in Köln,und hörteIdeen, wie sieim Prinzipschon derheilige Augus-tinus hatte –nur nicht sophysikalisch,natürlich. Kiefersagt: Es gibt dieZeit eigentlich garnicht. Die Physikfunktioniert bei denelementaren Gesetzenohne Zeit, und es isträtselhaft, wie die Zeit indie Welt kommt. Also kann
man davon ausgehen, dass es imPrinzip gar keine chronologischeAbfolge gibt. Allein unser Bewusst-sein konstruiert aus der Überlage-rung aller Zustände ein Fortlaufender Dinge. Die Ewigkeit, so hat sichAugustinus das wohl gedacht, istgar nicht ewig, weil sie überhauptkeine zeitliche Ausdehnung hat. Sieist eher Gottes Blick auf eine stati-sche Gleichzeitigkeit von allem, waswar, ist und je sein wird ... oder ...gewesen sein wird?
Solange wir immer nur davon re-den, aber nie wirklich meinen, dasswir gar keine Zeit haben, reicht esvielleicht zu wissen, dass die Cä-sium-Atomuhren der PTB – sie ge-hören zu den genauesten der Welt –einen Sender bei Frankfurt kontrol-lieren. Der sendet pausenlos Signaleaus, die den Funkwecker korrekt aufSommerzeit umstellen und demVideorekorder automatisch die Zeitdiktieren. Und zwar ganz unabhän-gig davon, ob es sie nun gibt odernicht.
JULIA FÖRSTER
Aus Russland erhält
die Wellentheorie philosophi-
sche Unterstützung: Michail Wassil-
jewitsch Lomonossow ist in seiner Arbeit
„Der Ursprung des Lichts und der Farben“
(1756) vom Licht als Welle überzeugt.
Der Franzose Claude Chappe erfindet 1791 den Sema-
phor, einen Apparat zur optischen Nachrichtenübermittlung.
19. Jahrhundert
Es gibt „Licht“ jenseits des Sichtbaren: Im Jahr 1800 entdeckt
Wilhelm (William) Herschel die Infrarotstrahlung. Er stellt fest,
dass dieses unsichtbare Licht jenseits von Rot die meiste Wärme
erzeugt. Ein paar Jahre später wird John Leslie zeigen, dass die
Wärmestrahlung die gleichen Eigenschaften wie die Lichtstrahlung
hat.
Auch auf der anderen Seite des sichtbaren Spektrums ist die Optik
nicht zu Ende: Der Physiker Johann Ritter entdeckt 1801 – bei der
Arbeit mit Silberchlorid – die UV-Strahlen.
Der Begriff Interferenz (die Überlagerung von Licht) ist für
immer mit Thomas Young verknüpft. 1802 veröffentlicht
Young seine Arbeit „On the theory of light and colours“,
in der er nachweist, dass Licht Interferenzmuster
erzeugen kann – etwa, indem es durch zwei schmale
Spalte hindurch geschickt wird. Interferenz ist
nur mit Wellen möglich.→ S. 21
maßstäbe20
Lineale aus Licht
Das Urmeter hat als Verkörperung der Längeneinheit schon lange aus-gedient. Wer heutzutage eine Länge exakt messen will, braucht Licht,am besten aus einem Laser. In der PTB werden die Grenzen der Längen-messung immer weiter vorgeschoben.
Wie ein Erdbeben könnte ein vorbeifahrender Lastwagen auf die Atome desglatt polierten, dunklen Granitblocks im Keller des Abbe-Baus der PTB wir-ken. Und die Körperwärme eines Menschen reicht aus, um den Fels und dieaufliegenden Geräte um ein paar milliardstel Meter auszudehnen. Selbst derfederleichte Aluminium-Schlitten, der luftgepolstert über den Granitblockgleitet, drückt den Fels um Bruchteile einer Haaresbreite nach unten. Ein Hor-ror für Jens Flügge: Der PTB-Wissenschaftler will das genaueste Lineal derWelt bauen. Der „Nanometer-Komparator“, an dem er zusammen mit Kolle-gen seit zwei Jahren arbeitet, soll demnächst den Abstand zwischen Strichenauf Längenmaßstäben bis auf fünf milliardstel Meter (5 Nanometer = 5 nm)genau messen, die Strukturen auf Masken für Computerchips sogar (in be-stimmten Fällen) auf ein paar zehntel Nanometer. Damit das klappt, mussRuhe herrschen in der Nanowelt.
Um das lästige Zittern und Wackeln, die Temperaturschwankungen und Luft-bewegungen der makroskopischen Welt von ihrem Messgerät fernzuhalten,haben Flügge und seine Kollegen zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen getroffen.Der Nanometer-Komparator steht rund acht Meter unter der Erde, mitten in ei-ner aufwendig klimatisierten Halle. Deren Decke besteht aus 30 ZentimeternBeton und 1,20 Metern Dämmmaterial. Zusätzlich ist sie von zwei Metern Er-de bedeckt. Das schottet den Messraum sowohl von Vibrationen als auch vonSommerhitze oder winterlichem Frost ab. Gegen die Körperwärme der PTB-Techniker kann der Nanometer-Komparator allerdings nicht abgeschirmt wer-den. Eine Messung kann deshalb erst zehn Stunden nachdem der letzte Menschdie kleine Messkabine innerhalb des großen Messraums verlassen hat, begin-nen. Während der Messungen darf nicht einmal der Vorraum betreten werden.
Die Abstände wackeln
Wenn der Nanometer-Komparator zur Ruhe gekommen ist, kann es losgehen.Sein eigentliches Messinstrument ist ein hochgenaues „Lineal“, das aus Lichtbesteht, grünem Licht mit einer Wellenlänge von genau 532 Nanometern, er-zeugt von einem Neodym:Yttrium-Aluminium-Granat-Laser. „Die Wellenber-ge und -täler des Laserlichts sind praktisch die Striche eines solchen Lichtli-neals“, erklärt Harald Schnatz vom PTB-Laboratorium „Längeneinheit“. „Mitihnen kann man einen Millimeter noch mal in 2000 Abschnitte unterteilen“.Doch das Lineal aus Licht ist nicht so starr wie eines aus Stahl oder Holz. DieAbstände zwischen den „Messstrichen“ schwanken ein kleines bisschen, weildas vom Laser abgestrahlte Licht nicht immer exakt die gleiche Wellenlänge hat.Um diesen Störfaktor auszuräumen, wird die Wellenlänge in einer kompliziertenProzedur durch Vergleich mit bestimmten Atomübergängen „stabilisiert“. Vorkurzem ist es Schnatz zusammen mit Kollegen gelungen, die Frequenz einesbestimmten Übergangs von Calcium-Atomen, die bei 455 Billionen Schwin-gungen pro Sekunde (Hertz) liegt, bis auf acht Hertz exakt zu bestimmen.
maßstäbe 21maßstäbe 21
Laser, deren Frequenz und Wellenlänge unter genau festgelegten Bedingun-gen mit einer möglichst kleinen Unsicherheit sehr präzise bekannt sind, sogenannte Frequenznormale, ersetzen heutzutage das Urmeter. Der Stab ausPlatin-Iridium verändert sich auf Dauer zu stark; schließlich ist er von derTemperatur abhängig. Der Maßstab des Licht-Lineals dagegen ist mittler-weile so genau, dass andere Störfaktoren bei der Längenmessung eine we-sentlich größere Rolle spielen. Zum Beispiel die Luft: Sie verändert Ge-schwindigkeit und Wellenlänge des Lichts um einen winzigen Bruchteil.Dummerweise hängt die Veränderung von mehreren Faktoren ab: von Tem-peratur, Druck, Feuchtigkeit und der genauen Zusammensetzung der Luft.Um eine Länge von einem Meter mit einer Genauigkeit von besser als10 Nanometern zu bestimmen, müsste die Temperatur bis auf ein hunderts-tel Grad Celsius konstant gehalten werden. Beim Nanometer-Komparator istdas kaum zu erreichen; er enthält einige Wärmequellen, die nicht ausgela-gert werden können. Die Lösung für dieses Problem heißt: die Luft verban-nen. Die Laserstrahlen laufen komplett im Vakuum.
Spiegel-Tricks
Um eine Genauigkeit von 5 Nanometern zu erzielen, ist ein Abstand von532 Nanometern (die Wellenlänge des Nd:YAG-Lasers) zwischen den„Messstrichen“ natürlich noch viel zu breit. Mit einem Trick kann der Zwi-schenraum noch weiter unterteilt werden. Dafür nutzen Jens Flügge undKollegen das Prinzip der Interferometrie. Der Lichtstrahl des Lasers wirdin zwei Teile aufgespalten. Sie nehmen unterschiedliche Wege und werdenüber geschickt aufgestellte Spiegel später wieder zusammengeführt. DieMessanordnung wird so gewählt, dass der Unterschied zwischen den We-gen, die beide Strahlen zurücklegen, gerade die Länge ist, die man messenmöchte. Wenn die beiden Lichtstrahlen wieder zusammenfinden und sichüberlagern, bildet sich ein Interferenzmuster: Treffen Wellenberg undWellental aufeinander, löschen sich die zwei Lichtwellen gegenseitig aus,beim Zusammentreffen von zwei Wellenbergen entsteht ein hellerStrich. Durch die Verschiebung der beiden Strahlen gegeneinanderwerden auch winzigste Längen messbar. Eine Lichtwellenlängekann so noch mal in 2000 bis 60 000 Teile zerlegt werden. Dasgenügt selbst Jens Flügge und seinen Auftraggebern. DerNanometer-Komparator soll bei der Produktion von Com-puterchips eingesetzt werden. Dabei werden so genannteMasken gebraucht, um nacheinander Transistoren oderelektrische Leitungen auf dem Chip abzubilden. Damitbei den immer kleiner werdenden Chips alles am rich-tigen Platz landet, müssen die winzigen Masken nano-metergenau gemessen werden.
Das Prinzip der Interferometrie wird auch bei anderenLängenmessungen verwendet, bei denen es nicht aufNano-, aber doch auf Bruchteile von Mikrometern an-kommt. PTB-Forscher um Ahmed Abou-Zeid messenMaßbänder, Messlatten, Mikrometerschrauben undSchieblehren, damit sie in der Industrie höchstenAnforderungen genügen können. Auch so genannteParallel-Endmaße – Sätze von 122 glatt polierten,unterschiedlich langen Metallquadern, die zur Kalibrie-rung von Maschinen dienen – werden in der PTB mitHilfe der Interferometrie exakt gemessen. Das ist Routinefür die PTB-Forscher. An der Grenze der Machbarkeitbewegt sich dagegen Arnold Nicolaus aus dem PTB-Labor„Interferentielle Längenmessung“. Er arbeitet daran, dasVolumen eines kugelförmigen Silizium-Einkristalls von derGröße einer Boule-Kugel so exakt zu messen, dass er sich höch-stens um den hundertmillionsten Teil irrt. Um die geforderte Genau-
igkeit zu erreichen, misst Nicolausmit einem eigens konstruiertenKugel-Interferometer den Durch-messer der Silizium-Kugel mit einerUnsicherheit von etwa einem Nano-meter. „Das ist die momentane Leis-tungsgrenze der Längenmessung“,sagt er. Seine Messungen tragendazu bei, auch das Urkilogrammdereinst überflüssig zu machen.Dann kann auch die Masseeinheitohne Prototyp auskommen. Bislangist das Meter dem Kilogramm darinum einige Längen voraus.
UTE KEHSE
In London gehen 1807
auf öffentlichen Straßen die
ersten Gaslaternen an. Der Erfinder
William Murdock hatte den Großversuch
zuvor mit seiner eigenen Fabrik unternommen –
es war das erste Gebäude, das mit Gaslicht versorgt
wurde. Bereits 1792 hatte Murdock die Eigenschaften
von „Leuchtgas“ entdeckt und erste Leuchtgaslampen
gebaut. Murdocks Erfindung ist so überzeugend, dass die
London Gas Light & Coke Company entsteht, die in der
ganzen Londoner Innenstadt Gaslaternen aufstellen wird.
Zwischen zwei Kohlestäben, die an eine Stromquelle angeschlos-
sen sind, kann ein sehr heller Lichtbogen gezündet werden.
Humphry Davy erfindet diese Bogenlampe 1808 – das erste
elektrische Licht. Allerdings ist sie nicht ganz praktisch – sie
erzeugt unglaublich viel Rauch und strahlt enorme Hitze ab. (Einen
größeren kommerziellen Erfolg hat Davy ein paar Jahre später, als
er die Sicherheitsgrubenlampe erfindet.)
Mit Johann Wolfgang von Goethe bekommen Newtons Ideen
einen prominenten Widersacher – was die Deutung des Lichts
betrifft. Newton hatte 1672 weißes Licht durch Prismen ge-
schickt und es so in seine Spektralfarben zerlegt. Gleichzei-
tig konnte er den Prozess umkehren und aus verschieden-
farbigen Lichtstrahlen wieder weißes Licht erzeugen.
Newton hatte Licht als Zusammengesetztes ent-
deckt. In seiner Farbenlehre von 1810 vertritt
Goethe hingegen eine ganzheitliche, psycho-
logisch orientierte Farbentheorie.
Bilder (S. 20): Das Urmeter (links oben)ist heute ein Museumsstück. Für Län-genmessungen ist Licht der bessereMaßstab – Laser fungieren als „optischeLineale“. Im Bild links unten laufen die(ansonsten nicht-beobachtbaren) Licht-strahlen zweier Laser durch eine mitJod-Gas (129I2) gefüllte Küvette. Das roteLicht stammt aus einem Helium-Neon-Laser, das grüne aus einem Nd:YAG-Laser – der Wirtskristall aus Yttrium,Aluminium und Granat ist mit Neodymdotiert. Der rote Strahl aus dem He-Ne-Laser im Bild rechts oben ist Ergebnis fotografischer Kunst und wäre mit bloßem Auge nicht sichtbar.
→ S. 23
maßstäbe22
Laser – eine „Lawine“ aus Licht
Ein Laser ist ein ausgeklügelter „Lichtverstärker“. Ererzeugt extrem energiereiches Licht. Es beginnt in ei-nem Gas (oder auch Halbleiter oder Festkörper – jenach Lasertyp), in dem sich normalerweise fast alleAtome oder Moleküle in einem Zustand möglichst ge-ringer Energie, im so genannten Grundzustand, befin-den. Nur wenige der Atome tummeln sich auf einemhöheren Energieniveau. Pumpt man nun – durch Ein-strahlen von Licht oder durch eine elektrische Entla-dung – Energie in das Gas hinein, so werden viele derAtome angeregt und die ursprüngliche Situation (vieleAtome im Grundzustand, wenige im Anregungszustand)dreht sich genau um. Die Physiker sprechen daher auchvon „Besetzungsumkehr“. Überlässt man die Atomesich selbst, dann fallen alle nach kurzer Zeit spontan inihren Grundzustand zurück.
Um zu einer Laserwirkung zu kommen, muss man die-ser spontanen Emission zuvorkommen und das Atomzwingen, in seinen Grundzustand zurückzufallen: Eineingestrahltes Photon genau passender Energie kanndiesen Übergang gezielt auslösen. Indem das Atom inseinen Grundzustand fällt, sendet es seinerseits ein Pho-ton aus. Es hat genau dieselbe Energie, Wellenlänge undPhase wie das eingestrahlte Photon. Aus einem Licht-teilchen sind somit zwei geworden. Jetzt muss man nurnoch an den Enden des Lasers Spiegel parallel zueinan-der aufstellen. Die abgegebenen Photonen werden re-flektiert und veranlassen angeregte Atome, ihrerseits einPhoton abzugeben. Diese werden wieder reflektiert,
Bild oben: Moderner Femtosekundenlaser. Mit Pulsen von nur20 Femtosekunden (10–15 s) Dauer können ultraschnell ab-laufende Prozesse in der Natur – wie das Molekülverhaltenwährend der Photosynthese oder die Dynamik der Ladungs-träger in Halbleitern – „geblitzt“ werden.
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veranlassen das nächste Atom zur Photonenabgabe –der Lawineneffekt ist da. Er hat dem Laser seinenNamen gegeben: „Light Amplification by StimulatedEmission of Radiation“ (Lichtverstärkung durch sti-mulierte Emission). Ein Teil der Photonen entweichtdurch einen der Spiegel, der teilweise durchlässig ist,und bildet den Laserstrahl, der dann im CD-Spieler, inder Supermarktkasse, beim Hautarzt oder in der Indu-strie verwendet werden kann.
Der Laser – von dem es 1962 noch hieß, er sei „eineLösung auf der Suche nach einer Anwendung“ – istheute aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Dasliegt an den besonderen Eigenschaften des Laserlichts,die aus der erzwungenen oder stimulierten Emissionresultieren: Die einzelnen Photonen, die beim „Herab-springen“ der Elektronen aus dem Anregungs- in denGrundzustand ausgesendet werden, sind nicht nur strengeinfarbig (monochrom), sondern – im Gegensatz zujeder anderen Lichtquelle – sämtlichst miteinanderverkoppelt. Verschiedene Wellenzüge des Laserlichtskönnen daher auch dann miteinander überlagert werden(interferieren), wenn sie sehr unterschiedlich lange We-ge zurückgelegt haben. Das Maß für diese Fähigkeit, dieKohärenzlänge, beträgt bei Laserlicht leicht 1000 Kilo-meter, während sie bei anderen monochromatischenLichtquellen eher bei einigen Zentimetern liegt. Laser-licht eignet sich damit neben seinen zahlreichen anderentechnischen Anwendungen auch, nach einigen Tricksder Frequenzstabiliserung, hervorragend als „optischesLineal“ – für hochpräzise Längenmessungen.
uk/es/jes
Grafik unten: Licht plus Licht kann auch Dunkelheit ergeben.In diesem Phänomen der Interferenz – die Grafik stellt einstreng periodisches Muster heller und dunkler Interferenz-streifen dar – zeigt sich die Wellennatur des Lichts. KleinsteGangunterschiede (Bruchteile der Wellenlänge) der über-lagerten, kohärenten Lichtstrahlen lassen sich damit auflösen.
maßstäbe 23maßstäbe 23
Weißes Licht müsse,
so Goethe, viel reiner und
einfacher sein als farbiges Licht. Ein
Zusammengesetztes könne es nicht sein.
1814 stellt Joseph von Fraunhofer eine ausführliche
Abbildung des Sonnenspektrums aus 324 Linien her.
Thomas Young und Augustin Jean Fresnel weisen 1817/
1818 nach, dass Lichtwellen Transversalschwingungen sein
müssen. Fresnel dokumentiert dies in seiner „Abhandlung über
die Beugung des Lichts“ (Mémoire sur la diffraction de la
lumière).
Ein Blick aus dem Fenster, auf die Dächer der Nachbarhäuser, wird
das erste (bis heute erhaltene) Positivbild in der Geschichte der
Fotografie (1827). Der Franzose Joseph Nicéphore Niépce braucht
dazu eine Belichtungszeit von mehreren Stunden (s. S. 35).
Seiner Zeit voraus ist 1827 der Franzose Jacques Babinet. Er
schlägt vor, die Wellenlänge von Licht als Längenmaßstab zu
verwenden. (Erst 1960 wird das Meter auf diese Weise definiert
werden.)
Im selben Jahr veröffentlicht der irische Physiker William
Rowan Hamilton seine „Theory of systems of rays“, in
der er die Phänomene der Optik aus abstrakten
Extremalprinzipien herleitet. (Bekannter als seine
Untersuchungen über Strahlensysteme ist ...
Ein großes Talent, dieser Undercover-Agent: Unerkannt ist er quer durchdas Land gereist und hat Kontakt mit den Mitgliedern der „Vereinigung desBösen“ aufgenommen. Und jetzt funkt er. In aller Seelenruhe. Verschlüsselt.Und was am anderen Ende der Welt die Entschlüsselungexperten in die Zen-trale bringen, sind allerfeinste Tatsachen: zum Beispiel, wo das Hauptquar-tier liegt und wie groß es ist.
„Da liegt der Tumor“, sagt Rainer Macdonald und zeigt auf ein Foto auf ei-nem Poster. Eine Maus mit einem leuchtenden Fleck auf der rechten Kör-perseite. Was hier leuchtet, ist nicht der Tumor selbst, sondern der „Agent“– ein Kontrastmittel, das die Forscher der Maus gespritzt haben. Es hat dieKrebszellen im Körper der Maus aufgespürt und sich an sie geheftet. UmKontakt mit ihrem Agenten aufzunehmen, bestrahlen die Wissenschaftlerdie Maus mit Laserlicht einer ganz bestimmten Wellenlänge (in diesem Fall740 nm), das mehrere Zentimeter tief in das Gewebe eindringt. Der Agentantwortet – will sagen: das Kontrastmittel leuchtet auf – und verrät den Sitzdes Tumors. „Eine faszinierende Sache, nicht wahr?“ sagt Macdonald.„Stellen Sie sich vor, ein Arzt muss nur einen solchen Stoff spritzen, undwir können dann mit Hilfe von Laserlicht und einer Spezialkamera Tumoreim Körper aufspüren.“
Aber so weit sind er und seine Kollegen vom Fachbereich „MedizinischeMesstechnik“ der PTB in Berlin noch nicht – trotz erster Erfolge bei derMaus. Gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern müssen sie noch somanches Experiment starten, bis das neue Kontrastmittel auf den Marktkommen kann. „Es hätte wesentlich schneller gehen können – wenn nichtMenschen und Tiere so ein aufmerksames Immunsystem hätten“, erklärtMacdonald. Im Reagenzglas funktioniert es schon seit zehn Jahren: dieKopie eines ganz normalen Vorgangs im menschlichen Körper. Ein intaktesImmunsystem versucht körperfremde Substanzen, zum Beispiel ein eindrin-gendes Virus, abzuwehren. Dazu werden Antikörper gebildet, die auf ihrerOberfläche speziell geformte Strukturen aufweisen. Sie passen – wie einSchlüssel zum Schloss – genau auf entsprechende Strukturen auf derVirus-Oberfläche. Hat sich ein Antikörper dort festgesetzt (ange-dockt), dann ist das Virus identifiziert und kann außer Gefechtgesetzt werden. Das Konzept der Wissenschaftler sieht ganzähnlich aus. Sie wollen bestimmte Körperzellen nachweisen,zum Beispiel weiße Blutzellen oder Tumorzellen. Dazu su-chen sie sich Stoffe, mit denen sie diese Zellen gezieltaufspüren können – und zwar über dasselbe Schlüssel-
Schloss-Prinzip: Ein ausgewählterAntikörper (zum Beispiel aus demBlut von Mäusen oder Ziegen), derexakt auf die Oberflächenstrukturendieser Körperzellen passt, wird miteinem geeigneten Fluoreszenz-farbstoff markiert. Jetzt leuchtet er,wenn man ihn mit Licht bestrahlt.Er ist ein wirksamer Spion, zumin-dest im Reagenzglas oder auf demObjektträger. Dasselbe auch imlebenden Organismus zu erreichenist wesentlich schwieriger, denn dasImmunsystem wehrt den Antikörpernormalerweise ab. Doch die For-scher des Kooperationspartnershaben den Agenten gewissermaßenverkleidet – Einzelheiten werdennicht verraten, die Entwicklung läuftja noch –, damit er unerkannt durchdie Reihen der Immunabwehrschlüpfen kann. Ob das auch beimMenschen problemlos funktioniert,muss sich noch zeigen. Vielleichtwird die Vision vom Stoff, der denKrebs mit Hilfe von Lasern zumLeuchten bringt und mit Spezial-kameras aufgespürt werden kann,schließlich einmal Wirklichkeit.
So wird der Tumor sichtbar: Im Licht eines aufgeweitetenLaserstrahls leuchtet der Fluoreszenzfarbstoff, der sich andie Krebszellen der Maus angelagert hat, auf (Skala: Fluores-zenzintensität als Zahl der über eine bestimmte Belichtungs-zeit registrierten Photoelektronen). (Nature Biotechn. 19,S. 327; 2001)
→ S. 25
maßstäbe24
Unser Spion hat es geschafft, ganz tief in die „Vereinigung des Bösen“ ein-zudringen. Zur Zeit finden wir ihn mitten im Ausbildungslager. Geduldig be-obachtet er, wie neue Mitglieder rekrutiert werden. Was so schnell wächstwie diese Organisation, muss irgendwo eine Schwachstelle haben.
„Dieser Farbstoff hat sich direkt in die DNA, die Erbsubstanz, eingelagert“,erklärt Jörg Neukammer vom Laboratorium „Messtechnik in der Laborato-riumsmedizin“. Von dort soll er Informationen liefern, die für die Krebsthe-rapie oder -diagnose wichtig sein könnten. „Wir sind noch ganz am Anfang,um mit derartigen Methoden seltene Zellen – zum Beispiel Tumorzellen –im Blut aufzuspüren“, sagt Neukammer. „Aber gerade in diesem Bereichgeht die Entwicklung der Wissenschaft sehr, sehr schnell. Was noch vorzwei Jahren als gesichertes Wissen galt, ist heute zum Teil bereits überholt.“Das gesicherte Wissen von heute lautet folgendermaßen: Bestimmte Farb-stoffe können sich an die DNA von Zellen anlagern – auch von Tumorzel-len. Und weil Tumorzellen in der Regel eine andere DNA-Menge enthaltenals gesunde Körperzellen – der Teilungszyklus ist nämlich gestört –, könntesich hier eine Möglichkeit bieten, sie nachzuweisen. Das Experiment ver-läuft nach folgendem Rezept: Man gebe (zusätzlich zu einem spezifischenOberflächen-Kontrastmittel, einem fluoreszenzmarkierten Antikörper) einsolches DNA-Kontrastmittel in eine Blutprobe. Dann beleuchtet man dasGanze mit Laserlicht der richtigen Wellenlänge. Das eingelagerte Kontrast-mittel leuchtet auf und macht die DNA-Menge sichtbar. Wenn auf diese Artbereits kurz nach einer Therapie festgestellt werden könnte, ob die Zahl derTumorzellen tatsächlich abnimmt, wäre Ärzten und Patienten sehr geholfen.„Es wurde beispielsweise versucht, mit dieser Methode den Fortschritt einerBrustkrebs-Therapie zu überwachen und Vorhersagen über den Krankheits-verlauf zu treffen. Aber bisher funktioniert es noch nicht zufriedenstellend“,gibt Neukammer zu. Oft bestehen Tumore aus verschiedenen Zellen, unter-scheiden sich im DNA-Gehalt oder in anderen Eigenschaften. Vielleichtführen verschiedene Verfahren, kombiniert eingesetzt, zum Erfolg. DieWissenschaftler werden nicht locker lassen.
Was ist Fluoreszenz?
Dass bestimmte Stoffe leuchten,nachdem sie angestrahlt wurden, hatman schon in der Antike bestaunt.Der englische Physiker Sir G.Stokes gab dem Phänomen im Jahr1865 den Namen Fluoreszenz, nachdem Mineral Flussspat oder Fluorit.Die genaue Erklärung konnte erstdie Atomphysik des 20. Jahrhun-derts liefern: Licht, das auf einenFluoreszenz-Farbstoff fällt, kann dieMoleküle des Farbstoffs anregen.Dabei hebt ein Photon (Lichtteil-chen) ein Elektron des Molekülsauf ein höheres Energieniveau. Dieeinfallende Lichtenergie wird fürkurze Zeit – Bruchteile einer Se-kunde – in diesem Zustand zwi-schengespeichert. Ein Teil dieserEnergie „verpufft“ gewöhnlich alsWärme. Der verbleibende Rest wirdals Licht emittiert; dieses Fluores-zenzlicht ist entsprechend langwelli-ger als das anregende Licht. Genaudies macht sich die Fluoreszenz-Diagnostik zu Nutze. Ein Lasersorgt für die nötige Anregung desFarbstoffs, und ein Detektor re-gistriert die „langwelligere Ant-wort“.
Geht ein Mediziner auf die Jagdnach einem Tumor, so tut ihm diesernur selten den Gefallen, von selbstfluoreszierend zu leuchten. Hierkommen Fluoreszenzfarbstoffe alsKontrastmittel ins Spiel, die che-misch an bio-molekulare Sonden(zum Beispiel Antikörper oder auchDNA/RNA-Fragmente) gebundenwerden und sich dadurch sehr spe-zifisch an den „Übeltäter“ ando-cken. Diese leuchtenden „Spione“leisten nicht nur in der Medizin guteDienste, sondern beispielsweiseauch im Umweltschutz, wo sie Ver-unreinigungen in Gewässern auf-spüren.
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In diesem Reagenzglas befindet sichDNA, die mit einem Fluoreszenz-Farb-stoff markiert wurde.
Foto: National Institute of Health/Science Photo Library
maßstäbe 25maßstäbe 25maßstäbe 25
Nirgendwo eine Schwachstelle zu sehen – verdammt langwierige Geschich-te. Plötzlich klappt es: Unserem gewitzten Agenten gelingt es, ein paarNachwuchs-Mitgliedern der „Vereinigung“ Minisender unterzujubeln. Jetztheißt es cool bleiben und abwarten, bis die Leute an ihre Standorte ge-schickt worden sind. Und dann: gezielter Zugriff.
„Diese Krebszellen machen es uns einfach. Sie leuchten von selbst“, sagtRainer Macdonald. Er steht vor einem weiteren Poster. Wieder ein Foto –keine Maus diesmal –, darauf mehrere leuchtende Flecke. „Das sind Krebs-zellen. Sie enthalten einen körpereigenen Farbstoff, Protoporphyrin IX. Hiermussten wir kein Kontrastmittel zugeben, sondern nur eine körpereigeneVorläufer-Substanz, um zu verstärken, was im Ansatz schon da war.“ DerFarbstoff, der sich vor allem in Krebszellen anreichert, ist ein Glücksfall fürdie Wissenschaftler. Darum ist die zugehörige technische Anwendung auchschon recht weit entwickelt: die fluoreszenzgestützte Endoskopie. Wenn einArzt mit einem entsprechend ausgestattetem Endoskop – beispielsweise inder Speiseröhre – nach Tumoren sucht und eine verdächtige Stelleentdeckt, kann er sich zusätzliche Gewissheit verschaffen: EinFußtritt auf einen Schalter am Boden, das normale Bild ver-schwindet und ein Fluoreszenzbild erscheint auf dem Monitor.Zeigt sich hier in der verdächtigen Region ein Leuchten, dannhat der Patient vielleicht Krebs. Eine gezielte Gewebeent-nahme (Biopsie) ist angesagt. „Das Problem ist, dass derArzt die Bilder mit den bisher verfügbaren Geräten nurnacheinander sehen kann“, erklärt Macdonald. „Es wäreviel besser, wenn er ständig beides im Blick hätte, dasnormale Weißlicht- und das Fluoreszenzbild.“ Genaudas kann die Apparatur, die die Mitarbeiter des Fach-laboratoriums entwickelt und in Zusammenarbeit mitÄrzten in der Charité, Berlin erprobt haben. Dabeisendet der Laser, dessen Licht zur Anregung desFarbstoffs nötig ist, seine Strahlung nicht kontinuier-lich, sondern in sehr kurzen Pulsen aus. Es sind nurNanosekunden (eine Nanosekunde ist der milliardsteTeil einer Sekunde) – viel zu kurz, um das normaleEndoskopbild zu stören. So kann der Monitor, den derArzt immer im Blick hat, ständig beide Bilder nebenein-ander liefern. „Es ist allerdings noch einige Entwick-lungsarbeit zu leisten, bis aus dem jetzigen Forschungs-gerät ein marktreifes Diagnoseverfahren für die klinischeRoutine werden könnte“, sagt Macdonald. Unter anderemmüsste das eingesetzte Lasersystem vereinfacht und die bei-den Einzelbilder sollen zu einem einzigen Bild vereint werden.Das wäre für den Arzt optimal – und ein weiterer kleiner Sieg imKampf gegen den Krebs.
ERIKA SCHOW
Das Videobild (rechts) erlaubt nochkeine eindeutige Diagnose. Aber der-selbe Bereich als Fluoreszenz-Falsch-farbenbild (links) dargestellt zeigt: Indieser menschlichen Speiseröhre sindeinige Schleimhautzellen bösartigverändert: die Vorstufe eines Tumors.
heute die Hamilton-
sche Mechanik, die ebenfalls
auf Extremalprinzipien aufgebaut ist.)
Wie nehmen das Auge Licht und das Ohr Schall
war? Heinrich Weber und Gustav Theodor Fechner
finden 1834 heraus, dass die subjektive Empfindung
einer Lautstärke oder einer Helligkeit bei Verdoppelung
des physikalischen Reizes sich nicht auch verdoppelt, son-
dern jeweils um einen konstanten Betrag zunimmt (heute
bekannt als Weber-Fechnersches Gesetz).
Die Daguerrotypie wird erfunden: Louis Jacques Daguerre
entwickelt 1839 ein photographisches Verfahren, mit dem er
Silberbilder (Photos) auf Metallplatten festhalten kann.
1842 ist das „Geburtsjahr“ des Doppler-Effekts. Johann Christian
Doppler beschreibt, wie sich Frequenzen für einen Beobachter
verschieben, wenn die Wellen aus einer sich (relativ zum Beobach-
ter) bewegenden Quelle stammen. Bei Schallwellen ist der Effekt
leicht hörbar: Das Pfeifen eines herannahenden Zuges klingt
deutlich höher als das eines sich entfernenden. Beim Licht ist
ein ähnlicher Effekt als „Rotverschiebung“ bekannt (formu-
liert von Hippolyte Fizeau).
Michael Faraday nimmt an, dass Licht aus elektromag-
netischen Wellen besteht (1845). Er stößt hierauf bei
seinen Untersuchungen des Magnetismus und der
Beobachtung, dass magnetische Felder die
Polarisation von Licht beeinflussen.
→ S. 29
maßstäbe26
„Was wissen die Armen, denen nie ein Blau aufgingam Ziel ihres Herzens oder am Weg ihres Traums in der Nacht.Oder die Enthimmelten, die Frühblauberaubten.“(Else Lasker-Schüler, Briefe nach Norwegen. Vom Himmel)
Sein blauesWunder erleben
Fahrt ins Blaue
Der blaue Brief
himmelblau
Das blaueLicht
Das Blaue vomHimmel lügen
blue sky research
Der Blaue Planet
mono-chrom-
blau
Der blaue Engel
Die blaue Blume der Romantik
blue mood
blau sein
Blues
Es blaut so blau
Foto: E. Zueger, Arco Images
maßstäbe 27
Himmelblau
Um es gleich zu sagen: Nicht jeder Himmel ist blau.Über der Venus etwa ist der Himmel gelblich-weiß unddie Sonne sieht blässlich rot aus. Auf unserem BlauenPlaneten dagegen, der auch von außen blau schimmert,ist alles viel schöner. Um nichts in der Welt gäben wirdoch unser Himmelblau her, oder? Das Blau zu habenist die eine Sache, es zu verstehen die andere. DiePhysik zumindest weiß seit Lord Rayleigh (1842 bis1919), warum unser Himmel blau ist. Verantwortlichdafür sind die Luftmoleküle, also vorwiegend Stickstoffund Sauerstoff, die sich dem weißen Sonnenlicht in denWeg stellen und es in alle Raumrichtungen streuen.Diese Streuung hängt jedoch empfindlich, genauer: mitder vierten Potenz, von der Wellenlänge des Lichts ab:Je kürzer die Wellenlänge, umso stärker die Streuung.Und die Wellenlänge von Blau ist halb so groß wie dievon Rot. Wenn wir also auf irgendeine Stelle des Him-mels gucken, sehen wir das von den dort vorhandenenMolekülen gestreute Licht – also vorwiegend blau.Dass der Abendhimmel rot leuchtet, erklärt dieseRayleigh-Streuung übrigens auch: Da jetzt für dasLicht der Weg durch die Atmosphäre sehr weit ist, hatdas Licht, das wir sehen, schon sehr viele Luftteilchenpassiert. Die blauen Anteile sind jetzt längst in alleRichtungen „verstreut“ und wir sehen nur noch, wasübriggeblieben ist: Rot.
PS: Diese Erklärung genügt noch nicht für den Venus-himmel. Dazu ist es noch nötig zu wissen, dass auchdie Dichte der Atmosphäre eine Rolle spielt. Je höherdie Dichte, umso stärker die Streuung. Und die Atmo-sphäre der Venus ist vorwiegend eine „dicke Suppe“aus Kohlendioxid (von der dichten Wolkenschicht, diezusätzlich alles beschattet, ganz zu schweigen).
Ein zusätzliches Thema beim Himmelblau, wennauch nicht nur da, ist die Luftverschmutzung: GroßeTeilchen wie Staub oder Ruß in die Atmosphäre zublasen bedeutet auch, das Blau auszubleichen. DasPrinzip der wellenlängenabhängigen Rayleigh-Streu-ung gilt nämlich nur, wenn die Wellenlänge großgegenüber dem Teilchendurchmesser ist. Das gilt nichtmehr bei Staub oder Ruß oder sonstigen Aerosolen.Dann dominiert eine andere Streu-Variante (nach ihremEntdecker Mie-Streuung genannt), die sich kaum nochum die Wellenlänge des einfallenden Lichts schert. DasStreulicht der Schmutzteilchen ist dann weiß, überla-gert sich der Rayleigh-Streuung an den Luftmolekülenund das Blau des Himmels wird blässlich. Zugleichverdanken wir der Mie-Streuung aber auch ein sehrschönes Bild: Unsere Wolken sind – bei schönemWetter – nämlich nur darum weiß, weil die Wasser-tröpfchen, aus denen sie hauptsächlich bestehen, großsind im Vergleich zu den Wellenlängen des sichtbarenLichts. Also: Rayleigh macht den Himmel blau, Miedie Wolken weiß.
Der Blaue Reiter
Im Blaumann
blaumachen
maßstäbe28
Tscherenkow-Blau
Wer bisher dachte das blaue Licht sei lediglich im Grimmschen Märchenzu Hause, und man müsste in einen tiefen Brunnen steigen, um es heraus-zuholen, der irrt. Ganz unmärchenhaft, aber nicht weniger magisch schön,leuchtet es aus den Wasserbecken der Kernreaktoren, wie hier im For-schungsreaktor Geesthacht. Ursache dieses blauen Leuchtens sind sehrschnelle Elektronen, die bei der Spaltung der Uran-Atome aus den Kern-brennstäben entweichen und in das umgebende Wasser eindringen. DieseElektronen sind schneller, als es Licht in Wasser sein kann. Und analog zueinem Düsenjet, der beim Überschreiten der Schallgeschwindigkeit einenKnall provoziert, „knallt“ es bei den Elektronen optisch, sobald sie dieLichtmauer durchbrechen. Dieser Tscherenkow-Effekt (erstmals 1934beobachtet) tritt immer dann auf, wenn geladene Teilchen, also etwaElektronen, mit Überlichtgeschwindigkeit durch ein (dielektrisches) Medi-um schießen, das sie polarisieren können. Mit „Lichtgeschwindigkeit“ istdabei die maximale Geschwindigkeit für Licht in diesem Medium gemeint.Und je höher die Brechzahl des Mediums, umso stärker wird das Lichtgebremst. (Schneller als das Licht zu sein gelingt einem Teilchen daherwesentlich leichter in einem Medium hoher Brechzahl.) Im Reaktorbeckengeben die „verboten schnellen“ Elektronen nun etwas von ihrer Energie andie Wassermoleküle ab und diese wiederum – sobald der Raser vorbei ist –beginnen zu leuchten, vorzugsweise (da der Brechungsindex von Wassergerade hier besonders hoch ist) mit UV-Strahlung und mit blauem Licht.
PS 1: Der Tscherenkow-Effekt hat durchaus auch wissenschaftlich-prakti-schen Nutzen: Auf einem 1800 Meter hohen Plateau in Namibia etwa
suchen Tscherenkow-Teleskope den Him-mel nach schwachen blauen Lichtblitzenab, welche rasend schnelle Teilchen undGammaquanten, als Botschafter explodier-ter Sterne in fernen Galaxien, in der irdi-schen Atmosphäre auslösen. Die Astro-physiker erhoffen sich, dass ihnen dasTscherenkow-Licht etwas über den Ur-sprung und die Entstehungsmechanismender kosmischen Teilchen verrät. Denn nochist weitgehend ungeklärt, wie die Super-novae und andere „Hexenkessel“ aussehen,die solche Hochenergiepakete auf dieReise schicken.
PS 2: Dass Festkörperphysiker gern undoft eine andere Sicht auf die Dinge haben,ist bekannt. In diese Rubrik fällt die Nach-richt, dass das Tscherenkow-Licht kürzlichauch bei Unterlichtgeschwindigkeit in ei-nem Medium beobachtet wurde. Aber liebeFestkörperphysiker: Pawel Tscherenkowund den Theoretikern Igor Tamm und IliaFrank (die den Effekt mit dem Hinweis aufdie Überlichtgeschwindigkeit erklärt ha-ben) ist der Nobelpreis (aus dem Jahr1958) nicht mehr zu nehmen.
maßstäbe 29maßstäbe 29maßstäbe 29
Wie schnell ist das
Licht? Eine recht präzise
Antwort gibt 1849 Hippolyte Fizeau
mit einem Versuchsaufbau, bei dem er Licht
durch die Lücken eines rotierenden Zahnrads
schickt und es von einem Spiegel reflektieren lässt.
Fällt das reflektierte Licht gerade auf den nächsten
Zahn des rotierenden Zahnrades, so lässt sich aus der
Umdrehungsgeschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit
errechnen. Fizeau kommt derart auf 313 290 km pro Sekunde.
Eine enge Beziehung zwischen Elektromagnetismus und Licht
findet Gustav Robert Kirchhoff 1857: Er erkennt die Lichtge-
schwindigkeit c im Vakuum als die vermittelnde Konstante zwi-
schen magnetischen und elektrostatischen Kräften.
Erstmals 1858 arbeitet ein Leuchtturm mit elektrischem Licht: Der
South-Foreland-Leuchtturm in Kent wird mit Bogenlampen aus-
gestattet.
Jeder Körper sendet Temperatur- oder Wärmestrahlung aus. Wird
er starkt erhitzt, glüht er zunächst rot, dann gelb und schließlich
weiß. Gustav Kirchhoff fand 1859 eine grundlegende Gesetz-
mäßigkeit dieser Temperaturstrahlung: Bei gegebener Tem-
peratur sendet ein Körper nur Strahlung solcher Frequenz
aus, die er zugleich auch absorbieren könnte.
In den 60er Jahren bekommen die Erscheinungen
der Elektrizität und des Magnetismus ihre
endgültige mathematische Gestalt. ...
Laser-Blau
Mutter Natur ist etwas geizig gewesen, als sie dieHalbleiter gemacht hat – es steckt viel Rot, Gelb und
auch Grün in ihnen, aber nur sehr selten Blau. Sofanden die Physiker zwar rasch Verbindungen wie
Galliumarsenid, die zum Grundmaterial für lichtemit-tierende Dioden (LED) taugen. Doch aus diesen LEDließ sich nur langwelligeres Licht zwischen Grün und
Rot herauskitzeln. Ein technisch interessantes Material,in dem die Elektronen weite Energiesprünge machenund dabei blaues oder violettes Licht aussenden, war
dagegen nicht zu finden. Man experimentierte mitunterschiedlichsten Verbindungen und landete immer
wieder in Sackgassen aus Materialproblemen. Bisschließlich Mitte der 90er Jahre aus Japan die Meldungeiner blauen LED aus Galliumnitrid (GaN) kam, einem
Material, das eigentlich als „ungeeignet“ abgeschrie-ben war. Zunächst leuchtete diese GaN-LED nur
wenige Sekunden, doch nach kurzer Entwicklungszeitschon tagelang. Der Durchbruch war geschafft.
Mittlerweile stecken LED aller Farben in Computer-und Instrumentenanzeigen und Displays aller Art.
Die blaue LED war das nötige Sprungbrett für einenoch viel größere Herausforderung: eine Halbleiter-
diode, die blaue Laserstrahlung emittiert. Ein Laser mitderart kurzer Wellenlänge bietet besonders für dieComputer-Branche eine enorm reizvolle Aussicht,
ließen sich doch mit blauem Licht viel feinere Struktu-ren auf CD und DVD schreiben. Eine Informations-
menge von 20 Gigabyte wären so auf einer DVD-Scheibe problemlos unterzubringen. Auch hier
ist die japanische Entwicklung weit – inkleiner Stückzahl werden blaue Laser-
dioden bereits produziert, allerdings zuenormen Preisen (um 2000 Dollar pro
Stück) vertrieben. Ein deutschesVerbundprojekt, Ende der 90er Jahre
gestartet, will nun die japanischeEntwicklung ein- und überholen.
Gemeinsam mit Osram OptoSemiconductors in Regensburgarbeiten das Fraunhofer Institut
für Angewandte Festkörperphysikund mehrere Universitäten an
diesem Projekt. Das vorläufigeErgebnis: Der blaue Halbleiter-
laser strahlt mit Wellenlängenzwischen 410 und 420 Nano-
metern nun auch in hiesigenLaboratorien. Bevor er jedoch alskleiner Laserchip kommerziell an-geboten werden kann, müssen noch
zahlreiche Hürden genommenwerden. So gilt es, die Lebensdauer derLaserdiode zu erhöhen und das Problemder (noch nötigen) Kühlung in den Griff
zu bekommen.JENS SIMON
Foto rechts oben: Rot,grün, blau – das Licht
dreier Laserdioden. Dasgrüne Laserlicht mit einerWellenlänge um 520 nm
stammt aus einer Zink-Selenid basierten Diode,
das blaue Laserlicht(Wellenlänge bei 401 nm)
aus einer Gallium-Nitrid-Diode. Beides sind Ent-wicklungen der Arbeits-
gruppe um ProfessorDetlef Hommel des
Instituts für Festkör-perphysik, UniversitätBremen. Die rote La-
serdiode ist eine kom-merzielle mit einer Emis-
sion bei 670 nm. (DerLichteffekt auf dem Fotoresultiert einfach daraus,
dass das Laserlicht aufeinem gekrümmten Blatt
Papier abgebildet wurde.)
Tscherenkow-Strahlung aus demReaktorbeckendes Forschungs-zentrums Geest-hacht
Foto: GKSS, Geesthacht
Foto: Universität Bremen,Institut für FestkörperphysikBereich Halbleiterepitaxie
→ S. 31
maßstäbe30
„Mehr Rot alsnur ein Tropfen“Ein Interview über Farben und Licht. Erika Schowund Jens Simon sprachen mit Gijs van Tuyl, Kunst-historiker und Direktor des Kunstmuseums Wolfs-burg, einem international bedeutenden Museum fürmoderne Kunst.
Redaktion: Herr van Tuyl, welche Farbe hat Kunst fürSie? Und welche Farbe hat Physik?
van Tuyl: So generell – rein assoziativ? Vielleicht istPhysik weißes Licht. Klarheit. Und Künstler wählennatürlich aus – bestimmtes Licht. Kunst ist vielleichtblau. Das geht bei mir auf eine Jugendliebe zurück:Mein erster großer Eindruck von Kunst waren diese„Collages Découpés“, diese Scherenschnitte vonMatisse, die ich im Stedelijk Museum in Amsterdamgesehen habe. Nicht nur blau, aber die blauen habenmich am meisten beeindruckt. Blau hat etwas mitPurheit zu tun, mit Ferne und auch mit Nähe.
Matisse hat einmal gesagt, ein Quadratmeter Blau seiblauer als ein Quadratzentimeter desselben Blaus.
Da hat er absolut Recht. Im 20. Jahrhundert hat manfestgestellt, dass Farbe und Form eng zusammenhän-gen. Das kann man auch mit Rot machen, wie beiBarnett Newman: Wenn man eine Riesenfläche Rot hat,dann ist es mehr Rot als nur ein Tropfen. Die Farbeändert sich durch die Größe. Wenn man einen Stuhlanstreichen möchte und hat nur ein kleines Farbmuster,dann bekommt man einen ganzen anderen Stuhl, alsman sich vorher vorgestellt hat. Die Quantität bestimmtdie Qualität.
Was ist die Qualität von Farbe? Was ist überhauptFarbe?
Farbe ist Wahrnehmung. Wie bei dem Matisse-Spruch:Die Wahrnehmung wird von Farbe konditioniert undumgekehrt. Ohne Wahrnehmung gibt es keine Farbe.Das ist ein altes philosophisches Problem: Wenn nie-mand eine blaue Frau von Matisse sieht, dann gibt esdas Blau nicht. Wenn ich eine Farbe sehe und mir vor-stelle, dass das Bild hier im Kopf entsteht – darüberwundere ich mich ständig. Daher ist die bildende Kunstauch so interessant, weil sie mit der Wahrnehmung zutun hat. Farbe hat eine endlose Geschichte in der Kunst.Es gab ein paar Momente, wo sich Kunstgeschichte undNaturwissenschaft berührt haben. Die Farbenlehre vonNewton ist natürlich maßgebend. Es gab Maler, die fastnaturwissenschaftlich mit dem Licht umgegangen sind.Ein sehr gutes Beispiel ist Seurat. Diese pointillistischeMalerei hat direkt mit neuen Lichttheorien* (s. FußnoteSeite 31) zu tun.
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maßstäbe 31
James Clerk Maxwell
stellt 1864 seine Theorie des
elektromagnetischen Feldes auf. Die
Maxwellschen Gleichungen beschreiben
auch, wie durch die Wechselwirkung zwischen
Elektrizität und Magnetismus Wellen erzeugt
werden – Lichtwellen.
Die Physik bedient sich der Idee des „idealen Schwarzen
Körpers“ (eines Körpers, der jede auftreffende Strahlung
vollkommen absorbiert), um die Phänomene der Temperatur-
strahlung zu verstehen. Ein geschlossener Kasten mit einer
kleinen Öffnung (ein Hohlraum) kommt diesem Ideal sehr nahe.
Josef Stefan findet 1879 experimentell einen fundamentalen
Zusammenhang zwischen der Temperatur eines solchen Schwarzen
Körpers und seiner abgegebenen Strahlungsleistung.
15 Jahre später leitet Ludwig Boltzmann dieses Gesetz mathema-
tisch her. 1893 entdeckt Wilhelm Wien, wie sich das Maximum der
Strahlung eines Schwarzen Körpers bei Änderung der Temperatur
verschiebt. (1911 wird Wien hierfür den Nobelpreis erhalten.)
Um die Jahrhundertwende werden das Stefan-Boltzmann-
Gesetz und das Wiensche Verschiebungsgesetz den Anstoß
geben zu einer der größten Umwälzungen in der Physik.
In der Geschichte des elektrischen Lichts beginnt 1879
eine neue Epoche: Thomas Alva Edison in den USA
und Joseph Swan in England konstruieren beide
eine Glühfadenlampe, die weiß leuchtet und
mehr als 40 Stunden brennt. ...
maßstäbe 31
Hat sich die Darstellung des Lichts in der Malerei ge-wandelt? Da gab es doch zunächst so etwas wie sakra-les Licht – dass die Dinge aus sich selbst leuchten, weilsie göttlich erscheinen sollen und das Licht ihre Heilig-keit symbolisiert. Und später war das Licht eher einbeleuchtendes Licht.
Es gibt Bilder, die haben ein internes Licht. Das kannsakral sein, muss es aber nicht. Nehmen wir Caravaggiooder Rembrandt oder Vermeer, da kommt das Licht voninnen heraus. Oft gibt es da einen Lichtbrunnen. Im 16.und 17. Jahrhundert waren es Kerzen, am Ende des19. Jahrhunderts dann elektrische Lampen oder Gas-lampen. Um diese Zeit gab es einen großen Streit da-rüber, was die Lampen der Zukunft sind, Gaslampenoder elektrische Lampen. Manet hat in dem Bild „LesFolies Bergeres“ auch das elektrische Licht abgebildet.Er wurde stark kritisiert dafür. Elektrisches Licht ineinem Bild abzubilden, als Gegenlicht, das war schonein Abenteuer.
Wie könnte man das Licht in der modernen Malerei ver-stehen?
Heute ist das Bild der Lichtbrunnen. Das ganze Bild.Das sieht man am besten in der Videokunst. Das istnatürlich ganz neu. Oder diese Riesen-Videoprojek-tionen am Times Square – der schönste Ort der Welt,was Licht betrifft.
Bilder strahlen – meinen Sie damit nur Videokunst oderauch Gemälde?
Auch Gemälde. Wir haben hier gerade eine Ausstellungüber englische Kunst. Da gibt es diese Bilder aus den60er Jahren, die strahlen richtig nach außen. Nicht sowie früher, wo man einen Raum hat, und der ist be-leuchtet, und es gibt Schatten usw. – nein, das Ding istgleich Licht. Strahlt. Bringt etwas zu uns. Trotzdem istdie Beleuchtung sehr wichtig. Es gab eine sehr interes-sante Ausstellung im Van-Gogh-Museum in Amsterdam,über Licht. Van Gogh war ja der Maler des Lichts. Er istdem Licht hinterhergereist, vom dunklen Holland nachParis und dann noch weiter in die Provence, wo dannall die berühmten Bilder entstanden sind. Und da hatihn das Licht fast aufgefressen. In dieser Ausstellunghat mich eines besonders beeindruckt: Sie haben einBild von Van Gogh, eine Landschaft, 1886 oder 1889,immer wieder anders beleuchtet: Gaslicht, elektrischesLicht, Spotlicht, Neonröhren und Tageslichtsituation.Es war jedes Mal ein absolut anderes Bild. Licht ist dasWichtigste in der Kunst, denn ohne Licht geht nichts.Das war einer der Aspekte dieser Ausstellung: was dasLicht mit dem Bild macht. Oft ist das auch von Künst-lern thematisiert worden. Zum Beispiel in der berühm-ten Serie von Monet „Die Kathedrale von Rouen“. Er
* Zum Beispiel mit der Erkenntnis, dass das menschliche Augenur Sinneszellen für die drei Primärfarben Rot, Blau und Gelbenthält. Die Pointillisten setzten Farbpunkte und -striche mitreiner Farbe wie Mosaiksteinchen eng nebeneinander auf dieLeinwand, wissend, dass im Gehirn des Betrachters darausMischfarben entstehen. (Anmerkung der Redaktion)
hat sie einen ganzen Tag lang immer wieder gemalt,morgens, mittags, abends. Ich weiß nicht, wie vieleBilder es geworden sind, vielleicht sechs – und dieKathedrale ist jedes Mal eine andere Kathedrale, weildas Licht sich ständig ändert. Also, Licht wird auchthematisiert, als ständiges Element in der Kunst. InEindhoven, im Stedelijk Van Abbemuseum, hat mal einholländischer Konzeptkünstler, Jan Dibbets, in einemkleinen Raum die Projektion des Tageslichts vom Fens-ter von morgens bis abends festgehalten. Es ist eineräumliche, sinnliche und auch fast metaphysische Er-fahrung.
Ist Licht etwas, was einen zum Künstler werden lässt?Bei Physikern ist das manchmal so. Einstein wollte zumBeispiel sein Leben lang wissen, was Licht ist, das wardie Triebfeder bei ihm. Ist das bei Künstlern auch so?
Ich würde sagen, indirekt. Ich schätze, eine Triebfederist sehr stark die Verwunderung über das, was man sieht.Licht ist ein Transportmittel. Ich glaube nicht, dass sichzuerst das Licht verselbstständigt, das passiert später,sondern dass sie sich erstmal über die Formen- und Far-benvielfalt dieser Welt Gedanken machen.
Wenn ein Physiker sich wundert und sich Fragen stellt,dann sind seine Antworten die Theorien über diese Welt.Wenn ein Künstler sich wundert und sich Fragen stellt,sind dann die Antworten seine Bilder?
Ja.
→ S. 33
maßstäbe32
Aber dann muss er noch über seine Kunstwerke reden.Wenn er das tut, verlässt er doch eigentlich seineKunstebene. Dann muss er auch solchen Dingen wieFarben plötzlich Namen geben. Er sagt dann vielleicht,ich habe mit spröden Farben gearbeitet, oder mit mil-den. Also gibt er sozusagen den Farben und ihren Wir-kungen Namen.
Es gibt Künstler, die über ihre Kunst reden. Mondrianund Malewitsch haben sehr viel darüber geredet, odergeschrieben jedenfalls. Van Gogh hat sehr viel ge-schrieben – das ist wunderbar zu lesen – über Gelb undRot. Er hat übrigens sehr viel Gelb verwendet – das istauch an der Grenze des Wahnsinns. Es gibt Künstler,die reden, und welche, die nicht reden. Übrigens glaubeich, dass im Grunde auch die Wissenschaft sehr intuitivist. Das ist sehr schön nachzulesen bei Popper. In sei-nem Buch (ich habe es nur auf Englisch gelesen) „Themethod of scientific discovery“ schreibt er, dass es oftganz verrückte oder sehr intuitive Vorstellungen gege-ben hat – bei Einstein und vielen anderen. Dabei sinddie Wissenschaftler natürlich verschieden: Einige habenVorstellungen und richtige Bilder und andere haben dasüberhaupt nicht, denken total abstrakt, wie in der Ma-thematik. Und so gibt es auch Kunst, die abstrakt ist,und Kunst, die mit Vorstellungen arbeitet.
Wie ist das bei Ihnen – sehen Sie eine Form vor sich,wenn Sie einen Farbnamen hören? Welche Form hatGelb?
Gelb ist flach. Es hat keine bestimmte Form. Bei Gelbdenke ich einfach an eine Wand.
Bei welchen Farben ist es unmöglich, sie wiederzuge-ben – ganz konkret drucktechnisch?
Bei vielen ist es unmöglich, bei den meisten. Amallerschwersten ist es dort, wo man nur ganz subtileFarbunterschiede hat. Zum Beispiel gibt es Maler, dienur Weiß malen. Robert Ryman ist ein amerikanischerMaler, der sehr fundamental und elementar malt; esgeht ihm darum, die Farbe selbst zu malen, „painting
the paint“. Das Bild sieht weiß aus, aber es sind eineMenge Farben darunter: Rot oder Grün oder was auchimmer. Wenn man dagegen etwas nur weiß anstreicht,dann ist es ganz tot. Es ist bei monochromen Bildern sowichtig, dass Farbe über Farbe gegangen ist. Das ist derReiz der Farbe: die Komplexität. Das strahlt mit.
Warum ist das „Monochrom Blau“ von Yves Klein so einberühmtes Blau? Was ist das Besondere, die Symbolikdaran?
Es ist das Universum, das Endlose, der Kosmos. Unddann ist es ein ganz besonderes Blau. Etwas Rot darin,etwas in Richtung Violett. Das ist einmalig. Es hat auchmit dem Kontext zu tun: Irgendwann, in einer langenGeschichte der Malerei, kommt ein Blau. Es hat mit derSprache der Kunst zu tun, dass man das auch so erfährt.Aber es ist nicht nur die Konvention. Man muss nichtdie Spielregeln kennen, um das Blau von Yves Klein zuverstehen. Ich bin überzeugt, dass es auch eine absolutdirekte Wirkung hat, ohne dass man die Ideen kennenmuss – so wie bei dem Rot von Barnett Newman oderdem Gelb, Rot und Blau bei Mondrian.
Mondrian soll ganz bewusst Grün vermieden haben.
Ja. Er hat versucht, die Natur – denn er war ein Land-schaftsmaler – zurückzubringen auf das Wesentliche. Inder Form waren das für ihn Horizontale und Vertikale,keine Diagonale. Denn eine Landschaft ist horizontalund Bäume sind vertikal. Und in der Farbe hat er ganzbewusst die Primärfarben ausgewählt. Also die Haupt-farben, Gelb, Rot und Blau, aus denen man alle anderenFarben mischen kann. Und Schwarz. Er hat ganz be-wusst von der Natur abstrahiert. Darum ist er so einunglaublich wesentlicher Künstler, der dieses Problemso zusammengefasst hat.
Das führt uns zu der Frage, welche Ordnung die Kunstin der Farbvielfalt sieht. Ein Physiker würde die Farbenwahrscheinlich nach den Wellenlängen ordnen: erst Rot,dann Gelb und Grün, und schließlich Blau. Ein Druckerwird vielleicht eine Farbtafel nehmen. Was macht ein
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(Heinrich Goebel kam
1854 mit einer Lampe, die
knapp 200 Stunden brannte, Edison
zuvor. Aber seine Glühlampen-Erfindung ist
weit weniger in das Gedächtnis der Physik
eingegangen.)
Manchmal kann man dadurch berühmt werden, indem
genau das Gegenteil von dem eintritt, was man eigentlich
beabsichtigt hat. So ergeht es 1881 dem Physiker Albert
Michelson, der sich einen feinsinnigen Versuchsaufbau aus-
denkt, um die Geschwindigkeit der Erde durch den allgegenwär-
tigen Äther zu messen. Michelson baut eine Apparatur, ein
Interferometer, mit dem sich mit beispielloser Empfindlichkeit und
Genauigkeit durch Überlagerung von Lichtwellen Entfernungen
und Laufzeiten messen lassen. Die Geschwindigkeit des Äthers
müsste sich in den Versuchsergebnissen niederschlagen. Doch
Michelsons Ergebnis: Er kann keine Bewegung der Erde relativ
zum Äther messen. Die Lichtgeschwindigkeit erweist sich als
konstant. (Der Michelson-Versuch wurde in der Folge, auch mit
deutlich verbesserten Apparaturen, beliebig oft wiederholt –
immer mit dem gleichen negativen Ergebnis.)
1885 ist das Geburtsjahr der Firma Kodak: Der Amerikaner
George Eastman erhält das Patent für eine Maschine, die
einen fortlaufenden fotografischen Film produziert.
Wenige Jahre später entwickelt er die erste kommer-
ziell nutzbare Rollfilmkamera.
maßstäbe 33
Künstler mit Farben? Hat er gewisse Ordnungssche-mata?
Ja. Natürlich wird jeder Künstler nach seiner Fassonselig. Aber es gibt so etwas. Im 16. Jahrhundert entstanddie Landschaftsmalerei, in Flandern und in Holland.Und das Schema sah so aus: Immer Braun im Vorder-grund, Grün in der Mitte und Blau hinten. Und das istauch richtig: Das Braun ist einem am nächsten, und dasGrün ist etwas weiter weg, und das Blau ist die Ferne.Das war eine Art, die Wirklichkeit zu vertiefen. ImKubismus öffnete man dann nicht mehr, wie in derRenaissance, ein Fenster auf die Wirklichkeit, sonderneher umgekehrt: Es gibt jetzt eine Form im Raum, diekommt auf den Betrachter zu – das ist natürlich eineWende. Und die Farben kommen auf den Betrachterzu – statt eine Tiefe zu öffnen. Das ist auch das Genialebei Yves Klein: Das Blau kommt auf uns zu; es gehtnicht weg. Die Tiefe kommt auf uns zu, und wir sind einTeil der Tiefe.
Will das der Maler auch? Will er mit dem Zuschauerzusammenarbeiten?
Er kreiert einen blauen Raum mit seinen Bildern, undman ist in diesem Raum. Ja, das ist, man kann sagen,ein Einbeziehen der Zuschauer. Und da sind wir wiederbei unserem Thema vom Anfang: Es gibt kein Lichtohne Zuschauer. Diese Rolle des Wahrnehmens wird inder Kunst sehr stark betont. Es war immer Teil derKunst, aber es ist jetzt extrapoliert. Wahrnehmung derKunst ist ein ständiges Thema geworden.
Zum Schluss noch eine Frage, deren Antwort wir viel-leicht schon ahnen: Welche Farbe würden Sie auf eineeinsame Insel mitnehmen, wenn in den Koffer nur eineFarbe hineinpasste. Würden Sie Blau mitnehmen?
Nein, dann würde ich Rot mitnehmen. Blau ist überall.Ja, wirklich, ganz spontan. Rot ist auch fantastisch. Dasist nicht Natur, oder nicht sehr Natur. Es gibt nicht soviel Rot in der Natur. Blumen, natürlich. Ja, ich würdeRot mitnehmen.
Vielen herzlichen Dank.
Die Bilder:
Henri Matisse: Das Haar (La Chevelure) (1952)
Georges Seurat: Ein Sommernachmittag auf der Insel GrandeJatte (1884/1886)
Vincent van Gogh: Sämann bei untergehender Sonne (1888)
Claude Monet: Die Kathedrale von Rouen am Morgen, Mittag,Abend (1894)
Piet Mondrian (1872–1944): Composition II with Red, Blue andYellow, 1930 (Oil on canvas, 72,6 � 54 cm)
Barnett Newman: Eve (1950)
Gijs van Tuyl:Geboren 1941 im niederländischen Gameren. Studium derKunstgeschichte in Amsterdam. Danach (unter anderem)Kurator, Leiter eines Kunstamts, Herausgeber einer Zeitschriftfür Kunst und Architektur, Kommissar der Biennale Venedig.Seit 1992 Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg.(Foto: Ute Karen Seggelke, Hamburg)
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Man lasse eine gewisse Menge anLicht für eine gewisse Dauer aufgewisse Materialien fallen – undman erhält ein Abbild der Welt.Nachdem entdeckt war, dass sichdas, was wir sehen können, auchtatsächlich einfangen und festhaltenlässt, legte die Entwicklung derFotografie ein gehöriges Tempo anden Tag.
1827 ist es soweit: Für das ersteFoto der Welt (oder zumindest dasälteste noch erhaltene Foto; sieherechts) lässt der Franzose JosephNicéphore Niépce acht Stundenlang Licht durch die kleine Öffnungseiner Camera obscura auf eineZinnplatte, mit Bitumen als licht-empfindlicher Schicht, fallen. LouisJacques Mandé Daguerre gelingt eskurze Zeit darauf, die Lichtempfind-lichkeit enorm zu steigern: Das ein-fallende Licht schwärzt seine mitJod bedampften Silberplatten bereitsnach wenigen Minuten. Sind Niép-ces Heliographien oder die Daguer-reotypien noch jeweils Unikate aufMetallplatten, so werden die Licht-Bilder mit William Henry Fox Tal-bot reproduzierbar. Talbot erfindetdas Negativ-Positiv-Verfahren, beidem von einem Negativ (noch ausPapier) beliebig viele positive Kon-taktkopien hergestellt werden kön-nen. Seine Aufnahmen, die er „Pho-togenic Drawings“ nennt, veröffent-licht er 1844 in dem Buch „ThePencil of Nature“ – es ist das ersteBuch überhaupt, das Fotografienenthält. Der Buchtitel hingegendrückt noch die Nähe zur Malereiaus.
Die Fotografie blieb bis zum Endedes 19. Jahrhunderts eine Kunst fürwenige. Eine Technik für alle wurdesie mit „You press the button, we dothe rest“ – so die Werbebotschaftder amerikanischen Firma Kodak,nachdem ihr Firmengründer GeorgeEastman die Rollfilm-Box-Kameraerfunden hatte. Waren alle 100 Auf-nahmen „geschossen“, schickte mandie gesamte Kamera ein und erhieltseine Bilder, samt frisch gefüllterKamera, zurück. Die Welt wurde so,für alle in allen Lebenslagen, foto-gen.
Mit Licht auf einer Skalazwischen Hell und Dunkelzu zeichnen ist auch mitheutigen Materialienund Techniken mög-lich. Dies zeigt diefolgende Doppel-seite, welche diemaßstäbe denFotografen undFotografie-Auszubilden-den der PTBverdanken.
JENS SIMON
Licht-Bilder
Foto: Science Photo Library
20. Jahrhundert
Das 20. Jahrhundert beginnt mit
einer Hypothese, welche die gesamte
Physik revolutioniert. Max Planck macht
1900 – durchaus widerwillig – den ersten Schritt
zur Quantentheorie, indem er annimmt, dass ein
strahlender Körper seine Energie nicht kontinuierlich,
sondern vielmehr nur in Portionen ganz bestimmter Größe
abgeben kann. Die Energie dieser „Quanten“ soll dabei
proportional zur Frequenz der emittierten Strahlung sein. Die
vermittelnde Konstante nennt Planck h – sie wird später als
universelle Naturkonstante interpretiert und als Plancksches Wir-
kungsquantum berühmt. Zu diesen Hypothesen fühlt sich Planck
gezwungen, um die Temperaturstrahlung des Schwarzen Körpers
richtig zu beschreiben. Zudem hatten Präzisisionsmessungen von
Lummer und Pringsheim in der Physikalisch-Technischen Reichsan-
stalt ganz eindeutig die Grenzen der vorhandenen klassischen Mo-
dellvorstellungen gezeigt. Das Plancksche Strahlungsgesetz passt
genau zu den vorliegenden Messungen und es enthält die „klassi-
schen Strahlungsgesetze“ von Rayleigh und Jeans, von Wien, von
Stefan und Boltzmann als Näherungslösung. (1918 erhält Max
Planck für seine Quantentheorie den Physik-Nobelpreis.)
Licht verhält sich wie ein Strom von Teilchen. Mit dieser
Annahme erklärt Albert Einstein 1905 den elektrischen
Fotoeffekt (einige Jahre zuvor von Philipp Lennard
beobachtet): Licht kann, oberhalb einer gewissen
Frequenz, Elektronen aus einem Metall heraus-
lösen, wobei die kinetische ...→ S. 39
maßstäbe36 maßstäbe36
maßstäbe 37maßstäbe 37
maßstäbe38
Lichtaus,
Spoton
Fotos: Hans-Ulrich Danzebring
maßstäbe 39maßstäbe 39
Energie der ausgelös-
ten Elektronen unabhängig von
der Lichtintensität ist. Das klassische
Lichtmodell versagt hier bei der Deutung.
Erst das Lichtquantenmodell Einsteins (der
Begriff „Photon“ wird erst 20 Jahre später einge-
führt) kann diesen experimentellen Befund aufklären.
1921 erhält Albert Einstein für dieses Erklärungsmodell
den Physik-Nobelpreis.
Im selben Jahr (1905) veröffentlicht Einstein in den „Annalen
der Physik“ seinen ersten Aufsatz zur speziellen Relativitätstheo-
rie. In dieser Theorie setzt Einstein die Vakuum-Lichtgeschwin-
digkeit als eine für alle Beobachter absolute Konstante an, unab-
hängig von den Geschwindigkeiten der Lichtquelle oder des Beob-
achters. Gleichzeitig postuliert Einstein, dass alle Systeme, die sich
relativ zueinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegen, voll-
kommen gleichberechtigt sind. Damit löst sich das Ätherproblem
(denn der Äther wäre ein hervorgehobenes Bezugssystem) in
nichts auf. Der Äther entpuppt sich als eine Fiktion der Physik.
Der französische Physiker Gabriel Jonas Lippmann erhält 1908
den Nobelpreis für Physik für die Erfindung des ersten Ver-
fahrens der Farbfotografie.
Licht entsteht, wenn Elektronen springen! Niels Bohr
entwirft 1913 seine Atomtheorie, nach der die Elek-
tronen auf festen Umlaufbahnen um den Atom-
kern kreisen. Ganz bestimmte Energiepor-
tionen sind dabei notwendig, damit ...
„Sehr verehrtes Publikum, hier kommt ein weiterer Höhepunkt des Pro-gramms. Er stammt aus einer sehr berühmten Familie. Und er kann etwas,was seine Brüder nicht können. Erleben Sie den Star, der seinen Spot selbstmitbringt. Hier kommt SNOM.“
Ungewöhnlicher Name? Nein, nicht in dieser Familie. Seine Brüder heißenSTM und AFM und sind weltweite Top-Stars. Fangen wir mit dem Ältestenan, mit STM. Das Kürzel steht für „Scanning Tunneling Microscope“ oderRastertunnelmikroskop. Eine geniale Entwicklung von Gerd Binnig undHeinrich Rohrer, für die die beiden 1986 den Physik-Nobelpreis bekamen:ein Mikroskop, das die Oberflächen abrastert, also Punkt für Punkt abfährt.Nur wenige Nanometer (millionstel Millimeter) über einem elektrisch lei-tenden Material bewegt sich eine ultradünne Spitze hin und her. Sie fängtElektronen ein, die den Zwischenraum „durchtunneln“, wenn an die Probeeine elektrische Spannung angelegt wurde. Das gemessene Signal ändertseine Stärke mit der Entfernung zwischen Nadel und Oberfläche. Auf demComputerbildschirm entsteht danach ein Bild der Oberfläche – sogar voneinzelnen Atomen.
Der Bruder, AFM („Atomic Force Microscope“ oder Rasterkraftmikroskop)braucht nicht einmal eine elektrisch leitende Probenoberfläche. Auch errastert die Oberfläche mit einer extrem feinen Spitze ab, die aber an einersehr weichen Blattfeder hängt. Auf die Rückseite der Feder ist ein Laserstahlgerichtet, der jede Bewegung der Feder mitbekommt. Winkeländerungendieses Laserstrahls zeigen an, ob sich die Spitze nach oben oder unten be-wegt. Mit dem Rasterkraftmikroskop kann man sogar lebende Zellen oderProteine abbilden.
SNOM, der jüngste Spross in der Familie der Rastersondenmikroskope,kann das ebenfalls. Denn auch er braucht keine elektrisch leitende Oberflä-che. „Doch anders als das Rasterkraftmikroskop liefert das SNOM auchoptische Informationen über das Objekt“, erklärt Hans-Ulrich Danze-brink, der Leiter des PTB-Projekts „Quantitative Rastersonden-mikroskopie“. Damit ist er für die Untersuchung biologischerSysteme noch besser geeignet. Aber auch für Fragestellungen inder Halbleitertechnologie ist SNOM ideal. SNOM heißt„Scanning Near-Field Optical Microscope“ oder OptischesNahfeldmikroskop. Auch hier finden wir wieder die ras-ternde Sonde. Sie besteht aus Glasfasern oder neuerdings(zum Beispiel bei dem PTB-Projekt) aus Silizium oderDiamant und führt ihre eigene Arbeitsplatzbeleuchtungmit sich: einen extrem kleinen Lichtfleck, der an derSondenspitze austritt. Die Sonde nähert sich der Probeso weit, bis sich das Licht nicht mehr in seiner ge-wohnten Wellenform ausbreiten kann. „Das ist derTrick dabei“, sagt Danzebrink. „Wo Wellenlängen unddamit Beugungseffekte keine Rolle mehr spielen,haben wir das Abbe-Limit ausgetrickst.“
Das Abbe-Limit, benannt nach Ernst Abbe, einem derPioniere des Mikroskopbaus im 19. Jahrhundert, ist derSchrecken aller Wissenschaftler, die mit dem Lichtmik-roskop arbeiten. Denn wie gut die Vergrößerungslinsenauch immer sind – sobald man ein Objekt untersuchenwill, das kleiner als die halbe Wellenlänge des Lichts ist,bekommt man eine unscharfe Abbildung. Mit SNOM kannman dagegen viel kleinere Objekte scharf abbilden. „EinZehntel der Wellenlänge und besser ist erreichbar“, sagtDanzebrink. Grund genug, am Ball zu bleiben und den Star wei-ter zu hegen und zu pflegen – für eine Zukunft im Rampenlicht.
ERIKA SCHOW
Fotos auf der linken Seite:Rotes Laserlicht wird von der feinenSpitze einer Nahfeldsonde abgestrahlt.Das „Herz“ des optischen Nahfeld-mikroskops ist in diesem Fall eineDiamantspitze, die an einem Hebelarmaus Quarz befestigt ist (blau). DerQuarz ist vergleichbar mit einemSchwingquarz in einer Uhr und dienthier dazu, den Abstand zwischen Sondeund Oberfläche genau zu messen.
→ S. 41
maßstäbe40
Kreisrund erhebt sich im Südosten Berlins ein seltsames Ringgebäude.Hinter der fensterlosen Fassade verbirgt sich eine besondere Lichtquelle,die den Weg zu immer kleineren und schnelleren Computerchips ebnet:BESSY II, der Berliner Speicherring für Synchrotronstrahlung. Aufeiner rund 240 Meter langen Kreisbahn sausen Elektronen fast mitLichtgeschwindigkeit durch eine enge Vakuumröhre. Dabei senden sieein breites Spektrum an Strahlung aus, von der Infrarotstrahlung übersichtbares Licht bis zur UV- und schließlich zur harten Röntgen-Strah-lung. Einen kleinen Teil dieser Strahlung nutzen PTB-Wissenschaftlerund Ingenieure, damit Hersteller wie Intel, Motorola, Infineon, IBM oderAMD auch bis in das nächste Jahrzehnt die Leistung der Computerchipsrund alle 18 Monate verdoppeln können.
Was haben Computerchips mit Licht zu tun? Sehr viel.Denn die Strukturen auf den Chips sind so winzig, dassman sie nicht mechanisch herstellen kann. Nur Licht,das allerdings für das menschliche Auge unsichtbar ist,ist als Werkzeug fein genug. Um die bis zu rund100 milliardstel Meter kleinen Transistoren in dieMaterialschichten ätzen zu können, belichten dieChipproduzenten einen Rohling (Wafer) aus Siliziumwie ein Stück Fotopapier. Als Negativ für diesenLithographie-Prozess dient eine lichtdurchlässigeMaske. Und weil die einzelnen Transistoren ständigkleiner werden, muss auch die Wellenlänge des verwen-deten Lichts immer noch weiter abnehmen: von heute243 Nanometern auf 197 oder sogar 153 Nanometer inden nächsten Jahren. Denn grundsätzlich kann eineStruktur, die über die optische Abbildung der Maskeentsteht, kaum feiner sein als die Wellenlänge des ein-strahlenden Lichts. Mit zahlreichen Finessen reizen dieHersteller die Photolithographie bis zum Äußersten aus:zum Beispiel mit Lichtstempeln aus durchsichtigemKunststoff, die die Wellenlänge reduzieren, oder mitgedehnten Rohlingen, die sich nach der Belichtungwieder zusammenziehen. Erste Prototypen mit 90 Nano-meter feinen Strukturen existieren schon. Doch in vierbis fünf Jahren und bei spätestens 70 Nanometern wirddas Ende der Fahnenstange erreicht sein. Eine neueTechnologie muss her.
Zuverlässige Strahlungsquelle„EUV“ heißt die Hoffnung der Chiphersteller. Das Kür-zel steht für extrem ultraviolettes Licht mit Wellenlän-gen zwischen 11 und 13 Nanometern. Es soll die Tran-sistordichte pro Chip mit einem Schlag vervielfachen.„EUV ist die einzige offenkundige Option für die
Herstellung von hochdichten Halbleiter-Elementen“,stellt Peter J. Silverman vom Chip-Konzern Intel fest.„Und hier am BESSY haben wir eine zuverlässigeStrahlungsquelle, mit der wir optimal bei 13 Nanome-tern messen können“, sagt Gerhard Ulm, EUV-Experteder PTB in Berlin. Beste Voraussetzungen, um diezahlreichen Hürden der EUV-Technologie in Zusam-menarbeit mit der Industrie zu überwinden.
Denn bei 13 Nanometern lässt sich das Licht nicht mehrmit durchsichtigen Linsen auf die Chipmaske und denSiliziumrohling lenken. Die extreme UV-Strahlung wirdvon allen bekannten Linsenmaterialien einfach ver-schluckt. Statt dessen braucht man nun Spiegel, die bisauf den Bruchteil eines Nanometers exakt geschliffenund mit Silizium und Molybdän beschichtet sind. Einganzes System aus solchen asphärischen Reflexions-flächen kann das EUV-Licht wie gewünscht fokussieren.Ulm und seine Kollegen prüfen zusammen mit der Fir-ma Zeiss im EUV-Lichtstrahl am BESSY die Reflexi-onseigenschaften solcher Spiegel. Ihr Ziel ist es, dieviellagigen Beschichtungen weiter zu verbessern, damitdas Licht mit höherer Intensität für einen schnellen Be-lichtungsprozess fokussiert werden kann. „Die Anforde-rungen der Industrie sind ausgesprochen hoch“, berich-tet Ulm von einem EUV-Symposium vor wenigen Wo-chen in Dallas, auf dem neben vielen Wissenschaftlernauch die führenden Chiphersteller vertreten waren. DieManager fordern kurze, zuverlässige und vor allemkostengünstige Prozesse. „Mindestens 100 Wafer mit300 Millimetern Durchmesser pro Stunde“, auf dieseknappe Formel bringt es der Intel-Experte Silverman.Vorher sei der milliardenteure Aufbau einer EUV-Chipfabrik nicht wirtschaftlich. (Fortsetzung S. 42)
Licht-Muster
Die Synchrotronstrahlungs-quelle BESSY II in Berlin-Adlershof mitihren Strahlrohren
maßstäbe 41maßstäbe 41
CD, DVD, Hologramm
Auf einer CD (700 Megabyte Kapazität) sind die Daten-spuren nur 1,6 µm (tausendstel Millimeter) voneinander entfernt.
Um Musikstücke, Texte oder Tabellen auszulesen, tastet ein Laser mitrotem Licht von etwa 780 Nanometern die Hügel (so genannte Lands) und
ihre Zwischenräume (Pits) ab. Bei einer einseitigen DVD (Datenvolumen biszu 4,7 Gigabyte) sind die Datenpunkte deutlich kleiner als bei der CD und liegen
etwa doppelt so eng zusammen. Die Informationen werden durch kurzwelligeres La-serlicht (bei 650 Nanometern und 635 Nanometern) ausgelesen.
Während bei nur lesbaren Scheiben ein lichtempfindlicher Farbstoff für die Speicherschichtgenutzt wird, müssen sich die Datenträger bei wiederbeschreibbaren Medien beliebig verän-
dern lassen. Dazu dient ein Material, das zwischen geordnetem, kristallinem und ungeordnetem,amorphem Zustand wechseln kann. Ein schwacher Lichtstrahl wandelt das ursprünglich amorphe
Material zu kristallinen Datenpunkten um. Zum Löschen schmilzt ein stärkeres Licht den Kristallwieder auf. Nach dem Abkühlen nimmt das Material wieder die amorphe, ungeordnete Struktur ein –
und die Scheibe ist wieder leer.
Mit Hilfe von blauen Lasern soll die Kapazität demnächst auf bis zu 50 Gigabyte erhöht werden.„BluRay“ nennt sich der Scheibenstandard, auf denen sich viele Hersteller von Matsushita
über Philips bis Sony geeinigt haben. Schon in wenigen Jahren, spätestens wenn diepotenziellen Käufer die meisten CD-Leser gegen DVD-Laufwerke ausgetauscht
haben, werden die „BluRay“-Geräte auf den Markt kommen.
Der nächste Kapazitätssprung könnte dann in die dritte Dimension reichen.Hologramme aus lichtempfindlichen Kunststoffen speichern die Daten-punkte nicht nur nebeneinander auf einer platten Scheibe, sondern auchin einigen Schichten übereinander. Ohne dass eine solche Holo-Diskviel dicker wäre als eine CD, könnten bis zu 1000 Gigabyte gespei-chert werden. Zum Schreiben, Lesen und Löschen bräuchte man zweiLaserstrahlen, deren Wellenberge und -täler aufeinander abgestimmtsind. Durch einen solchen Phasenunterschied entsteht ein Interferenz-muster, das als Datenspeicher die Pits und Lands einer DVD ersetzt.Die Lesegeschwindigkeit könnte auf das 30-fache einer „BluRay“-Scheibe hochschnellen. Spätestens dann könnte es eng werdenfür magnetische Speicher, wie sie heute in der normalen Fest-platte zu finden sind. Licht hat damit das Potenzial, sich beiMassenspeichern endgültig gegen Magnetfelder durch-zusetzen. jol
Foto: Artografica/FTW
ein Elektron seine
Bahn wechseln kann. Fällt ein
Elektron etwa von einer „hohen“ Bahn
auf eine „tiefere“, dann sendet es die Ener-
giedifferenz dieser beiden Bahnen in Form eines
Lichtquants aus. Kurze Zeit später bestätigen Expe-
rimente von James Franck und Gustav Hertz das Bohr-
sche Modell. Niels Bohr wird für seine Arbeit 1922 mit
dem Nobelpreis ausgezeichnet.
1913 verbessert Irving Langmuir entscheidend die Technik der
Glühlampe: Diese wird mit einem Edelgas gefüllt, so dass der
Wolframglühfaden (der einige Jahre zuvor entwickelt wurde)
langsamer verdampft.
Wenn das Licht in Teilchenform daherkommt, wie verhält es sich
dann statistisch? Der indische Physiker Satyendranath Bose beant-
wortet diese Frage 1924 mit einer speziellen Statistik, der eine
spezielle Abzählregel ununterscheidbarer Teilchen (Bosonen) zu
Grunde liegt.
Die Quantenmechanik bekommt in den 20er Jahren ihren
vollständigen theoretischen Unterbau. Auch das Plancksche
Strahlungsgesetz, das Max Planck selbst noch „erraten“
hatte, erhält sein theoretisches Fundament. Paul Adrien
Maurice Dirac leitet es 1926 aus prinzipiellen Symme-
trie- und Statistik-Überlegungen ab.
→ S. 43
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Von diesem Ziel sind die Forscherin aller Welt noch weit entfernt. Esfehlt vor allem an leistungsstarkenStrahlungsquellen für das EUV-Licht. „Das ist noch ein ganz großesProblem“, sagt Ulm. Da ist es ganzwichtig, die Möglichkeiten derSpiegel voll auszureizen. „JedesPromille bei der Reflektivitätschlägt sich auf die Anzahl derbelichteten Wafer pro Stunde nie-der“, weiß Ulm. Denn im gesamtenFokussier- und Belichtungssystemsummiert sich der Lichtweg aufmindestens zehn Reflexionen.
Kein Atom Schmutz erlaubtAuch die Belichtungsmaske, die dieChipstruktur vorgibt, kann nichtmehr wie ein Fotonegativ durch-leuchtet werden. Hier unterstützendie PTB-Forscher die FirmenSchottLithotec und Infineon, dieam BESSY ihre Prototypen mit der13-Nanometer-Strahlung überprü-fen lassen. Diese perfekten Maskenmüssen möglichst ohne jeden Feh-ler ihr Muster auf den Silizium-Rohling reflektieren. Damit nichtgenug: Trotz Hochreinräumen undVakuum-Anlagen können Spiegelund Masken nach und nach verdre-cken. Obwohl dieser „Schmutz“ nuraus wenigen Atomlagen – beispiels-weise von Kohlenstoff- oder Oxid-schichten – besteht, schränkt er dieoptischen Eigenschaften der Spiegelempfindlich ein. Daher müssen dieForscher elegante Reinigungsme-thoden entwickeln, um die perfek-ten Oberflächen äußerst sanft zusäubern.
Am BESSY-Ring selbst werden niemassenhaft Computerchips mitEUV-Lithographie hergestellt wer-den. Doch die Synchrotron-Strah-lung liefert unverzichtbare Datenund die weltweit beste Kalibrierungfür die Messung der Lichtmengen,die beim EUV-Prozess eine zentraleRolle einnehmen. „Wenn die PTBein wertvoller Partner sein will,muss sie für die Industrie stetsmessbereit sein“, sagt Ulm. „Wirmüssen dazu vorausschauend pla-nen und rechtzeitig einen Trenderkennen.“
JAN OLIVER LÖFKEN
Bild oben: Bei Wellenlängen von 13 nmist jede Linse undurchsichtig. Jetzt müs-
sen Spiegel her. In diesem Gerät, daszukünftig zur Belichtung von Wafern
dienen soll, steckt ein noch unbe-schichteter Spiegel.
Bild unten: Silizium-Wafer
Foto: Stephan Grohe, Corbis
Foto: Carl Zeiss AG
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Wien, 9. Bezirk, Boltzmanngasse 5, das Universitätsinstitut für Experimen-talphysik. Ein altehrwürdiges, Geschichte atmendes Gemäuer, im Treppen-haus die Inschrift: „Gebaut unter der Regierung seiner kaiserlichen undköniglichen apostolischen Majestät des Kaisers Franz-Josef der Erste in denJahren 1910–1912“. Vor dem geistigen Auge zaubern gestrenge Professorenmit Doktorhüten wundersame Phänomene aus monströsen Versuchsappara-turen hervor. Doch der Schritt durch die Glastür im zweiten Stock bläst allenostalgischen Anwandlungen hinfort. Frisch renovierte Büros, Labors mitComputern, metallischen Versuchsapparaturen und verwirrenden Arrange-ments aus Lasern, Linsen und Spiegeln. Sekretariat Arbeitsgruppe ProfessorAnton Zeilinger, steht an der Bürotür. Zeilinger, Jahrgang 45, ist der wohlprominenteste zeitgenössische Erforscher der Quantenwelt. Was WernerHeisenberg und Albert Einstein einst erdachten, setzt er in Experimente um.1997 hat er – frei nach Enterprise-Manier – Lichtquanten gebeamt: Er tele-portierte die Eigenschaften eines Lichtteilchens quer über den Labortisch –und zwar instantan, ohne jede Zeitverzögerung.
„Hello. How are we?“ Zeilinger klopft an die Tür des Laserlabors, umkurz nach dem Rechten zu schauen. In dem abgedunkelten Raumjustieren drei seiner Mitarbeiter mit winzigen Schraubendrehernan einem Laser herum. Ohne Umschweife beginnt eine lebhafteDiskussion: Warum nur geht ein Kernstück des Teleportati-ons-Experiments, ein kleiner optischer Kristall, immer wie-der kaputt? Die Debatte läuft auf Englisch, Zeilingers Teamist international – eine Italienerin, ein Australier, ein Chi-nese. „Die Idee zur Quantenteleportation kam 1993 voneiner internationalen Gruppe von Theoretikern. Damalshielt ich es für unmöglich, das jemals zu verwirklichen“,erinnert sich Zeilinger. „Doch zufällig hatten wir schonan den dafür notwendigen Bausteinen gearbeitet, undnach zwei Jahren sahen wir, dass das eigentlich eineganz klare Entwicklungsrichtung ist. Dann dauerte esweitere zwei Jahre, bis das Experiment klappte.“
„Wir müssen mit der spukhaften Fernwirkung leben“
Grundlage der Quantenteleportation sind zwei Lichtteil-chen, die erzeugt werden, wenn ein Laserstrahl in denSpezialkristall eindringt. Auf Grund ihrer Simultangeburtsind die beiden Photonen „verschränkt“, sind auf rätsel-hafte Weise miteinander verknüpft. „Als wenn ich zweiWürfel hätte, die, wenn ich sie beide gleichzeitig werfe, im-mer die gleiche Zahl ergeben“, beschreibt Zeilinger, „ganzegal, wie weit sie voneinander getrennt sind. Sie bilden eineEinheit, sind also keine getrennten Würfel, sondern ein Würfel-paar.“ Die Verschränkung der beiden Lichtquanten hat merkwürdi-ge Folgen. Wird eines der beiden Photonen von einem Detektor ein-
gefangen und auf seine Eigenschaf-ten hin untersucht, so stehen gleich-zeitig auch die Eigenschaften desanderen Lichtteilchens fest. EinBeispiel: Misst der Detektor diePolarisation, die Schwingungs-richtung eines Lichtteilchens, so istim selben Augenblick klar, welchePolarisation das andere Photonbesitzt. Für Quantenverhältnisseeigentlich ein Unding: An sichbefindet sich jedes Quantenteilchen
Eine Paar-beziehunganderer ArtEin Gedankenexperiment vonEinstein und seine Folgen inWien und anderswo
Der Inder Chandra-
sekhara Venkata Raman ent-
deckt 1928 die nach ihm benannte
Lichtstreuung an Molekülen. Das gestreute
Licht verrät, um welche Moleküle es sich dabei
handelt. Raman erhält dafür 1930 den Physik-
Nobelpreis.
Das blaue Leuchten, das – in der zweiten Hälfte des Jahr-
hunderts – etwa aus den Wasserbecken von Kernreaktoren
dringt, wird schon 1934 entdeckt und verstanden. Pawel Tsche-
renkow beobachtet, dass ein geladenes Teilchen, das sich mit
nahezu Lichtgeschwindigkeit in einem Medium bewegt, Licht
aussendet. (Genauer: Die Teilchengeschwindigkeit muss dafür
größer sein als die Phasengeschwindigkeit von Licht in diesem
Medium.)
Eine weitere Möglichkeit, Licht zu machen, ist, Elektronen auf
einen schnellen Kreisverkehr zu schicken. Physiker der General
Electric Company wundern sich über eben dieses Licht, das aus
ihrem Elektronenbeschleuniger dringt (1947): Je schneller die
Elektronen im Kreis flitzen, um so energiereicher ist das Licht
und ändert seine Farbe von rötlich bis zu bläulich-weiß. Dass
diese Synchrotronstrahlung keine Radiowelle, sondern eine
hochfrequente Strahlung ist, ist ein Effekt der Relativitäts-
theorie, da die Elektronen mit nahezu Lichtgeschwin-
digkeit durch das Synchrotron laufen. (Dieser 1947
noch unerwünschte Nebeneffekt wird heute
gezielt ausgenutzt und Synchrotronstrah-
lungsquellen werden zu eben dem
Zweck ... → S. 45
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maßstäbe44
in einer Art Schwebe zwischen allen möglichen Zuständen, und erst durchdas Nachsehen, den Messprozess, wird es auf einen bestimmten Zustandfestgenagelt. Aber ihre gemeinsame Geburt macht die beiden Photonen zuverschränkten „Zwillingen“, von denen der eine stets weiß, was der anderetut – egal wie weit beide voneinander entfernt sind.
Bereits 1935 hatte Albert Einstein dieses merkwürdige Phänomen gemein-sam mit den Physikern Boris Podolsky und Nathan Rosen vorausgesagt.Ihre Prophezeiung ging als „EPR-Paradoxon“ in die Geschichte ein – alsobskures Gedankenexperiment, das eigentlich die Absurdität der Quanten-physik vor Augen führen sollte. „Einstein hat das als spukhafte Fernwirkungbezeichnet“, erzählt Zeilinger. „Er hat die Quantentheorie deshalb Zeit sei-nes Lebens kritisiert und war sich sicher, dass in Wirklichkeit irgendwelcheverborgene Größen für das Treiben verantwortlich sind. Doch Einstein hatteunrecht, die Quantenphysik ist korrekt. Wir müssen mit dieser spukhaftenFernwirkung leben.“
Dass das EPR-Paradoxon harte Realität ist, beweisen Zeilinger und seineLeute mit ihrem Teleportationsexperiment. Sara Gasparoni, Doktorandin ausNeapel, zeigt auf einen Riesentisch, vollgestellt mit diversen Lasern undunzähligen Linsen, Spiegeln und optischen Filtern: „Aus diesem Laserkommt ein ultravioletter Lichtstrahl. Er wird auf den Kristall gelenkt, derdas UV-Licht in ein verschränktes Photonenpaar aufspaltet. Die beidenZwillings-Photonen fliegen in verschiedene Richtungen davon.“ An einemSpezialspiegel überlagern die Wiener einen der Zwillinge dann mit einemweiteren, einem dritten Photon – dem zu teleportierenden Passagier. „Da-durch verschränken wir den Passagier mit dem anderen Zwilling, obwohldieser einen Meter weit entfernt ist“, erläutert Gasparoni. „Genau das ist dieTeleportation. Auf Grund der Verschränkung nimmt der zweite, entfernteZwilling die Eigenschaften des Passagiers ohne jede Zeitverzögerung an.“Gebeamt werden also nicht die Lichtteilchen an sich, sondern ihre physikali-schen Eigenschaften.
Zeilingers Teleportationskünstehaben nicht nur die Quantentheorieeindrucksvoll bestätigt, sondern ver-sprechen inzwischen auch lukrativeAnwendungen, insbesondere für dieabhörsichere Telekommunikationder Zukunft. „Quantenkryptografie“nennt sich das Prinzip: Dabei wirddie Botschaft vom Absender zumEmpfänger teleportiert, ohne dassein Unbefugter die Möglichkeit hat,die Nachricht abzufangen. Zwarmuss, um die Botschaft entschlüs-seln zu können, der Absender demEmpfänger zusätzlich noch denrichtigen Code über einen kon-ventionellen Kommunikations-kanal übermitteln, beispielsweiseper Telefon oder E-Mail. DiesenCode könnte der Datendieb zwarabfangen, aber herzlich wenig damitanfangen, denn die eigentlicheNachricht wird ja teleportiert.Datensicherheit ist also durch dieNaturgesetze gewährleistet; auchmit noch so großer Mühe vermagniemand die Geheimbotschaft zuentschlüsseln.
Im Labor ist Zeilinger die Quanten-verschlüsselung bereits gelungen.Nun arbeitet er an der praktischenUmsetzung: Gemeinsam mit demForschungszentrum Seibersdorf undder Siemens AG basteln die WienerPhysiker an einem industriellenPrototypen und versuchen, die Ein-zelteile zu miniaturisieren und dieQualität der Verschränkung zu ver-bessern. Außerdem versuchen sie,die Signale deutlich weiter zu bea-men als einmal über den Labortisch.Letzteres will Zeilinger in einerüberraschend anmutenden Allianzbewerkstelligen: Die Wien KanalAbwassertechnologien GmbH, soder Name des Kooperationspart-ners, weiß bestens, wie man Glas-faserkabel in Abwasserkanäle ver-legt. Eine der Hightech-Strippen hatdie WKA bereits in einen Tunnelunterhalb den Donau untergebracht;durch sie versuchen die Physikereine Botschaft von einem Flussuferzum anderen zu beamen. Klappt dasExperiment, könnte damit – so dieHoffnung – der Grundstein gelegtsein für ein internationales Quan-tenkommunikationsnetzwerk.
FRANK GROTELÜSCHEN
Zeilingers Versuchsanordnung zurTeleportation einzelner Photonen:Energiereiches Laserlicht (hier rotgefärbt) wird in drei Strahlen aufgeteilt.Links außerhalb werden die teleportier-ten Photonen registriert.
Das Bild auf Seite 43 zeigt Prof. AntonZeilinger mit der von ihm und seinerArbeitsgruppe entwickelten Versuchs-anordnung zur Teleportation einzelnerPhotonen.
„Schlüssel-Technologie“ der Zukunft?
Foto: Marc Steinmetz, Visum
maßstäbe 45maßstäbe 45
Ist die Welt verrückt, muss sie wiederins Lot gebracht werden. Nichts we-niger wollte Albert Einstein Mitte der30er Jahre, als er gemeinsam mit sei-nen jungen Kollegen Boris Podolskyund Nathan Rosen am Institute forAdvanced Study in Princeton, NewJersey, eines seiner berühmt-berüch-tigten Gedankenexperimente auf sei-nen Lieblings-Gegner, die Quanten-mechanik, losließ. Die Wirklichkeit,so Einstein, könne nicht so unbe-stimmt sein, wie die Quantenmecha-nik sie interpretiere. Und tatsächlichgeht die quantenmechanische Unbe-stimmtheit so weit, dass sie unseren„gesunden Menschenverstand“ aus-lacht. Denn bildlich übertragen pas-siert folgende Geschichte, die aller-dings voraussetzt, dass keine derhandelnden Personen Fehler machtoder schummelt: Von einem Ort, sa-gen wir: Frankfurt/M., schickt HerrK. zwei Päckchen auf die Reise, einesnach Flensburg im Norden, einesnach Passau im Süden. Der Inhaltdieses Päckchenpaares ist ein kilo-grammschweres Buch. Öffnet derAdressat in Passau das Päckchen undfindet das Buch darin, so ist scheinbarklar, was der Flensburger vorfindet –nichts. Ist es andersherum und derPassauer findet sein Päckchen leer, soist das Buch in Flensburg gelandet.So weit ist alles in logischer Ord-nung. Doch das Merkwürdige: HerrK. musste für jedes der Päckchen dasPorto für einen Kilogramm-Transportbezahlen. In welches Päckchen hat ernun das Buch gesteckt? In das Pas-sau-Päckchen? Warum dann das hohePorto für das Flensburg-Päckchen?Oder war in jedem Päckchen einBuch? Das erklärte zwar, denn diePost macht keine Fehler, das doppeltePorto. Herr K. hatte aber eigentlichnur ein Buch. Verrückte Welt!
Freilich spricht die Quantenmechaniknicht von Päckchen und Büchern undPortokosten. Aber in der Welt derElementarteilchen, und aus diesenbesteht ja auch die „große Welt“, inder wir leben, geschieht genau das:Die Möglichkeiten überlagern sich zueinem gemeinsamen Konglomeratund erst die Messung, das Nach-Schauen im Bilde des Päckchens,greift aus diesem Feld der Möglich-keiten eine heraus. Die Wirklichkeit
„Sein ist Wahrgenommensein.“George Berkeley (1685 bis 1753), Philosoph
Die Welt ist verrücktDas Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon
Wer nichts über Päckchen und doppeltesPorto, sondern etwas über Wellenfunk-tionen, lokale Theorien und verborgeneVariablen lesen möchte, kann dies – mitetwas Mut – hier tun:
A. EINSTEIN, B. PODOLSKY, N. ROSEN:Can Quantum-Mechanical Descriptionof Physical Reality be Considered Com-plete? Physical Review, Volume 47,S. 777–780 (1935)
BERNARD D’ESPAGNAT: Quantentheorie undRealität, Spektrum der Wissenschaft,Heft 1, S. 69–79 (1980)
JOHN HORGAN: Quanten-Philosophie,Spektrum der Wissenschaft, Heft 9,S. 82–91 (1992)
PHILIP YAN: Das zähe Leben vonSchrödingers Katze, Spektrum derWissenschaft, Heft 11, S. 56–62 (1997)
ist unbestimmt bis zu dem Zeitpunkt,in dem sie gemessen wird.
Allein die Tatsache, dass erst der Aktdes Messens eine Wirklichkeit er-zeugt, scheint verrückt. Jedoch lässtsich dies noch steigern, wenn sich dieMessung, wie in dem Päckchenbei-spiel, auf ein Teil eines Systems, dieeine Hälfte eines Pärchens, bezieht.Wenn in jedem der Päckchen der In-halt objektiv unbestimmt ist, warumwirkt sich dann das Öffnen des einenPäckchens sofort auf den Inhalt deszweiten Päckchens aus? Dieser Zu-stand, den die Quantenmechanik„verschränkt“ nennt, bleibt einsolcher auch über beliebige Entfer-nungen hinweg, so dass sich keiner-lei Informationsaustausch, keinerleiWechselwirkung zwischen den Päck-chen denken lässt. Wenn wir an unse-rer Alltagslogik festhalten, kann diesalles nur möglich sein, wenn es soetwas wie unsichtbare, verborgeneInformationskanäle zwischen denPäckchen gibt.
Genau dies haben in der Folge desEPR-Paradoxons TheoretischePhysiker auch versucht:Theorien mit „verborgenenVariablen“ aufzustellen,welche diese „spukhafteFernwirkung“ erklären.In diesen „lokalenrealistischen The-orien“ erzeugendie Messungennicht die Ergeb-nisse, sie entde-cken die Mess-werte lediglichund das klas-sische, deter-ministischeWeltbild istgerettet. Dochleider sprechenalle Experimenteeine andere Spra-che: Sie bestätigendas Unbestimmt-heitsprinzip. Auchwenn Einstein sichnicht mit einer derartunbestimmten Weltanfreunden wollte, lebenwir doch in einer solchen.
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gebaut, Licht – ein-
schließlich Röntgenlicht – zu
machen.
Bilder brauchen nicht nur flach zu sein, sie
können auch als echte dreidimensionale Objekte im
Raum stehen. Die Grundidee dieser Holographie ent-
wickelt 1948 der ungarisch-britische Physiker Dennis
Gábor, eine Idee, die Gábor 1971 den Nobelpreis für Physik
beschert. Wirklich praktikabel wird seine Erfindung allerdings
erst nach der Erfindung des Lasers.
Dreißig Jahre alt sein und eine der exaktesten Theorien aller
Zeiten aufstellen! Das gelingt Richard Feynman 1948 mit seiner
Quantenelektrodynamik (QED). Die QED verbindet die ursprüng-
lich für die Atomphysik formulierte Quantenmechanik mit dem
Elektromagnetismus, also auch mit allen Erscheinungen der Optik.
Das Teilchen- und das Wellenbild des Lichts (oder allgemeiner:
von elektromagnetischer Strahlung überhaupt) sind innerhalb der
QED „miteinander versöhnt“ und sind jeweils einzeln als Grenz-
fälle aus ihr ableitbar. 1965 erhalten Richard Feynman, Julian
Schwinger und Sin-Itiro Tomonaga für ihre Beiträge zur QED
den Nobelpreis für Physik.
Die drei Wissenschaftler Chapin, Fuller und Peterson von
Bell Telephone entwickeln 1954 die Photozelle, die
elektrischen Strom aus Sonnenlicht erzeugen kann.
→ S. 47
maßstäbe46 maßstäbe46
Es war ein-mal ...Es wirdeinmalWie sieht sie aus, die Weltder Lampen und Lichter inein paar Jahrzehnten? EineZukunftsvision im Rück-blick
Ach nö. Ich soll Dir wirklich vondamals erzählen? Von Lampen?Leuchten?? Kannst du dir dochauch samt Videos im Wandlexikonvorspielen lassen. Nicht? Aha, aufdie alte Art, wie damals, als runzli-ge, strickende Omas ihren Enkelnim Ohrensessel erzählten. Pass nurauf, dass du nicht auch zum Roman-tiker wirst ... Ein Referat mit Tech-nik-Info, so so. Ein Erfahrungsbe-richt? Ohne Bild- und Ton-Schnip-sel? Alsdann: Es war einmal ...Damals, um die Jahrtausendwen-de ...
Stell dir einfach mal vor, Wändeund Decken im Haus wären nichtmehr interaktiv. Keine Leuchtflä-chen, keine Displays, keine Farb-wechsel – einfach nur blanke Flä-che. Vielleicht bunt tapeziert oderangemalt, mit ein paar Bildern dran.Erinnerst du dich noch, so vor dreiJahren, als der Strom ausfiel? Also,keinen tropischen Palmenstrand livean die Wand zaubern lassen, wenndir kalt ist, oder Frühlingslandschaftmit Vogelmusik gegen Traurigkeit.Auch keine Telefonate mit Leuten,die du im 3-D-Holographen fastanfassen kannst. Noch nicht einmaldas Beleuchtungssystem, das dirTageslicht einstellt oder romanti-sche Stimmung. Oder Punktlichtüber dem Lesesessel, oder was dugerade haben willst. Stell dir vor:einfach blanke Fläche. Und nebender Tür ein Lichtschalter.
Anschalten und Ausschalten wardamals Standard. Modern warenDimmer. Ganz Moderne hatten so-gar Funkschalter oder welche, dieauf Klatschen reagierten. Und fürjede Anwendung gab’s eine Lampe:Glühwendellampen, Leuchtstoff-röhren mit oder ohne Hochdruck,Xenonlampen, Halogenstrahler undso weiter. Glühlampen nutzte manfür warmes Licht im kleinen Be-reich, meist zu Hause. Weißt du, fürden Schreibtisch oder überm Lese-sessel – so ähnlich, wie wenn dasLichtsystem dir heute den Warm-lichtstrahler direkt überm Sesselsimuliert. Die Röhren nutzte manfür alles, was großflächig hell aus-geleuchtet werden musste, etwa imBüro. Die gab’s in verschiedenenFarbtemperaturen für unterschiedli-che Lichtstimmungen, oder alssimuliertes Sonnenlicht für Pflanzenoder Bräunungsstudios. Jede Lampemusste man damals per Hand aus-tauschen, wollte man andere Licht-farben haben. Für Licht an anderenOrten platzierte – oder montierte –man die Leuchten eben um. Nix mitBeleuchtungssystem, das solche Än-derungen auf Sprachbefehl ganzalleine hinkriegt ...
Als das letzte Jahrtausend zur Neigeging, waren auch die Energiespar-lampen aufgekommen, gefalteteLeuchtstoffröhren im Kleinformat.Die, die man wie Glühlampen in die
Fassung schrauben konnte – hast dumal Bilder gesehen? Immerhinbrauchten sie viel weniger Energieund hielten länger. Oder Halogen-lampen – dafür zogen sich mancheLeute die Kabel quer von einerWand zur anderen. Also statt amDeckendisplay Himmel mit Schäf-chenwolken in Echtzeit zu genie-ßen, guckte man auf blanke Kabel,zwischen denen die Leuchtenklemmten. Sollte modern sein. Sehrklein, sehr hell, sehr punktförmig,sehr langlebig, aber eben Glühlam-pen. Glühdrähte, was für eineEnergieverschwendung war dasdamals! Die Leuchtdioden heute,LEDs und OLEDs, und was mansonst noch alles entwickelt hat, diesparen nicht nur viel mehr Energie –man kann auch viel mehr Vielfaltbieten. Guck’ dir’s genau an: Ineinem einzigen Display große oderkleine Flächen ansteuern, helleroder dunkler, warm oder kalt, jenach Stimmung, die man gernehätte. Oder als Monitor jede Woche’ne andere Tapete simulieren. Odereben als Fernsehschirm, als Lexi-kon, als Ölgemälde. Aber wem sag’ich das, das kennt ja heute jeder ...
Wenn’s um Lichttechnik geht, mussich wohl noch weiter zurück. Duwolltest doch Geschichte hören,oder? So ungefähr die Steinzeit-menschen, die nutzten als Erste dasPrinzip: Wer Licht will, braucht
Bald serienreif: Displays aus organischen LEDs. Im kalifornischen San Jose baut dieFirma Osram gerade eine Pilotanlage auf. Und in Penang, Malaysia, entsteht für dasdeutsche Unternehmen eine Firma zur Serienproduktion.
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Feuer. Klar, in der Steinzeit ein Rie-senfortschritt, sozusagen die Sonnefür drinnen. Und das blieb überJahrtausende so, bei Fackeln, Ker-zen, Petroleumlampen und Gaslater-nen. Dann kam der angeblich sogroße Schritt zum modernen Licht,die Erfindung der Glühbirne, kurzvor dem 19. Jahrhundert. Dabei wardas gerade mal ein halber Schritt!Klar, jetzt gab’s keine offene Flam-me mehr und eine einzige Energie-quelle konnte unzählige verteilteLichter speisen. Auch mit demQualm war’s vorbei. Trotzdem bliebdas Prinzip dasselbe: Etwas Glühen-des gab Licht ab. Und mehr als90 Prozent der reingestecktenEnergie verpuffte als Wärme. Auchdie Halogenlampen waren nur eineleichte Verbesserung, man konntesich an ihnen immer noch gehörigdie Finger verbrennen.
Na, und dann waren da noch dieGasentladungslampen, die nutztenein anderes physikalisches Prinzip:Die elektrische Spannung zwischenzwei Punkten bringt das Gas da-zwischen zum Leuchten. Wie beimBlitz die Luft zwischen Himmel undErde. Erst gab’s die Neonröhren undihre Verwandten, in denen das Gasselber in seiner typischen Farbeleuchtete. Neon strahlt rot, wusstestdu das? Und dann kam die Lumi-neszenz ins Spiel, das indirekteLeuchten: Man merkte, dass man-che Gase hohe UV-Strahlung
abgaben. Die wiederum konnte eineBeschichtung an der Röhrenwandzum Leuchten bringen. Je nachLeuchtstoff unterschiedliche Far-ben, das bot viel mehr Möglichkei-ten. Doch auch die Röhrenlampenwaren ziemliche Energieschleudern:Stell dir vor, noch um die Jahrtau-sendwende wurde ein Drittel derEnergie weltweit nur für dieBeleuchtung produziert!Manche Leute finden dasja heute noch toll, hastdu mal was gesehenüber Sammler undRomantiker? Dieleisten sichmanchmal einStündchen mitGlühbirne.Dabei könnteihnen das Sys-tem einfach einpaar Kerzen indie Zimmer-ecken projizie-ren. Odervielleicht ’nKaminfeuer,samt Holzrauch-aroma ...
Aber gut, so um2000 herum war dieForschung dannschwer mit Leucht-dioden beschäftigt. LEDswaren nicht mehr nurbunte Blink- und Signal-
lichter, sondern konnten auch ernst-zunehmende Lichtquellen sein. Hiersind Elektronensprünge in Halblei-tern für das Licht verantwortlich,deshalb leuchten sie immer nur ineiner Farbe. Endlich hatte man auchblaue Leuchtdioden konstruiert undkonnte mit Tricks richtig weißesLicht erzeugen. Blau und gelbzusammen wirkten fürs Auge weiß,und viele kleine Einzeldiodengebündelt ergaben die ersten starkenStrahler. Die Bundesbahn stellte2001 ihre Signalleuchten direkt vonGasbrennern auf LED-Strahler um!Und dann, langsam, konnte man mitorganischen LEDs auch günstigeFlächenstrahler herstellen. WieSandwichscheiben ließen sich dieLeuchtschichten und durchsichtigenElektroden auf Kunststoff aufdru-cken oder aufdampfen – die erstenLichttapeten und biegsamen Paneelewurden möglich. Man konnte siesogar schon ansteuern, in Einzel-bereichen. Aber testweise und teuerwar das noch, vergleich’ das mal
Im Labor funktioniert es bereits: organische LEDs auf Folien. Sie könnten in Zukunftden aufrollbaren Monitor oder die elektronische Zeitung möglich machen.
Ende 1957 kommt der
Physikstudent Gordon Gould
von der Columbia-Universität, USA,
auf eine technische Idee, wie sich Licht
verstärken ließe. Gould erfindet den Laser.
Allerdings ist es drei Jahre später Theodore Harold
Maiman, der den ersten funktionstüchtigen Laser –
einen rot leuchtenden Rubinlaser – konstruiert. Schon
1962 werden Laser dann erstmals als „Werkzeuge“ in der
Augenchirurgie eingesetzt. Das dem Laser zugrunde liegende
Prinzip der stimulierten Strahlungsemission hatte bereits 1916/
1917 Albert Einstein gefunden. Die erste Anwendung für diesen
Effekt wurde allerdings nicht der Laser (für: Light amplification
by stimulated emission of radiation), sondern der 1953 von Charles
Townes erfundene Maser (für: Microwave amplification ...).
Townes erhält dafür 1964 den Nobelpreis für Physik.
Die Erfindung des Lasers ist eine technische Revolution, deren
Folgen bis heute andauern. Laser trennen, schweißen, bohren und
reinigen Werkstücke in der Industrie. Musik ist heute kaum noch
in Schallplattenrillen codiert, die ein Diamant abtastet – Musik ist
eine Abfolge von Vertiefungen auf einer CompactDisc, die ein
Laser ausliest. In der Medizin sind Laser Skalpelle oder heften
abgelöste Netzhäute wieder an. Laserlicht transportiert In-
formation: durch die Glasfaserkabel rund um den Globus.
In jedem Computer liest ein Laser die Daten von der
CD-ROM und ein Laserdrucker schreibt sie auf
Papier. Im Supermarkt scannt ein Laser die
Strichcodes der Waren an der Kasse. Laser
sind allgegenwärtig. → S. 49
maßstäbe48 maßstäbe48
Lampentyp Farbspektrum Lichtausbeute Funktionsweiselm/W
Thermische StrahlerKerze, Gasbrenner, breites Spektrum mit Schwer- 0,1 Kohlenwasserstoffmoleküle verbrennen mit Luftsauer-Petroleumlampe punkt im Gelb-Orangen stoff zu Kohlendioxid und senden Licht aus.
Glühlampe breites Spektrum, am stärksten 10 bis 20 Ein Draht aus schmelzbarem Material (meist Wolfram,im orangen Bereich, aber auch früher Kohlefaden) glüht im Glaskolben, umgeben vonals infrarote Wärmestrahlung chemisch neutralem Gas (Stickstoff, Krypton, Argon),
damit der Draht nicht oxidiert oder verdampft.Halogenlampe etwas näher am Sonnenspek- bis 35 Sehr helle Glühlampen. Halogen in der Gasatmosphä-
trum, weniger gelblich re das bei höheren Temperaturen verdampfendeWolframatome abfängt. Lange Lebensdauer, kon-stanter Lichtstrom, sehr kleine Abmessungen.
GasentladungslampenNeonröhre „bunte“ Basisfarben, je farbabhängig Mit Neon bzw. anderen Edelgasen gefüllte Leuchtstoff-
nach Füllung röhre. Elektronenfluss zwischen Elektroden regt dieGasatome an, die dann Licht definierter Wellenlängeabgeben.
Leuchtstoffröhre eng begrenzte Spektralfarben, 40 bis 100 Ein Zündgerät erhitzt Elektroden, die langwellige UV-(Niederdruckent- je nach Leuchtstoff (Typ Tages- Strahlung erzeugen. Diese regt Leuchtstoffe (Phos-ladungslampe) licht, Universalweiß, Warmton, phore) an der Innenwand der Röhre an, ein kontinu-
Flora u. ä.) ierliches Lichtspektrum auszustrahlen.Energiesparlampe s. Leuchtstoffröhre 50 bis 70 Kompakte Leuchtstofflampe mit gebogenen Entla-
dungsröhren samt Vorschalt- und Zündgerät im Sockel,in gewöhnliche Glühlampenfassungen zu schrauben.
Metalldampfhoch- je nach Füllung dem Sonnen- 70 bis 100 Enthält neben Edelgasfüllung verschiedene Metall-drucklampe licht ähnlich oder rötlich bis zusätze, die bei Erwärmung verdampfen und bei
bläulich Anregung Licht abgeben.Xenonlampe tageslichtähnlich breites Spek- 25 Höchstdruckentladungslampe mit dem Edelgas Xenon
trum, auch im Infraroten und als Leuchtstoff, dank der tageslichtähnlichen Farbtem-weit bis ins Ultraviolett rei- peratur geeignet für Farbbeurteilung, Projektoren,chend Scheinwerfer und Mikroskopie.
ElektrolumineszenzLED „einfarbig“, jeweils nur ein farbabhängig Halbleiterdiode, in der Elektronen in niedrigere Ener-(Leuchtdiode) schmaler Wellenlängen- giebänder wechseln und dabei Energie als sichtbares
bereich oder infrarotes Licht abstrahlen. Die Wellenlänge ist„weiß“ 15 materialabhängig. Weißes Licht entsteht, indem ein
Teil des blauen Lichts in gelbes gewandelt wird; dieMischung erscheint dem menschlichen Auge weiß.
OLED rot, blau, grün farbabhängig Flächige Dioden aus organischen Riesenmolekülen(organische (Polymeren), deren Elektronen durch elektrischeLeuchtdiode) Spannung angeregt und bei Rückkehr in den Grund-
zustand sichtbares helles Licht abgeben. In hauch-dünnen Schichten auf flexiblen Trägern zu verarbeiten,für Hintergrundbeleuchtung und Lichttapeten, durchgezieltes Ansteuern einzelner Pixelbereiche auch fürDigitalanzeigen und Großbildschirme.
Leuchtfolie sehr schmalbandig, farbabhängig Gelartige Leuchtpaste zwischen durchsichtigenweißes Kaltlicht Flächenelektroden, in welcher Elektronen des Phos-
phor-Atoms hochfrequent schwingen und dabei Licht-energie abgeben. Millimeterflach und flexibel, stufen-lose Helligkeitsregelung, schneid- und durchlochbar.
BiolumineszenzLeuchtbakterien, nur sichtbare Wellenlängen, unbekannt Bakterien (Gattungen Photobacterium, Vibrio )-quallen, -käfer blau, blaugrün oder weiß leben frei im Meer oder in den Leuchtorganen von
Tiefseefischen. Leuchtvorgang: Oxidation regt eineVerbindung an, die in den Grundzustand zurückfällt und blaugrünes Licht abgibt. Biolumineszenzkommt auch bei Insekten wie „Glühwürmchen“ vor,bei Kopffüßern, Fischen oder einigen Muscheln, zurTarnung, Paarung oder Nahrungssuche.
Nicht näher behandelte Lampentypen, obwohl ebenfalls im Gebrauch: Lichtbogen-, Quecksilberdampf-, Edelgas-Hochdruck-, Metalldampf-niederdruck-, Natriumdampf-, Schwefel-, Induktionslampen, Plasma- und Leuchtkristalldisplay
ds
maßstäbe 49maßstäbe 49
mit heute, wo man alle Wändedamit auskleiden kann, wo sieLichtsystem und Display in einemsind.
Aber eins ist wenigstens gleichgeblieben: Irgendeiner muss einAuge drauf haben, dass die Technikverlässlich ist. Und dass die Her-steller die richtigen Produktdatenangeben. Die Leute von der Physi-kalisch-Technischen Europa-An-stalt – damals waren sie nur fürDeutschland zuständig. Ich weißnoch, wie ich vor so ein paar Jahr-zehnten mal die PTB besuchte. Dahüteten sie ein paar große alteGlühlampen aus Japan wie einenSchatz. Jedes Jahr wurden sieimmer nur für ein paar Minutenangeschaltet, bloß nicht zu lange,weil sonst ja die Glühwendel zuschnell kaputt ging. Die Messgerätewurden damit abgeglichen, umPrototypen von neuen Lampen zuvermessen.
Aber die Zeiten, dass man nur mitdiesen Dingern genaue Lichtdatenvon Birnen, Röhren und Co. be-kam – die waren damals schonvorbei. Sie hatten gerade einenNeubau geplant, darin ein Gonio-photometer, und waren stolz wieOskar. Denn das Ding konnte mitdrei ausfahrbaren Roboterarmenerstmals kugelförmige Lichtquellengenauso gut vermessen wie flächi-ge. Jetzt konnte man immer neueund verschiedene Messgrößenmessen. Weltspitze war das – hatsich ja bis heute gehalten. Schließ-lich braucht man irgendwas Ver-lässliches, wenn die Welt sichimmer weiter dreht, um die ganzenneuen Entwicklungen überhauptvergleichen zu können. Undbedenkt man, dass es immerJahrzehnte dauert, bis die interna-tionalen Gremien sich auf neueStandards einigen ... Na klar gibt’sdas Modernste noch nicht in jederHütte in Afrika. Aber hierzulande –wenn die Sonne wüsste, wie wenigman sie heute noch braucht. Diehol’ ich mir doch einfach aufsDisplay. Oder was? Ja ja, dann geh’schon. Ich weiß, deine Leuchtqual-len brauchen wieder Futter.
DÖRTE SASSE
Dünn und leicht wie Papier, darauf immer die aktuellsten Meldungen, die überSatellit aktualisiert werden – so könnte die elektronische Zeitung aussehen. EineZeitlang wird man darauf aber noch warten müssen.
Mit Licht kühlen! Die
Laserkühlung von eingefange-
nen Ionen wird 1978 demonstriert.
Durch Laserstrahlen „tiefgefrorene Teil-
chen“ werden – zwei Jahrzehnte weiter – die
Taktgeber in so genannten Springbrunnen-Atom-
uhren. Die Sekunde kann dann auf 15 Stellen hinter
dem Komma genau gemessen werden.
Das Sonnenkraftwerk Solar One wird 1981 fertiggestellt. Es
kann Strom mit einer Leistung von 10 Megawatt erzeugen (und
tut dies bis 1988).
Das Kommunikationsnetz der Welt ist aus Glas: 1985 entwickeln
die AT&T Laboratories eine Glasfaser, bei der gleichzeitig
300 000 Telefongespräche übertragen werden können.
Eine sehr spezielle, neue Laser-Generation wird der Freie-Elek-
tron-Laser (FEL), der seine Lichtverstärkung aus freien Elektronen
bezieht, die in einem Magnetfeld zu wellenförmiger Bewegung
gezwungen werden. Der FEL liefert nicht nur Strahlung einer
bestimmten Wellenlänge, sondern ist theoretisch vom Mikro-
wellen- bis in den Röntgenbereich durchstimmbar. Eine
300 Meter lange FEL-Anlage firmiert als ein externes
Projekt der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover und
wird in Hamburg am Deutschen Elektronen-Synchro-
tron (DESY) gebaut. → S. 51
maßstäbe50
Fotos: Keystone (unten); MEV (oben)
maßstäbe 51
SonnigeAussichten
Geheimnisvolle Photosynthese:Noch ist die Natur als Energie-erzeugerin ungeschlagen. Aberdie Solar-Techniker holen auf.
Der Kalender zeigt Herbst, doch inFreiburg knallt die Sonne vom wol-kenlosen Himmel. Verschwende-risch verteilt sie ihr unerschöpfli-ches Energieangebot auf die Dächerder Stadt und zaubert südlichesFlair. Exakt 1846 Sonnenschein-stunden hat der Deutsche Wetter-dienst hier im letzten Jahr gemes-sen – rund 300 Stunden über demdeutschen Mittel. Was Besuchernaus dem kühleren Norden denSchweiß aus den Poren treibt, sorgtin Deutschlands südlichster Groß-stadt für Strom, warmes Wasserund – man mag es gar nicht glau-ben – Kühlung. Das städtische Um-weltschutzamt hat nachgezählt:Aktuell verwandeln 362 über dieStadt verteilte Photovoltaik-Anla-gen Sonnenlicht in elektrische Ener-gie. Dazu kommen mindestens6744 Quadratmeter Sonnenkollekto-ren, die Warmwasser produzieren.
Solarenergie hat in Freiburg Kon-junktur – und nicht erst seit dem„Erneuerbare-Energien-Gesetz“, dasseit über zwei Jahren bundesweitStrom aus regenerativen Quellenfördert. Schon 1986 hatte sich derGemeinderat entschieden, künftigauf alternative Energieversorgungzu setzen. Die Folgen prägen heute
das Stadtbild: zum Beispiel der 60 Meter hohe, bläulich glitzernde „So-lartower“ am Hauptbahnhof. Rund 240 Solarstrommodule, verteilt auf19 Stockwerke, liefern Elektrizität für das technische Innenleben desGebäudes. Reichlich paradox erscheint dagegen eine Technologie amKlinikum der Albert-Ludwigs-Universität: Solare Kälteerzeugung heißt dasVerfahren, mit dem aus sonnenerwärmtem Wasser über eine Adsorptions-kältemaschine kühle Luft für Labors wird.
Bei der Solarthermie, der Wärmeerzeugung mit Hilfe von Sonnenkollekto-ren, hat Freiburg inzwischen seinen Spitzenplatz eingebüßt; Ulm verfügtmittlerweile über mehr Kollektorfläche pro Einwohner. Nach wie vor glänztFreiburg aber bei der Photovoltaik, der Erzeugung von Strom durch Solar-zellen, mit derzeit 11,74 Watt Leis-tung je Einwohner. Der Bundes-durchschnitt liegt bei mage-ren 1,34 Watt. Zur wahren„Solar-Region“ wird dieGegend durch dievielen Firmen undForschungsein-richtungen, diesich vor Ort demThema Sonnen-energie wid-men. ZumBeispiel dasFraunhoferInstitut fürSolare Energie-systeme (ISE).Vor rund20 Jahren ge-gründet, ist esheute Europasgrößtes Solar-forschungsinstitut.Über 120 Mitar-beiter entwickelnSysteme und Kom-ponenten für dieBereiche Photovoltaik,Solarthermie, SolaresBauen und Energietechnik.
Bild links (Montage): SolarkraftwerkWald und kleiner Ausschnitt des Solar-kraftwerks auf dem Dach des Messe-geländes in Freiburg
Bild oben rechts:Herstellung einer herkömmlichen Silizi-umzelle unter Reinraumbedingungen
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Einige Licht-„Quellen“
Zahlreiche Informationen dieser
kleinen Chronologie des Lichts entstammen
dem leider nur noch antiquarisch zu beziehen-
den Buch: Alexander Hellemans, Bryan H. Bunch:
Fahrplan der Naturwissenschaften. Ein chronologi-
scher Überblick. München 1990 (aus dem Amerikani-
schen: The Timetable of Science. 1988)
Unterhaltsam, wenn auch mit erzählerischen Längen, kommt
eine spezielle Licht-Chronik daher. Ein amerikanischer Physiker
gibt einen – durchaus auch persönlich gefärbten – Eindruck von
der Rolle des Lichts in Wissenschaft, Technik und (!) Kunst:
Sidney Perkowitz: Eine kurze Geschichte des Lichts. Die Erfor-
schung eines Mysteriums. dtv, München 1999 (aus dem Amerika-
nischen: Empire of Light. New York 1996)
Naturwissenschaftliche Begriffe – nicht nur zum Licht – klärt
ein Lexikon, das zum ausgiebigen und intellektuell nahrhaften
Schmökern verführt: Michel Serres, Nayla Farouki (Hrsg.):
Thesaurus der exakten Wissenschaften. Zweitausendeins,
Frankfurt 2001. (Aus dem Französischen: Le Trésor.
Dictionnaire des Sciences.)
Licht ist etwas für das Auge. Dies belegt ein phantas-
tisch bebildertes, großformatiges Buch aus der Reihe
der WWF-Dokumentationen: Pro Futura Verlag
(Hrsg.): Reflexionen. Licht – Medium der
Zukunft. Umweltstiftung WWF-Deutsch-
land, München 2000
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Tüfteln an den Energiequellen derZukunft
In einem Flügel des dreigeschossi-gen ISE-Gebäudes tüfteln AndreasHinsch und etwa ein Dutzend Kol-legen, darunter Wissenschaftler vomFreiburger Materialforschungszen-trum (FMF), an den Solarzellen derZukunft. Eine ihrer Visionen: Fle-xible „Plastik“-Solarzellen, die sichauf Kleidung, Geräten und Fahrzeu-gen anbringen oder integrieren las-sen. Die biegsamen Zellen könntenauch Architekten zu ganz neuen Ge-bäude-Designs inspirieren. Bisherschaffen die organischen Solarzellenaus elektrisch leitenden Kunststof-fen allerdings nur kärgliche dreiProzent Wirkungsgrad. Denn diedünnen organischen Schichtenabsorbieren noch nicht genug Licht.Mittels spezieller Nano-Strukturen,raffinierter „Lichtfallen“ auf derOberfläche der Zellen, wollen dieFraunhofer-Forscher die Leistungsteigern. „Von einer technologi-schen Umsetzung sind wir abernoch weit entfernt“, sagt RainerKern, Physiker und Mitarbeiter imForschungsteam.
Schon weiter gediehen ist dagegendas zweite Projekt der Wissen-schaftler: Solarzellen, die keinteures Silizium benötigen, sondernmit Hilfe von Farbstoff Stromproduzieren. Pate steht dabei einumweltfreundlicher, aber höchstkomplizierter Vorgang: die Photo-synthese. Bei diesem Prozesswandelt Chlorophyll, der grüneBlattfarbstoff, Sonnenenergie inZucker, also chemische Energie,um. „Salat oder Osterglocke – jedegrüne Pflanze führt uns eindrucks-voll vor, wie mit Licht und Farb-stoffen Energie erzeugt werdenkann“, sagt Andreas Hinsch. Schonlange träumen Wissenschaftlerdavon, die Photosynthese für dieEnergiegewinnung nutzbar zu
machen. Ob in der Natur oder im Labor – damit sich Sonnenenergie einfan-gen lässt, bedarf es geeigneter Moleküle. Bei den Pflanzen absorbieren dieBlattpigmente, die sich konzentriert in den Chloroplasten – kleinen Körper-chen, quasi natürlichen Sonnenkollektoren – befinden, Licht verschiedenerWellenlängen. Das erhöht den Energiegehalt der Chlorophyllmoleküle, regtsie gewissermaßen an, und setzt eine Vielzahl von nützlichen Folgereak-tionen in Gang, die dann auch im Dunkeln ablaufen können.
Paradebeispiel der Bionik
Was in der Natur seit Jahrmillionen klappt, ahmen die ISE-Forscher nun mitHilfe der Technik nach – ein Paradebeispiel der Bionik, noch dazu mit kos-tengünstigen Materialien und einfachen Herstellungsschritten: Die Aufgabedes Chlorophylls übernimmt in den Solarzellen eine extrem dünne Lageeines farbigen Edelmetallkomplexes. Die aktiven Schichten machen zusam-men nur 20 Mikrometer aus – das entspricht einem Drittel der Dicke desmenschlichen Haars. Um mit der Nano-Solarzelle eine möglichst hoheEnergieausbeute zu erzielen, muss das Schlüsselelement, der eingesetzteFarbstoff, wie in der Natur, ein breites Spektrum des Sonnenlichts nutzenund der stattfindende Elektronentransfer möglichst rasch vor sich gehen.Die Forscher bauen ihre „künstlichen Blätter“ daher aus Glasplättchen, diezuerst mit einer transparenten und leitenden TCO(Transparent ConductingOxide)-Schicht versehen worden sind; sie dienen als Elektrode. Da umsomehr Licht eingefangen wird, je größer die verfügbare Oberfläche ist, be-drucken Hinsch und sein Team die Glasplättchen anschließend mit Titan-dioxid (TiO
2), einem kostengünstigen Allerweltsmaterial, das sich auch als
Pigment in Sonnenschutzmitteln und Farben findet. Sie schaffen so einenano-poröse Oberflächenstruktur, die tausendmal größer ist als eine glatteFläche, was die Aufnahme von Lichtteilchen, den Photonen, verbessert.Diese Oberfläche überziehen sie dann mit Farbstoffmolekülen. Chlorophylleignet sich dafür jedoch nicht, denn es ist nicht stabil genug und zerfälltnach einiger Zeit. Bei der Photosynthese stellt dies kein Problem dar, da dieChloroplasten das Chlorophyll optimal schützen und die Natur ständig fürunerschöpflichen Blattwuchs sorgt. In der Technik haben sich inzwischen
Bild oben: Der Natur auf der Spur:Andreas Hinsch mit der eingefärbtenPhotoelektrode eines Solarzellen-Moduls
Foto: Fraunhofer ISE
Foto: ISE Freiburg
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Ruthenium-Komplex-Verbindungenals lichtstabil bewährt und durchge-setzt. Damit die Solarzelle richtigarbeitet, bedarf es noch einer Ge-genelektrode – ein platiniertesTCO-Glasplättchen übernimmtdiese Funktion. Den Zwischenraumzwischen beiden Elektroden fülltein leitender, flüssiger Elektrolyt.
Trifft nun ein Photon auf die Solar-zelle, bringt es – ähnlich wie in denChloroplasten – ein Farbstoffmole-kül in einen energetisch angeregtenZustand, von dem aus ein Elektronungeheuer schnell in das Leitungs-band des Halbleiters Titandioxidinjiziert wird. Dieser extrem rascheElektronenfluss dauert – wie eininternationales Forscherteam vorkurzem herausgefunden hat – nurdrei Billiardstel Sekunden. Das an-geregte Elektron bewegt sich durchdas poröse Titandioxid zur TCO-Elektrode, gibt seine Energie an einelektrisches Gerät ab, gelangt zurGegenelektrode und über den Elek-trolyten wieder zum Farbstoff. Nochganz klappt die Imitation von Mut-ter Natur jedoch nicht. Problememacht die Abdichtung der Solar-zellen über einen längeren Zeitraumhinweg, denn die darin enthalteneFlüssigkeit könnte eventuell aus-laufen. Im Mittelpunkt der For-schungsarbeiten des ISE-Teams
steht daher die langzeitstabile Versiegelung der Zellen, der eventuelle Ersatzdes flüssigen Elektrolyten durch einen festen und die Entwicklung einerTechnologie, mit der auch großflächige Solarkomponenten hergestelltwerden können.
Mit den Farbstoffsolarzellen lässt sich zurzeit ein Wirkungsgrad von 8 %erzielen. Die Wissenschaftler wollen ihn noch auf 12 % steigern. Zwarschaffen konventionelle Siliziumzellen mehr als das Doppelte, aber dennochkönnten die innovativen Solarzellen schon bald konkurrenzfähig werden.Denn sie lassen sich mit herkömmlichen Techniken aus dem Siebdruck –zum Aufbringen des Titandioxids – und der Glasherstellung fertigen undbenötigen keine aufwendige und teure Reinraum-Technik. Auch geht derTrend inzwischen zu möglichst vielfältigen Zellenvarianten, um allendenkbaren Anwendungsbereichen gerecht zu werden. „Farbstoffsolarzellenwerden Siliziumzellen nie ersetzen, sondern die Palette einfach erweitern“,bestätigt Rainer Kern. Sie werden farbige Fassaden und Fenstermodulebilden oder, eingebaut in preisgünstige Solar-Home-Systeme, Häuser auchabseits von Siedlungen mit Strom versorgen. Noch zwei bis fünf Jahre,schätzt der Physiker, dann könnten die Farbstoffsolarzellen des ISE auf denMarkt kommen. Und der boomt. Nach einer Studie aus der Schweiz gehörtdie Photovoltaik-Industrie weltweit inzwischen zu den wachstumsstärkstenBranchen. Global nimmt die Solarzellen-Produktion um durchschnittlich17 % pro Jahr zu, in den kommenden fünf Jahren sollen es gar bis zu 20 %sein.
ALMUT BRUSCHKE-REIMER
Ein Blatt – die Farbstoffsolarzelle derNatur
Foto: MEV
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Auf Herz und Nieren prüfen
Wer eine Solaranlage kauft, will sich darauf verlassen können, dass dieLeistung nicht enttäuscht. „Damit es in der Praxis keine unangenehmenÜberraschungen gibt, tun Hersteller gut daran, die Qualität von Solarzellenund -modulen schon während der Entwicklung und bei der Produktion mitpassenden Referenzzellen zu sichern“, sagt Jürgen Metzdorf vom Fachbe-reich „Licht und Strahlung“ der PTB in Braunschweig. Referenz-Solarzel-len sind besonders genau gemessene Solarzellen, die als so genannte„Normale“ dienen, als „Urmaß“. Sie müssen allerhand elektrische, thermi-sche, optische und mechanische Kriterien erfüllen. Maßgebend ist dafür eininternational gültiger Standard, die Regeln im Rahmen der so genanntenWorld Photovoltaic Scale (WPVS). Forschungslabore (unter anderem auchdas Fraunhofer ISE in Freiburg) und Unternehmen lassen ihre Referenz-zellen freiwillig in der PTB kalibrieren, also sozusagen auf Herz und Nierenprüfen. Gesetzlich vorgeschrieben ist dies nicht. Mit Hilfe der kalibriertenZellen können sie dann den Wirkungsgrad der von ihnen hergestelltenSolarzellen genau bestimmen und kontrollieren. Um die Übereinstimmungder Kalibrierungen auch global zu sichern, veranstalten die vier weltweitführenden Photovoltaik-Messlabore, darunter das der PTB, regelmäßiginternationale Vergleichsmessungen. Einem rasanten Wachstum derPhotovoltaik-Branche sollte damit – zumindest messtechnisch – nichts imWege stehen.
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Bild: Die Sonne verschwendet sich an das Universum – in riesigenAusbrüchen von Sonnenmaterial. Diese Protuberanzen erreichenHöhen von einigen hunderttausend Kilometern und schießen teil-weise mit Geschwindigkeiten von 200 Kilometern pro Sekunde insAll. Die Aufnahme wurde mit dem „Extreme ultraviolet ImagingTelescope“ (EIT) der Raumsonde SOHO am 15. Mai 2001 aufge-nommen – sie zeigt, eingefärbt in Rottönen, die Emissionen derSonne im tiefen Ultraviolett bei einer Spektrallinie von 304 Å (Emis-sionslinie des zweifach ionisierten Heliums). Die heißesten Stellender Sonnenoberfläche, der Chromosphäre, erscheinen weiß, diekühleren rot.
Unscheinbarer Zwerg der Klasse G2 Römisch Fünf
Sie ist völlig gewöhnlich, aber ohne sie wären wir nicht.Unsere Sonne strahlt schon fünf Milliarden Jahre und wirdes noch einmal so lange tun. Jetzt, in der Mitte ihres Daseins,herrschen tief in ihrem Innern unvorstellbare Temperaturenvon 15,5 Millionen Grad Celsius und ballen sich die Was-serstoffkerne zu einer Dichte von 155 Gramm pro Kubik-zentimeter zusammen. Die Atomkerne in dieser Zone sindenergiegeladene Pakete und nichts als hüllenlose, nackteKernbausteine – die „zarten“ Elektronenbindungen sind allezerrissen. Temperaturgetrieben donnern Kerne auf Kerne undverschmelzen in thermonuklearen Reaktionen. Die Kollisio-nen von vier Protonen, also Wasserstoffkernen, erzeugenletztlich jeweils einen Heliumkern und – als entscheidendenZusatz – überschüssige Energie. Dieses „Wasserstoffbren-nen“ dominiert im momentanen Lebensabschnitt der Sonnealle anderen Prozesse, es produziert 99 % der solaren Ener-gie. Doch irgendwann geht dieser Brennstoff aus, die Was-serstoffkerne werden zur Neige gehen. Nun sind größereKerne an der Reihe, es beginnt das Heliumbrennen, in demHelium zu Kohlenstoff fusioniert. Für die Sonne beginnt derLebensabschnitt eines Roten Riesen: Langsam kühlt sie sichab – ihre Oberflächentemperatur sinkt von jetzt 6000 Kelvinauf Werte zwischen 2000 Kelvin und 4000 Kelvin; undebenso langsam bläht sie sich auf, frisst irgendwann denersten Planeten, Merkur, den zweiten, die Venus, und dannwahrscheinlich auch noch die Erde.
Doch bis zu diesem Endzeit-Szenario ist Zeit. Zeit auchdafür, das Wasserstoffbrennen ganz irdisch zu nutzen.Immerhin kommt von diesem mittelprächtigen Stern in derfünften und damit vorletzten aller Leuchtkraftklassen eineStrahlungsleistung von 175 000 000 000 000 Kilowatt (bzw.175 Petawatt) bei der Erde an. Jeden Quadratmeter Erdober-fläche bestrahlt die Sonne üppig mit Energie – mit einerLeistung von rund einem Kilowatt. Genug Energie für alles.Wenn wir sie nutzen.
PS: Nach dem Harvard-Spektralklassifikationssystem gehörtunsere Sonne zum Sterntyp G mit charakteristischen Spek-trallinien des Elements Eisen und von ionisiertem Calcium.In welche Spektralklasse ein Stern fällt, entscheidet seineOberflächentemperatur. Nach fallender Temperatur sortiertsind die Sternentypen benannt nach der Sequenz O, B, A, F,G, K und M. Als eine kleine Merkhilfe gilt der Satz: „Oh, bea fine girl. Kiss me.“ Die arabische 2 (nach dem G) bedeuteteine Dezimalteilung zwischen den Elementen der Sequenz(G2 ist also näher an G als an K). Die anschließende römi-sche Ziffer gibt die Morgan-Keenan-Leuchtkraftklassifika-tion. So sind Sterne der Klasse I Überriesen und Sterne derKlasse VI Unterzwerge. JENS SIMON
maßstäbe 55Foto: SOHO/NASA/ESA
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Wie gut, dass wir die dunklen Zeiten hinter uns haben.Zeiten, als wir in muffigen Höhlen leben mussten, inständiger Angst vor Säbelzahntigern und den Keulen-hieben der Nachbarn. Oder das Mittelalter: Schwefel-stinkende Alchimistenkammern, von farbigen, wabern-den Rauchschwaden durchzogen. Wie gut, dass es seitder Aufklärung ständig aufwärts gegangen ist mit derErleuchtung der Menschheit. Einer unserer größtenTräume hat sich erfüllt: Wir haben die Dunkelheit aus-gelöscht. Licht, oh Licht! Du vertreibst unsere Angst,minderst unsere Schwermut, verscheuchst den nächtli-chen Einbrecher (wenn auch nicht Nachbars Katze, diezum wahren Fan des Bewegungsmelders geworden ist).Licht, du lässt uns noch auf dem dunkelsten Parkplatzunser Auto wiederfinden (vorausgesetzt, die Dioden-taschenlampe ist in der Handtasche zu finden). Unsernächstes Auto wird Scheinwerfer haben, die um dieKurve leuchten. Und gerade ist es Ärzten gelungen,auch den hintersten Winkel des menschlichen Körpers,den Dünndarm, zu erhellen: Der Patient schluckt einekleine Kapsel, die ständig ihren Aufenthaltsort nachaußen funkt – und das Innere des Körper öffnet sich wieein Buch. Nichts mehr liegt im Dunklen, alles ist lichtund klar. Die Welt ist in Ordnung.
Nur einige wenige Geschöpfe wagen es noch, sichmenschlicher Lichtherrschaft zu widersetzen. Glüh-würmchen sind es, die ungerührt ihr Licht an- undausknipsen. Und die Winzlinge arbeiten dabei auchnoch sagenhaft energiesparend. Gelänge es uns, ähnlichelegant und effizient Licht zu erzeugen, dann könntenauch die letzten dunklen Flecken von der Weltkarteverschwinden. Aber leider denken die Glühwürmchengar nicht daran, uns ihr Geheimnis zu verraten. Sindverschlossen, die Kleinen. Wollen uns nicht teilhabenlassen. Uns so lächerlich dastehen zu lassen! Aber einFeldzug ist nicht nötig, denn die Tiere werden sowiesoaussterben. Kleiner Nebeneffekt der zunehmenden Be-leuchtung. Glühwürmchen brauchen nämlich Dunkel-heit, um einen Partner zu finden. Apropos: Unter denMenschen, den Zweisamen, soll es auch so Altmodischegeben, die es nachts dunkel haben wollen ... – Aber daskriegen wir noch in den Griff. Ebenso wie das Problemmit den Leuten, die plötzlich so viel von „Lichtver-schmutzung“ reden. Zugegeben, ein paar Anfangserfol-ge haben sie. Ein Würstchenbudenbesitzer aus Ober-forstbach musste seinen „Skybeamer“ wieder abschal-ten. Viele Diskothekenbesitzer, die auch mit Laserstrah-len ihre Werbung in den Himmel fingern, fürchten nunum ihre Existenz. Keine Werbung mehr – das kannheute den Kopf kosten. Und das alles nur, weil sich einpaar alte Leute an Flakscheinwerfer erinnert fühlen.Schwieriger ist schon die Sache mit den Astronomen.Die behaupten, sie könnten vor lauter Licht den Him-mel nicht mehr sehen. Aber was soll uns der Himmel?Wir haben den Himmel auf Erden. Malen ihn uns aufComputerbildschirme. Stecken alles, was wir wissen, inDaten und jagen sie als Lichtblitze – eingesperrt inunterirdische Fasern – um den Globus. Und in unserenHöhlen leuchten fahl die Monitore.
ERIKA SCHOW
Das Letzte
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Auszüge der �maßstäbe� im Internet unter www.ptb.de
© PTB. Alle Rechte vorbehalten.Bei Nachdruck bitte Quellen- und Autorenangabesowie Information an die Redaktion.Braunschweig, Februar 2003
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HerausgeberPhysikalisch-Technische BundesanstaltBraunschweig und Berlin
Magazin der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
Zum Licht
Heft
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Leben in derFinsternisEine Reisein die Tiefsee
Lineale aus LichtWas nach demUrmeter kam
VerräterischesLeuchtenDem Krebs auf derSpur
�Mehr Rot als nurein TropfenýEin Interview zwischenPhysik und Kunst
Es war einmal ...Es wird einmalDie Lampenweltder Zukunft
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ISSN 1618-1999