zur chemie der textilfasern

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120 Das Studium der Bildung eines elastischen ! yon Henri gleichfalls unternommen; die Ergeb- Kuchens bet der Oerinnung des Kautschuk- ] nisse dieser Untersuchungen sollen spiter ver- mitchsaftes und dessert tt~schaffenheit wu~e t 6ffentticht werden. R. Marzahn. Referate, welche organische Kolloide im allgemeinen betreffen. Zacharias, P. D., Zur Chemic der Textil. fasern. (Nach einem Sonderabdruck aus der ,,Zeitschrift fftr Farben- und Textil-Chemie,<, ll. Jahrg. Heft 12, 1903.) Privatdozent Dr. Zacharias zeigt in diescr Arbeit, dab man zur Gewinnung klarer Vor- ste~iungen fiber Firbevorg~tnge die chemischen Eigenschaften der Fase~ubstanzen ganz allgemein dutch Betrachtung derselben als Kolloidatgebilde untersuehen muB. Er fa|~t die Fasersubstanzen als Stoffe mit gro~nl Mo!ekulargewieht auf, die die Haupteigenschaft der chemischenTt~gheit als Folge ihrer koltoidalen Natur zeigen und dadurch zum Sitze voll Absorptionserscheinungen werden. Nach ein~" allgemeinen Erkl~irung des Begriffes >,Kolloid,, g e h t Verf. speziell auf die Faserstoffe iiber, welche wie die EiweiSstoffe und Kohlenhydrate Kolloidalsubstanzen sind. Sie sind hygroskopisch, quellen in Wasser, in ver- schiedenen anderen Flfissigkeiten und L6sungen auf, werden bet bestimmter Konzentration, Tempe- ratur und Druck ohne bestimmte L6slichkeit zu kolloidaten L6sungen gel6st. Da man sie hie v611ig trocknen kann, k6nnen sie niemals in einem bestimmten Zusftande analysiert werden. Wenngleich das meiste Wasser bet 1000C fort- geht, so wird bet erh6hter Temperatur immer noch Wasser in kleiner Menge ausgetrieben, bis dig Substanz merkliche Zersetzung zu zeigen anfiingt. Es gibt keine Orenze zwischen hygro- skopischem und Konstitutions- oder chemisch gebundenem Wasser. Die Faser gibt keine be- stimmten Verbindungen, sie absorbiert nnd h/ill kleine Mengen yon Siiuren und Basen lest. Verf. fiihrt als Beispiele daffir Arbeiten yon Appleyard und Ffirstenhagen, Crol3 und Bevan, m~d Stepanow an. Die Fasern sind trfige Gebitde, welehe schon yon Wasser allein angegriffen werden k6rmen. Kurze Einwirkung anderer [:liissigkeiten und konzentrierter l_6sungen brinU merkliche physi- kalische Aendernng hervor (Mercerisierung). Im Anfangsstadium der Zersetzung wird die Absorp- tio,sf/ihigkeit der Faser und das F'iirbeverm6gen atlgemein erh6ht. Ve~'schiedene Fasern zeigen eine vcrschiedene Widerstandsf~higkeit. So wird Wolle schon durch Wasser bet 1300 stark ver- ~indert, dasselbe gilt yon verdLinnten Atkatien. Dureh starke S~uren, Basen und konzentrierte k6sungen schwilit die Faser stark an, sie wird durehsichtiger und kr[tftiger, sie ist mercerisiert. Der Mercerisationsvorgang ist eine aligemeine Erscheinung, die Affinit~it gegen Farbstoffe wird dadnrch gesteige1~; die sogenannte Affinit~t der Faser h/ingt nicht yon der chemischen Zusammen- setzung derselben ab. Zacharias widerlegt nun an zahlreichen l"~ittendie Beweisffihrung anderer, wetche die Existenz yon bestimmten Oruppen sauren und basischen Charakters in der Faser annehmen. Zun~chst versuchte E. Knecht die saute und basische Natur der Wolle und Seide experimentell zu beweisen. Veff. ist der An- sicht, dal~ sial1 die Wolle, wenn sie eine Amido- s~iure w~ire, mit dem ganzen Farbsalze verbinden und nicht die S~iure quantitativ im Bad zurt3ck- lassen mfiSte, im Widerspruch mit der Eigen- sChaft delselben, Siiuren aus .verdfinnten k6sungen zu absorbieren und festzuhalten. Die Spaltung eines Farbsalzes beruht atff Hydrolyse,. die F~irbung auf der Bildung ei,es unl6sliehen Niederschlages yon kolloidaten Farbbasen. Die entstehende Lanuginsaure ist ein kolloidates Produkt der hydrolytisch~n Zersetzung der Wolle; sie wird aus ihrem Sol wie die Albumin- 16sungen als Gel. gefii.llt. L. Vignon erkl~irt dig saute und basische Natur der Fasern dutch die beim Einbringen derselben in normale S~iuren und Alkalil6sungen beobachtete kleine Wfirme- entwickhmg. Zacharias halt diese W~irmeent- wicklung fiir nichts anderes als Quellungsw~irme. C. O. Weber suchte die Existenz Yon NH~- und CO OH-Oruppen in der Wotle durch die F~itlung essig~aurer Albunfint6sung mit sauren Farbstoffen zu beweisen. Verf. faf~t hingegen die Gerinnung als eine allgemeine Eigenschaft der kolloidalen L6sung auf, welche nicht ein rein chemischer ProzeB ist, wenngleieh er yon Wasserverlust und Strukturver~il~derung begleitet wird. Webers Niederschl~ge werden infoige der Oerinnung des Albumins dutch die fret werdende Farb~,ure hervorgebracht. Die kr~iftigsteStiitze for das Vorhandensein yon Amid in der Wolle bildet der sogen. Diazotierungsprozefi derselben von Richard. Verf. sieht dagegen die auf sogen. diazotierter Wolle gewonnenen Farben als direkte Einwirkungsprodukte der salpetrigen S~.ure auf die Phenoll6sung an. Bentz und FarreU leiten den durch l(ochen der angeblich diazotierten

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Page 1: Zur Chemie der Textilfasern

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Das Studium der Bildung eines elastischen ! yon Henri gleichfalls unternommen; die Ergeb- Kuchens bet der Oerinnung des Kautschuk- ] nisse dieser Untersuchungen sollen spiter ver- mitchsaftes und dessert tt~schaffenheit wu~e t 6ffentticht werden. R. Marzahn.

Referate, welche organische Kolloide im allgemeinen betreffen. Zacharias, P. D., Zur Chemic der Textil.

f a s e r n . (Nach einem Sonderabdruck aus der ,,Zeitschrift fftr Farben- und Textil-Chemie,<, ll. Jahrg. Heft 12, 1903.)

Privatdozent Dr. Zacharias zeigt in diescr Arbeit, dab man zur Gewinnung klarer Vor- ste~iungen fiber Firbevorg~tnge die chemischen Eigenschaften der Fase~ubstanzen ganz allgemein dutch Betrachtung derselben als Kolloidatgebilde untersuehen muB. Er fa|~t die Fasersubstanzen als Stoffe mit gro~nl Mo!ekulargewieht auf, die die Haupteigenschaft der chemischenTt~gheit als Folge ihrer koltoidalen Natur zeigen und dadurch zum Sitze voll Absorptionserscheinungen werden. Nach ein~" allgemeinen Erkl~irung des Begriffes >,Kolloid,, geh t Verf. speziell auf die Faserstoffe iiber, welche wie die EiweiSstoffe und Kohlenhydrate Kolloidalsubstanzen sind. Sie sind hygroskopisch, quellen in Wasser, in ver- schiedenen anderen Flfissigkeiten und L6sungen auf, werden bet bestimmter Konzentration, Tempe- ratur und Druck ohne bestimmte L6slichkeit zu kolloidaten L6sungen gel6st. Da man sie hie v611ig trocknen kann, k6nnen sie niemals in einem bestimmten Zusftande analysiert werden. Wenngleich das meiste Wasser bet 1000C fort- geht, so wird bet erh6hter Temperatur immer noch Wasser in kleiner Menge ausgetrieben, bis dig Substanz merkliche Zersetzung zu zeigen anfiingt. Es gibt keine Orenze zwischen hygro- skopischem und Konstitutions- oder chemisch gebundenem Wasser. Die Faser gibt keine be- stimmten Verbindungen, sie absorbiert nnd h/ill kleine Mengen yon Siiuren und Basen lest. Verf. fiihrt als Beispiele daffir Arbeiten yon Appleyard und Ffirstenhagen, Crol3 und Bevan, m~d Stepanow an.

Die Fasern sind trfige Gebitde, welehe schon yon Wasser allein angegriffen werden k6rmen. Kurze Einwirkung anderer [:liissigkeiten und konzentrierter l_6sungen brinU merkliche physi- kalische Aendernng hervor (Mercerisierung). Im Anfangsstadium der Zersetzung wird die Absorp- tio,sf/ihigkeit der Faser und das F'iirbeverm6gen atlgemein erh6ht. Ve~'schiedene Fasern zeigen eine vcrschiedene Widerstandsf~higkeit. So wird Wolle schon durch Wasser bet 1300 stark ver- ~indert, dasselbe gilt yon verdLinnten Atkatien. Dureh starke S~uren, Basen und konzentrierte

k6sungen schwilit die Faser stark an, sie wird durehsichtiger und kr[tftiger, sie ist mercerisiert. Der Mercerisationsvorgang ist eine aligemeine Erscheinung, die Affinit~it gegen Farbstoffe wird dadnrch gesteige1~; die sogenannte Affinit~t der Faser h/ingt nicht yon der chemischen Zusammen- setzung derselben ab. Zacharias widerlegt nun an zahlreichen l"~itten die Beweisffihrung anderer, wetche die Existenz yon bestimmten Oruppen sauren und basischen Charakters in der Faser annehmen. Zun~chst versuchte E. Knecht die saute und basische Natur der Wolle und Seide experimentell zu beweisen. Veff. ist der An- sicht, dal~ sial1 die Wolle, wenn sie eine Amido- s~iure w~ire, mit dem ganzen Farbsalze verbinden und nicht die S~iure quantitativ im Bad zurt3ck- lassen mfiSte, im Widerspruch mit der Eigen- sChaft delselben, Siiuren aus .verdfinnten k6sungen zu absorbieren und festzuhalten. Die Spaltung eines Farbsalzes beruht atff Hydrolyse,. die F~irbung auf der Bildung ei,es unl6sliehen Niederschlages yon kolloidaten Farbbasen. Die entstehende Lanuginsaure ist ein kolloidates Produkt der hydrolytisch~n Zersetzung der Wolle; sie wird aus ihrem Sol wie die Albumin- 16sungen als Gel. gefii.llt. L. Vignon erkl~irt dig saute und basische Natur der Fasern dutch die beim Einbringen derselben in normale S~iuren und Alkalil6sungen beobachtete kleine Wfirme- entwickhmg. Zacharias halt diese W~irmeent- wicklung fiir nichts anderes als Quellungsw~irme.

C. O. Weber suchte die Existenz Yon NH~- und CO OH-Oruppen in der Wotle durch die F~itlung essig~aurer Albunfint6sung mit sauren Farbstoffen zu beweisen. Verf. faf~t hingegen die Gerinnung als eine allgemeine Eigenschaft der kolloidalen L6sung auf, welche nicht ein rein chemischer ProzeB ist, wenngleieh er yon Wasserverlust und Strukturver~il~derung begleitet wird. Webers Niederschl~ge werden infoige der Oerinnung des Albumins dutch die fret werdende Farb~,ure hervorgebracht. Die kr~iftigste Stiitze for das Vorhandensein yon Amid in der Wolle bildet der sogen. Diazotierungsprozefi derselben von Richard. Verf. sieht dagegen die auf sogen. diazotierter Wolle gewonnenen Farben als direkte Einwirkungsprodukte der salpetrigen S~.ure auf die Phenoll6sung an. Bentz und FarreU leiten den durch l(ochen der angeblich diazotierten

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Wolle konsia[ierten Stickstoffvertust aus der Zer- setzung der Diazoverbindungen her, w~ihrend Wolle Stickstoff als Ammoniak bereits beim Kochen mit Wasser vediert. Prud'homme ver- sucht auf Ornnd der Eiweififormel yon Schfitzen- berger die Einw~kung auf Wolle yon SO.,, SOs und H, Og, S()a und Na2 CO~, Chlor und WasSer dutch Aenderungen im N. C, Hz, CO- Komptex zu deuten. Die dabei konstatierte Steigerung der Affinit~t erkl/irt Zacharias als die notwendige Folge jedes milden Eingriffe~ yon Agentien.

Bei der Baumwolle kann die Existeuz yon OH-Gruppen n icht bezweifelt werden, der al kohol- artige Charakter der Hydroxydi~ wird dutch das Worhandensein der Acetyl- und Nitrocelhdoseu gestfitzt. Zacharias h~ilt diese Verbindungeu ffir Additionsprodulde des entw~serten Molekiils. wdche den Charakter yon Absorptionsverbin- dungen tmgen. Veff. erl/iutert diese Anschauung an Nitroceilulosen. Zacharias schliet~t die Ab- handlung mit den Worten:

Das Verhalten der Faser wird nicht durch bestimmte Oruppen in ihrer Molekel bestimmt, sondem dutch ihre yon der l(omplexitfit ihres Banes bedingte Kolioidalnatur. Die verschie: denen Fasem animMischen oder vegetabilischen Ursprungs lassen sich voneinander unterscheiden dutch ihre Absorpiionskr~ifte. Bet der Absorption yon gel6sten Stoffen kommen diese KrMte, welche, auch ffir die Koazentration der absor- bierten Menge mitbestimmend sind, in der Absorptionsgleichl~ewichtsgleich ung als die Kollo- idalkonstante zum Ausdruck, wie ich schoq frfiher betont habe.~ Di'. Ditmar.

Zachar ias , P. D., B e m e r k u n g e n zur Arbeit yon Wi lhe lm Blitz: Beitr/ige zur Theorle des F~.rbevorganges. (Berichte d. Deutschen Chem. Ciesellsehaft. Jahrgang XXXVII, Heft 16, S. 4387--4388.)

Zacharias beansprucht in dieser Pnblikatio.q die Priori~t in der Theol:ie des F~rbevorganges. Herr Bilb; h/itte nichts Neues vorgebracht; sondern dutch seine alterdings interessanten Versuche Zadmrias Arbeiten gl/inzeud best~tigt.

Dr. Ditmar. Zac.harias, P. D., Herrn W, Blitz zur

P2ntgegnung. (Berichte d. Deutsch. Chem. Oeselhehafi, Jahrgang XXXVIII, HeR 3.)

Zacharias meint, solange Biltz seine Publikation in der F~irberzeitung nicht eingehend in Betracht gezogen h~tie, k6nne er die Unabh~ngigkeit seiner Oedanken und Schlultfoigerungen nicht arts Licht bringen. Dr. Ditmar.

Zacharias, P. D., Neuerungen auf dem Gebiete der Oerberel ((ierberel mlt Farb- stoffen). (Bericht d. V. Internat. Kongresses Berlin 1903, Sekt. IV B., Bd. II, S. 994.)

Gerberei und F~irberei sind verwandte Wissensgebiete. Die Grundgesetze des F~irbe- prozesses sind das der Absorption und der Fixation des Farbstoffs; jeder prim.~re' F~rbe- vorgang verl/iult in diesen zwei Phasen. Die Absorption beruht auf der Diffusion des get6sten Farbstoffs in-die durchniBte und gequollene Faser, die Fixation auf der F~illung, welche d u t c h doppeite Umsetzung, Oxydation usw. oder dutch kolloidale Gerinnung hervorgebracht wird. Die F~irbung also wird bewirkt dutch Einlagerung unl6slicher farbiger Substanz in und au[ der Faser, wobei diese sich im all- gemeinen inert verhiilt und nur kalalytische Beschleunigung der kolloidalen F~ilung der Farbstoffe beim direkten substantiven F~rben bewirkt. AIs Farbstoff kann jeder K/Srper be- zeichnet werdeiz, welcher aus seine r LOsung in die Faser hineindiffundieren und in eine un- 16sliche Verbindung umgewandelt werden kann. Beizen sind als Farbstoffe zu betrachten, wetche nach der Fixation zur Erzielung des gewfinsehten Farbtones einer Nachbehandiung bediirfen. Be- kanntlich dienen als Beizen nicht bioB Metall. salze, Tannin und Fetts~uren, sondern auch viele Aldlinfarbstoife.

Alle diese Beizen k6nnen aueh als Oerb- stoffe dienen; man kann sic ais Farbstoffe ira oben angegebenen Sinne betrachten. DaB dies auch ffir viele Anilinfarbstoffe zutrifft, zeigt Verf. an Lederproben, welche mit solchen (Coriphos- phin, Indulin, Neumethylenblau, Methylv|blett, immediaischwarz usw.) gegerbt wurden.

>>Die Haut wird durch den Oerbeprozefl in Leder verwandelt, indem das Wasserbindeve¢- mSgen der Hantfasern durch die in geeigneter Weis# effolgte Einlagerung yon Farbstoffen in und zwischen denselben verloren geht.~ Die Eigenartigkeit des Gerbevorganges berfiht auf der koiloidaten Nalur der l-lauffaser, welche sich in einem Zustande fortgeschrittener Ver- quellung befindet; durch den GerbeprozeB muB die Hauffaser zur Gerinnung gebracht werden. Die yon K6rner gegebene mathematische Be- handlung f/Jr den Ausdruck der Geschwindig- keit der Aufnahme des Farbstoffes durch die laser beh~itt auch nach der Diffusionstheorie des Verf. die gleiche Form, welche ebenso f/Jr den Cierbeprozel3 ihre Anwendbarkeit beibeh~ilt.

W.