19.jahrgang; ausgabe 1-2012; issn 1435-4098; einzelpreis

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Jungbestandspflege – kleiner Eingriff, große Wirkung 86 19.Jahrgang; Ausgabe 1-2012; ISSN 1435-4098; Einzelpreis: € 5,– Das Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Zentrum Wald - Forst - Holz Weihenstephan mit Waldforschung aktuell 45|2012 aktuell

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Page 1: 19.Jahrgang; Ausgabe 1-2012; ISSN 1435-4098; Einzelpreis

Jungbestandspflege –kleiner Eingriff, große Wirkung

86

19. Jahrgang; Ausgabe 1-2012; ISSN 1435-4098; Einzelpreis: € 5,–

Das Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Zentrum Wald-Forst -Holz Weihenstephan

mit Waldforschung aktuell 45|2012

aktuell

Page 2: 19.Jahrgang; Ausgabe 1-2012; ISSN 1435-4098; Einzelpreis

INHALT

Titelseite: Pflege, Gestaltung und Ausformung der Jungbeständesind Tätigkeiten mit weitreichenden Auswirkungen in die Zukunft.Mit wenigen, aber gezielten Eingriffen sollen die Waldbesitzer ihreJungbestände fit machen für den Wald von morgen. Foto: C. HopfFotos: (v.o.) O. Ruppert, T. Bosch, R. Günter

Die Forstwirtschaft ist in hohem Maße ab-hängig vom Klima, und der Klimawandelzwingt sie wie kaum eine andere Branchezu raschen Maßnahmen. Welche Anpas-sungsstrategien stehen ihr zur Verfügung?

Die JP ist der erste und oftmals auch derwichtigste Eingriff in die Entwicklung ei-nes Bestandes. Leider wird dies häufigübersehen. Die Waldbautrainer zeigen,wie eine zielgerichtete Pflege den Wald-besitzern vermittelt werden kann.

4 Das neue Pflegekonzept

19 Das Pflegekonzept in der Praxis

50 Forstwirtschaft und Klimawandel

LWF aktuell 86/2012

Seit 2010 wird das neue Konzept der Jung-bestandspflege angewendet. Wie es beiWaldbesitzern und Forstunternehmernangenommen wird, zeigt ein Stimmungs-bild aus der Praxis.

JUNGBESTANDSPFLEGEJungbestandspflege – wichtige Weichenstellung für zukünftige Wälder 4Wolfram Rothkegel, Ottmar Ruppert und Jakob Peter

Über die Umsetzung waldbaulicher Ideen Hans Feist 8

Numerische Bewertung der Entnahmenotwendigkeit bei Pflegeeingriffen 11Hans-Joachim Klemmt und Martin Bachmann

Waldschutzfachliche Aspekte bei der Pflege von Jungbeständen 14Julia Zeitler, Ludwig Straßer und Ralf Petercord

Naturschutzfachliche Aspekte zur Pflege von Jungbeständen 16Martin Lauterbach, Helge Walentowski und Markus Blaschke

Das neue Pflegekonzept im Praxistest Stefan Stirnweiß 19

SAAT UND PFLANZENDurchforstung und Genetik Monika Konnert 23

Kurzberichte 24

WALDFORSCHUNG AKTUELLKUPs in Bayern Sebastian Hauk und Stefan Wittkopf 27

Nachrichten und Veranstaltungen 28

WALD-WISSENSCHAFT-PRAXISWKS-Witterungsreport: Herbst bringt etwas »Sommer« zurück 30Lothar Zimmermann und Stephan Raspe

WKS-Bodenfeuchtemessungen: Lange Transpirationsphase der Bäume 32und Niederschläge ohne Regen Stephan Raspe, Winfried Grimmeisen und Lothar Zimmermann

Klima en détail Uwe Hera, Thomas Rötzer, Lothar Zimmermann, Christoph Schulz, 34Harald Maier, Hans Weber und Christian Kölling

Sturmwurfgefährdung der Wälder Bayerns 38Daniel Fröhlich, Christoph Schulz und Lothar Zimmermann

TBN Forst 2010: Positive Ertragszahlen für bayerische Forstbetriebe Friedrich Wühr 41

Der Holzeinschlag 2010 in Bayern Holger Hastreiter 44

Dem Totholz auf der Spur 47Markus Blaschke, Johannes Burmeister, Udo Endres und Bernhard Förster

SERIE: NACHHALTIGKEITKlimawandelanpassung durch Nichtstun? Christian Kölling 50

KURZ & BÜNDIGNachrichten 53

Impressum 55

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3LWF aktuell 86/2012

Liebe Leserinnen und Leser,

EDITORIAL

die Pflege sehr junger Bestände ist aus ökonomischer Sicht stets mit Kosten-aufwand verbunden. Den meisten Waldbesitzern ist durchaus bewusst, dassin der Regel in Jungbeständen ein früher Pflegeeingriff notwendig ist, um da-mit die weitere Bestandsentwicklung in diejenigen Bahnen zu lenken, die denforstlichen Zielen des Waldbesitzers am nächsten kommen. Trotz dieses Wis-sens um die Bedeutung der Jungwuchs- und Jungbestandspflege werden aufGrund kurzfristiger und kurzsichtiger Überlegungen heraus oftmals notwen-dige Pflegemaßnahmen zeitlich hinausgeschoben. So manche waldbaulicheChance ist damit vertan. Das ist umso bedauerlicher, als dass vor dem Hintergrund des Klimawandels unsere Waldbestände an durchaus schwieri-ge Klimaverhältnisse angepasst werden müssen. Denn die Jungbestände vonheute müssen sich auch in dem Klima im Jahr 2050 oder 2080 zurecht finden.

Aber es gibt neben der ökonomisch begründeten »Pflegebremse« noch ei-nen weiteren wichtigen Punkt, warum es mit der Jugendpflege bisweilenschlecht bestellt ist. So mancher Waldbesitzer kann schon mal in seiner Ver-jüngung den Überblick über die wirklich notwendigen Maßnahmen verlieren.

Um die Jugendpflege in unseren Wäldern auf großer Fläche erfolgreich zuunterstützen, erarbeitete die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft zusammen mit Forstleuten aus der Forstverwaltung ein ent -sprechendes Fortbildungsprogramm. »Waldbautrainer« der Bayerischen Forst-verwaltung vermittelten den Beratungsförstern der Forstverwaltung wichtigeKenntnisse zum Thema effektiver und effizienter Jugendpflege. Neben demökonomischen und waldbaulichen Wissen haben die Waldbautrainer dabeiauch Fragen zu Waldschutz und Naturschutz bearbeitet.

Die wichtigsten Ergebnisse aus dem »Waldbautraining Jugendpflege« hatdie LWF in diesem Heft für Sie zusammengestellt.

Ihr

Olaf Schmidt

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JUNGBESTANDSPFLEGE

LWF aktuell 86/20124

Jungbestandspflege – wichtige Weichenstellungfür zukünftige WälderJugendpflege richtet sich konsequent auf die positiven Bestandsglieder

Wolfram Rothkegel, Ottmar Ruppert und Jakob Peter

Der Aufgabe, die Baumartenzusammensetzung in Dickungen zu einer risikoärmeren Baumartenmischung hin zu steuern, kommtvor dem Hintergrund der prognostizierten klimatischen Änderungen eine besondere Bedeutung zu. In den Waldbautrainingsder Bayerischen Forstverwaltung wurde deshalb eine positive, einzelbaumbezogene Vorgehensweise bei der Jungbestandspfle-ge vorgestellt und trainiert. Sie ermöglicht durch eine zielgerichtete Pflege auf praxistaugliche Weise die Erziehung stabiler, vitaler und hochwertiger Bestände.

Aus den Sturmwurfereignissen und Folgeschäden der 1990erund 2000er Jahre (Vivian/Wiebke und Lothar) sind in ganz Bay-ern eine Vielzahl von Laub- und Nadelbaumbeständen sowieMischbestände aus Pflanzung oder Naturverjüngung (LWF 1999)entstanden. Diese Waldflächen befinden sich nun in einer derprägenden Phasen des Bestandslebens: der Dickungspflege. Indieser Phase wirken sich die vom Waldbewirtschafter getätig-ten oder unterlassenen Maßnahmen weitreichend aus. Die ein-zelnen Baumarten weisen in dieser Altersphase eine sehr un-terschiedliche Wuchsdynamik auf. Dieses Wachstumsverhaltenbirgt bei fehlerhafter oder unterlassener Behandlung die Gefahr,dass konkurrenzschwächere Baumarten für immer in diesemBestand verloren gehen. Angesichts der mit dem Klimawandelverbundenen Unsicherheiten kommt einer zweckmäßigenSteuerung der Baumartenanteile hin zu möglichst risikoarmenBeständen (klimatolerante Baumarten in gesunder Mischung)eine sehr große Bedeutung zu (Kölling et al. 2010).

In der Praxis wird in dieser Phase häufig entweder zu starkoder gar nicht eingegriffen. Beides kann negative Folgen aufdie Stabilität und die Werterwartung des Bestandes haben.Deshalb wurde für das Waldbautraining 2010, aufbauend aufbestehenden waldbaulichen Konzepten der Bayerischen Forst-verwaltung und der Bayerischen Staatsforsten AöR, ein syste-matisches Vorgehen zur Pflege von Jungbeständen erarbeitet,bei dem für den Bestand eine punktuelle Beurteilung der Ein-griffsnotwendigkeit in regelmäßigem Turnus erfolgt. Damitkann die Eingriffsstärke auf der Fläche individuell gesteuertwerden. Im Folgenden wird dieses Vorgehen, wie es in denFortbildungsveranstaltungen vorgestellt und trainiert wurde,näher erläutert.

Grundsätze und Ziele für die Dickungspflege

Für die Dickungspflege in Laubwäldern und Mischwäldernmit führendem Laubholz bzw. in Nadelwäldern und Misch-wäldern mit führendem Nadelholz in einem Oberhöhen -bereich zwischen vier und zwölf Metern hat die KLIP7-Steue-rungsgruppe im Rahmen der Vorbereitung des Waldbau-trainings 2010 folgende Grundsätze und Ziele für die Di-ckungspflege erarbeitet.

Laubbaumbestände und Mischbeständemit führendem Laubholz• Die Dickungen sollten dicht geschlossen sein und eine aus-

reichende Anzahl standortsgerechter, vitaler und gut veran-lagter Optionen (zielgerechter Kandidaten) für die nachfol-gende Phase der Auslesedurchforstung enthalten.

• Selbstdifferenzierung und Astreinigung sowie Reduzierungder Zwieselbildung sind durch einen ununterbrochenenDichtstand zu sichern, daher sind längerfristige Unterbre-chungen des Kronenschlusses zu vermeiden. Es gilt der be-währte Grundsatz: »Dickung muss Dickung bleiben«.

• Eine Stammzahlreduktion würde die positive Entwicklungdes Bestandes verlangsamen oder verhindern.

• Erforderliche Eingriffe sind möglichst frühzeitig durchzu-führen.

• Nur wenn die Optionen jetzt oder im Laufe der nächstenJahre deutlich bedrängt werden, müssen vorwüchsige Grob-formen, beschädigte Bäume, Tiefzwiesel, Reiber und ver-dämmendes Weichlaubholz entnommen bzw. reduziert wer-den.

• Bei günstigen Bestandssituationen gilt »Hiebsruhe«; in sol-chen Fällen sind keine aktiven Maßnahmen angesagt, da dieBestandsglieder sich selbstständig qualifizieren sollen.

• Bei Dickungen mit schlechter Qualität ist frühzeitig zu ei-ner vorsichtigen Positivauslese überzugehen, indem bessereFormen gezielt vom stärkstem Bedränger entlastet werden.Bei Bedarf ist eine Mischwuchsregulierung zu Lasten nichtstandortsgerechter Baumarten und zugunsten klimatoleran-ter Baumarten durchzuführen. Vitalität und Stabilität desEinzelbaumes haben in diesen Fällen in der Regel Vorrangvor der Qualität.

• Der Eingriff umfasst maximal eine (bis zwei) Entnahme(n)pro Ar.

Nadelbaumbestände und Mischbeständemit führendem Nadelholz• In der differenzierten Nadelholzdickung sind in der Regel

keine Eingriffe notwendig. • In der Dickungsphase sollte keine Stammzahlreduktion in

undifferenzierten Beständen erfolgen, da diese bereits vorDickungsschluss erfolgen muss.

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Auch die persönliche Erfahrung ist bei der Einschätzung derzu erwartenden biotischen und abiotischen Risiken für die ein-zelnen Baumarten von Bedeutung. Die Bewertung von Stabi-lität und Qualität der Baumarten in der vorhandenen Mi-schungsform bringt weitere entscheidende Kriterien, ausdenen nun die Pflegeziele für den Bestand abgeleitet werden.Dazu müssen auch die betrieblichen Ziele bzw. die Wünschedes Waldbesitzers bekannt sein und entsprechend einbezogenwerden. Die hauptsächlichen Pflegeziele sind auch die mögli-chen Pflegeziele des waldbaulichen Förderprogramms (StMELF2007):• Sicherung oder Verbesserung von Stabilität und/oder Vita-

lität des Bestandes• Steigerung der Qualität• Sicherung einer standortsgemäßen, klimatoleranten Baum-

artenmischung• Erhöhung der Laubholz- und/oder Tannenanteile• Erhalt von Weichlaubholz in ausreichendem UmfangNach der Formulierung der Pflegeziele ist es hilfreich, für dieeinzelnen Baumarten festzulegen, wie diese in der Pflege be-handelt werden sollen. Welche Baumart soll anteilsmäßig ge-senkt, welche Baumarten sollen unbedingt gefördert werden?Letzteres trifft insbesondere für seltene Baumarten zu.

Das methodische Vorgehen im Bestand

Abgestimmt auf die bereits erwähnten Grundsätze und Zielezur Dickungspflege, wurde folgende methodische Vorgehens-weise im Pflegebestand von der KLIP7-Steuerungsgruppe imRahmen der Vorbereitung dieses Waldbautrainings erarbeitet.• An 100 bis maximal 150 Punkten pro Hektar wird die Ein-

griffsnotwendigkeit beurteilt. Diese Beurteilung setzt eineausreichende Begehbarkeit voraus.

• Kriterien für die Differenzierung sind Durchmessersprei-tung, Höhe und Kronenlänge.

• Beigemischtes Laubbäume und Tannen sind unbedingt zuerhalten.

• Bei Gefahr von Stabilitätsverlusten sowie bei Lichtbaum -arten wie Lärche und Kiefer wird ein frühzeitiger Übergangzur Auslesedurchforstung empfohlen.

Um die Ziele in dieser Bestandsentwicklungsphase zu errei-chen, ist eine systematische Bestandsanalyse erforderlich.Hierzu wurde das Formblatt »Analyse und Zielfindung« ent-wickelt und in den Trainingsveranstaltungen erfolgreich ein-gesetzt.

Vorbereitung des methodischen Vorgehens

Bevor man sich mit der eigentlichen Pflege des Bestandesselbst befasst, muss zunächst der Blick auf den gesamten Aus-gangsbestand und seine Umgebung gelenkt werden. So sindeinige Punkte wie die Nachbareffekte, die Feinerschließungdes Bestandes oder die Herleitung des Pflegezieles vorab zuberücksichtigen.

NachbareffekteVor Beginn der Pflege müssen die Bestandsgrenzen unbedingtgeklärt sein. Unter gewissen Umständen spielen auch besonde-re Nachbareffekte eine Rolle, wenn an den Bestandsgrenzenzum Beispiel Steilränder oder Windanrisse vorzufinden sind.

FeinerschließungDie Anlage der Feinerschließung hängt vom Alter bzw. der Hö-he des Bestandes und den betrieblichen Verhältnissen ab. Sollbei der geplanten Pflege das anfallende Material auch aufge-arbeitet und aus dem Bestand verbracht werden, ist eine An-lage von Rückegassen unverzichtbar. Der gängige Gassenab-stand ist 30 Meter, die Rückegassen sind in der Regel vierMeter breit. Besteht in sehr jungen Teilbereichen des Pflege-bestands noch die Gefahr, dass die Rückegassen auf Grundtiefer grüner Äste wieder zuwachsen, empfiehlt es sich, dieGasse zuerst schmaler, etwa drei Meter breit, anzulegen. Nachentsprechender Astreinigung können die tief beasteten Rand-bäume ein paar Jahre später entnommen werden. Kann dasMaterial bei der Pflege im Bestand verbleiben, sollte die Fein-erschließung trotzdem komplett ausgezeichnet und angelegtwerden. Dies ermöglicht ein effektives schematisches Vorge-hen und eine gute Orientierung in den entstehenden Arbeits-feldern.

Bestandsanalyse und Herleitung der PflegezieleZur Herleitung von Pflegezielen muss der Bestand als erstesgrob nach den vorkommenden Baumarten und deren Antei-len gemustert werden. Informationen über die örtliche Eig-nung der einzelnen Baumarten geben die Standortskarte unddie Baumarteneignungstabelle in Kombination mit den Kli-ma-Risikokarten, die für die wichtigsten Baumarten eine Ein-schätzung der erwarteten klimatischen Risiken ermöglichen.

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Abbildung 1: Der Blick richtet sich zu allererst auf den Guten. Damitgelingt auch dem weniger geübten Waldbesitzer eine zielgerichteteJungbestandspflege.

Foto: C. Schwab

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LWF aktuell 86/2012

stimmte Baumarten bevorzugt werden, die später den Stan-draum außerplanmäßig bzw. versehentlich dominieren. Esmuss deshalb bei den »Frühdynamikern« wie Kirsche, Erle,Birke oder Lärche die Zahl der Elitebäume auf 15 bis 20Bäume pro Hektar begrenzt werden, damit für die sich spä-ter qualifizierenden Hauptbaumarten wie Buche, Eichenoch ausreichend Standraum verfügbar bleibt.

Arbeitsverfahren und PflegeauftragZum Abschluss wird der mittlere Brusthöhendurchmesser derzu entnehmenden Bäume ermittelt und das passende Arbeits-verfahren und die Geräte ausgewählt. Auch hier gilt, dass dieBeratung die Möglichkeiten und Voraussetzungen des Wald-besitzers berücksichtigen muss.

Abschließend kann aus der Herleitung der Bestandsbe-handlung und der Auszeichnung der Pflegeauftrag konkreti-siert und formuliert werden.

Tipps zum Einsatz und für die Vermittlung

Praktische Hinweise zur DurchführungDie Kennzeichnung der Optionen geschieht am besten mit Pa-pierbändern. Die Bedränger können in sehr jungen Beständenim gleichen Arbeitsgang sofort geknickt oder mit Handgerä-ten bearbeitet werden. In älteren Beständen wird man die Ent-nahmen mit Sprühfarbe oder einem andersfarbigen Band mar-kieren. Das reine Auszeichnen ohne die Anlage derFeinerschließung ist je nach Ausgangslage mit etwas Übungin drei bis fünf Stunden je Hektar zu schaffen.

Eine mechanisierte Holzernte wird auf Grund der gerin-gen Eingriffe nur in Frage kommen, wenn gleichzeitig die Fein-

• Zur besseren optischen Verdeutlichung der Beurteilungsflä-chen und der räumlichen Verteilung wird systematisch alleacht bis zehn Meter eine so bezeichnete »Option« aus demGesamtkollektiv der Kandidaten (»Hoffungsträger«) mit ei-nem grünen Farbband markiert (Abbildung 1).

• Die ausgewählte Option veranschaulicht beispielhaft dasPflegeziel oder die Eigenschaften von künftigen Kandida-ten/Eliteanwärtern und bildet den Mittelpunkt einer Beur-teilungsfläche von rund einem Ar, auf der eine oder keine,höchstens jedoch zwei Maßnahmen stattfinden dürfen.

• Diese Option ist in zweifacher Hinsicht zu beurteilen. Wenndie Option oder weitere benachbarte Optionen direkt be-drängt werden, dann ist ein vorsichtiger (positiver) Eingriffzugunsten der Option erforderlich, ansonsten erfolgt keinEingriff (Abbildung 3). Zweitens ist im Umfeld (ca. ein Ar)die Entnahme oder Reduktion (Ringeln, Köpfen) einer vor-wüchsigen Grobform (»Superprotz«) notwendig, wenn die-se eine oder mehrere Optionen in absehbarer Zeit deutlichbedrängen wird oder der Superprotz später nur noch mit un-verhältnismäßig hohem Aufwand und/oder einer massivenUnterbrechung des Dichtschlusses entnommen werdenkann.

• Ausblick »Übergang zur Auslesedurchforstung«: Der Über-gang zur Auslesedurchforstung (positive Auswahl einzelnerKandidaten/Eliteanwärter) erstreckt sich, baumartenabhän-gig, über unterschiedlich lange Zeiträume. In der Endphaseder Dickungspflege kann deshalb die ausgewählte Optionbei entsprechender Eignung (z. B. frühzeitig kulminierende,qualifizierte Kirsche in der Eiche oder Birke in der Fichte)bereits eine positive Auswahl eines Eliteanwärters sein, wäh-rend die Nachbar-Optionen noch nicht ausreichend qualifi-ziert sind. Die aktive (positive) Unterstützung dieser frühenElitebäume ist bei allen nachfolgenden Pflegedurchgängenunabdingbar. Hierbei besteht jedoch die Gefahr, dass be-

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8 – 10 m

+

+++

++

8 –

10 m

möglicher Kandidat

zu entnehmender Bedränger

zu entnehmender Superprotz

ausgewählte Option

Beurteilung der Konkurrenzsituation

+++

Abbildung 3: Zunächst wird der Bestand in Beurteilungsflächen gegliedert, in denen aus der Gruppe der Kandidaten jeweils eineOption markiert wird. Anschließend werden bei Bedarf ein bis zweiBedränger und eventuell auch ein »Superprotz« entnommen.

Abbildung 2: In mehreren Fortbildungsveranstaltungen unterrichte-ten die Waldbautrainer die Beratungsförster, wie den Waldbesitzerneine zielgerichtete Pflege vermittelt werden kann.

Foto: O. Ruppert

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StMELF – Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaftund Forsten (2010): Richtlinie für Zuwendungen zu waldbaulichen Maß-nahmen im Rahmen eines forstlichen Förderprogramms (WALDFÖPR2007), 37 Seiten

Kölling, C.; Beinhofer, B.; Hahn, A.; Knoke, T. (2010): »Wer streut, rutschtnicht« – Wie soll die Forstwirtschaft auf neue Risiken im Klimawandelreagieren? AFZ-DerWald 5, S. 18–22

Die Autoren sind Mitarbeiter in der Abteilung »Waldbau und Berg-wald« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft.Wolfram Rothkegel ist als Waldbautrainer für Südbayern, OttmarRuppert für Nordbayern zuständig. Jakob Peter bearbeitet das Pro-jekt »Waldbaukonzepte für Risikogebiete«. [email protected]; [email protected], [email protected]

Die KLIP7-Steuerungsgruppe: Dr. L. Albrecht (AELF Uffenheim), Dr. M. Bachmann (LWF), R. Nörr (AELF Miesbach), S. Tretter und U. Treutlein (Bay. StMELF), C. Welzenbach (Bay. Forstschule Lohr)

erschließung angelegt wird. Ansonsten gibt es auch schon beigeringen Eingriffen inzwischen fast überall rege Nachfragenach Brennholz durch Selbstwerbung. Hier ist besondereSorgfalt bei der Schonung der markierten Optionen geboten.Sollen Bedränger oder Superprotzen durch Ringeln langsamabsterben, ist die richtige Technik ausschlaggebend. In einemzehn bis 15 Zentimeter breiten Band muss die Rinde auf Brust-höhe stammumfassend einschließlich Kambium – allerdingsauch nicht tiefer ins Holz! – gründlich entfernt und mit derDrahtbürste nachbearbeitet werden. Dazu eignet sich am bes-ten ein Ringeleisen (z. B. Kambiflex). Bei falscher Technik,wenn zum Beispiel mit der Motorsäge zu tief und zu breit ge-schnitten wird, kann der Baum zu schnell absterben und um-brechen. Wenn sich dann die noch schwere Krone auf die ne-benstehende Option legt, wird diese häufig geschädigt odersogar entwertet. Die zu schnelle Lichtgabe kann Wasserreiser-bildung oder mangelnde Astreinigung bewirken. Eine unbe-merkt belassene Saftbrücke im Kambium kann der Baum wie-der überwallen. Starke Bedränger können so unbeabsichtigtweiterwachsen und Schaden anrichten.

Was ist anders, was ist neu? Der Blick geht auf die positiven Bestandsglieder und die ge-wünschten Baumarten, die beim reinen Blick auf negative Be-standsglieder leicht in der Konkurrenz untergehen und viel-leicht bis zum nächsten Eingriff bereits verschwunden sind.

Die Auswahl der Optionen im Abstand von acht bis zehnMetern mit der Betrachtung der Bedränger-Situation im Um-feld untergliedert den Bestand in Beurteilungsflächen von et-wa einem Ar. Damit fällt es leichter, den Fokus vor allem aufgewünschte Mischbaumarten zu richten und in ihrer Zu-kunftsfähigkeit zu sichern.

Vielfältige Anwendungsbereiche des VorgehensIn Beständen mit dichter, schlecht oder nicht differenzierterNadelholznaturverjüngung ist auf Grund schwieriger Begeh-barkeit eventuell die Anwendung eines schematischen, maschi-nellen Verfahrens sinnvoll. Aber auch in diesen Fällen kanndurch die Auswahl und Förderung von vitalen, stabilen Be-standsgliedern im regelmäßigen Abstand von acht bis zehnMetern unter Belassen der unbearbeiteten Zwischenfelder dieFörderung von Stabilität und Struktur bestens gelingen.

Auch die Mischungsregelung in sehr jungen Beständen mitOberhöhen zwischen 1,5 und drei Metern, zum Beispiel zurSicherung von geringen Eichenanteilen in sehr wüchsigen Bu-chennaturverjüngungen, funktioniert mit dem beschriebenenVerfahren sehr gut, da der Blick ausschließlich auf die ge-wünschte Baumart in regelmäßigen Abständen geht und dergesamte Bestand noch relativ überschaubar ist.

Literatur

LWF – Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft – Sach-gebiet Waldbau und Forstplanung (1999): Erfahrungen und Hinweiseaus der Praxis zur Bewältigung von Waldkatastrophen. Zusammenge-fasste Ergebnisse eines Workshops zur Wiederbewaldung (1997), unver-öffentlicht

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Von Mai bis Oktober 2012 heißt es zum zwölften Mal »Raus in dieNatur – mit der BayernTour Natur«. Im vergangenen Jahr wurdenweit über 5.000 Veranstaltungen angeboten. Kein anderes Bun-desland kann eine solch umfangreiche, von Naturexperten getra-gene Veranstaltungsreihe vorweisen. Im Jahr 2011 haben über75.000 Teilnehmer die Veranstaltungsangebote dieser Umweltak-tion besucht. Die BayernTour Natur lockte damit auch in ihrem elf-ten Jahr mehr Menschen zu den Naturschauplätzen als je zuvor.

Wer sein Wissen und seine Begeisterung an andere weiterge-ben möchte, kann seine Tour/en auf www.bayerntour-natur.deonline anmelden. Am 6. Februar 2012 ist Anmeldeschluss für An-gebote, die im Veranstaltungsmagazin abgedruckt werden. DasMagazin wird ab April bayernweit in Sparkassen, Gemeinden,Tourismusbüros, Apotheken und anderen Einrichtungen auslie-gen. Der Internet-Veranstaltungskalender wird bereits MitteMärz auf www.bayerntour-natur.de freigeschaltet und dann lau-fend aktuell gehalten. red

BayernTour Natur – erleben und verstehen

Foto: Umweltstation Fuchswiese

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JUNGBESTANDSPFLEGE

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Über die Umsetzung waldbaulicher IdeenDie Arbeitslehre ist ein wichtiger »Hebel«, wenn es darum geht, waldbauliche Planung im Wald zu realisieren

Hans Feist

Eine wichtige Aufgabe der Arbeitslehre ist es, waldbauliche Zielsetzungen unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und desarbeitenden Menschen bestmöglich umzusetzen. Sie ist untrennbar mit dem Waldbau verbunden und von großer Bedeutung,da sie das Ergebnis auf den unterschiedlichsten Ebenen maßgeblich beeinflusst. Deshalb wurde im Rahmen des Waldbau-trainings die Jungbestandspflege aus arbeitswissenschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht intensiv beleuchtet. Das Ergebnis ist eine Hilfestellung für Praktiker, um am konkreten Bestand die Auswahl eines geeigneten Werkzeuges und Verfah-rens zu erleichtern.

Warum ein Hilfsmittel für die Arbeitsmittelauswahl?

Wir müssen uns unter anderem die Frage stellen: Muss esdenn immer die Motorsäge sein? Die Antwort lautet: Nein.Gerade die Jungbestandspflege bietet die Möglichkeit, auf diebeliebte, aber eben ergonomisch belastende und gefährlicheMotorsäge zu verzichten. Es gibt durchaus Werkzeuge (in derArbeitslehre als Arbeitsmittel bezeichnet), die eine echte Al-ternative darstellen. Während aber die Einsatzgrenzen, dieVor- und Nachteile der Motorsäge bekannt sind, ist dies beiHeppe, Freischneider usw. nicht immer der Fall. Aus diesemGrund wurde für die Beratung ein Arbeitsblatt erarbeitet. Esbesteht aus einem Deckblatt zur Arbeitsmittelauswahl und derBeschreibung der acht wichtigsten Arbeitsmittelgruppen. Darin sind nicht nur detaillierte Informationen über diese Arbeitsmittel enthalten, sondern es hilft auch, schnell und ein-fach auf Basis weniger Eingangsgrößen (mittlerer Brusthöhen-durchmesser des ausscheidenden Bestandes, Verwertung desHolzes, Ausrüstung des Waldbesitzers, usw.) ein oder mehre-re geeignete Arbeitsmittel für den jeweiligen zu pflegenden Be-stand auswählen zu können.

Das Hilfsmittel soll in erster Linie beim Anwender vorhan-denes Wissen auffrischen. Noch wichtiger erscheint uns aller-dings, dass sich die Teilnehmer einer Jungbestandspflege-Schu-lung intensiv mit Kriterien wie Arbeitssicherheit, Ergonomieoder Erlernbarkeit der einzelnen Arbeitsmittel auseinandersetzen und erkennen, welche Faktoren die Leistung und da-mit die Kosten beeinflussen. Ein wichtiges Ziel wäre erreicht,wenn die Arbeitslehre auch im Rahmen der waldbaulichen Be-ratung im Privatwald einen größeren Stellenwert bekäme.Denn die waldbauliche Planung und die arbeitstechnischeUmsetzung gehören, wie gesagt, untrennbar zusammen.

Der Weg zum geeigneten Arbeitsmittel

Das Hilfsmittel ist so gestaltet, dass der Anwender in vierSchritten eine Entscheidung über das am besten geeignete Ar-beitsmittel für seinen Einsatz in der Jungbestandspflege fällenkann (s. Kasten).

72 Jahre alt und ein kaputtes Kreuz; in der Hand eine siebenKilogramm schwere Motorsäge mit einem 50 Zentimeter lan-gen Schwert; Kette stumpf; 29 °C im Schatten; gerade zweiHektar Jungbestand gepflegt; im eigenen Schweiß gebadet; ei-ne alte, notdürftig geflickte Schnittschutzhose an, auf demKopf ein alter, ausgebleichter Helm. Waldbesitzer Huber wirftdie Motorsäge ins Gras und denkt sich: Das war das letzte Mal!Nie wieder mache ich eine Jungbestandspflege!

Wenn auch die Situation etwas überspitzt dargestellt ist,Ähnliches gibt es gerade im Privatwald nach wie vor. Ist mitdiesem Ergebnis die Beratung aber wirklich gelungen? Wärees hier nicht besser gewesen, wenn ein professioneller Unter-nehmer den Einsatz durchgeführt hätte?

Abbildung 1: Nur für Geübte! Der Freischneider kann unter gewis-sen Bedingungen die Arbeit deutlich erleichtern und beschleunigen,allerdings nur, wenn regelmäßig damit gearbeitet wird. Er ist daherfür den Kleinprivatwald nur bedingt geeignet.

Foto: LWF

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LWF aktuell 86/2012

staltet werden kann. Auch auf die Arbeitsmittelwahl hat die Ver-wertung Einfluss. So kann zum Beispiel bei einem BHD von 15Zentimetern sowohl mit der Motorsäge als auch dem Ringelei-sen gearbeitet werden, eine stoffliche oder energetische Verwer-tung ist aber nur mit der Motorsäge möglich. Weitere Aspektesind Begehbarkeit bei Folgeeingriffen, Waldschutzproblematik,Bedarf des Waldbesitzers (z. B. Hackschnitzel) und andere.

Eine Kombination verschiedener Verwertungsmöglichkei-ten kommt auf Grund der geringen Entnahmemengen, die dasPflegekonzept vorsieht, nur selten in Betracht.

Schritt 3: Auswahl des ArbeitsmittelsUm den Entscheidungsprozess übersichtlicher zu gestalten,wurden bestimmte Geräte und Werkzeuge zu Gruppen zusam-mengefasst, die ein ähnliches Einsatzspektrum aufweisen undsich hinsichtlich Ergonomie, Arbeitssicherheit usw. ähneln.Für jede Gruppe ist ein BHD-Bereich angegeben, der je nachEignung entweder schwarz (optimaler Einsatzbereich) odergrau (technisch möglicher Einsatzbereich mit Einschränkun-gen aus anderen Gründen) dargestellt ist.

Obwohl mit erfahrenen Praktikern (Forstwirtschaftsmeis-tern, Unternehmern) abgestimmt, können die Bereiche aufGrund zahlreicher Einflussfaktoren variieren. Unter gewissenBedingungen, zum Beispiel bei einer großen Durchmesser-spreitung des ausscheidenden Bestandes, kann es sinnvollsein, mehrere Arbeitsmittel miteinander zu kombinieren, d.h.parallel einzusetzen.

Welches ist das geeignetste Werkzeug? Ein FallbeispielEin Privatwaldbesitzer plant in seinem 15-jährigen Kiefern-Laubholzbestand einen ersten Pflegeeingriff. Die zu ent -nehmenden Bäume weisen einen mittleren BHD von 6 bis 7 Zentimeter auf (Schritt 1). Der Waldbesitzer möchte das anfallende Holz in seiner Hackschnitzelheizung verbrennen.Eine stoffliche Verwertung scheidet auf Grund des geringenDurchmessers aus (Schritt 2). Bei diesen Rahmenbedingun-gen kommen die vier Arbeitsmittelgruppen C, D, E und F inFrage (Schritt 3). Der Waldbesitzer arbeitet nur selten im Waldund legt Wert auf Ergonomie. Da er neben einer Motorsägeauch eine Japansäge besitzt, empfiehlt ihm sein Beratungsförs-ter, die Pflege mit dieser durchzuführen (Schritt 4).

Schritt 1: Mittlerer BHD des ausscheidenden BestandesAls erstes ist der Durchmesserbereich des mittleren Brusthö-hendurchmessers (BHD) des ausscheidenden Bestandes zu er-mitteln. Der BHD des ausscheidenden Bestandes ist der wich-tigste Faktor für die Auswahl eines Arbeitsmittels und dieVerwertung des anfallenden Materials. Würden neben demBHD weitere Einflussfaktoren einbezogen, so würde dies dasHilfsmittel nur kompliziert und unübersichtlich gestalten.

Schritt 2: Verwertung des anfallenden HolzesVor der Pflege ist es sinnvoll, sich Gedanken über die Verwer-tung des anfallenden Materials zu machen – nicht zuletzt weildurch die möglichen Erlöse die Maßnahme wirtschaftlicher ge-

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6 – 7 cm (Schritt 1)

4 geeignete Arbeitsmittel-gruppen (Schritt 3)

Handsäge (Schritt 4)

Schritt 2

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Schritt 4: Einwertung des ArbeitsmittelsDie einzelnen Gruppen werden abschließend in fünf Stufenvon »++« sehr positiv bis »——« sehr negativ bewertet. Diesdient nicht nur zum Vergleich der Arbeitsmittelgruppen. Mitdieser Bewertung soll eine Entscheidung aus den Gruppen,die nach den Schritten 1 bis 3 verblieben sind, zugunsten ei-nes konkreten Arbeitsmittels gefällt werden.

Beschreibung der Arbeitsmittelgruppen

Neben dem Schema zur Arbeitsmittelauswahl beinhaltet dasHilfsmittel die detaillierte Beschreibung der acht Arbeitsmit-telgruppen. Neben Haupteinsatzbereich, Verfahren, Vor- undNachteilen der einzelnen Arbeitsmittel werden auch Zeitbe-darfs- und Kostensätze genannt. Zuletzt wird darauf hingewie-sen, welche Ausrüstung und welche sicherheitstechnischen As-pekte bei Anwendung des jeweiligen Arbeitsmittels erforderlichsind bzw. beachtet werden müssen. In übersichtlicher Form istdies nochmals in Tabelle 1 zusammengefasst.

Das Hilfsmittel ist übrigens im Intranet für alle Mitarbei-ter der Bayerischen Forstverwaltung in den Schulungsunter-lagen zum Waldbautraining verfügbar.

Hans Feist ist Mitarbeiter in der Abteilung »Forsttechnik, Betriebs-wirtschaft, Holz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald undForstwirtschaft im Zentrum Wald-Forst-Holz [email protected]

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Tabelle 1: Empfohlene Ausrüstung für die Arbeitsmittel

Ausrüstung Sich

erhe

its-

schu

he

Schn

itts

chut

z-sc

huhe

Arb

eits

han

d-sc

huhe

Aug

ensc

hutz

Geh

örsc

hutz

Kop

fsch

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(Hel

m)

Schn

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chut

z-ho

se

Arbeitsmittel

händisch X – X X – – –

Ringeleisen X – X – – – –

Heppe X – X X – – –

Karnebogen X – X X – – –

SchwedischeRäumaxt

X – X X – – –

SchweizerGertel

X – X X – – –

Waldteufel (Scheren)

X – X X – X –

Japansäge X – X X – X –

Bügelsäge X – X X – X –

Freischneider X – X X X X –

Motorsäge – X X X X X X

Foto: LWF

Abbildung 2: Die Motorsäge ist vor allem aus ergonomischer Sichtungünstig zu bewerten. Da mit ihr aber in einem weiten Durchmes-serbereich gearbeitet werden kann, ist sie als »Allroundgerät« beiWaldbesitzern weit verbreitet. Deshalb wird sie auch in Zukunfthäufig zur Jungbestandspflege eingesetzt werden.

Abbildung 3: Die Heppe ist für viele Pflegearbeiten sehr gut geeig-net. Da ihre Handhabung keine Schwierigkeiten bereitet und sieauch an die Schutzkleidung keine großen Anforderungen stellt, soll-te sie auch für den Kleinprivatwald viel häufiger das Mittel der Wahlsein.

Foto: LWF

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deutlich, dass eine möglichst realistische Abschätzung des zuerwartenden Höhenzuwachses bedeutsam ist.

Die quantitative Einschätzung der Wuchsdynamik (insbe-sondere des Höhenzuwachsverhaltens) von Waldbäumen istin der Fachliteratur schlecht dokumentiert bzw. die beschrie-benen Höhenwachstumsgänge entsprechen auf Grund verän-derter Standorts- und Wuchsbedingungen nicht mehr den ak-tuell beobachteten Verläufen (Assmann 1961; Röhle 1995).Deshalb wurden die um die Waldbautrainingsflächen gelege-nen Inventurpunkte der Bundeswaldinventur 2 (BWI2) aufEinzelbaumebene mit dem Ziel ausgewertet, aktuelle Höhen-

Numerische Bewertung der Entnahme -notwendigkeit bei PflegeeingriffenAuswertung und Aufbereitung von BWI-Einzelbaumdaten für die forstliche Praxis

Hans-Joachim Klemmt und Martin Bachmann

Um die Pflegedringlichkeit zu beurteilen, ist die Kenntnis der Wuchsrelationen von Mischbaumarten unabdingbar. Sie hilft ab-zuschätzen, ob ein geplanter Eingriff in der nächsten Planungsperiode zielführend sein wird oder nicht. Im Rahmen der Wald-bautrainings der Bayerischen Forstverwaltung 2010 zum Thema »Jungbestandspflege« wurden für insgesamt 69 Trainingsflä-chen Daten der Zweiten Bundeswaldinventur regionalisiert ausgewertet und in ein einfaches praxisorientiertes Hilfsmittelüberführt, um die Entnahmenotwendigkeit konkurrierender Bäume zahlenmäßig einzuwerten.

Die Basis für die hier vorgestellten Ausführungen ist die kon-krete Ausgangssituation auf einer Jungbestandspflegefläche,die im Zuge des Waldbautrainings im Südosten Bayerns beiSchwanham im Landkreis Passau angelegt wurde. Angestrebtwird ein Buchen-Eichen-Mischbestand. Im Bestand findensich mittlerweile allerdings zahlreiche Fichten, die sowohlstandörtlich eher ungeeignet sind als auch das Mischungszielgefährden. Bei der Entscheidung, welche Bäume entnommenwerden sollen, trifft man im Bestand zum Beispiel auf folgen-de Ausgangssituation: Neben einer Eiche findet sich eine Fich-te, die zum Aufnahmezeitpunkt eine Höhe von 4,5 Metern auf-weist. Die Eiche hat zum gleichen Zeitpunkt eine Höhe vonfünf Metern (Abbildung 1, links). Auf Grund des angestrebtenMischungszieles handelt es sich bei der Fichte um einen be-drängenden Baum, dessen Entnahme geprüft werden soll. Umdie Notwendigkeit einer Entnahme beurteilen zu können, istneben der Kenntnis der aktuell erreichten Höhen auch eineEinschätzung der Höhenentwicklung bis zum nächsten Zeit-punkt, zu dem wieder in den Waldbestand eingegriffen wer-den kann oder soll, notwendig. Während die aktuell erreich-ten Höhen leicht vor Ort eingeschätzt werden können,existieren immer noch Unsicherheiten im Zusammenhang mitden erwarteten Höhenzuwächsen. So stellt sich bei der wald-baulichen Entscheidungsfindung – gerade im Zuge der Bera-tung –häufig die Frage, ob der Nachbar eines Kandidaten ent-nommen werden soll oder nicht. Als objektives Maß dafürwird häufig deren aktuell erreichte Höhe in Verbindung mitder Einschätzung der zukünftigen Höhenzuwächse verwen-det. Ausgehend vom Pflegeziel, zum Beispiel die Laubbaum-anteile zu erhöhen, ist es entscheidend, dass sich die Höhen-wuchsrelationen konkreter (Zukunfts-) Kandidaten bis zumnächsten Eingriff (z. B. nach 5 Jahren) nicht zu deren Unguns-ten entwickeln (Burschel und Huss 1997). Ausgehend vom Mini-malziel, dass der Kandidat bei der Wiederkehr noch gleichhoch wie der Konkurrent sein soll, lassen sich die in Tabelle1dargestellten neun Konstellationen unterscheiden. Dabei wirdinsbesondere in den beiden Fällen• Höhe: Zukunftskandidat > Konkurrent und

Höhenzuwachs: Zukunftskandidat < Konkurrent sowie• Höhe: Zukunftskandidat < Konkurrent und

Höhenzuwachs: Zukunftskandidat > Konkurrent

Z = Zukunftskandidat, K = KonkurrentX = eingreifen, ∆ = Differenz entscheidet, / = nicht eingreifen

Tabelle 1: Wuchskonstellationen und Eingriffsnotwendigkeit

Höhenzuwachs bis zur Wiederkehr

Z > K Z = K Z < K

Ausgangshöhe Z > K / / ∆

Z = K / X X

Z < K ∆ X X

Fichte Eiche Fichte Eiche

Heute In 5 Jahren

Abbildung 1: Schematische Darstellung einer waldbaulichen Entscheidungssituation

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führt (Pretzsch 2001). Beide Funktionen waren die Grundlagefür eine tabellarische Auflistung des Höhenzuwachsverhal-tens – wie in Tabelle 2 exemplarisch für die VersuchsflächeSchwanham dargestellt. Einhängepunkt in diese Tabelle istdie Ausgangshöhe eines Baumes, wobei für die Verwendungin der Forstpraxis eine meterweise Klassenbildung vorgenom-men wurde. Für die erreichten Höhen kann aus dieser Tabel-le der ermittelte potentielle Höhenzuwachs für die jeweiligeBaumart in den nächsten fünf Jahren entnommen werden.

Bindet man die eingangs für die Versuchsfläche Schwan-ham geschilderte Durchforstungsentscheidung in eine der -artige Tabelle (hier: Tabelle 2) ein, so findet man potentielle 5-Jahres-Höhenzuwächse für die Baumart Eiche von 1,2 Me-tern bzw. von 1,8 Metern für die Baumart Fichte. Demnachwäre zu erwarten, dass die Fichte in fünf Jahren eine Höhevon 6,3 Metern aufweist, während die Eiche lediglich eine Hö-he von 6,2 Metern erreichen wird (vgl. auch Abbildung 1,rechts). Unterbleibt daher ein Eingriff zugunsten der Eiche, istvon Natur aus mit einem Überwachsen der Fichte zu rechnen.Zur Sicherung der Eiche müsste daher jetzt zu deren Gunsteneingegriffen werden.

Diskussion

Die vorgestellte Methodik liefert einen ausbaufähigen Ansatzzur numerischen Beschreibung der Eingriffsnotwendigkeit mitHilfe von wachstumskundlichen Daten. Hierzu wurden BWI2-Daten, die eine vergleichsweise hohe Qualität aufweisen, re-gionalisiert ausgewertet. Die Vorgehensweise sowie die Daten-quelle bedingen, dass lediglich stabile Aussagen für mittlereStandortsverhältnisse möglich sind. Weiterhin repräsentierendie zugrundeliegenden Alters-Höhen-Beziehungen und Wachs-tumsgänge unterschiedlichste Behandlungsverfahren derforstlichen Praxis. Durch die Konzentration auf Höhenwachs-tumsgänge und deren regionale Maxima erscheint dieser Man-gel vernachlässigbar. Die Auswahl der Probebäume in einemfixen Radius um die Trainingsflächen stellte einen ersten An-satz dar. Zukünftig sollte allerdings versucht werden, verstärktphysiographisch homogenere Straten zu bilden. Ein weitererMangel des gewählten Verfahrens könnte darin liegen, dassweder der jeweilige Abstand zwischen Kandidat und Konkur-rent noch andere konkurrenzrelevante Merkmale – wie Kro-nencharakteristika – berücksichtigt werden.

Schlussfolgerung und Ausblick

Das vorgestellte Verfahren wurde auf den Waldbautrainings2010 vorgestellt und zum Teil intensiv diskutiert. Für einemögliche Weiterentwicklung sollten folgende zwei Punkte be-achtet oder abgeändert werden:

zuwachswerte von Waldbäumen zu ermitteln. Das Systemwurde in einfache Tabellenwerke überführt, die in 30 Fortbil-dungen angewendet und mit den Teilnehmern diskutiert wur-den.

Methodik

Konkret wurden potentielle Höhenzuwächse für die wichtigs-ten Baumarten der Trainingsflächen wie folgt ermittelt: In ei-nem Radius von circa 25 Kilometern um die Trainingsflächenwurden alle BWI2-Daten gefiltert und baumartenweise strati-fiziert. Grundlage für weitere Analysen waren demnach dieregionalisierten Alters-Höhen-Beziehungen der Baumarten,wobei weder weitergehende standörtliche Differenzierungnoch »echte« Höhenentwicklungsgänge von EinzelbäumenBerücksichtigung fanden. Baumartenweise wurde nach Mög-lichkeit für jede Fläche eine Wachstumsfunktion (hier: Chap-man-Richards, vgl. Zeide 1993) adjustiert und zur Annäherung anein optimales Wachstum – es geht ja um das Höhenwachstummöglichst vitaler und vorwüchsiger Kandidaten – rechnerischangehoben, bis ein biologisch plausibler oberer Grenzverlaufgewährleistet erschien. Diese resultierende potentielle Wachs-tumsfunktion wurde in eine Höhenzuwachsfunktion über-

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Tabelle 2: Potentieller fünfjähriger Höhenzuwachs auf der Versuchsfläche Schwanham

Höhe [m] Höhenzuwachs [m/5 Jahre]

von bis Tanne Birke Buche Fichte Eiche

0,5 1,5 0,6

1,5 2,5 0,7

2,5 3,5 0,8 3,7 1,4 1,0

3,5 4,5 0,9 4,1 1,6 1,1

4,5 5,5 1,0 4,2 1,8 1,2

5,5 6,5 1,1 4,2 1,9 1,3

6,5 7,5 1,2 4,1 2,0 1,4

7,5 8,5 1,3 3,8 0,4 2,1 1,5

8,5 9,5 1,4 3,4 0,5 2,2 1,5

9,5 10,5 1,4 3,4 0,5 2,3 1,6

10,5 11,5 1,5 2,9 0,6 2,4 1,6

11,5 12,5 1,5 2,5 0,6 2,5 1,7

12,5 13,5 0,6 2,6 1,7

abgeleitet aus BWI2-Daten für mittlere Standortsverhältnisse

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Weitergehende standörtliche DifferenzierungGrundsätzlich ist ein unterschiedliches Höhenzuwachsverhal-ten der Mischbaumarten auf verschiedenen Standorten zu er-warten. Eine weitergehende standörtliche Differenzierung vonBWI-Daten ist auf Grund der vergleichsweise niedrigen Punkt-dichte nur durch Berücksichtigung vorhandener physiographi-scher Informationen in gewissen Grenzen möglich. Bei einerAnwendung auf Forstbetriebsebene sollte die Verwendung derbetriebseigenen Inventurdaten unter Berücksichtigung vor-handener Standortsinformationen geprüft werden.

Ermittlung des HöhenwachstumsBei der Ermittlung der Höhenwachstumsgänge sollten zukünf-tig biologisch plausible Grenzwerte stärker als bisher berück-sichtigt und dokumentiert werden.

Durch diese Anwendung konnte gezeigt werden, dass die BWI2-Daten über die Standardauswertungen zur Bundeswaldinven-tur hinaus einen hohen Wert besitzen, um forstpraktische Fra-gestellungen zu beantworten. Das vorgestellte Hilfsmittel ist– wie der Name impliziert – als Hilfsmittel konzipiert und solldie notwendigen Einzelfallentscheidungen forstlich sachver-ständiger Personen zahlenmäßig unterstützen. Das örtlicheErfahrungswissen der Berater und Waldbesitzer kann und solles nicht ersetzen, wohl aber schärfen.

Literatur

Assmann, E. (1961): Waldertragskunde. Organische Produktion, Struk-tur, Zuwachs und Ertrag von Waldbeständen. BLV-Verlagsgesellschaft,München, 490 S.

Burschel, P.; Huss, J. (1997): Grundriss des Waldbaus. Parey Buchver-lag Berlin, 487 S.

Pretzsch, H. (2001): Grundlagen der Waldwachstumsforschung. PareyBuchverlag Berlin, 414 S.

Röhle, H. (1995): Zum Wachstum der Fichte auf Hochleistungsstandor-ten in Südbayern. Mitteilungen aus der Bayerischen Staatsforstverwal-tung, 48. Heft, 272 S.

Zeide, B. (1993): Analysis of growth equations. Forest Science, Vol. 39,No. 3, S. 594–616

Dr. Hans-Joachim Klemmt ist Landesinventurleiter für die Bundes-waldinventur 3 in Bayern. [email protected]. Martin Bachmann leitet das Projekt Klip 7 »Waldbaustrategienfür Risikogebiete«. Beide sind Mitarbeiter der Abteilung »Waldbau und Bergwald« ander Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Zen-trum Wald-Forst-Holz Weihenstephan.

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Motorsägen waren in den Oktobertagen im Naabtal bei Weich-seldorf vor Kallmünz im Einsatz. Landwirte entbuschten im Auf-trag des Landschaftspflegeverbandes Regensburg e. V. (LPV) ei-ne Fläche der Bayerischen Staatsforsten AöR (BaySF). Ein nachSüden abfallender Teil eines Waldstücks ist nur noch schütter mitGehölzen bewachsen, zur Straße hin wird es ein mit Wacholderund Schlehen durchsetzter, bunt blühender Magerrasen. SolcheEcken hat das Projekt »Juradistl« des LPV im Visier, wenn es da-rum geht, den Biotopverbund »Naababwärts« voranzutreiben.»Um Kallmünz gibt es noch ausgedehnte Magerrasen, die auchbeweidet werden, aber schon wenige Kilometer naababwärtswird es zu eng für die großen Schäfer«, erklärt Martina Wagnervom Landschaftspflegeverband. Dennoch sei es wichtig, hier»Trittsteinbiotope« zu schaffen. Sofort war Thomas Verron,Forstbetriebsleiter der BaySF, bereit, die Fläche nicht nur zur Ver-fügung zu stellen, sondern auch die Finanzierung über den Topfder »Gemeinwohlleistungen« beim zuständigen Amt für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Forsten in Pielenhofen zu beantragen.

Neben der Funktion, Arten wie dem Kreuzenzian-Bläuling, ei-nem seltenen Schmetterling, die Wanderschaft naababwärts wie-der zu ermöglichen, konnte Frau Wagner aber noch eine weite-re, gerade für den Forstmann interessante Art präsentieren.Martin Scheuerer, für den LPV unterwegs, um die letzten und sel-tensten Arten im Landkreis zu sichern, hat auf der BaySF-Flächedie Hoppe-Mehlbeere entdeckt. Sorbus hoppeana ist ein so ge-nannter Lokalendemit, also eine Art, die weltweit einmalig istund nur in einem kleinen Gebiet vorkommt. Auch dem mit derPflegemaßnahme beauftragten Landwirt Johann Dechant er-klärt Wagner die Merkmale dieser botanischen Rarität: Die Blät-ter seien im Vergleich zur normalen Mehlbeere stärker gebuch-tet und die Früchte eher orange als rot. Sie müsse natürlich aufjeden Fall stehen bleiben. Von der Pflege werde die seltene Artaber auch profitieren, da die circa zehn Exemplare von bedrän-genden Kiefern und Buchen befreit würden und sich erst so zustattlichen Bäumen entwickeln können. BaySF

Seltene Hoppe-Mehlbeere im Staatswald gefunden

Foto: LPV Regensburg

Martina Wagner (LPV) erklärt dem Landwirt Johann Dechant (Mitte) undThomas Verron (BaySF) die besonderen Merkmale der Hoppe-Mehlbeere.

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Waldschutzfachliche Aspekte bei der Pflege von JungbeständenStärke und Zeitpunkt des Pflegeeingriffs sind wichtige waldschutzrelevante Größen

Julia Zeitler, Ludwig Straßer und Ralf Petercord

Der Aufbau vitaler, klimastabiler und qualitativ hochwertiger Bestände ist das Ziel einer nachhaltigen Forstwirtschaft. Waldbauund Waldschutz sind an diesem Ziel orientiert, gehen dabei Hand in Hand und entsprechen sich dabei vielfach. Dieser enge Zu-sammenhang wird häufig übersehen, aber waldbauliche Fehler führen nicht selten zu höheren Waldschutzrisiken. Waldbau istin diesem Sinne vorbeugender Waldschutz. Dies gilt grundsätzlich in allen Altersphasen, ist aber gerade in der Jugendphase besonders wirksam.

kurrenzschwächere Arten zu erhalten; dabei muss die Mi-schungsregulierung jedoch nicht flächig, sondern kann auchkleinräumlich getrennt erfolgen. Je nach Baumart und Mi-schungsform sind unterschiedliche Eingriffsstärken erforder-lich. Die Ausrichtung auf das Positive (Baumart, die ich erhal-ten will; Qualität, die ich fördern will) führt so zu einerUntergliederung auch großer flächiger Einheiten und damitzu gewollter Heterogenität, die zukünftig weiter entwickeltwerden kann. In Beständen mit geringen Mischbaumarten -anteilen sollte strenger Minderheitenschutz gelten.

Physiologischen Stress vermeiden

Pflanzen nutzen den über die Photosynthese erzeugten Kohlen-stoff- und Energievorrat für drei Lebensprozesse, die sich im Pri-mär- und Sekundärstoffwechsel widerspiegeln. Dabei handeltes sich um die physiologischen Prozesse Wachstum, Vermeh-rung und Verteidigung. Die Verteilung auf diese drei Prozessewird endogen (Alter) und exogen (Umweltbedingungen) gesteu-ert. Innerhalb des Bestandeslebens entsteht immer wieder phy-siologischer Stress auf Grund zunehmender Konkurrenz durchNachbarbäume, wenn sich die Bestände schließen, ebenso wienach Pflegeeingriffen, wenn die begünstigten Bäume den Frei-raum (Krone und Wurzel) für sich erschließen müssen. Grund-sätzlich stellt physiologischer Stress eine Schwächung dar, diesich im Verteidigungsstoffwechsel manifestiert und so als »phy-siologisches Fenster« von potentiellen Schadorganismen genutztwerden kann. In Abhängigkeit von der Aggressivität des Schad-organismus und den anderen Umweltbedingungen können die-se Schwächephasen dann genutzt werden. Die physiologischeSchwächung des Einzelbaumes kann in Abhängigkeit vom wald-baulichen Vorgehen (Eingriffsstärke) zu einer physiologischenSchwächung des Bestandes führen, die dann eine lokale Mas-senvermehrung bedingen kann.

Hochvitale Individuen (Protze) zu entnehmen, ohne da-mit einen qualitativ besseren Nachbarbaum zu fördern (Ne-gativauslese), ist unter Berücksichtigung dieser Überlegungenfalsch. Darüber hinaus können starke Pflegeeingriffe einenBestand durch Aufreißen des Bestandesgefüges auch für abio-tische Waldschutzgefahren (z. B. Schneebruch) disponieren.

Die Idealvorstellung aus dem Blickwinkel des Waldschutzessind gemischte, ungleichaltrige, strukturreiche Bestände mitgroßer genetischer Varianz aus standortsangepassten Baum -arten. Diese Bestände verfügen über die höchste Anpassungs-fähigkeit und tendieren zum niedrigsten Waldschutzrisiko. Inder Regel gibt es diese theoretische Optimalvariante der Be-stände natürlich nicht, da der Istzustand von der naturräum-lichen Ausstattung, der forstgeschichtlichen Entwicklung undden berechtigten aktuellen Zielen des jeweiligen Waldbesit-zers überprägt wird. Wenn diese Idealvorstellung damit auchobjektiv nicht flächig umsetzbar ist, ist es doch wichtig, sie beider waldbaulichen Behandlung von Beständen zu berücksich-tigen, um letztlich keine gleichförmigen, entmischten und da-mit hochanfälligen und nicht anpassungsfähigen Bestände zuerziehen. Nur so kann langfristig über das gesamte Bestandes -alter hinweg dem Anspruch des integrierten Pflanzenschutzesentsprochen werden.

Mischung erhalten – Gleichförmigkeit auflösen

Überträgt man diese Überlegung auf Jungbestände bzw. dieJungbestandspflege, so wird deutlich, dass in dieser Pflegepha-se die zukünftige Entwicklung des Bestandes wesentlich ge-prägt wird. Dabei sind mehrere Aspekte zu berücksichtigenund entsprechend dem jeweiligen Bestandsaufbau zu bewer-ten: Mischungsanteil, Mischungsform, Grad der Selbstdiffe-renzierung, Bestandsstabilität, Einzelbaumstabilität (Resis-tenzstatus), aktuelle Waldschutzsituation, Einschätzung deszukünftigen Waldschutzrisikos. Diese waldschutzfachlicheEinwertung des Bestandes oder Bestandesteils fließt in die Ab-leitung eines entsprechenden Pflegeziels, die Bemessung derEingriffsstärke und die Wahl des Eingriffszeitpunktes ein. Da-bei gilt es, ein schematisches Vorgehen zu vermeiden.

Bei der Jungbestandspflege großflächiger Pflegeblöcke, wiesie nach Sturmereignissen oder anderen Kalamitäten entstan-den sind, gilt es aus Waldschutzsicht, vorhandene Mischun-gen zu erhalten und die einsetzende Selbstdifferenzierung,falls notwendig, vorsichtig zu unterstützen. Gerade bei der Mi-schung von Baumarten mit unterschiedlicher Wuchsdynamikist die Mischungsregulierung unbedingt notwendig, um kon-

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ständen durch konsequentes Vorgehen gelingen. Pflegeeingrif-fe in diesen Altersphasen bekommen damit eine neue Rele-vanz. Insbesondere gilt es, die Baumartenmischung zu erhal-ten und strukturreiche Bestände zu erziehen. Nur solcheBestände werden künftig über die notwendige Anpassungs -fähigkeit verfügen und damit waldbauliche Freiheiten der Bewirtschaftung bieten. In allen anderen Fällen steht zu be-fürchten, dass die Bewirtschaftung der Bestände durch Kala-mitätsnutzungen geprägt und die Waldbesitzer von aktiv Han-delnden zu Getriebenen herabgestuft werden.

Julia Zeitler und Ludwig Straßer sind Mitarbeiter in der Abteilung»Waldschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft im Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan.Dr. Ralf Petercord leitet die Abteilung »Waldschutz«. [email protected]

Das Richtige zum richtigen Zeitpunkt tun

Der richtige Eingriffszeitpunkt für die Jungbestandspflege hatweniger mit der Baumart selbst als mit der Biologie der Schad-organismen zu tun. Nahezu alle Borkenkäferarten können in-nerhalb einer Vegetationsperiode zwei oder mehr Generatio-nen durchlaufen. Bruttaugliches Restmaterial, das auf derFläche verbleibt, kann dann zur Ausbildung einer Massen -vermehrung genutzt werden. Die aus diesem Material schlüp-fende Generation trifft dann im Spätsommer auf geförderte,aber eben auch physiologisch geschwächte Bäume, die einemBefall nicht viel entgegen zu setzen haben. Gerade in Som-mern mit ausgeprägten Dürreperioden ist diese Gefahr, zumBeispiel bei Kupferstecherbefall, besonders hoch.

Der Eingriffszeitpunkt bedingt damit den Umgang mit demRestmaterial. Werden Jungbestandspflegen in den Sommermo-naten durchgeführt, muss stärkeres Restmaterial geräumt wer-den. Dies gilt insbesondere für die Fichte mit ihren aggressivenBorkenkäferarten als auch – selbstverständlich in geringererDringlichkeit – für die anderen Nadel- und Laubbaumarten.

Der günstigste Zeitpunkt für Jungbestandspflegen ist derHerbst und die frühen Wintermonate. Dann kann das Rest-material austrocknen und ist im kommenden Frühjahr nichtmehr fängisch. Problematisch wird dies in den Berglagen,wenn durch frühe Schneefälle das Holz konserviert wird undnicht mehr austrocknen kann. Der Pflegezeitpunkt muss dannden örtlichen Erfahrungen angepasst und zeitlich nach vorneverlagert werden.

Neben den rindenbrütenden Borkenkäfern können auchholzbrütende Arten auftreten. Diese benötigen kein frisches,sondern auf eine bestimmte Holzfeuchte abgetrocknetes Brut-material. Sie durchlaufen aber weniger häufig Massenvermeh-rungen und der Befall von stehenden Bäumen ist auf extremeTrockenjahre und ungünstige Standortsverhältnisse be-schränkt. Im Sommer 2003 traten in geringem Umfang Schä-den durch holzbrütende Borkenkäfer (z. B. Ungleicher Holz-bohrer) an Eiche und Buche auf. Durch die Aufarbeitung vonResthölzern als Brennholz und die Abfuhr desselben aus denBeständen kann man auch dieser vergleichsweise geringen Ge-fahr leicht entgehen.

Grundsätzlich sollte bei der Durchführung von Jungbe-standspflegen die aktuelle lokale Waldschutzsituation berück-sichtigt werden und der Pflegeeingriff auf diese hinsichtlichZeitpunkt, Eingriffsstärke, Technik und dem Umgang mitRestmaterial abgestimmt sein.

Ist der Bestand bereits durch den Befall mit einem Schad-organismus betroffen (z. B. Eschentriebsterben), muss die Pfle-ge auf diesen Schadfaktor ausgerichtet werden. Soll in solchenFällen eine Pflege durchgeführt werden, hat die Vitalität im-mer Vorrang vor Qualität und Abstand.

Klimawandel zwingt zu konsequentem Vorgehen

Die Bewirtschaftung der Wälder wird sich mit dem Klimawan-del verändern. Waldschutzrisiken werden sich deutlich erhö-hen. Die Anpassung an diese Veränderungen kann in Jungbe-

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Asiatische Ulmenblattwespe erreicht Deutschland

Typisches zick-zack-förmiges Fraßbild junger Larven

Die Ulmenarten werden nach dem Ulmensterben (Pilzerkran-kung) nun von einem neuen Schadinsekt bedroht: Die Ulmen-blattwespe (Aproceros leucopoda). Das Insekt befällt alle heimi-schen Arten der Gattung Ulmus, unabhängig von Alter undStandort und hat 2011 Deutschland nun über das Donautal vonÖsterreich her erreicht. Nachgewiesen wird die Wespe in Osteu-ropa seit 2003, in Österreich seit 2009. Bei ihrem Reifungsfraßfrisst die Larve der Ulmenblattwespe einen charakteristischenZickzack-Gang ins Blatt (s. Foto). Dieser Fraß kann zu einem Zu-rücksterben der Belaubung und damit zum Verlust von Blattmas-se führen. Der Erfolg der als invasiv eingestuften Art gründetsich auf ihre ungeschlechtliche Vermehrung und die Entwicklungvon bis zu vier Generationen pro Jahr. Natürliche Feinde sindnicht bekannt. Experten gehen davon aus, dass die Art wahr-scheinlich den größten Teil des europäischen Ulmen-Verbrei-tungsgebietes besiedeln wird. Julia Zeitler

Foto: Gyorgy Csoka, Hungary Forest Research Institute, Bugwood.org

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Naturschutzfachliche Aspekte zur Pflege von JungbeständenBereits die erste Pflege kann große waldökologische Auswirkungen bedingen

Martin Lauterbach, Helge Walentowski und Markus Blaschke

Die Art und Weise der Jungbestandspflege hat meist eine große Auswirkung auf die spätere »naturschutzfachliche Qualität« ei-ner Waldfläche. Mit Blick auf eine möglichst naturnahe Bewirtschaftung des Waldes werden wichtige Hinweise gegeben, unteranderem zum Zeitpunkt der Pflege, zu Bestandsstrukturen, zur Entwicklung zukünftiger Biotopbäume oder auch zur Einbettungder Pflegefläche in die umliegenden Waldbestände.

len des Waldnaturschutzes zu verhindern, werden im Folgen-den einige wichtige Hinweise bei der Pflege von Jungbestän-den gegeben, die aus naturschutzfachlicher Sicht unbedingtberücksichtigt werden sollten.

Pionierbaumarten: wichtige Elemente für eine reicheArtenvielfalt

Entscheidend ist jedoch, dass in der Jungbestandspflege dieWeichen für die spätere Baumartenzusammensetzung und deren Flächenanteile gestellt werden. Bei der Analyse des Aus-gangsbestandes und der Formulierung des Pflegeziels (Rothke-gel et al., S. 4–7 in diesem Heft) sollten neben den standortshei-mischen Hauptbaumarten vor allem auch lebensraumtypischeNeben- und Pionierbaumarten gezielt gefördert werden. Gera-de an ihnen hängt oft die Vielfalt der Arten (Abbildung 1)(Schmidt 1998). An Weichlaubhölzern entstehen auf Grund deskürzeren Lebensalters wertvolle Strukturen oft sehr rasch. Siewerden deshalb im waldbaulichen Förderprogramm (WALD-FÖPR 2007) und beim geschilderten methodischen Vorgehenin der Pflege entsprechend beachtet. Auch auf Standorten, aufdenen eine dominante Hauptbaumart die größte Wuchskraftentfalten kann, wären natürlicherweise meist auch Neben -baumarten beigemischt. Gesellschaftsfremde Baumarten hin-gegen sollte man nur in geringen Anteilen beteiligen. Wegenihrer oft großen Wuchsdynamik können diese im Altersstadi-um zu dominant werden und dann den Bestandscharakterüberprägen.

Zeitpunkt der Pflegemaßnahme

Je nach Höhe und Schlussgrad des Bestandes bewohnen vorallem ziehende Vogelarten wie Fitis, Zilpzalp, Mönchs- undKlappergrasmücke Jungbestände. Aber auch Standvögel wieHeckenbraunelle, Rotkehlchen und Amsel sind hier in hohenDichten zu finden. Diese Arten sind eher häufig und weit ver-breitet. Trotzdem sollten Pflegemaßnahmen zur Brutzeit derVögel (von Anfang März bis Ende Juli) unterlassen werden,zumal sich Pflegemaßnahmen (vor allem motormanuell) auchstörend auf benachbarte Bruthabitate auswirken können.

Jungbestände sind in bewirtschafteten Wäldern in der Regelauf großer Fläche vorhanden und stellen, im Gegensatz zuBaumbeständen mit hohem Bestandsalter, kein seltenes Re-quisit dar. Jeder Pflegeeingriff kann aber, und das sollte jedemWaldbesitzer bewusst sein, zunächst die Strukturen in den Be-ständen deutlich verändern: • Zu starke Eingriffe können dicht geschlossene Bestände

sehr stark auflichten. • Wird der Schlagabraum auf der Fläche liegen gelassen, wird

das Angebot an schwachem Totholz schlagartig zunehmen.• Werden »grobe« Wuchsformen entnommen, wird der Struk-

turreichtum abnehmen. Diese Aufzählung kann noch beliebig verlängert werden. Diegroße Wuchsdynamik in der Jungbestandsphase sorgt auch na-türlicherweise für eine mehr oder weniger rasche Veränderungvon Bestandsstrukturen. Bewohner derartiger Waldentwick-lungsphasen bzw. ihre Populationen sind deshalb meist an denzeitlichen und räumlichen Wandel der für sie notwendigenHabitatrequisiten angepasst. Um mögliche Konflikte mit Zie-

Artenzahlen an ausgewählten Baumarten500

450

400

350

300

250

200

150

100

50

0Rotbuche Eichen Birken Weiden

Art

enza

hl

Flechten Holzzersetzende Pilze

Großschmetterlinge Phytophage Wirbellose

Abbildung 1: Artenzahlen ausgewählter Artengruppen an Rotbuche,Eiche, Birke und Weide im Buchenmischwald (verändert nach Kennedy und

Southwood 1984, Hacker 1995 und Krieger und Türk 1986).

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Baumartenwahl und Mischungsverhältnisse

Das Bestockungsziel des Pflegebestandes sollte sich an denBaumartenanteilen der jeweils natürlichen Waldgesellschaftbzw. dem FFH-Waldlebensraumtyp orientieren (Walentowskiet al. 2006; LfU & LWF 2010). Denn in standortsgerechten, na-turnahen Waldbeständen nehmen Haupt- und Nebenbaum -arten bestimmte Mischungsverhältnisse ein. Ein Mindest -anteil der Hauptbaumarten sollte nicht unterschritten werden.Ebenso sollte der Erhalt von Nebenbaumarten gewährleistetwerden. Die Beimischung fremdländischer Baumarten ist nurim bemessenen Umfang durchzuführen. Hierbei sind beson-ders die standörtlichen Ausgangsbedingungen, die Boden-pfleglichkeit und mögliche Auswirkungen auf benachbarte Le-bensraumtypen zu berücksichtigen (Vermeidung invasiverAusbreitung in benachbarte Waldbiotope auf Sonderstandor-ten; vgl. Walentowski 2008). Die untere Erfassungsschwelle ei-nes Waldbestandes als FFH-Waldlebensraumtyp bzw. als be-dingt naturnahe Waldgesellschaft gibt hier wertvollen Anhaltzur Gestaltung der Bestände. Demnach müssten alle dreinachfolgenden Bestockungsparameter erfüllt sein:• Grundflächenanteil der gesellschaftstypischen (= standorts-

heimischen) Haupt-, Neben- und Pionierbaumarten mindes-tens 70 Prozent und

• Grundflächenanteil der standortsheimischen Haupt- undNebenbaumarten mindestens 50 Prozent und

• Grundflächenanteil der standortsheimischen Hauptbaum -arten mindestens 30 Prozent (dabei mindestens zehn Pro-zent in der Oberschicht).

Gesellschaftsfremde, aber heimische Baumarten dürfen einenmaximalen Anteil von 30 Prozent haben und gesellschafts-fremde, nicht heimische Baumarten einen Anteil von maximal20 Prozent. Eine besondere Regelung gibt es für den Wald -lebensraumtyp Hartholzaue. In der Hartholzaue ist der Berg-

Veränderung von Bestandsstrukturen

Waldtypische Tier- und Pflanzenarten sind allgemein sehrstark an bestimmte Bestandsstrukturen (z. B. Überschir-mungsgrad, Schichtigkeit, Mischungsverhältnis) gebunden.Pflegeeingriffe sollten deshalb nicht bereits durch einen ein-zigen Eingriff den Bestandscharakter vollständig verändern.Der Grundsatz, eher früh und mäßig, aber dafür lieber öfterpflegend einzugreifen, kommt diesen Zielen sehr entgegen(Rothkegel et al., S. 4–7 in diesem Heft). So wird Arten noch einrechtzeitiger Ortswechsel ermöglicht.

Totholz und Biotopbäume

In Pflegebeständen ist auf Grund der geringen Stammdimen-sionen nur mit sehr schwachem abgestorbenem Stamm- undAstmaterial zu rechnen. Dieses Totholz ist auch in Wirtschafts-wäldern flächig anzutreffen (z. B. in der Dürrastzone). AmSchwachholz kommen zum Beispiel durchaus zahlreiche,meist unscheinbare Pilzarten vor. Die meisten Arten bildenals Rindenpilze ihre Fruchtkörper nur als dünne Überzüge aufoder unter der Rinde aus. Oder sie bilden als Schlauchpilzekleine Becherchen auf dem Substrat. Allerdings sind die selte-nen holzbesiedelnden Pilzarten auf stärkeres Totholz angewie-sen und kommen daher in Pflegebeständen gar nicht odermeistens nur sehr selten, zum Beispiel an Protzen oder beige-mischten Pionierbaumarten, vor. Auch bei anderen Artengrup-pen fehlen selten gewordene Arten, die nur auf Schwachtot-holz spezialisiert sind. Trotzdem erhöht liegen gelassenes undnicht mehr forstschutzrelevantes Totholz den Strukturreich-tum. Es liefert wertvolle Nährstoffe für den verbleibendenBaumbestand und bietet mögliche Fortpflanzungsstätten undNahrungshabitate für Vögel, Insekten, Amphibien, Reptilienund Säugetiere. Eine vollständige Entnahme des Schlagab-raums wäre deshalb nicht nur unter wirtschaftlichen, sondernauch unter naturschutzfachlichen Aspekten in den meistenFällen abzulehnen.

Ebenso sollten bei Pflegemaßnahmen nicht alle grobwüch-sigen Bäume (Protzen) entnommen werden, da aus ihnen spä-ter meist die für die Artenvielfalt so wichtigen Biotopbäumeentstehen (dies sind lebende Bäume mit Pilzkonsolen, Höh-len-/Spaltenquartierbäume und Horstbäume). Das auf denWaldbautraining-Fortbildungen vorgestellte und geschultePflegeverfahren gewährleistet den Erhalt dieser Biotopbaum-anwärter unter anderem auch dadurch, dass pro Ar nur einbis maximal zwei Pflegeeingriffe zugunsten eines Kandidaten(»Option«) durchgeführt werden. Es verbleiben somit immerauch unbehandelte Zwischenfelder. In Wirtschaftswäldernsollten im späteren Altbestand mindestens sechs bis zehn Bio-topbäume je Hektar vorhanden sein, um das reiche Struktur-angebot naturnaher Wälder zu imitieren. Je früher diese»Grobformen« erhalten bleiben, desto größer ist die Wahr-scheinlichkeit, dass der Zielwert später auch in der Fläche er-reicht wird.

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Abbildung 2: Wegen ihres großen Angebots an Insekten, ihrerKnospen und Blüten sind Weiden wichtige Nahrungsbäume für viele Vogelarten (hier Sumpfmeise).

Foto: C. Moning

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Baumartenherkunft

Sofern die heute in den Wuchsgebieten vorkommenden Baum-artenherkünfte die durch säkulare Selektions- und Anpas-sungsmechanismen erworbene regionaltypische genetischeVielfalt aufweisen, sind bei Pflegeeingriffen die Baumindivi-duen aus Naturverjüngung denen aus künstlicher Begründungvorzuziehen.

Beachtung besonderer Schutzgüter

Trotz Beachtung obiger Grundsätze können in den beplantenWaldflächen naturschutzfachlich besonders wertvolle Schutz-güter betroffen sein, für die spezielle Schutzmaßnahmen zubeachten sind (z. B. Vorkommen von Haselhühnern). In aus-gewiesenen Naturschutz- und Natura2000-Gebieten (= FFH-und Vogelschutzgebiete) sind diese Erhaltungsziele klar for-muliert und können bei den entsprechenden Behörden ange-fragt werden. Die Bewirtschaftungsmaßnahmen sind hier aufdie besonderen Anforderungen abzustimmen (z. B. Erhalt er-höhter Weichlaubholzanteile für Raufußhühner, Insekten).

Fazit

In jungen Pflegebeständen können Zielvorgaben des Waldna-turschutzes kostenneutral in die Bewirtschaftung integriertwerden. Im Zuge der Mischwuchsregulierung werden die Wei-chen für die spätere Baumartenzusammensetzung und damitfür die Ausprägung von Waldlebensraumtypen und lebens-raumtypischen Strukturen gestellt.

Literatur

LfU & LWF – Bayerisches Landesamt für Umwelt & Bayerische Landes-anstalt für Wald und Forstwirtschaft (2010): Handbuch der Lebens-raumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Bay-ern. 165 S. + Anhang, Augsburg & Freising-Weihenstephan

Schmidt, O. (1998): Die Tierwelt des Weichlaubholzes. LWF aktuell Nr. 15, S. 14–18

Walentowski, H.; Ewald, J.; Fischer, A.; Kölling, C.; Türk, W. (2006):Handbuch der natürlichen Waldgesellschaften Bayerns. 2. überarb. Auf-lage; 441 S.

Walentowski, H. (2008): Die Douglasie naturschutzfachlich betrachtet.LWF Wissen 59, S. 67–69

Martin Lauterbach, Dr. Helge Walentowski und Markus Blaschkesind Mitarbeiter der Abteilung »Biodiversität, Naturschutz, Jagd«an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft imZentrum Wald-Forst-Holz [email protected]

ahorn auf maximal 30 Prozent in der Oberschicht zu begren-zen und Hybridpappeln dürfen mit maximal 25 Prozent ver-treten sein.

Einbettung der Pflegefläche in umliegende Waldbestände

Durch die Mischwuchsregulierung kann man in entsprechendgemischten Beständen die Baumartenzusammensetzung unddamit den gesamten Charakter des Bestandes wesentlich be-einflussen (eher laubholz- oder nadelholzdominiert). Die Artund Weise, wie man Laub- oder Nadelhölzer fördert oder he-rauspflegt, entscheidet letztendlich, ob die Pflegefläche späterLebensräume miteinander verbindet, voneinander trennt oderob sie selbst zum Lebensraum wird.

Laubholzinseln sollten mindestens drei Hektar groß sein,um später typische Laubwaldarten beherbergen zu können.Bei einer ein Hektar großen Pflegefläche und einer umgeben-den Laubholzfläche von zwei Hektar entscheidet die Art undWeise der Mischwuchsregulierung also über die spätere Habi-tateignung der Pflegefläche und die der benachbarten Bestän-de. Ist die Pflegefläche von wertvollen Waldlebensräumen,zum Beispiel von einem Erlen-Eschen-Wald in einem Bachtäl-chen, umgeben, sollten in gemischten Pflegeflächen die cha-rakteristischen Baumarten der benachbarten Flächen beson-ders berücksichtigt werden. In solchen Fällen sollten also nichtBaumarten fremder Waldgesellschaften gefördert werden, dieeine Isolierung oder Trennung von Habitaten bedingen (z. B.Fichtenblock in der Aue).

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Weiterführendes Informationsmaterial

Artenhandbuch der für den Wald relevanten Tier- und Pflanzenartendes Anhanges II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und des AnhangesI der Vogelschutz-Richtlinie in Bayern (LWF, Juni 2006); http://www.lwf.bayern.de/publikationen/daten/sonstiges/p_34538.pdf

Erhaltungsmaßnahmen für Vogelarten in »Arbeitsanweisung zur Er-fassung und Bewertung von Waldvogelarten in Natura2000-Vogel-schutzgebieten (SPA)«, Stand März 2011; http://www.lwf.bayern.de/veroeffentlichungen/sonstige/arbeitsanweisung-erfassung-bewertung-waldvogelarten-natura2000.pdf

Bestimmungsschlüssel für Flächen nach §30 BNatSchG / Art. 13d(1) Bay-NatSchG; http://www.lfu.bayern.de/natur/fachinformationen/biotopkartierung_flachland/kartieranleitungen/doc/bestimmungsschluessel_30_201003.pdf

Handbuch der Lebensraumtypen nach Anhang I der Flora-Fauna-Habi-tat-Richtlinie in Bayern, März 2007 inkl. Anlage 7; http://www.lwf.bayern.de/publikationen/daten/sonstiges/p_34537.pdf

LWF-Merkblatt Nr. 21 »Vogelschutz im Wald« und LWF-Merkblatt Nr.17 »Biotopbäume und Totholz – Vielfalt im Wald«; http://www.lwf.bayern.de/publikationen/

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gemischter Lärche, Douglasie, Vogelkirsche oder Edellaubbäu-men entstanden sind. In den Jahren 1999 und 2000 wurden zu-dem einige Hektar Eichenbestände aus Saat angelegt.

Das neue Pflegekonzept im Praxistest

Ein wichtiger Bestandteil des neuen Pflegekonzeptes ist diesystematische Bestandsanalyse (Rothkegel et al., S. 4–7 in diesemHeft). Sie zielt darauf ab, innerhalb der Kriterien Stabilität,Qualität und Vitalität eine an den Bestand angepasste undvom Waldbesitzer nachvollziehbare und mitgetragene Ein-griffsvariante zu entwickeln. Inwieweit es gelungen ist, diesenneuen Ansatz und hohen Anspruch in der Praxis zu vermit-teln, soll anhand von vier Fallbeispielen erläutert werden.

Je zwei Beratungssituationen und zwei Unternehmerein-sätze wurden nach den Kriterien Akzeptanz, Verständnis undUmsetzbarkeit durch eine Befragung der Beteiligten evaluiert.Desweiteren wurden Pflegeeingriffe hinsichtlich der Effizienzdes Konzepts und dem tatsächlichen Zeitaufwand genauer un-

Das neue Pflegekonzept im PraxistestVier Fallbeispiele beschreiben die Praxistauglichkeit des Jungbestandspflegekonzeptesin der Privat- und Körperschaftswaldbetreuung

Stefan Stirnweiß

Seit Sommer 2010 findet das vorgestellte Pflegekonzept in der Jugendpflege und der erstmaligen Jungdurchforstung inder Praxis vermehrte Anwendung. Auch die Förderrichtlinien sind in ihrer derzeit gültigen Fassung in den Fördertat -beständen Jugendpflege und Jungdurchforstung auf dieses Konzept ausgerichtet. Erste Erfahrungswerte und Stimmenaus der Praxis sollen hier zusammengetragen werden.

Das Forstrevier Röttenbach am Amt für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten Fürth liegt nordwestlich von Erlangen. Esweist sowohl bäuerlich geprägten Waldbesitz als auch einespürbare Tendenz zur Urbanisierung auf. Der Privatwald -besitz hat eine durchschnittliche Größe von 2,0 Hektar. Meistverteilt sich dieser Besitz auf zwei bis drei Parzellen. Der Kommunalwald ist ebenfalls stark zersplittert. Einige großePrivatforstverwaltungen besitzen kompakte und ausgedehnteWaldflächen. Die Kiefer dominiert mit über 80 Prozent die Bestockung. Eiche und Roterle erreichen zusammen etwazehn Prozent. Die Fichte spielt in der Bestockung keine Rolle(mehr). Der Rest verteilt sich auf ein weit gefächertes Baum-artenspektrum. Das Klima ist trocken warm getönt und in derRegel ist Wasser der wachstumsbegrenzende Faktor.

Die meisten Pflegeflächen stammen aus den 1990er Jahren.Sie sind jedoch nicht Folgen von Sturmereignissen wie Vivian,Wiebke oder Lothar. Diese haben in der Kiefer nur wenige Flä-chenwürfe verursacht. Die anstehenden Pflegeflächen sindmeist Erstaufforstungen, aus denen in der Regel gruppenweisegemischte Eichen-Kiefern-Mischbestände mit meist einzeln bei-

Abbildung 1: Bestand aus Fallbeispiel 2, Spitzahorn mit Winterlinden-Nebenbestand

Abbildung 2: Durchstechender, zwieselnder Linden-Nebenbestand(rot) bedrängt geradschaftigen und wüchsigen Ahorn (gelb).

Foto: M. Stirnweiß Foto: M. Stirnweiß

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zwei roten Farbbändern markiert. Zehn Prozent der Optionenwurden vom Revierleiter vor allem wegen einer Fehleinschät-zung der Wuchsrelationen korrigiert.

Fallbeispiel 2: Privatwaldbesitzer

Für das zweite Fallbeispiel einer Gruppenberatung stellte sichderselbe Waldbesitzer wie in Fallbeispiel 1 zur Verfügung. Zudiesem Termin waren neben dem Eigentümer zusätzlich Wald-besitzer mit Forstwirtschaftsmeistern und Revierleitern einge-laden.

Der BestandEichenbestand mit gruppenweiser Beimischung von Spitz- undBergahorn sowie Vogelkirsche und Nebenbestand aus Win-terlinde;

1,4 Hektar Erstaufforstung, Pflanzung 1995; der Bestandist ausgesprochen wüchsig und von allgemein guter Qualität,aber wenig differenziert; Durchmesser: 6 bis 9 Zentimeter, Hö-he: 7 bis 8 Meter.

Die BeratungMit dem Waldbesitzer wurde in gleicher Weise ein Pflegezielerarbeitet und folgender Arbeitsauftrag erstellt:Markierung von circa 120 Optionen pro Hektar; Markierung von ein bis zwei Bedrängern;durchstechenden Lindennebenbestand hüfthoch köpfen.

Vorbereitung und UmsetzungDer Waldbesitzer markierte die Optionen und Bedränger dies-mal selbst. Eine Zeitstudie auf 0,1 Hektar (12 Optionen und12 Bedränger) ergab einen Zeitaufwand von 1,25 Minuten jeBaumpaar (Option und Bedränger).

Erfahrungen mit Unternehmern

In den folgenden beiden Fallbeispielen wurden die KriterienAkzeptanz, Verständnis, Umsetzbarkeit, Effizienz des Kon-zepts und Zeitaufwand bei einem Unternehmer hinterfragt.Der Unternehmer ist in motormanueller Holzernte, Jungbe-standspflege und Pflanzung im Amtsbereich ganzjährig tätig.

Fallbeispiel 3: Unternehmer

Der BestandEichen-Roterlen-Bestand mit Birke, Vogelkirsche und Kiefer;2,8 Hektar Erstaufforstung; Pflanzung 1995.

Es handelt sich um eine sehr heterogen entwickelte Auf-forstung mit einem mittleren Durchmesser von 7 Zentimeternund einer Bestandshöhe von 3 bis 5 Metern für Eiche, Hain-buche, Buche und Kiefer. Die Pionierbaumarten Birke, Erleund Kirsche weisen Durchmesser von 16 bis 18 Zentimeterund Höhen von 13 bis 15 Meter auf.

tersucht. Im Zuge der Bearbeitung von Förderanträgen zur Ju-gendpflege im Großprivatwald mit eigenem forstlichen Perso-nal wurde auch die Meinung dieses Revierleiters zum vorge-stellten Pflegekonzept erfragt.

Zunächst sollen die Fallbeispiele vorgestellt werden.

Fallbeispiel 1: Privatwaldbesitzer

Der BestandEichen-Kiefernbestand mit einzelnen Vogelkirschen, Lärchen,Douglasien (aus Nachbesserung) und Nebenbestand aus Win-terlinde (zum Teil durchgewachsen, oft zwieselig), Hainbucheund Buche; vereinzelt sind Weiden und Birken angeflogen;Durchmesser im Hauptbestand: 8 bis 15 Zentimeter, Höhe: 9bis 11 Meter.

0,6 Hektar Erstaufforstung, Pflanzung 1990; ausgehendeungepflegte Dickung; vom Waldbesitzer auf zwei Meter geas-tet. Der Gesamteindruck vermittelt eine Buntmischung, dieKiefer ist sehr grob.

Die BeratungIm Beisein einer forstlich noch nicht ausgebildeten Praktikan-tin fand das Beratungsgespräch in Anlehnung an das Vorge-hen im Formblatt »Analyse und Zielfindung«, das für dieWaldbaufortbildung »Jungbestandspflege« entwickelt wurde,statt:1. Bestandsanalyse: Erläuterung der Vitalitäts-, Qualitäts- und

Stabilitätsverhältnisse; Dynamik der Wuchsrelation; Ein-wertung der jeweiligen Baumart hinsichtlich Klimatoleranzund Standortseignung;

2. Persönliche Zielsetzung des Waldbesitzers;3. Sicherung der Laubholzanteile;4. Besonderheiten: Vogelkirsche, Douglasie;5. Pflegeintervall.Der Waldbesitzer entschied sich für folgendes Pflegeziel: Sicherung einer klimatoleranten Baumartenmischung (Eiche,Douglasie, Kirsche).

Pflegeauftrag1. Markierung vitaler, mindestens mitherrschender Eichen,

astungswürdiger Douglasien oder Vogelkirschen (Optionen)im Abstand von 8 bis 10 Metern;

2. Markierung von Kiefer nur, wo obige Optionen fehlten;3. Markierung von einem Bedränger;4. im Zwischenbereich Markierung zwiesliger durchstechen-

der Linden, die hüfthoch geköpft werden sollten;5. Arbeitsverfahren: motormanuelle Brennholzernte, händi-

sches Vorliefern; Feinerschließung vorhanden.

VorbereitungDa sich der Waldbesitzer das Auszeichnen nicht zutraute,übernahm die Praktikantin die Bestandsvorbereitung im Rah-men einer Projektarbeit; hierzu wurden 20 Prozent der Flächegemeinsam bearbeitet: Optionen wurden mit einem gelbenund Bedränger mit einem roten, einzukürzende Linden mit

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Abkehr vom Blick auf das Schlechte war nach eigener Aussa-ge ungewohnt. Er glaubt von sich, nicht das Fachwissen zu ha-ben, Vitalität, Qualität und die Konkurrenzsituation zwischenden Bäumen richtig einschätzen zu können. Der reduzierteHolzanfall war für ihn kein Problem. Die Gruppenberatungund die einfachere Bestandssituation versetzten ihn in die La-ge, den zweiten Bestand selbst auszuzeichnen.Akzeptanz: Das formulierte Pflegeziel und der Pflegeauftraghingegen waren dem Waldbesitzer eingängig.

PraktikantinVerständnis: Es gab keine Probleme, sich in die Prinzipien»Blick auf das Gute« und »punktuelle Eingriffe« hineinzuver-setzen. Die zahlenmäßige Vorgabe und die Prioritätenliste,welche die Bedeutung der Baumarten in eine Reihenfolgestellt, hat sie als sehr hilfreich empfunden.Umsetzung: In relativ gleichförmigen Bestandsbereichen hat-te sie dennoch Schwierigkeiten, sich zu entscheiden, v.a. inHinblick auf die Beurteilung der Wuchsrelationen.Akzeptanz: Andere Pflegekonzepte kannte sie nicht. DiesesVerfahren erschien ihr in sich schlüssig. Ob das Verhältnis Ar-beitsaufwand zu Pflegeeffekt günstig ist, kann von ihr aufGrund fehlender Erfahrung und fehlendem Fachwissen nichtbeurteilt werden.

UnternehmerVerständnis: Die Analyse und Zielfindung werden prinzipiellverstanden, allerdings hält er sich nicht für kompetent, dieAnalyse in jedem Bestand selbst vorzunehmen.Umsetzung: Je jünger die Bestände sind, desto größer sind dieSchwierigkeiten Optionen anzusprechen, zu bestimmen undzu entscheiden, in welchem Umfang sie gefördert werden müs-sen. Die Übernahme des Auszeichnens könnte er sich allen-falls in der ausgehenden Dickung oder einer angehenden Jung-durchforstung vorstellen.

Arbeitsauftrag1. Anlage von Pflegepfaden (1.500 lfm);2. Markierung von Optionen im Abstand von 6 bis 8 Metern,

ca. 200 Stck/ha;3. Entnahme von zwei bis drei Bedrängern bei Erlen- und Bir-

kenoptionen;4. Entnahme von bis zu zwei Bedrängern (v.a. vorwüchsige

Hainbuche und Hainbuchen-Protzen) bei Eichenoptionen;5. Entnahme von bis zu zwei Bedrängern bei Kirschenoptionen;6. Entnahme von Kiefern-Protzen (wurden vom Revierleiter

markiert).Der Revierleiter markierte die Optionen, die Arbeiter habendie Bedränger im Zuge der Pflege bestimmt und entnommen.

Fallbeispiel 4: Unternehmer

Mit dem gleichen Unternehmer wurde die Pflege einer elfjäh-rigen Eichensaat unter Kiefernschirm mit gruppenweiser Tan-nenbeimischung besprochen. Es handelte sich um den letztenEingriff in der angehenden Dickungsphase nach einem Lich-tungshieb. Eine Markierung der Optionen durch den Revier-leiter unterblieb.

Arbeitsauftrag1. Förderung der Tanne, Eiche und Birke: Bestimmung und

gegebenenfalls Förderung von 100 Optionen je Hektar;2. Entfernung von Grobformen (vor allem Kiefer und Aspe);3. Entfernen von Fällungsschäden.Der Unternehmer hatte Schwierigkeiten, in dieser Phase derBestandsentwicklung Optionen bei der Eiche zu erkennen. Erorientierte sich an den bekannten Elementen im Pflegeauftrag.

Ergebnisse und Stimmen zu Verständnis, Akzeptanz,Umsetzbarkeit, Effizienz und Zeitaufwand

Die vier geschilderten Fälle spiegeln jeweils sehr unterschied-liche Bestandssituationen wider. Im Folgenden werden zu-nächst die persönlichen Eindrücke der Beteiligten beschrieben.Der für die einzelnen Arbeitsschritte benötigte Zeitaufwandaus den vier Fallbeispielen ist in Tabelle 1 wiedergegeben.

WaldbesitzerVerständnis: Der Analysevorgang, auch mit Hilfe des Form-blattes, war für den Waldbesitzer nicht völlig nachvollziehbarund bedurfte der durchgehenden Betreuung durch den Revier-leiter. Die Herleitung des Pflegeziels und des Pflegeauftragswaren zu komplex.Umsetzung: Der Waldbesitzer fühlte sich noch sehr unsicherbei der Festlegung der Optionen. Er traute sich die Bestands-vorbereitung erst nach einer Schulung und in einem deutlicheinfacheren Bestand (Fallbeispiel 2) zu. Die gute Orientierungim Arbeitsfeld und der rasche Arbeitsfortschritt durch die Aus-zeichnung sowie der reduzierte Holzanfall wurden als sehr po-sitiv empfunden. Der Waldbesitzer war überrascht vom erziel-ten Pflegeeffekt und der hohen Effizienz des Verfahrens. Die

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Abbildung 3: Eichelsaat nach Pflegeeingriff; der Unternehmerkonnte hier keinen Kandidaten bestimmen.

Foto: M. Stirnweiß

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Bedränger) ihre Schwierigkeiten. Sich primär für einen Gutenund nicht gegen einen leicht erkennbaren Schlechten entschei-den zu müssen, stellt viele Waldbesitzer vor Probleme, weil siesich vollkommen umorientieren müssen. Aspekte wie Reser-vehaltung und Pflege der Reserve scheinen ihnen zu wenig be-achtet.

Die staatlichen Beratungsförster werden das Auszeichnender Bestände aber nicht regelmäßig leisten können. Einen Aus-weg könnte die Qualifizierung forstlicher Unternehmer oderdie intensive Schulung von Waldbesitzern mit Pflegefläche imRahmen von Gruppenberatungen bieten.

Fazit

Das Pflegekonzept und die Idee, effektiv das Gute zu fördern,treffen durchaus auf Akzeptanz. Allerdings ergeben sich in derPraxis doch einige Probleme:• Die Abkehr von eingeschliffenen Pflegegrundsätzen (reine

Negativauslese) fällt schwer.• Die Analyse der baum- und bestandsbezogenen Faktoren zur

Bestimmung der Option verlangt ein Maß an Fachwissen,das bei vielen Waldbesitzern in der Breite nicht vorhanden ist.

• Auch die Markierung der Optionen auf der Fläche und dieEntscheidung, ob und wie stark der Option geholfen werdenmuss, können die meisten Waldbesitzer nicht auf Anhieb al-leine leisten.

In den obigen Fallstudien wird jedoch deutlich, dass das Kon-zept durchaus vermittelbar und praxistauglich ist. Ebenso be-steht auch eine grundsätzliche Offenheit gegenüber dem Kon-zept seitens der Waldbesitzer. Die erfolgreiche Verankerungder Pflegegrundsätze wie der Vorgehensweise ist jedoch an ei-nen beträchtlichen Beratungs- und (Um-)Schulungsaufwandgekoppelt.

Wenn man weiterhin beachtet, dass es auch waldbaulicheSituationen gibt, in denen andere Pflegekonzepte oder eineKombination mit diesen zielführend sein können, haben wir fürdie Praxis mit dem neuen Vorgehen eine wertvolle Ergänzungunseres Maßnahmenportfolios in der Jungbestandspflege.

Stefan Stirnweiß leitet seit 1993 das Forstreviers Röttenbach am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth. [email protected]

Akzeptanz: Mit dem Prinzip, primär das Gute zu fördern,kann er sich gut anfreunden.Effizienz: Die Flächenleistung hat den Unternehmer über-zeugt.

Revierleiter im GroßprivatwaldEin Revierleiter aus einer größeren privaten Forstverwaltungbefürchtet, dass mit der Beschränkung auf eine Option jePflege zelle zu viele Entwicklungschancen im Gesamtbestandverpasst werden. Er sieht die Gefahr, dass eine Beschränkungund Konzentration der Pflegeeingriffe die (Wert-)Leistung desGesamtbestands nicht ausschöpft.

Staatlicher RevierleiterTrotz der standardisierten Analyse und Zielfindung stellt dieBestandsanalyse verbunden mit der Ableitung des vom Wald-besitzer mitgetragenen Pflegeziels sowie dem entsprechend for-mulierten Pflegeauftrag einen sehr schwierigen Prozess dar,der von den meisten Waldbesitzern allein nicht vollzogen wer-den kann. Sicherlich wird im Regelfall diese Arbeit vom Re-vierleiter im Zuge des Beratungsgesprächs übernommen. Den-noch birgt auch die Umsetzung (Festlegung der Optionen und

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Tabelle 1: Zeitaufwand in Stunden pro Hektar für einzelne Arbeitsschritte

Waldbesitzer Unternehmer nach Pflegekonzept

Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4

Auszeichnen 10,0 12,5 1,7(nur Optionen)

unterblieb 3 –5

Fällung ohne Aufarbeitung

7,5 noch nicht umgesetzt

13,6 10,0 6 –12

Gesamtarbeitszeit 17,5 15,3 10,0 9 –17

Abbildung 4: Der Blick auf die Guten und die Auswahl der richtigen»Option« stehen im Vordergrund des neuen Pflegekonzeptes. Daranhat sich stets der eventuell anschließende Pflegeeingriff zu orientie-ren. Diese Sichtweise ist für viele Waldbesitzer noch ungewohnt.

Foto: T. Bosch

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Bäume werden gefördert. Sind Auslesekri-terien an genetische Eigenschaften ge-knüpft, so kann ein solcher Selektionspro-zess zu einer Veränderung der genetischenBestandsstruktur und zu einer genetischenEinengung führen.

Untersuchungen zum Einfluss von Pfle-geeingriffen auf die genetische Strukturder Bestände wurden in Deutschland bis-lang für die Baumarten Kiefer, Fichte, Bu-che und Stieleiche durchgeführt. Dabeiwurden für unterschiedliche Eingriffsvari-anten und Eingriffsstärken ab dem Altervon acht Jahren die genetischen Strukturender Bestände vor und nach der Durch-forstung verglichen. Auch unbehandelteVarianten wurden einbezogen. Einige Un-tersuchungen waren an konkrete Durch-forstungsmaßnahmen gekoppelt, bei an-deren wurden die Behandlungsvariantennur simuliert und die Zusammensetzungdes Bestandes zu einem bestimmten Zeit-punkt (Bestandsalter) bei Anwendung ei-ner bestimmten Pflegestrategie prognosti-

ziert. Eine detaillierte Beschreibung allerVersuche und Ergebnisse findet sich beiKonnert et al. (2007).

Bei allen vier Baumarten hatten maßvolldurchgeführte selektive wie schematischePflege- und Durchforstungseingriffe keinengroßen Einfluss auf die genetische Strukturdes verbleibenden Bestandes. Nur bei Ein-griffen, die mit einer drastischen Reduzie-rung der Stammzahl verbunden sind,kommt es zu einem Verlust an seltenen Al-lelen und damit zu einer Verringerung dergenetischen Vielfalt. Vor allem eine starkeund früh einsetzende Niederdurchforstungist aus genetischer Sicht ungünstig zu beur-teilen. Demgegenüber wirkt sich Auslese-durchforstung aus genetischer Sicht positivaus. Sie beschleunigt die natürliche Ausdif-ferenzierung und beeinflusst sie derart,dass sie in ihrer Wirkung der natürlichen Se-lektion lediglich vorgreift.

Auch wird das Verlustrisiko für seltene Al-lele erhöht, wenn nur Z-Bäume auf der Flä-che belassen werden. Dieses Risiko minimie-ren Pflegemaßnahmen, die auf eineFörderung von Einzelbäumen durch einemaßvolle Entnahme der Bedränger abzie-len. Vor allem bei Buche, wo in vielen Unter-suchungen eine Klumpung seltener Alleleim Bestand festgestellt wurde, wird einegleichmäßige Entnahme von Bäumen überdie Fläche als eine Möglichkeit gesehen, denVerlust an seltenen Allelen gering zu halten.

Literatur

Konnert, M.; Hosius, B.; Hussendörfer, E.(2007): Genetische Auswirkungen waldbaulicherMaßnahmen – Ergebnisse, Stand und For-schungsbedarf. Forst und Holz 1, S. 8–14

Durchforstung und GenetikDrastische Stammzahlreduktionen verändern die Genstruktur von Pflegebeständen

Der Mensch greift mit seinem waldbaulichen Handeln nicht nur in die augenfälligeStruktur und Baumartenzusammensetzung der Wälder ein, er kann damit auch ganzentscheidend ihre genetische Zusammensetzung prägen. Die genetische Struktur be-inhaltet das Anpassungspotential der Wälder. Damit dieses Anpassungspotentialnicht verloren geht, sollten waldbauliche Maßnahmen so ausgerichtet sein, dass dienatürliche genetische Vielfalt nicht eingeengt wird.

In Jungbeständen wird die erwünschteStammzahlreduktion häufig mittels sche-matischer Verfahren, zum Beispiel der Rei-hendurchforstung, vorgenommen. Späterfolgt die Bestandespflege vor allem nachqualitativen Merkmalen. Schwache Bäumeoder solche mit wirtschaftlich ungünstigenEigenschaften (z. B. Zwiesel) werden ent-nommen, die vitalen und in ihrer Qualität(Schaftform, Astreinheit) überzeugenden

Nachrichten aus dem Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht

Saat und Pflanzen

FORSTGENETIK

Abbildung 1: Drastische Stammzahlreduktionenund starke Niederdurchforstungen verringern diegenetische Vielfalt.

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Foto: R. Günter

Monika Konnert

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Im Pflanzgarten Laufen sind jedoch im Ver-schulbeet Knospen durch strengen Winter-frost abgestorben.

Die Anzucht der Orientbuche ist bis aufdie längere Stratifikationsdauer der Buch-eckern (zwei Monate Kaltstratifikation)identisch mit unserer Rotbuche. Problemetraten durch starke Zwieselbildung auf: 69Prozent der zweijährigen Sämlinge zeigtenmehrfache Zwieselbildung als Folge vonFrostschäden, da die Pflanzen mit der Bil-dung von Johannistrieben reagierten.

Silberlinde Die Silberlinde (Tilia tomentosa) ist eine aufdem Balkan und nördlich des SchwarzenMeeres in der Ukraine verbreitete Baumart.Einzelvorkommen gibt es auch in Griechen-land, Albanien und in der Türkei.

Die filzigen Triebe und Blattunterseitenschimmern silbrig. Allerdings variieren Grö-ße, Form und Behaarung der Blätter, sodassfünf Varietäten unterschieden werden. DieSilberlinde wächst auf vielen Standorten undist gegenüber Sommertrockenheit robusterals unsere Linden. Da sie staubhaltige Luftverträgt, wird sie auch als Stadtbaum ver-wendet. Unter allen europäischen Lindenar-ten hat die Silberlinde das größte Trachtan-gebot für Insekten. Der Vorwurf, dass siebienentoxisch sei, erwies sich als haltlos.

Die Anzucht in der Baumschule warschwierig: Wegen der sehr ausgeprägtenKeimhemmung des ausgereiften Saatgutskeimten die Samen trotz zehnmonatigerStratifikation nicht gleich, sondern habeneine komplette Vegetationszeit übergele-gen. Erst im Folgejahr trieben etwa vierProzent des Saatguts aus. Erfolgreicher wardie Grünsaat mit einer Keimrate von 25 Pro-zent. Hierfür wurde das Saatgut bereits vorder Reife geerntet und unmittelbar danachausgesät. Im darauf folgenden Frühjahr lie-

fen die Sämlinge auf und erreichten in derersten Vegetationsperiode Höhen von biszu 20 Zentimetern.

Westliche HemlocktanneDas natürliche Verbreitungsgebiet derHemlocktanne (Tsuga heterophylla) liegtentlang der amerikanischen Westküste zwi-schen Kalifornien und Alaska sowie in denKanadischen Rocky Mountains.

Typisch ist der hängende Leittrieb, dersich mit zunehmender Verholzung am En-de der Vegetationsperiode aufrichtet. DieNadeln sind ungleichmäßig gescheitelt. Diebesten Wachstumsbedingungen findet sieauf frischen Böden aus Sand, vulkanischemGestein und Schiefer. Im natürlichen Ver-breitungsgebiet gibt es sowohl Periodenlängerer Sommertrockenheit als auch Win-terfröste, was für die Klimaplastizität die-ser Art spricht. Im Alter von 100 Jahrenwurden auf guten Standorten Erträge vonüber 1.800 Festmeter pro Hektar ermittelt.

Für die Anzucht benötigt die Hemlock-tanne ein saures Substrat mit einem pH-Wert zwischen 4,0 und 6,2. In der Contai-neranzucht im Gewächshaus entwickeltensich die Sämlinge sehr gut. Im Freiland wur-den die Containerpflanzen jedoch durchFrost geschädigt. Nach einer dezenterenDüngung in der Vegetationsperiode 2011sind im Herbst 2011 keine Frostschäden auf-getreten. Im Verschulbeet mit seinem basi-schen Substrat sind die Sämlinge deutlichlangsamer gewachsen. Sie erreichten dortnach einer Vegetationsperiode nur einemittlere Höhe von neun Zentimetern, wäh-rend die Sämlinge auf saurem Substrat be-reits 22 Zentimeter hoch waren. Allerdingszeigten die langsamer wachsenden Sämlin-ge auf basischem Substrat zwar starke chlo-rotische Verfärbungen, aber keine nennens-werten Spät- und Winterfrostschäden.

Hans-Gert Metzger

Fremdländische Baumarten im Anbautest – Teil 1Das Amt für forstliche Saat- und Pflanzen-zucht und die Bayerische Landesanstalt fürWald und Forstwirtschaft prüfen gemein-sam in dem Projekt »Versuchsanbauten mitwärme- und trockenheitstoleranten Baum-arten vor dem Hintergrund des Klimawan-dels (KLIP18)« den Anbau sechs fremdländi-scher Baumarten, für die bislang kaumAnbauerfahrungen vorliegen. Hier werdendie ersten drei Baumarten – Orientbuche, Sil-berlinde und Hemlocktanne – und die Erfah-rungen des ASP bei der Anzucht der Sämlin-ge für die Versuche kurz vorgestellt. In dernächsten Ausgabe folgen Türkische Tanne,Rumelische Kiefer und Libanonzeder.

Orientbuche Das natürliche Verbreitungsgebiet der Ori-entbuche (Fagus orientalis) reicht vom Bal-kan bis an das Kaspische Meer. Darüber hi-naus gibt es in der Südtürkei, auf der Krimund im Kaukasus große natürliche Vorkom-men. An der Arealgrenze in den Rhodopenhin zur Rotbuche (Fagus sylvatica) kommtes zu Hybridisierungen zwischen den Ar-ten. Die Botaniker diskutieren, ob es sichbei der Orientbuche um eine eigene Arthandelt oder ob sie eine Unterart von Fa-gus sylvatica ist. Das Erscheinungsbild ent-spricht dem der Rotbuche. Die Blätter sindjedoch derber und elliptischer als bei unse-rer heimischen Buche. Die Orientbuche er-reicht Baumhöhen von über 40 Metern undeinen Durchmesser von bis zu 100 Zentime-tern.

Die Orientbuche wächst in Höhenlagenzwischen 100 und 2.200 Metern und hatdie gleichen Standortsansprüche wie dieRotbuche. Sie verträgt Sommertrockenheitbesser als die heimische Buche und ist auchgut an winterliche Verhältnisse angepasst.

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Foto: ASP

Foto: ASP

Foto: ASP

AUS DER HERKUNFTSFORSCHUNG

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AUS DER LANDESSTELLE

Klima und Lärchenmast

Polnische Wissenschaftler haben in einermehrjährigen, detaillierten Studie für dieLärche herausgefunden, dass zwischen Sa-menproduktion und Witterung in den zweidem Erntejahr vorangegangenen Jahrenein signifikanter Zusammenhang besteht.Demnach sind in beiden Vorläuferjahrenunterschiedliche Wetterlagen notwendig.

Zwei Jahre vor dem Samenjahr sind dieTemperaturen im Februar (positiver Zusam-menhang) und Juli (negativer Zusammen-hang) auschlaggebend. Gleiches gilt für dieNiederschläge im März (positive Korrelati-on) und Juli (negative Korrelation). In die-sem Jahr bilden sich die noch nicht ausdiffe-renzierten »Primordialknospen«, die sich imdarauffolgenden Jahr zu Langtrieb-, Kurz-trieb- oder Blütenknospen weiterentwi-ckeln.

Ein Jahr vor der Ernte, wenn die Blüten-knospen ausgebildet werden, sind die Tem-peraturen Ende März (positiver Zusam-menhang) und die Niederschläge AnfangMai (positive Korrelation) und im Juni (ne-gativer Zusammenhang) wichtige Einfluss-faktoren.

Im Samenjahr selbst sind ein kalter, son-niger und trockener Januar sowie kalte, be-deckte Februar- und Märzlagen für die Sa-menbildung günstig.

Diese optimalen Bedingungen in dreiaufeinanderfolgenden Jahren sind relativselten. Darin wird eine der Ursachen für dieeher seltenen Vollmasten bei Lärche gese-hen. Monika Konnert

Quelle: Markiewicz, P.: »The influence of weat-her conditions on flowering of European larch(Larix decidua Mill.) in seed orchard«. Vortragbei Tagung »Applied Forestry Research in the21st Century«. Prag, 13. bis 15. September 2011

ASP als Dienstleister von ZüF

ZüF steht für »Zertifizierungsring für über-prüfbare forstliche Herkunft«. Der ZüF-Ver-ein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Ver-mehrungsgut auf dem Pflanzenmarktanzubieten, dessen Herkunft mit geneti-schen Verfahren überprüft werden kann.Dazu braucht es Vergleichsproben aus Saat-gut und dem daraus angezogenen Pflanz-gut. Diese Proben müssen entsprechendaufbereitet und eingelagert werden. Mitdieser Aufgabe hat der ZüF-Verein dasBayerische Amt für forstliche Saat- undPflanzenzucht beauftragt. Das ASP nimmtdie bei der Ernte gezogenen Vergleichspro-ben entgegen, klengt oder reinigt sie, er-mittelt die Ausbeute und lagert die Probenentsprechend beschriftet bei –20 °C ein. Beidieser Temperatur werden die Samen min-destens zehn Jahre, bei manchen Baumar-ten auch noch länger aufbewahrt. In denKühlräumen des ASP lagern bereits Saat-gutproben aus über 1.300 Ernten, begin-nend mit dem Jahr 2002, als ZüF in die Pra-xis umgesetzt wurde. Allein im Jahr 2011,einem Jahr mit Vollmast bei fast allenBaumarten, kamen wieder mehrere hun-dert Proben dazu, darunter Saatgut von 30Douglasien- und 48 Tannenernten.

Die bei der Auslieferung der Pflanzengezogenen Proben werden ebenfalls andas ASP geschickt und dort für zwei Jahrebei –50 °C eingefroren. Jedes Jahr wähltder Zertifizierer fünf Prozent dieser Probennach dem Zufallsprinzip für genetische Ver-gleichsuntersuchungen aus. Diese Untersu-chungen werden in den Laboren des ASPund der Forstlichen Versuchs- und For-schungsanstalt Baden-Württemberg in Frei-burg durchgeführt. Die Ergebnisse werden

dem Zertifizierer mitgeteilt. Wenn Saatgut-proben und Pflanzenproben nicht überein-stimmen, werden die entsprechenden wei-teren Maßnahmen eingeleitet. Mit demZÜF-Verfahren steht daher ein hervorra-gendes Mittel zur Qualitätssicherung und-kontrolle zur Verfügung. Ralph Jenner

Blattaustrieb im Herbst

Es ist durchaus nichts Besonderes, wenn imJuni die Buchen (und viele andere Baumar-ten ebenso) einen zweiten Blattaustrieb,die Johannistriebe, bilden. Wenn hingegenBuchen im September nochmals austrei-ben, ist das doch sehr ungewöhnlich. So ge-schehen im September letzten Jahres. AufGrund des warmen Altweibersommers2011 konnten wir im Pflanzgarten Laufenan einigen Jungbuchen ein erneutes Aus-treiben im September beobachten. Anknapp zehn Prozent der Sämlinge trat En-de September 2011 ein Blattaustrieb desLeittriebes auf, unabhängig von der Her-kunft und der Buchenart. An weiterenPflanzen ist die Leitknospe angeschwollen.Die Rotbuche und die Orientbuche zeigtenbeide dieses nicht alltägliche Phänomen.

Der herbstliche Austrieb tritt selten auf,ist aber dem Praktiker nicht unbekannt. ImWinter werden die frisch ausgetriebenenPflanzenteile auf Grund der fehlenden Ver-holzung voraussichtlich erfrieren. Im fol-genden Jahr wird die Pflanze dann einenErsatztrieb bilden. Solange die Knospennoch nicht ausgetrieben haben, werden siedie winterlichen Temperaturen ohne Schä-digung überstehen. Hans-Gert Metzger

Foto: ASP

Foto: ASP

Zapfenernte in einer Lärchenkrone

Foto: R. Jenner

In den Kühlräumen des ASP lagern mehrere Tausend Proben aus über 1.300 Saatguternten.

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VERSCHIEDENES

Nachhaltig gelernt mit Spielund Spaß

Beim Teisendorfer Ferienprogramm lud dasAmt für forstliche Saat- und PflanzenzuchtSchulkinder auf eine Abenteuerreise in denTeisendorfer Schulwald ein. Vor mehr alszehn Jahren hatte das ASP gemeinsam mitder Volksschule Teisendorf und dem MarktTeisendorf diesen besonderen Wald in un-mittelbarer Nähe von Teisendorf eingerich-tet. Auf dem Weg in den Wald lernten dieKinder verschiedene Baumarten und ihreauffallenden Eigenarten bei einem Rate-spiel kennen. Sie erkannten die Lärche anihren weichen Nadeln, die sie als einzigeheimische Nadelbaumart im Winter ab-wirft und die Linde an ihren herzförmigenBlättern. Im Wald angekommen, baute sichdie siebenköpfige Gruppe einen gemütli-chen »Adlerhorst« als Basislager, um vondort den Wald in spannenden Ausflügenzu erkunden. Sie schlüpften in die Rolle desFörsters, der für seinen Wald Verantwor-tung übernimmt und wählten Bäumchenaus, die andere, wertvollere Bäume imWachstum hindern. Diese durften sie dannunter fachkundiger Anleitung sogar umsä-gen. Aber auch in der Rolle einer »Wald-maus« durften sie erfahren, welche span-nenden Abenteuer und Erlebnisse aufMäuse und andere Waldbewohner war-ten. Nach getaner Arbeit gab es für dieNachwuchsförster eine redlich verdienteBrotzeit und ein kleines Überraschungs -paket als Erinnerung an ihren Waldtag.

Martin Tubes

VdF besucht ASP

Am Rande der Jahresversammlung des Ver-bandes deutscher Forstbaumschulen (VdF),die in diesem Jahr in Oberbayern stattfand,besuchten über 30 Baumschuler vornehm-lich aus Norddeutschland am 17. Septem-ber das Amt für forstliche Saat- und Pflan-zenzucht. In Teisendorf begrüßten Frau Dr.Konnert, die Leiterin des ASP, und ihr Stell-vertreter, Forstoberrat Zollner, die Gästeund informierten über die Struktur undAufgabenbereiche des Amtes sowie überaktuelle Projektarbeiten und Ergebnisse.Die anschließende, rege Diskussion bezogsich vor allem auf Fragen der passendenHerkunft im Klimawandel. Auch die neuenRegelungen des Bundesnaturschutzgeset-zes zur Verwendung gebietsheimischer Ge-hölze in der freien Landschaft sowie dievielfältigen Schnittpunkte, die sich mit demForstvermehrungsgutgesetz und der An-zucht von Forstpflanzen ergeben, warenThemen, die intensiv diskutiert wurden.

Im Versuchsgarten des ASP in Laufenwurden Anzuchten unterschiedlicher Her-künfte heimischer Baumarten (z. B. Kiefer,Buche, Tanne) sowie von Gastbaumartenwie Silberlinde, Rumelische Kiefer, Libanon-zeder, Griechische Tanne, Westamerikani-sche Lärche u.a.) besichtigt. Frau Dr. Kon-nert wies darauf hin, dass diese Anzuchtenausschließlich Forschungszwecken im Rah-men unterschiedlicher Projekte dienen. Miteiner Besichtigung einiger Plantagen undder forstlichen Genbank endete der Rund-gang.

Die Besucher zeigten sich von der Viel-falt der Aufgaben und der am ASP vorhan-denen Fachkompetenz beeindruckt undbedankten sich für die interessanten Aus-führungen. Monika Konnert

Klimawürfel im OsingerThemenpfad

Seit seiner Eröffnung im September 2009stößt der Themenpfad »Unser Wald imWandel« in Osing bei Laufen auf reges In-teresse bei Besuchern aller Altersklassen.Seit August 2011 ist nun auch ein »Klima-würfel« fester Bestandteil dieses Pfades.

Auf Initiative des Amts für forstlicheSaat- und Pflanzenzucht hat der Bauhofder Stadt Laufen einen hölzernen »Klima-würfel« mit einer Kantenlänge von einemMeter angefertigt und an der Station 12(»Klimawandel – niemand kommt ihmaus«) des Lehrpfades aufgestellt. Dort ister die ideale Ergänzung zu den vom Wald-kindergarten betreuten Wetterhütten.

Die Stadt Laufen leistet damit nicht nureinen wichtigen Beitrag zum Themenpfad,sondern unterstützt auch die »Weihenste-phaner Erklärung zu Wald und Forstwirt-schaft im Klimawandel«, die 2009 von derBayerischen Staatsregierung und 21 forstli-chen Vereinen und Verbänden in Bayernunterzeichnet wurde. Dies betonte der Bür-germeister der Stadt Laufen, Hans Feil, beider Presseveranstaltung anlässlich der Auf-stellung des Klimawürfels am 9. September2011. Michael Luckas

Foto: ASP Foto: H. Höfer

Der Osinger Klimawürfel und die Beteiligten (vonlinks): Dr. Monika Konnert (ASP), Thomas Klein(BaySF), Georg Lohwieser und Werner Mittereg-ger (beide Stadtverwaltung Laufen), Bürgermeis-ter Hans Feil (Laufen); vorne Michael Luckas (ASP).

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Ausgabe 45|2012

Nachrichten aus dem Zentrum Wald-Forst-Holz

Waldforschung aktuell

Kurzumtriebsplantagen in BayernEnergieholzanbau auf landwirtschaftlichen Flächen

Sebastian Hauk und Stefan Wittkopf

Steigende Energiepreise, die Endlichkeit fossiler Rohstoffe und der Super-GAU in Fukushima verdeutlichen die Wichtigkeit der nachwachsenden Rohstoffe für unsereEnergieversorgung. Energie ist der Motor der menschlichen Entwicklung und die Ba-sis unseres Wohlstands. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Holz der wichtigste Ener-gielieferant. Dies führte bereits im Mittelalter zu einer Holzknappheit, woraufhinzum einen Vorschriften über die »nachhaltige« Forstnutzung erlassen wurden, zumanderen wurden spezielle Nutzungsformen, wie zum Beispiel die Niederwald- undMittelwaldwirtschaft, entwickelt, die die Energieversorgung sicherstellen sollten.Heute erleben diese alten Bewirtschaftungsweisen in modifizierter Form wieder eine Renaissance.

AUS DEM ZENTRUM WALD-FORST-HOLZ

Kurzumtriebsplantagen (KUP), auch Ener-giewälder genannt, sind eine moderneForm der Niederwaldbewirtschaftung. Hierwerden speziell gezüchtete Sorten schnell-wachsender Baumarten – vor allem Pappel,Weide, auf trockenen Standorten auch Ro-binie – auf landwirtschaftlichen Flächen an-gebaut und in kurzen Zeiträumen von dreibis zehn Jahren geerntet. Die hohe Stock-ausschlagfähigkeit der Bäume gewährleis-tet bis zu 30 Jahre lang anhaltend gute Er-träge.

Während sich in Norddeutschland einTrend hin zu großen Flächen mit kurzenUmtrieben von drei Jahren und vollmecha-nisierter Ernte entwickelt, gestaltet sich dieBewirtschaftungspraxis der Kurzumtriebs-plantagen in Bayern sehr häufig anders: BeiUmtriebszeiten von fünf bis zehn Jahrenwird auf relativ kleiner Fläche (durchschnitt-lich ein Hektar) Holz mit hohen Holz- und

geringen Rindenanteilen produziert undmotormanuell geerntet. Die geerntetenStämme trocknen am Feldrand natürlich abund erreichen bereits innerhalb wenigerMonate – ohne weiteren Arbeits- oderEnergieeinsatz – Wassergehalte von unter30 Prozent. In diesem Zustand können sieauch in kleinen Hackschnitzelheizungenproblemlos verheizt werden.

Burger (2010) bewertete verschiedeneEnergiepflanzenarten und ihre Verwer-tungswege mittels technischer, ökologi-scher und ökonomischer Indikatoren. Er be-stätigt der zuvor genannten Prozessketteder Kurzumtriebsplantagenbewirtschaf-tung im zehnjährigen Umtrieb das zweit-beste Energie-Input-Output-Verhältnis, in-dem nur 1,91 % des Gesamtenergieinhaltsin Form von Energie eingesetzt werdenmüssen. Ebenso konnte er, wie auch ande-re Autoren zuvor (Rödl 2008; Njakou Djomo

2011), aufzeigen, dass Kurzumtriebsplanta-gen im Vergleich zum Anbau herkömmli-cher Ackerfrüchte eine sehr extensive Formder Landbewirtschaftung darstellen. Inzwei Wirkungsabschätzungen eines LifeCycle Assessments – beim Treibhauspoten-tial und beim Eutrophierungspotential –schneiden Kurzumtriebsplantagen um einVielfaches besser ab als andere Energie-pflanzen (siehe LCA-Kasten).

Foto: S. Hauk

Abbildung 1: Die vierjährige Kurzumtriebsplanta-ge bei Steinach (Regierungsbezirk Schwaben) istknapp neun Meter hoch.

LCABeim Life Cycle Assessment (LCA) wird fürein typisches Produkt berechnet, welcheund wie viele Rohstoffe für die Herstellungdes Produkts sowie die Herstellung vonZwischenprodukten, einschließlich Verpa-ckung und Transport der Rohstoffe, derZwischenprodukte und des Produkts, fürdie Verwendung des Produkts und seineEntsorgung nach der Verwendung erfor-derlich sind. Quelle: www.scienceinthebox.com

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Waldforschung aktuell 45|2012

Flächenentwicklung in BayernMomentan gibt es etwa 480 Hektar Kurz-umtriebsplantagen in 73 der insgesamt 96Landkreise und kreisfreien Städte Bayerns.Dies ist gemessen an der gesamten land-wirtschaftlichen Fläche weniger als ein Pro-mille, doch die Flächenentwicklung zeigt ei-nen starken Anstieg (Tabelle 1). Diegeographische Verteilung ist durchaus in-homogen, wobei die Landkreise mit derhöchsten KUP-Flächen-Summe Ebersberg,Pfaffenhofen a.d. Ilm und Freising sind. Im-mer mehr Besitzer landwirtschaftlicher Flä-chen interessieren sich für diese arbeitsex-tensive Form der Landbewirtschaftung.Allein in den letzten fünf Jahren hat sich dieFläche der Kurzumtriebsplantagen mehrals verzehnfacht. Viele KUP-Betreiber besit-zen selbst Hackschnitzelfeuerungen. Da derMarktpreis von Hackschnitzeln energiebe-zogen nur bei circa einem Drittel des Heiz-ölpreises liegt, ist der Einsatz von KUP-Holzin eigenen Heizungen wirtschaftlich renta-bel.

Neuer Leiter des Zentrums Wald-Forst-Holz Weihenstephan

Mitmachen und gewinnenWie steht‘s um den KUP-Anbau in Bayern?Und wie kann man ihn fördern? Ein Projektunter der Bearbeitung von Sebastian Hauksucht nach den richtigen Antworten. Aller-dings steht und fällt der Erfolg dieses Pro-jektes mit der Anzahl der Teilnehmer. Da-mit möglichst viele Personen bei derUmfrage teilnehmen, gibt es für jeden, dermitmacht, etwas zu gewinnen. Unter allenTeilnehmern wird 30mal eine kostenloseMasseermittlung der Kurzumtriebsplanta-ge verlost. Interessierte KUP-Besitzer wer-den gebeten, sich telefonisch oder per E-Mail bei Sebastian Hauk unter der Num-mer 09421/187235 [email protected] zu melden.

Tabelle 1: KUP-Flächen in Bayern

Jahr Gesamtfläche[ha]

Besitzer[n]

2007 29,23 32

2008 135,58 148

2009 188,99 147

2010 275,93 280

2011 478,41 367

Umfrage bei KUP-BetreibernEin Forschungsprojekt unter der Leitungvon Prof. Dr. Stefan Wittkopf und der Bear-beitung durch Dipl. Forsting. (FH) SebastianHauk untersucht aktuell die bayerischen Be-sonderheiten der KUP-Wirtschaft genauer.

Ein wichtiges Ziel ist es, herauszufindenfür welche landwirtschaftlichen Betriebs -typen Kurzumtriebsplantagen zur Erweite-rung der Produktpalette geeignet und öko-nomisch rentabel sind.

Dazu sollen die KUP-Betreiber im Win-ter 2011/12 mittels standardisierten Frage-bogens befragt werden. Tatsächliche Mas-seleistungen sollen erhoben werden, umrealitätsnahe Daten der KUP-Bewirtschaf-tung zu erhalten. Zudem werden mittelsGeodatenanalyse ökologische Grundlagen-daten für den KUP-Anbau in Bayern errech-net. Betreibern, die an der Umfrage teil-nehmen und deren Flächen älter als dreiJahre sind, wird dazu eine kostenlose Mas-seermittlung mit einem Stichprobenverfah-ren angeboten (siehe KUP-Kasten).

Dipl. Forsting. (FH) Sebastian Hauk bearbei-tet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter imFachgebiet für Ökonomie NachwachsenderRohstoffe des WissenschaftszentrumsStraubing das Forschungsprojekt »Sozio-ökonomische Analyse des Energiewaldpo-tentials in Süddeutschland«. [email protected]. Dr. Stefan Wittkopf leitet den Fach -bereich Holzenergie der Fakultät Wald undForstwirtschaft der Hochschule Weihen -stephan-Triesdorf.

Literatur

Burger, F. (2010): Bewirtschaftung und Ökobi-lanzierung von Kurzumtriebsplantagen. Disserta-tion an der TU München, Lehrstuhl für Holzkun-de und Holztechnik, 166 S.

Njakou Djomo, S. (2011): Energy and greenhou-se gas balance of bioenergy production from po-plar and willow: A review. In: Global Change Bio-logy Bioenergy 2011 (3), S.181–197

Rödl, A. (2008): Ökobilanzierung der Holzpro-duktion im Kurzumtrieb. Arbeitsbericht Nr.03/2008; vTI – Institut für Ökonomie der Forst-und Holzwirtschaft, Hamburg, 82 S.

AUS DEM ZENTRUM WALD-FORST-HOLZ

Olaf Schmidt, Präsident der BayerischenLandesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft (Foto: rechts), ist seit Oktober 2011neuer Leiter des Forstzentrums Weihenste-phan. Er übernimmt turnusgemäß die Lei-tung von Prof. Dr. Anton Fischer (Foto:links) von der TU München.

Alle zwei Jahre rotiert die Leitung zwi-schen den drei Partnerinstitutionen Landes-anstalt für Wald und Forstwirtschaft, Stu-dienfakultät für Forstwissenschaft undRessourcenmanagement der TechnischenUniversität München und der Fakultät für

Wald und Forstwirtschaft der HochschuleWeihenstephan-Triesdorf.

Präsident Schmidt war bereits ab 2003Gründungsleiter des Forstzentrums und un-terstützte die Geschäftsstelle anschließendzwei Perioden lang bei der Installation desZentrums. mergler

Foto: F.Mergler

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Waldforschung aktuell 45|2012

IM BLITZLICHT

Elsbeere am Forstzentrum Weihenstephan gepflanzt

Anfang November 2011 haben der Leiterdes Zentrums Wald-Forst-Holz, OlafSchmidt, und Freisings Oberbürgermeister,Dieter Thalhammer, gemeinsam eine Els-beere am Forstcampus Weihenstephan ge-pflanzt. Die attraktive Elsbeere, Baum desJahres 2011, wird einen künftigen Blickfanggenau im Zentrum der forstlichen For-schung und Lehre bilden. Mit ihrem Stand-ort am Carlowitz-Platz zwischen den dreiforstlichen Forschungs- und Ausbildungs-stätten – der Forstwissenschaftlichen Fakul-tät der TU München, der Hochschule Wei-henstephan-Triesdorf und der BayerischenLandesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft – wird diese interessante und ästhe-

tische Baumart Studenten und Besucherdes Forstzentrums begrüßen. Diese weitge-hend unbekannte Baumart stand 2011 alsBaum des Jahres im Mittelpunkt des nichtnur forstlichen Interesses.

Die Elsbeere kommt vor allem in wärme-ren Regionen vor und fällt wegen ihrerschönen Blüte und ihrem prächtig gefärb-ten Herbstlaub auf. Ihr Holz wurde bei derPariser Weltausstellung 1900 zum »schöns-ten Holz der Welt« gekürt. Im Zeichen desKlimawandels setzen die Forstleute einigeHoffnung in die Elsbeere, denn sie verträgtWärme und Trockenheit besser als mancheandere einheimische Baumart. mergler

Foto: F. Mergler

Freisings OB Dieter Thalhammer (re.) und LWF-Präsident Olaf Schmidt (li.) pflanzen am Forst -zentrum eine Elsbeere.

Goldener Ehrenbaum für Prof. Dr. Manfred Schölch

Für seine hohen Verdienste um die Hoch-schulausbildung und den Wald in Bayernhat der Bund Deutscher Forstleute (BDF)auf seiner Jahreshauptversammlung Pro-fessor Dr. Manfred Schölch den GoldenenEhrenbaum verliehen.

Professor Schölch hat in seinem Werde-gang fast alle Stationen einer Försterlauf-bahn absolviert. Heute lehrt er an derHochschule Weihenstephan-Triesdorf dasStudienfach Waldbau. Gerade der Wald-bau war und ist es, so der BDF-VorsitzendeGunther Hahner, der Weihenstephan aus-zeichnet. Als Dekan der Fakultät Wald undForstwirtschaft gestaltete Schölch die Neu-ausrichtung der Ausbildung entscheidendmit. Auch als Vorsitzender der Arbeitsge-meinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft

e.V. ANW Bayern, in anderen Verbändenund verschiedenen Sonderfunktionen (z. B.bei der Evaluierung der Forstreform im Jahr2010) setzte er sich intensiv für einen öko-logischen und ökonomischen Waldbau so-wie die Arbeit und Arbeitsplätze der Forst-leute ein. mergler

Dr. Frank Burger erhält Hanskarl-Goettling-Preis

Am 11. November 2011 fand im Rathaus-saal der Stadt Freising die Verleihung desForschungspreises der Hanskarl-Goettling-Stiftung statt. Preisträger ist Dr. Frank Bur-ger von der Bayerischen Landesanstalt fürWald und Forstwirtschaft (LWF). Die Fest-ansprache hielt der Amtschef des Bayeri-schen Staatsministeriums für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten, Herr Ministe-

rialdirektor Martin Neumeyer, zum Thema»Energiewende im ländlichen Raum«.

Rechtzeitig zur politisch beschlossenenEnergiewende hat Burger eine umfassendeBewertung der wirtschaftlichen und ökolo-gischen Aspekte von Energieholzplantagenmit schnellwachsenden Baumarten vorge-legt. Burger untersucht seit über 20 Jahrendie wirtschaftlichen und ökologischen Vor-und Nachteile von Kurzumtriebsplantagen(KUP). Seine Langzeitstudien ergaben über-zeugende Vorzüge der KUPs. So benötigenKUPs auch nach der vierten Nutzungsperi-ode keine Düngergaben. Herbizideinsatz istnur in der ersten Phase der Anpflanzung er-forderlich. Das Verhältnis zwischen Energie-input und -output ist mit über 1:30 deutlichgünstiger als bei anderen Pflanzungen zurEnergiegewinnung. Verglichen mit land-wirtschaftlichen Systemen schonen KUPsdie Bodenorganismen, wirken sich nichtnachteilig auf die Trinkwasserqualität ausund verursachen nur sehr geringe Emissio-nen klimaschädlicher Gase.

Die Arbeit von Burger zeichnet sichdurch besonders hohe Aktualität im Zei-chen der Energiewende, ein breites Spek-trum an Ergebnissen und große Praxisnäheaus. Die Laudatio hielt Dr. Herbert Borchert(LWF). Der Hanskarl-Goettling-Preis gehtan Wissenschaftler, die sich um die ange-wandte forstliche Forschung im Aufgaben-bereich der Bayerischen Landesanstalt fürWald und Forstwirtschaft besonders ver-dient gemacht haben. red

Foto: BDF

BDF-Vorsitzender Gunther Hahner (re.) überreichtProf. Dr. Manfred Schölch den Goldenen Ehren-baum.

Foto: K. Amereller

LWF-Präsident Olaf Schmidt, Preisträger Dr. FrankBurger und Freisings Oberbürgermeister DieterThalhammer (v.l.n.r.)

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WALD - WISSENSCHAFT - PRAXIS

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Herbst bringt etwas »Sommer« zurückWKS-Witterungsreport: Ein versöhnlicher September und ein Goldener Oktober entschädigen für »verunglückten« Sommer

Lothar Zimmermann und Stephan Raspe

War der Sommer heuer ein Sommer? Der Monat September jedenfalls war nur manchmal so richtig herbstlich. Ansonsten sorg-ten ein Altweibersommer und ein Goldener Oktober dafür, dass die Sommergefühle nicht in Vergessenheit gerieten. Richtig un-gewöhnlich wurde es dann im November: Ein Rekord in herbstlicher Trockenheit inklusive Waldbrand!

Der Juli und August 2011 waren doch sehr »durchwachsen«und verdienten kaum die Bezeichnung Sommermonate. Daversuchten die Herbstmonate September und Oktober, etwasvon dem verregneten und unterkühlten Sommer für uns wie-der gut zu machen. Alles in allem waren ihre Bemühungendoch erfolgreich und versöhnten uns wieder halbwegs hin-sichtlich des missglückten Sommers 2011.

September: Wechselhaft mit Altweibersommer

Anfänglich setzte sich die unbeständige Witterung aus denSommermonaten noch im September fort. Vorstöße schwül-warmer Luft aus dem Mittelmeerraum wurden durch heftigeGewitter mit Starkregen, Sturm und Hagel beendet. Im letz-ten Monatsdrittel setzte sich eine beständige, frühherbstlicheHochdrucklage durch, die als Altweibersommer in Erschei-nung trat. Dabei handelt es sich um eine Wetterlage über Mit-teleuropa, die besonders häufig Mitte September bis Anfang

NiederschlagMittlere Abweichung allerWKS zum Mittel 1961–1990

+ 2 %

Sep

Okt

Positive Abweichung

Negative AbweichungKürzel für die Waldklimastationen(siehe Tabelle)

+ 10 %

SON

HOE

PFE

TemperaturMittlere Abweichung allerWKS zum Mittel 1961–1990

+ 1,6 °C – 0,6 °C

Sep

Okt

Oktober auftritt und am Tag mit sommerlichen Temperatur-werten und nachts mit starker Taubildung und morgendlichemStrahlungsnebel einhergeht. Der Begriff »Altweibersommer«geht auf das altdeutsche Wort »weiben« zurück, was weben be-deutet. Nebel führt am Morgen zu Tautropfenbildung an Spin-nennetzen. Kommt später am Tag die Sonne zum Vorschein,glitzern die Tropfen und bei etwas Wind sehen die Spinnen-netze dann aus wie früher die Haarnetze der älteren Damen.

Nachdem am 3. und 4. noch im Mittel aller Waldklimasta-tionen Tagesmaxima der Lufttemperatur >25 °C (Kriteriumfür einen Sommertag) gemessen wurden, sorgte dann ein Kalt-frontdurchgang für einen Temperatursturz von rund zehnGrad. Heftige Gewitter mit Hagel am 4. brachten Starknieder-schläge in einem dünnen Band vom Allgäu bis nach Mittel-franken und den Oberpfälzer Wald. Die Niederschlagsmen-gen an den Waldklimastationen Sonthofen, Dinkelsbühl undAltdorf lagen im Bereich von 20 bis 35 Liter pro Quadratme-ter. Am 5. verzeichneten die alpinen Waldklimastationen so-gar Regenmengen von 28 bis 57 Liter pro Quadratmeter. Nach-

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WALD - WISSENSCHAFT - PRAXIS

LWF aktuell 86/2012

brand durch viel trockenes Gras in der Bodenvegetation. Dielichte Struktur des Schutzwaldes begünstigt einen hohen Gras-anteil in der Bodenvegetation. Zugleich besteht der Boden dortnur aus einer geringmächtigen, dünnen Humusauflage undwenig Mineralboden mit geringer Wasserspeicherkapazität,sodass die Grasschicht austrocknen konnte. Die Brandursa-che wird noch untersucht.

Insgesamt blieb der Oktober temperaturmäßig im Soll (–0,6 Grad), nur gab es dafür rund 30 Prozent mehr Sonnen-schein. Niederschlag fiel nur zehn Prozent mehr als im WKS-Mittel üblich, wobei es im Norden und in den Alpen feuchterwar.

Literatur

DWD (2011): Witterungsreport Express. September + Oktober 2011

DWD (2011): Agrarmeteorologischer Witterungsreport September + Oktober 2011

Dr. Lothar Zimmermann und Dr. Stephan Raspe sind Mitarbeiter inder Abteilung »Boden und Klima« der Bayerischen Landesanstaltfür Wald und [email protected], [email protected]

dem wieder schwül-warme Luft Einzug gehalten hatte, wieder-holte sich ein solcher Temperatursturz vom 18. auf den 19. Sep-tember. Dabei wurde es richtig herbstlich, nur in Mainfrankenblieb es milder. In den Alpen kam es zu einem Winterein-bruch, der zum Beispiel auf der Zugspitze 50 Zentimeter Neuschnee brachte. Mit 5 bis 9 °C waren auch die Nächte imFlachland nun deutlich kälter. Danach setzte sich Hochdruck-einfluss durch, der typisches Altweibersommerwetter brach-te. So blieb es weitgehend trocken und wenn sich der Nebelauflöste, gab es auch reichlich Sonnenschein. Nur den Nord-osten Bayerns streifte noch am 27. ein schwacher Tiefausläu-fer mit vereinzelt gewittrigen Schauern im Gepäck.

Der Monat war damit wärmemäßig mit 1,6 Grad im Plus,wobei es im Norden wärmer war als im Süden. Die Sonneschien mit 196 Stunden um ein Fünftel länger als üblich. DerNiederschlag fiel im Landesmittel normal aus (+2 %), wobeidie vielen Gewitterniederschläge zu einer sehr heterogenenNiederschlagsverteilung führten. Am trockensten blieb es inUnterfranken, an der Waldklimastation Würzburg wurdennur 53 Prozent der sonst für den Monat üblichen Regenmen-ge erreicht.

Oktober: Golden, mit einer Prise Sturm und Schnee

Die Monatsgrenze missachtend hielt der Altweibersommer zu-nächst auch im Oktober an. Wie im Vormonat führte dannwieder eine Kaltfront zu einem Temperatursturz, verbundenmit Gewittern und Graupelschauern, in den unteren Lagenwurden teilweise sogar Schneeflocken gesichtet. Die Schnee-fallgrenze sank in den Alpen bis auf 1.000 Meter, sodass in Er-innerung gerufen wurde, dass zu dieser Zeit manchmal schonder Winter Einzug hält. Doch dieses herbstlich-windige Inter-mezzo wurde dann zur Monatsmitte durch eine Hochdruck-wetterlage jäh beendet. Und dieser Hochdruck hatte es dannin sich. Bis auf kleinere zwischenzeitliche Tiefausläufer hielter dann nämlich fast sechs Wochen (!) bis Ende November an.Da im Herbst Hochdruck nicht automatisch wie im SommerSonnenschein verspricht, haben uns Nebel und kalte Morgen-temperaturen manchmal den Blick auf diese ungewöhnlicheWetterlage verschleiert. In den schon langen Nächten kühltder Boden stark aus, so dass erste Bodenfröste die Folge sind.Die nächtliche Auskühlung ist aber auch dafür verantwort-lich, dass sich größere Nebel- und Hochnebelfelder bildeten.Da die Sonne tagsüber schon recht tief steht, hat sie nichtmehr die Energie, die Nebelfelder vollständig aufzulösen, so-dass sie sich oft recht zäh hielten. Bei der anhaltenden Tro-ckenheit hatte der Nebel allerdings auch den Vorteil, dass erdurch Nebelnässe für eine Reduzierung der Waldbrandgefahrsorgte. In den Alpen mit häufigen Föhnwetterlagen hingegenstieg wegen der Abwesenheit von Nebel die Waldbrandgefahr,weswegen das Bayerische Staatsministerium für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten am 11. November eine entspre-chende Warnung veröffentlichte. Am 20. November war esdann soweit: An der südexponierten, steilen Flanke des Fal-kenbergs am Ufer des Sylvensteinspeichers brannten 14 Hek-tar des dortigen Schutzwaldes. Begünstigt wurde der Wald-

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Mittlere Lufttemperatur und Niederschlagssumme an den Waldklimastationen sowie der Wetterstation Taferlruck

Klimastation Höhe Juli August

m ü. NN Temp °C NS l/m2 Temp °C NS l/m2

Altdorf (ALT) 406 15,4 77 8,5 57

Altötting (AOE) 415 13,8 71 6,9 75

Bad Brückenau (BBR) 812 12,8 35 6,7 66

Berchtesgaden (BER) 1500 12,0 163 6,1 146

Dinkelsbühl (DIN) 468 13,4 53 6,5 41

Ebersberg (EBE) 540 14,0 90 6,9 48

Flossenbürg (FLO) 840 13,2 62 6,3 81

Freising (FRE) 508 14,3 81 7,2 35

Goldkronach (GOL) 800 10,9 94 4,4 105

Höglwald (HOE) 545 14,9 68 8,3 53

Kreuth (KRE) 1100 13,2 156 7,2 131

Mitterfels (MIT) 1025 12,2 103 6,0 139

Pfeffenhausen (PFE) 492 13,2 79 6,9 93

Riedenburg (RIE) 475 13,9 58 7,2 42

Rothenkirchen (ROK) 670 13,0 106 6,6 62

Rothenbuch (ROT) 470 12,5 31 6,3 67

Sonthofen (SON) 1170 12,7 154 6,9 140

Taferlruck (TAF) 770 11,0 61 7,0 120

Würzburg (WUE) 330 15,0 25 8,5 35

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WALD - WISSENSCHAFT - PRAXIS

LWF aktuell 86/201232

Lange Transpirationsphase der Bäume und Niederschläge ohne RegenDer Herbst 2011 bescherte ungewöhnliche Einblicke in die Bodenfeuchtemessungen

Stephan Raspe, Winfried Grimmeisen und Lothar Zimmermann

In diesem Herbst hielt die Transpiration der Bäume besonders lang an. Erst eine Kaltfront in der zweiten Oktoberwoche beende-te die Vegetationszeit der Laubbäume. In der anschließenden, bis Ende November andauernden regenfreien Zeit entzogen nurnoch Nadelbäume dem Boden Wasser. Allerdings tropfte bei Nebel auch Wasser in die Böden von Nadelholzbeständen, obwohles nicht regnete. Dadurch blieb die Waldbrandgefahr auf die Hochlagen des Bayerischen Waldes und die Alpen beschränkt.

November andauerte. Der Temperatursturz in der zweiten Oktoberwoche beendete offensichtlich endgültig die Vegetati-onszeit der Laubbäume, denn von nun an gingen die Wasser-vorräte in den Böden unter Laubwald, wie zum Beispiel ander Waldklimastation Freising, nicht mehr zurück. An derWaldklimastation Mitterfels im Bayerischen Wald war zwarunter Buche weiterhin eine leichte Abnahme der Bodenfeuch-te zu beobachten, hier war der Boden jedoch über Feldkapa-zität gefüllt, sodass der Rückgang im Wesentlichen auf Sicker-wasserverluste zurückzuführen ist.

Nebel bringt zusätzlichen Niederschlag

In den Fichtenbeständen an den Waldklimastationen Ebers-berg und Flossenbürg gingen die Bodenwasservorräte dage-gen auch Ende Oktober und im November weiter zurück, weil

Der Herbst ist die Jahreszeit, in der sich die Natur auf denWinter vorbereitet und die Bäume ihr Laub abwerfen. DieTranspiration der sommergrünen Laubbäume kommt damitlangsam zum Erliegen, der Wasserverbrauch der Bäumenimmt ab. Die immergrünen Nadelbäume dagegen könnentheoretisch weiter transpirieren. Normalerweise nehmen indieser Jahreszeit die Temperaturen deutlich ab, die Luftfeuch-tigkeit zu und die Sonneneinstrahlung geht zurück. Dadurchgeht praktisch auch die Verdunstungsmöglichkeit in Nadel-wäldern deutlich zurück. Der nun fallende Niederschlag fülltdaher die Bodenwasserspeicher, die während der Sommermo-nate angezapft wurden, in der Regel langsam wieder auf. Heu-er kam jedoch alles etwas anders. Nur gut, dass der Wasser-vorrat der meisten Waldböden am Ende des Sommers nochrelativ hoch war (Raspe und Grimmeisen 2011).

Volle Transpiration im September

Im September fiel anfangs noch relativ viel Regen. Dadurchblieben die Wasservorräte in den Waldböden weiterhin hochoder stiegen sogar wieder an. An der Waldklimastation Ebers-berg war die Bodenfeuchte sogar kurzfristig so hoch wie nochnie im September seit Beginn der Messungen (Abbil dung 1).Mit Einsetzen des Altweibersommers im letzten Monatsdrit-tel und in der ersten Oktoberwoche kam es dann trotz der fort-geschrittenen Jahreszeit zu einer starken Transpiration derBäume. Dadurch ging der Wasservorrat in den Waldbödennoch einmal zurück. Und das war nicht nur in immergrünenNadelwäldern, wie an den Waldklimastationen Flossenbürgund Ebersberg, sondern auch in Laubwäldern an den Wald-klimastationen Mitterfels, Freising und Riedenburg (nicht dar-gestellt) zu beobachten. Offensichtlich waren die Buchen undEichen trotz beginnender Laubfärbung noch in der Lage, ihreTranspiration aufrecht zu erhalten.

Vegetationszeit endete Anfang Oktober

Nach dem kurzen Wintereinbruch in der zweiten Oktober -woche begann in ganz Bayern eine lange regenfreie Zeit (Zimmermann und Raspe, S. 30–31 in diesem Heft), die bis Ende

Abbildung 2: Anzahl der Nebeltage zwischen dem 22.10. und24.11.2011 an Waldklimastationen mit GSM-Fernanbindung sowieHöhe der potentiellen Verdunstung (nach Haude)

Nebel undVerdunstungan den Waldklimastationen22.10. – 24.11.2011

28 L/m2

Nebeltage

PotentielleVerdunstungin Liter/m2

10Tage

670 m üNN

470 m üNN

330 m üNN

406 m üNN

840 m üNN

1025 m üNN475 m üNN

508 m üNN

540 m üNN

1100 m üNN

812 m üNN

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LWF aktuell 86/2012

die immergrünen Koniferen über ihre Nadeln weiter Wasserverdunsten konnten. Allerdings schränkte die hohe Luftfeuch-tigkeit im Nebel die Transpiration häufig ein. Zum Teil wurdesogar Wasser aus dem Nebel ausgekämmt und tropfte auf denWaldboden. Zu erkennen ist dieser Effekt auch an dem leich-ten Anstieg des Bodenwassergehalts trotz fehlender Regenfäl-le Mitte November an der Waldklimastation Flossenbürg. Da-durch blieben die Oberböden in den Gebieten mit häufigenNebellagen feucht und die Waldbrandgefahr niedrig. In denHochlagen des Bayerischen Waldes und in den Alpen, wo häu-fig Föhn herrschte und praktisch kein Nebel vorkam, trockne-ten die Oberflächen der Waldböden und die Bodenvegetationso stark aus, dass sich die Waldbrandgefahr erhöhte (Ab -bildung 2). Vor dieser Waldbrandgefahr warnte bereits am 11. November Bayerns Forstminister Helmut Brunner. Einentraurigen Beleg für diese wortwörtlich brandgefährliche Situa-

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Waldklimastation Flossenbürg, Fichte

Okt Nov DezJan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep

Wasservorrat im Oberboden

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Waldklimastation Mitterfels, Buche

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Waldklimastation Freising, Buche

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Waldklimastation Ebersberg, Fichte

Nov DezJan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt

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Wertebereich 2000 – 20082010/11

tion lieferte am 20. November ein Waldbrand am Sylven-steinspeicher bei Lenggries in den Bayerischen Kalk -alpen, dem 14 Hektar Schutzwald zum Opfer fielen.

Literatur

Raspe, S.; Grimmeisen, W. (2011): Nasse Füße und volle Gläser.LWF aktuell 85, S. 32–33

Dr. Stephan Raspe, Winfried Grimmeisen und Dr. Lothar Zimmer-mann sind Mitarbeiter in der Abteilung »Boden und Klima«der Bayerischen Landesanstalt für Wald und [email protected]@[email protected]

Abbildung 1: Wasservorrat im Oberboden (0–30 cm Tiefe) an denWaldklimastationen Flossenbürg (Oberpfälzer Wald), Mitterfels(Bayerischer Wald), Ebersberg (Münchner Schotterebene) und Freising (Tertiär-Hügelland)

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LWF aktuell 86/201234

Klima en détailNeue, hochaufgelöste Klimakarten bilden wichtige Basis zur klimatischen Regionalisierung Bayerns

Uwe Hera, Thomas Rötzer, Lothar Zimmermann, Christoph Schulz, Harald Maier, Hans Weber und Christian Kölling

Landesweit sind jetzt langjährige Monatswerte der Lufttemperatur und des Niederschlags zur klimatischen CharakterisierungBayerns und weiteren ökologischen Anwendungen verfügbar. Die Karten haben ein Raster von 50 x 50 Metern als Grundlage.Die Rasterwerte wurden aus Klimazeitreihen von Stationen des Deutschen Wetterdienstes abgeleitet. Möglich wurde diese Da-tenbasis durch eine Kooperation der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft mit dem Deutschen Wetterdienstund dem Bayerischen Landesamt für Umwelt, die Umsetzung erfolgte durch die Firma geoKLIM.

stellt diese Klimaregionalisierung eine wichtige Datengrund-lage für weitere forstliche Fragestellungen dar, wie sie zum Bei-spiel für die Anpassung der Wälder im klimagerechten Wald-umbau benötigt werden.

Verwendete Daten und Methoden

Für die Erstellung der Monatskarten der Lufttemperatur unddes Niederschlags über den Zeitraum von 1971 bis 2000 wur-den Daten von circa 80 Klimastationen und 570 Nieder-schlagsstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ver-wendet, die möglichst wenig Datenausfälle aufwiesen. DieEinflüsse geographischer Gegebenheiten auf die Klimaelemen-te Niederschlag und Temperatur wurden über die Geofakto-ren Höhenlage, geographische Länge und Breite sowie Luv-/Lee-, Landnutzungs- und Kaltluftindizes in einem multiplenRegressionsansatz und einer anschließenden Interpolation derResiduen aus der Regressionsgleichung berücksichtigt. Grund-lage für die Berechnung der Geofaktoren Höhenlage, Luv-/Lee-Indizes und Kaltluftindizes war das von der BayerischenVermessungsverwaltung herausgegebene Höhenmodell (Auf-lösung 50 x 50 Meter). Für den Geofaktor »Bebauungsindex«wurde der Corine Land Cover 2000-Datensatz des Umwelt-bundesamtes bzw. des Deutschen Zentrums für Luft- undRaumfahrt verwendet.

Die Höhe über Normalnull beeinflusst die Lufttemperaturund den Niederschlag sehr stark. Die geographische Längestellt – ebenso wie die geographische Breite – ein abgeleitetesMaß der hygrischen wie thermischen Maritimität bzw. Konti-nentalität eines Standortes dar, das – ähnlich wie die Höhe –die Lufttemperatur bzw. den Niederschlag beeinflussen kann.Auch die Landnutzung übt einen modifizierenden Einfluss be-sonders auf die Lufttemperatur aus. So wirken Wälder abküh-lend, Städte hingegen erwärmend auf ihre Umgebung. Ge-schlossene Hohlformen stellen klimatologisch wirksameKaltluftbecken dar, in der die darin liegende Luft durch lang-wellige Ausstrahlung vor allem in der Nacht mehr Wärme ver-liert, als ihr durch die atmosphärische Gegenstrahlung zuge-führt wird. Insgesamt resultiert daraus eine negativeStrahlungsbilanz, die vor allem bei windschwachen, stabilen

Das Klima ist neben dem Boden der entscheidende forstlicheStandortsfaktor. Gerade wegen des Klimawandels ist eine mög-lichst genaue Kenntnis der aktuellen Standortseigenschaftennötig, um die Empfindlichkeit für zukünftige Veränderungenabzuschätzen und Anpassungsschwerpunkte zu definieren.

Ausgangslage

Zur klimatischen Charakterisierung von Waldorten wurde bis-her der Bayerische Klimaatlas herangezogen (Enders et al.1996). Der Klimaatlas bezieht sich auf die Referenzperioden1951 bis 1980 (Temperatur) bzw. 1961 bis 1990 (Niederschlag)und hat eine räumliche Auflösung von 400 x 400 Metern. DieWerte sind aber relativ weit klassiert, so dass beispielsweisebei der Darstellung der mittleren jährlichen Lufttemperatur63 Prozent der Landesfläche in der Temperaturklasse 7–8 °Cliegen. Die räumliche Auflösung mit einem Raster von 400 x400 Metern führt auf niedrigeren Maßstabsebenen (über1:200.000) nur zu einer wenig differenzierten Darstellung derGeländeform und aller daraus abgeleiteten klimatischen Pa-rameter. Auch erschien auf Grund der weiter zurückliegendenReferenzperioden angesichts zweier warmer Dekaden (1981–1990 und 1991–2000) eine neue Referenzperiode (1971–2000)sinnvoll, in der sich der Klimawandel möglicherweise bereitsabzeichnet. Nachdem von der Landesvermessungsverwaltungein flächendeckendes digitales Höhenmodell für Bayern miteiner räumlichen Auflösung von 50 x 50 Metern verfügbar ist,konnte dieses auch für die neuen Klimakarten verwendet wer-den. Zudem kann bei den neu erstellten Karten auf nicht klas-sierte (kontinuierliche) Werte zurückgegriffen werden. Daswaren durchaus gewichtige Gründe, ein neues, aktuelleresKartenwerk über die klimatischen Verhältnisse in Bayern zuerstellen.

Mit den hoch aufgelösten Karten wird die Klima -information als wichtige Eingangsgröße für die Wasserhaus-haltsansprache in der forstlichen Standortskartierung im klas-sischen Verfahren wie auch in einem an der BayerischenLandesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) entwickel-ten, objektivierten und modellbasierten Verfahren (Schultze etal. 2005; Falk et al. 2008) deutlich verbessert. Darüber hinaus

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Bei der Jahresmitteltemperatur ist der Einfluss der Höhenla-ge deutlich zu erkennen, der in den Hochlagen zu Jahresmit-teltemperaturen von bis zu –4,1°C führt (Abbildung 1). In wei-ten Teilen Bayerns liegt die Jahresmitteltemperatur bei circa7,5 °C bis 9,0 °C. Auch dicht besiedelte Regionen wie etwa dieGroßstädte München und Nürnberg treten deutlich hervor.Die höchsten Jahresmitteltemperaturen werden im Nordwes-ten Bayerns mit bis zu 10,0 °C erreicht.

Wetterlagen zu einer Temperaturabnahme innerhalb des Kalt-luftbeckens im Vergleich zum morphologisch unbeeinflusstenGelände führt. Um die klimatologisch wirksamen Strukturenin einem Kaltluftbecken herauszuarbeiten, wurden für jedenRasterpunkt in sechzehn Hauptrichtungen Kreissegmente auf-gespannt, innerhalb derer die jeweiligen Höhenmaxima bzw.-minima bestimmt wurden. Daraus konnte ein Kaltluftindexfür jeden Rasterpunkt berechnet werden. In Abhängigkeit desSuchradius wurde ein klein- und ein großräumiger Kaltluft -index abgeleitet.

Für die Regionalisierung des Niederschlags können Luv-/Lee-Indizes entscheidend sein. Die acht groß- und acht klein-räumigen Luv-/Lee-Indizes wurden ähnlich wie die Kaltluft -indizes gebildet, nur orientierten sie sich an den in Mitteleu-ropa vorherrschenden Hauptwindrichtungen. Die Luv-/Lee-Indizes sollen einerseits eine Vergleichbarkeit der in die mul-tiplen Regressionsgleichungen eingegangenen Indizes mit denGroßwetterlagen Mitteleuropas ermöglichen. Andererseitskann damit auch sicher gestellt werden, dass monatliche Zir-kulationsschwankungen der Atmosphäre und die daraus resultierenden Hauptanströmrichtungen, die feuchte, Nieder-schlag bringende Luftmassen beinhalten, berücksichtigt wer-den.

Über statistische Tests (t-Test, ANOVA) wurde geprüft, wel-che Geofaktoren bei den Monatswerten statistisch signifikantund inhaltlich relevant waren. Die Residuen wurden mittelsder geostatischen Methode des Krigings interpoliert.

Karten

Hier beispielhaft dargestellt ist die Synthese aus allen zwölfMonatskarten der Lufttemperatur und des Niederschlags: die mittlere Jahressumme des Niederschlags und die Jahres -mitteltemperatur. Die einzelnen Monatskarten können von einer Webseite des Bayerischen Landesamtes für Umwelthttp://www.lfu.bayern.de/wasser/klimakarten/index.htm oderunter http://www.dwd.de -> spezielle Nutzer -> Landwirtschaft-> Service und Beratung -> Klimakarten Bayern betrachtet undheruntergeladen werden. Gleichzeitig finden sich dort auchHinweise zur Beschaffung der Rasterdatensätze beim DWDfür weiterführende GIS-Auswertungen.

Für die Temperaturkarten waren bei den multiplen Regres-sionsanalysen neben der Geländehöhe die geographische Brei-te und Länge sowie zwei Bebauungsindizes und der groß- undkleinräumige Kaltluftindex, je nach Monat unterschiedlich,statistisch signifikant. Die Bestimmtheitsmaße lagen in denMonaten der Vegetationsperiode über 95 Prozent, in den üb-rigen Monaten über 79 Prozent. Die erzeugten räumlichenMuster waren aus der klimatologischen Kenntnis Bayerns herplausibel. Bei den monatlichen Niederschlagskarten lagen diemultiplen Bestimmtheitsmaße des zweistufigen Verfahrens inder 1. Stufe (kleinräumige Luv-/Lee-Indizes) zwischen 59 bis96 Prozent, in der 2. Stufe (großräumige Luv-/Lee-Indizes)zwischen 25 bis 40 Prozent. Die erzeugten räumlichen Mus-ter wurden ebenfalls als plausibel beurteilt.

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Trockenheit im NovemberWas bedeutet eigentlich der lange trockene Herbst für den Wald?Fragen dieser Art wurden Ende November vermehrt an die Baye-rische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft gerichtet. Im-merhin hat es seit dem 22. Oktober bis zum 30. November in Bayern so gut wie keinen Niederschlag gegeben und der Deut-sche Wetterdienst spricht bereits davon, dass der November 2011wahrscheinlich der trockenste November seit Beginn der Wet-teraufzeichnungen sein wird. An der Waldklimastation Freisingfielen im November nur ein Liter pro Quadratmeter, wo es imDurchschnitt 58 Liter sind. Ursache ist eine sogenannte Omega-Wetterlage. Dabei wird ein Hoch von zwei flankierenden Tiefs,eines über Westeuropa und Nordostatlantik und eines über Süd-osteuropa, regelrecht eingekeilt. Aus dem Weltall betrachtetdreht sich das zentrale Hoch im Uhrzeigersinn, die Tiefdruck -gebiete an beiden Seiten rotieren dagegen in umgekehrter Rich-tung. So wird aus dem Mittelmeerraum warme Luft nachDeutschland gepumpt. Diese sehr stabile atmosphärische Struk-tur hat die Form des griechischen Buchstabens Omega und kannüber mehrere Wochen andauern. So auch geschehen im Hitze-sommer 2003, im Fußball-Sommer 2006 oder bei den Rekord-Aprils 2007 und 2009.

Besonders trocken waren die nebelfreien Hochlagen desBayerischen Waldes und die Alpen, da dort die Strahlung unge-hindert auf die Erdoberfläche gelangen konnte und die Verduns-tung antrieb. In den Alpen wurde dieser Effekt noch durch denwarm-trockenen Föhnwind verstärkt. Während in den Niederun-gen die Nadelbäume aus dem dichten Nebel Feuchtigkeit auskäm-men konnte, der als leichter Nieselregen sogar zu messbaren Nie-derschlägen führte, gab es im Bergland seit Mitte Oktober kaumNebeltage und die Verdunstung war um das Drei- bis Vierfachehöher als im Tiefland (s. Abbildung 2, S. 32 in diesem Heft). DieBöden sowie die Bodenvegetation trockneten ungewöhnlichstark aus und es herrschte eine deutlich erhöhte Waldbrandge-fahr. Am 20. November brannten dann tatsächlich an der südex-ponierten Flanke des Falkenbergs am Sylvenstein-Stausee in denbayerischen Voralpen über mehrere Tage 14 Hektar Schutzwald.

Lothar Zimmermann und Stephan Raspe

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lösung des digitalen Höhenmodells (50 x 50 Meter) sehr hoch ist,beschreiben alle verwendeten Prädiktoren weitestgehend makro -klimatische Einflüsse. Natürliche kleinräumige Einflüsse wieetwa die Geländeneigung, die nähere Umgebung (Einfluss grö-ßerer Wasserkörper, Bewuchs, Bodenart etc.) werden nicht be-rücksichtigt. Hier müsste beispielsweise für die Temperaturder Energiehaushalt des Standorts mit seinen Komponentenbetrachtet werden, was sich derzeit nur für kleine Ausschnit-te und kurze Zeiträume verwirklichen lässt. Die Verteilungder Landnutzung kann sich zudem im 30jährigen Betrach-tungszeitraum und danach beispielsweise durch Zunahme derSiedlungsfläche oder andere Landnutzungsänderungen verän-dert haben. So nahm zum Beispiel die Waldfläche Bayerns inden zurückliegenden 30 Jahren um 16.000 Hektar zu, was derdoppelten Größe des Chiemsees entspricht.

Für die Interpretation der Niederschlagskarten ist zu be-rücksichtigen, dass zum einen die räumliche Dichte der Mess-stationen teilweise (vor allem im stark gegliederten Gelände)zu gering ist, um die orographisch bedingten kleinräumigenUnterschiede in der Niederschlagshöhe widerspiegeln zu kön-nen und zum anderen nicht alle an der Niederschlagshöhe be-teiligten Effekte in die Modelle einfließen konnten. Dies giltinsbesondere für die Alpenregion. Bei der Verwendung desNiederschlags ist zudem zu beachten, dass es sich um Aus-

Sehr gut zu erkennen sind die zunehmenden Niederschlägebis 1.500 Liter pro Quadratmeter (l/m²) im Voralpenraum (Ab-bildung 2). Mit dem weiteren Höhenanstieg nehmen die Nie-derschläge nochmals deutlich bis auf Werte über 3.000 l/m²zu. Hohe Niederschläge mit zum Teil über 1.000 l/m² sindauch in den Hochlagen der Rhön, des Fichtelgebirges und desBayerischen Waldes zu erkennen. Die geringsten Nieder-schlagssummen erhalten nordwestbayerische Regionen, ins-besondere das Schweinfurter Becken, wo weniger als 600 l/m²fallen. Gut zu erkennen sind auch zahlreiche Luv- und Lee -lagen, in denen Niederschlagsänderungen von bis zu 100 l/m²auftreten. Beispiele sind die Leelage im Bereich der Schwä-bisch-Fränkischen Alb oder die Staulage vor dem Alpen -anstieg.

Anwendungsgrenzen

Bei der Verwendung der Karten ist folgendes zu berücksichti-gen: Die Klimakarten geben regionalisierte, langjährige klima-tische Mittelwerte wieder. Für die Regionalisierung wurdenRegressionsmodelle verwendet, um die Stationsdaten in dieFläche zu interpolieren. Wie bei jeder Form der Interpolationbirgt dies eine gewisse Unschärfe in sich. Auch wenn die Auf-

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Abbildung 1: Mittlere Jahreslufttemperatur 1971–2000; die Gesamtfläche Bayerns ist in zehn Temperaturklassen gleicherFlächengröße eingeteilt, mit Wuchsgebietsgrenzen.

Abbildung 2: Mittlere Jahresniederschlagssumme 1971–2000; die Gesamtfläche Bayerns ist in zehn Niederschlagsklassen gleicherFlächengröße eingeteilt, mit Wuchsgebietsgrenzen.

Jahresdurchschnittstemperatur Jahresniederschlagssumme

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gangswerte handelt, die nicht um den systematischen Mess-fehler korrigiert worden sind. Somit sind diese nur bedingt fürWasserhaushaltsuntersuchungen geeignet.

Generell gilt, dass der Wert eines Pixels immer dem Wertentspricht, der anhand der verwendeten Prädiktoren berech-net worden ist. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für dieVerwendung der Daten gewisse Einschränkungen. So ist be-sonders bei kleinräumigen Fragestellungen eine gewichtete,aggregierende Datenextraktion einer isolierten, pixelgenauenBetrachtung vorzuziehen, um standörtliche Informationen ab-zuleiten.

Trotz der genannten Einschränkungen stellen die Karteneine wichtige Grundlage zur klimatischen RegionalisierungBayerns dar. Unmittelbar flossen sie bereits in die Klima-Risi-kokarten der Bayerischen Forstverwaltung (Kölling et al. 2009a, b) sowie wesentlich in die Projekte des bayerischen Klima-forschungsprogramm 2020 »Karten für die Zukunft« sowie»Bäume für die Zukunft« ein, die auf ein forstliches Standort-informationssystem abzielen. Die beiden Karten sind auf derLWF-Webseite als Grafikdateien zum Zoomen verfügbar.

Literatur

Falk, W.; Dietz, E.; Grünert, S.; Schultze, B.; Kölling C. (2008): Wo hatdie Fichte genügend Wasser? Neue überregional gültige Karten des Was-serhaushalts von Fichtenbeständen verbessern die Anbauentscheidung.LWF aktuell 66, S. 21–25

Enders, G. et al. (Hrsg.) (1996): Klimaatlas von Bayern / BayerischerKlimaforschungsverbund, BayFORKLIM. München, 48 S.

Kölling, C.; Bachmann, M.; Falk, W.; Grünert, S.; Schaller, R.; Tretter, S.;Wilhelm, G. (2009 a): Klima-Risikokarten für heute und morgen. Derklimagerechte Waldumbau bekommt vorläufige Planungsunterlagen.AFZ-Der Wald 64, S. 806–810

Kölling, C.; Dietz, E.; Falk, W.; Mellert, K.-H. (2009 b): Provisorische Kli-ma-Risikokarten als Planungshilfe für den klimagerechten Waldumbauin Bayern. Forst und Holz 64 (7/8), S. 40–47

Schultze, B.; Kölling, C.; Dittmar, C.; Rötzer, T.; Elling, W. (2005): Kon-zept für ein neues quantitatives Verfahren zur Kennzeichnung des Was-serhaushalts von Waldböden in Bayern: Modellierung – Regression –Regionalisierung. Forstarchiv 76, S. 155–163

Dr. Uwe Hera: geoKLIM consulting – Gesellschaft für Umwelt- und Klimaberatung, [email protected]. Christian Kölling, Christoph Schulz, Dr. Lothar Zimmermann:Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Dr. Thomas Rötzer: TU München, Lehrstuhl für Waldwachstums-kunde Hans Weber: Bayerisches Landesamt für Umwelt Dr. Harald Maier: Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrar -meteorologie Korrespondierender Autor: Dr. Lothar Zimmermann, [email protected]

Die Finanzierung erfolgte zum Teil aus den Mitteln des ProjektsKLIP 6 »Klimatische Flächendaten« sowie des VorläuferprojektesST192 »Hochaufgelöste Klimakarten«.

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Es gibt zehn Lärchenarten auf der Erde. In Mitteleuropa ist abernur die Europäische Lärche (Larix decidua) heimisch. Ihre Haupt-eigenschaften wie Lichtbedürftigkeit, Leichtsamigkeit und Win-terfrosthärte erleichterten ihr die Besiedlung höherer Lagen.Krummholz und Lärchen-Zirbenwald sind in der potentiellen na-türlichen Vegetation Deutschlands fast ausschließlich auf die Al-pen begrenzt. Alle beteiligten Gehölze wachsen in den Zentral-alpen auch heute noch in der Nähe von Gletschern. Extremfrosthart, konnten sie die Eiszeiten im Umfeld der Hochgebirgeüberdauern und waren daher am Ende der Eiszeit von Beginnan präsent. Da maximale Widerstandskraft gleichzeitig Konkur-renzschwäche bedeutet, wurden die Pioniere von später nach-wandernden, schattenfesteren Gehölzen weit ins Hochgebirgeauf unterschiedliche Extremstandorte zurückgedrängt. In denZentralalpen bildet die Lärche heute oft die Baumgrenze.

Ihr heutiges Verbreitungsgebiet liegt im Wesentlichen in denAlpen, aber auch in den Sudeten, zwischen Weichsel und Oderund der Tatra. Dementsprechend werden auch vier Unterartenunterschieden: Alpenlärche, Sudetenlärche, Karpatenlärche undPolenlärche. Allerdings wird die Lärche seit dem 16. Jahrhundertin ganz Deutschland und weit darüber hinaus forstlich angebaut.

Die Lärche ist der einzige einheimische Nadelbaum, der imWinter die Nadeln abwirft. Die Nadeln wachsen aus den Kurz-trieben als Büschel mit bis zu 50 Nadeln, an den Langtrieben ste-hen sie einzeln. Die Lärche weist eine sehr große ökologische To-leranz auf. Ihre Verbreitungsgrenzen liegen zwischen einerJahresdurchschnittstemperatur von –1 bis +14 °C, einem mittle-ren Jahresniederschlag von 450 bis 2.500 mm/m² und einerdurchschnittlichen Dauer der Vegetationszeit von 50 bis 230 Ta-gen. Sie ist eine Baumart des kontinental geprägten Klimas. AlsLichtbaumart verträgt die Lärche keinen Schatten. In ihrem na-türlichen Verbreitungsgebiet ist sie ein Besiedler von Freiflächen,wie sie durch Lawinen, Erdrutsche, Waldbrand oder Weidenut-zung entstehen. In Hochlagen wird die Lärche bis 600 Jahre alt,zwischen 40 und bis zu 54 Meter hoch und bis zwei Meter dick.

red, Quelle: www.sdw.de

Infos unter: www.baum-des-jahres.de und www.sdw.de

Die Europäische Lärche – Baum des Jahres 2012

Foto: Mostpatiently, wikipedia

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WALD - WISSENSCHAFT - PRAXIS

LWF aktuell 86/201238

Sturmwurfgefährdung der Wälder BayernsNeue, aktuelle Karten der LWF beschreiben gelände- und bestandsbezogen die Sturmgefährdung der Wälder im Freistaat

Daniel Fröhlich, Christoph Schulz und Lothar Zimmermann

Sturmereignisse sind in Deutschland die bedeutendste Naturgefahr für den Wald. Immer wieder traten in den zurückliegendenJahrzehnten schwere Stürme auf, die heftige Schäden in den Wäldern verursachten. Eine bayernweite Karte soll helfen, die potentielle Gefährdung für Sturmschäden abzuschätzen und gegebenenfalls waldbaulich zu berücksichtigen. Die Datengrund-lage, die Methodik sowie zwei Beispiele, die die Spannbreite der Ergebnisse zeigen, erläutern Aufbau und Einsatz einerSturmwurf gefährdungskarte.

tistik) wurden so leistungsfähig, dass eine Neuauflage einer flä-chigen Darstellung auf der Basis rechenintensiver Verfahrenmöglich ist.

Datengrundlagen

Die Grundlage für die Auswertungen, Modellerstellung undKartendarstellung sind Daten aus den Betriebsinventuren imbayerischen Staatswald von 1995 bis 2006. Von insgesamt68.156 Probepunkten – den Alpenraum ausgenommen – wie-sen über 10.000 Sturmschäden auf. Rund 33.000 von 730.000Bäumen wurden als »geworfen« erfasst. Das Verhältnis vongeworfenen zu unbeschädigten Bäumen bildet die Zielgrößefür die Herleitung einer statistischen Funktion. Ferner kön-nen aus den Daten der Betriebsinventuren grundlegende Be-standseigenschaften wie die mittlere Baumhöhe, der mittlereBrusthöhendurchmesser, der Anteil von Nadelbaumarten unddie Bestandsdichte abgeleitet werden. Diese zählen unter an-deren zu den bedeutendsten Faktoren für Sturmschäden imWald (Mayer 1985; König 1996).

Den Probepunkten der Betriebsinventuren können weite-re sturmwurfrelevante Informationen zugewiesen werden:Das Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Karls-ruher Institut für Technologie veröffentlichte im Jahr 2010Karten zur Böenspitzengeschwindigkeit in einer Auflösungvon ein mal ein Kilometer (Hofherr und Kunz 2010). Damit kön-nen flächendeckend Böenspitzengeschwindigkeiten in Meterpro Sekunde mit einer 20jährigen Wiederkehrwahrscheinlich-keit in die Modellierung aufgenommen werden. Über ein digi-tales Geländemodell fließen zudem die Daten zur Topographie(Höhe, Exposition und Hangneigung) ein. Zuletzt können ak-tualisiert digital vorliegende Bodeninformationen eingereihtwerden.

Alle eben genannten Informationen liegen flächig vor, sodass die an den Daten der Betriebsinventuren gefundenen sta-tistischen Zusammenhänge anschließend auf die Fläche über-tragen werden können. Da aber die real vorliegenden undräumlich stark variierenden Bestands-Charakteristika nichtflächendeckend bekannt sind, müssen sie für eine Umsetzungin einer Karte als konstant betrachtet werden. Die Karte geht

Regelmäßig wird die Forstwirtschaft durch Sturmschäden inMitleidenschaft gezogen. Im Jahr 2007 geschah dies durch denSturm »Kyrill« mit einem deutschlandweiten Sturmholzauf-kommen von rund 26,5 Millionen Festmetern und nur achtJahre zuvor mit circa 34 Millionen Festmetern durch »Lothar«.Wiederum neun Jahre davor, im Jahr 1990, verursachten diebeiden Sturmtiefs »Vivian« und »Wiebke« schätzungsweise 73Millionen Festmeter Schadholz (Stiftung Unternehmen Wald).Bis zum nächsten Sturmwurf ist es nur eine Frage der Zeit,zumal sich nach aktueller meteorologischer Fachkenntniskünftige Sturmhäufigkeiten und Sturmintensitäten auf demNiveau der vergangenen Dekaden bewegen werden (vgl. Fröh-lich 2011). »Vivian« und »Wiebke« entsprachen Ereignissen, wiesie etwa alle 30 Jahre einmal zu erwarten sind (Kasperski 2000).

Bereits vor circa 20 Jahren wurde die potentielle Sturmge-fährdung der Waldstandorte großräumig in einer Karte darge-stellt (Mayer 1988). Mittlerweile hat sich die Datenlage deutlichverbessert und PC-Hardware wie auch Software (GIS und Sta-

Sturmschäden und Höhenklasse14

12

10

8

6

4

2

0

Stu

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häd

en [

%]

Höhenklasse [m ü.NN]

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950

975

1.00

01.

025

Abbildung 1: Anteil Sturmschäden in der jeweiligen Höhenklasse,ohne Alpen; jede Höhenklasse umfasst 25 Meter, die Balken liegenjeweils auf der Klassenuntergrenze.

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WALD - WISSENSCHAFT - PRAXIS

LWF aktuell 86/2012

hung ist mit den früher meist angewendeten, einfachen linea-ren oder logistischen Regression nicht abzubilden. Ein weite-rer Vorzug besteht darin, dass die Werte der Zielgröße, hierder Anteil der geworfenen Bäume je Inventurpunkt, mit demangewandten Verfahren immer zwischen 0 und 1 liegen unddamit Wahrscheinlichkeiten repräsentieren. Vor allem auchdie Summen von Einzelwirkungen bewegen sich immer in die-sem Intervall. Damit ist ein diskreter Wertebereich festgelegt,der strikt eingehalten wird, und die Ergebnisse entsprechendem Windwurf für ein 20jähriges Ereignis unter den angege-benen Bedingungen. Bei der Anwendung anderer Modellekönnten negative oder sehr hohe Werte erreicht werden, dieeine Zuordnung zu einer konkreten Schadensintensität un-möglich machen würden.

Die Methode hat aber auch einen Nachteil, denn auf Grundder hohen Flexibilität verlaufen nicht alle Funktionen einzel-ner Einflussgrößen wie erwartet. Insbesondere in Bereichen,in denen nur wenige Daten vorliegen, weist der Funktionsver-lauf und damit die Stärke der Vorhersageeigenschaft eine ho-he Unsicherheit auf. Dies bedeutet, dass der Vorhersagebereich,für den das Modell gilt, auf bestimmte Wertebereiche begrenztist. Beispielsweise wäre eine Anwendung des Modells für sehrstarke Brusthöhendurchmesser nicht mehr zulässig.

damit immer exemplarisch von einem vordefinierten Bestandaus, zum Beispiel von einem im Mittel 30 Meter hohen Misch-bestand mit 40 Prozent Laubanteil. Da ausschließlich Datender bayerischen Staatsforsten zur Verfügung standen, sind dieModelle zudem an die im Staatswald vorherrschenden Be-standsverhältnisse angepasst und gelten damit nicht zwingendfür abweichende Bewirtschaftungsweisen.

Darüber ob Sturmwurf auftritt oder nicht, entscheidet ei-ne Kombination von Parametern aus Bestandssituation,Sturmstärke und Sturmdauer, Geländeform sowie physikali-sche Bodeneigenschaften und deren Wechselwirkungen. DieErmittlung dieser statistischen Zusammenhänge an den In-venturpunkten erfolgt über die Anpassung eines Generalisier-ten Additiven Modells (GAM). Mit dieser Methode werden diekomplexen Zusammenhänge zwischen der Zielgröße Sturm-wurfgefährdung und ihren unterschiedlichsten Prädiktorenmathematisch dargestellt. Das Verfahren ist zwar sehr rechen-intensiv, hat dafür aber wesentliche Vorzüge. So können bei-spielsweise komplexere Funktionsverläufe flexibel abgebildetwerden. Zum Beispiel weist gerade die Verteilung der Sturm-schäden auf Geländehöhenklassen eine Zweigipfeligkeit auf(Abbildung 1), ein Phänomen, das schon in früheren Studienfestgestellt wurde (z. B. Schmoeckel 2006). Eine derartige Bezie-

39

Abbildung 2: Kartenausschnitt der potentiellen Grundgefährdungdurch Sturm in Prozent; Wurf bei einem 20jährigen Ereignis fürFichtenreinbestände mit einer mittleren Baumhöhe von 40 Meternund maximalen Höhen von 45 Metern.

Abbildung 3: Kartenausschnitt der potentiellen Grundgefährdungdurch Sturm in Prozent; Wurf bei einem 20jährigen Ereignis fürFichtenreinbestände mit einer mittleren Baumhöhe von 30 Meternund maximalen Baumhöhen von 33 Metern.

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WALD - WISSENSCHAFT - PRAXIS

LWF aktuell 86/2012

te berücksichtigt und die tatsächlichen forstlichen Verhältnis-se vor Ort in die abschließende Beurteilung einbezogen wer-den. Die statischen Parameter wie Höhenlage, Hangneigungund -ausrichtung sowie Bodenart und Böenspitzengeschwin-digkeiten mit einer 20jährigen Wiederkehrzeit sind dagegenin die Grundgefahrenkarte eingeflossen und liefern dem Pla-ner vor Ort Informationen zum waldbaulichen Handeln.

Literatur

Fröhlich, D. (2011): Stürmische Gesellen: Lothar, Kyrill & Co. Zur Pro-blematik, die künftige Entwicklung von Winterstürmen abzuschätzen.LWF aktuell 80, S. 38–40

Hofherr, T.; Kunz, M. (2010): Extreme wind climatology of winter stormsin Germany. Climate Research 41, S. 105–123, DOI: 10.3354/cr00844

Kasperski, M. (2000): Festlegung und Normung von Entwurfswindla-sten. Bochum, Ruhr-Universität, Fakultät für Bauingenieurswesen

König, A. (1996): Sturmgefährdung von Beständen im Altersklassen-wald – Ein Erklärungs- und Prognosemodell. J.D. Sauerländer’s Verlag,Frankfurt a. Main

Mayer, H. (1985): Baumschwingungen und Sturmgefährdung des Wal-des. Universität München – Meteorologisches Institut, Wissenschaftli-che Mitteilung Nr. 51

Mayer, H. (1988): Kartierung von potentiell sturmgefährdeten Wald-standorten in Bayern. Forstwissenschaftliches Centralblatt 107, S. 239–251

Schmoeckel, J. (2006): Orographischer Einfluss auf die Strömung abge-leitet aus Sturmschäden im Schwarzwald während des Orkans »Lothar«.Dissertation, Universität Karlsruhe

Stiftung Unternehmen Wald: http://www.wald.de/waldschaeden-durch-kyrill/; aufgerufen am 31.10.2011

Woelfle, M. (1941): Bekämpfung von Sturm-, Wind- und Spätfrostschä-den. Forstwissenschaftliches Centralblatt 63, S. 49–60

Dr. Daniel Fröhlich ist Mitarbeiter in der Abteilung »Boden und Klima« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft(LWF). Er bearbeitet das Projekt KLIP 6 »Bereitstellung aktueller undzukünftiger klimatischer Flächendaten zur Charakterisierung derForstlichen Standorte heute und in Zukunft in Bayern«. [email protected] Schulz ist Mitarbeiter in der Abteilung »Waldbesitz, Beratung, Forstpolitik« der LWF.Dr. Lothar Zimmermann ist Mitarbeiter in der Abteilung»Boden und Klima« der LWF.

Viele Parameter, die dafür entscheidend sind, ob es lokal zuSturmwürfen kommen kann, verändern sich in verhältnismä-ßig kurzen Zeiträumen, wie zum Beispiel Stärke und Richtungdes Windes (Böigkeit), der Wassergehalt des Bodens oder derKronenwiderstand. Aber diese Momentaufnahmen werdenmit den vorliegenden, über längere Zeiträume integrierendenDaten nicht erfasst.

Die Sturmwurfgefährdungskarte und ihre Grenzen

Die Abbildungen 2 und 3 zeigen die Sturmwurfgefährdung fürzwei Beispiele, zum einen für 40 Meter hohe Fichtenreinbe-stände, und zum anderen für Fichtenbestände von nur 30 Me-tern mittlerer Höhe, da eine Höhe von 40 m nicht überall inBayern erreicht wird. Im Beispiel sinkt in einigen Lagen dieSturmwurfgefahr durch die Absenkung der Höhe und derRauigkeit des Kronendachs ab, an anderen aber bleibt sie aufhohem Niveau. Letztere sind in der Regel Standorte, die meh-rere ungünstige Faktoren auf sich vereinigen, wie zum Beispielexponierte, verebnete Lagen oder hohe Böenspitzengeschwin-digkeiten bei einer ungünstigen Bodenart. Neben dem Einflussder Topographie ist derjenige der Baumhöhe besonders deut-lich, denn die Sturmgefährdung sinkt bei niedrigeren Bestän-den vielfach auf unter 25 Prozent. Gleichzeitig nimmt damitdie Gefahr ab, dass bei leichteren Stürmen Bestandsstruktu-ren entstehen, die als Angriffspunkt für Windwurfschneisendienen könnten.

Letztendlich sind Sturmschäden im Wald wohl niemalsganz zu vermeiden, denn es können immer wieder Stürme vonaußergewöhnlicher Heftigkeit auftreten, die im Wald »allesniederwerfen, was sich ihnen entgegenstellt« (Woelfle 1941).Die Karte bietet einen Anhalt für mögliche Ausgangspunktesturmbedingter Waldschäden. Was sie jedoch nicht leistenkann, ist die Prognose, wie sich Schadensgassen im Einzelfallausbilden. Denn ist erst einmal ein Angriffspunkt geschaffen,wird sich die Gasse solange weiterbilden, bis die Windge-schwindigkeit in Längsrichtung soweit abgenommen hat, dassdie Windlast nicht mehr ausreicht, um weitere Baumwürfe zuverursachen (Mayer 1985). Umso wichtiger ist es, die in der Kar-te ausgewiesenen neuralgischen Stellen mit entsprechend sta-bilen Beständen (Mischung, Höhe, Einzelbaumstabilität etc.)zu versehen, um Folgeschäden in ihrer Umgebung zu minimie-ren.

Eine Karte kann also keine absolute Sturmwurfgefähr-dung liefern, vielmehr ist bei ihrer Benutzung zusätzlich derforstliche Sachverstand gefragt. Denn selbstverständlich be-einflussen weitere Parameter, die nur ein Ortskundiger ken-nen kann, die Gefährdung. Zu diesen Parametern gehören diewaldbauliche Behandlung, Lücken im Bestand auf Grund vorangegangener Windwürfe oder Kalamitäten sowie Vor-schädigungen in Folge von Krankheiten. Sind solche einen Be-stand destabilisierenden Bedingungen vorhanden oder be-kannt, erhöht sich automatisch auch die Gefahrenstufe derumliegenden Bereiche in der Karte, also der angrenzenden Be-stände. Da nicht alle Bestandsformen kartographisch darge-stellt werden können, müssen die Randbedingungen der Kar-

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WALD - WISSENSCHAFT - PRAXIS

LWF aktuell 86/2012 41

te das eine Veränderung im Privatwald von 17 auf 15 Betrie-be und im Kommunalwald einen Anstieg von 25 auf 27 Teil-nehmer dar.

Neben der primären Aufgabe des Testbetriebsnetzes Forst-wirtschaft, kontinuierlich betriebswirtschaftliche Datengrund-lagen für forstpolitische Entscheidungen auf den verschiede-nen Ebenen zu erheben, liefert es darüber hinaus denTeilnehmern wichtige Kennzahlen für einzelbetriebliche Ana-lysen, innerbetriebliche Steuerungsprozesse und den betriebs-übergreifenden Vergleich. Um diese für die Betriebe interes-sante Nutzanwendung der TBN-Daten zu optimieren, wird dasKollektiv strukturiert nach:• Besitzart: Privatwald, Kommunalwald, Landeswald• Größenklasse (GK): GK 1 (200 bis 500 ha), GK 2: (500 bis

1.000 ha), GK 3: > 1.000 ha• Regierungsbezirken• HauptbaumartenIn die Rubik Größenklasse (GK) waren sowohl im Privatwaldals auch im Körperschaftswald jeweils mindestens drei Betrie-be je Größenklasse involviert. Die GK 1 wurde im Privatwaldvon acht Betrieben am stärksten repräsentiert. Hingegen warim Körperschaftswald die Verteilung auf die drei Größenklas-sen ausgewogen.

Ein inhomogenes Bild bietet die Verteilung des Privatwald-kollektivs auf die Regierungsbezirke. Oberbayern und Schwa-ben repräsentierten mit acht Betrieben über 50 Prozent derTeilnehmer. Aus Niederbayern und der Oberpfalz nahmenfünf Betriebe teil und aus dem fränkischen Raum beteiligtensich lediglich zwei Betriebe. Bei elf von 15 Privatbetrieben do-minierte die Fichte als Hauptbaumart und die Laubholzregi-on wurde von drei Betrieben vertreten,

Die ausgewogene Verteilung der Körperschaftswaldbetrie-be über die Regierungsbezirke und auf die Hauptbaumarteneröffneten dem Kollektiv dieser Besitzart gute Vergleichsmög-lichkeiten.

TBN Forst 2010: Positive Ertragszahlen für bayerische ForstbetriebeForstwirtschaft profitiert vom Aufschwung einer steigenden Konjunktur

Friedrich Wühr

Erfreulicherweise konnten im Wirtschaftsjahr 2010 auch die bayerischen Forstbetriebe am allgemeinen konjunkturellenAufschwung teilhaben. Nach einem eher düsteren Jahr 2009 haben sich die wirtschaftlichen Perspektiven für die Waldbesitzerspürbar gebessert. Es konnten 2010 sowohl private wie kommunale Forstbetriebe überwiegend positive Betriebsergebnissepräsentieren, wie die alljährliche Auswertung des Testbetriebsnetzes Forst ergab.

Die Zahlen aus dem Testbetriebsnetz Forstwirtschaft konntenfür das Jahr 2010 nur Erfreuliches verkünden. So wies der Pri-vatwald einen Reinertrag von 187 Euro je Hektar (ohne För-dermittel) aus. Gemessen am Vorjahresergebnis bedeutet dieseine Steigerung um 56 Euro je Hektar. Diese positive Entwick-lung ist zum Teil dem gestiegenen Holzeinschlag (2009: 7,4Festmeter je Hektar) auf 9,0 Festmeter je Hektar und den hö-heren Holzerlösen im Berichtsjahr geschuldet. Der Körper-schaftswald konnte mit einem Reinertrag von 63 Euro je Hek-tar eine deutliche Verbesserung der Ertragssituationgegenüber dem Vorjahr (–21 Euro je Hektar) vorweisen.

Das Testbetriebsnetz als Datengrundlage

Das Testbetriebsnetz Forst dokumentiert die Ertragslage unddie Entwicklung der Forstwirtschaft. Im Jahr 2010 gingen dieBetriebsabrechnungen von 42 bayerischen Forstbetrieben ab200 Hektar Holzbodenfläche in das forstökonomische Moni-toring ein. 15 Betriebe repräsentierten den Privatwald und 27den Kommunalwald. Gegenüber dem Berichtsjahr 2009 stell-

An

teil

ZE [

%]

Zufällige Nutzungen im Holzeinschlag60

55

50

45

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01999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Privatwald Körperschaftswald

Abbildung 1: Durchschnittliche Anteile der zufälligen Nutzungenim Privat- und Körperschaftswald von 1999 bis 2010

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LWF aktuell 86/2012

Im Körperschaftswald konnten die Holzerntekosten ebenfallsgesenkt werden, von 25 Euro je Festmeter im Vorjahr auf ak-tuell 23 Euro je Festmeter. Der Einschlag wurde zu 34 Prozentvon Selbstwerbern durchgeführt. Der Eigenregieanteil ginghier auf 36 Prozent (2009: 49 Prozent) zurück. Im Gegenzugübertrug man 30 Prozent (2009: 17 Prozent) dieser Arbeitenan Unternehmer.

Ertrag

Sowohl im Privat- wie auch im Körperschaftswald trug diemerkliche Steigerung des Holzertrages zur verbesserten Er-tragslage der Forstbetriebe bei (Tabelle 2).

Anteil der zufälligen Nutzungen

Die Nachwirkungen der Kalamitätsjahre 2007 und 2008 ha-ben sich im Berichtszeitraum deutlich konsolidiert. Der An-teil der zufälligen Nutzungen (ZE) am Gesamteinschlag wargegenüber dem Vorjahreszeitraum signifikant rückläufig. Solag im Privatwald der Anteil der zufälligen Nutzungen nurnoch bei zehn Prozent des Gesamteinschlages (2009: 25 Pro-zent) und im Kommunalwald betrugen die zufälligen Nutzun-gen lediglich neun Prozent des Einschlagvolumens.

Entwicklung des Holzeinschlags

Der konjunkturelle Aufwärtstrend löste auch eine verstärkteNachfrage nach Holz aus. Mit einer Steigerung des Einschlag-volumens um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr reagiertendie Privatwaldbetriebe auf die aktuelle Situation. Die Kommu-nalwaldbetriebe ernteten 7,5 Festmeter je Hektar, was einerSteigerung um 17 Prozent gegenüber 2009 gleichkommt. Inbeiden Besitzarten lag der Einschlag jedoch immer noch un-ter dem Niveau der Jahre 2006 bis 2008.

Holzerntekosten

Die Kosten für die Holzernte bestimmen neben den Verwal-tungskosten im Wesentlichen den Gesamtaufwand im Pro-duktbereich 1 (Produktion von Holz und anderen Erzeugnis-sen) und nehmen daher entscheidenden Einfluss auf dieErfolgsbilanz des Betriebes.

Im Privatwald errechnete sich im Berichtsjahr ein Rück-gang der Holzerntekosten auf 23 Euro je Festmeter (2009: 26Euro). Hier wurden in Eigenregie 29 Prozent (2009: 28 Pro-zent) des Einschlages ausgeführt, Unternehmer erledigten 38Prozent (2009: 59 Prozent) und Selbstwerber führten 33 Pro-zent (2009:13 Prozent) der Einschlagarbeiten aus.

42

Holzeinschlag Privatwald Körperschaftswald

Kennzahl Einheit 2009 2010 2009 2010

Nutzungskoeffizient (Einschlagsanteil vom Hiebssatz) % 105,7 121,6 95,5 111,9

Einschlag insgesamt m³/ha HB 7,4 9,0 6,4 7,5

Anteil Laubholz am Einschlag % 17 15,8 26,9 23,6

Anteil Eiche am Einschlag % 2 1,5 7,2 5,0

Anteil Buche, sonst. Laubbäume am Einschlag % 15 14,3 19,7 18,6

Anteil Nadelholz am Einschlag % 83 84,2 73,1 76,4

Anteil Fichte, Tanne, Douglasie am Einschlag % 76 78,7 55,2 54,5

Anteil Kiefer, Lärche, sonst. Nadelbäume am Einschlag % 7 5,5 17,8 21,9

Stammholzanteil insgesamt % 71 71,9 60,0 62,8

Anteil Energieholz am Einschlag % 17 14,1 24,6 25,1

Tabelle 1: Kennzahlen zum Holzeinschlag

Ein

sch

lag

[fm

/ha]

Entwicklung des Holzeinschlags14

12

10

8

6

4

2

01999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Privatwald Körperschaftswald

Abbildung 2: Entwicklung des Holzeinschlags im Privat- und Körper-schaftswald von 1999 bis 2010

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LWF aktuell 86/2012

Erfolgsrechnung

Die Erfolgsrechnung ermittelt den Betriebserfolg aus der Gegenüberstellung von Ertrag und Aufwand.

Im Privatwald wurde mit einem Reinertrag I (ohne Förder-mittel) von 187 Euro je Hektar ein deutlich besseres Ergebnisals 2009 (131 Euro) erzielt. Im Produktbereich »Holz« (PB 1)ließ sich der Reinertrag I auf 194 Euro je Hektar (2009:148Euro) steigern. Die Zahl der Betriebe mit negativem Reiner-trag ging in dieser Besitzklasse auf sechs Prozent (2009: 12Prozent) zurück. Die teilnehmenden Privatwaldbetriebe wur-den 2010 mit 28 Euro je Hektar gefördert.

Deutlich besser als im Vorjahr stellte sich die Erfolgsrech-nung auch für die Körperschaftswaldbetriebe dar. Nach demnegativen Gesamtergebnis in 2009 (–21 Euro) wurde im Be-richtsjahr ein Gesamtreinertrag I von 63 Euro je Hektar er-wirtschaftet. Der PB 1 »Holz« schloss in diesem Jahr mit ei-nem Reinertrag von 103 Euro je Hektar (2009: 24 Euro)erfreulich positiv ab. Dies ist das zweitbeste Ergebnis (2007:146 Euro) der zurückliegenden acht Jahre. Gefördert wurdendie Kommunalwaldbetriebe im Berichtsjahr mit 26 Euro jeHektar (2009: 25 Euro).

Der Tabellenteil zum Testbetriebsnetz Forst 2010 steht auf der Inter-netseite der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft (www.lwf.bayern.de) zum Herunterladen bereit. Sie könnenihn auch als Ausdruck anfordern oder sich als PDF-Datei schickenlassen. Anfragen richten Sie bitte an:[email protected]

Friedrich Wühr ist Mitarbeiter in der Abteilung »Waldbesitz, Bera-tung, Forstpolitik« der Bayerischen Landesanstalt für Wald undForstwirtschaft und zuständig für das Testbetriebsnetz Forstwirt-schaft. [email protected]

Mit einem Holzertrag von 474 Euro je Hektar konnte im Pri-vatwald gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Anstieg um 13Prozent verbucht werden. Im Kommunalwald konnte das Er-gebnis von 318 Euro je Hektar im Jahr 2009 auf gegenwärtig406 Euro je Hektar angehoben werden. Ein Gesamtertrags-ergebnis von 528 Euro je Hektar Holzboden verzeichneten diePrivatwaldbetriebe über alle Produktbereiche (PB 1 bis 5). ImJahr 2009 waren es nur 455 Euro je Hektar.

Ähnlich positiv stellt sich Entwicklung der Gesamtertrags-lage im Kommunalwald dar. Die Betriebe erwirtschaftetenhier in den Produktbereichen 1 bis 5 einen Ertrag von 462Euro je Hektar Holzboden, was einem Anstieg gegenüber demVorjahreszeitraum um 24 Prozent gleichkommt.

Die Produktbereiche 2 bis 5 trugen mit insgesamt 31 Euroje Hektar, das entspricht rund sieben Prozent, zum Gesamter-tragsergebnis bei.

Aufwand

Der Gesamtaufwand in einem Forstbetrieb entsteht überwie-gend im Produktbereich 1.

Im Privatwald entstanden 93 Prozent (318 Euro je Hektar)des Gesamtaufwandes im PB 1 »Holz«. Der Aufwand in denProduktbereichen 2 bis 5 betrug im Privatwald lediglich 13Euro je Hektar

Ein ähnliches Bild zeichnete sich im Körperschaftswaldab. Hier verursachte der PB 1 82 Prozent (328 Euro je Hektar)des Gesamtaufwandes. Davon entfielen hier je 34 Prozent (113Euro) auf die Sektoren Holzernte und Verwaltung. In den Pro-duktbereichen 2 bis 5 wurden 71 Euro je Hektar verzeichnet,wobei hier der PB 4 »Leistungen für Dritte«, wie schon im Vor-jahr, mit 34 Euro je Hektar am stärksten zu Buche schlägt.

43

Tabelle 2: Ertrag nach Produktbereichen und Besitzarten

Ertrag aus Produkt-bereich [€/ha]

Privat-wald

Körperschafts-wald

PB 1 Holz 474 406

PB 1 Forstliche Neben-erzeugnisse

25 25

PB 2 Schutz undSanierung

0 0

PB 3 Erholung undUmweltbildung

0 2

PB 4 Leistung fürDritte

6 29

PB 5 HoheitlicheAufgaben

0 0

Fördermittel PB 1 27 15

Fördermittel PB 2 bis 5 0 4

Tabelle 3: Aufwand nach Produktbereichen

Betriebsaufwand für Produktbereich [€/ha]

Privat-wald

Körperschafts-wald

PB 1 Produktion von Holz und andere Erzeugnisse

Holzernte 114 113

Walderneuerung 31 33

Waldpflege 18 14

Waldschutz 17 13

SonstigeKostenstellen

34 46

Verwaltung 106 113

PB 2 Schutz und Sanierung 6 13

PB 3 Erholung undUmweltbildung

1 22

PB 4 Leistungen für Dritte 6 34

PB 5 Hoheitliche Aufgaben 0 2

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WALD - WISSENSCHAFT - PRAXIS

LWF aktuell 86/201244

Der Holzeinschlag 2010 in BayernHolznutzung gegenüber dem Vorjahr wieder leicht angestiegen

Holger Hastreiter

Die Holzmarktsituation des Jahres 2010 war zu Beginn noch geprägt von den Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise. Im Jah-resverlauf besserte sich zumindest die Wirtschaftslage im Inland. Die Folge war eine anfangs kaum zu befriedigende Nachfragebeim Nadelrundholz. Mit steigenden Holzpreisen setzte ab Jahresmitte ein verstärkter Nadelholzeinschlag im Privatwald ein.

und im Gegensatz zum Vorjahr wieder ein Rückgang um100.000 Festmeter auf 2,05 Millionen Festmeter in der Baum-artengruppe Buche und Sonstiges Laubholz zu verzeichnen.

Einschlag nach Sortimenten – über alle Besitzarten

Der Gesamtholzeinschlag nach Sortimenten gliedert sich für2010 in 57 Prozent Nadelstammholz, zwei Prozent Laub-stammholz, acht Prozent Industrieholz und 32 Prozent Ener-gieholz. 2010 wurden mit einer Stammholzmenge von 9,2 Mil-lionen Festmeter rund 200.000 Festmeter mehr ausgehaltenals im Vorjahreszeitraum. Beim Industrieholz mit 1,2 Millio-nen Festmeter sowie im Energieholzbereich (Brennholz undHackschnitzel) mit circa fünf Millionen Festmeter blieben dieWerte geringfügig unter den Vorjahresmengen.

Setzt man die Sortenaushaltung in den vier Waldbesitz -arten zueinander in Relation (Abbildung 1), so verzeichnet derStaatswald mit 76 Prozent den höchsten Nadelstammholz -anteil. Den höchsten Laubstammholzeinschlag erreichte mitacht Prozent der Körperschaftswald. Den höchsten Industrie-holzanteil hat mit 33 Prozent der Bundeswald produziert. DerPrivatwald war mit 43 Prozent Spitzenreiter in der Energie-holzbereitstellung.

Einschlag im Privat- und Körperschaftswald

An den Erhebungen der LWF für das Holzeinschlagsjahr 2010haben 849 private und 156 körperschaftliche Betriebe teil -genommen. Der Privatwald meldete für das Jahr 2010 einenHolzeinschlag von zehn Millionen Festmeter. Damit lag der Einschlag um vier Prozent über dem Vorjahreswert. 6,1 Millionen Festmeter gingen in den Verkauf. Der durch-schnittliche Einschlag je Hektar Privatwaldfläche lag über al-le Besitzgrößen bei sieben Festmetern. Mit fünf MillionenFestmetern kam etwa die Hälfte des Gesamteinschlages ausden Größenklassen unter zehn Hektar. Davon nutzten dieWaldbesitzer fast drei Millionen Festmeter für den Eigen -verbrauch. Mit zunehmender Betriebsgröße erhöhte sich je-doch die Menge des verkauften Holzes. Schon in der Betriebs-größenklasse von zehn bis unter 20 Hektar gelangten bereits64 Prozent des Einschlags auf den Markt (Abbildung 2).

In Bayerns Wäldern wurden im Jahr 2010 circa 16,25 Millio-nen Festmeter Holz genutzt. Der Einschlag lag damit um170.000 Festmeter über dem Vorjahreswert. Nachfolgend wirdzuerst der Holzeinschlag nach Baumartengruppen und denausgehaltenen Sortimenten über alle Besitzarten dargestellt.Im Anschluss daran werden die Ergebnisse der Einschlags -erhebung der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft (LWF) für den Privat- und Körperschaftswald so-wie die Einschlagsmengen in den Wäldern der öffentlichenHand vorgestellt.

Einschlag nach Baumartengruppen – über alle Besitzarten

Der Einschlag in der Baumartengruppe Fichte (Fichte, Tanne,Douglasie) stieg gegenüber dem vorangegangenen Jahr um150.000 Festmeter auf 11,1 Millionen Festmeter an. Der Ein-schlag in der Baumartengruppe Kiefer (Kiefer, Lärche) erhöh-te sich um circa vier Prozent auf 2,65 Millionen Festmeter. ImLaubholzsegment war eine leichte Einschlagssteigerung in derBaumartengruppe Eiche von 390.000 auf 400.000 Festmeter

Ausgehaltene Sortimente in den Besitzarten100 %

80 %

60 %

40 %

20 %

0 %Privatwald Körperschaftswald Staatswald Bundeswald

Energieholz Industrieholz

Laubstammholz Nadelstammholz

Abbildung 1: Holzeinschlag 2010 in den Besitzarten, gegliedertnach Sortimenten

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LWF aktuell 86/2012

Eigenverbrauch und die Verkaufsmengen erhöhen sich. Bei-spielsweise wurde 2010 in den Betrieben mit 50 bis unter 100Hektar Waldfläche bereits 67 Prozent des eingeschlagenenHolzes als Stamm- und Industrieholz ausgehalten, wovon wie-derum 81 Prozent in den Handel gelangten.

In den Körperschaftswäldern wurden im vergangenen Jahr1,3 Millionen Festmeter eingeschlagen, wovon 1,2 MillionenFestmeter verkauft wurden. Der Einschlag lag um 78.000 Fest-meter unter dem Jahreswert von 2009, was einem Rückgangvon sechs Prozent entspricht. Durchschnittlich wurden überalle Größenklassen 4,9 Festmeter je Hektar Körperschafts-waldfläche genutzt. Die Körperschaftswaldbetriebe haben mitrund 700.000 Festmeter 17 Prozent weniger Fichtenholz ge-erntet als 2009. Der Kieferneinschlag blieb mit 240.000 Fest-meter auf dem Vorjahresniveau. Im Laubholzbereich lag derEicheneinschlag mit 77.000 Festmeter um elf Prozent niedri-ger, in der Baumartengruppe Buche und Sonstiges Laubholzstieg die Nutzungsmenge um ein Drittel auf 315.000 Festme-ter an.

Der Vergleich der Zahlen aus den Jahren 2009 und 2010nach ausgehaltenen Sortimenten ergab für das Nadelstamm-holz einen Rückgang um 13 Prozent auf 700.000 Festmeter.Im Bereich Laubstammholz zeigte sich ein Anstieg um 16 Pro-zent auf 100.000 Festmeter. Keine gravierenden Veränderun-gen ergaben sich bei der Industrieholzmenge mit zwei ProzentRückgang auf rund 132.000 Festmeter und beim Energieholzmit einer leichten Anstieg von zwei Prozent auf rund 365.000Festmeter.

Die angefallenen Schadholzmengen aus dem Körperschafts-wald waren 2010 deutlich geringer als im Vorjahr. Beim Sturm-holz mit 45.000 Festmeter entsprach dies einer Minderung um19 Prozent, bei den borkenkäferbedingten Holzmengen mit52.000 Festmeter sogar einem Rückgang um 59 Prozent.

Die Schadholzmenge im Privatwald blieb beim Sturmholz mit635.000 Festmeter etwa auf dem Niveau des Jahres 2009. DerKäferholzanfall dagegen verringerte sich auf Grund der fürden Borkenkäfer ungünstigen Witterungsverhältnisse imFrühjahr 2010 um 42 Prozent auf 650.000 Festmeter.

Der Einschlag in der Baumartengruppe Fichte stieg von6,7 Millionen Festmeter auf 7,2 Millionen Festmeter an. Einleichter Anstieg war auch in der Baumartengruppe Kiefer zuverzeichnen. Hier wurden insgesamt 1,5 Millionen Festmetergenutzt. Auf dem Laubholzsektor lag der Eicheneinschlag mitrund 223.000 Festmeter um 5.000 Festmeter über der Vorjah-resmenge. Der Einschlag bei Buche und beim Sonstigen Laub-holz reduzierte sich um 200.000 Festmeter auf insgesamt 1,06Millionen Festmeter.

Während bei den Nadelstammholzsortimenten ein Anstiegum 570.000 Festmeter auf fünf Millionen Festmeter zu ver-zeichnen war, verringerte sich die Menge beim Laubstamm-holz um 100.000 Festmeter auf 120.000 Festmeter. Die Indus-trieholzmenge sank verglichen mit dem Jahr 2008 um weitere55.000 Festmeter auf nunmehr rund 500.000 Festmeter. ImEnergieholzbereich stand einem leichten Anstieg von 34.000Festmeter beim Scheitholz ein Rückgang von 76.000 Festme-ter bei der Hackschnitzelmenge gegenüber. Die ausgehalteneEnergieholzmenge lag somit in der Summe mit 4,3 MillionenFestmeter knapp unter dem Niveau des Jahres 2009.

Stellt man die Sortimentsaushaltung im Privatwald an-hand der Besitzgrößenstruktur dar (Abbildung 3), dann zeigtsich, dass die Masse an Energieholz überwiegend aus dem Pri-vatwald mit Betriebsgrößen bis zehn Hektar stammt. In die-sen Betrieben wurde eine Gesamtmenge von 2,8 MillionenFestmeter Brennholz und Hackschnitzel ausgehalten, davongelangten mit 420.000 Festmeter jedoch nur 15 Prozent aufden Markt. Mit steigenden Betriebsgrößen sinkt der Anteil derbereitgestellten Energieholzmenge und es werden vermehrtStamm- und Industrieholz ausgehalten. Gleichzeitig sinkt der

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Einschlag und Verkauf im Privatwald3,5

3,0

2,5

2,0

1,5

1,0

0,5

0

5 bis <10

10 bis <20

20 bis <50

50 bis <100

100 bis <200

200 bis <500

500 bis <1000

ab 1000

0,1 bis <5

Waldbesitzgröße [ha]

Ho

lzm

eng

en [

Mio

. fm

]

Einschlag Verkauf

Abbildung 2: Einschlag und Verkauf im Privatwald 2010

Holzhaushaltung im Kleinprivatwald100 %

80 %

60 %

40 %

20 %

0 %

5 bis <10

10 bis <20

20 bis <50

50 bis <100

100 bis <200

0,1 bis <5

Waldbesitzgröße [ha]Hackschnitzel BrennholzIndustrieholz LaubstammholzNadelstammholz

Abbildung 3: Holzaushaltung im Privatwald kleiner 200 Hektar, gegliedert nach Sortimenten

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LWF aktuell 86/2012

Einschlag im Staats- und Bundeswald

Mit 4,7 Millionen Festmetern meldete die Bayerische Staats-forsten AöR für das Kalenderjahr 2010 120.000 Festmeter we-niger als im Jahr 2009. Der Bundesforst verringerte die Nut-zungsmenge gegenüber 2009 um neun Prozent auf 190.000Festmeter.

Fazit

Auf Grund der guten Holzpreise stieg vor allem der kleinereprivate Waldbesitz, der wegen der hohen kalamitätsbedingtenHolzanfälle in den letzen beiden Jahren eher zurückhaltendgewirtschaftet hatte, wieder vermehrt in die reguläre Nutzungein. So konnte im vergangenen Jahr, trotz des erfreulicherwei-se niedrigsten Schadholzanfalls seit 2008, der Einschlag aufeinem hohen Niveau gehalten werden.

Eine regelmäßige Pflege und Durchforstung des Waldes istjedoch nicht nur aus finanzieller Sicht vorteilhaft für denWaldbesitzer. Fachgerecht durchgeführt fördert sie die Quali-tät und Stabilität sowie den Zuwachs an den verbleibendenBäumen. Durch die Auflichtung des Bestandes gelangen Lichtund Wärme auf den Waldboden. Der dadurch angeregte Ab-bau verjüngungshemmender Streu und Rohhumusauflagen er-zeugt ein günstiges Keimbett für die Ansamung von Naturver-jüngung. In den helleren Bestandsteilen kann frühzeitig mitdem Umbau von Nadelholzreinbeständen durch Voranbau dererwünschten Mischbaumarten mittels Saat oder Pflanzung be-gonnen werden.

Holger Hastreiter ist Mitarbeiter in der Abteilung »Waldbesitz, Beratung, Forstpolitik« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan. [email protected]

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Möglicherweise hing auch in Ihrem Wohnzimmer bereits 28 Ta-ge lang ein Foto dieses besonderen Exemplars. Der Kalender2011 der Stiftung »Baum des Jahres« zeigt bzw. zeigte nämlichdiesen imposanten Elsbeersolitär auf dem Kalenderblatt im Feb-ruar. Unter der Bezeichnung »Elsbeere ca. 500 m östlich von Her-persdorf am Banggraben« ist sie seit 1994 als Naturdenkmal Nr.27 durch die Verordnung zum Schutz von Bäumen und Baum-gruppen als Naturdenkmäler im Bereich des Landkreises Neu-stadt an der Aisch – Bad Windsheim geschützt.

Der Baum steht in der Gemarkung Herpersdorf auf Flurnum-mer 168. Die Herpersdorfer nennen ihn seit alters her »den Spei-erlesbaum«. Dies ist einerseits irreführend, da er ja kein Speier-ling ist. Andererseits spricht die mundartliche Bezeichnung fürein intuitives Bewusstsein der Steigerwäldler über die Verwandt-schaft von Sorbus torminalis und Sorbus domestica.

Unmittelbar neben dem Teerweg nach Zeisenbronn stehend,wird der weit ausladende, imposante Solitär von einer breiten,straßenbegleitenden Feldhecke eingefasst, die die nach Nordensteil abfallende Weg- und Hangböschung markiert. Seine Kroneüberschirmt den Teerweg. Sie ist vital, zeigt aber einzelne Stark -astbrüche und Fauläste. Der vielfach verzweigte Kronenansatzbeginnt in einer Höhe von etwa 2,50 Metern. Am Stammfuß hatsich Wurzelbrut zu armdicken Schösslingen entwickelt.

Der relativ kurze Schaft hat in Brusthöhe einen Durchmesservon genau 100 Zentimetern. Er ist spannrückig, weitgehend ge-sund und ohne erkennbare größere Rindenschäden. Die Elsbee-re hat eine Höhe von 16,0 Metern und einen Kronendurchmes-ser von circa 17 Metern. Über das Alter lässt sich nur spekulieren.Bei der großen Solitärkrone und dem wüchsigen Standort lie-gen die Jahrringbreiten auch im höheren Alter noch deutlichüber einem Millimeter. Im langjährigen Durchschnitt werdenJahrringbreiten von 2 bis 3 Millimeter geschätzt. Damit wäre derBaum etwa 200 Jahre alt. Ludwig Albrecht, AELF Uffenheim

Die stärkste Elsbeere Bayerns

Foto: M. Albrecht

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LWF aktuell 86/2012 47

Dem Totholz auf der SpurDie Buchen-Naturwaldreservate in der Rhön

Markus Blaschke, Johannes Burmeister, Udo Endres und Bernhard Förster

Totholz ist der letzte Entwicklungsschritt im Leben eines Baumes. In Urwäldern ist Totholz ein elementares Strukturelement, daswichtige ökologische Funktionen erfüllt. Urwälder weisen je nach Entwicklungsphase bis zu 200 Festmeter je Hektar liegendesoder stehendes Totholz auf. Die Naturwaldreservatsforschung in Bayern untersucht seit nunmehr drei Jahrzehnten, wie sich dieTotholzvorräte in ehemals bewirtschafteten Wäldern entwickeln.

Daten über Totholz wurden von verschiedenen Arbeitsgrup-pen bereits in vielen Fällen zusammengetragen. Die Bundes-waldinventur (BWI) veröffentlichte Zahlen aus den WäldernBayerns, die aufhorchen ließen (LWF 2004). Bei den forstlichenInventuren im Staatswald wird eine Aufnahme des Totholzesvorgenommen. Aus europäischen Urwäldern liegen insbeson-dere durch die Arbeiten von Korpel 1995 in kleinen Urwäldernder Slowakei grundsätzlich schon Daten vor. Aber auch in dendeutschen Naturwaldreservaten spielen Untersuchungen aufder Grundlage des Totholzes mehr und mehr eine entscheiden-de Rolle.

Totholzmonitoring in den Urwäldern von morgen

Als die ersten bayerischen Naturwaldreservate in den 1970erJahren eingerichtet wurden, spielte die Frage nach der Totholz-menge noch keine entscheidende Rolle. So wurde auf den einHektar großen Repräsentationsflächen der meisten Reservatezwar der stehende Bestand erfasst und dabei verirrte sich auch

der ein oder andere abgestorbene Baum in die noch vorliegen-den Datensätze, aber das bereits umgestürzte, liegende Tot-holz spielte bei diesen ersten Erhebungen noch keine Rolle.Erst mit den intensiveren Untersuchungen am Lehrstuhl fürLandschaftstechnik der Ludwig-Maximilians-Universität Mün-chen und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft (LWF) Ende der 1980er und zu Beginn der 1990erJahre erkannte man die Bedeutung des Totholzes für viele Fa-cetten des Waldes (Albrecht 1991). Plötzlich spielte auch die Fra-ge über Menge und Qualität des Totholzes eine zentrale Rollebei den Aufnahmen in den Naturwaldreservaten. Inzwischenkonnten auf den Repräsentationsflächen in vielen ReservatenDaten zur Menge des Totholzes erfasst werden. Allerdings fehl-ten bis heute noch weitgehend Studien zur Entwicklung desTotholzes, die erst durch Wiederholungsaufnahmen möglichwerden. So lagen bis 2009 erst neun Wiederholungsaufnah-men des Totholzes aus Buchen- und Eichenreservaten vor. ImVergleich dazu konnten für den lebenden Baumbestand be-reits für 44 Reservate Entwicklungen auf der Grundlage vonWiederholungen aufgezeigt werden.

Totholzvorrat nach Zersetzungsgrad200

180

160

140

120

100

80

60

40

20

0

NWR 116 NWR 117 NWR 122 NWR 123a NWR 123b NWR 124 NWR 125

1995

2010

1995

2010

1995

2010

1997

2010

1996

2010

1995

2010

1995

2010

Vo

rrat

[V

fm/h

a]

ZG 1: frisch abgestorben

ZG 2: Rinde lose

ZG 3: Zersetzung deutlich erkennbar

ZG 4: Stammform aufgelöst

Zersetzungsgrad

Abbildung 1: Totholzvorräte in sieben Repräsentationsflächen derRhön-Naturwaldreservate und die Verteilung auf den Zersetzungsgrad

Totholzvorräte nach Zustandstypen200

180

160

140

120

100

80

60

40

20

0

NWR 116 NWR 117 NWR 122 NWR 123a NWR 123b NWR 124 NWR 125

1995

2010

1995

2010

1995

2010

1997

2010

1996

2010

1995

2010

1995

2010

Vo

rrat

[V

fm/h

a]

stehendes Totholz (ohne Hochstümpfe)

Stubben

liegendes Totholz

Hochstümpfe

Zustandstyp

Abbildung 2: Totholzvorräte in sieben Repräsentationsflächen derRhön-Naturwaldreservate und ihre Verteilung auf den Zustandstyp

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Totholzentwicklungen in den Rhön-Reservaten

In sechs Naturwaldreservaten der Rhön mit sieben Repräsen-tationsflächen lagen Aufnahmen des Totholzes aus den Jahren1995 bis 1997 vor. Nach 15 Jahren wurden nun Wiederholungs-aufnahmen auf den Repräsentationsflächen durchgeführt. Diesieben Flächen zeigen dabei eine große Bandbreite an mögli-chen Entwicklungen der Totholzmenge auf (Abbildung 1).Während drei Reservate auch 30 Jahre nach der Aufgabe derNutzung »nur« eine Totholzmenge von knapp 30 Vorratsfest-metern aufweisen, halten sich in zwei Flächen die Totholzvor-räte nach einem Zusammenbruch kleinerer Bestandesteile inder Zeit vor 1995 auf einem Niveau von 130 bzw. sogar 170 Vor-ratsfestmetern. Dies sind ähnlich hohe Größenordnungen, wieman sie auch aus dem Naturwaldreservat Heilige Hallen inMecklenburg-Vorpommern kennt. Die dortigen etwa 300jähri-gen Buchenbestände, die seit Jahrzehnten nicht mehr bewirt-schaftet wurden, befinden sich mit 195 Festmetern pro HektarTotholz (Tabaku und Meyer 1999) zwischen der Optimal- und derZersetzungsphase. Zwischen diesen beiden Phasen stehennoch zwei Rhön-Flächen, auf denen der Anstieg in den letzten15 Jahren sehr erheblich ins Gewicht gefallen ist. So stieg aufeiner Fläche der Totholzanteil von 29 auf 108 Vorratsfestme-ter, auf der zweiten Fläche von 43 auf 67 Vorratsfestmeter. ImBezug zum lebenden Bestand machen die Totholzvorräte aufden Flächen Anteile von drei bis 21 Prozent aus.

Betrachtet man die Entwicklung des Totholzzustandes inden beiden totholzreichsten Flächen, so zeigt sich eine Ent-wicklung von der beginnenden Zersetzung hin zur Finalpha-se (Abbildung 1). 2010 beträgt der Anteil von Totholz in denZersetzungsphasen 3 und 4 (der fortgeschrittenen Zersetzung,bzw. stark zersetzt und vermodert) bereits 72 bzw. 76 Prozent.Dies deutet darauf hin, dass auf diesen Flächen bei einer Wie-derholung der Aufnahmen in circa 15 Jahren von diesen Tot-holzstücken kaum noch etwas vorhanden sein dürfte. Dassaber auf diesen Flächen auch wieder neues Material dazuge-kommen ist, belegt der Zuwachs von 13 bzw. 20 Vorratsfest-metern frischen Totholzes.

Die Anteile des liegenden Totholzes (einschließlich desStockholzes) schwanken auf den einzelnen Flächen zwischen49 und 82 Prozent (Abbildung 2). In der Summe macht das lie-gende Totholz 74 Prozent aus und blieb somit gegenüber den

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Tabelle 1: Die sechs untersuchten Buchen-Naturwaldreservate

Nr. Name Kurzbeschreibung

116 Lösershag Buchen-Wald mit hohem Anteil an Edellaubbäumen auf Basalt in der Kuppenrhön

117 Kalkberg Buchen-Wald mit Edellaubbäumen und Fichte auf Kalk in der Kuppenrhön

122 Platzer Kuppe Aus einem ehemaligen Hutewald hervorgegangener Buchenwald auf Vulkankuppe (Kuppenrhön)

123 Schlossberg Artenreicher Laubmischwald auf Basalt in der Hochrhön (mit zwei Repräsentationsflächen)

124 Elsbach Artenreicher Laubmischwald an Südhängen des Gangolfsbergs in der Hochrhön

125 Eisgraben Artenreicher Schluchtwald mit höheren Buchenanteilen in den oberen Lagen in der Hochrhön

Totholzklassifizierung

Zustandstypliegendes Totholz: liegende Stammteile und Äste mit einemDurchmesser von mehr als 10 cm am stärkeren Endestehendes Totholz: abgestorbene stehende BäumeStubben: bis zu einer Höhe von 1,3 mHochstümpfe: stehende Stammteile über 7 cm BHD und min-destens 1,3 m Höhe

Die Totholz-Zersetzungsphasen (Zersetzungsgrade – ZG)ZG 1: frisch abgestorbenZG 2: Rinde lose, Reisig abfallend, feine TrockenrisseZG 3: Holzzersetzung deutlich erkennbarZG 4: Stammform aufgelöst, Holz ohne Stabilität

ersten Aufnahmen stabil. Der hohe Anteil von 51 Prozent ste-henden Totholzes ist auf einer Fläche zu beobachten, die einenrelativ hohen Anteil an beigemischten Edellaubbäumen hat undbei der viele Bäume erst in den letzten Jahren abgestorben sind.

Erstes Fazit

Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Erfahrun-gen aus anderen Arbeitsgruppen, die von einer Verweilzeit vonrund 30 bis 40 Jahren für Buchenstamm-Totholz (Müller-Usingund Bartsch 2003) ausgehen, auch in der Rhön zutreffen. Ste-hendes Totholz ist in Buchenbeständen meistens nur eine klei-nere Teilmenge des Gesamtaufkommens. Allerdings zeigt sich,dass gerade in der Form von abgebrochenen Bäumen, den so-genannten Hochstümpfen (Abbildung 3), auch stehendes Bu-chen-Totholz Perioden von über 15 Jahren überdauern kann.

In den untersuchten mittelalten und älteren Buchen-Na-turwaldreservaten (Alter 95 bis 225 Jahre) verändern sich dieTotholzvorräte in einem – für Menschen langen, für Wäldereher kurzen – Zeitraum von 15 Jahren sehr unterschiedlich.So können wir Entwicklungen beobachten, die von einem ra-piden Totholzanstieg auf Grund von Störungen über eine Sta-gnation der Totholzvorräte auf hohem Niveau bis zu einer Ab-nahme der Totholzvorräte eine sehr weite Spanne umfassen.Insgesamt scheinen sich die Totholzvorräte in diesen Alters-phasen im Durchschnitt nur gering zu verändern, da die Be-stände weiterhin sehr wüchsig sind.

Page 49: 19.Jahrgang; Ausgabe 1-2012; ISSN 1435-4098; Einzelpreis

Markus Blaschke ist Mitarbeiter in der Abteilung »Biodiversität, Na-turschutz, Jagd« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft und leitet die Projektgruppe Naturwaldreservate an derLWF. Udo Endres und Dr. Bernhard Förster sind in der Abteilung»Waldbau und Bergwald« für die waldkundlichen Aufnahmen inden Naturwaldreservaten verantwortlich. Johannes Burmeister hatan der LWF 2010 das Projekt ST265 »Wiederholungsaufnahmen inNaturwaldreservaten in der Rhön« bearbeitet.Korrespondierender Autor: [email protected]

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Literatur

Albrecht, L. (1991): Grundlagen, Ziele und Methodik der waldökologi-schen Forschung in Naturwaldreservaten. Naturwaldreservate in Bay-ern, Band 1, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten, München

LWF – Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (2004):Erfolgreich mit der Natur – Ergebnisse der Bundeswaldinventur in Bay-ern. LWF spezial 2, Freising

Korpel, S. (1995): Die Urwälder der Westkarpaten. Gustav Fischer Ver-lag, Stuttgart, Jena, New York

Müller-Using, S.; Bartsch, N. (2003): Totholzdynamik eines Buchenbe-standes (Fagus sylvatica L.) im Solling – Nachlieferung, Ursache und Zer-setzung von Totholz. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 174, S. 122–130

Tabaku, V.; Meyer, P. (1999): Lückenmuster albanischer und mitteleu-ropäischer Buchenwälder unterschiedlicher Nutzungsintensität. Forstar-chiv 70, S. 87–97

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Abbildung 3: Hochstümpfe bilden auch längerfristig ein wichtigesReservoir für stehendes Totholz in Buchenwäldern.

Foto: M. Blaschke

Bücher über Vögel und Bücher über Wälder gibt es viele. So vie-le, dass inzwischen die Kunst längst darin besteht, die Fülle anInformationen entsprechend zu filtern. Umso erfreulicher ist es,dass es Norbert Wimmer und Volker Zahner nun gelungen ist,die beiden Themenbereiche in einem Werk zu vereinen. DasBuch liefert nicht nur dem Vogelkundler, sondern auch dem ge-nerell an Wald Interessierten viele neue und spannende Infor-mationen. Außergewöhnliche Aufnahmen gewähren selteneEinblicke in die meist verborgene Lebensweise der Höhlenbrü-ter. Fundierte Texte bereiten den aktuellen Kenntnisstand überdie Arten, ergänzt durch zahlreiche eigene Studien der Autoren,anschaulich auf. So wird neben der Ökologie dieser Vogel-Fami-lie auch deren Bedeutung für das Ökosystem Wald und derenBeziehung zu uns Menschen beleuchtet. Spechte nehmen alsSchlüssel- und Weiserarten eine besondere Stellung unter denWaldvögeln ein. Sie sind nicht nur Wohnungsbauer für andereBaumhöhlenbewohner. Sie geben uns durch ihre Lebensraum-ansprüche auch entscheidende Hinweise für den Waldnatur-schutz. So können wir von ihnen zum Beispiel viel über die na-türliche Verteilung von Totholz und Biotopbäumen oderWaldlückensystemen lernen.

Die Autoren wollen mit dem Blick durch die Specht-Brille auchfür einen »verantwortungsvollen Umgang mit dem LebensraumWald« werben. Das Buch sei deshalb allen Waldbesitzern, Förs-tern, Waldnaturschützern und natürlich auch allen Vogelkund-lern wärmstens empfohlen. Martin Lauterbach, LWF

Norbert Wimmer und VolkerZahnerSpechte – Leben in derVertikalenG. Braun Verlag, 112 Seiten179 FarbabbildungenFormat: 23,2 x 24,7 cmISBN: 978-3-7650-8526-0Preis: 27,90 EUR

Spechte – Leben in der Vertikalen

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SERIE NACHHALTIGKEIT

LWF aktuell 86/201250

Klimawandelanpassung durch Nichtstun?Anfällige Wälder benötigen aktive Anpassungsmaßnahmen der Forstwirtschaft

Christian Kölling

Wir befinden uns mitten im Klimawandel und unsere Wälder erleben eine der größten Umweltveränderungen der Waldgeschichte.Im klimagerechten Waldumbau passt man die Zusammensetzung der heutigen Wälder an die zukünftig herrschenden Bedingungenan. Als aktive Anpassungsmaßnahme richtet sich der Waldumbau stets auf genutzte Wälder. Das Ziel der Aktivitäten ist es, die künf-tige Nutzbarkeit der Wälder zu erhalten und darüber hinaus die verschiedensten Ökosystemdienstleistungen dauerhaft zu sichern.

Während einige noch darüber streiten, ob es einen Klimawan-del überhaupt gibt, bezweifeln andere, ob man unbedingt mitteuren Anpassungsmaßnahmen reagieren müsste. Zu unsicherseien die Szenarien. Und um Fehler zu vermeiden, lasse manlieber alles beim Alten (Amereller et al. 2010). Doch jenseits die-ser verschiedenen Formen der Skepsis wächst die Erkenntnis,dass gerade in der Forstwirtschaft Anpassungsmaßnahmendringend geboten sind. Kaum ein anderer Wirtschaftszweig istso stark umwelt- und damit auch klimaabhängig wie die Forst-wirtschaft. Keine andere Branche arbeitet in so langen Zeit -horizonten und ist so ortsfest wie unsere Zunft. Unter diesenschwierigen Voraussetzungen sieht sich die Forstwirtschaft ei-nem raschen und deutlichen Klimawandel gegenüber.

Strategien der waldbaulichen Anpassung

Bolte und Degen (2010) stellen in Abwandlung der Arbeit vonMillar et al. (2007) drei Strategien waldbaulicher Anpassung vor:• Nicht-Anpassung bzw. Erhaltung der bestehenden Wald-

strukturen• Aktive Anpassung bzw. Waldumbau• Passive Anpassung bzw. »Sich-selbst-Überlassen«

Nicht-AnpassungDie erste Strategie der Nicht-Anpassung wird nur dort zum Er-folg führen, wo bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt eineBaumartenzusammensetzung verwirklicht ist, die sowohl andie heutigen als auch an die künftig erwarteten Klimabedin-gungen angepasst ist. Diese günstigen Bedingungen gibt esdurchaus auf nennenswerter Fläche, erste Schätzungen gehenvon drei Vierteln der Waldfläche Bayerns aus (Kölling et al.2010). Hier kann man mit geringem Risiko das übliche Ge-schäft fortsetzen (Business as usual). Wir können froh überjeden Hektar in dieser Kategorie sein, denn alle nicht umbau-notwendigen Wälder vermindern die Umbaufläche und erlau-ben die Konzentration der knappen Mittel auf diejenigen Flä-chen, auf denen ein Waldumbau unumgänglich ist. DieStrategie der Nicht-Anpassung wird häufig auch für Beständediskutiert, deren Zyklus lange vor dem für Klimawandelsze-narien oft verwendeten Ende des Jahrhunderts abgelaufen seinwird. Anfällige mittelalte Fichtenbestände beispielsweise wer-

Abbildung 1: Ausgangszustand für den Waldumbau: anfälligerReinbestand aus Fichte

Foto: H. Körner, Fotolia

Abbildung 2: Beispiel für aktive Anpassung: Das Einbringen einerweniger anfälligen, an das künftige Klima angepassten Baumart

Foto: R. Günter

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SERIE NACHHALTIGKEIT

LWF aktuell 86/2012 51

Nach ein paar Jahren ist aus dem anfälligen Reinbestand ein klimagerechter Mischbestand geworden.

den längst abgenutzt sein, bevor der Klimawandel in vollemUmfang wirksam geworden ist. Die dieser Argumentation zuGrunde liegende aufschiebende Strategie hat indes nur dannErfolg, wenn der letztlich unausweichliche Umbau nicht ausden Augen verloren, sondern vorausschauend geplant und ein-geleitet wird. Es versteht sich von selbst, dass die Strategie desBusiness as usual unter den veränderten Klimabedingungenmindestens die bisherige Bewirtschaftungsintensität erfordert,unter Umständen aber auch verstärkte Waldschutzaktivitätenoder eine andere Form der Durchforstung.

Aktive AnpassungFür alle Flächen mit hoher Anfälligkeit und langer »Restlauf-zeit« gilt die zweite Strategie der aktiven Anpassung, wie siedem klimagerechten Waldumbau zu Grunde liegt. AnfälligeBaumarten werden rechtzeitig durch weniger anfällige ersetzt.Die dafür nötigen Planungsgrundlagen sind vorhanden, wer-den laufend verbessert und an neue Erkenntnisse angepasst(Kölling et al. 2009a, b). Im Grunde wendet man hierbei das Ver-fahren der unterstützten Wanderung (Assisted Migration, z. B.Millar et al. 2007) an. Es funktioniert folgendermaßen: Natürli-cherweise würden die Baumarten im Klimawandel pol- undbergwärts wandern, um der Erwärmung auszuweichen. Da dieWanderungsgeschwindigkeit aber nicht ausreicht, um mit demraschen Klimawandel Schritt zu halten, greift man der natür-lichen Wanderung vor und bringt Arten mit südlicherer Ver-breitung weiter nördlich aus. Analog geht man in den Gebir-gen vor. Nicht allein das hohe Tempo des Klimawandels, auchdie Fragmentierung der Landschaften macht dieses Vorgehenerforderlich. Die natürliche Wanderung der Baumart würde,auch wenn sie rasch genug von statten ginge, häufig schon ander ersten nutzungsbedingten Waldgrenze enden oder zumin-dest gewaltig behindert werden. Insofern ist die Strategie deraktiven Anpassung keine gleichwertige Alternative zu den an-deren Strategien, sondern das Mittel der Wahl bei anfälligen

Beständen und bei intensiver Forstwirtschaft, wie sie in Mit-teleuropa die Regel ist. Der klimagerechte Waldumbau undder Wechsel der Baumarten können entweder im Zuge der re-gulären Waldverjüngung oder vorauseilend unter dem Schirmdes Altholzes stattfinden (Abbildung 3). Zum Waldumbau da-zu gehören dann stets Nutzungen im stehenden Altbestand,um der nachwachsenden Generation die nötigen Ressourcen(Licht, Wasser, Nährstoffe) zu verschaffen.

Passive AnpassungDie Nachteile der dritten Strategie, der passiven Anpassung,oder besser »Selbstanpassung«, sind offensichtlich. Damit dieBaumarten von selbst die ihnen zusagenden Standorte finden,würden wir Wanderwege ohne Barrieren und effektivere Aus-breitungsarten benötigen. Man darf in diesem Zusammen-hang auch nicht vergessen, dass Bäume ja nur über ihre Ver-breitungsorgane (Samen und Früchte) wandern können undso ein gewisses Mindestalter brauchen, bevor sie überhauptdie Reise beginnen können. Die Strategie der Selbstanpassungist daher für bewirtschaftete Wälder als Alternative überhauptnicht ernsthaft zu diskutieren. Die viel zu langsame Art derSelbstanpassung würde ruckartige Vitalitätsverluste undplötzliche Mortalität zur Folge haben. Für die Forstbetriebeist diese Art des Übergangs mit kaum kalkulierbaren Risikenverbunden. Selbstanpassung mag vordergründig die aufwands-ärmste Strategie sein, die enorm hohen Risikokosten müssenjedoch in die Kalkulation einbezogen werden.

In ungenutzten, unbewirtschafteten Naturreservaten ent-spricht die Strategie der Selbstanpassung den Prinzipien desProzessschutzes und mag dort das Mittel der Wahl sein. Aller-dings wird es in den Reservaten lokal zwangsläufig zu unan-gepassten Populationen kommen, die einem schweren Schick-sal entgegensehen. Irgendwann werden sie, wenn sie an diezukünftigen Klimabedingungen nicht mehr angepasst sind, zu-sammenbrechen oder der Konkurrenz durch besser angepass-te Arten erliegen. Die Ablösung der weichenden Populationendurch solche aus weniger anfälligen Arten hängt dann ganzentscheidend davon ab, ob die weniger anfälligen Arten über-haupt im Reservat vorhanden sind oder rasch genug von au-ßen zuwandern können.

Klimagerechter Waldumbau ermöglicht Nutzungen

Waldumbau findet in bewirtschafteten Wäldern statt, in de-nen, anders als in Reservaten, natürliche Prozesse zwar in dieVerfahren implementiert sind, aber nicht per se angestrebt wer-den. Aus der bisherigen Nutzungsgeschichte, der zukünftigenKlimaentwicklung und dem zukünftigen Nutzungswunsch er-gibt sich im konkreten Fall der Anpassungsbedarf. Wie bei al-len Investitionsentscheidungen bringt der Zukunftsaspekt, derin der Forstwirtschaft besonders ausgeprägt ist, erhebliche Un-sicherheiten mit sich. Dennoch ist es auch bei unvollständigerInformationslage möglich, wirtschaftlich vernünftige Entschei-dungen zu treffen (Kölling et al. 2010). Darüber hinaus ist es ge-rade in unsicheren Zeiten unerlässlich, Flexibilität zu bewah-ren (Hahn und Knoke 2010). Im adaptiven Management versucht

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SERIE NACHHALTIGKEIT

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man, sich möglichst lange viele Optionen für die weitere Be-standsentwicklung zu erhalten, um flexibel auf neue, unerwar-tete Situationen reagieren zu können. So können durch geziel-te Anwendung des Mischungsprinzips die Folgen einesMissgriffs bei der Baumartenwahl auch in späteren Phasender Bestandsentwicklung deutlich abgemildert werden, ja eskann sogar die Baumartenzusammensetzung innerhalb gewis-ser Grenzen durch Pflegehiebe nachträglich korrigiert werden.Immer mehr wird deutlich, dass herkömmliche Planungs- undEntscheidungsmodelle durch den Klimawandel über den Hau-fen geworfen werden. Neue Methoden des Umgangs mit starkwechselnden ökologischen und ökonomischen Rahmenbedin-gungen werden benötigt (Bolte et al. 2009; Hahn und Knoke 2010).Die Zeiten ändern sich, die Wälder ändern sich und folglichmuss sich auch unser Umgang mit den Wäldern ändern.

Bedrohung oder Herausforderung?

Gerade weil es die Möglichkeit des Waldumbaus als aktive An-passungsmaßnahme gibt, sollte man nicht die Bedrohungdurch den Klimawandel in den Vordergrund stellen, sonderndie Optionen einer angemessenen Reaktion auf die neue Situa-tion. Unsere Wälder können durch den Waldumbau an Viel-falt und Stabilität gewinnen. Wenn der Waldumbau gelingt,wird damit nicht nur die Ertragssituation der Forstwirtschaftgesichert, es könnten damit auch Sympathiepunkte in der Ge-sellschaft gesammelt werden, zumal durch den Waldumbau inden meisten Fällen auch die Belange der Biodiversität voll be-rücksichtigt werden (Hartard und Schramm 2009; Reif et al. 2010).Schon jetzt gilt die Forstwirtschaft mit ihren wirkungsvollenAnpassungsprogrammen in der Reaktion auf den Klimawan-del als vorbildlicher Wirtschaftszweig. Wir leben in einer span-nenden Zeit voller neuer Herausforderungen für die Forstwirt-schaft (Brang et al. 2008; Kölling 2011), nun kommt es darauf an,die richtigen Entscheidungen zu treffen und dennoch flexibelzu bleiben: Keine leichte, aber eine lohnende Aufgabe.

Zusammenfassung

Es werden drei Reaktionen auf den Klimawandel beschrieben.Nicht-Anpassung (1) ist nur auf Waldflächen möglich, auf de-nen die vorhandenen Baumarten bereits an das zukünftige Kli-ma angepasst sind. In Bayern sind dies nach ersten Schätzun-gen etwa 75% der Waldfläche. Allerdings ist auf diesen Flächenmindestens die bisherige Bewirtschaftungsintensität nötig, un-ter Umständen werden aber auch zusätzliche Maßnahmen desWaldschutzes oder veränderte Durchforstungsmaßnahmen er-forderlich werden. Aktive Anpassung (2) bedeutet klimagerech-ten Waldumbau mit einem zumindest teilweisen Wechsel derBaumart hin zu angepassten Beständen. Klimagerechter Wald-umbau wird in Bayern auf 25% der Waldfläche notwendig wer-den. Passive Anpassung (3) bedeutet, dass sich die Beständeohne Zutun von selbst anpassen müssen. Diese Strategie istnur in nicht genutzten Totalreservaten sinnvoll, wo sie mit den

Zielen des Prozessschutzes in Einklang steht. Sie wird in anfäl-ligen Wäldern zum Zusammenbruch bestehender Strukturenund zum zögernden Aufbau neuer Strukturen führen.

Literatur

Amereller, K.; Kölling, C.; Bolte, A.; Eisenhauer, D.-R.; Groß. J.; Hane-winkel, M.; Profft; Röhe, P. (2010): Zu: Klimawandel auf dem Prüfstein.Bequeme Skepsis oder »unbequeme Wahrheit«? AFZ-DerWald, Jg. 65(3): S. 10–11

Bolte, A.; Degen, B. (2010): Anpassung der Wälder an den Klimawan-del: Optionen und Grenzen. Landbauforschung - vTI Agriculture andForestry Research 60, S. 111–118 http://literatur.vti.bund.de/digbib_ex-tern/bitv/dn046676.pdf (aufgerufen am 23.09.2011)

Bolte, A.; Ammer, C.; Löf, M.; Madsen, P.; Nabuurs, G.-J.; Schall, P.; Spat-helf, P.; Rock, J. (2009): Adaptive forest management in central Europe:Climate change impacts, strategies and integrative concept. Scandinavi-an Journal of Forest Research 24, S. 471–480

Brang, P.; Bugmann, H.; Bürgi, A.; Mühlethaler, U.; Rigling, A.; Schwit-ter, R. (2008): Klimawandel als waldbauliche Herausforderung. Schweiz-erische Zeitschrift für Forstwesen 159, S. 362–373

Hahn, A.; Knoke T. (2010): Sustainable development and sustainableforestry: Analogies, differences, and the role of flexibility. European Jour-nal of Forest Research 129: S. 787–801

Hartard, B.; Schramm, E. (2009): Biodiversität und Klimawandel in derDebatte um den ökologischen Waldumbau – eine Diskursfeldanalyse.BiK-F Knowledge Flow Paper Nr. 1. Forschungszentrum Biodiversitätund Klimawandel. http://www.bik-f.de/files/publications/kfp_nr-1neu__1f9387.pdf (aufgerufen am 23.09.2011), S. 1–18

Kölling, C. (2011): Klimawandel – eine Herausforderung für Forstwirt-schaft und Forstwissenschaft. AFZ-DerWald Jg. 66 (13), S. 14–17

Kölling, C.; Bachmann, M.; Falk, W.; Grünert, S.; Schaller, R.; Tretter, S.;Wilhelm, G. (2009a): Klima-Risikokarten für heute und morgen. Der klimagerechte Waldumbau bekommt vorläufige Planungsunterlagen.AFZ-DerWald 64, S. 806–810

Kölling, C.; Dietz, E.; Falk, W.; Mellert, K.-H. (2009b): Provisorische Kli-ma-Risikokarten als Planungshilfe für den klimagerechten Waldumbauin Bayern. Forst und Holz, 64 (7/8), S. 40–47

Kölling, C.; Beinhofer, B.; Hahn, A.; Knoke, T. (2010): »Wer streut, rutschtnicht« – Wie soll die Forstwirtschaft auf neue Risiken im Klimawandelreagieren?. AFZ-DerWald Jg. 65(5): S. 18–22

Millar, C. I.; Stephenson, N. L.; Stephens, S. L. (2007): Climate changeand forests of the future: managing in the face of uncertainty. Ecologi-cal Applications 17, S. 2145–2151

Reif, A.; Brucker, U.; Kratzer, R.; Schmiedinger, A.; Bauhus, J. (2010):Waldbau und Baumartenwahl in Zeiten des Klimawandels aus Sichtdes Naturschutzes. BfN-Skripten 272 (Bundesamt für Naturschutz)http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/Skript272.pdf(aufgerufen am 23.09.2011), S. 1–125

Dr. Christian Kölling leitet die Abteilung »Boden und Klima« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan. [email protected]

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KURZ UND BÜNDIG

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NachrichtenNachrichten

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Cluster Forst und Holz: Seit fünf Jahren erfolgreich

Der Cluster Forst und Holz hat in den ersten fünf Jahren sei-nes Bestehens einen wichtigen Beitrag zur positiven Entwick-lung dieses starken bayerischen Wirtschaftszweigs beigetra-gen. »Mit der erfolgreichen Arbeit des Clusters ist es gelungen,die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und For-schung deutlich zu festigen, auszubauen und zu intensivieren«,sagte Bayerns Forstminister, Helmut Brunner, bei einer Fest-veranstaltung Ende November 2011 im Bayerischen Landtag.Damit werde langfristig die Wettbewerbs- und Zukunftsfähig-keit der Branche nachhaltig gestärkt. Mittlerweile hat der Clus-ter bayernweit 13 regionale Produktionsnetzwerke zwischenUnternehmen, nachgelagerten Industrien und Wissenschaftmit aufgebaut. Dank der großen Zahl von Cluster-Aktivitäten,Fachtagungen und Messen sind Forst und Holz präsent undihre Potentiale deutlich gemacht worden. Der Freistaat hattedie Cluster-Arbeit in den ersten fünf Jahren mit circa 1,6 Mil-lionen Euro gefördert und stellt in den kommenden vier Jah-ren eine weitere knappe Million Euro zur Verfügung.

Als wichtiges Zukunftsthema wird sich der Cluster ver-stärkt der Nutzung von Laubholz widmen. »Für den klimato-leranteren Mischwald von morgen brauchen wir mehr Laub-holz, aber auch entsprechende Verwendungsmöglichkeitendafür«, so Brunner. Der Cluster will diese Entwicklung als Im-pulsgeber verstärken und den Weg von Innovationen in diePraxis beschleunigen.

Die Forst- und Holzwirtschaft ist mit jährlich 37 Milliar-den Umsatz und 190.000 Beschäftigten einer der bedeutend-sten Wirtschaftszweige in Bayern. red

Infos unter: www.cluster-forstholzbayern.de, www.forst.bayern.de

Waldbrand am Sylvensteinspeicher

Am Nordufer des Sylvenstein-Stausees brannten Mitte Novem-ber circa 14 Hektar Schutzwald. Trotz des raschen Einsatzeskonnten Feuerwehrleute und Löschhubschrauber aus Bayernund Tirol die vielen Bodenfeuer im steilen Gelände am Fal-kenberg erst nach mehreren Tagen löschen.

Im November herrschte in den bayerischen Alpen eine er-höhte Waldbrandgefahr, nachdem eine lang anhaltende Tro-ckenheit sowie eine stabile Föhnwetterlage Böden und Vege-tation extrem austrockneten. Bereits circa vier Wochen vordem Waldbrandereignis registrierte der Deutsche Wetterdienst(DWD) keine nennenswerten Niederschläge mehr. Eine ähn-liche Trockenphase habe es zuletzt vor 40 Jahren gegeben, hießes beim DWD. red

Unter Bäumen. Die Deutschen und der Wald

Der Wald in Deutschland ist mehr als die Summe seiner Bäu-me. Wenn sie bedroht sind, gehen die Deutschen auf die Bar-rikaden. Denn der Wald ist in unserem Land nicht nur einevon der Forstwirtschaft geformte Kulturlandschaft und dasErgebnis moderner Freizeitgestaltung zwischen GPS-gestütz-ten Wanderungen und Baumwipfelpfaden. Wälder und Bäu-me verfügen zugleich über hohe symbolische, spirituelle, mär-chengleiche Ausstrahlungskräfte und sind seit jeherGegenstand deutscher Dichtung, Kunst und Musik. Auf dieseWeise hat sich der Wald tief im Bewusstsein der Deutschenverankert – nicht nur, wenn wir unter Bäumen wandeln.

Diese besondere Beziehung der Deutschen zum Wald vi-sualisiert die Ausstellung » Unter Bäumen. Die Deutschen undder Wald« des Deutschen Historischen Museums in Berlin.Sie konzentriert sich zunächst auf die Zeit der Romantik um1800, in der Wald und Bäume zum Gegenstand einer wissen-

Foto: Baumgart/StMELF

Forstminister Helmut Brunner (r.) mit Cluster-Sprecher Prof. Dr. Gerd Wege-ner und einer Skulptur, die in Form von stilisierten Jahresringen die verschie-denen Nutzungsmöglichkeiten von Holz sybolisiert.

Foto: W. Pfadler

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KURZ UND BÜNDIG

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Bayern: Waldbericht 2011

Bayerns Wälder werden immer vielfältiger, stabiler und struk-turreicher. Das geht aus dem Waldbericht 2011 vor. Danachhat in den vergangenen Jahren der Anteil an Laub- und Misch-wäldern ebenso zugenommen wie die Naturnähe und die öko-logische Qualität. »Der bayerische Weg einer nachhaltigen undnaturnahen Bewirtschaftung der Wälder, welche die Belangedes Natur- und Landschaftsschutzes auf ganzer Fläche inte-griert, hat sich sehr bewährt«, betonte Bayerns ForstministerHelmut Brunner.

Der 2011 erstmals als Nachfolger des bisherigen Waldzu-standsberichts erstellte und künftig im dreijährigen Turnus ge-plante Waldbericht stellt die ökologischen, ökonomischen, so-zialen und kulturellen Leistungen des Waldes umfassend dar.Im Freistaat wurde dazu in den vergangenen Jahren ein um-fassendes Wald-Monitoring-System aufgebaut. Die Informatio-nen sind eine unerlässliche Grundlage für naturnahe Forst-wirtschaft und alle forstpolitischen Weichenstellungen.

Ein Bestandteil des Waldberichts sind die Ergebnisse derjährlichen Baumkronenerhebung. Danach hat sich die Ge-sundheit der Waldbäume im Vergleich zum Vorjahr weiterleicht verbessert. Der mittlere Nadel- und Blattverlust ist uminsgesamt 0,3 Prozentpunkte auf 19,8 Prozent zurückgegan-gen – zuletzt war im Jahr 2001 die 20-Prozent-Grenze unter-schritten worden. Die Ergebnisse basieren auf einer Untersu-chung der Baumkronen durch speziell geschulte Försterinnenund Förster, die bayernweit auf 371 Inventurpunkten knapp9.000 Bäume erfasst haben. red

Der Waldbericht 2011 findet sich im Internet unter: www.forst.bayern.de

60.500 Wildschweine in Bayern erlegt

Bayerns Jägerinnen und Jäger haben in der Jagdsaison 2010/1160.500 Wildschweine erlegt – das ist ein Drittel mehr als imJahr zuvor und das bislang zweithöchste jemals im Freistaaterreichte Ergebnis. Zu verdanken ist der Erfolg in allerersterLinie dem unermüdlichen Einsatz der Jäger und der immerbesseren Zusammenarbeit mit den Grundeigentümern, wieBayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner sowie Ver-treter des Jagdverbands, des Bauernverbands und des Wald-besitzerverbands nach einem Treffen in München einmütigbetonten. Gleichzeitig appellierten Minister und Verbände andie Jäger, die vielerorts überhand nehmenden Wildschweineweiter intensiv zu bejagen, um die zunehmenden Schäden inder Landwirtschaft und die steigende Gefahr von Wildunfäl-len und Schweinepest in den Griff zu bekommen. Der Minis-ter und die Verbände raten deshalb, die im Jahr 2002 gemein-sam erarbeiteten »Empfehlungen zur Reduktion überhöhterWildschweinbestände« konsequent umzusetzen. StMELF

Ehrenpreis für Dr. Georg Sperber

Im Rahmen der Verleihung des ersten Deutschen Naturschutz-preises am 17. November 2011 zeichnete Bundesumweltminis-ter Dr. Norbert Röttgen den ehemaligen Forstamtsleiter desdamaligen unterfränkischen Forstamtes Ebrach, Forstdirek-tor Dr. Georg Sperber, mit dem Ehrenpreis des Deutschen Na-turschutzpreises aus. Dr. Georg Sperber war neben Dr. HansBibelriether Mitbegründer des Nationalparks BayerischerWald. Er erhält den mit 10.000 Euro dotierten Sonderpreis inWürdigung seines langjährigen herausragenden und beispiel-haften persönlichen Engagements für den Waldnaturschutz inDeutschland.

Der Preis geht auf eine gemeinsame Initiative des Bundes-amts für Naturschutz (BfN) und des Outdoor-Herstellers JackWolfskin zurück und will insbesondere Naturbewusstsein undbürgerschaftliches Engagement im Naturschutz fördern. red

Foto: M. Magunia/intention

Dr. Georg Sperber (li.) erhält aus den Händen von BundesumweltministerDr. Norbert Röttgen den Ehrenpreis des Deutschen Naturschutzpreises.

schaftlich fundierten Forstwirtschaft werden und zugleich dieLiteratur, die Musik und die bildende Kunst als Motiv undThema bereichern. Vor allem die Malerei – sie bildet das Herz-stück der Ausstellung – formte Muster der Wahrnehmung, diebis heute unseren Blick auf den Wald prägen.

Auf großzügiger Ausstellungsfläche gerät aber auch dieRolle des Waldes als Ort der Gewalt, als Bühne der Macht, alsInbegriff nationaler Identität, als Teil der Populär- und Trivi-alkultur und als touristischer Sehnsuchtsraum in den Blick.Ausgeleuchtet wird zudem der auf den Wald fixierte Natur-schutz bis hin zur Debatte um das »Waldsterben«. Mehrerehundert Exponate bringen vor allem eins zur Anschauung: Dieallmähliche Entwicklung des Naturraums »Wald« zur Projek-tionsfläche für künstlerische, politische, wirtschaftliche undwissenschaftliche Vorstellungen und Gestaltungen. red

Die Ausstellung ist noch bis zum 4. März 2012 zu besichtigen.Mehr Infos unter: http://www.dhm.de/root/besucherinfos.htm

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Impressum

LWF aktuell – Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald undForstwirtschaft im Zentrum Wald-Forst-Holz WeihenstephanLWF aktuell erscheint sechsmal jährlich zuzüglich Sonderausgaben. Erscheinungsdatum der vorliegenden Ausgabe: 9. Januar 2012Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.

Herausgeber:Olaf Schmidt für die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaftund für das Zentrum Wald-Forst-Holz WeihenstephanHans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1, 85354 Freising Telefon: 0 8161|71-4881, Telefax: 0 81 61|71-4971 www.lwf.bayern.de und www.forstzentrum.de [email protected]: Michael Mößnang V.i.S.d.P. Redaktion: Michael Mößnang, Anja Hentzschell-Zimmermann,Florian Mergler (Waldforschung aktuell)Gestaltung: Christine HopfLayout: Grafikstudio 8, LangenbachDruck: Humbach und Nemazal, PfaffenhofenAuflage: 4.300 StückPapier: aus nachhaltiger Forstwirtschaft

Bezugspreis: EUR 5,– zzgl. Versandfür Mitglieder des Zentrums Wald-Forst-Holz Weihenstephan e.V. kostenlos Mitgliedsbeiträge: Studenten EUR 10,– / Privatpersonen EUR 30,– /Vereine, Verbände, Firmen, Institute EUR 60,–ISSN 1435-4098

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, erwünscht, aber nur nach Rücksprache mit dem Herausgeber (schriftliche Genehmigung). Wir bitten um Quellenangabe und Überlassung von Beleg exemplaren.

Nächste Ausgabe:Vier Jahre Klimaforschungan der LWFIm Jahr 2007 beschloss die Bayerische Staatsregierung dasKlimaprogramm Bayern 2020. Damit will Bayern zum ei-nen die Hauptursache des Klimawandels gezielt angehen,nämlich den Ausstoß an Treibhausgasen weiter verringern.Zum andern sind die Anpassung an die unvermeidlichenFolgen der Klimaveränderung sowie eine fundierte Klima-forschung als Grundlage für weitergehende strategischeEntscheidungen weitere wichtige Ziele.

Im Rahmen dieses Programms bearbeiten Wissenschaft-ler an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft (LWF) – teils in nationalen und internationalenKooperationen – ein ganzes Bündel unterschiedlicher For-schungsprojekte. Über den aktuellen Stand der forstlichenKlimaforschung an der LWF berichten die Wissenschaftlerauf einem Klimasymposium, das die Bayerische Landesan-stalt für Wald und Forstwirtschaft am 1. März 2012 in Frei-sing-Weihenstephan veranstaltet.

In unserer nächsten Ausgabe von LWF aktuell wollenwir das Thema dieser Tagung aufgreifen und aus der Viel-zahl von Forschungsprojekten einige Vorhaben, ihre Zieleund Ergebnisse in einem eigenen Schwerpunkt vorstellen.

red

LWF aktuell 86/2012

Internationales Jahr der Wälder: Ein Erfolg in Bayern

Das von den Vereinten Nationen ausgerufene »Internationa-le Jahr der Wälder« hat sich im Freistaat zu einem großen Er-folg entwickelt. Am 12. Dezember 2011 hob Bayerns Forstmi-nister Helmut Brunner bei einem Staatsempfang zumAbschluss des Aktionsjahres in der Münchner Residenz her-vor, dass sich bei mehr als 1.000 Veranstaltungen in ganz Bay-ern eine halbe Million Menschen über den Wald und seineLeistungen für die ganze Gesellschaft informiert haben. Zielwar und ist es, den Menschen vor Augen zu führen, welch un-schätzbaren Wert die nachhaltige und naturnahe Waldbe -wirtschaftung habe. Die Wälder sind nicht nur Lieferant desumweltfreundlichen Rohstoffs Holz, sondern auch Rückzugs-räume für seltene Tier- und Pflanzenarten und wertvoller Er-holungsraum für die Menschen. Außerdem verbessern sieLuft- und Wasserqualität und schützen vor Naturgefahren wieLawinen und Hochwasser.

All diese vielfältigen Funktionen kann der Wald nach denWorten des Ministers nur durch eine naturnahe und nachhal-tige Bewirtschaftung auf ganzer Fläche erfüllen. Einer großflä-chigen Stilllegung von Wald erteilte er eine klare Absage undbetonte, dass angesichts der Herausforderungen von Klima-schutz und Energiewende gerade Bayern als bundesweit bedeu-tendstes Waldland auf die Potentiale des nachwachsenden Roh-stoffs Holz nicht verzichten kann. Brunner: »Es macht keinenSinn, große Schutzgebiete auszuweisen und dafür die übrigenFlächen dann umso intensiver zu bewirtschaften.« red

Weitere Informationen zum »Internationalen Jahr der Wälder« und zur nachhaltigen Forstwirtschaft gibt es unter:www.forstwirtschaft-schafft-leben.de

Staatspreise für vorbildliche Waldbesitzer

Vierzehn Staatspreise hat Forstminister Helmut Brunner beieinem Festakt am 8. Dezember 2011 in München an bayeri-sche Waldbesitzer verliehen, die ihre Wälder vorbildlich be-wirtschaften und pflegen. Wie Brunner in seiner Laudatio her-vorhob, haben sich alle Preisträger seit Jahrzehnten für denAufbau artenreicher und gepflegter Mischwälder engagiertund diese nachhaltig und zukunftsorientiert bewirtschaftet.Die Auszeichnung, die alle zwei Jahre vergeben wird, standunter dem Motto »Forstwirtschaft schafft Leben«. Qualifizierthatten sich 54 Bewerber aus ganz Bayern. Die Preisträger kom-men aus allen sieben Regierungsbezirken des Freistaats.

Den Staatspreis für vorbildliche Waldbewirtschaftung gibtes seit 1997. Er würdigt die besonderen Leistungen von Wald-besitzern und forstlichen Zusammenschlüssen bei Baumar-tenwahl, Waldbau, überbetrieblichem Engagement, Holzwer-bung und Betriebsführung. StMELF

Mehr Informationen zum Staatspreis unter: www.forst.bayern.de

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Vom Beil zur Säge

Vor etwa 12.000 Jahren begannen die Menschen, Werkzeuge wie zum Beispiel das

Steinbeil herzustellen. Man sieht es diesen Beilen nicht an, aber mit ihnen waren die

Steinzeitmenschen sehr wohl in der Lage, Bäume zu fällen. Mit der Entdeckung des

Kupfers wurden Kupferäxte hergestellt. Im Gegensatz zu Beilen besitzen Äxte ein

Axtloch, das den Axtstiel aufnimmt. Damit konnte man wesentlich kräftigere Hiebe

führen als mit einem Beil. Beil und Axt waren nicht nur im Kampf mitgeführte Waf-

fen, sie wurden auch in der Waldarbeit eingesetzt. Allerdings erkannte man im 18.

Jahrhundert, dass der Holzverlust bei der Arbeit mit der Axt sehr groß war. Daher for-

derte man immer wieder, anstelle von Äxten Sägen zu verwenden.

Ein Forstmeister aus Oberösterreich hielt um 1820 seine Arbeiter an, Sägen zu be-

nützen. Sein Ergebnis: »Wenn zween Arbeiter zu einer Saag zusammen kommen, die

sich einander nachzugeben und die Saag geschickt zu führen wissen, schneiden diese

wohl vier- bis fünfmal eher ab, als ein Arbeiter abhacke.« Mit der Zeit bestanden im-

mer mehr Forstverwaltungen darauf, dass die Bäume mit einer Säge gefällt wurden.

Dennoch blieb die Axt bis ins 20. Jahrhundert hinein das wichtigste Werkzeug der

Waldarbeiter.Quelle: http://www.wald.lauftext.de

AusgezeichnetErlesenes aus alten Quellen

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