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242 Geschäftsprozesse
Beispiel BMW – Produktionsprozess
Der Auftrag des Kunden Wunder ist bereits bei den BMW-Werken eingetroffen. Der Auftrag lautet wie folgt: BMW 320i, viertürige, imperialblaue Limousine mit spezieller Innenausstattung (Sportsitze, GPS usw.), Aussenspiegel mit Chrom-Spiegelrahmen und Allradantrieb. Doch wie schafft es BMW nun, das Fahrzeug termingerecht in der richtigen Qualität und zu tiefen Kosten herzu-stellen? Bevor diese Frage beantwortet wird, soll der Produktionsprozess ge-schildert werden:
Presswerk Die Produktion jedes BMW beginnt mit einer Blechrolle, dem so genannten Coil. Dieses wird sorgfältig für das jeweilige Karosserieteil aus ge-sucht, um den hohen BMW-Qualitätsanforderungen zu entsprechen.Zunächst wird das Coil abgerollt und in Stahlplatinen geschnitten. Diese werden in ihre neue Form gezogen und weiter bearbeitet. Je nach Teil sind vier bis sechs Arbeitsschritte dazu notwendig.
D 5 Leistungserstellungsprozess
Leitfragen – Was wird unter dem Begriff Produktion/Fertigung verstanden? – Welche Aufgaben hat die Produktionslogistik? – Wie wird das Produktionsprogramm eines Unternehmens geplant? – Welche Schritte umfasst die Produktionsplanung und -steuerung (PPS)? – Welche Fertigungstypen und -verfahren werden unterschieden? – Welches sind Kennzahlen zur Bewertung der Produktion? – Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Erstellung von Dienst leistungen?
SchlüsselbegriffeProduktion, Produktionslogistik, Produktionsprogramm, Produktionspro-grammtiefe, Produktionsprogrammbreite, Produktionsplanung, Produktions-steuerung, Primärbedarfsplanung, Sekundärbedarfsplanung, Terminplanung, Durchlaufzeit, Vorwärtsterminierung, Rückwärtsterminierung, Kapazitäts-planung, Auftragsfreigabe, Maschinenbelegung, Fertigungstypen, Fertigungs-verfahren
Verankerung im ModellDie Geschäftsprozesse verkörpern die Kernaktivitäten eines Unternehmens. Sie unterteilen sich in Kunden- und Leistungserstellungsprozesse. Kundenpro-zesse konzentrieren sich auf den Kunden und versuchen diesen durch geeignete Massnahmen zu umwerben, zu gewinnen und an das Unternehmen zu binden. Leistungserstellungsprozesse hingegen gehen von Vorleistungen aus und füh-ren über die Transformation1 (bei Produkten) oder Verrichtung am Kunden oder deren Objekte (bei Dienstleistungen) zu Leistungen. Der Prozess der Leis-tungserstellung umfasst die Produktion von Sachgütern und die Erbringung von Dienstleistungen.
1 Transformation: Umfor-mung oder Umwandlung
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Karosseriebau Im Karosseriebau werden die einzelnen Teile aus dem Press-werk zu immer grösseren Komponenten gefügt – bis zur fertigen Karosserie. Roboter erledigen das Punktschweissen zehntelmillimetergenau und setzen die Schweisspunkte mit stets gleich bleibender Präzision. Neben verschiedenen Schweisstechniken wie Punkt- und Laserschweissen werden im Karosseriebau auch andere Verbindungstechniken eingesetzt: Viele Teile werden zusätzlich mit speziellen Klebstoffen verbunden.
Lackiererei Bevor der schützende Lack aufgetragen werden kann, ist eine Vor-behandlung der Karosserie erforderlich. Nach der Reinigung taucht sie in eine Phosphatlösung, die eine einheitliche Grundlage für die weiteren Lackschichten bildet. Nun werden vier Lackschichten in verschiedenen Arbeitsgängen aufge-tragen: In der kathodischen Rotations-Tauch-Anlage wird die Grundierung aufgetragen, die – bedingt durch das vollständige Eintauchen der Karosserie – den entscheidenden Korrosionsschutz garantiert. Danach tragen Roboter und Lackiermaschinen Füller, Basis- und Klarlack auf.
Motorenbau Die Mitarbeiter montieren über 400 Teile zu einem Motor zusam-men. Dabei werden sämtliche Montageschritte und Verschraubungen unmittel-bar getestet. Jeder Motor wird gemäss Länderausführung, Fahrzeug und Aus-stattung einzeln gefertigt.Der neue BMW-typische Reihensechszylinder besitzt ein Kurbelgehäuse aus Magnesium-Aluminium-Verbund. Dies macht ihn um 25 % leichter als einen herkömmlichen Serienmotor aus Aluminium. So setzt dieser Motor neue Mass-stäbe, verlangt damit aber auch modernste Fertigungstechnologien.
Montage Zu Beginn der Montage wird die Fahrgestellnummer eingeritzt und das Auto damit direkt seinem künftigen Besitzer zugeordnet. Mehrere tausend Teile werden in der Montage den Kundenwünschen entsprechend zusammen-gesetzt. Qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sorgen im Zusammenspiel von Handarbeit und hochmodernen Anlagen für erstklassige Qualität. Darauf basiert der Erfolg des Produkts – und des Unternehmens.
Endmontage Die Endmontage beginnt, wenn der Motor mit dem Fahrwerk auf die Karosserie trifft. „Hochzeit“ nennen viele dieses Ereignis.Nach dem Betanken und Befüllen des Fahrzeugs mit Brems- und Kühlflüssig-keit kommt der grosse Moment: Zum ersten Mal fährt das Auto aus eigener Kraft. Doch noch ist die Produktion nicht zu Ende. Das Auto wird umfassenden Prüfungen unterzogen. Im Rollenprüfstand werden alle Systeme bei voller Fahrt auf Herz und Nieren geprüft.
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Abb. 135
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244 Geschäftsprozesse
5.1 Produktionslogistik
Unter Produktion wird die Umwandlung von Sachgütern und Dienstleistungen in andere Sachgüter und Dienstleistungen verstanden (beispielsweise von Blech und anderen Materialien zu einem Auto).
Die Aufgabe der Produktion1 besteht in der Planung, Durchführung und Kontrolle der Güterherstellung. Die Ziele der Produktion können mit den so genannten „sechs R der Produktion“ umschrieben werden:Die Richtige Menge der Richtigen Objekte ist am Richtigen Ort zum Richtigen Zeitpunkt in der Richtigen Qualität zu den Richtigen Kosten zu erstellen.Das Qualitätsziel wird durch das Qualitätsmanagement→ zu erreichen versucht. Die Sicherstellung einer hohen Qualität ist eine der Hauptaufgaben der Produktionsabteilung: Eine schlechte Qualität führt zu einem Reputationsschaden, dessen Folgen geringere Absatzzahlen und damit kleinere Gewinne wären.Das Qualitätsziel und die übrigen Erfordernisse der Produktion können nur dann erreicht werden, wenn alle Produktionsfaktoren→ koordiniert zum Einsatz kommen. Aus diesem Grund muss der Einsatz der Produktionsfaktoren klar geplant und überwacht werden. Diese Aufgabe übernimmt die Produktionslogistik.
Die Produktionslogistik hat die Aufgabe, den Produktionsprozess art- und mengenmässig, räumlich und zeitlich abgestimmt mit den benötigten Pro-duktionsfaktoren zu versorgen.
Die Entsorgung der bei der Produktion anfallenden Abfallprodukte übernimmt die Entsorgungslogistik. Die im Kapitel Materialwirtschaft eingebrachte Übersicht→ zeigt die Zusammenhänge der Produktionslogisitik mit anderen logistischen Teilbereichen.Insbesondere ist der Zusammenhang zwischen der Produktionslogistik und der Lagerlogistik→ an dieser Stelle von Bedeutung.
1 Die Begriffe Produktion und Fertigung werden im Folgenden analog verwendet.
→ Aufgabe 1
→ S. 231 Abbildung verschiedene Logistiken
→ S. 236 Lagerlogistik
→ S. 526 Qualitätätsmanage-ment
→ S. 24 Betriebswirtschaft-liche Produktions faktoren
Beispiel BMW – Autospiegelmontage
Bei der Montage der Autospiegel für eine Serie2 von Autos muss die richtige Anzahl Mitarbeiter bereitstehen, um eine grosse Bestellmenge termingerecht fertigstellen zu können. Zu wenig Mitarbeitende haben eine Lieferverzögerung zur Folge; zu viele bedeuten, dass einige untätig herumstehen (hohe Kosten).
2 Serie: Serie oder Serienfer-tigung meint die gleich zeitige oder aufeinander folgende Erzeugung gleicher Pro-dukte.
5.2 Produktionsprogrammplanung
Bei BMW gehen täglich tausende von Kundenbestellungen ein. Im Idealfall wären die gegebenen Ressourcen (Arbeitskräfte, Maschinen und Material) in jedem Werk optimal ausgelastet: Dies bedeutet, dass im Unternehmen tätige Menschen und Maschinen weder unterbeschäftigt sind noch überbeansprucht werden. Im Falle einer Unterbeschäftigung entstehen unnötig hohe Kosten
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245
→ S. 290 Programmbreite und -tiefe bzw. Sortiments-breite und -tiefe
→ Aufgaben 2 und 3
→ S. 230 Lagerkosten
Ein Produktionsprogramm ist dann optimal, wenn damit das Gewinnmaximum erzielt werden kann. Welches aber das optimale Produktionsprogramm ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
– Beschaffung: Möglicherweise stehen die zur Herstellung benötigten Materialien nur begrenzt zur Verfügung.
– Kapazität: Es können nicht mehr Produkte hergestellt werden, als mit den gegebenen Ressourcen (Anzahl Maschinen und Arbeitskräfte) möglich ist.
– Absatz: Es sollten nicht mehr Produkte hergestellt werden, als tatsächlich abgesetzt werden können. Eine Überproduktion macht wegen der entstehenden Lagerkosten→ keinen Sinn.
Beispiel BMW – Produktionsprogramm
Rund 10 000 Mitarbeitende aus über 90 Nationen fertigen in München die 3erReihe als Limousine und Touringmotoren sowie Sechs, Acht und Zwölfzylindermotoren und schliesslich die Hochleistungsmotoren für BMWMFahrzeuge.
Produktionsprogramm des BMW-Werks München
Automobile – Limousinen (3er-Reihe)
Motoren – Touringmotor – Sechs-, Acht- und Zwölf-
zylinder – Hoch leistungsmotoren
Produktionsprogrammbreite
Produktionsprogram
mtiefe
1 Burnout (engl.): ausge-brannt: Erschöpfungser-scheinung beim Menschen, welche infolge einer langfris-tigen Überbelastung auftritt.
(z. B. Lohn und Zinskosten), während eine Überbeschäftigung bei Menschen zu Burnouts1 führen kann. Auch Maschinen sollten nicht überbeansprucht werden, da die fehlende Wartung deren Verschleiss zur Folge hat. In diesem Zusammenhang ist das Produktionsprogramm eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung.
Das Produktionsprogramm bestimmt die Art, die Menge und auch den Zeit-punkt der zu produzierenden Produkte in einem Unternehmen.
Mit der Produktionsprogrammbreite→ ist die Anzahl der von einem Unternehmen hergestellten Produktarten gemeint. Die Produktionsprogrammtiefe bestimmt die Anzahl der Artikel und Typen, die innerhalb einer Produktart vom Unternehmen angeboten werden.Zum Produktionsprogamm gehören nicht nur die Produkte selbst, sondern auch Dienstleistungen, welche vom Unternehmen angeboten werden (z. B. Beratungshotline, Reparaturservice).
Abb. 136
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246 Geschäftsprozesse
5.3 Produktionsplanung und -steuerung
Produktionsprozesse sind komplex und schwer zu steuern, weil … – viele Produkte zeitgleich produziert werden, – die Produkte zur richtigen Zeit absatzbereit sein müssen und – die Ressourcen optimal ausgeschöpft werden müssen.
Diese grossen Herausforderungen können nur gemeistert werden, wenn ein Unternehmen systematisch plant und den Produktionsprozess nahtlos steuert. Gelingt das, wird von einer effizienten Produktionsplanung und -steuerung (PPS) gesprochen. Die PPS teilt sich in zwei Bereiche auf:
– Die Produktionsplanung: Sie plant Vorgänge 1–12 Monate im Voraus. – Die Produktionssteuerung: Sie gibt basierend auf der Planung Aufträge 1–2 Wochen vorher frei und steuert diese.
Beide Bereiche greifen ineinander über und sind insbesondere in vielen Betrie-ben meist in einem Verantwortungsbereich zusammengefasst.Themen, welche im Zusammenhang mit der PPS eine zentrale Rolle spielen, zeigt die folgende Abbildung im Überblick:
Produktionsplanung und -steuerung (PPS)
Pro
dukt
ions
plan
ung
Pro
dukt
ions
steu
erun
g
Primärbedarfsplanung
Sekundärbedarfsplanung
Auftragsfreigabe
Maschinenbelegungsplan
Rückmeldung mit Betriebsdatenerfassung
Terminplanung Kapazitätsplanung
Primärbedarfsplanung
Jede Produktionsplanung beginnt mit der Planung des Primärbedarfs1 (Pri-märbedarfsplanung): Ziel dieser Planung ist die grobe Festlegung der Anzahl fertiggestellter Produkte, welche über einen längeren Zeitraum (3–12 Monate) von den Kunden nachgefragt werden. Die Ermittlung erfolgt auf Grundlage ei-ner Absatzprognose2 und/oder den bereits von Kunden erteilten Aufträgen für den Planungs horizont. Basis für die Prognose bilden die Absatzzahlen aus zu-rückliegenden Perioden. Diese Prognose ist mit grossen Unsicherheiten ver-bunden, welche mit der Länge des Planungszeitraumes anwachsen.
1 Primärbedarf: Bedarf an verkaufsfähigen Erzeug-nissen
2 Absatzprognose: in Zu-kunft erwartete Menge der verkauften Produkte eines Unternehmens innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
Abb. 137
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3 Sekundärbedarf: Die Materialmenge, die zur Herstellung des Primärbedarfs benötigt wird.
Sekundärbedarfsplanung
Damit das Produktionsprogramm realisiert werden kann, wird der Materialbedarf mithilfe der Sekundärbedarfsplanung3 bestimmt. Die verbrauchsgesteuerte Planung basiert auf den Verbrauchswerten der Vergangenheit und eignet sich für konstante oder saisonal ändernde Bedarfsverläufe. Der Vorteil dieser Methode liegt im geringen Planungsaufwand. Durch Sicherheitsbestände→ können Unsicherheiten bei den Verbrauchswerten kompensiert werden. Eine aktuelle und korrekte Lagerbestandsfortschreibung ist Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz der Sekundärbedarfsplanung.Die programmorientierte Planung ist aufwändiger, weil bei dieser Planungsart der Materialbedarf nicht anhand der Verbrauchswerte der Vorjahre ermittelt, sondern anhand der Schätzungen der Produktions bzw. der Vertriebsabteilung vorgegeben wird. Das Ziel liegt dabei in der genauen Bestimmung des künftigen Materialbedarfs nach Massgabe des Produktions und Vertriebsprogramms in Bezug auf Menge und Zeitpunkt. Der Sekundärbedarf wird demnach aus dem vorgängig ermittelten Primärbedarf berechnet.
Termin- und Kapazitätsplanung
Ein produzierendes Unternehmen, das täglich eine Vielzahl von Bestellungen entgegennimmt, muss die Produktion genauestens planen. Zu diesem Zweck wird eine betriebsinterne Terminplanung erstellt. Dabei stellen sich zwei zentrale Fragen:
– Wann müssen die Komponenten beim Lieferanten bestellt werden, damit sie zum richtigen Zeitpunkt zur Produktion bereitstehen?
– Wann muss spätestens mit der Produktion begonnen werden, damit die fertigen Erzeugnisse termingerecht an den Kunden ausgeliefert werden können?
Bei der Terminplanung ist die Durchlaufzeit von enormer Bedeutung.
Der Begriff Durchlaufzeit bezeichnet die Zeitspanne, die bei der Herstellung eines Produkts zwischen dem Beginn des ersten und dem Ende des letzten Arbeitsvorgangs vergeht.
Das Unternehmen ist darauf bedacht, die Durchlaufzeit zu minimieren, um die Lagerunterhaltungskosten und die Kapitalbindung so tief wie möglich zu halten und den Kunden schnell zu bedienen. Die Durchlaufzeit setzt sich aus vier Bestandteilen zusammen:
Durchlaufzeit
Durchlaufzeit
DurchführungszeitRüstzeit + Ausführungszeit
ÜbergangszeitLiegezeit + Transportzeit+
→ S. 236 Lagerfunktionen; Sicherheitsfunktion
Abb. 138
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248 Geschäftsprozesse
Die Rüstzeit und die Ausführungszeit werden unter dem Begriff Durchfüh-rungszeit zusammengefasst. Die Übergangszeit entspricht der Summe der Lie-gezeit und der Transportzeit.
Begriff Erklärung Beispiel BMW
Rüstzeit Die Zeit, die benötigt wird, um die Produktions-infrastruktur (Maschine, Werkzeuge und andere Ressourcen) für den nächsten Auftrag auszu-wechseln oder vorzubereiten.
– Ausstattung der Lackiermaschine mit der vom Kunden gewünschten Farbe.
Ausführungszeit Die Zeit, die beansprucht wird, um an dem zu produzierenden Gut eine geplante Veränderung vorzunehmen.
– Lackierung der Autokarosserie
Liegezeit Während dieser Zeit kann aufgrund des Ar-beitsablaufs oder einer Störung nicht an einem Arbeitsgegenstand gearbeitet werden.
– Die Autokarosserie muss vor der Weiterverarbeitung trocknen.
– Ein Stromausfall unterbricht die Arbeit an den Maschinen für eine Stunde.
Transportzeit Die Zeit, die zum Transport des zu produzie-renden Gutes vom aktuellen Arbeitsort zum Ort des folgenden Arbeitsschrittes gebraucht wird.
– Die Karosserie wird für die Endmontage in die Montagehalle transportiert.
Ziel eines produzierenden Unternehmens ist, den Kunden eine kurze Lieferfrist und eine hohe Liefertreue zu garantieren. Um dies zu erreichen werden die Pro-duktionsaufträge mit Terminen versehen (terminiert). Dabei können zwei Ter-minierungsregeln unterschieden werden: Die Vorwärtsterminierung und die Rückwärtsterminierung.Für die Terminierung werden einzelne Arbeitsvorgänge (AVO) definiert. Diese setzen sich aus einem oder mehreren Bestandteilen der Durchlaufzeit zusammen (vgl. Tabelle oben: Beispiel BMW).
Ausgangspunkt der Vorwärtsterminierung ist der Termin, an dem der Produk-tionsauftrag erteilt wird. Das Unternehmen beginnt also in der Gegenwart zu planen und terminiert die Arbeitsvorgänge (AVO) in die Zukunft hinein. Auf diese Weise wird der frühstmögliche Endtermin eines Auftrages bestimmt.
Vorteile der Vorwärtsterminierung: – geringerer Zeitdruck bei der Produktion – hohe Terminsicherheit der Aufträge
Nachteile der Vorwärtsterminierung: – längere Liegezeiten, da Fertigprodukte bis zur Auslieferung (Kundentermin) im Fertigwarenlager eingelagert werden müssen
– höhere Kapitalbindung→ durch Einlagerung der Fertigprodukte
→ Aufgabe 4
Tab. 73
→ S. 230 Kapitalbindung
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Ausgangspunkt der Rückwärtsterminierung ist der Kundentermin (Termin, an dem der Kunde das Produkt erhalten möchte). Das Unternehmen beginnt also in der Zukunft zu planen und terminiert die Arbeitsvorgänge (AVO) in die Gegenwart zurück. So wird der spätmöglichste Starttermin eines Auftrages be-stimmt.
Vorteile der Rückwärtsterminierung: – Vermeidung von langen Liegezeiten – geringere Kapitalbindung (durch geringe Lagerzeiten)
Nachteile der Rückwärtsterminierung: – hoher Termindruck – Störanfälligkeit – keine Zeitreserven
1 Kapazität: Leistungsvermögen von Maschinen und Mitarbeitern
Vorwärtsterminierung
Gegenwart >>> >>>Vorwärtsterminierung Zukunft
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Tage
ReserveAVO 3
AVO 2
AVO 1
Auftragseingang frühester Endtermin Kundentermin
In der Praxis wird vorwiegend anhand der Rückwärtsterminierung geplant. Ziel ist es, möglichst wenige Fertigerzeugnisse zu lagern, um Kapitalbindungs- und Lagerunterhaltskosten zu reduzieren. Ein guter Zeitplan nützt allerdings nichts, wenn zu wenig Kapazitäten1 vorhan-den sind. Deshalb bedarf es neben der Termin- auch einer Kapazitätsplanung. Stehen ausreichend Maschinen und Mitarbeitende zur Verfügung, um die ge-planten Aufträge auch realisieren zu können?
Abb. 139
Rückwärtsterminierung
Gegenwart <<< <<<Rückwärtsterminierung Zukunft
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Tage
AVO 3
AVO 2
AVO 1
Auftragseingang spätester Starttermin Kundentermin
Abb. 140
→ Aufgabe 5
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250 Geschäftsprozesse
Die Durchlaufzeit eines Fertigungsauftrages hängt stark mit der Kapazitätsauslastung im Unternehmen zusammen. Die geringste Durchlaufzeit lässt sich bei einer niedrigen Kapazitätsauslastung realisieren. Hier liegt sie nahe der reinen Durchführungszeit. Keine Materialien oder Zwischenprodukte bleiben unbearbeitet liegen. Allerdings sind unausgelastete Produktionsfaktoren Fixkosten (z. B. Löhne), denen keine Einnahmen gegenüberstehen.Bei Kapazitätsüberlastungen hingegen entstehen Engpässe. Diese führen zu langen Liegezeiten und damit zu einer hohen Kapitalbindung und hohen Lagerunterhaltskosten. Kapazitätsüberlastungen sind durch eine vorausschauende und genaue Planung zu vermeiden.Zur Ermittlung des Kapazitätsbedarfs muss für jeden Auftrag die erforderliche Kapazität an jedem Arbeitsplatz ermittelt werden. Die Ergebnisse sind zu addieren. Bei einer Differenz zwischen der erforderlichen und der im Unternehmen verfügbaren Kapazität können folgende Massnahmen ergriffen werden:
– Durch die Rückweisung von Aufträgen, kann ein Kapazitätsengpass temporär beseitigt werden. Dabei besteht allerdings die Gefahr interessierte Kunden zu verärgern und für immer zu verlieren.
– Mit einer Verschiebung des Auslieferungstermins von Kundenaufträgen kann zwar kurzfristig Zeit gewonnen werden. Da die Termintreue gegenüber dem Kunden ein wesentliches Qualitätsmerkmal ist, sollte das Unternehmen nach Möglichkeiten innerhalb des Unternehmens suchen, um Kapazitätsengpässe zu beheben.
– Durch die Erhöhung der Zahl der Produktionsfaktoren→ (z. B. mit Temporärmitarbeitenden, Überstunden) können die notwendigen Kapazitäten geschaffen werden.
– Mittel bis langfristig können durch die Steigerung der Produktivität die Kapazitäten ausgeweitet werden: Die Produktivität der Mitarbeitenden kann durch Weiterbildungsmassnahmen→ und gezielte Motivation→ gesteigert werden. Die Produktivität von Maschinen wird durch den Einsatz moderner Technologien erhöht: durch die zunehmende Automation2 von repetitiven Arbeitsabläufen lassen sich Arbeitsprozesse beschleunigen. Die organisationalen Strukturen eines Unternehmens (Aufbau und Ablauforganisation→) haben ebenfalls einen Einfluss auf die Produktivität3 der eingesetzten Produktionsfaktoren.
→ S. 23 Betriebswirtschaft-liche Produktionsfaktoren
→ S. 465 Personalaus- und weiterbildung
→ S. 210 Zwei-Faktoren- Theorie nach Herzberg
2 Automation: Übernahme von einfachen, sich wieder-holenden Tätigkeiten durch Maschinen
→ S. 154 Struktur – Organisa tionsformen
3 Produktivität: Verhältnis von Output und Input
* www.dmc-group.deBeispiel BMW – Kapazitätsplanung*
BMW startete Anfang 2001 das ITProjekt „Kapazitäts und Belegungsplanung“ (KAPA). Es entstand das KAPATool, das jederzeit eine aktuelle Lagedarstellung auf Knopfdruck ermöglicht. Früher waren bis zu 20 Personentage Vorlauf dafür nötig. Dank dem Einsatz modernster Planungssoftware kann BMW heute kurzfristig auf Veränderungen im Fahrzeugprogramm und im Teilespektrum der einzelnen Karosserievarianten reagieren. Die Auswirkungen dieser Veränderungen können mit allen Planungsbeteiligten auf einer transparenten und anschaulichen Basis diskutiert werden. Die Akzeptanz der Planungsergebnisse ist deutlich gestiegen.
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Daraus ergibt sich der Maschinenbelegungsplan:
Auftragsfreigabe
Die Auftragsfreigabe löst den eigentlichen Produktionsvorgang aus. Sie bildet den Übergang von der Planungs- zur Produktionsphase.Zuerst werden alle geplanten Aufträge nach Priorität sortiert. Anschliessend wird der geplante Starttermin überprüft. Nach der Freigabe des Auftrags wird überprüft, ob die benötigten Ressourcen (Mitarbeiter, Material, Maschinen) zur Verfügung stehen (Verfügbarkeitsprüfung). Ist dies der Fall, wird der Auftrag auf den Status „freigegeben“ gesetzt und die Ressourcen dafür reserviert. Der Planungshorizont beträgt hier ein bis zwei Wochen.
Maschinenbelegung
Die Maschinenbelegung soll möglichst optimiert werden, indem z. B. Rüstzeiten minimiert und Liegezeiten an den Maschinen vermieden werden. Oft werden Maschinenbelegungstafeln verwendet. Das sind Balkendiagramme, die mit Zeit-leisten ausgestattet und in Wochentage eingeteilt sind.
Die Reihenfolge der Maschinenbelegung von vier Aufträgen:
Maschinenbelegung
Arbeitsvorgang 1 Arbeitsvorgang 2 Arbeitsvorgang 3 Arbeitsvorgang 4
Maschine Std. Maschine Std. Maschine Std. Maschine Std.
Auftrag 1 M4 12 M1 12 M3 6 – –
Auftrag 2 M2 12 M1 4 M4 8 – –
Auftrag 3 M1 14 M4 4 M3 14 – –
Auftrag 4 M3 20 M1 2 M2 6 M4 12
Maschinenbelegungsplan
Std. 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44
Maschine 1 A3 1
A2 2
A4 2
A1 2
Maschine 2 A2 1
A4 3
Maschine 3 A4 1
A3 3
A1 3
Maschine 4 A1 1
A3 2
A2 3
A4 4
Tab. 74
Tab. 75
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252 Geschäftsprozesse
Rückmeldung mit Betriebsdatenerfassung
Voraussetzung einer Überwachung und allenfalls einer Verbesserung der Produk-tionsabläufe sind Rückmeldungen der Betriebsdaten. Diese werden entweder au-tomatisch oder manuell über Betriebsdatenerfassungssysteme (so genannte BDE-Systeme) erfasst. Folgende Betriebsdaten können erfasst werden:
5.4 Fertigungstypen und -verfahren
Der Produktions- bzw. Fertigungsprozess kann je nach Fertigungstyp und Fer-tigungsverfahren unterschiedlich organisiert und ausgestaltet sein.
Fertigungstypen
Bei den Fertigungstypen geht es um die Frage, wie viele Male ein Fertigungs-vorgang wiederholt wird. Es gibt unterschiedliche Fertigungstypen:
Fertigungstypen
Fertigungstypen
Massenfertigung Serienfertigung
Einzelfertigung Mehrfachfertigung
Kategorien von Betriebsdaten
Erläuterung
Auftragsdaten Sie geben Auskunft wie viele Stücke bereits produziert wurden, wie viele noch in Produktion sind, bis wann diese fertiggestellt sein müssen und wie viel Zeit dies in Anspruch nimmt.
Personaldaten Sie geben Auskunft über die Anwesenheits- und Arbeitszeit der Mitarbeitenden und deren Arbeitsleistung zu einem bestimmten Produkt. Diese bilden die Basis für die Lohnberechnung, sowie zur Berechnung der Herstellkosten.
Maschinendaten Sie geben Auskunft über Unterbrechungen und melden Störungen und War-tungstermine.
Lager- und Material-daten
Sie geben Auskunft über den Bestand sowie den Verbrauch von Materialien aus dem Lager.
Tab. 76
Abb. 141
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253
Fertigungsverfahren
Fertigungsverfahren
Fliessprinzip GruppenfertigungWerkstattprinzip
Fertigungstyp Erklärung Beispiel
Einzelfertigung Bei der Einzelfertigung wird meist ein Produkt, welches ganz auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt ist, produziert.
Die Carbonblenden für den 3erBMW werden einzeln gefertigt.
Mehrfachfertigung
Hierbei werden mehrere Einheiten hergestellt:
– Massenfertigung
Von einem Produkt wird über eine längere Zeit eine grosse Anzahl hergestellt. Die benötigten Maschinen müssen nicht ausgewechselt oder umgestellt werden.
Zigaretten und Zündhölzer werden in Massen gefertigt – jedes Produkt besitzt die gleichen Eigenschaften.
– Serienfertigung
Verschiedene Produkte werden auf den gleichen Anlagen hintereinander in einer bestimmten Stückzahl produziert.
BMW produziert z. B. zuerst die BMW 3erSerie, danach die BMW5erSerie.
Bei der Serienfertigung muss der Produktionsgang bei einem Serienwechsel gestoppt und umgestellt werden. Während der Umstellung stehen die Produktionsanlagen still, weshalb trotz anfallender Fixkosten (z.B. Zinskosten fürs Kapital zum Kauf der Maschine) keine Wertschöpfung erfolgt. Zudem ist der Wechsel mit Aufwand (z.B. Reinigungsarbeiten, Neuprogrammierung) verbunden. Diese Gründen mögen eine hohe Serie (hohe Stückzahl)→ vorteilhaft erscheinen lassen. Allerdings entstehen in diesem Fall Kosten in Form von Kapitalbindung und Lagerunterhalt. Es gilt deshalb bei der Seriengrösse ein Optimum zu finden.
Fertigungsverfahren
Bei den Fertigungsverfahren geht es um die Frage, wie die Abfolge der einzelnen Produktionsprozesse gestaltet ist. Die Bearbeitungsreihenfolge der Endprodukte und die Zuordnung der Aufgaben zu den entsprechenden Arbeitsplätzen stehen im Blickpunkt.
Drei Fertigungsverfahren werden unterschieden:
In der Praxis findet man selten eine reine Form dieser Verfahren, sondern meistens Mischformen.
Tab. 77
Abb. 142
→ S. 134 Skalenerträge
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254 Geschäftsprozesse
Fertigungs-verfahren
Erklärung Vor- bzw. Nachteile und Beispiel
Werkstattfertigung
Bei der Werkstattfertigung stellt eine Person das Endprodukt entweder an einem Arbeitsplatz her, wo alle nötigen Werkzeuge und Maschinen vorhanden sind. Oder die Maschinen und Arbeitsplätze mit gleichartigen Arbeitsverrichtungen sind zu einer Werkstatt zusammengefasst. In diesem zweiten Fall wird das Produkt während des Produktionsprozesses von Werkstatt zu Werkstatt transportiert.Dieses Verfahren eignet sich für Einzel, kleine Serienfertigungen oder Reparaturen.
Vorteile: Hohe Flexibilität (Änderungswünsche von Kunden können noch umgesetzt werden), hoher QualitätsstandardNachteile: Hohe Kosten (Zeiteinbussen, Transportkosten, Zwischenlager usw.)Beispiele: Autowerkstatt, Apotheker mischt individuell Medikamente
Fliessfertigung
Bei der Fliessfertigung entspricht die Anordnung der Arbeitsplätze und Produktionsanlagen der Reihenfolge der am Produkt durchzuführenden Tätigkeiten. Voraussetzung dafür ist die Massenfertigung. Die Endprodukte müssen über eine längere Zeit ohne grössere Veränderungen produziert werden können.
Vorteile: Durchlaufzeiten werden im Vergleich zur Werkstattfertigung kürzer; tiefe Zwischenlagerkosten, der Fertigungsprozess ist übersichtlicherNachteile: Hoher Fixkosten und Kapitalbedarf; System ist anfällig für Störungen (Ausfall: Folgen auf den gesamten Produktionsprozess, Verzögerung, hohe Kosten und Unzufriedenheit der Kunden); die Gefahr von sozialen und psychischen Störungen bei den Mitarbeitern besteht, weil sie immer die gleiche, monotone Arbeit erbringen müssen. Beispiele: PizzaProduktion bei Nestlé
Gruppenfertigung
Dieses Verfahren kombiniert Werkstatt und Fliessfertigung. Oft können komplexe Produkte nicht in reiner Fliessfertigung hergestellt werden. Bei der Gruppenfertigung werden so genannte Gruppen von Mitarbeitern und Maschinen gebildet, welche jeweils die Verantwortung für die Produktion einer Teilefamilie übernehmen. Innerhalb dieser Gruppe herrscht das Fliessprinzip. Andere (komplexere) Teile, welche sich weniger gut für die Fliessfertigung eignen, können in der Werkstatt produziert werden. Am Schluss werden die Teilprodukte der einzelnen Gruppen zu Endprodukten zusammengeführt.
Nachteile: Die Nachteile der Werk und Fliessfertigung werden begrenzt. Ausserdem ist die Abkehr von der reinen Fliessfertigung hin zu vermehrter Gruppen bzw. Werkstatt fertigung auch ein Ausfluss der „Humanisierung der Arbeit“. Beispiele: Volvo galt im Bereich der Autoproduktion als Vorreiter der Gruppenfertigung: Fliessbänder wurden in vielen Bereichen der Leistungserstellung durch Fertigungsgruppen ersetzt, an welchen jeweils 2–3 Arbeitnehmende eine komplette Baugruppe oder Teilefamilie fertigten. Innerhalb dieser Fertigungsgruppen verfügen die Arbeiter über eine gewisse Selbstorganisation und damit über mehr Verantwortung: Dies sollte deren Motivation erhöhen und sie zu höheren Leistungen anregen.
Tab. 78
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→ Aufgabe 6
Kennzahl Formel Erklärung
Rentabilität
Ertrag – Aufwand ___________________ eingesetztes Kapital
Die „Rentabilität“ setzt den Erfolg (Ertrag – Aufwand) eines Unternehmens in Beziehung zum eingesetzten Kapital. Sie ist die wichtigste Kennzahl der Bilanz- und Erfolgsanalyse.Je grösser das Verhältnis zwischen Gewinn und Kapital einsatz, desto besser ist die Rentabilität der Produktion.
Produktivität Ausbringungsmenge
__________________ Faktoreinsatzmenge Gibt Auskunft über die mengenmässige Ergiebigkeit der Produktionsfaktoren:Verhältnis der eingesetzten Faktoren (z. B. Arbeits-stunden, Investitionen, Materialmenge) zum realisier-ten Output (Ausbringungsmenge).Je grösser das Verhältnis zwischen Ausbringungs-menge und Faktoreinsatzmenge, desto besser ist die Produktivität.
Wirtschaftlichkeit
Ertrag ________ Aufwand
Bei dieser Kennzahl werden die Preise der be nötigten Produktionsfaktoren miteinbezogen. Je grösser das Verhältnis zwischen Ertrag und Auf-wand, desto besser ist die Wirtschaftlichkeit der Pro-duktion.
Fehlerquote Fehlerhafte Produkte ________________________ total hergestellte Produkte
Die Fehlerquote setzt fehlerhafte Produkte (Ausschuss produkte) ins Verhältnis zur gesamten Pro-duktionsmenge. Sie ist ein Mass für die Qua lität des Produktionsprozesses.
→ Aufgabe 7
Das Fertigungsverfahren hängt eng mit dem Fertigungstyp zusammen. Die Ein-zelfertigung beispielsweise ist nur mittels Werkstattfertigung möglich und lässt keine Fliessfertigung zu.
5.5 Kennzahlen der Produktion
Ein Unternehmen will immer effizient und vor allem bedürfnisgerecht produ-zieren. Dafür benötigt die Unternehmensleitung Informationen für die Steue-rung. Auch im Bereich der Produktion stehen hierfür Kennzahlen zur Verfü-gung, welche die Effizienz der Leistungserstellung bewerten. Die wichtigsten Kennzahlen heissen Produktivität, Wirtschaftlichkeit, Break-even-Punkt und Fehlerquote.
Tab. 79
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256 Geschäftsprozesse
→ S. 32 Tertiärer Wirt-schaftssektor
* The World Factbook, 2010
5.6 Erstellung von Dienstleistungen
Der Dienstleistungssektor→ erwirtschaftet einen immer grösseren Anteil am ge-samten Wertschöpfungsprozess einer Volkswirtschaft. In der Schweiz lag der Anteil des Dienstleistungssektors am Bruttoinlandprodukt bei 64.5 %*. Deswe-gen soll auf die Unterschiede zwischen der Sach- und der Dienstleistungs-erstellung eingegangen werden. Dienstleistungen sind immateriell und deshalb nicht übertragbar. Ausserdem werden Dienstleistungen meist unter Einbezug des Kunden erbracht. Die Dienstleistungserbringung fällt häufig mit deren Konsumation zusammen. Dienstleistungen sind nicht lagerbar.Heute bieten zunehmend auch Unternehmen Dienstleistungen an, deren Kern-geschäft eigentlich im zweiten Sektor liegt. Dazu gehören Baubetriebe und Auto-mobilhersteller. Solche Unternehmen erweitern ihr Leistungsspektrum um Dienst leistungen, wie z. B. Produktschulungen und Kundenservice.Aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Dienstleistungen fallen bei der Dienstleistungserstellung wichtige Bereiche weg: Lager-, Absatz- oder Entsor-gungslogistik. Die meisten Dienstleistungen weisen jedoch eine materielle Kom-ponente auf, wodurch viele der für Industrieunternehmen geltenden Aspekte wieder relevant werden. Beispielsweise sollten in einem Taxiunternehmen die Taxis möglichst optimal ausgelastet sein und keine langen Standzeiten haben.Zur Beschaffungslogistik bei den Dienstleistungen zählt insbesondere die Infor-mation: Ein Anbieter von Canyoning-Ausflügen informiert sich beim örtlichen Wetterdienst über bevorstehende Niederschläge. Unter „Produktionslogistik“ wäre im selben Zusammenhang entsprechend die Bereitstellung aller für die Erbringung der Dienstleistung notwendigen Produktionsfaktoren zu denken: So müsste der Canyoning-Trip-Anbieter einen Canyoning-Führer sowie Kanus zur Verfügung stellen.
Beispiel BMW – Dienstleistungen
Am Beispiel von BMW lässt sich die wachsende Bedeutung von Dienstleistungen selbst in Produktionsbetrieben gut illustrieren. BMW-TeleServices beispielsweise ist eine Innovation, die sich durch die drahtlose Datenverbindung zwischen dem BMW und dem BMW-Service-Partner auszeichnet. Rechtzeitig vor einem fälli-gen Wartungstermin wird der Servicebedarf dem Fahrzeughalter automatisch übermittelt. So kann sich der BMW-Service-Partner auf den Termin vorberei-ten. Das erspart dem Kunden unnötige Kosten und lange Werkstattaufenthalte.
Bei einem automatischen BMW-Teleservice-Call sendet das Fahrzeug bei einem Wartungsbedarf alle relevanten Daten über den Condition Based Service (CBS) automatisch an den BMW-Service-Partner. Der Kunde erhält einen Rückruf, um Termin und ggf. den weiteren Umfang des Wartungsservices am Fahrzeug zu vereinbaren. So lassen sich im Vorfeld benötigte Original-BMW-Teile bestel-len. Der Arbeitsumfang kann im Vorfeld geplant werden und die Aufenthalts-dauer in der Werkstatt reduziert sich auf ein Minimum.
Abb. 143
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Aufgaben – D5 Leistungserstellungsprozess
1Nennen Sie die Aufgaben und Ziele der Produktion.
2Das Produktionsprogramm eines Blumengeschäfts sieht wie folgt aus:
Erläutern Sie anhand dieses Beispiels die Begriffe Produktionsprogrammbreite und -tiefe.
3Ein Unternehmen überlegt sich, seine Produktionsprogrammbreite zu erhöhen. Arbeiten Sie in einer Kleingruppe möglichst viele Vor- und Nachteile einer sol-chen Erhöhung heraus.
4Zu Ihrem Geburtstag laden Sie Ihre besten Freunde nachhause zum Pizzaessen ein. Zuerst bereiten Sie Ihren Arbeitsplatz vor. Danach wird der Pizzateig zubereitet, der anschliessend während ca. einer Stunde ruhen und dabei um das Doppelte aufgehen muss. In dieser Zeit richten Sie den Arbeitsplatz ein, um die Pizza zubereiten zu können. Die Zutaten müssen gewaschen und ge-schnitten werden. Nachdem der Teig genügend aufgegangen ist, wallen Sie die-sen aus und legen ihn auf ein Pizzablech. Dann wird der Teig mit den Zutaten belegt. Zum Schluss backen Sie die Pizza während 20 bis 25 Minuten im Ofen.a Ordnen Sie die beschriebenen Arbeitsschritte sinnvoll zu Arbeitsvorgängen
(AVO).b Die in einem Arbeitsvorgang zusammengefassten Schritte lassen sich einem
spezifischen Bestandteil der Durchlaufzeit zuordnen (z. B. Rüstzeit, Liege-zeit). Wie sieht diese Zuordnung im vorliegenden Beispiel aus?
Blumensorte Blumenstrauss Blumendekorationen Blumengestecke
Rosen Rosenstrauss Tischdekorationen für Hoch-zeiten und sonstige Anlässe
Trauerkränze und sonstige Kränze
Tulpen Tulpenstrauss Tischdekorationen für Hoch-zeiten und sonstige Anlässe
Trauerkränze und sonstige Kränze
Gemischt:Rosen und Tulpen
Blumenstrauss mit Rosen und Tulpen
Tischdekorationen für Hoch-zeiten und sonstige Anlässe
Trauerkränze und sonstige Kränze
Tab. 80
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258 Geschäftsprozesse
5a Welches sind die Hauptunterschiede zwischen der Vorwärts- und der Rück-
wärtsterminierung?b Wo liegen die Vor- und Nachteile der beiden Terminierungsregeln?c Frau Giacomelli hat bei der „Forni GmbH“ einen Brennofen für ihre Töpfer-
arbeiten bestellt. Dieser Brennofen wird erst bei Bestelleingang produziert. Die „Forni GmbH“ terminiert rückwärts. Der Produktionsprozess des Brennofens besteht aus den folgenden Arbeitsvorgängen:
– AVO 1: Rüsten + Giessen: 1 Arbeitstag – AVO 2: Trocknen + Rüsten + Schleifen: 2 Arbeitstage – AVO 3: Rüsten + Lackieren + Trocknen: 1 Arbeitstag
Zeigen Sie grafisch auf, wann die „Forni GmbH“ spätestens mit der Produktion beginnen muss, wenn es den Ofen 8 Tage nach Auftragseingang an Frau Giacomelli ausliefern möchte.
6a Suchen Sie nach Produkten, die sich für die Fliessfertigung und solche, die
sich für die Werkstattfertigung eignen.b Erkennen Sie bei den von Ihnen gewählten Produkten einen Zusammen-
hang zwischen dem Fertigungsverfahren und dem Fertigungstyp?
7Das Unternehmen „BikeVenture“ verkauft neben Fahrrädern auch Fahrradan-hänger für Kinder. Folgende Werte sind für das Geschäftsjahr 1 bekannt:
Ermitteln Sie für das Unternehmen „BikeVenture“ die Kennzahlen Rentabili-tät, Produktivität und die Wirtschaftlichkeit.
Produktionszahlen Bike Venture
Produktions- und Absatzmenge 6 000 Stück
Nettoverkaufserlöse je Stück CHF 75
Materialkosten CHF 200 000
Personalkosten CHF 300 000
Weitere Kosten CHF 150 000
Arbeitsstunden in der Produktion 20 000 Stunden
Kapitaleinsatz CHF 1 650 000
Gewinn CHF 250 000
www.iwp.unisg.ch/bwl
Tab. 81
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