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Post on 17-Apr-2019
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L.Simon, C.Mehner, P.Godau
Krankenhausapotheke
Patienten mit bestehender antithrombotischer Therapie stellen eine
besondere Herausforderung dar, wenn invasive Eingriffe durchgeführt
werden müssen. Unter Abwägung des erhöhten Thromboembolie- und
Blutungsrisikos muss ein geeignetes Konzept für die perioperative
Überbrückungstherapie gewählt werden.
Basierend auf dem Positionspaper1 der kardiologischen Fachgesellschaft
von 2010 wurde im Bergmannsheil Bochum in einem interdisziplinären
Arbeitskreis mit Vertretern aus der Kardiologie, Neurologie, Chirurgie,
Labormedizin und Apotheke eine hausinterne Leitlinie im
Kitteltaschenformat erstellt. Sie soll im klinischen Alltag ein Leitfaden sein
für die Überbrückungstherapie („Bridging“) von Patienten mit erhöhtem
Thromboembolierisiko, bei denen invasive Eingriffe geplant sind.
Aufgrund ihrer Vorerkrankung (z.B. Vorhofflimmern, stattgehabtes
thromboembolisches Ereignis, Apoplex, Klappenersatz, STENT) und des
Alters können die Patienten in verschiedene Gruppen klassifiziert werden.
Zu jeder Gruppe gibt es klare Therapie-Empfehlungen mit der Aufführung
der verfügbaren Präparate und deren Dosierung.
Die erarbeitete hausinterne Leitlinie zur antithrombotischen Prophylaxe
und Therapie stellt eine übersichtliche und leicht zu handhabende
Empfehlung dar. Sie dient dazu, die in diesem Bereich meist
vorherrschende Unsicherheit zu verringern und gleichzeitig die
Patientensicherheit zu erhöhen.
Vitamin-K-Antagonisten – Überbrückungstherapiez.B. Phenprocoumon (Marcumar®), Warfarin (Coumadin®)
Niedriges
Thromboembolierisiko
A Eine Pause der oralen
Antikoagulation kann toleriert
werden, max. 7 Tage
Borale Antikoagulation 1 Woche
vor OP pausieren + NM Heparin in
prophylaktischer Dosis
C INR auf 1,8 – 2,0 senken unter
Fortführung der oralen
Antikoagulation.
Mittleres
Thromboembolierisiko
Aorale Antikoagulation 1 Woche
vor OP pausieren + NM Heparin in
halbtherapeutischer Dosis.
B INR auf 1,8 – 2,0 senken unter
Fortführung der oralen
Antikoagulation.
Hohes
Thromboembolierisiko
Aorale Antikoagulation 1 Woche
vor OP pausieren + NM Heparin in
therapeutischer Dosis.
B INR auf 1,8 – 2,0 senken unter
Fortführung der oralen
Antikoagulation.
Niedriges
Thromboembolierisiko (jährl. Thromboembolierate unbehandelt < 5%)
Nichtvalvuläres VHF (CHADS2-
Score 0 – 2, (keinesfalls eine
frühere zerebrale Ischämie)
Doppelflügel Aortenklappen-
prothese > 3 Monate ohne weitere
Risikofaktoren
TVT > 12 Monaten
Mittleres
Thromboembolierisiko (jährl. Thromboembolierate unbehandelt 5 -10%)
Biolog. Mitralklappenprothese
< 3 Monate
Nichtvalvuläres VHF (CHADS2-
Score 3–4)
Doppelflügel-Aortenklappenpro-
these + ein Risikofaktor (VHF, RR,
DM, Herzinsuff., > 75 Jahre, Z.n.
zerebr. Ischämie)
TVT in den letzten 3 – 12 Monate
Wiederholte Thromboembolie
Z. n. TVT bei aktivem Krebsleiden
(Palliativ Situation od. Behandlung
< 6 Monate zurückliegend)
Hohes
Thromboembolierisiko (jährl. Thromboembolierate unbehandelt > 10%):
Valvuläres Vorhofflimmern
Nichtvalvuläres VHF (CHADS2-
Score 5 – 6, zerebrale Ischämie <
3 Monaten)
Mechan. Mitralklappenersatz
Kippscheiben oder ältere
Herzklappenprothesen
Doppelflügel-Aortenklappenpro-
these mit mehreren Risikofaktoren
(siehe .mittl. Thromboserisiko)
Doppelklappenersatz
Biolog. Mitraklappenprothese +
VHF
TVT < 3 Monaten
TVT mit Lungenembolie 6 – 12
Monaten oder erhebliche
Thrombophilie
CHADS2-ScoreCHADS2-Risiko-Kriterien Score
Zustand nach Insult/TIA 2
Alter > 75 Jahre 1
Hypertonie 1
Diabetes mellitus 1
Herzinsuffizienz 1
Quellen:
1. „Unterbrechung antithrombotischer Behandlung (Bridging) bei kardialen Erkrankungen“ Positionspaper, H.M. Hoffmeister, C.Bode, H. Darius, K. Huber, K. Rybak, S. Silber, Kardiologe 2010 4:365-374
2. „Perioperative Antikoagulation nach Stentimplantation“, Dr. med. Th. Weiss, 2010
3. Fachinformationen der Präparate: MonoEmbolex®, Clexane®, Heparin Natrium 25000 ratiopharm®, Heparin Natrium 7500 ratiopharm® FS, Orgaran®, Argatra®, Pradaxa ®, Xarelto ®, Eliquis®
4. „Ratgeber für Ärzte zur Verordnung von Pradaxa® zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“, 02/2012
Thrombozytenaggregationshemmer-Überbrückungstherapie z.B. ASS (Aspirin®), Clopidogrel (Plavix® , Iscover®), Prasugrel (Efient®), Ticagrelor (Brilique®)
Ballonangioplastie < 2 Wochen
Unbeschichteter Stent vor < 3 Monaten
Medik. beschichteter Stent < 1 Jahr
Ballonangioplastie > 2 Wochen
Unbeschichteter Stent vor > 3 Monaten
Medik. beschichteter Stent > 1 Jahr
Keine elektive Eingriffe durchführen
Wenn möglich duale Plättchenhemmung
beibehalten.
Wenn duale Plättchenhemmung pausiert wird +
hohem koronarem Risiko: Gabe von
kurzwirksamen Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren
(Eptifibatid (Integrilin®)) bis 4 h vor OP.
Vorgehen in Rücksprache mit Kardiologie
Fortführung der ASS 100 Therapie
Bei Herz-Operationen, Eingriffen am Spinalkanal,
plastischen Operationen im Gesicht, intrakraniellen
Operationen, Augen-Operationen, Fortführung der ASS
100 Therapie nach Risikoabwägung mit dem Operateur.
Pause der NOAC‘s vor invasiven EingriffenPradaxa®, Xarelto®, Eliquis®
Pradaxa ®
Dabigatran
Nach Ermessen des behandelnden Arztes kann wie in
Tabelle 1 aufgelistet mit einer Überbrückungstherapie 12
h nach letzter Pradaxa-Einnahme begonnen werden.
Xarelto®
Rivaroxaban
Mindestens 24 h vor dem Eingriff pausieren und zeitnah
Post-OP wieder ansetzen.
HWZ: 11 – 13 h
Absetzregeln vor invasiven Eingriffen4
Nierenfunktion [ml/min]
HWZ[h]
Standard-Eingriff
Großer Eingriff/ hohes Blutungsrisiko
GFR > 80 ca. 13 24 h 48 h
GFR 50 – 80 ca. 15 1 – 2 Tage 2 – 3 Tage
GFR 30 – 50 ca. 18 2 – 3 Tage 4 Tage
Post-OPSoweit möglich orale Antikoagulation innerhalb von 24 h nach OP wieder ansetzen (in Abwägung des
Blutungsrisikos) + NM Heparin weiter geben bis Ziel-INR erreicht ist.
Die Gabe von Vitamin K zur beschleunigten vollständigen Normalisierung der Gerinnung soll
zurückhaltend und bei gleichzeitiger Heparinisierung erfolgen. Die akute Antagonisierung von
Vitamin-K-Antagonisten mit PPSB sollte nur bei schweren Blutungen mit engmaschigen
Laborkontrollen erfolgen.
Bei nachvollziehbarer Indikation der Thrombozytenaggregationshemmung sollte diese nicht pausiert
werden!
Antikoagulantien (Heparin, niedermolekulare Heparine) können Plättchenfunktionshemmer nicht
ersetzen!
Tabelle 2
Dosierungen der Arzneimittel zur ÜberbrückungstherapieArzneimittel
(Handelsname /
Wirkstoff)
Dosierung
Prophylaktische Dosis Halbtherapeut. Dosis
(ursprüngliche Ziel
INR: 2 – 3)
Therapeut. Dosis
(ursprüngliche Ziel
INR: > 3)
Mono Embolex®
(Certoparin)
(GFR > 30 ml/min)
3.000 IE
1 x tgl. s.c.
8.000 IE
1 x tgl. s.c.
8.000 IE
2 x tgl. s.c.
Clexane®
(Enoxaparin)
(GFR > 30 ml/min)
20 mg – 40 mg
1 x tgl. s.c.
1mg/kg KG
1 x tgl. s.c.
1 mg/kg KG
2 x tgl. s.c.
Unfraktioniertes
Heparin
(GFR < 30 ml/min)
7.500 IE
2 x tgl. s.c.
Heparin-Perfusor PTT-Zeit
um das 2 - 3fache verlängert
Heparin-Perfusor PTT-
Zeit um das 2 - 3fache
verlängert
Orgaran®
(Danaparoid)
(HIT II)
HIT II > 3 Monate:
750 Anti-Xa-Einh. 2 x tgl. s.c.
HIT II < 3 Monate:
750 – 1250 Anti-Xa-Einheiten 3 x
tgl. sc. (Letzte Gabe bis 1 – 4 h
vor OP)
3x 750 Anti Xa Einheiten als Bolus, dann 400 Einh. / h
über 4 h, gefolgt von 300 Einh./h über 4 h, dann 150 –
200 Einh. /h über 5-7 Tage.
GFR 60 – 30 ml/min oder KG > 90 kg: Anti-Xa-
Kontrolle!
Tabelle 3
Eliquis®
Apixaban
20 – 30 h vor Entfernung eines epiduralen oder
intrathekalen Katheter Eliquis pausieren und frühestens
nach 5 h wieder geben.
HWZ: 12 h
Tabelle 4
Tabelle 1
Auf diesem Poster wird in tabellarischer Form dargestellt, wie Patienten
mit antithrombotischer Hausmedikation prä- und postoperativ versorgt
werden können. Die Tabelle auf der linken Seite des Posters (Tabelle 1) ist
für Patienten, die aufgrund ihrer Begleiterkrankung (z.B. STENT, Apoplex,
u.a.) eine Thrombozytenaggregationshemmung benötigen. Grundsätzlich
gilt, dass die Acetylsalicylsäure vor einer Operation nicht abgesetzt werden
sollte. Heparin und niedermolekulare Heparine können die
Thrombozytenaggregationshemmer nicht ersetzen! Die Patienten sollten
ASS 100 weiter bekommen und eine prophylaktische Dosis von
niedermolekularen Heparinen oder Heparin.
Die Tabellen auf der rechten Seite des Posters (Tabellen 3 – 4) sind für
Patienten, die Erkrankungen haben, die eine Hemmung des Gerinnungs-
systems erfordern (z.B. Vorhofflimmern, Herzklappenersatz, Thrombo-
embolie, u.a.). Hier werden die Patienten in drei Thromboembolie-Risiken
eingestuft. Es gilt einen Mittelweg zwischen dem Thromboembolie-Risiko
auf der einen und der erhöhten Blutungsgefahr auf der anderen Seite zu
finden. Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion stellen eine
besondere Herausforderung dar. Da niedermolekulare Heparine bei einer
eingeschränkten Nierenfunktion kumulieren können empfehlen wir, dass
Patienten mit einer GFR < 30 ml/min nur mit Heparin behandelt werden
sollten! Auch die neuen oralen Antikoagulantien (NOAC‘s), die bis zu dem
jetzigen Zeitpunkt für die Therapie von thromboembolischen Erkrankungen
zugelassen sind, werden besprochen (Tabelle 3).
Abschließend sind die Dosierungen der gängigsten Präparate zur
Überbrückungstherapie aufgeführt (Tabelle 4).
Da es zur Überbrückungstherapie weder zugelassene Präparate noch Leit-
linien gibt, stellen die oben aufgeführten Vorgehensweisen Empfehlungen
dar.
Übersicht zum Bridging von operativ zu versorgenden
Patienten mit antithrombotischer Hausmedikation
Da es zur Überbrückungstherapie weder zugelassene Präparate noch Leitlinien gibt, stellen die oben aufgeführten Vorgehensweisen nur Empfehlungen dar.
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