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Geruchsbelästigungen in Innenräumen
Neue Entwicklungen bei der Analyse und Bewertung von Geruchsbelästigungen
3. St. Augustiner Expertentreff am 3.9.2012
Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
Dipl. Chem. Martin Wesselmann im Bau-Institut Hamburg-Harburg
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Vorstellung zur Person
• 1990 Abschluss zum Dipl.-Chemiker (Universitäten Münster und Hamburg)
• 1990-1996 wiss. Mitarbeiter an der TUHH, AB Bauphysik u. Werkstoffe im Bauwesen
• Seit 1997 selbstständig als freier Sachverständiger für Gebäudediagnostik / Bauschadensgutachter; Kooperation mit dem Bau-Institut Hamburg- Harburg (BIHH)
3. St. Augustiner Expertentreff - 3.9.2012
Bau-Institut Hamburg-Harburg Planungs-/Ingenieurbüro für Sanierung und Instandsetzung
Schwerpunkt Fassaden und Dächer (alle Leist.-Phasen nach HOAI)
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Kooperationspartner • Bau-Institut Hamburg-Harburg
• ALAB-Analyseinstitut Berlin • Labor Dr. Döring, HB • Wartig-Nord Analytik, HH • NU-Tech GmbH, NMS • Engel KG – Hamburg • TU Hamburg-Harburg • Anbus GmbH, Fürth • INA-Analytik, Laufen
4 Dipl. Chem. M. Wesselmann im BIHH - Gebäudediagnostik -
Arbeitsschwerpunkt Gebäudeschadstoffe
3. St. Augustiner Expertentreff - 3.9.2012 5
Altlasten Erkundung, Bewertung, Sanierungskonzepte für Asbest/KMF/PCP, PAK, Holzschutzmittel…) Innenraumanalyse (VOC, Geruch..) Feuchte-/Schimmel (Bauphysikalische Messungen, Mikrobiologie) Feinstaubmessungen
3. St. Augustiner Expertentreff - 3.9.2012
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Verbandsmitgliedschaften • AGÖF Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute
• VDI, Mitarbeit in der HH-Sektion Umwelt, Innenraumschadstoffe
Berufenes Mitglied in der KRdL-Arbeitsgruppe „Planung von Innenraummessungen“ (…VDI 4300, Blatt 11 …)
• NAV (Schadstoff- Fachverband von Gutachtern und Sanierern)
• GdCh (Gesellschaft deutscher Chemiker )
Fachgruppen Bauchemie und Ökotoxikologie
Problemstellung „Geruch“ • Zunehmende Beschwerden bzgl. Gerüche, u.a. in Folge einer
drastischen Verringerung des natürlichen Luftwechsels sowie durch vermehrten Einsatz diverser Bauchemikalien; höhere Sensibilität?
• Geruchsbelästigungen sind einer der Hauptgründe zur Veranlassung von Raumluftuntersuchungen in Gebäuden
• Geruchswahrnehmung ist individuell sehr unterschiedlich, das birgt ein erhebliches Konfliktpotential zwischen Vertragsparteien
• Nach BImSchG sind Gerüche als eine Belästigung anzusehen, aber nicht als „Gefahr“; nach Auffassung der IRK ist Geruchsbelästigung ein Stressfaktor
• Es existieren keine verbindlichen Grenz- und/oder Richtwerte für Geruchsstoffe und auch bislang keine anerkannten, genormten Verfahren zur Erfassung von Geruchsproblemen
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Geruchsquellen
• Bausubstanz („Altlasten“) • Bauhilfsstoffe/Ausstattungsmaterialien • Feuchte-bedingte mikrobielle Belastungen • Außenluft
• Nutzungsaktivitäten
• Mensch
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Beispiele für Geruchsquellen in der Bausubstanz („Altlasten“)
• Teerhaltige Massen mit hohen PAK-Anteilen in Böden, Decken und Wände
• Chlornaphthaline (ehemalige Holzschutzmittel)
• Phenole/Kresole aus Weichmachern/Flammschutz
• Chloranisole („Fertighausgeruch“)
• Formaldehyd • Kein Geruch aus den Altlasten:
Asbest, Lindan, PCP, DDT, PCB, SM
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Bsp. für Gerüche durch Bauhilfsstoffe und Ausstattungsmaterialien
• Bodenbeläge (Kautschukbelag, Lino, textile Beläge) und dessen Spachtelmassen/Kleber
• Holzwerkstoffplatten • Bautenschutzmitteln • 2K-Anstriche/Schlämmen/-
Fugenmassen, z.B. bei Fenstereinbauten, zur Rissüber-brückung bei alten Estrichen, Abdichtungen
• Organische Zusatzstoffe in mineralischen Baustoffen
Benzothiazol n-Hexanal
Terpene (alpha-Pinen)
Benzaldehyd
Styrol
2-Butanoxim Aromatische / Aliphatische LM Amine, Ammoniak
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Beispiele für Gerüche durch Feuchteeinwirkung
• Schimmelpilzbildung, Ausdünstungen mikrobieller Organika („MVOC“)
• Fäkalgerüche nach Havarieschäden
• „Fischgeruch“ aus feucht gewordenen KMF-Dämmungen
Typische MVOC 1-Octen-3-ol 3- Methylfuran Dimethyldisulfid
Bsp. Amine:
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Motivation für Untersuchungen
1. Feststellung, ob der auffällige Geruch mit einer gesundheitlich bedenklichen „Schadstoffbelastung“ korreliert
2. Indizierung der Geruchsquelle mit Ziel der Minimierung der Belastung
3. Bewertung des Geruches hinsichtlich einer
Belästigung bzw. einer Akzeptanz
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Vorgehen Ortstermin
• Einsatz von möglichst vielen mobilen Messgeräten • Beprobung von Luft, Staub, Material zur
chem. Laboranalyse • Geruchsprüfungen vor Ort von der
Raumluft und Materialien
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Beispiele und Anwendungen mobiler Messsysteme
• UFP/FS-Sensoren insbesondere zur Analyse Partikel gebundener Geruchsstoffe
• VOC-Quellensuche mittels PID (FID)
• Formaldemeter • Bauphysikalische
Untersuchungen zur Indizierung Feuchteschäden
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Probenahme und Analyseverfahren für typische Gebäudeschadstoffe
Schadstoff Probennahme Analytik Dauer
(T)VOC Luft, aktiv/passiv GC-MS 3-7 Werkt.
SVOC -I Staub/Material GC-MS 3-7 Werkt.
SVOC -II Luft, aktiv GC-MS 4-10 Werkt.
Carbonyle Luft, aktiv HPLC 3-7 Werkt.
Staub/Fasern Luft, aktiv REM-EDX/ Gravimetrie
1-3 Werkt.
3. St. Augustiner Expertentreff - 3.9.2012
Bsp. VOC - Messung
• GC-MS-Analyse der Raumluft nach aktiver Anreicherung mit Sorptionsröhrchen (Verfahren gemäß DIN/ISO 16000-6 bzw. der VDI Serie 4300 ff.)
• Dabei auch zusätzliche Geruchsprüfung von Einzelkomponenten möglich (GC-Sniffing-Verfahren)
• Beurteilung der Belastung (TVOC, Richtwerte-Schema der IRK, AGÖF-Neubauwerte, BGIA-Referenzwerte…u.a.)
6.00 8.00 10.00 12.00 14.00 16.00 18.00 20.00 22.00
50000
100000
150000
200000
250000
300000
350000
400000
450000
500000
550000
600000
650000
700000
Time-->
Abundance
TIC: 477096EC.D
4.84
4.91
5.39
5.94
7.21
7.29
7.38
7.84
8.10
8.16
9.22
9.27
9.44
9.86 9.98
10.02
10.14
10.61
10.81 10.91 11.04 11.36
11.51 11.57
11.71
11.88
12.11
12.17 12.23
12.51
12.60
12.91 13.07 13.15 13.30 13.47 13.65 14.15 14.24 14.34 14.56 15.27
15.39
15.55
16.04
16.40
16.60
17.39
17.68 18.34 18.82
19.05
19.91
20.46
20.74
m+p-Xylol
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3. St. Augustiner Expertentreff - 3.9.2012
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VOC-Quellensuche mittels mobiler Emissionszellen („Flec“)
Welche Analytik zur Indizierung mikrobiell bedingter Schäden ?
• Luftanalysen: Erstindikation Gesamtkeimzahl, ggf. zzgl. Bakterienmessung mit Anzüchtung/Malz/CaSO
• Bei Positivbefunden ggf. weitere Kontrollen mit Anzüchtungsmethoden (3 Nährböden je Stelle)
• Materialanalysen (Direktmikroskopie, nur in Ausnahmefällen mit Anzüchtungsmethode)
• Sedimentstaubanalysen (Direktmikroskopie, nur in Ausnahmefällen Anzüchtungsmethode)
• MVOC-Analyse nur bei begründetem Verdacht; Vorsicht bei der Wertung (!)
• Einsatz Schimmelspürhund nur als ultima ratio Seminar Gebäudeschadstoffe - WHV,
Mai 2012 18
Standardisierte Verfahren zur Geruchsprüfung in Innenräumen
1. VDI Norm 4302, Blatt 2 (in Vorbereitung, Mai 2012)
Vorteil: voraussichtlich anerkanntes Verfahren
Nachteil: aufwendig, für viele Praxisfälle kaum
anwendbar
2. AGÖF-Geruchsleitfaden, vgl. ÖNORM S 5701
Vorteil: sehr praxisnah, Erfahrungswerte liegen vor
Nachteil: Aussagekraft und Verwertbarkeit strittig in
Fachkreisen
3. St. Augustiner Expertentreff - 3.9.2012
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Prüfparameter bei der Geruchsbewertung (AGÖF-Geruchsleitfaden)
• Geruchsintensität: Stärke der Geruchsempfindung, Skala von 0 (geruchlos) bis 5.00 (sehr starker Geruch)
• Hedonische Wirkung: Wirkung eines Geruchsstoffs, Skala von + 4 (äußerst angenehm) bis – 4 (äußerst unangenehm)
• Akzeptanz: Maß für die Zufriedenheit mit dem geruchlichen Zustand, unter Berücksichtigung der Nutzung oder der Widmung eines Raumes. Skala von + 10 (klar akzeptabel) bis – 10 (klar unakzeptabel)
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Vorgehen Geruchsprüfung gemäß AGÖF-Leitfaden
• Zusammenstellung der Geruchsprüfer aus einem trainierten Prüferteam (3-5 Personen) mit einer Gruppe von 3-5 untrainierten Prüfern (z.B. Nutzer)
• „Kalibrierung“ aller Prüfer vor Ort mittels n-Butanol-Standard in einem neutralen (gelüfteten) Raum
• Begehung der Räume (2 Kollektive, 3-5 Personen je Raum ) mit zeitnahen Ausfüllen der Fragebogen gemäß AGÖF-Richtlinie.
• Folgende Parameter werden erfasst:
a) Intensität auf einer Skala von 0-5 mit Zwischennoten in Abstufungen von 0,25
b) Hedonik mit einer unskalierten, geteilten Skala von – 4 bis + 4
c) Akzeptanz mit einer unskalierten, geteilten Skala von – 10 bis +10
d) Art des Geruches (Fragebogen ähnlich aktueller AGÖF-Richtlinie)
3. St. Augustiner Expertentreff -
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Auswertungsbeispiel einer Geruchsbegehung (Quelle: anbus Analytik, AGÖF Kongress Nürnberg 2010)
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Auswertungsbeispiel einer Geruchsbegehung (Quelle: anbus Analytik, AGÖF Kongress Nürnberg 2010)
3. St. Augustiner Expertentreff - 3.9.2012 23
Geruchsprüfungen in einem ehemaligen Kaispeicher
• Im Mauerwerk des alten Kaispeichers sind geruchsaktive Substanzen, die aus der Lagerung von Kakao resultieren
• Geruchsmindernde Maßnahmen durch diverse Oberflächenbehandlungen werden mittels Olfaktometrie bewertet
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Auswertung Geruchsprüfung Kammerversuche
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Geruchsbewertung Elbphilharmonie nach Intensität, Akzeptanz und
Hedonik
-10,0
-8,0
-6,0
-4,0
-2,0
0,0
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
514/515 404/405 T2/A1 T2/A2 T3/A1 T2/A1 T2/A2 T3/A1
Untersuchte Räume
He
do
nik
/Ak
ze
pta
nz
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4,5
Inte
ns
itä
t
Akzeptanz Hedonik Intensität
Geruchsprüfungen von Materialproben zur Quellenindizierung
• Entnahme kleiner Probenstücke von Auslegeware, Spachtel, Kleber, Wandbekleidungen, Deckenabhängungen, Farben
• In geruchsneutrale Gefäße einbringen, auf 40°C temperieren
• Geruchsprüfung durch mehrere Personen (geschult/nicht geschult) in einem geruchsneutralen Raum
• Wertung Intensität und
Hedonik analog AGÖF
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Maßnahmen zur Geruchsneutralisation/Minimierung • Vorrangig: Ausbau der Geruchsstoffe • Neutralisation durch Ozonbehandlung/
Spezialbeschichtungen inkl. reaktiver Zusätze (NH3) • Bei temporären VOC-Belastungen: Ausheizen der Räume
bei zeitgleich maschineller Belüftung • Entfeuchtungsmaßnahmen bei mikrobiell bedingten
Schäden im Falle bestehender Durchfeuchtungen • Ausgrenzen geruchsaktiver Bauteilflächen durch
Vorsatzschalen, ggf. mit Aktivkohleschüttungen, besser durch Hinterlüftungen
3. St. Augustiner Expertentreff -
3.9.2012 27
Fazit
• Beanstandungen durch Gerüche sind ernst zu nehmen, da sie ggf. ein Hinweis auf verdeckte Gefahrstoffe im Gebäude sind
• Zwingend: Prüfung der Raumluft zur Kontrolle einzuhaltender Richtwerte
• Möglichst praxisnahe Geruchsquellensuche mit Ziel einer Geruchsminderung
3. St. Augustiner Expertentreff - 3.9.2012
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