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Post on 09-Sep-2019
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AUSSTELLUNG IN DER PINAKOTHEK DER MODERNE·· .................. .
Schockbilder
Münchner Me~kur Nr. 98 1 Freitag, 28 . April 20 17
KULTUR IN KÜRZE
Das Architekturmuseum der TU München zeigt „draußen/ out there - Landschaftsarchitektur auf globalem Terrain"
Passau wirbt für Europäische Wochen Unter der neuen Intendanz von Thomas E. Bauer starten die Europäischen Wochen in ihre 65. Saison. Vom 29. Juni bis 6. August werden an sechs Wochenenden 48 Veranstaltungen geboten . Mit den Programmen wollen Bauer und sein Verein die Menschen wieder „emotional" für die Idee Europa gewinnen. Zum Festakt am 1. Juli im Fürstbischöflichen · Opernhaus in Passau hat sich der Philosoph Peter Sloterdijk als Festredner angesagt. Am selben . Tag steht Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie auf dem Programm. Den Bass-Part übernimmt der Intendant, der zu den renommiertesten Sängern seines Fachs zählt . Insgesamt siebenmal wird Bauer selbst auftreten , unter anderem auch bei der Aufführung des „Paulus" von Felix Mendelssohn Bartholdy.
VON ALEXANDER AL TMANN
Das mit den Schockbildern macht offenbar Schule. Jetzt knallen sie uns nicht nur auf Zigarettenschachteln entgegen, sondern auch in Ausstellungen wie „draußen/ out there", die das Architektur museum der TU München in der Pinakothek der Modeme präsentiert. Gleich beim Betreten der Schau steht man vor dem Riesenfoto eines leblosen Flusses zwischen Tro~ penvegetation, an dessen Ufern sich ekelerregende Müllberge dahinziehen. Fehlt nur noch ein Warnhinweis in der Art: ,,Achtung, diese Aus0
stellung will Ihr Weltbild verändern."
Denn laut Untertitel soll es hier um „Landschaftsarchitektur auf globalem Terrain" gehen, und .da denkt unser-
Unser Weltbild soll verändert werden
einer natürlich an Parks, weite Rasenflächen, sanfte Hügel, üppige Blütenpracht oder den Englischen Garten. Aber weit gefehlt! Mit solchen Kleinbürgeridyllen von gestern macht diese Ausstellung radikal Schluss. Schonungslos, wie's ihre Art ist, zertrümmern die weltläufigen Kuratoren unseren naiven Provinzlerglauben ans Gute, Wahre und Schöne, jawoll! Denn Landschaft, erfährt man, ist , heute vor ' allem Stadtlandschaft : ,,Wir erleben derzeit die · größte Verstädterungswelle, die die Menschheit je gesehen hat ", erklärt mit Blick auf Asien, Afrika und Südamerika Christian Werthmann , Professor für Landschaftsarchitektur in Hannover und einer der Kuratoren der Schau.
Weil aber all die Zuzügler vom Land in der Stadt irgendwo wohnen müssen, errich-
Der Müll, die Stadt und der Fluss: Jakartas Ciliwun~ Riv~r im Viertel Kampung Bukit Duri. FOTO: JÖJ\G REKITIKE
Lima in Peru zeigt die Verstädterung, und zwar durch schwarz gebaute Siedlungen. FOTO: EVELYN MERINO-REYNA
ten sie im Eigenbau notdürftige Behausungen. Als Platz für diese „informellen Bauten", wie man Slums vornehm nennt , kommen meist nur Orte infrage, die deshalb noch frei sind, weil man dort eigentlich gar nicht wohnen kann: Überschwemmungsgebiete von Flüssen wie in Ja-
karta (Indonesien) oder Bergrutsch-gefährdete Hänge wie in Medellin (Kolumbien).
Ein weiteres Hauptpro- · blem neben diesen lebensgefährlichen Standorten ist der Mangel an · ,,Entsorgungsinfrastruktur": Nicht nur die Slums, auch die Häuser der Reichen haben oft keinen Ka-
Balis Reisterrassen bedeuten Knochenarbeit für die Bauern; dort landet auch das Abwasser. FOTO:WAN JING, STUOIOREKJTIKE.
nalisationsanschluss , was dann selbst im Urla~sl\laradies Bali dazu führt, dass zur Traumkulisse eine buchstäblich .beschissene Kehrseite gehört . Was im Luxushotel oben in die Toilette geht, wird unten einfach ins benachbarte Reisfeld gespült. Guten Appetit!
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Aber es gibt Hoffnung. Denn die Schau zeigt auch, wie unsere wackeren Landschaftsarchitekten all diese Probleme in fernen Erdteilen erfolgreich angehen. Da erfährt man, dass im chinesischen Changde dank deutscher Nachhilfe das ,,Schwammstadt-Konzept"
verwirklicht ist, bei dem Abwasser durch einen „Fflanzenfilter" geklärt wird, der zugleich als erholsamer Uferpark entlang des städtischen Flusses dient. Um andere Wasserprobleme geht es hin.gegen in Lima, denn die Hauptstadt Perus ist „die trockenste Megacity der Welt". Klar, dass man dort keinen Englischen Garten anlegen kann. Um dem Wassermangel abzuhelfen, hatten findige Landschaftsarchitekten also die Idee mit · den „Nebelfängern", · aufgespannten feinen Netzen, die Feuchtigkeit aus dem reichlich vorhandenen Nebel in Lima filtern.
Insgesamt wii:kt die Schau trotz edler Vitrinen und Topografie-Modelle also eher wie eine Dokumentation avancierter Entwicklungsprojekte. Obwohl dergleichen
Madrids Müllberg ist Europas größter Slum
natürlich schwer auszustellen ist und leicht so trocken wirkt wie der Boden in Lima, weil der Besucher ohne Lektüre nichts kapiert , vermitteln Fotos und Filme doch auch einen recht sinnlichen Eindruck.
Dazu gibt es attraktive Exponate wie „typische Haushaltsabfälle" - oder einen alten Damenschuh von einer Müllkippe bei Madrid. Dort existiert nämlich seit 60 Jahren das größte Slumgebiet Europas, dessen Bewohner (zu denen neuerdings auch immer mehr verarmte Mittelstandsbürger zählen) vom Müllsammeln und -recyceln ,,leben". Eine Nachricht, die mindestens so erschreckend wirkt wie Schockbilder.
Bis 20. August, täglich außer Mo. 10-18 Uhr, Do. bis 20 Uhr, Barer Str. 29; Telefon 089/ 23 80 53 60.
Kulturerbe soll Europagefühl stärken Ein Europäisches Jahr des Kulturerbes soll den Europäern 2018 ein stärkeres Gefühl der Zusammengehörigkeit vermitteln . Das Europäische Parlament beschloss in Brüssel, acht Millionen Euro bereitzustellen. Europa solle seinen „kulturellen Reichtum feiern", sagte EU-Kulturkommissar Tibor Navracsics. Das Jahr könne zeigen, ,,dass der europäische Raum unserer 27 Nationen zu einer einheitlichen Zivilisation mit einer gemeinsamen Geschicht e gehört" , erklärte der federführende Europaabgeordnete Mircea Diaconu. Er nahm damit den Austritt Großbritanniens aus der Gemeinschaft praktis ch vorweg. Das KulturerbeJahr soll vor allem junge Menschen anspreche n und die lokale Ebene einbinden .
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