anfechtung und vertretungsmacht. problem: was soll angefochten werden? vollmachterteilung oder...
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Anfechtung und Vertretungsmacht
Problem:
• Was soll angefochten werden?
• Vollmachterteilung oder Ausführungsgeschäft?
• Und wegen was?
• Irrtum/Täuschung/Drohung beim Geschäftshernn oder beim Vertretenen?
Anfechtung des Ausführungsgeschäfts
• Das Ausführungsgeschäft entspricht nicht den Erwartungen des G
• Vertreter hat zB die falsche Sache gekauft • Weil er (der Vertreter) sich geirrt hat• zB Versprechen, Verschreiben oder
Eigenschaftsirrtum • Hat er damit VM überschritten, ohnehin keine
Bindung des G • Ansonsten klare Lösung in § 166 I: • Irrtum des Vertreters ist relevant • Gilt auch für die arglistige Täuschung
Willensmängel des Geschäftsherrn
• Willensmängel können auch bei G auftreten
• Insbes. wenn dieser den Vertreter anweist• Irrtümer wirken so in die Vollmacht hinein• Führen zum fehlerhaften
Ausführungsgeschäft• Oder Irrtum über die Geeignetheit/
Zuverlässigkeit des Vertreters • Lösung?
Zwei Ansätze:
• § 166 II oder Anfechtung der Vollmacht?• Anfechtung der Vollmacht unproblematisch, wenn noch
nicht betätigt• Kein praktischer Unterschied zum Widerruf • Problematisch bei betätigter Vollmacht:• V wird nachträglich zum Vertreter ohne VM • Allerdings gutgläubig, also Abs.2, nicht Abs. 1• Neg. Interesse an D• Hat seinerseits Regress aus § 122 gegen G • Trägt aber insoweit das Risiko der Vermögenslosigkeit • Selbst Direktanspruch D gegen G aus § 122 würde
daran nichts ändern
Alternative Lösung daher:
• Anfechtung der betätigten Vollmacht ausgeschlossen• Statt dessen § 166 II analog • Auch ohne bestimmte Weisung Anfechtung des
Ausführungsgeschäfts• Wenn G bei Selbstausführung anfechtungsberechtigt
wäre • Vorteil: V wird aus der Rückabwicklung herausgehalten • Erfolgt allein im Verhältnis G – D • Problemfall: Anfechtung der Vollmacht wegen Irrtum
über Eigenschaften des Vertreters
Abwicklung der Anfechtung:
• § 166 I und II betreffen nur den Anfechtungsgrund
• Sonstige Voraussetzungen müssen vorliegen
• Fristwahrung, Anfechtungserklärung
• Vertreter ist nicht anfechtungsberechtigt
• Bei Anfechtung des Ausführungsgeschäfts Erklärung ggü. D erforderlich
Begrenzung der Vertretungsmacht
• Trotz bestehender Vertretungsmacht keine Bindung des Vertretenen
• Bei Missbrauch der Vertretungsmacht • Betrifft vor allem Fälle, bei denen Können und Dürfen
des Vertreters auseinander fallen • zB Prokura, §§ 49 ff. HGB• Prokurist hat VM zu allen Geschäften • Außer Grundstücksgeschäften und Veräußerung des
Unternehmens im Ganzen • Intern kann Prokura aber beschränkt werden • zB nur Einkaufsgeschäfte • Was, wenn Prokurist die Beschränkung nicht einhält?
Missbrauch der Vertretungsmacht
• Grundsätzlich Bindung im Außenverhältnis, § 50 HGB
• Im Innenverhältnis aber Pflichtverletzung, § 280 BGB mit RF Schadensersatz
• Außerdem Widerruf der Prokura für die Zukunft möglich
• Wie aber, wenn D - Die Beschränkung im Innenverhältnis kennt? - Möglichweise sogar bewusst mit V zum Nachteil
des G zusammenwirkt?
Missbrauch der Vertretungsmacht
• Bei Vorsatz und planmäßigem Zusammenwirken liegt § 826 BGB vor
• Ebenso wenig schutzwürdig ist D bei Kenntnis der Beschränkung • Vollmacht im Außenverhältnis dient dem Verkehrsschutz • Wer weiß, dass gegen die Weisungen des G verstoßen wird, ist
nicht schutzwürdig• Auch hier wieder Problem: Genügt auch Fahrlässigkeit? • Etwa, wenn V Schecks veruntreut, und die Inkassobank das leicht
hätte erkennen können? • BGH: Ja, aber Schaden wird geteilt (§ 254) • Das ist unsystematisch: Es geht um Bestehen der VM, nicht um SE • Besser daher: Höhere Anforderungen (grobe Fahrlässigkeit), dann
aber keine Teilung.
Selbstkontrahieren und Mehrvertretung, § 181
• Beschränkung der VM zum Schutz des G:
• § 181
• Regelt zwei Fälle:
• Selbstkontrahieren: – Geschäft im Namen des Vertretenen mit dem
Vertreter als dritte Partei – Beispiel: Prokurist der G-GmbH bewilligt sich
selbst Gehaltserhöhung
§ 181
• 2. Fall: Mehrvertretung • V ist Vertreter zweier Parteien, G1 und G2• An sich kein Problem
– Bank in der Hauptversammlung der AG, Eltern mit mehreren Kindern
• Problem erst dann, wenn V die beiden G als Vertragspartner zusammenbringt:
• Makler hat Verkaufs- Vollmacht von G1, Kauf-Vollmacht von G2.
• Er schließt Kaufvertrag im Namen von G1 und G2– Diesem Vertrag fehlt die Richtigkeitsgewähr– Kein Aushandeln möglich– V ist beiden Parteien gleich verpflichtet, wie soll er für
angemessenen Preis sorgen?
§ 181:
• Daher: • Begrenzung einer an sich bestehenden VM • Prokurist kann sich keine Gehaltserhöhung bewilligen • Aber Genehmigung möglich (§ 177) • Und auch insgesamt Befreiung von der Norm
– Wortlaut „sofern ihm nicht.. ein anderes gestattet ist“…– Vertretener kann auf den Schutz verzichten – Häufig bei GF von Unternehmen, die in mehrere Gesellschaften
segmentiert sind• Befreiung ist hier nötig zum Leistungsaustausch zwischen den
Schwestergesellschaften
• 2. Ausnahme: Reines Erfüllungsgeschäft– Verbindlichkeit besteht schon, daher keine größere Gefahr für
den Vertretenen
Überschießender Regelungsbereich
• § 181 ist formales Recht• Begrenzt VM in den beiden Konstellationen, die
genannt sind• Keine allgemeine Regel über
Interessenkollisionen • Das führt zu Unschärfen in beiden Richtungen:
– § 181, obwohl Geschäft für den Vertretenen ungefährlich
– Geschäft von § 181 nicht erfasst, obwohl für den Vertretenen gefährlich
• Analogie/Restriktion?
Beispiel: Schenkung an Kinder
• Eltern wollen mit Kind Schenkungsvertrag (§ 516) schließen
• Wie geht das?
Restriktion des § 181
• § 181 würde das verbieten: • Selbstkontrahieren liegt formell vor• Befreiung nicht möglich:
– Befreiung durch Kind scheitert an § 107– Befreiung durch Eltern wieder an § 181– Ergänzungspfleger nötig!
• Anwendung auch, wenn Interessenkollision klar fehlt? – hM: (-), Lösung entsprechend § 107: – Wenn K lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, ist das
Insichgeschäft unbedenklich • Insbes. könnte beschränkt GF ja auch selbst handeln
– Grenze also nur dort, wo persönliche Verpflichtung entsteht – zB Schenkung einer ETW, BGHZ 78, 28, 31 ff.
Ausdehnung des § 181
• Interessenkollision ohne Personenidentität • Als allgemeine Regeln nicht anerkannt • Lösung eher mit anderen Mitteln:
– Gesetzesumgehung, Beispiel: • Vertreter schaltet Untervertreter ein, um die Konstellation des
§ 181 zu vermeiden – Missbrauch der Vertretungsmacht, Beispiel:
• Vertreter verpflichtet den Geschäftsherrn zur Bürgschaft für seine Privatschulden
• Hier muss sich dem D aufdrängen, dass Unternehmen normalerweise nicht für die Schulden ihrer Angestellten bürgen
• Missbrauch evident, keine VM des V.
Sonderproblem: Wissenszurechnung
• Viele Normen stellen auf Wissen und Wissen- Müssen ab
• zB § 932, § 442• Problematisch bei juristischen Personen, die
selbst keine „Kenntnis“ haben können. • Das Wissen der Handelnden wird zugerechnet:
– § 166 I und II beim Stellvertreter– § 278 beim Erfüllungsgehilfen– § 31 beim Organ (zB Geschäftsführer)
Wissenszurechnung
• Problem ist das Wissen von Personen, die an dem fraglichen Rechtsgeschäft nicht beteiligt sind
• Beispiel: BGHZ 132, 30– Gemeinde G verkauft an K ein Grundstück– Wird dabei vom Bürgermeister (B1) und einem Beigeordneten
(B2) vertreten – Das Grundstück hat einen Fehler– Das wussten B1 und B2 nicht– Wohl aber der Leiter des Liegenschaftsamtes – Der aber an dem Verkauf
a) Nicht beteiligt und b) Vor Vertragsschluss pensioniert worden war.
Wissenszurechnung
• Nur Einzelnormen? • Wissenszurechnung als Rechtsprinzip?
– Vor allem bei Organen und Wissensvertretern – Also Zurechnung ohne Ausnahme– Auch bei verstorbenen oder ausgeschiedenen
Mitarbeitern– Ohne Unterscheidung dienstlich/privat – Zurechnung sofort (keine Frist zur
Kommunikation)
Wissenszurechnung
• Vermittelnde Lösung des BGH – Pflicht zur Organisation der Kommunikation – Gleichstellung mit natürlicher Person– Wissensspeichersysteme treten an Stelle des
Gedächtnisses – Archivierung/ Weiterleitung durch den
Wissenden– Abfrage durch den Handelnden
Wissenszurechnung
• Nachteile der Lösung: – Sehr einzelfallbezogen – Änderung der Pflichten mit dem Stand der
Kommunikationstechnik – Fahrlässigkeitsmaßstab – Wissen- müssen wird mit Wissen
gleichgesetzt – Zurechnung auch des Wollenselements bei
der Arglist?