artikel 9: steuern auf produkte aus erdöl: eine lukrative einnahmequelle für den staat?
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Die seit Mitte des letzten Jahrzehnts stark gestiegenen Erdölpreise hatten zur Folge, dass die Benzin-, Diesel- und Heizölpreise Rekordmarken erreicht haben. Wie setzen sich diese Preise zusammen und in welchem Ausmaße wirken sich Steigerungen der Rohölpreise auf die Endproduktpreise aus? Wer verdient dabei am meisten?TRANSCRIPT
Steuern auf Benzin, Diesel und andere Produkte aus Erdöl:
eine lukrative Einnahmequelle für den Staat?
Die seit Mitte des letzten Jahrzehnts stark gestiegenen Erdölpreise hatten zur Folge, dass die
Benzin-, Diesel- und Heizölpreise Rekordmarken erreicht haben. Wie setzen sich diese Preise
zusammen und in welchem Ausmaße wirken sich Steigerungen der Rohölpreise auf die
Endproduktpreise aus? Wer verdient dabei am meisten?
Die auf Erdöl basierenden Endverbraucherpreise für Treibstoffe und Heizöl setzen sich aus drei
großen Einzelposten zusammen: dem Einkaufspreis für das Rohöl, den Steuern und einem
Restposten, welcher Kosten für Transport, Lagerung, Raffineriekosten, Vertriebskosten,
Betriebskosten der Tankstellen und Gewinne beinhaltet. Laut Branchen-Experten sind die
Betriebskosten einer Tankstelle gedeckt, sobald circa fünf Cent je Liter übrig bleiben. In vielen
Fällen wird dieser Wert aber unterschritten, was zur Folge hat, dass viele Tankstellen um das
wirtschaftliche Überleben kämpfen.
Graph 1
Graph 1 vergleicht die Preise und Steuern, welche die Endverbraucher in den OECD-Ländern für
bleifreies Superbenzin im 1. Quartal 2014 bezahlen mussten. Während die Preise ohne Steuern von
Land zu Land nur leicht variieren, zeigt sich für die Steuern je nach Land ein zum Teil enormer
Preisunterschied. In circa zwei Drittel der Länder machen die Steuern über 50% des Preises aus.
Vor allem in den Europäischen Ländern ist der Steueranteil sehr hoch. Während in den USA die
Steuern auf Benzin nur einen Anteil von weniger als 15 % ausmachen, liegt der Steueranteil in
Japan bei circa 40% und erreicht in einigen Europäischen Ländern über 60%. Das Land mit den
höchsten Steuern auf Benzin ist die Türkei, gefolgt von Norwegen, Italien und den Niederlanden.
Der Steueranteil für Benzin macht im EU-Durchschnitt 57% aus, während der Steueranteil bei
Diesel mit 51% etwas niedriger liegt. Zur Vergleichbarkeit werden die Benzinpreise aller Länder in
US Dollar angegeben. Wechselkursschwankungen können daher auch einen Einfluss auf die
Endverbraucherpreise in den einzelnen Ländern haben. Der Rohölpreis wird zumeist in US Dollar
festgesetzt, deshalb wird der Preis für Benzin in den Ländern, deren Währung dem Dollar
gegenüber auf- oder abwertet, positiv oder negativ beeinflusst.
Graph 2
Graph 2 vergleicht die Komponenten der Benzinpreise in verschiedenen Ländern. Während der
Rohölpreis in Europa (Beispiel Italien) und in Japan kaum divergiert, ist er in den USA deutlich
niedriger. Bezüglich des Steueranteils am Preis zeigen sich drastische Unterschiede. Wenn also
der Rohölpreis steigt, profitieren nicht nur die Förderländer (OPEC und andere Erdöl-
Produzenten), sowie die multinationalen Ölgesellschaften (z.B. ExxonMobil, Chevron, Shell, BP
etc.) sondern auch die Verbraucherländer. Vor allem die Europäischen Länder können satte
Steuereinnahmen von den Erdölprodukten lukrieren, aber auch Japan hat sehr hohe
Steuereinnahmen. Die Steuern auf Rohölprodukte sind auch in den EU-Ländern nicht einheitlich,
die einzelnen Länder erheben mehrere verschiedene Steuern auf Benzin und andere Produkte.
Dabei wird zwischen variablen und fixen Steuern unterschieden. Variable Steuern werden als
Prozentsatz vom jeweiligen Preis erhoben (z.B. die Mehrwertsteuer) während fixe Steuern
unabhängig vom Preis sind. Steigt der Rohölpreis, so erhöhen sich entsprechend die
Produktpreise und somit auch die variablen Steuern, was bedeutet, dass auch die
Steuereinnahmen der Verbraucherländer steigen. Um die Endverbraucher zu entlasten, haben
manche Verbraucherländer in der Vergangenheit die Steuern auf Benzin gesenkt, aber nie in
einem Ausmaß, welche die Preissteigerungen, die durch die steigenden Rohölpreise ausgelöst
wurden, ausgeglichen hätten.
Tabelle 1
Wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist, sind die Steuereinnahmen aus Erdölprodukten in den EU-Ländern
beachtlich. Im EU-Durchschnitt betragen sie 7% der Gesamtsteuereinnahmen. Auffallend ist, dass
vor allem die osteuropäischen Länder und Balkanländer einen sehr hohen Anteil aufweisen und
auch Länder mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen einen höheren Anteil aufweisen, als reichere
Länder.
Graph 3
Laut Berechnungen der OPEC profitieren die OECD-Länder mehr vom steigenden Erdölpreis als
die Produzentenländer (Graph 3.) Während die OPEC-Länder im Zeitraum 2008 bis 2012 4888
Milliarden US $ aus ihren Erdölverkäufen einnahmen, beliefen sich die Steuereinnahmen aus
Erdölprodukten in den OECD-Ländern im selben Zeitraum auf 5553 Milliarden US $. Allein die G71-
Länder hoben im genannten Zeitraum Steuern von 3772 Milliarden US $ ein. Wenn solche
Berechnungen auch auf groben Schätzungen basieren, so zeigen sie doch die Größenordnung der
Steuereinnahmen von Erdölprodukten, welche die Verbraucherländer einnehmen.
Die Verbraucherstaaten hätten die Möglichkeit, den Benzin-, Diesel- und Heizölpreis zu senken,
indem sie die entsprechenden Steuern modifizieren. Die politischen Optionen der einzelnen
Staaten bezüglich Änderungen bei der Besteuerung von Erdölprodukten bieten jedoch wenig
Spielraum. Einerseits will man im Sinne des Klimaschutzes und der Einhaltung der Klimaziele die
Steuern auf Erdölprodukte nicht senken, sondern eher erhöhen, um den Verbrauch zu drosseln
und um eine effizientere Produktnutzung zu fördern und andererseits ist es - vor allem in Zeiten
der Wirtschaftskrise - unwahrscheinlich, dass die Steuereinnahmen gekürzt werden. Die
Verbraucher werden deshalb wohl auch in Zukunft mit hohen Benzin-, Diesel- und Heizölpreisen
rechnen müssen.
Anmerkung: Milliarden (109)entsprechen den im angelsächsischen Raum verwendeten Billionen.
Monika Psenner - Energie-Expertin Lesen Sie weitere Artikel zur Zukunft der Energie!
1 G7 Länder: USA, Kanada, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien