autonomie der schulen in italien und südtirol dr. arthur pernstich dresden, 28. juni 2014
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Autonomie der Schulen in Italien und Südtirol
Dr. Arthur Pernstich
Dresden, 28. Juni 2014
I Südtirols Bildungswesen allgemein
II Autonomie der Schulen
Die Autonomie der Schulen in Italien
Die Autonomie der Schulen in Südtirol
III Ausblick
IV Integration /Inklusion an Südtirols Schulen
Autonomie der Schule in Italien und in Südtirol
Südtirols Bildungswesen allgemein
Einwohner Südtirols: 515.000 (Mai 2014)
Deutsche Sprachgruppe 69,41 %Italienische Sprachgruppe 26,06 %ladinische Sprachgruppe 4,53 %Migrationshintergrund (42.522) 8,3 %
Das Bildungssystem in Südtirol
Geschichte des Bildungswesens in Südtirol (1/2)
1586: Erste Schulordnung – Erzherzog Ferdinand II.
1774: Allgemeine Schulordnung von Kaiserin Maria Theresia
1919: Italienisches Schulsystem
1923: Verbot der deutschen Schulen - Katakombenschulen
1948: Erstes Autonomiestatut - Errichtung deutscher Schulen
1972: Zweites Autonomiestatut – Errichtung der
Landesschulämter, Ausbau der Schulfürsorge und des
Kindergarten- und Berufsschulwesens, Proporz
1977: Integration von Schülerinnen und Schülern mit
Beeinträchtigung
Geschichte des Bildungswesens in Südtirol (2/2)
1987–1990: Gründung der Pädagogischen Institute
1996: „Schule zum Land“
1997: Gründung der Freien Universität Bozen
2000: Landesgesetz zur Autonomie der Schulen
2001: Bildung der schulstufenübergreifenden
Schulsprengel (1.–8. Jahrgangsstufe)
2008: Landesgesetz Nr. 5 – Bildungsziele Unterstufe
2009: Beschluss Landesregierung: Rahmenrichtlinien
Unterstufe
2010: Landesgesetz Nr. 11 – Schulordnung Oberstufe und
Schaffung des Deutschen Bildungsressorts
Südtirols Bildungswesen allgemein
Rechtliche Eigenständigkeit der Südtiroler Schule:
Grundlage: 2. Autonomiestatut DPR 670/72 Primäre Gesetzgebungskompetenz:
Kindergarten, Berufsbildung, Schulverwaltung, Schulbauten, Schulfürsorge (Sicherung des Rechts auf Bildung)
Sekundäre Gesetzgebungskompetenz:
Schulordnung der Grund- und Sekundarschule (Allgemeine Grundsätze des staatlichen Bildungssystems bindend)
Südtirols Bildungswesen allgemein
Begriffsklärung
Schulautonomie bezeichnet die besonderen Befugnisse des Landes Südtirol im Bildungsbereich (Artikel 8, 9 und 19 des Autonomiestatuts)
Autonomie der Schulen bezeichnet den Gestaltungsfreiraum der Schulen innerhalb bestimmter Vorgaben (Landesgesetz vom 29. Juni 2000, Nr. 12)
Autonomie der Schulen - Italien
Die Autonomie der Schule in Italien
Ab ca. 1990 Diskussion über Verwaltungsreform in Italien:
- Deregulierung: Lichtung des Gesetzesdschungels
- 1994 regelten 200.000 Gesetze + Bestimmungen Schulbereich
- Dezentralisierung: Entscheidungen vor Ort
Teil der Reform der gesamten Staatsverwaltung ist die „Autonomie der Schulen“: Übertragung der bislang zentralstaatlich ausgeübten Verwaltung auf die einzelnen Schulen
Rahmenbedingungen der Südtiroler Schulen
Schüler – und Lehrerzahlen: Ca.72.000 Schüler/innen Ca. 9.000 Lehrpersonen Davon ca. 600 Integrationslehrpersonen Zusätzlich 350 Erzieher + Betreuer für Integration Verhältnis Schüler/innen pro Klasse:
- Grundschule deutsch = 14,50
- Mittelschule deutsch = 18,50
- Oberschule deutsch = 20,00 Verhältnis Schüler/innen pro Lehrer: ca. 8,5 - 1 Kinder mit Migrationshintergrund = 9,0 % Sehr großes und stark genutztes Fortbildungsangebot Optimale Schulraumsituation, gutes Unterstützungssystem
Staatsgesetz vom 15. März 1997, Nr. 59 Bestimmungen zur Dezentralisierung, Deregulierung und
Subsidiarität im Rahmen der Verwaltung Steigerung der Effizienz der Verwaltung Abbau der Regelungsdichte Vereinfachung der Verwaltungsverfahren Reform des Zentralstaates Reduzierung der Ausgaben des Staates Schlanker Staat: Reorganisation der Ministerien,
privatwirtschaftliche Dienstverhältnisse in der öffentlichen Verwaltung
Verwaltungsföderalismus Koordinierungsfunktion des Zentralstaates
Autonomie der Schulen - Italien
Autonomie der Schulen - Italien
Artikel 21 des Gesetzes vom 15. März 1997, Nr. 59 („Bassanini - Gesetz I“). Die Schulen erhalten Rechtspersönlichkeit und Autonomie in den Bereichen:
- Organisation,
- Didaktik,
- Forschung, Schulversuche und -entwicklung,
- Verwaltung,
- Finanzen.
DPR 18. Juni 1998, Nr. 233 – Regelung optimale Schulgrößen DPR vom 8. März 1999, Nr. 275: Durchführungsverordnung zur
Umsetzung von Artikel 21 des Gesetzes Nr. 15/1997 (didaktische und organisatorische Autonomie)
Autonomie der Schulen - Italien
Verfassungsgesetz vom 18. Oktober 2001, Nr. 3 Umverteilung der Zuständigkeiten zwischen Staat,
Regionen, Provinzen und Gemeinden: Dezentralisierung – Föderalismus
Reformierter Artikel 117 Absatz 3 (Neuverteilung der Kompetenzen zwischen Staat und Lokalkörperschaften im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis):„Der Staat hat die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis bei den
Grundsätzen des Bildungsbereichs und konkurrierende Befugnis
im Schulbereich, unbeschadet der Autonomie der Schulen und
unter Ausschluss der theoretischen und praktischen Berufsausbildung …“
-> Der Grundsatz der Autonomie der Schulen erhält Verfassungsrang – schwerwiegende Auswirkungen!
Autonomie der Schulen - Südtirol
Autonomie der Schulen ist ein Grundsatz der staatlichen Schulgesetzgebung und gilt somit auch für Südtirol
Pilotprojekt „Autonomie der Schulen“
Landesgesetz vom 29. Juni 2000, Nr. 12, „Autonomie der Schulen“
Das Gesetz gilt für die Grund-, Mittel-, Ober- und Kunstschulen staatlicher Art gesetzlich gleichgestellten und anerkannten Schulen. Landeskindergärten orientieren sich an den Grundsätzen der
Autonomie der Schulen
Autonomie der Schulen - Südtirol
Die Schulen erhalten Rechtspersönlichkeit Mindestgröße Direktoren im Führungsrang (Führungskräfteschulung)
-> Träger von eigenen Rechten und Pflichten
-> juristische Person des öffentlichen Rechts
Sie besitzen Autonomie in den Bereichen Didaktik, Organisation, Forschung, Schulentwicklung und Schulversuche Verwaltung, Finanzen
Autonomie der Schulen - Südtirol
Artikel 2 Ziel und Zweck der Autonomie der Schulen: „deren (der
Schüler/innen) Bildungserfolg […] zu garantieren und die Wirksamkeit des Lehrens und Lernens zu erhöhen“
Die Autonomie kommt „im Wesentlichen in der Planung und Durchführung von Erziehungs-, Bildungs- und Unterrichtsmaßnahmen zum Ausdruck“
Didaktische Autonomie (Art. 6)
Absatz 1: „Unter Beachtung der Lehrfreiheit, der Erziehungsfreiheit
der Familien und der allgemeinen Zielsetzungen des Schulsystems
setzen die Schulen im Sinne von Artikel 5 die allgemeinen und
die spezifischen Ziele in Lernwege um, die das Recht aller
Schüler und Schülerinnen auf Bildung und Erziehung zu
gewährleisten. Sie erkennen und nutzen die Unterschiede,
fördern die Fähigkeiten jedes Einzelnen, indem sie alle
zweckdienlichen Maßnahmen treffen, um den Bildungs-
erfolg zu erreichen.“
Autonomie der Schulen - Südtirol
Organisatorische Autonomie (Art. 7)
Flexibilität und Vielfalt nutzen, Effizienz und Wirksamkeit der Schulen sichern, Ressourcen bestmöglich nutzen, neue Technologien einführen und das örtliche Umfeld der Schule einbeziehen
Funktionales Plansoll (Lehrer/innenkontingent der Schule)
Flexible Gestaltung des Stundenplans
Anpassung des Schulkalenders
Erarbeitung und Genehmigung einer internen Schulordnung und der Dienstleistungsgrundsätze.
Autonomie der Schulen - Südtirol
Forschung, Schulentwicklung und -versuche (Art. 8)
Untersuchungen im Bereich Planung und Bewertung
Interne berufliche Fortbildung des Personals
Methodische und fachliche Innovation
Vertiefung der Informations- und Kommunikationstechnologien
und deren Verwendung im Bildungsprozess
Pädagogische Dokumentation und deren Verbreitung innerhalb
der Schule
Austausch von Informationen, Erfahrungen und
Unterrichtsmaterialien
Autonomie der Schulen - Südtirol
Schulverbünde (Art. 9)
Zusammenschluss von Schulen, um institutionelle Zielsetzungen auf Grund vereinbarter Projekte gemeinsam zu verwirklichen: Unterrichtstätigkeiten, Untersuchungen, Schulentwicklung, interne Fortbildungen …
Möglichkeit zum Abschluss von Verträgen mit Universitäten, Körperschaften, Unternehmen, Vereinigungen oder Fachleuten
Internationale Zusammenarbeit
Bildung von Konsortien
Autonomie der Schulen - Südtirol
Verwaltungsautonomie (Art. 11)
Zuständigkeiten der autonomen Schulen im Bereich der Verwaltung der Schülerlaufbahn
Befugnisse der Schulen im Bereich der Verwaltung der Haushaltsmittel und des Vermögens,
Befugnisse der Schulen im Bereich der Verwaltung des Lehrpersonals - Abgrenzung zu den Befugnissen der Schulämter
Maßnahmen der Schule - werden 15 Tage nach Veröffentlichung definitiv keine Aufsichtsbeschwerde möglich
Autonomie der Schulen - Südtirol
Finanzautonomie (Art. 12)
Einnahmen der Schulen
Arten der Zuweisungen
Ordentliche Zuweisungen haben keine Zweckbindung
Einführung der Kontrollorgane
vom Land vorgegebene Buchhaltungsverordnungeinzelne Ausgaben für den Schulbetrieb werden weiterhin direkt durch das Land getätigt
Autonomie der Schulen - Südtirol
Autonomie der Schulen in Südtirol
Finanzautonomie – Ressourcenzuteilung Gehälter der Kindergärtnerinnen und Lehrpersonen werden vom
Land – der Autonomen Provinz Bozen - bezahlt
Finanzierung des Lehr- und Verwaltungsbetriebes an Grund- und
Mittelschulen aufgeteilt zwischen Gemeinden und Land
Kindergärten werden voll von Gemeinden finanziert – Ausnahme
Gehälter
Oberschulen und Berufsschulen werden voll vom Land finanziert
Zuweisungen in der Regel nach Schülerzahlen:
- Betrag je Direktion, Außenstelle, Klasse, Schüler/in, Lehrperson
(Vollzeit), Turnhalle, Aula Magna, Abendschule
- Zusatzbeträge praxisbezogener Unterricht, Integration Ausländer
- Zusatzbeträge für Oberschulen mit besonderen Schwerpunkten
Autonomie der Schulen in Südtirol
Finanzautonomie – Finanzierung Privatschulen
Geringe Bedeutung Privatschulen – nur ca.3%
Gleichgestellte und anerkannte Privatschulen
Bei gleichgestellten Privatschulen bezahlt Land 80% der Gehälter
und zusätzlich für den Lehr- und Verwaltungsbetrieb
Bei anerkannten Privatschulen ungefähr die Hälfte
Mindestanzahl pro Klasse – 15 Schüler/innen/ auch Integration
Gleichgestellte Privatschulen müssen im Wesentlichen staatliche
Schulordnung übernehmen
Für Privatschulen bezahlen Schüler/Eltern unterschiedliche
Aufnahmegebühren von 200 - 1800 Euro pro Jahr
Privatschulen größtenteils in kirchlicher Trägerschaft
Das Schulprogramm (Art. 4)
„Jede Schule erstellt unter Einbeziehung aller Komponenten der
Schulgemeinschaft ihr Schulprogramm, das als
grundlegendes Dokument die kulturelle Identität und das
Profil der Schule widerspiegelt. Das Programm umfasst die
curriculare, außercurriculare, erzieherische und
unterrichtsorganisatorische Planung, die von den einzelnen
Schulen im Rahmen ihrer autonomen Befugnisse beschlossen
wird.
Autonomie der Schulen - Südtirol
Schulrat gibt Kriterien vor
Lehrerkollegium erarbeitet Schulprogramm
Einbezug aller am Schulleben beteiligten Institutionen
Genehmigung durch Schulrat
Veröffentlichung
Autonomie der Schulen - Südtirol
Interne und externe Evaluation (Art. 16, 17)
Interne (Selbst-)Evaluation - Schulen erheben ihre
Leistungsfähigkeit und evaluieren sich selbst. Sie vergleichen die
festgestellten Ergebnisse mit den Zielen des eigenen
Schulprogramms und mit den allgemeinen Bildungs- und
Lernzielen
Externe (Fremd-)Evaluation - erhebt die Wirksamkeit und
Effizienz des gesamten Schulwesens, seiner Teilsysteme und der
einzelnen Schulen, überprüft die Wirkungen von schulpolitischen
Entscheidungen und Gesetzen im Schulbereich;
Teilnahme an nationalen und internationalen Erhebungen
Autonomie der Schulen - Südtirol
Externe Evaluation
INTERNE EVALUATION
EXTERNE EVALUATION
Die externe Evaluation ergänzt die
interne Evaluation durch eine
professionelle Außensicht.
Bestandsaufnahme
Qualitätsvergleiche
Verbesserungsvorschläge
Aufgaben der Schulführungskraft (Art. 13)
sorgt für die einheitliche Führung der Schule und ist deren gesetzliche/r Vertreter/in
ist Vorgesetzte/r des Personals Sicherung der Qualität der Bildungsprozesse autonome Leitungs- und Koordinierungsbefugnisse weist die Dienstobliegenheiten zu organisiert die Tätigkeiten der Schule, (…), vergibt die
Räumlichkeiten der Schule (…)
Überprüfung der Zielerreichung (Zielvereinbarung) und Bewertung durch Schulamtsleiter
Autonomie der Schulen - Südtirol
Die Rolle der Schulinspektor/innen Koordinierung- und Beratung Begleitung von Schulentwicklung Konzeptarbeit im Bereich der Schulentwicklung Studien und Forschungsprojekte, Vorschläge für Lehrpläne und
Prüfungsprogramme, Unterstützung bei der Erarbeitung von Schulprogrammen und
bei der Selbstevaluation
Bewertung der Arbeit der Schulführungskräfte (Auftrag Schulamtsleiter)
Inspektionen (Auftrag Schulamtsleiter)
Autonomie der Schulen - Südtirol
Dienstrechtliche Begleitmaßnahmen
mehrjährige Erprobung (Pilotprojekt PI)
Anpassung des Landeskollektivvertrages bis zu 220 Stunden zusätzliche Tätigkeiten Koordinatoren Umsetzung Schulprogramm
weitere Anpassungen notwendig (zu) wenig Personalautonomie größere Flexibilität Arbeitszeit Lehrpersonal
Autonomie der Schulen - Südtirol
Entwicklungen in Italien und in Südtirol
Italien
Bilanz durchwachsen ungleiche Bedingungen/Voraussetzungen zwischen den
Regionen Reduzierung der Ressourcen: Personal, Geld fehlende Infrastrukturen (Schulbauten, Ausstattungen) Qualitätsmanagement im Aufbau Unvollständige oder fehlende Anpassung der Schulordnung
Knackpunkt Personalmanagement
Entwicklungen in Italien und in Südtirol
Südtirol
Gezielte Sicherung/Schaffung der Rahmenbedingungen Ressourcensicherheit Qualitätsmanagement
Externe Evaluation Interne Evaluation Bewertung Arbeit Schulführungskräfte
Beratungs- und Unterstützungssystem Schulreformen umgesetzt Ausständige Bereiche sind im Koalitionsprogramm verankert Ergebnisse – Bestätigung und Ansporn
Autonomie der Schulen in Südtirol
Konkrete Ergebnisse nach 14 Jahren Autonomie: Erweiterung Bildungsangebote: Wahlfächer, Schwerpunkte
Verstärkung Unterstützung Schüler/innen: Nachhilfe, Stützkurse, individueller
Unterricht, Sondermaßnahmen Migrantenkinder
Mehr Spielräume interne Organisation: Klassenbildung, Unterrichtseinheiten,
Schulkalender, Einbezug Eltern
Stärkere Profilbildung des Schulen – Konkurrenz zu anderen
Stärkung Position Schulführungskräfte
Schulverteilungsplan - größere Schuldirektionen
Unbefriedigend:
Nur ein Bildungssegment in Autonomie
Rolle Mitbestimmungsgremien
Keine Personalhoheit
Zunehmende Ressourcenknappheit
Integration/Inklusion an Schulen Südtirols
Seit ca.40 Jahren wird in Italiens die Integration aller Bürgerinnen und Bürger in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens umgesetzt
Ausgangspunkt ist das Gesetz des damaligen Gesundheitsministers F. Basaglia aus dem Jahre 1972
Die Integration wurde ab dem Schuljahr 1977/78 in allen Kindergärten und Schulen Italiens eingeführt.
»Vor mehr als 30 Jahren hat Italien die Förderschulen und
Sonderklassen abgeschafft, ohne Ausnahme. Seitdem muss
jede Schule jedes Kind aufnehmen, egal, unter welcher
Beeinträchtigung es leidet. Umgekehrt heißt das auch: Jedes
behinderte Kind muss in eine Regelschule; eine Wahlfreiheit
gibt es nicht.«www.zeit.de/2012/23/Schule-Inklusion
Zeitleiste - Schulische Inklusion in Südtirol
1962 Einheitsmittelschule für die Klassen 6 bis 8
1977 Alle Sonderklassen werden abgeschafft, in der Pflichtschule gibt es nur mehr integrierende Klassen
1987 Integration von Schülern/Schülerinnen mit Behinderung auch in der Oberschule
1992 Rahmengesetz über die Betreuung, die soziale Integration und die Rechte der Menschen mit Behinderung
2008 UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung
2010 Neue Bestimmungen im Bereich der spezifischen Lernstörungen
2012 Maßnahmen für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bildungsbedürfnissen und Umsetzung der schulischen Inklusion vor Ort
[…] Dabei hat man auch in Südtirol das gemeinsame Lernen keineswegs erfunden. Der Druck, den heute in Deutschland die UN-Konvention erzeugt, kam in Südtirol 1977 aus Rom. Ein linker Zeitgeist führte damals in Italien unter anderem dazu, dass die geschlossenen psychiatrischen Anstalten geöffnet wurden. In diesem Zuge verordnete die Regierung auch kurzerhand den inklusiven Unterricht – was im konservativen Südtirol auf wenig Begeisterung stieß. Behinderte Schüler und Schülerinnen wurden damals in Sonderklassen betreut; andere blieben einfach bis zum Jugendalter im Kindergarten oder lebten in Heimen jenseits der Grenze in Österreich. Am Ende waren es fortschrittliche Ärzte und Lehrer, vor allem aber Eltern, die das Integrationskonzept durchsetzten. […]
QUELLE:.INFO März 2014 – Deutsches Bildungsressort Bozen
Integration - Inklusion
Inklusion = das Recht auf gemeinsamen Unterricht in einer Regelschule
Nicht der/die Lernende muss sich in ein bestehendes System integrieren,
sondern
das Bildungssystem muss die Bedürfnisse aller Lernenden berücksichtigen und sich an sie anpassen.
Von der Gleichstellung zur Chancengerechtigkeit
Pädagogisch-didaktische Grundsätze
Jede/r Schüler/in hat Fähigkeiten (ressourcenorientiertes Menschenbild)
Alle Lehrpersonen einer Klasse sind für alle Schüler/innen verantwortlich
Die Angebote und Anforderungen müssen an die unterschiedlichen Voraussetzungen angepasst werden
Individualisierung und Personalisierung als Unterrichtsprinzipien
Zielgleiche Förderung mit Kompensations- und/oder Befreiungsmaßnahmen, angepassten Bewertungskriterien sowie - falls nötig - zieldifferente Bildungspläne
Differenzierung der Lernzeiten, der Lernrhythmen
Förderung des autonomen Lernens auch bei Schülern/Schülerinnen mit Beeinträchtigung
Die Klasse als soziale Gruppe und als Lerngemeinschaft
Berufsbilder in der Schule
Klassenlehrpersonen/Fachlehrpersonen
Integrationslehrperson
Mitarbeiter/in für Integration
Sozialpädagoge/Sozialpädagogin
Schulpsychologen/innen
Von einer standardisierten zu einer inklusiven Didaktik
Umgang mit Heterogenität darf nicht an spezialisierte Lehrkräfte delegiert werden
Inklusion fängt beim alltäglichen Unterricht an, der das Lernen am gleichen Gegenstand auf verschiedenen Niveaus fördert/ermöglicht:
Vielfalt der Lernmaterialien
Peers als Mediatoren von Lernprozessen
Werkstattunterricht, Projektunterricht, Offener Unterricht
…
Inklusionsorientierte Ausbildung und Fortbildung aller Pädagogen/Pädagoginnen
Inklusionsorientierte Ausbildung aller pädagogischen Fachkräfte des Kindergartens und aller Lehrpersonen
Kontinuierliche inklusionsspezifische Fortbildungsmaßnahmen des gesamten Personals
Spezialisierungslehrgängen (z. B. Master »Lernstörungen«, Master »Inklusionsexperte/-expertin«
Unterstützung der Schulen und Lehrpersonen durch die Pädagogischen Beratungszentren
Schlanders
Schlanders
Meran
Meran
Bozen
Bozen
Brixen
Brixen
Bruneck
Bruneck
Weitere Unterstützungssysteme
Arbeitsgruppe zur institutionsübergreifenden Koordinierung
Arbeitsgruppen auf Bezirksebene
Arbeitsgruppen für Inklusion auf Schuldirektionsebene
Fachstelle für Inklusion an den Schulämtern
Arbeitsgruppe an den Schulämtern
Eines hört man aber so gut wie nie in Südtirol: den Ruf nach einer Sonderschule. Vor die Wahl gestellt, was wichtiger sei, die optimale Förderung oder die Integration ihres Kindes, würden sich 95 Prozent der Eltern für das Zusammenlernen entscheiden, schätzt Hansjörg Elsler vom Arbeitskreis Eltern Behinderter, der Betroffenenvereinigung in der Provinz. Der Vater eines schwer mehrfachbehinderten Sohnes hält zu viel Expertise mittlerweile sogar für schädlich. »Zu viel spezielles Personal verleitet die Regellehrer dazu, die Verantwortung für die Inklusion abzuschieben«, sagt Elsler.
Schule in Südtirol Eingliederung von Kindern mit Migrationshintergrund
Derzeit größte Herausforderung der Schule in Südtirol 9% Migranten , 6,5% in deutschen KG + Schule ,21% in italienischen, Trend
dreht sich drastisch
Relativ junges Phänomen, nimmt sehr stark zu
Detailliertes Unterstützungssystem seit 7/8 Jahren:
- Sprachgruppenübergreifendes Kompetenzzentrum
- Pädagogische Beratungszentren im ganzen Land
- Viele Ressourcen: Geld und Stellen, neue Berufsbilder
Derzeit größte Probleme:
- Migrantenkinder und Kinder italienischer Muttersprache drängen in deutsche
Kindergärten und Schulen
- kaum Kenntnisse in der Unterrichtssprache
- Proteste deutschsprachiger Eltern – sehr niedriges Niveau
- Herausnehmen der Kinder, Einschreibung in Privatschulen