barock
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Barock - Musik im dekadenten Zeitalter
Die meisten Sänger, Komponisten, Bildhauer, Literaten und Architekten des 17. und 18. Jahrhunderts hielten sich für große Künstler. Sie hatten keine Ahnung, dass ihr gesamtes Werk in den kommenden Jahrhunderten belächelt werden würde. Der Name, den die Geschichtsschreiber für diese Epoche fanden, war zunächst alles andere als schmeichelhaft. Sie nannten sie "Barock".
Unebene Perle
Das Wort "Barock" ist nach Meinung vieler Gelehrter eine Entlehnung aus den
portugiesischen Wörtern "pèrola barroca". Übersetzt bedeutet dies "unebene Perle" und
spielt auf die Perlen in den aufwändigen Barockkostümen an.
Andere sehen den Ursprung des Wortes in einer überlieferten Beschreibung des Palazzo
Pamphili in Rom: Einem entsetzten Besucher aus Frankreich soll beim Betrachten der
ausladenden Architektur entfahren sein: "Ce ridicule baroque" – "diese seltsame
Lächerlichkeit".
Ganz gleich, wo das Wort "Barock" herkommt, in beiden Fällen schwingt ein negatives
Werturteil mit, das sich bis ins 19. Jahrhundert gehalten hat. Barock – egal ob in der
Architektur, Bildhauerei, Malerei oder Musik – galt lange Zeit als überladene, dekadente und
kitschige Kunstepoche.
Direkt ins Herz
Doch gerade das Überladene, Pracht- und Prunkvolle war es, das die Menschen damals am
Barock so faszinierte. Die Musiker sogen diesen Zeitgeist auf und befriedigten ihr Publikum
mit pompösen Opern und emotionalen Sonetten – als gelte es zu zeigen, wie viel Gefühl
man auf ein Notenblatt zwängen kann. Mit allen musikalischen Mitteln versuchten die
Komponisten und Musiker sogenannte "Affekte" ("con affecto"), also menschliche Gefühle
und Stimmungen, auszudrücken. Melodien, Rhythmen und Klangfarben wurden diesem Ziel
untergeordnet. Die Streich- und Blasinstrumente dieser Zeit waren nicht auf einen lauten
und Raum füllenden Klang ausgelegt, sondern darauf, ein möglichst breites Klangspektrum
spielen zu können. Der Klang der Instrumente sollte zu an die menschliche Stimme mit all
ihren Nuancen erinnern.
Musiker im Generalbasszeitalter
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Generalbasszeitalter
Im Frühbarock – circa 1590 bis 1620 – entstand die Oper als neue Kunstform, die damals zur
populären Unterhaltung gezählt wurde. Nicht nur für die Oper, sondern für viele Formen des
musikalischen Zusammenspiels im Barock bildete der sogenannten Generalbass – basso
continuo – den Orientierungspunkt für die Solisten. Der Dirigent hatte zu bestimmen,
welches Instrument diese zentrale Stimme spielen sollte. Den anderen Musikern stand es
frei, im Rahmen des harmonischen Gerüsts des Generalbasses, ihren Part durch
Improvisation emotionaler zu gestalten. Die Musik nahm im Barock eine so große Rolle ein,
dass der Frühbarock auch als "Generalbasszeit" bezeichnet wird.
Residenzschloss von Ludwigsburg
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Macht und Musik
Doch nicht nur der musikalische Stil veränderte sich, auch die Darbietung der Musik
entsprach dem Zeitgeist: Königshäuser unterhielten große Orchester, Chöre und eigene
Kapellmeister. Besonders am Hof sollte die Musik nicht nur unterhalten, sondern ihre
imposante Darbietung auch die Machtstellung ihres Finanziers, des Königs, unterstreichen.
Damit die Musik bombastischer wirkte, wurde das Orchester getrennt im Saal aufgestellt, so
dass der Klang räumlicher wurde. Auch die Stimmen der Chöre wurden getrennt im Raum
positioniert.
Nicht nur am Hof wurde die Musik als Repräsentation von Macht und Reichtum genutzt,
auch der Klerus stellte große Chöre auf, perfektionierte die Orgelmusik zu einem
musikalischen Erlebnis und engagierte hochkarätige Organisten. Kapellmeister am Hof
wurden nicht nur für viel Geld engagiert, weil sie ein Orchester leiten konnten. Ihre Aufgabe
war es auch, die Musik zu komponieren.
Einer der wichtigsten Komponisten: Georg Friedrich Händel
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Talentschmiede Italien
Es gab nicht viele solcher Universaltalente. Im Früh- und zum Teil auch noch im Hochbarock
(1620-1680) fand man die talentiertesten Musiker in Italien. Italienische Musiker wurden
zu Stars, um deren Gunst die Königshäuser ganz Europas buhlten. Junge Musiker wurden in
italienische Musikschulen geschickt. Sie verbreiteten die Musik im Hochbarock über ganz
Europa, vor allem in Frankreich erlebte sie zu dieser Zeit eine Blüte.
Die tragischen Glücksritter der barocken Musikwelle waren die Kastraten. Durch Kastration
behielten sie auch im Alter ihre Knabenstimme und waren durch ihre "übernatürlichen"
Stimmen bei Kirchenchören und Opernkomponisten heiß begehrte Sänger. Der musikalische
Erfolg stieg vielen der gebrochenen Persönlichkeiten zu Kopf – Kastraten gelten als die
ersten Superstars, aber auch als die ersten Diven in der Musikgeschichte. Georg Friedrich
Händel, neben Johann Sebastian Bach und Antonio Vivaldi einer der berühmtesten
Komponisten des Spätbarocks (1680-1770), weigerte sich mit Kastraten zusammen zu
arbeiten. Der Umgang mit ihnen war ihm zu kompliziert.
Kitsch oder Kunst?
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Rehabilitation einer Epoche
Für die rückschauende klassizistische Ästhetik des 18. Jahrhunderts war die Barockzeit
negativ besetzt. Im 19. Jahrhundert wandelte sich das Bild: Barocke Kunstwerke wurden
wiederentdeckt und in den Opernhäusern wurden wieder die Werke der Barockkünstler
aufgeführt.
Erst im 20. Jahrhundert einigten sich die Kunstwissenschaftler, die Zeit
zwischen Renaissance und Klassizismus einheitlich als "Barock" zu bezeichnen und ihr
damit den Status einer kunstgeschichtlichen Epoche zu geben. Unklarheit besteht jedoch
nach wie vor über Beginn und Ende. Je nach Kunstart reicht die Spanne von 1580-1600 bis
1750-1