berechnung der eigenschwingungen einlagiger spulen

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749 4. Berechmmy der Eiyenschwiligumngen einlag4yer SpuZen; von W.Lenx. Die Berechnung der Eigenschwingungen is t zweifellos das wichtigste, aber auch schwierigste Probleni, das die Spuleil der mathematischen Physik aufgeben. Bisher scheint sic11 nur Drude damit beschaftigt zu haben und zwar im AnschluB an eine systematische Experimentaluntersuchung iiber tlie ,,Konstruktion von Teslatransformatoren. Schwingungsdauer und Selbstinduktion von I)rahtspulen."l) Indem Drucle die Kapazitatswirkung sich anf die obere und untere Endwindung konzentriert denkt, kann er die Spule als Thomsonkreis mit konzentrierter Selbstinduktion und Kapazitiit behandeln. Diese Auffassung ist konsequent uncl trifft zweifellos das Wesentliche. Doch liegen in der Durchfiihrung der Rechnung mancherlei Unbestimnitheiten, wie clenn iiberhaupt dieser Drudeschr Versuch seiner ganzen Anlage nach mu pine erste rohe An- niherung darstellen kann nnd ~011.2) Von einer Theorir der Eigenscliwirigurigen, auch wenn sie wie die gegenwartige moglichst elementar gehalten ist, muE mail vor alleni verlangen, daB sit. die Spule als System lit verteilter Kapazitat auffaBt. Dadurch wird zwar das Problem bedeutend kompliziert, doch lassen die Drudeschen systematischen Mes- sungen erkennen, daB man die Spule auch jetzt noch stark idealisieren darf. Wir wollen aus denselben die folgenden beiden Zuge hervorheben : Die Wellenlange der Grundschwin- gung ist nach Drudes Messungen vergleichbar mit der Langr des aufgewundenen Ihahtes (an den1 also tlie Welle entlang eilt); sie ist ferner nur wenig abhangig von dein Abstand zweier benachbarter Windungen. Wir werden zeigen, daIj hiernach der Versuch gereohtfertigt ist, das Spulenfeld quasistaticmar 1) P. Drude, AM. d. Phys. 9. p. 293. 1902. 2) Vgl. auch die Anm. 2, p. 789 dieser Arbeit. Annalen der Physik. IV. Folge. 43. 19

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Page 1: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

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4. Berechmmy der Eiyenschwiligumngen einlag4yer SpuZen;

von W.Lenx.

Die Berechnung der Eigenschwingungen is t zweifellos das wichtigste, aber auch schwierigste Probleni, das die Spuleil der mathematischen Physik aufgeben. Bisher scheint sic11 nur D r u d e damit beschaftigt zu haben und zwar im AnschluB an eine systematische Experimentaluntersuchung iiber tlie ,,Konstruktion von Teslatransformatoren. Schwingungsdauer und Selbstinduktion von I)rahtspulen."l) Indem Drucle die Kapazitatswirkung sich anf die obere und untere Endwindung konzentriert denkt, kann er die Spule als Thomsonkreis mit konzentrierter Selbstinduktion und Kapazitiit behandeln. Diese Auffassung ist konsequent uncl trifft zweifellos das Wesentliche. Doch liegen in der Durchfiihrung der Rechnung mancherlei Unbestimnitheiten, wie clenn iiberhaupt dieser Drudeschr Versuch seiner ganzen Anlage nach mu pine erste rohe An- niherung darstellen kann nnd ~011.2)

Von einer Theorir der Eigenscliwirigurigen, auch wenn sie wie die gegenwartige moglichst elementar gehalten ist, muE mail vor alleni verlangen, daB sit. die Spule als System l i t verteilter Kapazitat auffaBt. Dadurch wird zwar das Problem bedeutend kompliziert, doch lassen die Drudeschen systematischen Mes- sungen erkennen, daB man die Spule auch jetzt noch stark idealisieren darf. Wir wollen aus denselben die folgenden beiden Zuge hervorheben : Die Wellenlange der Grundschwin- gung ist nach Drudes Messungen vergleichbar mit der Langr des aufgewundenen Ihahtes (an den1 also tlie Welle entlang eilt); sie ist ferner nur wenig abhangig von dein Abstand zweier benachbarter Windungen. Wir werden zeigen, daIj hiernach der Versuch gereohtfertigt ist, das Spulenfeld quasistaticmar

1) P. Drude, AM. d. Phys. 9. p. 293. 1902. 2) Vgl. auch die Anm. 2, p. 789 dieser Arbeit.

Annalen der Physik. IV. Folge. 4 3 . 19

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750 W. Lenz.

zu behandeln und die Windungen sich zu eiiieiii Bylinder ver- schmelzen zu lassen.

Aber auch aiif dieser Stufe der Idealisierung stoBt die ma- thematische Behandlung auf groBe Schwierigkeiten, wenn man sich nicht auf im Verhaltnis zum Spulenradius sehr kurze bezw. sehr lange Spulen beschrankt. Artet der Spulenrudius aus, so lassen sich wesentliche Teile der Aufgabe als ebenes Problem behandeln. Wachst dagegen die Lunge der Spule un- begrenzt, so verschwindet die Endenwirkung und man liann die Eigenschwingungen als die Oberschwingungen einrr unend- lich langen Spule betrachten. Glucklicherweise reicht nun der Gultigkeitsbereich der beiden Grenzfalle so weit, dab man von hier a m die noch fehlenden mittleren Fiille interpolatorisch behandeln und so das gesamte Problem uberblicken kann.

Wir haben dementsprechend in einem ersten und zweiten T e d der folgenden Ausfiihrungen die Grenzfiille der kurzen bezw. langen Spulen behandelt und in einem dritten Teil nach Ausfiihrung der erwahnten Interpolation unsere Ergebnisse mit der Erfahrung verglichen.

Bei der Erlauterung unserer Ergebilisse haben wir zwischen dem Absolutwert der Grundwellenlange und deren VerhLltnis zu den Oberschwingungen zu unterscheiden. Als physikalischer MaBstab fur die Wellenlange der Grundschwingung ist die Lange des aufgewundenen Drahtes anzusehen ; die Grundwelle sehr kurzer Spulen ist groB, diejenige sehr langgestreckter Spulen klein gegen diesen MaBstab. Bei Spulen, tleren Holie doppelt so groB ist als ihr Durchmesser ist die Grundwelle doppelt so lang als der Draht. Der AnschluB an die Drudeschen Messungen ist bezuglich des Absolutwertes der Grundwellen- lange nicht ganz befriedigend; vermutlich war bei D r u d e z. T. die Bedingung groBer Windungszahl nicht erfiillt. Ein Kon- trollversuch, den Herr R. L i n d e m a n n auf meineii Wunsch bereitwilligst anstellte, ist geeignet, diese Vermutung zu unter- stutzen. Dagegen findet eine verhiiltnisrniiiljig gute uberein- stimmung zwischen Tlieorie und Experiment bezuglich des Verhaltqisses von Grund- und Oberschwingung statt. Das Verhaltnis irgend zweier aufeinanderfolgender Oberschwin-' gungen weicht gewohnlich stark von dem harmonischen ab, (loch nahert es aich ini allgemeincn den1 letzteren tin1 so mehr, je hoher die Ordnungszalil der Oberschwingungen ist. Zusammrn-

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Berechiiting der Xigenschwingungen einlagiger Spulen. 7 5 1

fassend konnen wir sagen: bei kurzen, weiten Spulen liegeir auf riner Wellenliingenskala die Eigenwellenlangen weiter auseinan- der, bei langgestreckten Spulen dagegen enger zusammen als im harmonischen Fall. Im iibrigen ist das Verhalten der Oberschwin- gungen so kompliziert, da6 wir auf die Ausfiihrungen des dritten Teils verweisen miissen. Dort ist besonders das Verhaltnis von Grund- und erster Oberschwingung betrachtet und mit der Erfahrung verglichen. Die eigenartige Abhangigkeit dieser Verhaltniszahl von der Spulenform wird auch plausibel gemacht.

I. Qnssistationiire Behandlung dir kurzen, weiten Spnle.

§ 1. aber dae elektrisahe Wechselfeld und die Randbedingungen. Es bedarf zunachs t einer aurfiihrlicheren Begriindung,

inwiefern man berechtigt ist, die kurzen Spulen quasistationar zu behandeln, denn es mochte scheinen, da8 ein Problem der Eigenschwingungen stets nur eine nichtquasis tationare Behand- lung erfahren darf. Bekanntlich kann im nichtquasistationaren Fall das elektrische Feld aus den sog. retardierten Potentialen ermittelt werden. Geschieht eine Veranderung in der Ent- fernung e vom Aufpunkt, so ist das Ereignis urn die Zeit e/c zuriick zu datieren, wenn c die Lichtgeschwindigkeit bedeutet. Im Falle eines periodischen Vorgangs wiirde dies eine Ver- anderung der Phase bedeuten ; wir diirfen diese Phasenanderung vernachlhssigen, wenn die Zeit z = e / c der Zuriickdatierung klein ist gegen die Schwingungsdauer T = I / c des Vorgangs, die durch die Wellenlange 1 im freien &her gemessen wird. Damit quasis tationar gerechnet werden darf, mussen also die groBten Entfernungen p des Aufpunktes von veranderlichen La- clungen bezw. Stromen, die bei der Rechnung auftreten konnen, klein sein gegen die Wellenlange der Schwingung. Da wir im Polgenden die elektrische Kraft nur an der Oberflache des Spulendrahtes zu kennen brauchen, so ist die groBte bei lrurzen Spulen in Betracht kommende Entfernung etwa gleich dem Durchmesser 2 R der Spule. Nach den Drudeschen, wie auch unseren theoretischen Ergebnissen ist nun die Wellenlange der Grundschwingung bei kurzen Spulen mehr als doppelt so groB als die Lange des aufgewundenen Drahtes. Daher ist bei einer kurzen Spule von 50 Windungen schon das Verhaltnis 2 RIA kleiner als l/s,,,,. Man braucht also in der Nahe der Spule zweifel- 10s nicht zuriickzudatieren, wodurch sich die Rechnung bedeu-

49 *

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762 E &em.

tend vereinfacht. Ziehen wir zum Vergleich noch kurz da3 Beispiel' des geraden Drahtes heran. Die Grundwelle ist hier doppelt so grofi als die Lange des Drahtes. Die in Betrecht kommende grofjte Dimension ist die Lange des Drahtes selbst. Daher muE bis zur halben Schwingungsdauer zuriickdatiert werden, so da6 eine quasis tationare Behandlung des geraden Drahtes ausgeschlossen ist, wie dies auch aus der Rechnung Abrahams l ) hervorgeht. Man wiirde jedoch auch bei der Spule fehlgehen, wollte man in Entfernungen, die groE sind. gegen die Wellenlangr, also z. B. bei der Berechnung der Aus- strahlung ins Unendliche noch quasistationar verfahren.

Im quasistationiiren Fall kann man nun nach Clebsch das elektrische Feld als Uberlagerung eines (rotationslosen) Potential und eines clirergenzlosen Wirbelfeldes so dafgtellen :

(1) Das Potentialfeld r ihr t in bekannter Weise her von den

am Draht entstehenden Ladungen und das Wirbelfeld von der Induktion des veranderlichen Magnetfeldes. Bedeutet 3 die spexifische Stromstarke des Leituugsstroms und 3 dessen zeit- liche hde rung , so kann P als Integral uber den unendlichen Raum so geschriebm werden:

@ = R + grad CJJ, cliv 9 2 0 .

a t der Verteilung des Stroms langs des Spulendrahtes ist also auch das elektrische Wirbelfeld bekannt. Andererseits ist damit aber auch der Potentialanteil des elektriachm Feldes bestimmt. Indem niimlich die Abnahme des Stroms 'zwischen awei benachbarten Leiterquerschnitten gleich der zeitlichen An- derung der auf dem Leiterstuck sitzenden Ladungen sein muB, ist bei periodischen Vorgilngen auch der Wert der Ladung an jeder Stelle der Spule bekannt, aus cler dann das Potentialfeld in bekannter Weise berechnet, werden kann.

Dies gilt formal f i b jede beliebige Stromverteilung langs des Drahtes, doch wird die Willkiir in der Wahl dieser Strom- verteilung dixrch die Grenzbedingung an der Oberflache des

1) M. Abraham, Ann. d. Phys. 66. p. 440. 1898. 2 ) Ich habe im ,,Archiv fur Elektrotechnik" 1. p. 383. 1913 versucht.

dime Formel zur Grundlage einer elementaren Darstsllnng der Elektro- dynamik quasistationairer Vorgange zu machen.

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Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Sptden. 753

I kahtes, die dic Stetigkeit der tangentialen Koniponente der rlektrischen Kraft verlangt, bedeutend Pingeschriinkt. Bedeutet o die spezifische Leitfahigkeit des Drahtmaterials, so ist im Inneren des Drahtes die tangentiale elektrische Kraft gleich 310; doch ist 3 wegen des stark ausgepriigten Skineffekts nicht bekannt. Eine numerische Uberlegung (siehe weiter iinten) zeigt aber, daB 3/cr auBerordentlich vie1 kleiner sein niuB als die Tangentialkomponente 9, von $. Da nun. aber ihm Draht fur jede

so folgt, daB dp7lds inuB. Wir machen

Dies bedeutet also,

tangentielle Richtung : acp 3.

@* = + - = 0, a s

die Wirbelkraft am Draht nahezu aufheben keinen groBen B'ehler, wenn wir setzen:

= 0.

daB die elektrische Kraft auf dem Leiter ( R + 2) Drahtoberfllche

senkrecht stehen SOU, wie dies ja auch in den Untersuchungen iiber Drahtwellen und Antennenschwingungen mehrfach vor- ausgesetzt wurde. ')

Es soll nun an einem einfachen Beispiel gezeigt werden, tlaB die Bedingung (3) tatsachlich zulassig ist. Dazu wiihlen wir die Sommerfeldsche idealisierte (Zylindermantel-) Spule.2) B'iir hohe Schwingungszahlen findet Sommerf eld als Maximal- wert der Stromdichte an der Innenwand der Spule:

4 % 3 # = i k - H - e i n t .

Dabei ist H die Stiirke des homogenen inneren magnetischen Spulenfeldes, n die Schwingungszahl in 2 n Sekunden, i= d-1 nnd k2= -44nino. Nach den Maxwellschen Gleichungen und nach (1) ist auf einem geschlossenen Weg:

S @ * d s = [ s P , d s = -Jp$,,do,

wobei in bekannter Weise d o ein Element der zwischen dem geschlossenen Weg ausgebreiteten Fleche und @,, die dam nor- male Komponente des Magnetfelds bedeutet. Aus Symmetrie- griinden ist auf Kreisen um die Spulenachse herum konstant.

1) Vgl. M. Abraham 1.0. und Abraham-Foppl, Theorie der

2) A. Sommerfeld, Ann. d. Phys. 16. p. 673. 1904. Elektrizitiit, 2. Aufl. p. 331. 1904.

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754 T. Aenz.

Wahlen wir also als Weg den die Innenflache des Zylindermantels beriihrenden Iireis vom Spulenradius R, so folgt wegen ,u = 1 :

2 5 ~ R . $ ~ = - i n . H - e i n i - n R a ,

Wir wollen nunmehr die Maximalbetrtige der beiden zeitlich veranderlichen GroBen 8, und &, = 3, /a miteinander vergleichen ; man findet nach dem Vorstehendm:

l u s den \Ton Soninierfeld und mir abgeleiteten strengen Fornielnl) fiir das Spulmfeld findet man auf hier nicht naher anzugebendern Wege im ungiinstigsten Falle sehr dichter Wicke- lung das 1,39-fache dieses Wertes. Voraussetzung fur die An- wendbarkeit unserer Forniel ist, daB Ikl T > 1, wenn T den Drahtradius in em bedeutet. Dies ist bri den schnellen Spulen- schwingungen in der Regel tler Fall.

Nun ist n=2nc/A, nnd wenn A zu etwa 400 in angenomnieri wircl, so folgt n - 5.1OS; also wegrn o=6.10h4 fur Kupfer:

MiBt nun R noch einige em, so wird das (ohnehin ungiinstig gerechnete) Verhtiltnis I C5 I : I Rj von der GroBenordnung d. h. man kann B gegen $ vernachlassigen und erhalt (3) als Grenz bedingung.

Fur den Fall schwach ansgepriigten Skineffekts Ikl T 5 1 fuhrt die folgende, vielleicht bequemer ubersehbare Rechnung zum Ziel. Integriert man die Beclingung (3) langs des Spulen- drahtes, so entsteht die Behauptung, daB die Potentialdifferenz an den Enden der Spule, die man gemeinhin als elektromo- torische Kraft bezeichnet, gleich dem Linienintegral von R9 langs des Spulendrahtes ist. Dieses Linienintegral wird bei der ublichen Ableitung der Schwingungsgleichung gleich L - J ge- setzt, wenn L die Selbstinduktion ind J die zeitliche h d e r u n g des Gesamtstroms bedeutet.2) Im Falle der in Eigenschwingung begriffenen Spule ist zwar der Gesamtstrom J von Ort zu Ort vertinderlich, doch wollen wir, da es uns nur auf eine Betrach- tung cler GroBenordnung ankommt, f i i r L die gewohnliche

100.

1) A. Sommerfeld, Ann. d. Phys. 24. p. 609. 1907 und W. Lenz,

2) Vgl. W. Lenz, ,,Archiv f. Elektrotechnik" 1. p. 383. 1913. Ann. cl. Phys. 37. p. 923. 1912.

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Berechirung der 3igenschwingungen eirdagiyer Spulen. 7 55

Selbstinduktion und fiir J den Wert drs Stronies in der Spulen- mitte setzen (bei Grundschwingung). Mit J'R, ds ist zu verglei- chen das Linienintegral von 6 = S / o langs des Drahtes, wofiir man in bekannter Weise J . w findet, wenn der Skineffekt nur schwach ausgepragt ist und als Stromstarke J wiederum na- herungsweise der Wert in der Mitte der Spule angenommen wird. Dann kommt also fur das Verhaltnis der Maximalbetrage beider zeitlich veranderlichen GriiBen:

Damit (3) gilt muB (Sb) klein gegen 1 sein. Diese Formel geht ubrigens in (3a) uber, wenn fur w der Wechselstromwider- stand bei ausgepragtem Skineffekt und f i i r L die Selbstinduk- tion einer langen Spule gesetzt wird. Daher kann (3b) < 1 allgemein als Bedingung fiir die Anwendbarkeit unserer Rech- nung aufgestellt werden; andererseits ist es dadurch aber auch uberflussig, im AnschluB an (3 b) nochmals eine numerische Uberlegung anzustellen.

Wie schon erwahnt, wird wegen (3) die Willkiir in der Wahl drr Stromverteilung bedeutend eingeschrankt, doch sind da- mit noch alle Falle vertraglich, wo die Spule als Teil eines groBeren Systems schwingt. Sol1 die Spule fur sich selbst schwingen, so mu13 verlangt werden, daB der Strom an den Enden der Spule dauernd verschwindet. Dies ist also die eigent- liche Bedingung der Eigenschwingungen.

2. Der Potentialanteil des elektrischen Spulenfeldes.

Statt der willkurlichen Stromverteilung wahlen wir vor- teilhafter einen allgemeinen Potentialansatz als Ausganga- punkt unserer Rechnungen. Aus einem solchen lassen sich die Ladung und damit auch die zugehorige Stromverteilung be- stimnien, aus der andererseits das Wirbrlfeld 9 folgt. Da diese Ladungen, wie auch die Grenzbedingung (3) amDraht zu nehmen sind, so braucht unser Potentialansatz nur in der Niihe der Drahte iiiit dem wirklichen Potentialverlauf ubereinzustimmen und kann sonst beliebig stark vom wirklichen Verlauf abweichen. Nun bedarf es wohl keines besonderen Nachweises, daB der Potentialverlauf bei kurzen, weiten Spulen in der Nahe der Windungen nicht mehr stark Tom Spulenradius abhffngt (vgl.

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7 56 W. h n z .

auch das in Pig. 1 gegebene schernatische Bild des Kraftlinien- \-erlaufs von der oberen SpulenhiiHte nach cler unteren). Wir werden also das Potential einer kurzen, weiten Spule hinreichend gut dsrstellen, wenn wir den Spulenradius 03 setzen, d. h. das Yotential als ebenes Problem behandeln.

Urn nun dieses vereinfachte Problem noch weiter geeignet zu idealisieren, betrachten wir in rohen Umrissen den Kraft- linienverlauf an der wirklichen Spule. In dem in Fig. 1 ange- cleuteten Querschnitt durch die Spulendrahte hat das Potential von Draht zu Draht sprunghaft veranderliche Werte. Dies hat zur Folge, daB die elektrischen Kraftlinien nicht allein voii der oberen Spulenhiilfte nach der unteren gehen, sondern such sehr dicht zwischen je zwei Windungen verlaufen. Es konnte clanach scheinen, als ob es bei der Kapazitat sehr stark auf den Abstand zweier Windungen ankiime, entgegen den1 Ergeb- nis der Drudeschen Messungen. Doch zeigt eine plausibele Uberlegung, daB der Windungsabs tand nur eine untergeordnete Rolle spielen kann. Es ist narnlich die Potentialdifferenz zwi- scheii den Drahten A und B etwa gerade so groB als diejenige

zwischen A und C (vgl. Fig. 1) . Infolgedessen wird von C her auf A nahezu ebensoviel - sagen wir - positive Ladung induziert, als von B her auf A nega- tive Ladung induziert wird. Wenn man also die Ge- samtladung auf der Windung A berechnet, so fallt die von den Nachbardrahten induzierte Ladung nahezu heraus. Die Nachbardrahte verursachen daher wohl

Fig. 1. bedeutende Umlagerungeri von Ladungen auf dein Drahtquerschnitt, d. h. also Querstrome, aber sie

nehmen nur wenig von dem durchflieBenden Gesaintstrom clurch elektrostatische Induktionswirkung auf und wirken des- halb nicht vergroBernd auf die Betriebskapazitat der Spule ein. Diese Uberlegung habe ich irn AnschluB an eine Messnng von R i e t z auch numerjsch durchgefuhrt.1)

Wir wollen dementsprechend den EinfluB der Nachbar- windungen ganz ubergehen und lassen die Drahte sich zu einer Wand verschmelzen, an der das Potential ahnlich wie bei der wirklichen Spule von Ort zu Ort wechselnde Werte annimmt. Wir wollen ferner annehmen, daB die zu behandelnde Spule

1) W. Rietz , Ann. d. Phys. 41. p. 543. 1913; meine Kote wird in niichster Zeit erscheinen.

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Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen. 7 5 7

viele Windungen besitzt und kdnnen d a m den sprunghaften h s t i e g des Potentials am Leitersystem der Spule (vgl. Fig. I ) in einen kontinuierlichen an unserer Wand verwandeln, ohne tladurch den allein in Frage kommenden Kraftlinienverlauf von der oberen nach der unteren Spulenhalfte wesentlich zu verandern. Da es ferner nicht sehr auf die Gestalt des Quer- schnittes unserer Wand ankommt, so wahlen wir daftir die uns bequeme Form einer langgestreckten Ellipse. An die Stelle der Querschnittsfigur 1 tritt also Fig. 2. Die Unterschiede der Windungen sind also verschwunden und nls &rust fur die Rand- werte des Potentials ist an Stelle der Drahte ein massiver Kupfer- ring getreten vom Querschnitt einer langgestreckten Ellipse. l)a wir den Spulenradius ca setzen diirfen, so entsteht das ebene Problem: gegeben sind an einer langgestreckten Ellipse be- liebige Potentialwerte, welches sind die zugehorigen Ladungen ?

Nehmen wir an, wir hiitten das Potential Q,, das gewisse bpiiter zu nennende Bedingungen erfullen moge, in Koordinaten z,y als reellen Teil einer komplexen FunktionP (x +i y) gefunden. D a m wurde diese Funktion offenbar die einfachste Gestalt annehmen, wenn wir durch eine Beziehung z + i y = X (u + iu) solche neuen Variabeln u (z, y) und v (z,y) einfuhrten, von tienen die eine, etwa u, auf Ellipsen der x, y-Ebene konstante Werte hat, wahrend v alle moglichen Werte durchlhft. Hat man solche Variabeln gefunden, so kann Q, dargestellt werden als tler reelle Teil von F ( X (u+iv)), also als reeller Teil einer kom- plexen Funktion von (u+iu). Diese Bedingungen erfullt nun die Beziehnng :

x + i y ~ = Bof(u + iv), (4) 1

wenn 2 1 den Abstand der Brennpunkte unserer Ellipse und Qoj den hyperbolischen Cosinus bedeutet. Urn dies zu zeigen. spalten wir (4) in reellen und imaginaren Teil:

s I = c o s v ~ ~ o f u ; 3 = s i n v e i n u (5) 1

und gewinnen hieraus durcli Elimination von v die Gleichung :

Diese Gleichung besagt, daB u lronstante Werte hesitzt, menn sich z und y auf einerEllipse mit demBrennpunktsabstand

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758 W. Lenz.

21 bewegt. Die groBe Halbachse dieser Ellipse ist nech (5) gleich 1Bofu, die kleine gleich I Gin u. Da wir das Potential an einer langges treckten Ellipse behandeln wollen, b o muB die kleine Achse gegen die groBe verschwinden, d. h. es inuB der unserer Ellipse entsprechende Wert u=uo klein sein gegen 1. Die Lange der

x groBen Achse und damit auch die Hohe der Spule fallt dann nahezu mit 2 I zu- sammen (vgl. Fig. 2). In unserer Figur ist noch angegeben, wie sich v langs des Ellipsen- bogens Bndert; man erkennt aus (5), daB cler- selbe einmal tlurchmessen wird, wenn v von 0 bis 2 n wiichst. Bekanntlich kann man die Punktion (4) als Abbildung diskutieren, doch genuge fiir uns das hier Gesagte.

Die allgemeine Liisung nnseres Potential- problems in Koordinaten u, v ist nun offenbar:

..._ . v -n

Fig. 2.

i

1. Gilt n u , sin n v $ an { &of n u , cosnv 9 7 = A B u + B v +

Die Klammer ( j sol1 andeuten, claB die vier Produkte aus je einer hyperbolischen und einer Kreisfunktion gebildet werden dtirfen. Der fiir unser Problem eulassige Ansatz hat die folgen- den Bedingungen zii erfiillrn (vgl. Fig. 2):

1. Die Gesamtladung inuB rerschwinden, da die Spule indulitiv angeregt ist.

2. Deshalb muB das Potential mch im Unendlichen (u= a) vers chwinden.

3. Das Potential mu13 wegen Symnietrie auf der AuBenseite v = O bis w = n dieselben Werte annehmen wie auf der Innen- seite v=n bis v = 2 n bezw. v=O bis v=-n.

4. Das Potential mu13 auBerhalb drr Ellipsenflache ( u z uo) uberall stetig sein.

Bus 1) folgt A=O, ails 4) B=O; '2) und 3) sind ebenfalls erfiillt, wenn wir setzen:

Dabei ist von den reellen Koeffizienten a, ein passender Falitor e + hn abgespalten, worin u = u0 unserer Ellipse ent-

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Berecftnung der EQenschwinyungen einlagiyer Spulen. 759

spricht ; v bedeutet die zu ermittelnde Schwingungsdauer cles Vorgangs in 2 n Sekunden.

Um unsere folgenden Rechnungen eleganter zu gestalten, wollen wir noch vorausschicken, daB nach (5) allgemein zwischen der Ltinge des Linienelementes ldzl = 1/ d x2 + d y2 und ldwl = 1/ d u2 + d w2 die Beziehung besteht :

= 1 d w J . Z . l / s i n 2 u + 6itt821.

Statt cp nach einer Richtung in der x, y-Ebene zu differen- zieren, konnen wir hiernach den Differentialquotienten un- mittelbar in der u, w-Ebene bilden. Da wir alle Differentiationen n u an der Oberflache u=u, der Ellipse auszuftihren haben und diese sehr langstreckt ist, so konnen wir in dem vorstehenden Ausdruck Bin u gegen sin w vernachlassigen, solange sin w nicht selbst klein ist gegen 1. Trotzdem wollen wir diese Vernach- lassigung allgemein einfiihren, wonach :

(7) l dz l = Zldwl sin w. TVir sind damit zum Grenzfall einer unendlich flachen

Ellipse u,, = 0 ubergegangen, was unsere Rechnungen vielfach vereinfachen wird.

Wir haben nun aus unserem Ansatz fiir cp die spezifische Qberflachenladung GO an einer beliebigen Stelle zu bestimmen und nehnien dabei an, da8 im Inneren (y < 0) und AiuBeren (y > 0) der Spule verschiedene Dielektrixitatskonstanten ei bezw. 8, herrschen. Bedeutet n die Normale zur Oberflache, so hat man bekanntlich :

Bus (2) kann man, wenigstens im Falle e = l schlieBen, daB 5? im wesentlichen parallel zu den Windungen verliiuft; wir clurfen uns daher wohl den umstandlichen ahnlich wie in 0 1 zu fuhrenden Nachweis ersparen, da R,, gegen aq1/8n ver- nachlbsigt werden darf.

Wir denken uns nun etwa nach Art der Fig. 3 auf unserem die Spule ersetzenden Kupferring angedeutet, wie die einzelnen Windungen, die zu demselben verschmolzen sind, urspriing- lich verliefen. Fig. 4 moge ein Stuck der Fig. 3 darstellen, in dem der Verlauf der Windungen eingezeichnet ist. An der

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7 60 W. Lenz.

Stelle 1 flieBe der Gesamtstroni J durch die Windung; d a m hat er auf dem vollen Umlauf, der ihn an die Stelle 2 fiihrt, seine Stromstarke durch Abgabe bezw. hufnahnie von Ladung

1.

Fig. 3. Fig. 4.

um A J geandert. An den ubereinander liegenden Stellen 1, 2, 3, . . . hat also der Strom eine sprunghaft verinderliche Stiirke. Bezeichnet man mit h die Hohe einer der markierten Windungen, so besteht die Beziehung:

(9) 2 w R * h . ( r 4 + c ; a ) = J , -J2. Dabei bedeuten noch mi und ma die spezifische Oberflachen-

ladung an der Innen- bezw. AuBenseite der Spule. Wir wollen nun wieder diesen diskontinuierlichen Verlauf von J in einen kon- tinuierlichen verwandeln, urn bequenier rechnen zu konnen. Eine solche Urnwandlung ist erlaubt, wenn die einzelnen Spriinge A J im Vergleich zu J klein werden, was bei hinreichencl groBer Win- dungszahl der Fall ist. Dann definieren wir einen Strom y , der pro cm Spulenhohe durch die Windungen flieBt, indmi wir setzen y = J / h .

(9') J1 - J, = (y l - y2) h = - 2 - h 2 ,

und erhiilt wegen dz= - dv I sin 17 (vgl. (5)) endlich:

Man kann dann offenbar schreiben:

hP d y 2 l s i n v d v

. J 1 - J = - - . - .

Andererseits folgt aus (8), indem wir nach einer friihereri Bemerkung vernachliissigen und d n = 1 d u sin 2j setzen:

Differenziert man (9b) zweimal und (9) und (9a.) einmal iiach der Zeit, so komnit nach (9) und (6):

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Berechnirng der h’k~enschwin.gungelr einlagiger Spulen. 7 6 1

Nun verhalt sich 272 R zu h wie die Lange L des aufgewun- denen Spulendrahtes zur Spulenhijhe 21. Fuhrt man dies in die vorstehende Beziehung ein und integriert nach (6), so findet man mi t uo = 0 :

Bei der Integration wurde die Konstante so bestimnit, deB der Strom entsprechend der Bedingung der Eigenschwin- gnngen an den Enden der Spule d. h. fur w = O und w=n ver- schwindet. Dir vorstehende Formel gilt ihrer Ableitung nach nur im Gebiet w = O bis v=n; fiir n < v < 272 tritt Vorzeichen- iunkehr ein.

Es ist noch notig, darauf hnzuweisen, daB das urspriing- licli ohne Rucksicht auf die verschiedenen Dielektrizitats- konstanten ai und E, angesetzte Potential (6) durch diese Dis- kontinuitat des Mediums nicht geandert wird. An der Grenze beider Medien muB namlich die Normalkomponente der dielek- trischen Verschiebung und die Tangentialkomponente der elek- trischen Kraft stetig sein. Letzteres ist bei unserem einheit- lichen Ansatz (6) selbstverstiindlich der Fall; da nach (6) aber an der Grenze y = O (bezw. w = O untl v=n, u > uo) beider Medien keine Normalkomponente der elektrischen Kraft bezw. Yerschiebung besteht, so ist aiich die andere Grenzbedingung erfiillt.

8 3. Der Wirbelanteil des elektrischen Spulenfeldes.

Die Wirbelkraft a konnte durch Einsetzen von (10) in (2) und Integration uber den stromdurchflossenen, unsere Spule ersetzenden Zylindermantel berechnet werden ; doch wiirde dies vie1 rechnerische Technik erfordern. Wir haben daher den folgenden leichter ubersehbaren analytischen Weg gewahlt. Analytisch ist R mittels (1) nach den Maxwellschen Gleichungen definiert als Losung dei. Gleichungen :

(1 1) A Rz,y,z = 4 nJj,,y,z niit div 9 = 0 . Aus der hiermit identischen Beziehung (2) entnimmt man,

daB Q in Kreisen um die Spulenachse herumlauft und daher an den Windungen den Drahten parallel gerichtet ist.1) In un- serem zweidimensionalen Problem ist also 8% = Qy = 0 , Q = RZ; -~

1) Vgl. W. Lenz, 1. c. p. 390.

Page 14: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

762 W. Aenz.

die Bedingung divR=O reduziert sich dabei auf aR,/dz=O d. h. R, = const. Iangs der z-Richtung. I m freien Ather besteht also nach (11) die Gleichung AR,=O, in der stromfuhrenden Schicht dagegen A R z = 4 n 4 . Da nach unseren fruheren An- nahmen der Strom J = Jz nur in einer unendlich dunnen Wand verlauft, so artet die Integration der letzteren Gleichung wie in der Potentialtheorie bei Flachenbelegung in die Aufs tellung von Randbedingungen fi i r AQz=O aus. Urn dies zu zeigen, geben wir der Wand vorerst eine endliche Dicke A nnd inte- grieren die Beziehung :

A A Rz = div grad R, = 4 n Jz

nach dem Gaussschen Satz uber das in Fig. 5 ein- gezeichnete Rechteck. Dann folgt fiir hinreichend kleine Dicken A :

h

(2 + a d j ) d z = 4 m j, . A - d x , n bedeutet die nach auBen zu nehmende Normale, i und a deuten an, daB die betreffende GrOBe auf

der inneren bzw. auBeren Seite der Wand zu nehmen ist. Da J &e spezifische Stromstarke bedeutet , so ist ersichtlich J , . d = y=y,, namlich gleich dem Strom, der pro cm Spulenhohe durch die Windungen flieBt.

Fig. 5 .

Wir finden also :

als Grenzbedingung fur A R z = O ; bezw. da Feld und 8t8rom bezuglich der s-Richtung symmetrisch sind :

(1Za)

Die Losung der Potentialgleichung AR, = 0 wird vorteilliaft wieder in Variabeln u, v geschrieben, und zwar erfullt der Ansatz :

wie wir sehen werden, alle Bedingungen unseres Prob1eius.l) Wir mussen noch hinzufugen, daB (13) die Wirbelkraft natur-

1) Es ist wieder no= 0 gesetzt, was einer unendlich flachen Ellipse entspricht.

Page 15: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

Berechnung der Eigensehwingungen einlagiger Spulen. 763

lich nur in der Nahe der Windungen in guter Naherung darstellt und ebenso wie 9 in groBerer Entfernung vom wirklichen Verlauf der Wirbelkraft beliebig weit abweichb. Doch geniigt fur uns die Darstellung (13) vollkommen, da wir $ nur in der Nahe der Windungen bezw. niir an deren Oberflhche zu kennen brauchen.

Zur Bestimmung der Koeffizienten haben wir mittels (12a) eine Beziehung zwischen (10) und (13) herzustellen. Offenbar ist dn=Zdusinv, so dab nach (12a):

und durch Einsetzen von (10) und (13):

(14) 2ssinv$a, ,s innv= B - $ nb,cosnv.

Indem man auf der linken Seite von (14) das Produkt sin u. sin nu in die Summe zweier cos zerlegt, erhalt man durch Koeffizientenvergleichung : (15) S = n u , ; nbn = n (an-l - an+l).l)

Damit ist R durch die Koeffizienten a,, des Potentials (6) bestimmt bis auf eine Konstante b,, die aus (13) bei der Diffe- rentiation (12a) herausgefallen ist. Ware nun unser Ansatz (13) auch in groBerer Entfernung von den Windungen richtig, so konnte b, durch die Bedingung des Verschwindens von Se in unendlicher Entfernung von der Spule bestimmt werden. Un- endliche Entfernung bedeutet nach (5), claB u unendlich zu setzen ist; fiir unendliche u wird aber Q nach (13) unendlich. Wir konnen daher b, auf diesem Weg nicht einmal niihernngs- weise bestimmen und miissen auf die Formel (2) zuriickgreifen, die wir durch die vorstehende analytische Behandlung urn- gangen hatten. Was uns von dieser Integration noch verbleibt, ist indessen elegant zu erledigen.

Man bemerkt, daB nach (15) fur a,=O auch B verschwindet und daher nach (13) 9 im Unendlichen gleich b, wiirde. In diesem Falle ware also mit b,=O das Problem vollkommen bestimmt. Es kann daher b, nicht von den vorlaufig noch ganz willkiir- lichen Koeffizienten a,,, sondern niir von a, abhangen. Man

1) Der fur n = 1 auftretande Koeffizient a, ist gleich Null zu setzen.

Page 16: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

7 64 W: Lenz.

wirtl also zwecliniaBig z w Bestinimung von b, die Koeffizienten a,, auBer a, alle gleich Null srtzeri und erhalt statt (10) und (13):

(16) j . = a a , s i n a ; Q = u Z { a a , u + b , + ' a 2 1 e . c o s 2 v l I

mit der Abkiirzung a fur clen l-lier nicht interessierenden Falrtor beider Ausdrucke. Urn b, zu bestimmen ist es nur erforderlicli, R an einer beliebigen Stelle in der Niihe der Windungen dein Absolutbetrage nach zu kennen. Wir wahlen die uns bequeni gelegene Stelle S O , y=O bezw. u=O, v = n / 2 , die die Mitte des Windungeraumes darstellt, und berechnen (unabhangig voii (13)) aus j . den InduktionsfluB, der durch diese mittlere Win- dung hindurchtritt. Hieraus ist dann $ leicht zu ermitteln. Es ist bei dieser Rechnnng nxtiirlich nicht niehr erlaubt. den

- 11'

x=txB x- 0

4 . . -..-2R - - +

Fig.6.

Spulenradius unencllich zu setzen. Fig. 6 stelle einen Quer- whnitt durch unsere Spule dar. Wir betrachten darin den in der Hohe 2 uber der Mittelebene cler Spule gelegenen Kreisriiig von der Hohe ax. Er ist von dem Strom y d x durchflossen untl schickt daher durch die mittlere Windung (s=O) den Induk- tionsfluB M . ?ax, wenn M den gegenseitigen Induktionskoeffi- zienten der beiden betrachteten Kreisringe darstellt. Nacli Maxwel l u. a') ist bei groBem Radius R gegen den Abstancl 2 d ~ r Kreisr:

Der Ausdruck gilt genahert, solangt.

nian clarf daher ohne groBen Fehler zu begehen x / B S nehinen. Da nach der Annahme (16) fur y die obere Spulenhalfte

1) Vgl. etwa E. Rosa ti. F. \F. Grover. Bull. Bur of. Stand. S. p. 15. 1911.

Page 17: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

Berechnung der Eigenschwitrgungen einlagiger SpuZen. 765

den gleichen InduktionsfluB durch unseren Mittelkreis hindurch- sendet wie die untere, so ist der gesamte FluB gleich:

Durch Einfiihrung von x = 1 cos v , d x = - 1 d v sin v ent- steht hieraus :

+ 8 n R . Z . a - a , s" sin2v ( log-- lcosv 8 R 2 ) d ~ . 0

Da 4 2

l a i n a log cos u dv = - - log 2 - - , I) R n 4 8

0

so kommt endlich fur den InduktionsfluB:

Dieser InduktionsfluB ist nun andererseits gleich dem negativ

1) Wir verwandeln das Integral durch die Substitution cos v = z i n das folgende, das wir sogleich partiell integrieren:

Der erste Term rechts fiillt weg, der zweite ergibt mit x= cos v: nP

T = [ C O S * D ( ~ ~ ~ C O S V - 1)dv. 0

Addiert man zu dieser Form des Integrals die urspriingliche, so kommt:

Z / 2 m m

2 T = s l o g (cos v) dv - - = !7" - -. 4 4

0 D a nun ersichtlich auch:

n:2

T' = [ log (sin v) dv , 0

SO kommt durch Addition beider Formen von T':

Annalen der Physik. IV. Folge. 43. 50

Page 18: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

766 W. Lenr.

genommenen Linienintegral der elektrischen &aft langs des Mittelkreises, also gleich - 27d R-Q, so daB:

Q = - l u a , w l o g - - ~~

I l l S R 3 n 1 - 2

Dieser Ausdruck muB andererseits gleich dem aus (16) folgenden Wert von P sein, wenn v = n / 2 , u=O gesetzt wird. Durch Gleichsetzung findet man :

Die hier mitgeteilte analytische Methode zur Bestimmung von Q hat den Nachteil, daB die Vorzeichen der einzelnen Ausdriicke nicht immer automatisch aus der Rechnung folgen. Damit hier kein Irrtum unterlief, wurde die Rechnung auch nach der umstandlicheren Methode der Integration nach (2) durchgefuhrt .

$ 4. Dan Spektrum der Eigenwellenliingen. Das im Vorstehenden berechnete Feld Q = !R + grad rp

kann sich nur aufrecht erhalten, wenn die Bedingung (3) er- fullt ist; sonst wiirde das Wirbelfeld neue Strome in unserem Leitersystem hervorrufen bzw. konnte sich die Potential- verteilung am Leiter nicht aufrecht erhalten. Wir gehen auf die Fig. 3 bzw. Fig. 4 zuruck und verfolgen wieder eine der mar- kierten Windungen. Das Potential rp sollte eigentlich beim Ubergang von der Windung 1 nach 2, 3 usw. sprunghaft ver- Bnderliche Werte haben. Da diese Spriinge bei groBer Windungs- zahl (relativ genommen) sehr klein sind, so durften wir einen kontinuierlichen Verlauf von 9 annehmen. Doch mussen wir uns diesen jetzt vorubergehend wieder in einen diskontinuier- lichen zuruckverwandelt denken. Die Hohe einer Windung sei wieder gleich h; dann wird die Differenz der Werte an zwei in der z-Richtung (vgl. Fig. 2 u. 4) nm h entfernten Stellen gleich der Anderung des Potentials liings einer Windung sein. Da sich das Gefalle d s langs einer Windung bei hinreichen- cler Windungszahl sicherlich nu - wenig Bndert, so ist 2 7c R a,/as die Anderung des Potentials von einer Stelle 1 nach 2 usw. Nennen wir diese Anderung des Potentials langs einer Windung A rp, so hat man ersichtlich :

A cp = 2 n It p = f p (I $- h) - y(2) = 3 / 1 ; a x

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Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen. 767

iind da nach einer fruheren Bemerkung h l 2 n R = 2 1 I L, wenn 21 die Spulenhohe und L die Lange des aufgewundenen Drahtes ist, so folgt:

Die Bedingung (3) lautet also :

Fuhren wir noch die Abkiirzung ein:

so folgt aus (6) (13) und (20): m oo

Verwandelt man wieder auf der linken Seite das Produkt cos n v - sinv in die Summe zweier sinus, so kommt durch Koef f i zien tenvergleichung :

1 - u, = ~ (2 b, - h3) ; 4*

Fiir eine Eigenschwingung sind charakteristisch nicht die Absolutwerte der Koeffizienten a,, , sondern deren Verhaltnisse, die aus den Gleichungseystemen (15) und (22) mit (19) zu er- mitteln sind. Wir werden sogleich sehen, da6 diese Koeffizienten- verhaltniese durch unsere Gleichungen uberbestimmt sind. Dieselben konnen vielmehr nur erfullt werden fiir ganz bestimmte Werte von q, die den Eigenwerten einer durch unsere vor- stehende Behandlung umgangenen Integralgleichung entspre- chen. Nach (21) sind mit den q die Schwingungszahlen v und daher das Wellenlangenspektrum bestimmt.

Durch Kombination von (15) und (22) gewinnt man vorerst :

an+2 n = 3'4 ... (23) a , , ( n q 2 - & i = an-2 fa-1 n + l '

Es ist wichtig zu bemerken, da8 (23) nur f i i r n 3 gilt; es sind daher in (23) noch nickt benutzt die Gleichungen (15) fiir n = 1, (19) und der in (22) gesondert geschriebene Ausdruck fiir a,. Schreibt man nun (23) in der Form:

50'

Page 20: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

168 W. Lenz.

so 1aBt sich das Verhaltnis zweier Koeffizienten durch Anwen- dung von (23a) auf sich selbst in den folgenden Kettenbruch entwickeln :

.. . . Mit wachsendem n nahern sich die Qn dem Werte 1, wahrend

die Pn mit n2 uber alle Grenzen wachsen. Man erkennt daraus, daB der Kettenbruch sehr stark konvergiert. Fiir groBe n und endliche Werte bleibt auf der rechten Seite von (24) nur P, s tehen und man erhalt angenahert :

( 2 4 4 an--2 = - (nq)2. On

Die a, nehmen also etwa wie 1 i n ! ab, d. h. unsere Ansatze (6) und (13) fiir q~ und $? konvergieren.

In einer an diese Arbeit anschlieBenden Note teilt Hr. SzBsz eine eehr elegante Darstellung des Kettenbruchs (24) durch Besselsche Funktionen mit; auch ist es ihm gelungen fur und $? im Falle der Eigenschwingung geschlossene Ausdrucke von uberraschender Einfachheit abzuleiten. Da wir dieser eleganten Klfsmittel indessen f i i r die Berechnung und Dis- kussion der experimentell allein interessierenden ersten Ober- schwingungen nicht bedurfen, so habe ich im folgenden meine urspriingliche Darstellungsweise beibehalten. Ich mochte aber an dieser Stelle auf den wertvollen Beitrag des Hrn. SzBsz nachdrucklich kinweisen.

Aus (24) erhalt man fur n=3 bzw. n=4 die Koeffizienten- verhaltnisse al/u3 bzw. e2/a4 als bekannte Funktionen von q. Die in (23) bzw. (24) noch nicht benutzten Gleichungen der Systeme (15) mit (19) und (22) gestatten diese beiden Koeffi- zientenverhaltnisse nochmals, und zwar unabhangig von (24) auszudrucken. Die Gleichsetzung beider Darstellungsweisen ergibt die gesuchte Bestimmungsgleichung fur die Eigenwerte q. Je nachdem wir a,/a3 bzw. uJa4 in dieser Weise behandeln, erhalten wir zwei yerschiedene Cileichungen, deren erste, wie

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Berechnung der B'igenschwingungen einlagiger Spulen. 769

wir sehen werden, die Grundschwingung q, und die ungerad- zahligen Oberschwingungen q3, q6 usw. und deren zweite das System der geradzahligen Oberschwingungen bestimmt.

a) Die Grundschwingung. Aus den bisher noch nicht be- nutzten Ausdriicken fiir a, b, b, der G1. (15), (19), (22) findet man :

- alqa = 2a, 2 - logT - ~ ( 1 6 R ) z d. h.

a 1

a, - l = ~ ~ ~ . - - .

16 R 1

2nq + 7 - 4 h g - (24 b)

Gleichsetzung dieses Ausdrucks mit dem aus (24) f i i r n=3 folgenden Wert des Verhiiltnisses allas ergibt die Kettenbruch- gleichung fur q :

1 1 3 2

- 2

5 3 3

16x = 6 4 ' - - + - 2

.... 29* + 7 - 410s- (25)

7 - 42qp + 4 - 2099 + - - - 1

Die ersten Wurzeln dieser Gleichung lassen sich niiherungs- weise unschwer bestimmen. Nehmen wir an, es gebe eine Wurzel q > 1, dann konnen wir den Kettenbruch gegen das erste Glied der reohten Seite von (25) streichen und wir erhalten die qua- dratische Gleichung in q2:

1 = (69. ' - t) p y a + 7 - 4log- 1

bzw.

l6 1 "1 12 = (9' - +) ( q 2 + ;- 2log- . 1

Mit Riicksicht darauf, daS R > 1 ist offenbar: l 6 R 7

I 2 q12 = 2log- - - eine angeniiherte Losung ql > 1. Setzen wir namlich q2= q12+ 8 in (25a) ein, so kommt nech (26):

1 1 a = - (26 4 12 1 q1'+ 6-- 4

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770 W. Lenr.

Da aber nach (26) q12 > 1, so verschwindet also 6 gegen 1 und um so mehr gegen q12. Die zu dem Eigenwerte q1 gehorigr Wellenlange ist aus der Bedeutung (21) von q zu entnehmen. Da die Schwingungszahl Y und die Wellenliinge 1 im freien Ather durch die Beziehung = 27cc/1 zusammenhangen, findet man :

Es ist nun zu zeigen, daB dem Eigenwert q, von (26) die Grundschwingung der Spule entspricht. Da q1 die groBte Wurzel von (25) darstellt, so gehort nach (27) zu diesem Eigenwert auch die groBte mogliche WellenlBnge. Ferner aber uberwiegt fiir diese Wurzel der Koeffizient a, uber die iibrigen a;, der ja in (6) und (10) vor dem fiir die Grundschwingung charakte- ristischen Entwicklungsglied cos u bzw. sinv steht. Es ist namlich nach (25) angenahert :

und dieser Ausdruck ist schon fur R /1=2 etwa gleich 20. Die ubrigen Koeffizienten bestimmen sich angenBhert nach (24a), wenn q=ql gesetzt wird und nehmen daher rapide ab. Immerhin bemerkt man, daB bei Elpulen von endlichem Radius die Eigenschwingung niemals durch ein einziges Glied der Entwicklung (6) und (10) dargestellt ist. (Vgl. auch die Note des Hm. SzBsz.)

Fiir die Wellenlange der Grundschwingung erhalfen wir also aus (26) und (27):

16R 7 2log- - - . 2 , 1 2

Sie ist vor allem proportional mit der Liinge L des Spulen- drahtes und bei den experimentell herstellbaren Verhaltnissen R/1 auch vergleichbar damit. Auf die numerische Diskussion wie auch die Bedingungen der Anwendbarkeit von (28) werden wir im dritten Teil dieser Arbeit eingehen.

b) Die ungeradzahligen Oberschwingungen. Die Gleichung (25) bestimmt nun noch ein unendliches System von q-Werten, die wir mit ungeradzahligen Indices versehen wollen, q3, q5 usw.,

Page 23: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

Berechnung der Eigenschwingungen einlagiget 8p'puZen. 7 7 1

denn wir werden sehen, daB die Behandlung des Verhaltnisses a,/a, eine zweite Serie von q-Werten ergibt, die zwischen je zwei der gegenwktigen fallen. Dementsprechend findet man aus (25) nur einen Teil der Oberschwingungen, namlich A,, 1, usw. Wir wollen hier nur noch A3 genauer behandeln, um das Schema der Rechnung anzugeben. Dazu setzen wir vorerst R/Z = w, so daB die linke Seite von (25) verschwindet. Dann legt uns (25a) die Vermutung nahe, daB eine Wurzel bei q& - liegt. Wir werden uns also versuchsweise auf das erste Glied des Kettenbruchs beschrbken :

(29)

Wir diirfen nur die groBere dieser beiden Wurzeln als an- genaherten q-Wert betrachten, da wir fiir die kleinere mehr Glie- der des Kettenbruchs hatten beriicksichtigen miissen. Indem wir R/1= w setzten, machten wir nach (24b) das Verhaltnis al/u3 zu Null; d. h. bei unendlich groBem Spulenradius ver- schwindet das fiir die Grundschwingung charakteristische Glied der Ausdriicke (6) und (10) ghzlich gegen das fiir die Ober- schwingung & charakteristische Glied cos 3w bzw. sin 3w. Nach Einsetzung von q&=O,272 in (24b) findet man fiir a /a indessen etwa - bei R / l = 3 und etwa - lI1,, bei R/l=20. Wir miissen also unseren Wurzelwert qm auf endlichen Spulen- radius korrigieren und setzen q2=q&+6. Setzt man in (29) die friiher vernachlassigte linke Seite von (25) ein, so findet man naherungsweise :

1. 3

1 16R'

1

66= ~

7,544 - 4 log ~

Dann kommt nach (27):

.wenn B die Bedeutung (30) hat. In der ublichen Bezeichnungs- weise: Grund-, erste, zweite usw. Oberschwingung ware i3

Page 24: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

7 72 K Aenz.

die zweite Oberschwingung. Auf dem hier gegebenen Weg wurde noch 1, berechnet, woruber spater berichtet wird. Bei der Berechnung der hoheren Eigenschwingungen wird man bequemer die Formeln von Hm. SzBsz benutzen, da dann in unserem Kettenbruch immer mehr Glieder berucksichtigt wer- den miiBten.

c) Die geradzahligen Oberschwingungen. Bei unserer bisherigen Rechnung war es gleichgultig,

welche Werte die Koeffizienten a mit geradem Index hatten. (25) bestimmt allein die Verhaltnisse der Koeffizienten mit ungeradem Index. Diese Unabhangigkeit der beiden Koeffi- zientengruppen besagt, daB sich Schwingungen der einen Art init beliebiger Intensitiit denjenigen der anderen Art uber- lagern konnen. Eine solche Uberlagerung ist offenbar auch bei den Eigenschwingungen einer der beiden Serien moglich, wie denn uberhaupt ein beliebiger Schwingungszustand der Spule als Superposition von Eigenschwingungen aufgefaBt wer- den kann .

Die Gultigkeit der Beziehung (23) wurde friiher nur fur nz 3 festgestellt. Wie man sich leicht uberzeugt, darf man in (23) auch n=2 setzen, wenn a,=O genommen wird. Dann kommt :

(32%) a, 6 q s - 4'

indem man dies gleichsetzt dem Wert von (24) man die folgende Gleichung tler geradzahligen

-3=- 1

fur n = 4 findet Eigenwerte :

I 5 7 -

-_- - . . 16

- 564' + 7

Auffallend an dieser Gleichung ist, daB sie das Verhiiltnis R/1 nicht mehr enthalt. Dies hangt damit zusammen, daB wir die ungeradzahligen Koeffizienten alle gleich Null setzen mussen, wenn wir eine reine geradzahlige Oberschwingung clarstellen wollen. Es muB also auch a, verschwinden. Nun ergab aber eine fruhere Uberlegung, daB dann !R durch (15) und die Bedingung b,=O vollstandig bestimmt ist. Der allein in b, auftretende Spulenradius konnte also in den

Page 25: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen. 7 7 3

Koeffizienten a,, bzw. deren Verhiiltnissen wie in (32) nicht auf treten.

Die groBte Wurzel von (32) findet man wieder durch Vernachliissigung des Kettenbruchs, deren Berechtigung sich naturlich ruckwiirts nachweisen laBt :

1 = (89'2 - 4) (129, - T) a

Hier darf wieder nur die groBere Wurzel als Naherungswert betrachtet werden, weil fiir die genauere Bestimmung der kleineren mehr Kettenbruchglieder berucksichtigt werden miiBten. Nach (27) erhiilt man also fur die Wellenliinge der ersten geradzahligen Schwingung :

(33) n, =&.x. L . 0,832.

In der ublichen Bezeichnungsweise wiire dies die erste Oberschwingung. Aus (28), (31) und (33) erkennt man, daB 1, > A, > A,. Aus (32a) folgt u2/ap - -7, d. h. das f i i r die erste Oberschwingung charakteristische Glied cos 2v bzw. sin 2v in (6) und (10) uberwiegt. (Vgl. auch die geschlossene Formel des Hrn. Szhsz fiir tp und R.)

Auf dem gleichen Weg wurde noch qa aus (32) ermittelt. Wir werden dies spiiter mitteilen, wie wir denn unsere Ergeb- nisse mit denjenigen des nachsten Teiles zusammen erst am SchluB dieser Arbeit diskutieren wollen.

11. Die Sehwingnngen einer nnendlieh langen Spnle.

S 5. Quasistationare L6eung dee Problepe.

Die quasistationare Behandlungsweise muB bei der unend- lich langen Spule noch bedenklicher erscheinen als bei der kurzen, denn hier konnen wir uns nicht mehr darauf berufen, daB die Wellenliinge groB ist gegen die Dimensionen des Appa- rates. Wir bringen deshalb im nachsten Paragraphen eine aus- fuhrliche Rechtfertigung der quasistationiiren Behandlungsweise und wollen uns bei der folgenden Rechnung ganz auf den friiheren

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774 W. Lenz.

quasistationaren Standpunkt stellen. Wir trennen wieder nach (1) in Potentialanteil A v=O und Wirbelanteil, fur den (11) gilt. Die Windungen der unendlich langen Spule lassen wvir sich wieder zu einem Zylindermantel verschmelzen, dessen Dicke wir wie friiher der Bequemlichkeit halber verschwindend klein nehmen. Im Inneren der Spule herrsche eine Dielek- trizitatskonstante E ~ , im AuBeren E,. Als Grenzbedingungen gelten wieder (3) und (12). Die Bedinjpng der Eigenschwingungen endlicher Spulen, namlich das Verschwinden des Stroms an den Spulenenden ist hier nicht anwendbar; wir mussen sie durch einen periodischen Ansatz fiir v und R ersetzen.

Die Potentialgleichung lautet in Polarkoordinaten e, 3, z (vgl. Fig. 7):

Bei genugend groBer Windungs- zahl pro ern Spulenlange und dichter Wickelung durfen wir das Potential von 9. unabhangig ansetzen. Wir

--. hatten friiher die Hohe der Spule \ mit 2 1 bezeichnet. Da bei der

Grundschwingung nur eine halbe Schwingung an der Spule entsteht,

in 2/42 periodisch nehmen; da- durch wird der spatere Vergleich mit

unseren friiheren Rechnungen vereinfacht. Als partikulare Lijsung setzen wir also an:

cp = f p ( p ) s i n 2 n p . - , 4 1

so daS nach (34):

___- .z -% 41 rp; ifR

- 2-71 so wollen wir die Ansatze fiir v und

Fig. 7.

X

. . f p = c 0 ( 2 n i p . P

wird, wenn C, eine Zylinderfunktion nullter Ordnung des in Klammern geschriebenen Arguments bedeutet. Da das Poten- tial f i i r e=O endlich bleiben und andererseits fur e= 03 ver- schwinden mu6, so haben wir zu wahlen:

Page 27: Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen

Berechnung der Xiyenschwingungen einlagiger Spulen. 7 7 5

J , und H , bedeuten dabei die Besselsche bzw. Hankel - sche Funktion erster Art. Ein in 2/42; periodischer Ansatz fiir q ist dann so zu schreiben:

Da an der inneren und auBeren Seite unseres Zylinder- mantels entsprechend den Verhaltnissen an einer wirklichen Spule das gleiche Potential herrsohen muB, so folgt aus (35) fiir e = R :

(36)

Indem wir uns in Fig. 7 ahnlich wie in Fig. 3 und 4 die Win- dungen vorubergehend eingezeichnet denken, gilt wieder (9) und (Y), nur daB hier 5 und 2 zu vertauschen sind, und man findet die folgende Beziehung zwischen den Oberflachenladungen mi, o, und dem pro ern Spulenhohe durch die Windungen flieBenden Strom y :

2 1c R - h . (hi + &J = - ha 3- d %

Wir definieren nun wie friiher eine GroBe L, die die Lange des auf einem Spulenteil von der Hohe 21 aufgewundenen Drahtes miBt; dann ist h/2nR=21 /L und es kommt nach zeitlicher Ableitung :

(37) 2 1 d x - I4 . (6, + 6,) = - -. dY

Da nun nach (8) wieder mit Vernachlassigung von Rn: wi + w, = -

so findet man &us (37) mit (35):

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776 W. Zent.

Die Hankelsche uncl Besselsche Funktion hat das Ar- gument n i p e RJ21, wie stets im folgenden wenn nicht besonders engege ben.

Bei der Berechnung des Wirbelanteils der elektrischen Kraft hat man zu beachten, daB (11) nur in rechtwinkligen Komponenten x, y, x gilt. Wir miissen daher vorubergehend Q, 6 durch rechtwinklige Koordinaten x, y in Fig. 7 ersetzt tlenken. Aus Symmetriegriinden besitzt R, wie friiher erwahnt, auf den Kreisen Q =const. konstante Werte; langs eines solchen Kreises niuB sich also z. B. Rz wie cos 6 Bndern (vgl. Fig. 7), und wir clurfen als Partikularlosung von Rs ansetzen:

9% = f,(p). cost9 * cos np- * ( 3 AuBerhalb des unendlich diinnen stromdurchflossenen Ge-

bietes ist A eZ=O, also kommt wegen (34):

f,= C1(.ip.&)'

wenn C, eine Zylinderfunktion erster Ordnung bedeutet. Da wieder ,Q fur e= 0 und e = 00 endlich bleiben muB, so hat man zu wahlen :

e < R f = ~ ~ ( m i p * & )

0 > Ii f'= Hl(l) ( n i p 3) - (J1 = Besselsche, HJ1) = H ankelsche Funktion erster

Die allgemeine periodische Losung Art und erster Ordnung). fur lautet dann:

Da 9 vom inneren ins auBere Gebiet stetig ubergehen muB, so folgt f i i r e = R :

(40)

Fiir 6 = 0 ist nach dem Obigen R = R2, auBerdem geht hier R2 parallel dem Strom, dessen s-Komponente fiir be-

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Berechnung der E'igenschwingunyen einlagiger Spden. 77 7

liebige 6 zu setzen ist y,=y.cos 6. Daher ergibt jetzt die Grenz- bedingung (12) mit Rucksicht auf die oben schon erwiihnte Vertauschung von x und x:

woraus wegen (38) und (39):

d. h. v4 L (41) apH1(')' - b J '= - ---[& A H(1)'- EiB J ' ] P l c P n p a p 0 Y O

Jo,l', bedeuten die Ableitungen von Jo 1, und nach dem Argument. Die Komponente Ry ist &t $* zugleich bekannt, da 9 in Kreisen @=const. verlauft. Die x-Kompo- nente von $? wollen wir vorlaufig vernachlassigen, was bei hinreichender Kleinheit von h / 2 n R und bei nicht zu groBen Werten 2 1 / R erlaubt ist. (Z/R=lOQ ist in dieser Hinsicht noch als klein zu betrachten.) Wir werden spiiter noch auf die z- Komponente zu sprechen kommen.

Es bleibt daher nur noch ubrig, die Bedingung (3) zu er- fiillen. Nach (20a) folgt in unserer Koordinatenbezeichnung d , / d s = 2 l / L . d p , / d z . Da fiir 6=0 $=St= , SO verlangt (3):

Wegen der Stetigkeit von q~ und $ am Zylindermantel kann man beliebige Paare der Gleichung (35) und (39) zum Einsetzen in diese Beziehung wahlen; wir nehmen je die erste (Index a) und finden:

a p ' p = - __ n p . A, H p . (42) L

Fiir die vier Koeffizienten a, A , b, Bp bestehen die vier Gleichungen (36), (40), (41), (42), die daher den Parameter Y,

die Schwingungszahl des Vorgangs, bestimmen. Da die Koeffi- zienten des pten Gliedes der Entwicklungen (35), (39) unter- einander bestimmt sind und nicht von irgendwelchen anderen Koeffizienten abhiingen, so erkennt man, daB jedes einzelne Glied (35), (39) eine selbstandige Schwingung darstellt. Stroni und Feld an einer solchen sind rein sinusfijrmig verteilt. Wir wiihlen in passender Weise je das erste Glied von (35), (39),

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setzen also p = 1, und finden nach einer einfachen Eliminations- rechnung, bei der die Beziehungen :

benutzt sind, f i i r i l=2nc /v :

Das Argument der Zylinderfunktionen ist ni R/21. (43) lBBt sich noch bedeutend vereinfachen, wenn wir setzen ei = E, + (ei - ea) ; d a m kommt namlich:

e. Hot Jo - €1 Ho Jo' = Ba - (Ei - & ) 4 3 J ; . 4' Jo - Ho *A' H i Jo - HoJ,' Da nun allgemeinl):

2 mi%' Ho'J, - HoJ,' = HoJl - H, J, = - -

wenn x das Argument der Zylinderfunktionen bedeutet, so kommt statt (43) :

Die Abhangigkeit von innerer und auBerer Dielektrizitats- konstante ist nicht mehr wie bei der kurzen weiten Spule sym- metrisch. Der Verlauf des elektrischen Feldes bei einer langen Spule ist eben naturgemaB innen und auBen stark verschieden.

Wir werden (44) spater eingehend diskutieren und er- innern hier nur daran, dab diese Formel die Wellenlange dar- stellt fiir den Fall, dab die Lange des auf die einzelne Schwin- sung entfallenden Spulenteils (Abstand zweier Knoten oder Bauche der stehenden Schwingung) gleich 4 1 ist (vgl. Fig. 7). Beziiglich der Begriffe Grundschwingung und Oberschwingung bemerken wir noch: eine Grundschwingung gibt es bei der unendlich langen Spule nicht (sie wiirde unendlich lange Wellenlange haben) ; daher entfallt auch der Begriff der Oberschwingung. Wie bei der unendlich langen Saite kann jedes endliche Stuck als Knotenabstand einer Schwingung auftreten, die Wellen- 18;ngen bilden ein kontinuierliches Spektrum. Ein solches be- liebiges Stuck der Spule wurde hier mit 21 bezeichnet.

1) Vgl. etwa, E. Jahnke u. F. Emde, Funktionentafeln, Leipzig 1909. p. 165.

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Berechnuny der Eigenschwinyungen einlagiger Spulen. 7 7 9

$ 6. Auefuhrliche Rechtfertigung uneerer quaeietationiiren Behandlungeweiee.

Die beste Rechtfertigung unserer bisherigen Rechnung ist offenbar die, daB wir ein Stuck weit nichtquasktatwnar rechnen bis wir ubersehen konnen, daB diese Methode keine wesentlich anderen Resultate ergibt als wir sie oben fanden. Die Max- wellschen Gleichungen:

C2 8 = - r o t e , J I$ + 4 n 9 = rot$ = - ro t ro t e

ergeben mit 65 = R + grad cp in x, y, z-Komponenten :

L(a CZ + grad +)z,y,z + 4 m%,y,z = - r ~ t ~ , ~ ~ ~ ( r o t R l = ARzIy,z - grada,y,a div R .

Nimmt man E in den Teilgebieten des Raumes homogen an und setzt:

(45) div R = - ++, so folgt in bekannter Weise aus vorstehender Gleichung:

Da wir nur Oberfliichenladung haben, so kommt in den Teilgebieten des Raumes (Inneres bzw. duBeres der Spule) :

divG = 0 = d i v e + A s p ;

und also nach (45):

(47)

Setet man c= 03, so erhalt man die (friiheren) Gleichungen des quasistationeren Falles. Ob die n i t c behafteten Zusate- glieder vernachliissigt werden diirfen, kann man nur aus den Losungen ersehen. Als solche hatten wir in 0 1 auf die aus (45) bis (47) abgeleiteten retardierten Potentiale hingewiesen. Wir wollen jedoch jetet analytisch vorgehen und die Gleichungen fiir unseren speziellen Fall losen. Vorerst betrachten wir (47) in Polarkoordinaten e, 6, z (vgl. Fig. 7):

a 3 1 a v 1 a p v a* e a l v 2 + - - + -__ + cp - -~ 1 0 . a 4 s 4 a 4% aa* a d O* at2 (48)

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780 W. Jew.

Die allgemeine Losung setzt sich aus Partikularlosungen von der Form:

zusammen. Dann ist nach (48): 'pp,* = f ( ~ ~ ) c o s p 9 . c o s ~ % c o s u t

so kann die friihere Potentialgleichung beibehalten werden, in der c= 00 gesetzt war. Schwingt die Spule in Abteilungen von der Liinge 4 1, so is t 4 1 q = 27z und es folgt wegen v = 2n c / L :

Man darf also (47) quasistationar behandeln, wenn die im freien Ather gemessene Wellenlange groB ist gegen die Lange 41 des auf eine Schwingung entfallenden Spulenteils. Diese Bedingung ist durchaus derjenigen analog, die wir f i i r kurze Spulen aus den retardierten Potentialen ableiteten ; an die Stelle der Spulendimensionen treten jetzt die Abmessungen des jeweils auf eine Schwingung entfallenden Teils der unend- lich langen Spule. Doch liegen jetzt die Verhaltnisse in doppelter Weise ungiinstiger. Zwar ist nach (44) die Lange 2L des auf- gewundenen Drahtes, der auf eine Schwingungsunterteilung der unendlich langen Spule entfallt, auch jetzt noch maBgebend f i i r die Wellenlange, doch kann diese Wellenlange jetzt im Gegen- satz zu den Verhaltnissen an einer kurzen Spule kleiner sein als 2 L (vgl. p. 751). Je groBer 1 / R, desto kleiner ist nach (44) der Quotient l . /2L; immerhin hat dieser Quotient bei 1 / R= 1500 erst den Wert ll4, so daB fiir alle realisierbaren Falle stets h - L ist und unsere obige Bedingung die Form L > 42 annimmt. Andererseits ist bei den langen Spulen das Verhaltnis L/1 im allgemeinen kleiner als bei kurzen. Bedeutet h die Ganghohe (Windungsabstand), so kann dieses Verhaltnis, wie friiher an- gegeben, gleich 27c R / h gesetzt werden. Unsere Redingung lautet dann :

(49)

Da nach dem Obigen die quasistationare Rechnungsweise schon erlaubt ist, wenn (49) nur den Wert 10 hat , so diirfen

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Berechnung der B@enschwinyunyen einlay Qer Spulen. 18 1

wir die fruhere Potentialberechnung auf alle praktisch vor- kommenclen Fiille anwenden.

Dasselbe gilt natiirlich fiir die Integration von (46), da die rechte Seite im Dielektrikurn verschwindet und daher (46) rnit (47) identisch wird. Es bleibt nur noch ubrig, der Gleichung (45) zu genugen. Wir wollen dies im folgenden unter der ver- einfachenden Voraussetzung ei = E, = 1 durchfiihren. Unsere friihere Vernachlassigung von RB ist nur erlaubt, wenn die Win- dungshohe h verschwindet und der Strom also in Kreisen ver- lauft; es ist dann nach (2) keine Moglichkeit fiir die Ausbildung einer x-Komponente der Wirbelkraft gegeben. Wir werden nun zeigen, daB man (45) durch Berucksichtigung der x-Kom- ponente von R erfiillen kann. Ehe wir dazu iibergehen, wolleri wir aus dieser Tatsache sogleich einen SchluB ziehen. I)a rnit h= 0 auch Rs= 0, so muB nach dem Friiheren div !R = 0 untl daher nach (45) @ = O sein. Dies ist nun nach dem Friiheren tatsiichlich der Fall: fiir h= 0 muB L = to werden, wenn 2 1 endlich sein soll, und daher ist nach (44) auch h = co, d.h.@ = 0. Es ist nun zu zeigen, daB unsere demnach fur h=O geltenden fruheren Rechnungen niiherungsweise auch auf den Fall h + 0 angewendet werden diirfen.

Wir behalten die fruheren Komponenten 9% und gY bei, fur die div R = 0 war und erhalten dann aus (45) an jeder Stelle des Raumes:

Hierzu tritt noch die im Hinblick auf die oben begriindeten VernachlBssigungen aus (46) entstehende Gleichung d R2= 0. Da der in der z-Komponente zu nehmenden Bedingung (12) ent-

werden muB, YO hat, man fiir Rz anzusetzen: ; sprochen

(51) m

Die Stetigkeit am Zylinclermantel e= R fordert:

upHo = PJO *

51 (52)

Annrlen der Physik. IV. Folge. 43.

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78 2 W. Lenz .

(5 3)

,411s (35), (50), (51) folgt:

Wegeii (52) besteht hiernach neben (36) eirie zweite Beeie- hung zwischen d, und B,; waren beide nicht identisch, \vie ini Falle ei + E , , so muBte (39) abgeandert werden. Durcli (53) und (52) sind sowohl die up als auch die p, durch die A, bestimmt. Die neue aus (12) zu gewinnende Reziehung zwischen den a, /? und A muIj daher ebenfalls eine Identitiit werden, wenn (39) beibehalten werden darf. Nun verlangt (12):

(54)

Ua die Windungshdhe 12 endlich sein soll, YO verschwindrt 4 jetzt y, nicht mehr. Vielmehr ist ersichtlich A

nach tler in Fig. 8 reproduzierten Fig. 4:

I1 2 1 y 2 = y . - - - = Z n R Y*z*

I Fig. 8. (51) und (38) gehen daher init (54):

eine Bezirhung, die durch (53) identisch erfullt ist. Nunmehr miissen wir an unseren friiheren Fornielri wrgeri

der endlichen Windungshohe kleine Korrektionen anbringen. Fiir y, darf in (41 a) jetzt nicht mehr y-cos 9. geschrieben werden. Bedeutet namlich a den Neigungswinkel der Windung gegen die 5, y-Ebene (vgl. Fig. 8)) so hat man zu setzen yz = y * cos a. cos 6. Da aher a sehr klein ist, indern niiherungsweise a = h / 2 n R, so kcinnen wir cos a=l setzen und (41) rnit (41a) bleiben br- htehen. Ebenso ist die Koinponente von $ in Richtung der Windung jetzt nicht mehr Rz,9=o, sondern nach Fig. 8:

Q8 = ,QZ, 1p = 0 - cos u + ,Qs - sin u , untl mit den sorben eingefuhrten Vernachliissigungen :

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Berechnung det b'4enschwingungen einlagcqer Spulen.

Daher lautet jetzt (42); w n n dieser Wert fiir

183

init (aOa) in (3) eingefuhrt wird:

(55)

(53) und (55) ergeben endlich:

(55a)

Wir diirfen wieder p = l - setzen und finclen dttnn niit 11=2 ncl?b:

Da pun nach dem Fruheren 1 - 2 L , so unterscheidet sich (55a) von (42) prozentisch nur um einen zu vernachlbsigen- den Betrag. Daraus ergibt sich umgekehrt, da8 der bei Er- setzung von (42) clurch (55a) aus den fruheren, auch jetzt noch bestehenden Gleichungen (36), (40), (41) gewonnene Wert von il sich nicht von dem Werte (44) unterscheidet, solange 21/L bzw. h/2 n R < 1.

Auf Rz allein bzw. die auf den Windungen senkrecht stehende Komponente Rz cos u von R diirften wir die Be- dingung (3) nicht anwenden, weil wir bei Aufstellung des Po- tentials 3) die Gestalt der Driihte nicht berucksichtigt hatten. Diese Komponente wiirde nach (3) ein Potentialgefillle am Querschnitt des Drahtes verursachen. Eine Beriicksichtigung dieser Verhaltnisse liegt aber au6erhalb der in dieser Arbeit gewahlten Stufe der Naherung; auBerdem handelte es sich dabei nur uni einen sekundaren Effekt.

Auf eine zweite Ungenauigkeit niuB hier noch aufmerl-,q 15 am gemacht werden. Wir hatten bisher nicht beriicksichtigt, daB sich y schon langs einer Windung Bndert; daher diirften wir in (41 a) eigentlich nicht y, = 7 cos 6 setzen, sondern niuBten tliese von 6 abhangige Anderung des Stroms y berucksichtigen. Dies wiirde naturgema8 eine Anderung des Ansatzes (39) fiir gz mit sich bringen. Man erkennt nun, daB dieser EinfluS der Stromanderung durch Wahl einer groBen Windungszahl jeden- falls sehr klein gemacht werden kann, so daS sie gegen y nicht in Betracht kommt.

Wir haben uns also im vorstehenden uberzeugt, da13 inan mittels einer nichtquasistationaren Rechnungsweise zu keinem

51 *

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784 lip: h n z .

landeren Ergebnis gelangt als bei rler quasist<ationaren Behantl- lungsweise des $ 5.

Man kann sich dies auch mittels (2) plausibel machen, indttin man beachtet, daB wegen des + - -Charakters der Vorgange an der unendlich langen Spule die ferneren Gebiete nur sehr wenig zu dern E’elde einer bestimmten ins Auge gefaBten Stelle beitragen (sofern diese in der Nahe der Windungen liegt). Es kommt dann praktisch f i b (2) nur ein Gebiet in Frage, das klein ist gegen die Wellenliinge 3. - 2 L und es kann unsere in 8 1 gegebene Begriindung der quasistationiiren Behandlungs- weise angewendet werden. Da in unserer Bezeichnungsweise z. B. im Falle der Wellen am geraden Draht 1. - 41, so ist hier das fiir (2) in Betracht liommende Gebiet nicht mehr klein gegen die Wellenlange, d. h. es darf hier nicht quasist,ationar gerechnet werden.

111. Numeriseher Teil.

Wir stellen eine Ubersicht der verwendeten Bezeichnungen volan :

21 = Spulenhohe

L = Liinge des aufgewundenen Drahtes. h = Abstand zweier Windungen.

2r = Durchmesser (Dicke) des Drahtes.

2 R = Durchmesser der Spule.

Q, E, = Dielektrizitiltskonstante des massiven Kerns (i) und des Auleren.

o = Leitfiihigkeit des Drahtmaterials. w = gesamter Widerstand der Spule. A = Selbstinduktion der Spule (in iiblicher Weise

berechnet). v = Schwingungszahl in 2n Sekunden. A = Wellenliinge im freien Ather gemessen.

Die Bedingungen, unter denen unsere Formeln abgeleitet wurden, sind diejenige grol3er Windungszahl (beiliinfig GriiBen- ordnung 100) und (3a) bzw. (3b), also:

Die erste dieser Formeln bezieht sich auf beliebige (kurze und lange) Spulen und auf alle Schwingungszahlen, wenn fur w tler Wechselstrornwiderstand genommen wird. Die mdere

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Berechnung der Itigenschwingungen einiagigm Spulen. 785

ist iiur suf lange Spulen anwenclbar, untl zwar solange Ik( r = r I/ 47c Y 0 > r ; sie ist n u pine fur dieaen Fall bequemere B'orn~ tier ersteren. AuBerdem niuB nacli (49) noch

__-

win; es genugt n R J h > 10.

8 7. Die Qrundschwingung.

kurzen, weiten Spule ( R J l > 3) gegeben durch : Nach (28) is t die Welknlange 1, der Grundschwirtgung einer

Fig. 9.

Mit Drude dpfinieren wir passend eine GriiBe: . I f = ~

2 L '

(lurch die wir die Wellenlange in i h e r Abhangigkeit voii der Spulenform und den Dielektrizitatskonstanten charakterisieren wollen. In Fig. 9 iat der aus (56a) fiir E ~ = E ~ = ~ folgende Verlauf von f als Kurw I eingetragen. Nach (18) kann I zwar

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786 W. Lenz.

hochstens gelten bis R/ l - 2, doch haben wir die Kurve der besseren Kenntlichkeit halber auch uber diese Grenze hnaus gezeichnet.

huf die langen Spulen darf (44) nicht ohne weiteres an- gewenclet werden. Wir hatten friher in Parallele gesetzt eine Spule von der Form 2 1 / R und den Ausschnitt 21, der in stehen- elen Schwingungen mit dem Knotenabstand 21 begriffenen un- endlich langen Spulr Tom Radius R. Wir wahlen den Aus- schnitt so, daB in seiner Mitte sich der Strombauch befindet und an seinen Enden cler Strom verschwinclet (vgl. auch Fig. 7). Danii entsprechen sich bei der Grundschwingung die Schwin- gungszusthde der endlichen Spule und des Ausschnittes voll- kommen. Es fragt sich nun, inwieweit weichen die Wellen- langen beider Gebilde Ton einander a b ? Hieruber kann man aus tler Thornsonschen Formel ein Urteil gewinnen. D r u d e hatte ja gefunden, daB man mit ihrer Hilfe aus Kapazitat und Selbstinduktion, obwohl sie beicle nicht mehr einwandfrei de- finiert sind, na,herungsweise die Wellenlange beurteilen kann. Es ist sowohl die Selbstinduktion als auch die Kapazitat im E’alle der frei endigenden Spule groBer als bei dem entsprechen- den Ausschnitt aus der unendlich langen Spule. Die Selbst- induktion ist bei dem letzteren lrleiner, weil der Stroni in den angrenzenden Spulenteilen in entgegengesetzter Richtung flieBt wie in dem betrachteten und daher die Starlie des unserem Aus- schnitt allein zukommenden Magnetfeldes verringert. Schwingt die unendlich langa Spule in so kurzen Stucken, daB 211 R<1, so heben sich die Magnetfelder in der Nahe der Spulenachse fast vollkonimen auf und das magnetische Feld eines solchen Ausschnitts wird den1 der frei endigenden kurzen weiten Spule ganz uniihnlich. Bei kurzen, weiten Spulen sind also groBe Un- terschiede zwischen der aus (44) gefundenen und der in (28) bzw. (56 a) speziell fur kurze Spulen erhaltenen Wellenliinge zu ermarten. Schwingt dagegen die unendlich lange Spule in sehr langen Teilen 2 l / R > 1, so fallt die magnetische Koppelung fast gar nicht mehr ins Gewicht; die gestorten Gebiete sind klein gegen das gesamte iibrige voni Mag- netfeld eingenomniene Gebiet. Hier konnen wir also erwarten, daB das Magnetfeld der endlichen Spule in ausreichender Na- herung durch dasjenige unseres Ausschnittes der unendlich langen dargestellt wircl. - Wie die Selbstinduktion, SO ist auch

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Berechnung der Eigenschwingunyen einlagljrer Spulen. 787

die Kapazitat eines solchen Teiles stets kleiner als die der wirk- lichen Spule. An den Enden unseres Teiles hat das Potential zwar seinen groBten Wert, doch sinkt dasselbe in deren Um- gebung nicht plotzlich herab, wie bei der frei endigenden Spule, sondern es geht kontinuierlich zu den Nachbarteilen iiber. Infolgedessen sind die Ladungen an der endlichen Spule groBer als an Unserem Ausschnitt. Doch ist auch dieser EinfluS er- sichtlich bei langen Spulformen geringer als bei kurzen. - Da die Wellenlange nach der T homsonschen Formel der Wurzel aus dem Produkt von Selbstinduktion und Kapazitat pro- portional ist, so muB sie im Falle einer endlich langen Spule stets groBer sein als in unserem Ersatz, also stets groBer als sie aus (44) folgt. Und zwar sind die Differenzen beider Werte urn so betrachtlicher, eine je kiirzere Spulrnform man wahlt.

I m Falle einer langen Spule ist die Wellenlunge der Grund- schwingung stets groper als die nach (44) berechnete Wellenlunge fur den Ausschnitt 21 aus einer unendlich langen Spule, daher stets groper als:

wrnri :

1' = ~ n R i=vx 2 1 '

untl J , J, HJl) HI1) die Besselsche bzw. Hankelsche Zy- linderfunktion erster Art von der nullten bzw. ersten Ordnung bedeuten. DieseFunktionen sind tabelliert bei J a h n k e -Emde. l ) Fiir E~ = E , = 1 findet man aus (56 b) :

(57)

Mittels der Tabellen von J a h n k e - E m d e wurde der Ver- lauf von (57) berechnet und als Kurve I1 in Fig. 9 eingezeichnet. Fiir die Enden des Bereichs, also 5 << 1 und 5 > 1 lassen sich

1) Vgl. Jahnke und Emde, hnktionentafeln usw. 1909.

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788 w. Lenr.

rinfache Naherungsformeln fur (57) angeben. Es ist bekannt- lich f i i r groBe x:

J,( iz) = i J o ( i z ) , Hl(l)(iz) = - iH,,(l)(iz).

Daher wird f fur groBe x gleich 1; 5 groB bedeutet R > 1. In diesem Fall hatten wir nach unseren obigen Betrachtungen groBe Unterschiede zwischen endlicher Spule (Kurve I) und dem Ausschnitt der unendlich langen (Kurve 11) zu erwarten; wir finden dies in Fig. 9 bestltigt. - Bei kleinen Werten von 5 gelten die Naherungsfornit.1nl) :

J((2-x) = 1 , I

Daraus findet man fiir (57) mit x = n R / 2 1 1 2 2 t* H - = 2 log ~ - 2,058. (58) '

f ist nach (58) fiir 1 / R = 8 iioch etwa 3O/, zu groB, wircl aber daiiii sehr schnell genauer. Die Tabellen von J a hn ke - E m d e horen bei etwa I / R = 15 (x = fur die Zylinderfunktionen auf; hier liefert aber (58) nur noch weniger als lo/o zu groBe Werte fiir f.

Man sieht durch Vergleicli mit (56a), daB sich 1 / f 2 bei sehr langen Spulen iihnlich verhiilt wie f 2 bei kurzen Spulen. In1 letzteren Fall ist die Zunahme, im ersteren die Abnahme von f mit R/Z auBerordentlich langsam. Es entstand nun in Fig. 9 die Aufgabe vom Encle cles Giiltigkeitsbereichs von I aus eine solche extrapolatorische Kurw zu ziehen, die stets oberhalb I1 bleibt und sich dieser Kurve fur kleine R/Z anschmiegt. Die punktiert gezeichnete Kurve, die cliese Bedingungen erfullt, diirfte der wahren theoretischen Kurve nahe liegen. Es bleibt meines Erachtens keine andere Miiglichkeit eines moglichst glatten Verlaufs. Auch die Lage der als Kreise eingexeichneten Drudeschen Messungen kann hierfiir Anhaltspunkte geben ; sie liegen stets oberhalb der extrapolatorischen, wie auch der fiir kurze Spulen rechnerisch elmittelten Kurve von f . - Un- sere Werte fiir f miissen stets kleiner sein als die geniessenrn,

1) Vgl. etwa Jahnke-Emde 1. c.

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Berechnung det E9emchtoingungen einlagiger Spulen. 789

da wir einen Teil der Ladungen, niimlich den EinfluB der Nach- barwindungen, vernachliissigt hatten. Bei langen Spulen is t indessen dieser EinfluB nech D r ud es Messungen nur gering. Wir werden auf diesen Umstand spater noch zu sprechen kom- men und wollen gegenwartig nur der D r udeschen Tabelle tler f1) einige charakteristische Daten entnehmen :

- 6 6 2 2 1 1 1 R

2 r f' = 0,68, 0,66, 0,99, 0,96 1,33 1,22,

_ -

2,4 1,09 2,4 1,09 274 _ - - 1,09

Die obere Punktreihe in Fig. 9 entspricht dem Abstands- verhaltnis h/2r = 1,09 der Windungen; die untere dem Wert h / 2 r = 2,4.

Auf Grund seiner in der Einleitung erwahnten Idealisierung der Spule fand Drude fiir f die im Bereich I / R>- 1 gultige l?ormel:

f ' 2 = 4 a n - . - - B !z + + ($11 (59)

2 1 10 + 4 ( y + 3 ( 3 ' (59) f'2 = 4 a

+ ($ti' . I

2 + 3 ( + ) ' ' \ *" I

deren Ableitung allerdings nicht als einwandfrei anzusehen ist.2) Den Erfahrungskoeffizienten a bestimmt Drude zu (59') u = 1,26.

Damit erhalt man die in Fig. 9 strichpunlitierte Kurve. Sie stellt vermoge der passenden Wahl von a in einem gewissen Bereich die Drudeschen Messungen wesentlich besser dar als unsere extrapolatorische, aber indem sie fiir groBe 1 / R unter die Grenzkurve I1 heruntertritt, lafit sie das charakteristische Ver- halten der langen Spulen ganzlich vermissen. AuBerdem ent- fernt sie sich gerade da von den Messungen, wo der EinfluB des Windungsabstandes verschwunden ist.

Um den Vergleich mit den sehr ausgedehnten Drudeschetl Messungen an kurzen Spulen besser durchfiihren zu konnen, haben wir in Fig. 10 als Abszisse I / R genommen. W t I und I1

1) P. Drude, Ann. d. Phys. 9. p. 322. 1902. 2) Drude gibt in einer Anmerkung der zitierten Arbeit p. 325 selbst

an, da13 seine Kapazitiitsbereohnung nicht ganz einwandfrei ist.

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790 W. Lenz.

sind wieder die aus (56a) bzw. (56b) folgenden Kurven fur f bezeichnet. In dem neuen von I/ R = 0 bis 1/ R = 1 gehenden Bereich kommt Kurve I1 gar nicht in Betracht; sie hatte ja nur den Charakter einer Grenzkurve und wird hier durch I ersetzt. Von der extrapolatorischen Kurve fiillt nur ein kurzes (gestricheltes) Wick in unseren Bereich. Die mit D bezeich- netten clrei Kurven stellen Drudesche Messungen dar und zwar

Fig. 10.

fiir rnge Wickelung h / 2 r = 1,09 (obere Kurve), weite Wickelung h / 2 r = 2,4 (untere Kurve) und einen mittleren Fall h/2r = 1,24. Wir betrachten vorerst nur das Qebiet 2/R > 0,l . Der Fall weiter Wickelung kommt unserer theoretischen Kurve I am nachsten, immerhin betragt die Abweichung im allgemeinen 10Proz.; bei enger Wickelung steigt sie sogar auf uber 20Proz. Es ist sehr auffallend, daB das Abstandsverhaltnis der Windungen nach Drud e s Messungen bei kurzen Spulen einen groBeren EinfluB ausiibt als bei langen Spulen. Vielleicht hangt dies damit zusaiiiinen, (la6 die Windungszahl bei den kurzen Spulen stets kleiner war als bei den langen. Leider macht Drude

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Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen. 791

hieriiber Brine Angaben. Ich habe daher Hrn. R. L i n d e m a n n gebeten, in dem fraglichen Gebiet einen Kontrollversuch an- zustellen, bei dem die einschrankenden Bedingungen unserer Theorie gut erfullt waren. Das Ergebnis ist in Fig. 10 ein- getragen als x mit danebenstehendem L. Die Zahl der Win- dungen betrug bei Hrn. L i n d e m a n n 138, das Abstandsver- haltnis der Windungen war h / 2 r = 1,5, die Spulenform 1 / R = 0,122. Wenn die Drudesche Tabelle auf den Fall des Hrn. L i n d e m a n n angewendet wurde, so ergabe sich als zu erwartende Lage des Punktes die in Fig. 10 als 8 bezeichnete Stelle. Der wirklich gefundene Wert liegt bei f = 2,06, der nach (56a) berechnete bei f = 1,965.l) Es ware sehr wiinschenswert, dalj weitere Messungen im Gebiet kurzer, weiter Spulen mit mog- lichst groljer Windungszahl anges tellt wiirden.

In dem Bereich 1 / R < 0,l zeigen die Drudeschen Kurven ein cliarakteristisches Umknicken, das unsere Theorie gar nioht darstellen kann. D r u d e gibt an, daB er hier Spulen mit wenigen Windungen, bis herab zu 3 - 5 , benutzte und erklart aus diesem Umstand auch das Umknicken. Indem D r u d e einmal versuchs- weise eine, ewei, drei Windungen nimmt, kann er experimentell zeigen, dalj f mit wachsender Windungszahl zunimmt. Diese Zunahme erscheint aber in Fig. 10 fiilschlicherweise als solche mit wachsendem 1 / R. Wir mussen daher das Gebiet 1 / R < 0,l der D r u d eschen Messungen beim Vergleich zwischen Experi- ment und Theorie ganz ausschalten.

Den Vergleich unserer theoretisch geforderten Abhangigkeit der Wellenlange von den Dielektrizitatskonstanten mit dem Experiment wollen wir verschieben bis geeignetes Versuchs- material vorliegt. Bedingung fiir die Anwendbarkeit unserer Forineln ist, dalj der Kern vie1 langer ist als die Spule, sagen wir bei kureen Spulen von der Dimension des Spulendurch- niessers, bei langen Spulen doppelt bis dreimal so lang als die Spule. Diese Bedingung scheint bei D r u d e nicht recht er- fullt zu sein; sofern daruber Angaben gemacht sind, ist der Kern stets nur wenig langer als die Spule.. - Indessen wollen wir wenigstens die f i i r lange Spulen nach (56b) geforderte Ab- hangigkeit kurz diskutieren. Bezeichnet f,, den Wert von

1 ) Der die Lindemannsche Messung darstellende Punkt x ist, wie aus obigen Angaben ersichtlich, in Fig. 10 mi hoch gezeichnct.

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892 W. h n x .

1,/2L f i i r E~ = E , = 1 und f denjenigen fiir beliebige E , so kommt nach (56b):

(60)

wenn x = ~d R/21. Nach (58') findet man dann fiir lange Spulen (5 < 1) naherungsweise:

wobei y aus (58') zu entnehmen ist. (60') darf etwa von R / 1 = 0,l ab angewendet werden. Man rrsieht aus (SO') , daB der Ein- fluS der inneren Dielektrizitatskonstante mit wachsender Spulen- lange mehr und mehr verschwindet. Dies stimmt qualitativ uberein mit Drudes Versuchen; insbesondereist dabei der S. 303 bis 304 1. c. beschriebene Versuch an einer sehr langen Spule zu nennen. Der plausible Grund fiir dieses Verhalten langer Spulen ist das Abwandern der Kraftlinirn nach den1 AuBeren bei zunehmencler Spulenlange .

8 8. Die Oberschwingungen.

Wir stellen vorerst die Forineln fur die experimentell wohl allein in Frage kommenden ersten fCinf Schwingungen kurzer Spulen zusammen. Nach (27) ist fur eine beliebige Eigen- schwingung kurzer Spulen :

unter q die Wurzeln unserer Kettenbruchgleichungen (25) und (32) verstanden. (Wenn es uns, wie hier nur auf die Verhalt- nisse der Schwingungen zueinander ankommt, so brauchen wir also nur die Werte von q anzugeben.) Nach demFruheren waren nur die ungeraden q-Werte abhangig von R/1, doch rrkennt man aus (30) und (31), daB sich q3 nur ganz langsam init der Spulenform andert; das gleiche gilt auch von q5. Wir mollen daher, auSer bei A,, die g-Werte nur fur R/1= m an- geben :

q2 = 0,833 q3 = 0,512

y4 = 0,363 q6 = 0,283 (W

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Berechnuny der Eigenschwingungen einlagiyer Spulen. i 93

(61) mit (62) zusammen stellt das Spektrum der ersten vier Oberschwingungen kurzer, weikr Spulen dar (BIZ >, 3). Die Benennung der Oberschwingungen geschah dabei in der bei syste- rntltischer Darstellung sicli ernpfehlenden Folge : 1, = Gruncl- schwingung, A,, 1, usw. = erste, zweite Oberschwingung. Uns interessieren vor alleni die VerhBltnisse je zweier aufeinander- folgender Oberschwingungen, die nach (61) durch das Ver- hiiltnis der entsprechenden q-Werte bestimmt sind. I r r i har- iiionischen Fall sollte sein :

*=-- =4- - 1,33 , ?% = = 1,25. q 8 2

3

T6 4 - 1,5, a,

Stattdessen ergibt sich aus (62):

as= 1,59, -5- = 1,435, = 1,28. q 8 (I4 46

Die Abweichungeri voni harmonkchen Verhaltnis zeigen daher bei den ersten Oberschwingungen kein einfaches Ver- halten, doch kann Hr. S z a s z zeigen, daB sich das Verhaltnis zweier Oberschwingungen init wachsmder Ordnungszahl den1 harinonischen nahert. Das Verhaltnis von Grund- und erster Obrrschwingung wollen wir spater betrachten iind tins vorerst den langen Spulen zuwenden.

(56b) gibt eigentlich die Wellenlange fiir den Fall, claB eine sehr lange Spnle in Eigenschwingungen sehr hoher Ordnungs- zahl begriffen ist. Wir liatten f r ~ e r einen der Grundschwingung iiquivalenten Ausschnitt aus der unendlich langen Spule be- trachtet und (lessen WellenlBnge als Ersatz fiir diejenige der end- lichen Spule genommen. Bei der ersten Oberschwingung haben wir diesen aquivalenten Ausschnitt jetzt so zu wahlen, daB in tler Mitte und an den Enden sich ein Stromi~iiniiiinm befindet. Das bedeutet aber dann, daB in (56b) statt 1 und L nunmehr 112 uncl L / 2 einzufiihren sintl; wir kiinnen dann einfach sagen, die halbierte Spule befinde sich in Grundschwingung. Bei tler zweiten Oberschwingurig steht stattdessen Z/3 und L/3 usw. Indem man wieder mit I , die Grundschwingung, mit A,, I , usw. die eiste, zweite usw. Oberschwingimg hezeichnet, findek nian am (56b) f i i r ci = E, = 1.

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794 W. Lenz.

Nack dem Friiiteren liegen bei einer wirklichen Spule von langgestreckter Form die Wellenlangen der Oberschwingungen oberhalb den aus (63) zu ermittelnden Werten. Die Abiinderung fur beliebige q, E, ergibt sich leicht aus (56b).

Da (56 b) eigentlich die Oberschwingungen einer sehr langen Spule darstellt, so erkennt man, da/3 (63) die Wellenhgenuer- haltnisse langer Spulen in vermutlich besserer Naherung darstellt als deren Absolutwerte. Da bei groBem Argument der Zylinder- funktionen nach demFruheren f = 1, so folgt, daB fur grol3e p die Wellenlange der pten Schwingung 1, = 2 L / p , d. h. die Wellen hoher Ordnungszahl sind harmonisch. Im Anfang des Spektrums findet eine Abweichung vom harmonischen Wert statt, wie die Durchrechnung nach (63) ergibt.

Wir betrachten nun etwas eingehender das Verhaltnis tion G h n d - und erster Oberschwingung, das besonderes Interesse be- sitzt, und wiihlen dafur passend den Ausdrucli 2&/11. -4- (26), (61), (62) findet man fur kurze Spulen:

(64)

und aus (58) und (63) fur sehr lange Spulen: ~

2 log 2 I+---- . 1

2 log - - 2,058 1, 312 = 1/ R

(65)

(65) kann init einprozentiger Genauigkeit erst von 1 / K = 30 ab benutzt werden. Die ubrigen Werte sind mittels (63) a i s den Tabellen von J a h n k e - E m d e zu entnehmen. Das Ergebnis ist in den Figuren 11 und 12 dargestellt. Mit I ist die aus (63), (65) erhaltene Kurve fur lange Spulen, mit I1 die Kurve (64) fur kurze, weite Spulen bezeichnet.

Im harmonischen Fallware offenbar 2A2/I1 = 1. Diese Gerade ist in unserer Fig. 11 u. 12 punktiert eingezeichnet. In Fig. 11 ist R / l , in Fig. 12 l / R als Abszisse gewahlt, damit das cha- iakteristische Verhalten des Quotienten 2A2/A1 an den beiden Enden des Bereichs besser hervortritt. - Wir beschaftigen uns vorerst mit dem in Fig. 11 dargestellten Bereich langer Spulen. Mittels (65) uberblickt man den Anfang der Kurre

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Berechnung der EQenschwinpngen einlagiyer Spulen. 795

(R/Z - 0) an dem der Wert des Quotienten von 1 ausgeliend rapide zunimmt; er erreicht bei D, ein charakteristhhes Maxi- mum und schmiegt sich dann entsprechend (63) (gro6es Argu- ment) der Geraden 212,/1, = 1 des harmonischeri Falles an. Das Maximum liegt da, wo die Lange 2 1 des Knotenabstandes der un- endlich langen Spule sich demRadiusR nahert. InFig.11 ist schon ein Teil des Bereiches kurzer Spulen dargestellt und infolgedessen hier ein Stuck weit von rechts her (64) anwendbar und durch ist Kurve I veranschaulioht. Die Kurven I und I1 sind uber ihre Gultigkeitsbereiche hinausgezeichnet, um den durch die punk- tierte Kurve angedeuteten extrapolatorischen Ubergang von I

Fig. 11.

nach I1 zu begriinden. Die beiden Punkte D, und D, stellen zwei D r u d e sche Messungen dar 1) ; sie liegen fast vollkonimen auf 11, ein Beweis, daB (63) die Verhaltnisse zweier Schwin- gungen besser derstellt als deren Absolutwerte. - In Fig. 12. uberblicken wir das andere, zu den kurzen Spulen gehorige Ende des Bereichs. Dieser ist wiederum so gewBhlt, daB in einem Teil desselben die Kurve I1 noch gilt ; sie niihert sich der Geraden 2 A,/& =I des harmonischen Falles. Hier zeigt nun Kurve J, ihr charakteristisches Verhelten, indem sie euerst schnell und dann entsprechend der Wurzel aus einem Logarithmus auBer- ordentlich langsam zu Null abnimmt. Wegen dieser aus (64) ersichtlichen langsamen Abnahme wird man experimentell nicht unter den Wert 212,/1, = 0,4 herunterkommen konnen. Der

1) P. Drude, 1. c. p. 334.

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796 w. Lanz.

mit x und danebenstehendem L gekennzeichnete Punkt 1) ent- spricht einer Messung von E n . L i n d e m a n n an der friiher schon erwiihnten Spule; D ist der eine der beiden Drudeschen MeBwerte. Die zur Verfugung strehenden wenigen Messungen liegen gliicklicherweise so, daB sie den Verlauf der theoretischen Kurve gerade in den wesentlichen Punkten bestatigen.

Wir wollen uns nun noch das in (64) behauptete merk- wiirdige Verhalten kurzer Spulen plausibel machen. Wir gehen debei wieder von der Annahme Bus, daB wir clie Wellenlangc. &us dem Produkt von Selbstinduktion und Kapazitat, die beidt.

Fig. 12.

indes nicht einwandfrei definiert sind, beurteilen konnen. Bei cler Grundschwingung ist clie Selbstinduktion offenbar in der GroBenordnung nicht verscheden von der in ublicher Weise fur langsamen Wechselstrom zu berwhnenden ; sie ist also in1 wesentlichen proportional log RIZ. Bei der ersten Ober- schwingung is t sie indessen wrseritlich verandert. Der Stroni ELieSt jetzt nicht mehr, wie bei der Grundsohwingung, in allen Windungen im gleichen Sinnr, sonclern in der oberen Spulen-

1) Der von Hm. Lindeniann gefundene Wert von 228/A1 war 0,69i; wiihrend sich nach (64) fur Z/R=O,122 der Wert 219/1,=0,668 ergibt. In Fig. 12 ist der der Lindemannschen Messung entsprechende Punkt versehentlich zu tief gezeichnet.

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Berechnung der Eigenschwingungen einlagiger Spulen. 197

halfte in entgegengesetzter Richtung wie in der unteren. Das magnetische Feld wird dadurch nach der Mitte der Spule hin ganz bedeutend geschwiicht. Das Verhiiltnis beider Selbst- induktionen wird daher jm Grenzfall unendlich groBen Durch- iiiessers der Spule unendlich groB. Das Verhtlltnis der Kapa- zitaten muB hierbei aber endlich bleiben, denn nach 2 spielt der Spulenradius bei den Ladungen nur eine untergeordnete Rolle. Wir konnen also ohne Rechnung den Grenzfall R/Z= CQ

von (64) beurteilen und finden in Ubereinstimmung mit dieser Formel 24,/4, = 0.

Zusammenfassende Obersicht : Die theoretischen Ergebnisse sind in den kursiv gedruckten Satzen von 7 u. 8 zusammen- gefaBt. (Erkliirung der Bezeichnungen zu Beginn von Teil 111.) Der Vergleich dieser Ergebnisse mit den Beobachtungen von Drude und Lindemann ist in den Figg. 9-12 (Punkte D und L), der Vergleich mit der Drudeschen Theork in Fig. 9 niedergelegt, wo die strichpunktierte Kurve die Dr udesche, die zum Teil ausgezogene, zum Teil punktierte Kurve unsere Theorie wiedergibt.

Mun chen , Institut fur theoretische Physik.

(Eingegangen 25. Dezember 1913.)

Annalen der Physik. IV. Folge. 43. 52